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Rechtswissenschaftliches Institut
Übungen im Strafrecht II Fall 1
Prof. Dr. Sarah Summers
lst.summers@rwi.uzh.ch
Rechtswissenschaftliches Institut
Materiellrechtliche Fragen
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Aufbau
I. Der Überfall an der Tankstelle
II. Die Begegnung mit Gottfried
III. Der Unfall/Die Flucht vom Unfallort
IV. Das Konfrontieren von Timo mit den Beobachtungen
V. Falsche Angaben bei der Polizei
Folie 3
Rechtswissenschaftliches Institut
I. Der Überfall an der Tankstelle
1. Strafbarkeit von Timo
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Abgrenzung
• Art. 156 Ziff. 3 StGB: Räuberische Erpressung fordert unmittelbar vermögensschädigende, durch Opfer selbst herbeigeführte Vermögensdisposition.
− Täter ist auf aktive Mitwirkung des Opfers angewiesen (h.L.).
• Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB: Täter nimmt eigentliche Vermögensverfügung selbst vor.
− Täter ist nicht auf Mitwirkung des Opfers angewiesen (Opfer ermöglicht diese lediglich ggf.).
Folie 5
Abgrenzung Raub / räuberische Erpressung
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Angriffsobjekt: andere Person; fremde bewegliche Sache
• Qualifizierte Nötigungshandlung
– Gewalt gegen Person; oder
– Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben; oder
– Herbeiführen von Widerstandsunfähigkeit
� Timo bedroht Andreas mit einer Soft-Air-Gun; Androhung gegenwärtiger Gefahr
für Leib oder Leben (+)
Folie 6
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
• Zudem: Vollendeter Diebstahl, vgl. Art. 139 Ziff. 1 StGB
– Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (+); Bruch fremden Gewahrsams und Begründung neuen, meist tätereigenen Gewahrsams
� Timo entwendet das Geld aus der Kasse der Tankstelle (+)
Folie 7
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Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
II. Subjektiver Tatbestand
• Vorsatz hinsichtlich Nötigungshandlung (mind. Eventualvorsatz)
• Aneignungsabsicht
• Absicht unrechtmässiger Bereicherung
� Timo handelt mit Wissen und Willen und in der Absicht, sich das Geld aus der
Kasse anzueignen und sich damit unrechtmässig zu bereichern (+)
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
� Es sind keine Rechtfertigungs- oder Schuldausschlussgründe ersichtlich (+)
Folie 8
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
III. Qualifikation nach Ziff. 2, 3 oder 4 StGB?
Folie 9
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Qualifizierter Raub (Art. 140 Ziff. 2-4 StGB)
Folie 10
Qualifizierter Raub, Art. 140 Ziff. 2-4
Mindestens1 Jahr FS
(140 Ziff. 2)
"Schusswaffe"bwz. "gefährliche
Waffe"
funktionstüchtig
Mindestens 2 Jahre FS(140 Ziff. 3)
"Bande""besondere
Gefährlichkeit"
Mindestens 5 Jahre FS(140 Ziff. 4)
"konkrete Lebensgefahr""schwere KV"
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Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
III. Qualifikation nach Ziff. 2, 3 oder 4 StGB?
• Schusswaffe oder andere gefährliche Waffe?
� Keine Schusswaffe, keine «andere gefährliche Waffe»
IV. Geringfügiges Vermögensdelikt nach Art. 172ter StGB?
• Art. 172ter StGB findet auf Art. 140 StGB keine Anwendung!
V. Fazit
� Strafbarkeit von Timo wegen Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 oder 2 StGB
Folie 11
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II. SV-Abschnitt 2: Die Begegnung mit Gottfried
1. Strafbarkeit von Timo
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Abgrenzung Raub / räuberischer Diebstahl
I. Der Täter setzt qualifizierte Nötigungsmittel ein, um sich die Vollendung eines Diebstahls zu ermöglichen (Raub i.S.v. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
II. Der Täter, setzt nachdem er einen Diebstahl begangen hat, qualifizierte Nötigungsmittel ein, um den Gewahrsam an der gestohlenen Sache zu sichern (Räuberischer Diebstahl i.S.v. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB)
Folie 13
Vollendung der Wegnahme(Begründung neuen Gewahrsams)
Raub i.S.v. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
Räuberischer Diebstahl i.S.v. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
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Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Angriffsobjekt: andere Person; fremde bewegliche Sache
• Qualifizierte Nötigungshandlung
– Gewalt gegen Person; oder
– Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben; oder
– Herbeiführen von Widerstandsunfähigkeit
Folie 14
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Tatobjekt: fremde bewegliche Sache
• Tathandlung: Wegnahme
− BGer und h.L.: «Bruch fremden Gewahrsams und Begründung neuen, i.d.R. eigenen Gewahrsams».
− Gewahrsam: tatsächliche Sachherrschaft (Herrschaftsmacht und Herrschaftswille).
� Gottfrieds Portemonnaie ist taugliches Tatobjekt, Timo nimmt dieses an sich und
begründet eigenen Gewahrsams daran (+)
Folie 15
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB)
II. Subjektiver Tatbestand
• Vorsatz i.S.v. Art. 12 Abs. 2 StGB hinsichtlich objektiver TB-Merkmale sowie
• Aneignungsabsicht
• Absicht der unrechtmässigen Bereicherung
� Timo handelt mit Wissen und Willen und mit der Absicht, sich Portemonnaie bzw.
dessen Inhalt anzueignen und sich damit unrechtmässig zu bereichern (+)
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
IV. Fazit
� Strafbarkeit von Timo nach Art. 139 Ziff. 1 StGB.
Folie 16
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB)
V. Geringfügiges Vermögensdelikt (Art. 172ter)?
• objektive als auch subjektive Geringfügigkeit erforderlich
• Objektive Geringfügigkeit:
− Geringfügiger Vermögens- oder Schadenswert. BGer: Betrag bis 300 CHF als geringfügig.
� Timo erbeutet einen Vermögenswert von knapp 200 CHF � (+)
• Subjektive Geringfügigkeit:
− Vorsatz muss sich auf geringfügigen Vermögenswert/Schaden richten
� Timo will seine Beute von ca. 250 CHF auf insgesamt 500 CHF vergrössern �
(+)
Folie 17
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III. SV-Abschnitt 3: Der Unfall/Die Fluchtfahrt vom Unfallort
1. Strafbarkeit von Frieda
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Sachbeschädigung (Art. 144 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Tatobjekt: Beschädigung einer fremden Sache (unproblematisch)
• Tathandlung: Beschädigen, Zerstören, Unbrauchbarmachen der Sache
• Taterfolg: Beschädigung, Zerstörung, Unbrauchbarmachung der Sache
� Frieda verursacht Beschädigung am fremden parkierten Auto (+)
II. Subjektiver Tatbestand
• Vorsatz; zumindest eventualvorsätzliches Handeln
• Fahrlässige Sachbeschädigung grds. straflos (sofern nicht im Nebenstrafrecht explizit anders geregelt)
� Kein vorsätzliches Handeln von Frieda (-)
Folie 19
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III. SV-Abschnitt 3: Der Unfall/Die Fluchtfahrt vom Unfallort
2. Strafbarkeit von Jens
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Begünstigung (Art. 305 Abs. 1 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Tathandlung:
− Der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Massnahmenvollzug entziehen; BGer: Entziehung zumindest «von einer gewissen Zeit»
− z.B. durch Beseitigen von Beweismitteln, Hilfe bei der Flucht, etc.
� Jens fährt Frieda mit dem Unfallfahrzeug vom Unfallort weg (+)
II. Subjektiver Tatbestand
• Vorsatz (mind. Eventualvorsatz); insbesondere auch Wissen und Willen hinsichtlich «dem Strafvollzug entziehen» (Erschwerung in erheblichem Mass)
Folie 21
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Begünstigung (Art. 305 Abs. 1 StGB)
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
IV. Privilegierung nach Art. 305 Abs. 2 StGB
• Aufgrund des Näheverhältnisses zum Begünstigten Verzicht auf Bestrafung?
V. Fazit
� Strafbarkeit des J nach Art. 305 Abs. 1 StGB
Folie 22
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IV. Das Konfrontieren von Timo mit den Beobachtungen
1. Strafbarkeit von Jens
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Erpressung (Art. 156 Ziff. 1 StGB)
Vorbemerkung: Handlungseinheit oder mehrfache Tatbegehung?
� Erpressungsversuch durch Jens zunächst via E-Mail und sodann nochmals unter
der Androhung von Gewalt gegen Timo
• Natürliche Handlungseinheit:
− räumlich und zeitlich eng zusammenliegende gleichartige Einzelhandlungen
− gerichtet gegen dasselbe Rechtsgut/Rechtsgutträger
− getragen von einheitlichem Willensakt
Folie 24
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Wesen der Erpressung (Art. 156 StGB)
Folie 25
GrundtatbestandArt. 156 Ziff. 1 StGB
Gewalt gegen
Sachen und Gebäude
Androhung ernstlicher Nachteile
Qualifikationen
Gewerbsmässige und fortgesetzte
Tatbegehung (Art. 156 Ziff. 2 StGB)
Bedrohung vieler Menschen / schwere Sachbeschädigung
(Art. 156 Ziff. 4 StGB)
Anwendung von Gewalt und
Bedrohung mit einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben
(Art. 156 Ziff. 3 StGB)Räuberische Erpressung
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Systematik (Art. 156 StGB)
Folie 26
Vermögensschaden
Vermögensdisposition
Anwendung von Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile
Kausalzusammenhang
Kausalzusammenhang
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Erpressung (Art. 156 Ziff. 1 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Nötigungsmittel:
− Gewalt gegen Sache; Gewalt gegen Person: Art. 156 Ziff. 3 StGB (Qualifikation)
− Androhung ernstlicher Nachteile
• Vermögensdisposition
� Keine Vermögensverfügung durch Timo � Art. 156 Ziff. 1 StGB (-)
Folie 27
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Strafbarer Versuch Art. 22 Abs. 1 StGB
• Vorprüfung (keine Vollendung des Deliktes)
• Strafbarkeit des Versuchs
• Tatenschluss hinsichtlich aller objektiven Tatbestandselemente (und ev. Absichten)
• Beginn der Ausführung
• ev. Differenzierung vollendeter/unvollendeter Versuch
• Rechtswidrigkeit/Schuld
Folie 28
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Versuchte Erpressung (Art. 156 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB)
• Tatentschluss hinsichtlich aller objektiven TB-Merkmale (inkl. Absichten),
� i.c. unproblematisch
• Beginn mit der Ausführung
• Schwellentheorie des BGer
� Schwelle zum Versuch durch Versenden der E-Mail unzweifelhaft überschritten
• Vollendeter/ unvollendeter Versuch
• Fazit
� Strafbarkeit von Jens nach Art. 156 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB.
Folie 29
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Erpressung (Art. 156 StGB) – Betrug (Art. 146 StGB)
Konkurrenz:
• Zwischen Erpressung und Betrug besteht Alternativität
• Vorrang derjenigen Tat, die nach konkreten Umständen im Vordergrund steht
� hier stehen die Nötigungshandlungen gegen Timo und nicht die Täuschung im
Vordergrund, daher Vorrang von Art. 156 StGB
Folie 30
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Erpressung (Art. 156 Ziff. 3 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Nötigungsmittel:
− Gewalt gegen Person (Qualifikation)
− Androhung ernstlicher Nachteile
• Vermögensdisposition
• Vermögenschaden
• Kausal & Motivationszusammenhang
� Problem: Vermögensverfügung durch Timo erfolgt, aber mangelnde Kausalität
zur Nötigung � Art. 156 Ziff. 1/ Ziff. 3 StGB (-)
Folie 31
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Strafbarer Versuch Art. 22 Abs. 1 StGB
• Vorprüfung (keine Vollendung des Deliktes)
• Strafbarkeit des Versuchs
• Tatenschluss hinsichtlich aller objektiven Tatbestandselemente (und ev. Absichten)
• Beginn der Ausführung
• ev. Differenzierung vollendeter/unvollendeter Versuch
• Rechtswidrigkeit/Schuld
Folie 32
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Versuchte Erpressung (Art. 156 Ziff. 3 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB)
• Tatentschluss hinsichtlich aller objektiven TB-Merkmale (inkl. Absichten),
� i.c. unproblematisch
• Beginn mit der Ausführung
• Schwellentheorie des BGer
� Schwelle zum Versuch durch Gewaltanwendung unzweifelhaft überschritten
• Vollendeter/ unvollendeter Versuch
• Fazit
� Strafbarkeit von Jens nach Art. 156 Ziff. 3 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB.
Folie 33
Rechtswissenschaftliches Institut
V. SV-Abschnitt 5: Falsche Angaben bei der Polizei
1. Strafbarkeit von Jens
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Irreführung der Rechtspflege nach Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
I. Objektiver Tatbestand
• Tathandlung:
− hier falsche Selbstbezichtigung nach Ziff. 1 Abs. 2
− Nicht begangenes Delikt oder von anderer Person begangenes Delikt
− ≠ falsches Geständnis hinsichtlich einer nicht begangenen Tat, sofern bereits Strafuntersuchung geführt wird
� Jens gibt wahrheitswidrig an, das Unfallfahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt
gefahren zu sein
Folie 35
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Irreführung der Rechtspflege nach Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
� Aber: Keine Irreführung der Rechtspflege, sofern bereits Strafuntersuchung gegen
Jens
� Strafbarkeit des Jens nach Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (-) / (+)
(Sofern bejaht, müsste konsequenter Weise sodann die Anstiftung zur Irreführung
der Rechtspflege durch Frieda geprüft werden)
Folie 36
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Begünstigung (Art. 305 Abs. 1 StGB)
I. Objektiver Tatbestand
• Tathandlung:
− Der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Massnahmenvollzug entziehen; BGer: Entziehung zumindest «von einer gewissen Zeit»
− z.B. durch Beseitigen von Beweismitteln, Hilfe bei der Flucht, etc.
� Jens bezeichnet sich selbst fälschlicherweise als Fahrer des Unfallfahrzeugs zum
fraglichen Zeitpunkt (+)
II. Subjektiver Tatbestand
• Vorsatz (mind. Eventualvorsatz); insbesondere auch Wissen und Willen hinsichtlich «dem Strafvollzug entziehen» (Erschwerung in erheblichem Mass)
Folie 37
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Begünstigung (Art. 305 Abs. 1 StGB)
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
IV. Privilegierung nach Art. 305 Abs. 2 StGB?
• Aufgrund des Näheverhältnisses zum Begünstigten Verzicht auf Bestrafung?
V. Fazit
� Strafbarkeit des J nach Art. 305 Abs. 1 StGB
Folie 38
Rechtswissenschaftliches Institut
V. SV-Abschnitt 5: Falsche Angaben bei der Polizei
2. Strafbarkeit von Frieda
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
Vorbemerkung: blosse Selbstbegünstigung (nicht angeben, selbst gefahren zu sein) ist straffrei (temo tenetur)
I. Objektiver Tatbestand
• Tatobjekt: Nichtschuldiger
• Tathandlung: Beschuldigung der nicht schuldigen Person bei einer Behörde hinsichtlich Verbrechens/Vergehens (Ziff. 1) oder Übertretung (Ziff. 2)
− Durch Äusserungen aller Art die geeignet sind, Behörde zur Einleitung der Strafverfolgung zu veranlassen
� Frieda beschuldigt den klarerweise nicht schuldigen Jens bei der Polizei
Folie 40
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
II. Subjektiver Tatbestand
• Direkter Vorsatz bezgl. Unwahrheit der Beschuldigung (wider besseres Wissen), d.h. Kenntnis darum, dass nicht der Wahrheit entspricht
• Absicht der Herbeiführung einer Strafverfolgung; (-) sofern Strafuntersuchung bereits eingeleitet
� Als Täterin weiss Frieda um die Unwahrheit und sie beabsichtigt durch ihr Handeln,
dass ein Verfahren gegen Jens an ihrer statt eingeleitet wird
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
IV. Fazit
Folie 41
Rechtswissenschaftliches Institut
VI. Konkurrenzen
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Konkurrenzen
Strafbarkeit von Timo
• Hier Realkonkurrenz zwischen Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 resp. Ziff. 2 StGB und Art. 139 Ziff. 1 StGB
Folie 43
Rechtswissenschaftliches Institut
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Konkurrenzen
Strafbarkeit von Jens
• Realkonkurrenz zwischen versuchter räuberischer Erpressung (Art. 156 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 22 StGB), Begünstigung (Art. 305 StGB) sowie ggf. Irreführung der Rechtspflege (Art. 304 StGB)
Folie 44
Rechtswissenschaftliches Institut
Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Strafbarkeit von Frieda: Konkurrenzen
Strafbarkeit von Frieda
• Hier Realkonkurrenz zwischen Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB (ggf. Art. 304 Ziff. 1 Abs. 2 StGB i.V.m. Art. 24 StGB)
Folie 45
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Prozessrechtliche Fragen
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Übersicht
1. Recht auf Verteidigung
2. Teilnahmerechte
3. Haft
4. Durchsuchung
5. Beschwerde/Siegelung?
Folie 47
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Repetition: Arten der Verteidigung
Folie 48
FakultativeVerteidigung
Wahlverteidigung(auf eigene Kosten)
Amtliche Verteidigung
Notwendige Verteidigung
Wahlverteidigung(auf eigene Kosten)
Amtliche Verteidigung
Art. 129 Abs. 1StPO
Fall vonArt. 130lit. a-e StPO
Grundlage
Art. 132 Abs. 1lit. b StPO
Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO
1. Mittellosigkeit 2. kein Bagatellfall3. Schwierigkeit in tats. / rechtl. Hinsicht
Arten der Verteidigung Voraussetzungen
Art. 129 Abs. 2StPO
Art. 129 Abs. 2StPO
a. schriftliche Vollmachtb. protokollarische Erklärung
1. Fall notwendiger Verteidigung2. keine Wahlverteidigung trotz Aufforderung
a. schriftliche Vollmachtb. protokollarische Erklärung
Selbst-Verteidigung
kein Fall notwendiger Verteidigung gem. Art. 130 lit. a-e StPO
Art. 130 StPOe contrario
Beschuldigterverteidigt sich selbst
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1. Recht auf Verteidigung
a. Vorgehen des Polizeibeamten
• Art. 129 Abs. 1 StPO: Recht auf jederzeitiges Beiziehen eines Wahlverteidigers
− Bereits bei der ersten polizeilichen Einvernahme Recht auf Verteidiger (Anwalt der ersten Stunde gem. Art. 159 Abs. 1 StPO)
− Hinweis als Teil der Belehrung nach Art. 158 Abs. 1 lit. c StPO
• Amtliche Verteidigung nach Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO?
− Mittellosigkeit und
− Zur Wahrung der Interessen erforderlich (kein Bagatellfall sowie tatsächliche/rechtliche Schwierigkeiten).
• Muss ebenfalls explizit in Belehrung nach Art. 158 Abs. 1 StPO erwähnt werden.
Folie 49
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1. Recht auf Verteidigung
b. Beschuldigt wegen Art. 113 StGB
• Fall notwendiger Verteidigung nach Art. 130 lit. b StPO (drohende Freiheitsstrafe von mind. 1 Jahr)
• Zeitpunkt der notwendigen Verteidigung (Art. 131 Abs. 2 StPO):
„Sind die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung bei Einleitung desVorverfahrens erfüllt, so ist die Verteidigung nach der ersten Einvernahme durchdie Staatsanwaltschaft, jedenfalls aber vor Eröffnung der Untersuchung,sicherzustellen.“
� D.h. grnds. erst nach der ersten Einvernahme durch die StA
Folie 50
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1. Recht auf Verteidigung
• Aber: Art. 307 Abs. 1 StPO; unmittelbare Untersuchungseröffnung durch die STA
� Totschlag nach Art. 113 StGB als schwere Straftat löst polizeiliche
Mitteilungspflicht an STA nach Art. 307 Abs. 1 StPO aus
� daraufhin direkte Eröffnung der Untersuchung nach Art. 309 Abs. 1 StPO durch
STA.
Folie 51
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Repetition: Übersicht Beweisverwertungsverbote (Art. 141 Abs. 1-3 StPO)
Folie 52
Beweiserhebung «unter Verletzung von Art. 140 Abs. 1 StPO»
Regelung in StPO
Art. 141 Abs. 1 absolut unverwertbar
Rechtsfolge
Beweiserhebung trotz Anordnung Unverwertbarkeit in StPOArt. 141 Abs. 1 absolut unverwertbar
Beweiserhebung «in strafbarer Weise» (aber nicht i.S.v. Art. 140 Abs. 1 StPO)Art. 141 Abs. 2 relativ unverwertbar
Beweiserhebung «unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften»Art. 141 Abs. 2 relativ unverwertbar
Beweiserhebung «unter Verletzung von Ordnungsvorschriften»Art. 141 Abs. 3 verwertbar
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1. Recht auf Verteidigung
c. Unterlassene Belehrung nach Art. 158 Abs. 1 StPO
• Fehlende Belehrung nach Art. 158 Abs. 1 StPO führt zur absoluten Unverwertbarkeit der Einvernahme (Art. 158 Abs. 2 StPO).
• Verwertbarkeit von Folgebeweisen (i.c. Tatwaffe als Beweismittel)
− Art. 141 Abs. 4 StPO: Fernwirkung des Verwertungsverbotes
− Folgebeweise dann nicht verwertbar, wenn Erhebung nur durch Primärbeweis möglich.
− Hypothetische Betrachtung, ob Beweismittel «mit grosser Wahrscheinlichkeit» auch ohne den unverwertbaren Primärbeweis hätte gefunden werden können.
− Nach Wortlauft nur in Fällen relativer Unverwertbarkeit / Analoge Anwendung auch auf Beweisverwertungsverbote nach Art. 141 Abs. 1 StPO?
Folie 53
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Frühjahrssemester 2019 Übungen im Strafrecht II, Prof. Dr. Sarah Summers
Repetition: Teilnahmerechte bei Beweiserhebungen
Anspruchsgrundlage für Teilnahme an EV Mitbeschuldigter:
Art. 306 Abs. 2 lit. b StPO
Art. 312 Abs. 2 StPO
Polizei im Ermittlungsverf.
Polizei im Auftrag der StA
Art. 147 Abs. 1 StPO
Staatsanwaltschaft
Kein Rechtauf Teilnahme
Teilnahmerecht
Einvernahme durch G Mitbeschuldigter
Art. 147 Abs. 1i.V.m. Art. 104
Abs. 1 lit. a StPO
a
b
c
Einschränkungen des Teilnahmerechtsbei Einvernahmen Mitbeschuldigter möglich
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2. Teilnahmerechte
• Art. 146 Abs. 1 StPO: Grundsatz der getrennten Einvernahme (Ausnahme: Konfrontationseinvernahmen i.S.v. Art. 146 Abs. 2 StPO).
• Davon abzugrenzen: Teilnahmerecht an Beweiserhebung und Fragerecht nach Art. 147 Abs. 1 StPO
– Zeitpunkt: Beweiserhebung durch StA/Gericht
– Benachrichtigungspflicht gegenüber teilnahmeberechtigter Person
� Ivo als Mitbeschuldigter grnds. teilnahmeberechtigt und darüber in Kenntnis zu
setzen
• Einschränkungen möglich?
Folie 55
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Repetition: Teilnahmerechte bei Beweiserhebungen
Folie 56
Einschränkung des Teilnahmerechts bei Einvernahmen Mitbeschuldigter
Zusätzlich: «Im Anfangsstadium» der Untersuchung:Im gesamten Untersuchungsverfahren:
Art. 108 Abs. 1, (insb. lit. a) StPO
Allgemeine Einschränkungen des rechtlichen Gehörs, (insb. begr. Verdacht des
Rechtsmissbrauchs)
Vorübergehender Ausschlussvon Einvernahmeverhandlungen
Art. 146 Abs. 4 StPO
Prozessuale Schutzmassnahmen
Art. 149 Abs. 2lit. b StPO
Ausschluss des Mitbeschuldigtenvon Parteiöffentlichkeit der EV
Art. 101 Abs. 1 StPO analog
Vorausgesetzt wird: � eine konkrete Kollusionsgefahr im Hinblick auf
noch nicht erfolgte Vorhalte und � Gefährdung des Untersuchungszweckes hierdurch. � Die blosse Möglichkeit einer abstrakten Gefährdung
des Verfahrensinteressens reicht nicht.
(vgl. BGE 139 IV 25, E. 4.2 ff.; Urteil BGer 6B_256/2017 vom13. September 2018, E. 1.2 ff.)
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2. Teilnahmerechte
• Einschränkungen des Teilnahmerechts des Mitbeschuldigten Ivo:
– Nach der ersten Einvernahme des teilnahmeberechtigen Mitbeschuldigten: Art. 108 Abs. 1 lit. a StPO (Einschränkung des rechtlichen Gehörs). Fordert rechtsmissbräuchliches Verhalten.
– BGer: Möglichkeit der Anpassung der Aussage kein Rechtsmissbrauch!
– Vor der ersten Einvernahme des teilnahmeberechtigen Mitbeschuldigten: Art. 101 Abs. 1 StPO analog (Beschränkung des Akteneinsichtsrechts) bei Kollusionsgefahr
– Keine Einschränkung gestützt auf Art. 146 Abs. 1
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3. Haft
a. Vorgehen der Staatsanwaltschaft
• Anordnung der Untersuchungshaft nach Art. 224 StPO (ZMG)
− Befragung der beschuldigten Person (Art. 224 Abs. 1 StPO)
− Innert 48h Haftantrag/Freilassung (Art. 224 Abs. 2 und 3 StPO)
• Voraussetzungen gem. Art. 221 Abs. 1 StPO:
− Dringender Tatverdacht betreffend Verbrechen/Vergehen
− Besonderer Haftgrund Art. 221 Abs. 1 lit. a-c oder Abs. 2 StPO:
− Fluchtgefahr? Konkrete Umstände des Einzelfalls massgeblich!
− Kollusionsgefahr? Nicht bereits theoretische Möglichkeit der Kollusion; fordert ebenfalls konkrete Anhaltspunkte
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3. Haft
b. Haft wegen Ausführungsgefahr?
• Art. 221 Abs. 2 StPO
− Präventivhaft: kein dringender Tatverdacht für weitere Tat erforderlich
− Ernsthafte Befürchtung , dass Person Drohung wahrmacht, schweresVerbrechen auszuführen
− D.h. sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Ausführung, beurteilt anhand persönlicher Verhältnisse und konkreter Umstände des Einzelfalles. Rein hypothetische Möglichkeit der Tatausübung genügt nicht.
− Treffen konkreter Anstalten jedoch nicht erforderlich
� Drohung mit schwerem Verbrechen?
� Objektiv ernsthaft zu befürchten, dass Ueli die Drohung auch verwirklicht?Folie 59
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3. Haft
c. Beschwerdemöglichkeit
• Gegen ZMG-Entscheide Beschwerde nach Art. 393 Abs. 1 lit. c StPO bei Beschwerdeinstanz sofern gesetzlich vorgesehen
• Art. 222 StPO; Beschwerdeberechtigt ist nach Wortlaut verhaftete Person
• Entgegen Wortlaut von Art. 222 StPO zusätzlich STA beschwerdeberechtigt (Einheit des Verfahrens, Art. 111 Abs. 1 BGG; STA gem. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG vor BGer beschwerdelegitimiert )
� Sowohl Ueli als auch STA sind beschwerdelegitimiert
• Weiterzug an BGer mittels Beschwerde in Strafsachen (Art. 78 ff. BGG); Haftentscheid als anfechtbarer Zwischenentscheid (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Insbesondere Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils.
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Durchsuchung von Aufzeichnungen
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Sicherstellung von Aufzeichnungen und Gegenständen
Siegelungsfähige Objekte Nicht siegelungsfähige Objekte
Siegelungsbegehren
Entsiegelungs-verfahren
EinverständnisDurchsuchung
Durchsuchung von Aufzeichnungen
Beschlagnahme
Beschlagnahme
Beschwerde in Strafsachen
StPO Beschwerde
Keine StPO Beschwerde möglich
Art. 393 ff. StPO
Art. 78 ff. BGG
Art. 263 ff. StPO
Art. 263 ff. StPOArt. 248 Abs. 1 StPO
Wahl des Rechtsmittelwegs
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4. Durchsuchung
Vorgehen gegen Durchsuchung des Mobiltelefons
• Durchsuchung von Aufzeichnungen nach Art. 246 StPO
• Rechtsbehelf der Siegelung nach Art. 248 StPO möglich
− Vorläufiger Rechtschutz, es darf vorübergehend (bis zum Entsiegelungsentscheid) keine Kenntnis vom Inhalt genommen werden.
− Blosse Behauptung eines schützenswerten Geheimhaltungsinteresses genügt hier bereits.
� Ivo als Inhaber respektive dessen Anwalt können Siegelung nach Art. 248 StPO
verlangen und dabei schützenswertes Geheimhaltungsinteresse geltend machen
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4. Durchsuchung
• StA kann daraufhin innert 20 Tagen begründetes Entsiegelungsgesuch beim ZMG stellen (Art. 248 Abs. 2 StPO). Insbesondere: potenzielle Beweistauglichkeit
• ZMG prüft
− Rechtsmässigkeit Durchsuchung (insb. hinreichend konkreter Tatverdacht)
− Interessenabwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse und Verfahrensinteresse.
• Rechtsmittel gegen Entsiegelungsentscheid des ZMG
− Beschwerde gem. Art. 393 ff. StPO ausgeschlossen («endgültiger» Entscheid)
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4. Durchsuchung
• direkt Beschwerde in Strafsachen ans BGer (Art. 78 ff. BGG)
− Entsiegelungsentscheid als Zwischenentschied; insbesondere
− rechtlich geschütztes Interesse i.S.v. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG
− nicht wieder gutzumachender Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG)
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5. Beschwerde/Siegelung?
Vorgehen hinsichtlich der Gegenstände
• Betäubungsmittel und weitere Drogenutensilien unterliegen Beschlagnahme nach Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO. Bargeld: Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO.
• Beschlagnahmebefehl Art. 263 Abs. 2 StPO
• Keine siegelungsfähigen Objekte; Art. 248 StPO.
• Stattdessen: Beschwerde gegen die Beschlagnahme nach Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO vor kantonaler Beschwerdeinstanz.
• Sodann ggf. Weiterzug ans Bundesgericht möglich nach Art. 78 ff. BGG.
− Zwischenentscheid; nicht wieder gutzumachender Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG)
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5. Beschwerde/Siegelung?
Vorgehen hinsichtlich der Kontounterlagen
• Unterlagen als Beweismittel (Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO)
• Bestehende Bankunterlagen: Editionsverfügung nach Art. 265 Abs. 3 StPO
• Keine Beschwerde gegen Editionsverfügung selbst
• Siegelung nach Art. 248 StPO:
− Bank als faktische Inhaberin siegelungsberechtigt
− Darüber hinaus auch jede Person mit rechtlich geschütztem Interesse an Geheimhaltung
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