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Pathophysiologie der exokrinen
Pankreasinsuffizienz (bei CF)
Auswirkungen vom Säuglings- bis in
das Erwachsenenalter
Eva-D. Pfister
Würzburg 18.11.2017
Exokrine Pankreasinsuffizienz
Definition:
Pankreaserkrankung mit unzureichender Produktion von
Verdauungsenzymen
Pankreas Physiologie I
Endokrine und exokrine Drüse
1. Endokriner Anteil: Synthese von Insulin, Glukagon,
Somatostatin, pankreatisches Polypeptid PP,
vasoaktives intestinales Polypeptid VIP
2. Exokriner Anteil: zwei Funktionen
2a: Bildung von Wasser, Bikarbonat und Elektrolyten in den
zentroazinären Zellen und Gangepithelien
2b: Enzymsynthese in den Azinuszellen, als Schutz vor
Autodigestion teilweise als inaktive Vorstufen
Enzymsynthese
Pankreas Physiologie II
Zur Enzymsynthese:
Inaktive Vorstufen (= Zymogene):
Proteolytische Enzyme (Trypsinogen,
Chymotrypsinogen, Proelastase u.a.)
Aktive Enzyme:
Stärkespaltende Enzyme (Amylase)
Sonstige Enzyme:
Lipolytische Enzyme (Lipase, Coplipase u.a.)
(Desoxy-) Ribonuklease
Weitere Bestandteile:
Sekretor. IgA, alkalische Phosphatase, sekretorischer
Trypsininhibitor
Pankreas Physiologie III
Sekretion von 1- 3 l Pankreassaft/die (Erwachsener)
pH 8,0 – 8,3
Alkalisiert den sauren Magenchymus
+ Bikarbonat der Galle und Darm
= pH Optimum fürs Duodenum
Sekretion wird neurohormonal gesteuert (Förderung via
Magendehnung, Vagusreiz, Salzsäure des Magens,
Gallenblasenkontraktion, Hemmung via Ileum)
Haupthormone aus der Duodenalwand: Sekretin,
Pankreozymin, Enterokinase
Pankreas Physiologie IV
Pankreaskopf Hauptbildungsort für Enzyme
Pankreas sezerniert und hydrolysiert Enzyme bzw.
Zymogene für Protein-, Kohlenhydrat- und
Fettverdauung
Protein- und Kohlenhydrat-Verdauung können bei
Pankreasinsuffizienz kompensiert werden (Speichel
Amylase, Magen Pepsin)
95% der Lipase wird im Pankreas produziert
Fettverdauung braucht Pankreaslipase und kann bei
Pankreasinsuffizienz nicht kompensiert werden, daher
Steatorrhoe
PI Pathophysiologie I
Selbstlimitierend zB bei akuter Pankreatitis
Reversibel bei behandelbaren Dünndarmerkrankungen wie
Zöliakie oder M. Crohn mit schwerem Dünndarmbefall
(PI hier durch neurosekretorische Störung)
Lebenslang zB bei CF, nach Pankreasresektion,
Shwachman-Syndrom
Klinische Symptome erst bei <10% der normalen
Sekretionsleistung
25% der Neugeborenen mit CF sind pankreassuffizient
PI Pathophysiologie II
Nach Magen (teil-)-Operationen oder bei Stenosen
Zu schneller oder zu langsamer bzw fehlender Übertritt von
Chymus ins Duodenum
Zu geringe Freisetzung von Sekretin u.a. Hormonen
Funktionelle Digestionsinsuffizienz
PI Pathophysiologie III
3 Grade:
1. Mild: verminderte Volumen- und Bikarbonatsekretion,
normale Enzymsekretion, keine Steatorrhoe
2. Mittelgradig: verminderte Volumen-, Bikarbonat- und
Enzymsekretion, keine Steatorrhoe
3. Schwer: verminderte Volumen-, Bikarbonat- und
Enzymsekretion, Steatorrhoe
Zu 3. additiv endokrine Pankreasinsuffizienz
= Diabetes möglich
Klinik I
Maldigestion
Mangelversorgung mit Mikro- und Makronährstoffen
Gestörte Entwicklung von Körper und Pubertät
Leistungsminderung
Mangel fettlöslicher Vitamine und essentieller Fettsäuren
Vitamin A Nachtblindheit, Fruchtbarkeitsstörungen
Vitamin K Gerinnung
Vitamin D Osteopenie
Vitamin E Muskelschwäche, Anämie…
Klinik II
Appetitlosigkeit
Völlegefühl
Bauchschmerzen (Oberbauchschmerz, Meteorismus)
Path. Stuhlentleerung (Diarrhoe, Steatorrhoe)
voluminöser, lehmfarbener oder gelblicher, schaumiger
Stuhl mit penetrantem Geruch (Stigma!)
Diagnostik I
Anamnese
Körperliche Untersuchung
BMI Perzentilen
Längensollgewicht (Gewicht bezogen auf die aktuelle
Größe, nicht das Alter des Kindes)
Stuhlinspektion und -untersuchung
Paraklinik (Labor, Sono, MR, CT, ERCP,
Endoskopie…) auch zur Differenzialdiagnostik
Direkte Funktionstests invasiv und obsolet
Diagnostik II
Indirekte Funktionstests:
Stuhlfettausscheidung normal > 1. LJ weniger als 7g/die
Kleinkinder und Schulkinder idR 2-4g/die
Fettbilanzuntersuchung über mind 3 Tage:
Fettresorptionskoeffizient Berechnung aus Fettaufnahme
zu Fettausscheidung (normal beim Gesunden >93%)
Stuhl Elastase (Normal >200 µg/g Stuhl, schwere exokrine
PI <50 µg/g)
Diagnostik III
Stuhl Chymotrypsin ggf zur Compliancebeurteilung
Test erfasst körpereigenes und das aus
Enzympräparaten stammende Chymotrypsin
C13-Atemtests
Stabile Isotope in Form von C13 markierten Fett,
Kohlenhydrat oder Proteinen
Messung von C13 in der Ausatemluft als Marker der
intraduodenalen Hydrolyse durch Pankreasenzyme
Insbesondere nicht fürs Kindesalter evaluiert
Therapie I
Individuell
Ernährung ± Enzymsubstitution
(Kinder-)Gastroenterologe + Ernährungsfachkraft
Initial mind 1x/Quartal Kontrollen
Ziele:
Normalgewicht
Normale Pubertätsentwicklung
Normale Leistungsfähigkeit
Soziale Integration
Gute Lebensqualität
Therapie II
Normalkost, leichte Vollkost 5-6 Mz/die
Energie- und fettreich (bis zu 130% der alters- und
geschlechtsempfohlenden kcal, bis zu 40% Fettanteil)
Meidung blähender Speisen
Vitaminreich
Öle statt Hartfette
Ballaststoffe nach individueller Verträglichkeit
Striktes Alkohol- und Nikotinverbot
Therapie III
Berücksichtigung von
Spurenelementen (Zink, Eisen, Selen)
Fettlöslichen Vitaminen (ADEK) zeitgleich zur
Enzymeinnahme
Vitamin B12 (Resorbierbar erst nach Spaltung durch
pankreatische Proteasen)
Vitamin B 12 Mangel auch nach Mekoniumileus mit
langstreckiger Ileumresektion oder blinder Schlinge
möglich
Therapie IV Pankreasenzymsubstitution
Indikation abhängig von Stuhlfettausscheidung
Enzympräparate enthalten Enzyme für alle drei Nährstoffe,
Dosierung richtet sich nach dem Fettgehalt der Nahrung
Präparate stammen i.d.R. vom Schwein
Sonderfall: Rizolipase als Pilzlipasepräparat
Pankreatin in Pulverform
Höchste Effektivität säuregeschützte, mikrosphärische,
darmlösliche Präparate
Therapie V Pankreasenzymsubstitution
Mikrotabletten oder –pellets:
Im Magen Freigabe aus der Gelatinekapsel
gute Durchmischung und
Pyloruspassage mit Speisebrei gemeinsam
Diskussionen über Größenabhängigkeit (zB. 1,5 mm vs. 2
mm)
Säureschutzlösung erst bei > pH 5,5 im Duodenum
Erfolgskontrolle der Enzymsubstitution
- Stuhl-Frequenz wird weniger
- Stuhl-Konsistenz wird fester
- Stuhl-Geruch wird weniger
- Befinden bessert sich
- Gewichtszunahme / besseres Gedeihen
- Weniger/ keine Mangelerscheinungen(fettlösliche Vitamine)
Therapie bei ungenügendem Erfolg
Überprüfung von Dosierung und Enzymeinahme:
Einnahme zeitgleich zur MZ unzerkaut?
Überprüfung der Compliance
ggf. Chymotrypsin im Stuhl
Teil der Fette als MCT geben
MCT wird unabhängig von Gallensäuren und
Pankreaslipase resorbiert und ohne Bindung an
Chylomikronen zur Leber transportiert
MCT Fette brauchen keine Enzyme
Therapie bei ungenügendem Erfolg
DD additive Faktoren wie Zöliakie, M. Crohn (beides gehäuft bei
CF)
Striktes Alkoholverbot
Kcal reiche (mind 1,5 kcal/ml, MCT) Trinknahrung als
Zwischenmahlzeit
Nächtliche (MCT) Sondennahrung / PEG
Cave fibrinosierende Kolonopathie /entzündliche
Kolonstenosen durch extremst hohe Enzymdosen (>50 000
IE /kg/d) durch toxische oder immunologische Effekte?
Zink
Bei Kindern < 2 J Zinkmangel möglich als Ursache für
anhaltende Steatorrhoe und Gedeihstörung
Substitution mit 1 mg/kg/d in mehreren Einzeldosen
über mindestens 6 Monate
Protonenpumpenhemmer
Mangelhafte/fehlende Neutralisation der Magensäure
Enzyme wirken nur im alkalischen Milieu
Daher bei eingeschränkter pankreatogener
Bikarbonatsekretion zeitlich begrenzte
Magensäureblockertherapie
Taurin
PI mit persistierender Steatorrhoe
Supplementierung mit Taurin 30 mg/kg KG/d
Taurinsynthese beim Menschen begrenzt, werden
Gallensäuren verstärkt mit Glyzin konjugiert besitzen
diese eine verminderte Fähigkeit zur Mizellenbildung und
Emulgierung
Durch Konjugation von Taurin mit Gallensäuren
Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs und
vermehrte GS-Stuhlausscheidung
UDCA
Gallenflüssigkeit besteht aus Gallensäuren, Bikarbonat
u.v.m.
Bei Cholestase wie CF bedingter Hepatopathie path.
zähflüssige Galle mit ungünstiger
Gallensäurezusammensetzung
Störungen in der Fettverdauung
UDCA verschiebt den Gallesäurepool und beeinflußt den
enterohepatischen Kreislauf
Bakterielle Fehlbesiedelung
Bakterielle Fehlbesiedelung
Dünndarm Malfunktion
Dekonjugation von Gallensäuren mit resultierender
Fettresorptionsstörung
Orale Gabe nichtresorbierbarer Antibiotika zB Rifaximin
zeitlich begrenzt über einige Wochen
Beseitigung der Ursachen (z. B. Motilitätsstörungen)
Motilitätsstörungen
Asynchronie
Postoperativ nach Gastrektomie oder Magenteilentfernung
Beim Vorliegen von signifikanten Passagestörungen wie
Stenosen
Enzyme treffen nicht mit Chymus zusammen
Therapie je nach Ursache, ggf Modifikation des
Ernährungsmodus, Sonden oder Interventionen
DIOS (distales intestinales Obstruktionssyndrom)
Häufiger bei älteren Jugendlichen/ Erwachsenen mit CF
Im terminalen Ileum und Colon ascendens
Chronische Verlaufsformen möglich
CFTR Defekt auch im Dünndarm, mangelnde Chlorid-
Sekretion, reduzierte Motilität, vermehrter Schleim und
Präzipitation von Phospholipiden wie Lecithin
Ursache inadäquate Enzymsubstitution
Zu geringe Flüssigkeitszufuhr u.a.
DD Obstipation
Sonderfall + Diabetes mellitus
Cave Diabetes mellitus Typ III:
Hypoglykämien bei fehlender Pankreasenzymeinname
möglich
Fett-Maldigestion
Schnelle Darmpassage
Mitausscheiden von KH für die jedoch Insulin schon
berechnet und gespritzt wurde
Gute Blutzuckereinstellung nur bei ausreichender
Pankreasenzymsubstitution
Take home message I
Diagnostik Stuhl Elastase bester Suchtest für PI
Stuhlfettausscheidung bester Test zur Indikation und
Dosisfindung für Enzymsubstitution
Messung der Patientencompliance durch Bestimmung der
fäkalen Chymotrypsinkonzentration möglich
Vermeide strenge Verbote bei der Lebensmittelauswahl
(Fett wichtiger Energie- und Geschmacksträger sowie
Voraussetzung für die Aufnahme fettlöslicher Vitamine)
Take home message II
Wochenlanger Kostaufbau sowie fettarme Ernährung bei
Pankreaserkrankungen sind obsolet
An andere Dünndarmnerkrankungen insbesondere Zöliakie
und M. Crohn denken
Rolle der MCT Fette
Zink, UDCA, Protonenpumpenhemmer, Taurin sowie
nichtresorbierbare Antibiotika bei speziellen Fällen
Rolle auch für gute Diabteseinstellung
Danke für die Aufmerksamkeit
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