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Projektstudie
OTTO LAUFFER
© September 2014
Museumshafen Oevelgönne e.V. Anleger Neumühlen
22763 Hamburg
www.museumshafen-oevelgoenne.de
Projektierung, Text, Gestaltung:
Dipl. Ing. Andreas Westphalen
Kirchentwiete 10 22765 Hamburg
Bildnachweise:
Andreas Westphalen
Abb. 1,8,9,11,13,14,15.20,22,23,24,27
Björn Nicolaisen Abb. 12,17,25,26
Museumshafen Oevelgönne Abb. 6,7,10,18,19
Slg. Arnold Kludas Abb. 5
Slg. Claus Wulff Abb. 3,4,16
Slg. Harry Braun Abb. 2,21
Projektstudie
OTTO LAUFFER
1
Inhalt
1. Vorwort …………………………………………………….. 2
2. Einleitung ………………………………………………….. 3
3. Historie …………………………………………………….. 4
4. Baubeschreibung ……………………………………… 11
5. Denkmalwert ……………………………………………. 15
6. Sanierungskonzept …………………………………… 18
7. Finanzierungskonzept ………………………………. 20
8. Nutzungskonzept ……………………………………… 22
9. Zusammenfassung ……………………………………. 23
Projektstudie
OTTO LAUFFER
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1. Vorwort
Die OTTO LAUFFER ist heute der dienstälteste Mu-
seumsdampfer Deutschlands. Sie wurde 1928 ge-
baut und 1968 als Museumsschiff durch den dama-
ligen Direktor Walter Hävernick in die Sammlung
des Museums für Hamburgische Geschichte über-
nommen. Benannt wurde sie nach dem ersten Di-
rektor des Museums, der auch der erste Volkskun-
deprofessor Deutschlands war. Das Besondere an
ihr ist nicht nur die Tatsache, dass sie ein Zeugnis
des Hamburger Hafens ist, das Besondere an ihr ist auch, dass sie über die Jahre durch eine ehrenamt-
liche tätige Crew fahrtüchtig erhalten wurde. Ein
Konzept, das seiner Zeit weit voraus war. Es ging
nicht nur um den Erhalt eines verkehrs- und hafen-
geschichtlich wichtigen Objekts, es ging um den
Erhalt und die Funktionsfähigkeit einer historischen
Technik: den Dampfbetrieb. Und schlussendlich
ging es auch um den ehrenamtlichen Einsatz sowie
die Begeisterung für die Technik und ihre Vermitt-
lung. Das Museum für Hamburgische Geschichte,
das sich heute kurz Hamburg Museum nennt, hat es
bis 2003 einer Vielzahl von Technikinteressierten,
Laien und Spezialisten, Hamburgern und Touristen
ermöglicht, historische Technik in Funktion auf dem
Wasser zu erleben. Dabei entstand große Begeiste-
rung für die Verkehrs- und Technikgeschichte des
Hamburger Hafens. Eine solche Bildungs- und Erleb-
nisqualität erreichen nicht viele Museumsobjekte.
Seit 1976 ist der Museumshafen Oevelgönne e.V., der erste privat betriebene Museumshafen
Deutschlands, den Weg weiter gegangen, den das
Museum früh vorbereitete. Engagierte Fachingeni-
eure und Restauratoren übernahmen es von nun
an, die maritimen und hafenhistorischen Großob-
jekte zu konservieren, zu pflegen – und in Betrieb
zu halten. Die OTTO LAUFFER wurde 2005 an den
Museumshafen übereignet. Mit der Übernahme des
Schiffs entlastete der Verein das Museum von der
fachlich herausfordernden und kostspieligen Auf-
gabe, mit einem technikgeschichtlichen Großobjekt
denkmalgerecht umzugehen. Die OTTO LAUFFER
wurde 2010 in die Liste der beweglichen Denkmäler
der Freien und Hansestadt Hamburg aufgenom-
men.
Seit die OTTO LAUFFER in die Obhut des Museums-
hafens gelangt ist, wurden umfangreiche Arbeiten zum Erhalt unternommen. Ein Teil der Restaurie-
rungsarbeit an dem Schiff ist bereits mit großer
Expertise und mit fachlicher Aufsicht von einem
Beschäftigungsprogramm für arbeitslose Jugendli-
che und Ehrenamtlichen geleistet worden. Das
Schiff ist entkernt, zerlegt, dokumentiert und benö-
tigt nun dringend die weiteren Mittel, um die
grundlegende Restaurierung und Wiederinbetrieb-
nahme zu vollenden.
Als Direktorin des Hamburg Museums kann ich die
Initiative der überaus qualifizierten Vertreter des
Museumshafens Oevelgönne e.V. nur begrüßen. Es
geht um die Rettung des einzig erhaltenen, dampf-
betriebenen Hamburger Polizeiboots, das noch in
den 1920er Jahren gebaut wurde – ein technikge-
schichtliches Highlight aus der Hochphase der
Dampfschifffahrt.
Prof. Dr. Lisa Kosok
Direktorin des Hamburg Museums
Projektstudie
OTTO LAUFFER
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2. Einleitung
Der Hamburger Hafen blickt heute auf eine über
800 Jahre alte Tradition zurück, was alljährlich An-
fang Mai mit dem Hafengeburtstag gebührend ge-
feiert wird. Die eigentliche Blütezeit des Hafens
begann jedoch erst Ende des 19. Jahrhunderts. Zum
einen beflügelte 1888 der Zollanschluss Hamburgs
an den Deutschen Zollverein den Handel mit Wa-
ren, zum anderen ermöglichte die Dampfkraft un-
geahnte technische Möglichkeiten. Die folgenden
Jahrzehnte waren geprägt von einem gewaltigen Ausbau des Hafens mit neuen Hafenbecken, Kaian-
lagen, Werften und Reedereien. Interessanterweise
gründete der Senat schon lange vor dieser Entwick-
lung die Admiralitätsrunde, den Vorläufer der heu-
tigen Wasserschutzpolizei.
Während die klassischen Segelschiffe bereits im
Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von
der Bildfläche verschwanden, bestimmten die
Dampfschiffe mit ihren qualmenden Schloten noch
in den 1950er Jahren das Hafenbild. Neben den
großen Überseedampfern waren es vor allem die
unzähligen kleinen Hafenfahrzeuge unterschiedli-
chen Typus, die den eng verzahnten Hafenbetrieb
ermöglichten. Doch der wirtschaftlichere Dieselmo-
tor verdrängte bereits die alte Dampfmaschine und
letztlich sollte der Siegeszug des Containers das
Hafenbild innerhalb weniger Jahrzehnte vollständig
verändern.
Professor Walter Hävernick, Direktor des Museums
für Hamburgische Geschichte, erahnte bereits sehr
früh diese Entwicklung und mahnte zum Erhalt
eines klassischen Kohledampfers, da diese bald
nicht mehr zu finden seien. 1959 übernahm er von
dem Amt für Strom- und Hafenbau die kleine
Dampfbarkasse GEHEIMRAT JUST, dessen Muse-
umskarriere allerdings nicht lange währen sollte.
Durch Eisgang sank sie Anfang 1968. Kurz darauf
übernahm er von der Finanzbehörde eine zweite
Dampfbarkasse, die ehemalige HAFENPOLIZEI VI.
Als OTTO LAUFFER begann sie 1969 ihren Muse-
umsdienst. Nach einer Grundsanierung galt die
OTTO LAUFFER als eines der am besten restaurier-
ten Dampfschiffe, und das weit über die Landes-
grenzen hinaus. Doch diese Glanzzeit endete 2003,
als die Betriebserlaubnis für den alten Dampfkessel
erlosch. Nach internen Umstrukturierungen über-
gab das Museum das nun nicht mehr fahrtüchtige Schiff dem Museumshafen Oevelgönne, der bereits
reichlich Erfahrung in der Restaurierung und dem
Betrieb alter Dampfschiffe hatte. Mit viel Enthusi-
asmus wurde mit der Sanierung der OTTO LAUFFER
begonnen, die dann aber aufgrund veränderter
Rahmenbedingungen erst ins Stocken kam und
schließlich stagnierte. Letzter Akt war 2010 die Ein-
tragung in die Denkmalliste der Stadt Hamburg.
Heute besteht der dienstälteste Museumsdampfer
Deutschlands aus einem entkernten und sanierten
Schiffskörper und zahllos eingelagerten Einzeltei-
len. Inhalt der vorliegenden Projekstudie ist einer-
seits, die Historie, den Bauzustand und Denkmal-
wert der OTTO LAUFFER zu dokumentieren. Vor-
rangig soll jedoch ein Sanierungskonzept mit dem
daraus resultierenden Finanzierungs- und Nut-
zungskonzept über den betriebsfertigen Wieder-
aufbau erarbeitet werden. Denn in einem Punkt sind sich alle Fachleute einig: Die OTTO LAUFFER ex.
HAFENPOLIZEI VI ist ein maritimes Juwel, welches
es zu retten gilt.
Abb. 1: OTTO LAUFFER, einst Stammgast auf dem Hafen-
geburtstag.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
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3. Historie
Hafenpolizei
Bereits 100 Jahre vor dem Zollanschluss Hamburgs
gab es eine Hafenpolizei. Im Herbst 1787 erklärten
sich Senat und Bürgerschaft bereit zum Schutz von
Kaufmannsgut im Sommer und im Winter bey Tag
und bey Nacht zu Wasser und zu Lande drei Pat-
rouillen einzurichten. Am 26. Oktober 1787 nah-
men zehn Männer ihren Dienst auf. Dieser Tag gilt
als die Geburtsstunde der Hamburger Wasser-
schutzpolizei. Damals hieß sie noch Admiralitäts-
runde, ab 1822 Hafenrunde und von 1875 an Ha-fenpolizei. 1919 wurde sie in die Hafen- und Schif-
fahrtspolizei umstrukturiert und im Deutschen
Reich einheitlich in Wasserschutzpolizei umbe-
nannt, a der Küste au h ger „Was hpo“ ge a t. Das erste Jahrhundert lang versah die Hafenpolizei
ihren Dienst wasserseitig ausschließlich mit Ruder-
jollen per Muskelkraft. 1886 erhielt die Hafenpolizei
ihr erstes Dampfboot, die Barkasse GAFFKY, 1889
lieferte die Werft H.C. Stülcken Sohn den ersten
direkt bestellten Neubau HAFENPOLIZEI I, weitere
folgten. Diese waren jedoch recht klein, schwach
und unkomfortabel. Die letzten Ruderboote wur-
den übrigens erst um 1920 ausgemustert.
Nach Ende des ersten Weltkrieges, in dessen Folge
die Diebstähle im Hamburger Hafen deutlich zu-
nahmen, gab es Bedarf an einer Erneuerung der
Flotte. Nach einem Neuzugang von vier Booten
Anfang der 1920er Jahre wurden in den Jahren von 1926 bis 1930 für den Hafenbereich die letzte Serie
von fünf typgleichen Dampfbarkassen im Auftrag
der Finanzdeputation an die Hafen- und Schif-
fahrtspolizei geliefert. Erbaut wurden diese Schiffe
wieder auf der 1840 in Hamburg Steinwerder ge-
gründeten Werft H. C. Stülcken, deren markantes
Wahrzeichen im Hamburger Hafen lange Zeit die
gewaltige Krananlage war. Obgleich mittlerweile
der neue Dieselmotor die alte Dampfmaschine ver-
drängte, hielt die Behörde nach wie vor an dem
robusten Dampfbetrieb fest. Mit Lieferung der HA-
FENPOLIZEI I im Jahr 1930 wurde die letzte Dampf-
barkasse gebaut. Streng genommen handelte es
sich bei dieser baugleichen Serie nicht um Barkas-
sen, da die Boote mit einem geschlossenen Deck
versehen waren. Neben dem geschlossenen Ruder-
haus verfügten sie über eine versengte Vorderkajü-
te und erstmals eine Achterkajüte. Angetrieben wurden die Boote mit Verbunddampfmaschinen im
Auspuffbetrieb mit rund 150 Pferdestärken. Die
Besatzung bestand aus drei Mann: Dem Schiffsfüh-
rer, dem Maschinisten und einem Decks- bzw. Aus-
guckmann, der laut Verordnung noch bis 1960 bei
Wind und Wetter draußen vor dem Ruderhaus sei-
nen Posten einzunehmen hatte.
Abb. 2 (oben): Die Anfänge der Hafenpolizei begannen
mit einer Ruderjolle.
Abb. 3 (unten): Ab 1886 kamen die ersten Dampfbarkas-
sen in Fahrt.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
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Der Bauauftrag für die Baunummer 651 wurde am
5. November 1927 an die Stülckenwerft erteilt.
Nach einer Bauzeit von acht Monaten und elf Tagen
erfolgten Probefahrt und Ablieferung der HAFEN-
POLIZEI VI am 13. Juli 1928, der Baupreis betrug RM
55.000. Im Zuge der Vereinheitlichung durch das Groß- Hamburg- Gesetz von 1937 wurde aus der
Hamburger Hafen- u d S hiffahrtspolizei die „Was-
serschutzpolizei- Gruppe Ha urg“. Die S hiffe erhielten den einheitlichen Namen WASSER-
SCHUTZPOLIZEI mit einer Ordnungsziffer. Aus der
HAFENPOLIZEI VI wurde die WASSERSCHUTZPOLI-
ZEI 6. Die Wasserschutzpolizei verfügte damals über
348 Mann und 14 dampf- und 11 motorgetriebene
Barkassen. Der Zuständigkeitsbereich erstreckte sich
von Lauenburg elbabwärts über das Hafengebiet
und die Alster bis zur Elbmündung bei Cuxhaven.
Aus der Kriegszeit ist wenig bekannt. Für die Rüs-
tungsindustrie wurde Edelmetall benötigt. Die Poli-
zeiboote verloren ihre charakteristischen Schorn-steinkronen aus Kupfer, die nach dem Krieg jedoch
wieder nachgebaut wurden. Die WASSERSCHUTZ-
POLIZEI 6 wurde kurz vor Kriegsende auf der
Oberelbe von einem Panzer angeschossen. Das
Geschoss durchschlug das Ruderhaus und den
Backbord Kohlebunker. Das Schiff sank in kurzer
Zeit während der Fahrt und wurde erst 1947 wieder
geborgen. In den ersten Nachkriegsjahren wurde
die Polizei der britischen Militärregierung unter-
stellt u d die Boote urde dur h ei großes „P“
für „Poli e“ a Bug ke tli h ge a ht. 1949 ver-
fügte die Behörde noch über zwölf Dampfbarkas-
sen. Mitte der 1950er Jahre begann die nötige Mo-
dernisierung der Schiffsflotte, um die mittlerweile
veralteten und unwirtschaftlichen Dampfbarkassen
abzulösen. Auf der Werft Ernst Menzer in Hamburg Bergedorf wurden 1956 bis 1958 vier schwere und
1959 bis 1961 zehn leichte Hafenstreifenboote
erbaut. Einige wenige Dampfbarkassen verdienten
ihr Gnadenbrot noch als Reserveboote. Die WAS-
SERSCHUTZPOLIZEI 6 war ab 1954 dem WS- Revier
3 in Neumühlen und ab 1956 dem WS-Revier 11 in
Harburg zugeordnet. Zuletzt gehörte sie zum Tech-
nischen Betrieb und wurde schließlich Anfang 1968
außer Dienst gestellt.
Abb. 4 (oben): 1928 kam die HAFENPOLIZEI VI in Fahrt.
Abb. 5 (unten): Kurz nach dem Krieg ohne Achterkajüte
und Schornsteinkrone.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
6
Museum für Hamburgische Geschichte
Ende der 1950er Jahre gehörten die alten Kohle-
steamer im Hamburger Hafen noch zum alltägli-
chen Bild. Ob Frachtdampfer, die zahllosen Dampf-schlepper, Hafenfähren, Barkassen oder Schwimm-
geräte, die klassische Kolbendampfmaschine als
Antrieb von Schiffen hatte noch nicht ausgedient.
Segelschiffe waren mittlerweile nicht mehr aktiv,
der wirtschaftliche Dieselmotor oder aber bei
Großschiffen die Dampfturbinen gewannen immer
mehr die Oberhand. Es war unübersehbar: Die al-
ten Dampfschiffe würden schnell aus dem Hafen-
bild verschwinden. Es sollte nur gut eine Dekade
dauern, bis die letzten Dampfer bereits Unikate
waren.
Diese Entwicklung erkannte schon sehr frühzeitig
Professor Dr. Walter Hävernick, von 1946 bis 1973
Direktor des Museums für Hamburgische Geschich-
te. Bereits 1956 schrieb er eine Notiz mit grundsätz-
lichen Erwägungen über die Erhaltung eines be-
triebsfähigen Hafenfahrzeuges als technisches
Denkmal. Es sei eine Hamburger Museumsaufgabe,
da diese Fahrzeuge als Helfer von Hafen, Wirtschaft und Verkehr eine große Aufgabe erfüllt hätten und
nun durch den Motorantrieb rasch verdrängt wür-
den. Der technikbegeisterte Professor hatte eine
konkrete Vision. Am 21. Juni 1959 absolvierte der
Hamburger Frachtdampfer WERNER (Baujahr 1909)
seine letzte Linienfahrt. Schon zuvor hatte der Mu-
seumsdirektor für den Erhalt eines solchen typi-
schen Frachtdampfers geworben. Mit Politik und
Wirtschaft diskutierte er Konzepte für
den Weiterbetrieb des Schiffes, doch
mit solch einem Großobjekt war er
seiner Zeit voraus. Dampfer WERNER
wurde schließlich verschrottet, ledig-
lich der Aufbau mit Brücke, Kombüse
und Messe bereichern das heutige
Hamburg Museum.
Bei Strom- und Hafenbau, einer
Dienststelle der Hamburger Behörde
für Wirtschaft und Verkehr, fand das Museum kurz darauf einen wesentlich
kleineren, aber dafür machbaren Er-
satz: Der Bereisungsdampfer GEHEIMRAT JUST
(Baujahr 1901). Bei der Übernahmefahrt am 30.
November 1959 erläuterte Professor Hävernick,
warum das Museum für Hamburgische Geschichte dieses alte Schiff übernähme und als erstes Muse-
um auch in Fahrt erhalten wolle: Um sichtbar der
Forderung Nachdruck zu geben, dass neben den
Denkmälern der Kunst auch die der Technik Schutz
und Ehrfurcht verdienten, um den Hafen und der
Schiffahrt zu zeigen, dass ihr Werk durch das Muse-
um gewürdigt und propagiert werde, ..., das Werk
der Väter zu ehren und nie gedankenlos im modi-
schen Strom der Neuerungen zu treiben. Die GE-
HEIMRAT JUST war somit das erste Museums-
dampfschiff in Deutschland. Doch diese Karriere
sollte nicht lange währen. Durch Eisgang sank die
Barkasse im Januar 1968 im Rugenberger Hafen.
Eine Reparatur wurde zu teuer, gerettet wurde die
originale Dampfmaschine, die seit 1969 als Exponat
im Museum ausgestellt war.
1 Dampfboot, 147 PS, zu verkaufen. Näh. Gänse-
markt 36, Zi. 19, Telefon 34 10 16, Apparat 371. Diese kleine 6 mm Anzeige erschien am 1. März
19 i „Ha urger A e d latt“. Hi ter der An-
schrift verbarg sich die Finanzbehörde der Freien
und Hansestadt Hamburg, bei dem Dampfboot
handelte es sich um die WASSERSCHUTZPOLIZEI 6.
Professor Walter Hävernick hatte sichtlich Interesse.
Abb. 6: Die Einweihungsfahrt am 3.10.1969.
Abb. 7 (nächste Seite): Die Berichterstattung tags darauf
im Hamburger Abendblatt.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
7
Er bat die Finanzbehörde um eine unentgeltliche
Überlassung, die bereits am 15. März erfüllt wurde.
Nach einer Überholung des Schiffes erfolgte die
offizielle Übernahme in feierlicher Form am 3. Ok-
tober 1969. Dabei erhielt die ehemalige Polizeibar-
kasse ihren heutigen Namen OTTO LAUFFER. Pro-
fessor Otto Lauffer leitete das Museum von 1908 bis 1946 und zählte zu Hamburgs bedeutenden
Historikern. Das Schiff wurde gelegentlich für Son-
derfahrten unter Dampf gesetzt und hat verschie-
dentlich größere Ausflüge gewagt, so nach Glück-
stadt zum Freundschaftsbesuch beim Detlefsen-
museum oder zum Elbschiffahrtstag nach Lauen-
burg. Am 21. Mai 1977 dampfte die OTTO LAUFFER
mit dem 2. Bürgermeister an Bord zu der Eröffnung
des Museumshafens Oevelgönne. Die ersten Jahre
dieser Museumslaufbahn waren jedoch nur bedingt
erfolgreich. Das Schiff wurde von Mitarbeitern von Strom- und Hafenbahn entgeltlich gefahren, die
Pflege war dürftig. Im Frühjahr des kalten Eiswin-
ters 1979 ereilte dem Museumsdampfer das gleiche
Schicksal wie seinem Vorgänger zehn Jahre zuvor:
Projektstudie
OTTO LAUFFER
8
Durch Eispressungen sank es im Rugenberger Ha-
fen, wurde gehoben und bei Blohm + Voss an Land
gesetzt. Eine Verschrottung drohte, doch mittler-weile hatten sich die Zeiten geändert. Nicht zuletzt
durch die Pionierarbeit des Museumshafens Oevel-
gönne engagierten sich Schifffahrtfreunde nun eh-
renamtlich für den Erhalt alter Schiffe. Dank des
Engagements des Museums, der Werft Blohm +
Voss und einer ehrenamtlichen Crew konnte die
Dampfbarkasse in den Folgejahren grundlegend
restauriert werden. Am 5. Mai 1984 erfolgte eine
erneute Indienststellung, dieses Mal zusammen mit
einem weiteren Museumsschiff, dem Feuerlösch-
boot WALTER HÄVERNICK, ehemals FEUERWEHR IV.
OTTO LAUFFER war ein Glanzstück. Beim „Inter-
national Congress of Maritime Museums“ im
September 1984 erhielt sie den Titel als bestres-
tauriertes Museumsschiff Deutschlands. Seit-
dem war die OTTO LAUFFER fast jeden Sommer
unter Dampf. Der Aktionsradius für solch ein
kleines Hafenfahrzeug ist begrenzt, dennoch
war der Museumsdampfer mehrfach auch au-ßerhalb Hamburgs unterwegs, beispielsweise in
Lübeck, Glückstadt, Stade und 1995 auf dem
Nord-Ostsee-Kanal zum Jubiläumskorso. Eigen-
tümer war nach wie vor das Museum für Ham-
burgische Geschichte, gepflegt und gefahren wurde
es von einer ehrenamtlich tätigen Crew. Die OTTO
LAUFFER hatte bis 2003 weit über 400 Fahrten im Hamburger Raum unternommen. Im Sommer 2003,
genau zum 75jährigen Jubiläum, erlosch aufgrund
von irreparablen Altersschwächen die Betriebser-
laubnis des originalen Dampfkessels. Damit war das
Schiff nicht mehr fahrtüchtig. Kurz darauf trennte
sich das Museum aufgrund von Umstrukturierun-
gen von seinen mittlerweile drei Museumsschiffen.
Abb. 8 (oben): Die beiden Museumsschiffe OTTO
LAUFFER und WALTER HÄVERNICK 1984.
Abb. 9 (unten): Immer fester Bestandteil des Hamburger
Hafengeburtstages, hier 1994.
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OTTO LAUFFER
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Museumshafen Oevelgönne
Der ge ei ützige Verei „Museu shafe Oe el-
gö e e.V.“ urde i Jahr 19 in Hamburg als
erster seiner Art in Deutschland gegründet. För-dernder Zweck des Vereins ist die Förderung des
Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, um außer
Dienst gestellte Wasserfahrzeuge aus der Berufs-
schifffahrt, die für die Schifffahrtsgeschichte der
norddeutschen Küstenregion und des Hamburger
Hafens kennzeichnend sind und die Denkmalscha-
rakter haben, in Fahrt zu halten. In dem idyllischen
Oevelgönne mit seinem kleinen Häusern und dem
Elbstrand erfolgte nach Fertigstellung des Belüf-
tungsschachtes des neuen Elbtunnels am 21. Mai
1977 die Eröffnung des Museumshafens Oevelgön-
ne. Ein Jahr später kaufte der Verein sein erstes
eigenes Schiff, den 1910 erbauten Schleppdampfer
TIGER. Dieser wurde 1966 als Reserveschlepper der
Altonaer Ewerführerei Jürgen Hinrich Steffen im
Spreehafen aufgelegt. Erstmalig wurde solch ein
Hafenschlepper durch einen Verein mit Unterstüt-
zung aus der Wirtschaft vor der Verschrottung ge-
rettet und nach einer umfassenden Restaurierung
wieder unter Dampf gesetzt. Heute betreut und
betreibt der Verein mit seinen gut 400 Mitgliedern
zehn Schiffe als Eigentum oder Leihgabe, beispiels-weise im Rahmen eines Kooperationsvertrages den
Schwimmkran HHLA I des Hamburg Museums oder
den Ewer ELFRIEDE des Altonaer Museums. Dazu
kommen noch einige Privatschiffe als Gastlieger.
Der Museumshafen Oevelgönne ist eine tragende
Säule von Hamburgs maritimen Erbe. Die Instand-
haltung und der Betrieb der Schiffe werden aus-
schließlich durch die ehrenamtlich tätigen Vereins-
mitglieder erbracht, die Finanzierung erfolgt durch
Geld- und Sachspenden und durch die Einnahmen
aus dem Fahrbetrieb. Von der Eröffnung des Muse-
umshafens 1977 bis zur Außerdienststellung des
Schiffes 2003 war Oevelgönne auch zeitweise der
Heimathafen der Dampfbarkasse OTTO LAUFFER.
Abb. 10: Der Museumshafen Oevelgönne in Hamburg-Neumühlen.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
10
Anfang 2005 übertrug das Museum für Hamburgi-
sche Geschichte die Polizeibarkasse OTTO LAUFFER
dem Museumshafen Oevelgönne als sechstes ver-
einseigenes Schiff. Das kalte Schiff wurde nach Har-
urg zu „Juge d i Ar eit Ha urg e.V.“ erholt, um grundlegend saniert zu werden. Dieser Verein
förderte im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaß-
nahmen die Beschäftigung von Arbeitslosen, insbe-
sondere Jugendlichen, und deren berufliche Quali-
fikatio . Als „Ü u gso jekt“ die ten in der Hafen-
stadt Hamburg auf einem Werftgelände historische
Museumsschiffe. Unter anderem wurden hier die
Hamburger Dampfschiffe SCHAARHÖRN, CLAUS D.,
TIGER und WOLTMAN von Grund auf saniert. Im
gleichen Umfang wurden auf der OTTO LAUFFER
die Demontagearbeiten und die Rumpfsanierung
begonnen. Doch mit den Jahren haben sich die
Rahmenbedingungen für Jugend in Arbeit deutlich
verschlechtert, auch konnte der Museumshafen
nicht mehr die erforderlichen Finanzen aufbringen. Das Projekt kam ins Stocken und 2010 schließlich
zum Erliegen. Als letzter Akt erfolgte 2010 die Ein-
tragung der Denkmalliste der Freien und Hanse-
stadt Hamburg. 2011 schließlich wurde Jugend in
Arbeit nach der Insolvenz liquidiert und der Rumpf
und die Einzelteile zu Blohm + Voss verholt. Der
Status heute ist folgender: Der Rumpf ist gänzlich
entkernt, die Stahlbauarbeiten sind nahezu abge-
schlossen, die Dampfmaschine und diverse Einzel-
teile wurden überholt. Es wird ein Neubaukessel
benötigt und das ganze Schiff muss wieder mon-
tiert und fahrtüchtig hergestellt werden.
Abb. 11 (oben): Der entkernte und sanierte Rumpf auf
dem Helgen bei Blohm + Voss, Status 2014.
Abb. 12 (unten): Verladen der Einzelteile am 23.11.2011.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
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4. Baubeschreibung
Ursprungszustand 1928
Der stählerne Rumpf besteht aus einem Balkenkiel
mit 59 Querspanten und fünf Plattengängen in
Nietkonstruktion. Der Bug ist steil, das Heck ellip-
tisch, die Kimm rund ausgebildet. Drei wasserdichte
Schotten unterteilen den Schiffskörper in vier Ab-
teilungen: Vorpiek, Vordere Kajüte, Maschinen- und
Kesselraum und hintere Last. Das Deck ist gebro-
chen ausgeführt, der Decksbelag besteht aus Holz.
Die Maschine ist eine stehende Zweifach- Expansi-
onsdampfmaschine im Auspuffbetrieb mit Ab-dampfvorwärmer. Der Kessel ist schottischer Bau-
art mit Kohlenfeuerung. Die beiden seitlichen Koh-
lebunker fassen zusammen 5,3 Tonnen. Die
Hauptmaschine treibt über das Drucklager und die
zweiteilige Welle einen dreiflügeligen Propeller an.
Hinter dem Propeller befindet sich das halbkreis-
förmige Plattenruder, das mittels Ruderquadrant
und Gestänge von der manuellen Rudermaschine
bedient wird. An die Hauptmaschine angehängt ist
eine Speisewasserpumpe und eine Lenzpumpe, als
zweite Speise- und Lenzmöglichkeit dienen jeweils
Dampfstrahlpumpen. Eine Elektroinstallation gab es
ursprünglich nicht. Der Schornstein ist für
Brückendurchfahrten mittels Kontergewichten
klappbar. Der Rumpf hat umlaufend eine robuste
hölzerne Wallschiene und geflochtene Bug- und
Heckfender.
In der vorderen Kajüte befanden sich zwei gepols-
terte Längsbänke, ein Tisch, mehrere Schränke und
ein Waschtisch, eine Toilette gab es nicht. Der Nie-
dergang hat die nötige Breite für das Einbringen einer Krankentrage. Die hintere Deckskajüte mit
jeweils beidseitig zwei Sprossenfenstern hatte zwei
gepolsterte Längsbänke und einen Tisch. Offen-
sichtlich war die Kajüte ursprünglich hinten offen,
folglich keine geschlossen Kajüte, sondern eher ein
offener Wetterschutz. Das geschlossene Ruderhaus
beinhaltet das Rudergetriebe mit Steuerrad, einen
Kompass, das Sprachrohr und den Maschinentele-
grafen.
Zu Dienstzeiten gab es kaum Umbauten an dem
Schiff. Offensichtlichste Veränderung ist lediglich
die Deckskajüte. Diese wurde laut einem Akten-
vermerk 1939 demontiert und erst 1950 wieder
montiert, jedoch in veränderter Ausführung. Sie
wurde um ein Fenster verlängert und nun geschlos-
sen ausgeführt. Die einzige technische Veränderung
war 1949 der Einbau einer kleinen Dampfturbine
zur Stromerzeugung, um die neu installierte Funk-anlage zu versorgen. Zuletzt sei die markante Kup-
ferkrone des Schornsteins genannt. Diese wurde zu
Kriegszeiten demontiert und Anfang der 1950er
Jahre in etwas vergrößerter Form nachgebaut.
Abb. 13: Das originale Werfthalbschnittmodell von 1928
Projektstudie
OTTO LAUFFER
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Abb. 14: Im Gegensatz zu Seeschiffen sind bei Binnen-
schiffen die Schornsteine klappbar.
Die Boote der Hafenpolizei hatten eine einheitliche
Farbgebung: Schwarzer Rumpf mit rotem Unter-
wasserschiff. Die Aufbauten waren braun, der
Schornstein schwarz. An der Bordwand stand am
Bug in weißen kleinen und mittschiffs in großen
Lettern der Schiffsname. Auch die ersten Nach-
kriegsbauten hatten noch dieses Farbkleid, erst ab
etwa 1960 wurden die Aufbauten grau und der
Schornstein hell gestrichen, auch bei den letzten
drei Dampfbooten. Der Rumpf erhielt weiße Zier-
leisten und an der Bordwand stand in großen Let-
tern POLIZEI.
Reparaturen seit 1968
Das Museum für Hamburgische Geschichte über-
nahm 1968 ein vollständiges und fahrtüchtiges
Schiff. Bei Blohm + Voss musste der Kessel neu berohrt und das Schiff neu gestrichen werden. Die
Aufbauten waren nun seitlich weiß und oben grün.
Der neue Schiffsname OTTO LAUFFER kennzeichne-
te die neue Ära als Museumsobjekt. Baulich wurde
an dem Schiff nichts verändert. In diesem Zustand
fuhr das Schiff unverändert in den 1970er Jahren.
Nach dem Untergang 1979 mussten bei der Groß-
reparatur bei Blohm + Voss 1982 – 84 umfangreiche
Reparaturen ausgeführt werden. An dem Rumpf
wurden ganze Plattengänge ausgetauscht, im
Überwasserbereich in traditioneller Nietkonstruk-tion, im Unterwasserbereich aus Kostengründen in
gedoppelter Schweißkonstruktion. Der Kessel wur-
de ausgekrant und in der Kesselschmiede überholt.
Dabei wurde der zulässige Betriebsdruck von 12 auf
8 bar reduziert. Die beim Untergang zerstörte Ach-
terkajüte wurde komplett neu nachgebaut und die
Inneneinrichtung der Vorderkajüte wurde ebenfalls
vollständig erneuert, nun mit einem Sanitärbereich.
Auch mussten Einzelteile neu gefertigt werden, die
zuvor von Souvenierjägern entfernt wurden, bei-
spielsweise die Bulleyes und die Maschinentelegra-
fen. Am 5. Mai 1984 wurde eine grundinstandsetzte
OTTO LAUFFER in Betrieb genommen, die sich
technisch und optisch in einem hervorragenden
Zustand präsentierte. Nun erhielt das Schiff auch
wieder seine originale Farbgebung. In den Folgejah-
ren ist das Schiff fast jeden Sommer gefahren und
außer den üblichen Unterhaltungsarbeiten gab es
keine Veränderungen.
Abb. 15: Blick in den Maschinenraum.
Projektstudie
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Abb. 16 (oben): Rumpfansicht 1992
Abb. 17 (unten): Rumpfansicht 2011
Im Frühjahr 1993 musste jedoch bei Blohm + Voss
der altersschwache Kessel erneut sehr kostenauf-
wendig überholt werden. 1996 ist das Schiff erst-
malig gar nicht gefahren, da an dem Rumpf ver-
schiedene Schwachstellen offenkundig wurden. Im
Winter 1997 wurden auf der Schiffs- und Yacht-werft Hein Garbers großflächig die alten Doppelun-
gen durch neue Rumpfplatten ersetzt. 2003 schließ-
lich erlosch endgültig die Betriebserlaubnis des
Kessels, das Schiff war somit nicht mehr fahrtüch-
tig. 2005 verfiel das gültige Schiffsattest.
Substanz heute
Nach der Übereignung des Schiffes vom Muse-
um für Hamburgische Geschichte an den Mu-
seumshafen Oevelgönne zum 1. Januar 2005
begannen bei Jugend in Arbeit in Harburg un-
verzüglich die Arbeiten für eine Komplettsanie-
rung. Der Schiffskörper wurde vollständig ent-
kernt. Dampfkessel, Hauptmaschine sowie Ver-
rohrung wurden ausgebaut, ebenso die Innen-
einrichtung der Vorderkajüte und die gesamte
Achterkajüte. Nach einer Befundung wurden
einzelne Rumpfplatten getauscht und vor allem
Spanten im Innenbereich erneuert. Das Stahl-
deck wurde großflächig ersetzt. Der Stahlbau wurde
bis 2009 nahezu vollständig abgeschlossen, lediglich
Restarbeiten im Decksbereich wurden nicht mehr
ausgeführt. Hauptmaschine, Rohrleitungen und
Armaturen wurden gereinigt und zum Teil überholt. Die Holzteile wurden weitestgehend bearbeitet. In
diesem Status stagnierten die Arbeiten 2010. Auf-
grund der anstehenden Insolvenz von Jugend in
Arbeit musste das Gelände Ende 2011 geräumt
werden. Der schwimmfähige Rumpf wurde zu
Blohm + Voss verholt und an Land aufgestellt. Der
irreparable Kessel wurde als Exponat an einen Kes-
selhersteller verliehen, die gesamten Einzelteile
soweit vorhanden in einer Lagerhalle eingelagert.
Das Projekt OTTO LAUFFER war gestoppt, ein Kon-
zept für die Fertigstellung gab es nicht.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
14
Technische Daten
Schiff
Bauwerft: H.C. Stülcken Sohn, Hamburg
Baunummer: 651 Auftraggeber: Finanzdeputation Hamburg
Vergabe: 5.11.1927
Übergabe: 13.7.1928
Baukosten: 65.000 RM
Baumaterial: Schiffbaustahl
Länge z.d.L.: 15,50 m
Länge u.a.: 17.33 m
Breite ü.a.: 4,20 m
Seitenhöhe: 2,10 m
Tiefgang: 1,65 m
Verdrängung: 44 Tons
Geschwindigkeit: 9,5 kn
Personenzahl: 69 bis Brunshausen
52 bis Cuxhaven
Abb. 18: Der originale Generalplan von 1928.
Maschine
Hersteller: H.C. Stülcken Sohn, Hamburg
Fabriknummer: 601
Baujahr: 1928
HD Zylinder: 220 mm
ND Zylinder: 370 mm
Kolbenhub: 380 mm
Drehzahl: 250 UpM
Leistung: 147 PSi
Kessel
Hersteller: H.C. Stülcken Sohn, Hamburg
Fabriknummer: 593
Baujahr: 1928
Heizfläche: 32 m²
Rostfläche: 0,9 m²
Zul. Betriebsdruck: 12 bar
Projektstudie
OTTO LAUFFER
15
Denkmalwert
Die Dampfbarkasse OTTO LAUFFER wurde am 10.
Februar 2010 in die Denkmalliste der Freien- und
Hansestadt Hamburg eingetragen, die heute zehn
Wasserfahrzeuge listet. Um den Denkmalwert eines
Objektes zu beurteilen, sind im Wesentlichen drei
Gesichtspunkte näher zu betrachten:
Historie
Originalität
Singularität
Historie
Die Wasserschutzpolizei, hervorgegangen aus der
1787 gegründeten Admiralitätsrunde, ist nun seit
über 225 Jahren ein fester Bestandteil des Hambur-
ger Hafens. Im Gegensatz zu den privatwirtschaftli-
chen Betrieben, die den eigentlichen Wirtschaftbe-trieb abwickeln, dienen die behördlichen Institutio-
nen wie Polizei, Zoll, Feuerwehr und Strom- und
Hafenbau (heute HPA) der Regelung, Sicherung und
Instandhaltung des Hafenbetriebes. Anfangs diente
die Polizei primär der Kriminalitätsbekämpfung, in
der Neuzeit kamen weitere Aufgaben wie bei-
spielsweise Umweltschutz und Gefahrgut hinzu. Für
die wasserseitige Wahrnehmung dieser Aufgaben
dient bis heute eine ganze Flotte von kleinen, wen-digen Polizeibooten. Es gibt kaum eine Hafenszene,
wo nicht am Rande eines dieser Boote auf Patrouil-
lenfahrt zu sehen ist. Die Boote der Wasserschutz-
polizei sind seit jeher ein fester Bestandteil des
Hamburger Hafenbildes. Lange vertraute die Be-
hörde auf den robusten Dampfantrieb, erst in den
1950er Jahren begann die Motorisierung. Die WAS-
SERSCHUTZPOLIZEI 6, ehemals HAFENPOLIZEI VI,
1928 in Hamburg erbaut, war einer der letzten Ver-
treter der klassischen Dampfbarkassen. 40 Jahre
lang versah sie ihren Dienst im Hamburger Hafen
als Polizeiboot. Während sie als Dampfschiff eines
der letzten gebauten ihrer Art war, war sie als Mu-
seumsschiff eines ihrer ersten ihrer Art. 1969 be-
gann die Karriere nun unter dem Namen OTTO
LAUFFER als aktives Museumsschiff, heute im
Amtsdeutsch korrekt bezeichnet Traditionsschiff.
Damit ist sie heute Pionier und dienstältester Ver-
Abb. 19: Stimmungsvolle Hafenszene Anfang der 1930er
Jahre. Vorne rechts auf Patrouillenfahrt die HAFENPOLI-
ZEI XII (Bj. 1924).
Projektstudie
OTTO LAUFFER
16
treter der deutschen Dampferszene. Sämtliche
noch existenten Dampfschiffe in Deutschland,
knapp 50 an der Zahl, begannen den Museums-
oder Traditionsdienst, ob liegend oder betriebsfä-hig, später, größtenteils deutlich später. Somit
steht der OTTO LAUFFER, ex. HAFENPOLIZEI VI,
heute unter historischen Gesichtspunkten ein dop-
pelter Denkmalswert zu: Einerseits als langjähriges
aktives Dienstfahrzeug des Hamburger Hafens und
andererseits als Pionier der deutschen Dampfer-
szene. Das unterscheidet dieses Denkmal von den
meisten anderen denkmalgeschützten Dampfschif-
fen.
Originalität
WASSERSCHUTZPOLIZEI 6, ehemals HAFENPOLIZEI
VI, erfuhr in den 40 Jahren Dienstzeit keine wesent-
lichen Umbauten oder Modernisierungen. Lediglich
der veränderte Aufbau der Achterkajüte und die
Installation eines Bordnetzes sind erwähnenswert.
Somit übernahm das Museum für Hamburgische
Geschichte ein Schiff, das nahezu vollständig dem
Originalzustand entsprach. Einzige optische Verän-
derung war nun zum einen die Farbgebung, die jedoch später wieder korrigiert wurde, und zum
anderen der Schiffsname OTTO LAUFFER zu Ehren
des ersten Direktors des Museums. Eine Rückbe-
nennung in den alten Namen HAFENPOLIZEI VI ist
aus denkmalpflegerisches Sicht diskussionswürdig,
analog zu dem ebenfalls denkmalgeschützten Feu-
erlöschboot FEUERWEHR IV, das zwischenzeitlich
WALTER HÄVERNICK zu Ehren des zweiten Direk-
tors hieß. Baulich gab es in der knapp 40 Jahren
aktiven Betriebszeit als Museumsschiff keine Ver-
änderungen, abgesehen von der Inneneinrichtung
der Vorderkajüte, die nun auch einen Sanitärbe-
reich erhielt, und der notwendigen Sicherheitsaus-
rüstung für Fahrgäste. Jedoch ist es bei alten Objek-
ten unumgänglich, dass bei Reparaturen abgängige
Materialien durch neue ersetzt werden. Bei alten
Schiffen betrifft dieses hauptsächlich den Rumpf,
bei Dampfschiffen zusätzlich als größtes Einzelag-
gregat den Dampfkessel. Soweit möglich, sollten
bei Museumsobjekten diese Reparaturen nach al-
Abb. 20: Die originale Nietkonstruktion ist noch großflä-
chig erhalten.
ten Handwerksmethoden erfolgen. Thema bei alten
Stahlbauwerken ist die Nietkonstruktion. In den
1920er Jahren wurden Schiffe noch gänzlich genie-
tet. Heute ist das Handwerk des Nietens von weni-
gen Ausnahmen abgesehen faktisch nicht mehr
existent. Bei der Großreparatur der OTTO LAUFFER
Anfang der 1980er Jahre bei Blohm + Voss wurde die Plattengänge im Überwasserbereich glückli-
cherweise noch genietet, sämtliche Folgearbeiten
wurden geschweißt. Schätzungsweise zwei Drittel
der Rumpfplatten dürften noch aus der Bauzeit
stammen, das andere Drittel ist Ersatz aus der
jüngsten Vergangenheit. Schanzkleid und Aufbau-
ten sind weitestgehend original, ebenso die
Dampfmaschine mitsamt Peripherie. Jedoch ist der
noch existente alte Dampfkessel nicht reparabel.
Hier ist ein Nachbau nach heutigem Regelwerk und
Fertigungsmethoden erforderlich, wie er bereits bei
diversen anderen Dampfschiffen erfolgt ist. Insge-
samt verfügt die OTTO LAUFFER aufgrund der guten
Bauqualität und nicht erfolgter Umbauten über eine
überdurchschnittlich hohe originale Bausubstanz.
Singularität
Die HAFENPOLIZEI VI war seinerzeit kein Einzel-
stück, sondern entstammt einer Serie aus fünf bau-
gleichen Polizeibarkassen, die zwischen 1926 und
1930 auf der Stülckenwerft erbaut wurde:
Projektstudie
OTTO LAUFFER
17
Baujahr Schiffsname Länge Breite a. D.
1926 HAFENPOLIZEI V 15,50 3,85 1962
1926 ORDNUNGSPOLIZEI IV 15,50 3,35 1968
1928 HAFENPOLIZEI VI 15,50 3,80 1968
1929 HAFENPOLIZEI II 15,00 3,35 1962
1930 HAFENPOLIZEI I 15,80 3,90 1966
Interessanterweise handelte es sich bei dieser Serie
nicht um identische Schwesterschiffe, sondern die
Schiffe variierten minimal in den Abmessungen und
Maschinenleistungen. Novum gegenüber den Vor-
gängerbauten waren jedoch die Achterkajüten.
Lediglich die ORDNUNGSPOLIZEI IV als optionale
Schleppbarkasse erhielt ein Schleppgeschirr statt
einer Achterkajüte, die HAFENPOLIZEI I als Reprä-
sentationsfahrzeug hingegen eine komfortable und
geschlossene Kajüte. Die übrigen drei Boote erhiel-
ten jeweils einen offenen Wetterschutz unter-
schiedlicher Größe, der jedoch nach dem Krieg auf
eine einheitliche, geschlossene Ausführung geän-
dert wurde. Mit der charakteristischen Schorn-
steinkrone und den Achterkajüten setzten sich die-
se Polizeiboote von den zahllos anderen kleinen
Hafenschiffen optisch deutlich ab.
Im Allgemeinen enden Behördenfahrzeuge nach
der Außerdienststellung nicht gleich auf der Ab-
wrackwerft, sondern sind aufgrund des allgemein
guten Pfegezustandes begehrte Kaufobjekte. Auch
manch ein Polizeiboot hatte eine interessante wei-
terführende Laufbahn. Am außergewöhnlichsten ist
sicherlich der Werdegang der HAFENPOLIZEI V. Sie
wurde 1964 an einen amerikanischen Dampfer-
freund in San Francisco verkauft und wurde als
Decksfracht eines HAPAG Frachters nach Kaliforni-
en verschifft. Viele Jahre noch fuhr dort das Schiff
umgebaut auf Ölfeuerung und mit dem alten
Schriftzug auf der Bordwand. Später wurde es je-
doch mehrfach verkauft und zuletzt (ca. 2010) als
entkernter, wrackähnlicher Torso gesehen. Fahr-
tüchtig erhalten hingegen ist die ORDNUNGSPOLI-
ZEI IV. Als Privatschiff GEO.GLEISTEIN fährt sie heu-
te auf der Weser, jedoch komplett umgebaut und
neu motorisiert, lediglich der Rumpf ist noch origi-nal. Somit ist die OTTO LAUFFER heute das letzte
original erhaltene Hamburger Polizeiboot mit
Dampfantrieb. In Hamburg sind aber auch jeweils
ein Vertreter der leichten und der schweren Hafen-
boote und der Streckenboote aus der Nachkriegs-
zeit museal erhalten: Die WS 27, heute ALFRED
WACHHOLZ, Bj. 1959, und die WS 1, heute ELBE 1,
Bj. 1965, gehören dem Museum der Arbeit und werden durch den Verein für ehemalige WS- Bar-
kassen betrieben. Die WS 3, heute OTTENSTREUER,
Bj. 1958, gehört der Polizei Hamburg und wird
durch den Museumshafen Oevelgönne betrieben.
Somit ist der Schiffstyp Polizeiboot in der maritimen
Szene überproportional vertreten, was auf Dauer
nicht zu halten und auch nicht Sinn des maritimen
Denkmalschutzes ist. Unstrittig ist als wertvollstes
Exemplar die HAFENPOLZIEI VI, heute OTTO
LAUFFER, als einziger Vertreter aus der Vorkriegs-
zeit. Zudem ist sie auch von überregionaler Bedeu-
tung. Während hierzulande beispielsweise noch ein
knappes Dutzend Schleppdampfer existieren, ist die
OTTO LAUFFER heute in ganz Deutschland die ein-
zige erhaltene Dampfbarkasse.
Abb. 21: Blick von den Landungsbrücken auf die Stülcken-
werft mit der markanten Kabelkrananlage, 1954. Im
Fahrwasser die dort gebaute WASSERSCHUTZPOLIZEI 1
(Bj. 1930).
Projektstudie
OTTO LAUFFER
18
6. Sanierungskonzept
In den Jahren 2005 bis 2009 wurden bereits um-
fangreiche Arbeiten an dem Schiff, insbesondere an
dem Rumpf, durch Jugend in Arbeit im Auftrag des
Museumshafens Oevelgönne ausgeführt. Diese
Arbeiten wurden auf Stunden- und Materialnach-
weis dem Museumshafen in Rechnung gestellt und
hatten ein Finanzvolumen von rund 50 TSD Euro.
Um das Schiff wieder betriebsfertig aufzubauen,
sind im Groben folgende Arbeiten zu leisten:
Restarbeiten Stahlbau
Strahlen und Beschichten des Stahlbaus
Neuanfertigung des Dampfkessels
Installation des Dampfkessels
Inspektion der Dampfmaschine
Installation der Dampfmaschine
Installation der Ruderanlage
Installation der Wellenanlage
Installation der Verrohrung
Verlegen des Holzdecks
Diverse Holzarbeiten
Neuanfertigung der Wallschiene
Innenausbau Vorder- und Achterkajüte
Installation der Elektroanlage
Installation der Sanitäranlage
Ausrüstung des Schiffes
Inbetriebnahme und Probebetrieb
Als optionales Fahrgastschiff für die Zone 3 und 4
unterliegt das Schiff der Verordnung über die
Schiffssicherheit in der Binnenschifffahrt (Binnen-
schiffsuntersuchungsordnung - BinSchUO) unter
Aufsicht der Zentralen Schiffsuntersuchungskom-
mission (ZSUK) in Mai z. Das Kapitel 19 „So der e-
sti u ge für historis he S hiffe“ der Ri htli ie 2006/87/EG ist bislang ohne Inhalt, so dass eine
Umsetzung als Fahrgastschiff gemäß BinSchUO zum
jetzigen Zeitpunkt nicht zu klären ist. Alternativ ist
ein Eintrag als Sportboot ohne Fahrgastbeförderung denkbar. Dampfkessel und druckführende Rohrlei-
tungen werden gemäß der Druckgeräterichtlinie
(DGRL 97/23 EG) unter Aufsicht einer Zugelassenen
Überwachungsstelle (ZÜS) gefertigt. Zudem ist das
Schiff in die Denkmalliste der Freien- und Hanse-
stadt Hamburg eingetragen und steht somit unter
Denkmalschutz. Betrieben werden soll das Schiff für
gelegentliche Gästefahrten durch ehrenamtliche Mit-
glieder des Museumshafen Oevelgönne. Diese Eck-pfeiler gilt es bei dieser Baumaßnahme zu vereinen.
Abb. 22: 2009 wurde für den Schleppdampfer CLAUS D.
ein neuer Schiffskessel nach historischer Vorlage gefertigt.
Die Arbeiten können nur Fachbetriebe ausführen,
zum einen Kesselhersteller und zum anderen
Schiffswerften mit ihren Unterlieferanten. Im Rah-
men dieser Projektstudie wurden in einer be-
schränkten Ausschreibung Richtpreisangebote an-
gefragt. Zum einen bei Kesselherstellern in
Deutschland, die Referenzen in der Reparatur und
dem Neubau von historischen Schiffskesseln nach-
weisen können und zum anderen bei Schiffswerften
in der Metropolregion Hamburg, die Erfahrung in
der Reparatur und Restaurierung von historischen
Dampfschiffen haben. Konkret liegen Angebote von
folgenden Firmen vor:
Projektstudie
OTTO LAUFFER
19
Kesselhersteller:
Omnical Kessel- und Apparatebau GmbH, Dietzhölztal
VKK Standardkessel Köthen GmbH
WULFF & UMAG Energy Solutions GmbH,
Husum
Schiffswerften:
Blohm + Voss Repair GmbH, Hamburg
Behrens Schiffs und Schweißtechnik GmbH,
Hamburg
Hitzler Werft GmbH, Lauenburg/Elbe
Basierend auf den beiden günstigsten Angeboten
wurde eine belegbare Gesamtkalkulation über den
betriebsfertigen Wiederaufbau der OTTO LAUFFER
erstellt, die sich in acht Oberpositionen mit gesamt
gut 200 Unterpositionen gliedert:
Abb. 23: Anfang 2014 wurden auf der Hitzler Werft in
Lauenburg umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an dem Raddampfer KAISER WILHELM ausgeführt.
1. Nebenkosten: …............... … 73.000 €
2. Schiffbau: …. ............... ……… 127.670 €
3. Maschinenbau: ............... … 227.170 €
4. Beschichtung: …............... … 125.000 € 5. Bootsbau: … ............... ……… 47.200 €
6. Innenausbau: .. ............... … 46.500 €
7. Elektro Installation: ........... 69.050 €
8. Ausrüstung: ............... ……… 23.680 €
Zwischensumme: ............... … 739.270 €
zzgl. 19% MwSt: …. ............... … 140.461 €
Gesamtbetrag: ............... …….. 879.731 €
Der Gesamtbetrag in Höhe von rund 880 TSD Euro
brutto unterteilt sich in die reinen Baukosten der
Positionen 2 - 7 in Höhe von 765 TSD Euro und in
die Nebenkosten der Positionen 1 + 8 in Höhe von
115 TSD Euro. Die Lieferzeit beträgt ab technischer
und kaufmännischer Klärung sechs bis acht Mona-
te. Wichtig für eine mangelfreie Ausführung dieser
außergewöhnlichen Baumaßnahme ist neben der
fachgerechten Ausführung der Arbeiten durch den
Auftragnehmer eine kompetente Projektleitung
und Bauüberwachung durch den Auftraggeber.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
20
7. Finanzierungskonzept
Alte Schiffe kosten viel Geld, egal ob Segel-, Dampf-
oder Motorschiff. Mittlerweile gibt es an Deutsch-
lands Küste eine ganze Flotte von historischen
Schiffen. Abgesehen von meist kleineren Privat-
schiffen werden sie in der Regel von gemeinnützi-
gen Fördervereinen betrieben, die größtenteils
auch Eigentümer sind. Dank des ehrenamtlichen
Engagements der Vereinsmitglieder, die die Schiffe
pflegen, verwalten und fahren, fallen keine Perso-
nalkosten an. Nur so ist es möglich, den regulären Betrieb dieser Schiffe zu finanzieren. Stehen jedoch
außergewöhnliche Investitionen aufgrund großer
Reparaturen an, bedarf es zusätzlicher Mittel. Zwei
Beispiele aus der jüngsten Vereinsgeschichte des
Museumshafen Oevelgönne mögen die Finanzie-
rungsmodelle solcher Großreparaturen verdeutli-
chen:
Abb. 24: Kesseltausch beim Schleppdampfer CLAUS D. 2010.
Abb. 25: Restaurierung des Schwimmkrans HHLA I 2011.
Bei dem Schleppdampfer CLAUS D., Baujahr 1913,
erlosch 2007 die Betriebserlaubnis für den alten
Dampfkessel. Anfangs war es nicht sicher, ob und
wie der Verein den sechsstelligen Betrag für einen
Neubaukessel mitsamt Folgearbeiten aufbringen
kann. Letztlich hatte der Kesseltausch ein Finanzvo-
lumen von gut 200 TSD Euro. Ein Drittel entfielen
auf den Kesselneubau, ein Drittel auf den Schiffbau
und das letzte Drittel auf Ausrüstung und Neben-
kosten. Das Unterfangen gelang nur dank der ein-
maligen Spende des Kesselherstellers UHLIG Rohr-
bogen GmbH für den Kesselneubau, ein Drittel wa-
ren weitere Sachzuwendungen unterschiedlichster
Art aus der Wirtschaft und das letzte Drittel waren
projektbezogene Geldspenden. Nicht zu verachten
ist dabei die Eigenarbeit der Crew. So gelang es tatsächlich, CLAUS D. 2010 wieder unter Dampf zu
setzen. Für den Verein war es eine gewaltige Kraft-
anstrengung, finanziell musste er schlussendlich
lediglich rund 5% an Eigenmitteln beisteuern.
Bei dem 1928 erbauten Schwimmkran HHLA I, Ei-
gentum des Hamburg Museums und basierend auf
einem Kooperationsvertrages in der Obhut des
Museumshafens, bedurften die Stahlträger des
Wippauslegers dringend einer langfristigen Konser-
vierung. Das aufwändige Sandstrahlen und Be-
schichten der Nietkonstruktion hatte ein Finanzvo-
lumen von rund 120 TSD Euro zzgl. der durch die
Crew erbrachten Folgearbeiten. Hier entwickelte
der Verein ein ganz außergewöhnliches Finanzie-
Projektstudie
OTTO LAUFFER
21
rungsmodell. Aus Umweltschutz- und Qualitäts-
gründen musste der knapp 40 Meter hohe Kran
vollständig eingerüstet und eingeplant werden. Da
die Arbeiten im Museumshafen und nicht in einer Werft ausgeführt wurden, ergab sich so an einer
exponierten Stelle eine riesige Werbefläche, die mit
Hilfe einer professionellen Agentur während der
sechsmonatigen Bauphase 2011 erfolgreich ver-
marktet wurde. So gelang es dem Verein auf krea-
tive Art, diese Sanierungsmaßnahme an einem
städtischen Eigentum ohne städtische Zuschüsse
vollständig zu finanzieren.
Diese beiden Beispiele zeigen, dass dem Museums-
hafen Oevelgönne durchaus Großinvestitionen ge-
lingen. Das Projekt OTTO LAUFFER mit einem Ge-
samtvolumen von rund 880 TSD Euro dürfte jedoch
die größte Herausforderung in der knapp
40jährigen Vereinsgeschichte sein. Spenden, Sach-
zuwendungen und Eigenarbeit reichen hier allein
nicht aus. Für den Wiederaufbau der OTTO
LAUFFER bedarf es einer Grundfinanzierung durch
öffentliche Fördergelder.
In Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutzamt
Hamburg ist beabsichtigt, Bundesmittel aus dem
Denkmalschutz- Sonderprogramm der Beauftragten
der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) zu beantragen. Diese Mittel stehen für Maßnahmen
an national bedeutsamen oder das kulturelle Erbe
mitprägenden Kulturdenkmälern zur Verfügung.
Gefördert werden können grundsätzlich nur Maß-
nahmen, die der Substanzerhaltung und Restaurie-
rung im Sinne der Denkmalpflege dienen. Länder,
Kommunen oder Dritte beteiligen sich an den aus
Bundesmitteln geförderten Maßnahmen mit gleich
hohen, mindestens aber angemessenen Haus-
haltsmitteln. Der Museumshafen Oevelgönne wird
ebenfalls gefordert sein, die Baukosten zu
kofinanzieren. Wichtiger Grundstock dabei ist die
mühselige aber geübte Akquise von Geldspenden
und Sachzuwendungen. Zusätzlich sollten bei fol-
genden Institutionen weitere Zuwendungen bean-
tragt werden:
Stiftung Denkmalpflege Hamburg
Peter Möhrle-Stiftung für Denkmalpflege
Hapag-Lloyd Stiftung
Hermann Reemtsma Stiftung
Commerz Collegium zu Altona
Haspa Hamburg Stiftung
Projektstudie
OTTO LAUFFER
22
8. Nutzungskonzept
Der Erhalt und Betrieb von alten Dampfschiffen für
museale Zwecke ist eine relativ neuzeitliche Ent-
wicklung. Pionier in Deutschland war wie beschrie-
ben das Museum für Hamburgische Geschichte erst
mit der Dampfbarkasse GEHEIMRAT JUST und dann
mit der OTTO LAUFFER. Allerdings fuhren diese
Schiffe nur sehr sporadisch und wurden anfangs von
Bediensteten der Behörde für Strom- und Hafenbau
gefahre . Der „Verein zur Förderung des Lauen-
urger El s hiffahrts useu s“ gi g ei e a dere Weg. Seit 1971 betreibt er mit dem Personen-
Raddampfer KAISER WILHELM die „Erste Deutsche
Museu sda pferli ie“. U ter de Motto „Reise ie or 1 Jahre “ erde i de So er onaten
Elbfahrten ab Lauenburg nach einem festen Fahrplan
an jedem zweiten Wochenende angeboten. Die
Crew arbeitet ausschließlich ehrenamtlich, aus den
Einnahmen werden die allgemeinen Betriebskosten
gedeckt. Dieses erfolgreiche Modell wurde später
von anderen Betreibervereinen in ähnlicher Form
übernommen. Der Museumshafen Oevelgönne be-
trat 1979 seinerseits Neuland, als er erstmals den
kleinen Schleppdampfer TIGER wieder unter Dampf
setzte. Hierbei handelt es sich nicht um ein Fahr-
gastschiff, sondern um ein kleines Hafenfahrzeug
mit entsprechend begrenzten Möglichkeiten. Zu
besonderen Anlässen, beispielsweise maritimen
Veranstaltungen, oder gelegentlichen Gästefahrten
wird das Schiff angeheizt, um im Hamburger Hafen
präsent zu sein. Dabei handelt es sich nicht um eine gewerbliche Fahrgastschifffahrt, sondern um einen
lebendigen Museumsbetrieb zur Demonstration
vergangener Schiffsbetriebstechnik. Nach diesem
Modell fährt mittlerweile der Großteil der heutigen
Traditionsschiffe. Auch die OTTO LAUFFER fuhr
nach der Großreparatur 1984 bis zur Außerdienst-
stellung 2003 unter der Flagge des Museums für
Hamburgische Geschichte nach diesem Muster: Pro
Jahr gibt es rund 30 Ausfahrten, die Crew arbeitet
ehrenamtlich, Finanzierung des Betriebes aus den
Einnahmen, Großreparaturen sind nur mit Spenden
möglich.
Der Museumshafen Oevelgönne hat nun seit gut 30
Jahren Erfahrung mit dem Betrieb seiner beiden
Schleppdampfer TIGER und CLAUS D. Im Falle einer
erfolgreichen Restaurierung würde sich die Dampf-
barkasse OTTO LAUFFER als Dritte im Bund einrei-
hen. Doch trotz der positiven Erfolgsbilanz der letz-ten Jahrzehnte wird es zukünftig immer schwieri-
ger, solche Schiffe in Fahrt zu halten. Zum einen
sind die behördlichen Auflagen bezüglich Fahrgast-
zulassung, Sicherheit und Besatzung durch die Be-
treibervereine kaum noch zu erbringen, zum ande-
ren fehlt es vor allem an Nachwuchs, sowohl an
Qualität als auch Quantität. Die Generation der
alten Fahrensleute, die noch beruflich Verbindun-
gen zur Dampfschifffahrt hatten, stirbt naturgemäß
aus. Glücklicherweise ist eine kleine Folgegenerati-
on gewachsen, die sich mit Hingabe der alten
Dampftechnik annimmt. Aber auch im nautischen
Bereich ist der Nachwuchs dünn, zumal es schlicht-
weg weniger deutsche Seeleute gibt. Zudem haben
sich das Arbeitsleben und das Freizeitverhalten der
Bevölkerung gewandelt. Und ob sich die heutige
Jugend eines Tages für alte Schiffe interessieren
wird, ist eher fraglich. Es ist abzusehen, dass die
heutige Flotte an historischen Segel-, Dampf- und Motorschiffen langfristig nicht im vollen Umfang zu
halten sein wird. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig
die besonderen Denkmäler der Nachwelt zu erhal-
ten. Die Dampfbarkasse OTTO LAUFFER, ex. HA-
FENPOLIZEI VI, gehört zweifelsohne dazu.
Abb. 26: Schleppdampfer CLAUS D. und TIGER des Mu-
seumshafen Oevelgönne, zwei eingetragene Denkmäler.
Projektstudie
OTTO LAUFFER
23
9. Zusammenfassung
Seit 2005 dümpelt die Dampfbarkasse OTTO
LAUFFER in einem demontierten Zustand einer
ungewissen Zukunft entgegen. Dabei handelt es
sich hierbei um ein besonderes Stück Hamburger
Hafengeschichte: 1928 bei der Stülckenwerft als
Polizeiboot mit dem Namen HAFENPOLIZEI VI für
die Hafen- und Schiffahrtspolizei erbaut, 1969 als
Museumsexponat mit dem Namen OTTO LAUFFER
für das Museum für Hamburgische Geschichte er-
neut in Dienst gestellt. Damit ist das Schiff einer-seits ein Dokument des Hamburger Hafenbetriebes
und andererseits ein Pionier der deutschen Damp-
ferszene. Nach einer Grundinstandsetzung galt die
OTTO LAUFFER in den 1980er Jahren als einer der
am besten restaurieren Museumsschiffe in
Deutschland. Von einer ehrenamtlichen Crew ge-
pflegt und gefahren, hat das Schiff über 400 Fahr-
ten absolviert, bis 2003 die Betriebserlaubnis für
den Dampfkessel erlosch. Aufgrund interner Um-
strukturierungen übergab das Museum 2005 das
nicht mehr betriebsfähige Schiff dem 1976 gegrün-
deten „Museumshafen Oevelgönne e.V.“, der ne-
ben historischen Segel- und Motorschiffen auch
erfolgreich zwei Dampfschiffe betreibt. Mit großer
Euphorie wurde eine Sanierung des Schiffes begon-
nen, die jedoch 2009 aufgrund veränderter Rah-
menbedingungen zum Erliegen kam. Heute besteht
die denkmalgeschützte OTTO LAUFFER aus einem entkernten und sanierten Schiffskörper und diver-
sen eingelagerten Einzelteilen.
Für den betriebsfertigen Wiederaufbau wurden bei
renommierten Kesselherstellern und Schiffswerften
Richtpreisangebote eingeholt. Die Kalkulation
ergibt einen Finanzbedarf von rund 880 TSD Euro,
die der Verein nicht annähernd ohne Fremdmittel
aufbringen kann. Der Verein als Projektträger bean-
tragt über das Denkmalschutzamt Hamburg Bun-
desmittel aus dem Denkmalschutz- Sonderpro-
gramm. Des Weiteren wird der Verein den Gesamt-
betrag über Geldspenden, Sachzuwendungen und
zusätzliche Fördergelder kofinanzieren. Bei einer
erfolgreichen Akquise und zügigen Abwicklung
könnte OTTO LAUFFER, ex. HAFENPOLIZEI VI, theo-
retisch Ende 2015 wieder dampfen und Hamburgs
maritimes Erbe bereichern. Im negativen Fall hin-
gegen droht das Ende dieses besonderen Objektes.
Abb. 27: Dampfbarkasse OTTO LAUFFER 1984 im Mu-
seumshafen Oevelgönne. Möge dieses Bild bald wieder
öglich sei …
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