Präventionsmaßnahmen gegen die Übertragung von ... · Derzeit kann kein Land in Europa von sich...

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Präventionsmaßnahmen gegen die Übertragung von multiresistenten Erreger in österreichischen Krankenanstalten

Nationales Referenzzentrum für Nosokomiale Infektionen des BMG

Univ. Klinik für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle

Medizinische Universität Wien

Hintergrund

Multiresistente Erreger (MRE) sind eine globale Gefährdung für die Errungenschaften unserer modernen Medizin dar

UN Generalversammlung 21.09.2016

Derzeit kann kein Land in Europa

von sich behaupten, resistente

und multiresistente Bakterien in

seinen Gesundheitseinrichtungen

nicht zu kennen.

MRE gesamt in Österreich 2004-2016

Anstieg an multiresistenten Erregern in Österreich – Anteil an MRE an

Gesamtisolaten

AURES 2009 & 2016, Resistenzbericht Österreich

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2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

MRSA (%)

VRE (%)

K.pneumoniae ESBL (%)

E. coli ESBL (%)

MRE G+ in Österreich 2004-2016

Anstieg an multiresistenten Erregern in Österreich – Anteil G+ MRE an

Gesamtisolaten

AURES 2009 & 2016, Resistenzbericht Österreich

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MRSA (%)

VRE (%)

MRE G- in Österreich 2004-2016

Anstieg an multiresistenten Erregern in Österreich – Anteil

G-MRE an Gesamtisolaten

AURES 2009 & 2016, Resistenzbericht Österreich

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2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

K.pneumoniae ESBL (%)

E. coli ESBL (%)

Herausforderungen für viele Krankenanstalten in AT

Strukturell und betriebsorganisatorisch

• PLATZ: Mehrbettzimmer mit geringen Bettenabständen

• Sanitäreinheiten > oft 1 WC für mehrere Patienten

• Personelle Engpässe

• Fremdfirmen als Dienstleister in gewissen Bereichen

• Immer mehr „isolierpflichtige“ Patienten

• Besucher Frequenz und Intensität (Angehörige oft in großer Anzahl)

Wie oft wird isoliert und warum nicht? (1)

Wie oft wird isoliert und warum nicht? (2)

Prospektive Studie über 1 Jahr : britisches KH mit 1100 Betten (17% Einzelzimmer)

> 1 Jahr wurde jeder Isolationsforderung des KHH Team nachgegangen und auf

Durchführung oder nicht überprüft:

845 Isolationsforderungen, davon konnten 185 (22%) nicht erfüllt werden

Gründe:

• Kein Einzelzimmer auf der Station vorhanden

• Einzelzimmer besetzt (in > 80% aus nicht KHH Gründen)

• Zu wenig Personal

• Patienten-bezogenen Gründe (Sicherheit, Überwachungsbedarf…)

Welche Hygiene-/Schutzmaßnahmen gibt es ?

• Screeningstrategie: Universelles vs. Risiko-adjustiertes Screening

• Isolation

• Räumlich – Einzelzimmer mit /ohne eigener Nasseinheit

• „Kontaktisolierung“ - Barriere

• Klare Kennzeichnung des Patienten-Bereiches/Umgebung

• Kohortierung

• Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen der Umgebung

Wahl der Schutzmaßnahmen

• Welcher Erreger ?

• Art und Lokalisation der Infektion oder Besiedelung

• Streuquelle – Ja / Nein

• Welche Übertragungsweg ?

• Kontakt, Airborne oder…?

Wahl der Screening Strategie

• Welcher Erreger ?

• Patientengut: Herkunft bzw. Reiseanamnese der Patienten

• Welcher Bereich? Krankenhaus oder nur Risikobereiche?

• Lokale epidemiologische Situation

• Strukturelle Gegebenheiten (EZ vs. „isolierpflichtige Patienten)

Hygiene-Richtlinien: nicht einheitlich (Inter-/national)

• Daten aus 54 Krankenhäusern von 18 Ländern in Europa

• 94.5% der KH hatten schriftliche Hygienerichtlinien zu unterschiedlichen Themen, kleiner KH hatten keine Hygiene RL

• 53% der HYT “believed that routine surface disinfection of floors and toilet facilities was unnecessary and did not recommend this practice”

>> uneinheitliche Empfehlungen

Fragebogenstudie

Hygiene-Richtlinien: nicht transparent

Die Studie

Ziel der Studie – Ist Stand Erhebung

Ausmaß und Art der angewandten

Hygienemaßnahmen bei MRE-Patienten in

österreichischen Krankenanstalten*

* Alle österreichischen Krankenanstalten wurden zur Teilnahme an dieser Studie eingeladen.

Fragestellungen

• Wie viele PatientInnen wurden im Untersuchungszeitraum in den

Krankenanstalten isoliert?

• Welche Erreger waren der Grund für die Isolierung?

• Haben Übertragungen/Outbreaks stattgefunden?

• Welche Isoliermaßnahmen wurden durchgeführt, und in welchem

Ausmaß?

Methode

Epidemiologische Studie

• Retrospektive Studie über 1 Jahr basierend auf vorhandenen Daten

der Hygieneteams

• Sammlung der Daten in zentraler Datenbank der Med Uni Wien

• Elektronische Formulare:

• 1 Krankenhausblatt & 1 Patientenblatt

Formulare zur Datenerfassung: Krankenhausblatt

Formulare zur Datenerfassung: Patientenblatt

Ergebnisse Explorative Datenanalyse

Teilnehmende Krankenanstalten

Krankenanstalten Anzahl (n) Anteil (%)

Anzahl der eingeladenen Krankenanstalten 264 100,0

Anzahl der teilnehmenden Krankenanstalten 19 6,8

Anzahl der Gesamtbetten 7380

Art der Krankenanstalt: • Sonderkrankenanstalt 10 • Standardkrankenanstalt 3 • Schwerpunktkrankenanstalt 4 • Zentralkrankenanstalt 2

Regionale Verteilung der teilnehmenden Krankenanstalten

Prozess-Indikatoren

Screening-Strategie Anzahl (N=19) Kein Screening 3

Risiko-adjustiertes Screening – nur Risikopatienten werden gescreent 13

Universal Screening - jeder wird bei Aufnahme gescreent 2

SOP/AA zum Vorgehen bei isolationspflichtigen Patienten vorhanden? Anzahl (N=19) Ja 18 Nein 1

Antibiotic Stewardship Programm etabliert

Anzahl (N=19)

Ja 4 Nein 12 unbekannt 3

Dauer Isolationsmaßnahmen

Anzahl (N=19)

Bis zur Entlassung 3 Bis zum Vorliegen 3 negativer Befunde 8 Anderes 6 unbekannt 2

Händehygiene Beobachtungen?

Intensivierte Umgebungsreinigung bei MRE?

Gründe für nicht erfolgte Isolierung (Wertung nach Wichtigkeit)

1. Strukturmängel (e.g. zu wenige Einzelzimmer)

2. Personalmangel

3. Finanzielle Mängel (e.g. Bettensperren in Mehrbettzimmer aus finanziellen

Gründen nicht möglich)

4. Schulungsdefizite (e.g. MA kennen die Basishygienemaßnahmen wie Isolieren,

PPE etc… nicht)

Wie oft wird isoliert und warum nicht?

Gründe:

• Kein Einzelzimmer auf der Station vorhanden

• Einzelzimmer besetzt (in > 80% aus nicht KHH Gründen)

• Zu wenig Personal

• Patienten-bezogenen Gründe (Sicherheit, Überwachungsbedarf…)

Charakteristika der PatientInnen

Anzahl (N) Anteil (%) Anzahl der MRE 999 - Anzahl der isolierten PatientInnen 819 100,0

Geschlecht männlich 456 55,8 weiblich 359 43,9 unbekannt 2 0,2

Herkunftsland / Region

Altersverteilung (%)

Zuweisung aus anderer KA

Anzahl (N=819)

Ja 151 (18,4%) Nein 660 (80,6%) unbekannt 8 (0,8%)

Aufenthalt in MRE-Hochprävalenzland

Ja 41 (5 %) Nein 246 (30 %) Unbekannt 532 (65 %)

Multiresistente Mikroorganismen (MRE) Multiresistente Erreger (MRE) Anzahl (N) Gesamt 999 Gram-positive Erreger 464 (46,5%) Staphylococcus aureus (MRSA) 218 Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) 62 Clostridium difficile 184 Gram-negative Erreger 535 (53,5%) ESBL/3MRGN 362 (67,6%) Enterobakterien Escherichia coli 152 Klebsiella spp. 54 unbekannt 106 Non-fermentierende Gram-negative Stäbchen Pseudomonas aeruginosa 45 Acinetobacter baumannii 5 4MRGN/ Carbapenemase Bildner 173 (32,4%) Enterobakterien Escherichia coli 9 Klebsiella spp. 25 Non-fermentierende Gram-negative Stäbchen Pseudomonas aeruginosa 75 Acinetobacter baumannii 14 Unbekannt 50

MRE: Kolonisation oder Infektion Kolonisation – MRE Erreger

Infektion – MRE Erreger

Eingeleitete Hygienemaßnahmen: Art der Isolation

Dauer Isolationsmaßnahmen Anzahl (N=19) Bis zur Entlassung 3 Bis zum Vorliegen 3 negativer Befunde 8 Anderes 6 unbekannt 2

Isolationsdauer in Tagen – MRE

Isolationsdauer in Tagen - MRE

Mittelwert 32,03

Standardabweichung 70,79

Median 15,00

Min 0

Max 1127

Anzahl gesamt 806

Anzahl unbekannt 13

Anzahl Langzeitpflege 35

Übertragung/ Ausbruch • Übertragung • Ausbruch

Übertragungen Anzahl (N=819) Ja 6 VRE 3 Klebsiellen 2 E.coli 1

Nein 768 unbekannt 45

Ausbruch

Anzahl (N=819)

Ja 2 (VRE)

Nein 805

unbekannt 12

Limitationen

Diese Studie hat nur PatientInnen mit MRE eingeschlossen

PatientInnen mit übertragbaren = ansteckenden Infektionskrankheiten wie z.B. Masern (airborne), infektiösen Durchfall mit EHEC, … diese wurden hier nicht berücksichtigt

Fazit

Derzeit kein einheitlicher Umgang mit MRE Problematik in

Österreich

• Screening-Strategie

• SOPs/RL

• ABS

Keine (einheitliche) Erfassung & Dokumentation von Daten zu

multiresistenten Erregern in Österreich

Österreichweite Hygienestandards für MRE? • Europaweite Richtlinien müssen immer auf die lokale

epidemiologische Gegebenheiten und das Umfeld bzw. die Patienten (ICU, NEO) angepasst werden.

• Festlegen von Eckpunkten der Infektionskontrolle- & Erfassung bei MRE die evidenzbasiert sind > Zusammenfassung in einem Dokument das in Österreich gilt? Umsetzung dann unter Berücksichtigung der jeweiligen lokalen Gegebenheiten.

MRE und antimikrobielle Resistenz (AMR) – ein multifaktorielles Problem ?

Multimodaler Ansatz gegen MRE und AMR mit evidenzbasierten Strategien:

• Einheitliche Hygienestandards

• Vernünftiger Einsatz von Antibiotika „Antimicrobial Stewardship“

• „Committment und Accountability“ (Verlässlichkeit und Verantwortung)

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