Protokoll einer Lebensspende · mir erklärt und gezeigt wie die Hämapherese, also das Absam-meln...

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[Erfahrungsberichte]

Heidelberg - Am 18.09.2005 wurde bei der von B.L.u.T.eV organi-

sierten Typisierungsaktion „Aktiv-für-David“ in Malsch für den

damals fünfjährigen David, der an Fanconi-Anämie erkrankt war,

dringend ein Stammzellspender gesucht.

1.885 Menschen kamen und ließen sich als freiwillige Stammzell-

spender registrieren. Einer von ihnen war Thorsten Reiner, ein

28 Jahre alter Elektroniker aus Oberderdingen. Als Thorsten Reiner im

Januar 2009 Post vom Heidelberger Stammzellregister bekam, war er

zunächst nicht überrascht. Das änderte sich allerdings, als er den

Inhalt des Umschlages in Augenschein nahm. Lesen Sie hier seinen

Bericht:

„Als ich mich 2005 als Stammzellspender registrieren ließ,

hätte ich nicht gedacht dass gerade ich so schnell jemanden

helfen kann. Ich war gewohnt einmal jährlich Post vom

Heidelberger Stammzellenregister zu bekommen, nach dem

Motto ‚Hat sich Ihre Adresse geändert?’ und so. Da diese Briefe

immer zu Beginn des Jahres kamen, hatte ich mich zuerst nicht

gewundert, als ich im Januar Post erhielt. Als ich dann aber

gesehen habe, dass es kein gewöhnlicher Briefumschlag war,

sondern ein großes DIN A4 Kuvert begann ich zu zittern. Ich

habe das Kuvert in meiner Mittagspause geöffnet und erfahren,

dass ich unter Umständen als Spender für einen Patienten in

Frage kommen könnte. In diesem Moment hatte ich für einen

ganz kleinen Augenblick etwas Bammel.

Noch am gleichen Tag habe ich in Heidelberg angerufen. Eine

der ersten Fragen, die man mir stellte, war ob ich mich für eine

weitere Untersuchung zur Verfügung stellen würde, um eventuell

einem schwerkranken Leukämiepatienten zu helfen. Da musste

ich trotz meiner Angst vor Nadeln nicht mehr lange überlegen,

und habe zugesagt.

Vier Tage später bekam ich per Post weitere Röhrchen für Blut-

proben nach Hause geschickt. Ich ging mit ihnen zu meinem

Hausarzt und stellte mich der „Nadelattacke“, sprich ich ließ mir

mehr Blut abnehmen.

Das Blut wurde zu bestimmten Untersuchungen an zwei ver-

schiedene Kliniken geschickt. Danach hieß es Abwarten. Bei

dem Telefonat mit Heidelberg wurde mir bereits gesagt, dass

ich innerhalb von vier bis sechs Wochen weitere Nachricht

erhalten würde. Falls dem nicht so sei, habe sich die Spende

vorerst erledigt.

Weniger als zwei Wochen danach meldeten sich Frau Jarck

und Herr Stadtherr von der Transplantationskoordination der

Heidelberger Uniklinik bei mir. Ich war als Spender geeignet.

Meine Werte ergaben zehn von zehn Übereinstimmungen der

HLA-Merkmale mit denen des Empfängers. Auch bei diesem

Gespräch mit den Heidelberger Koordinatoren wurde ich wieder

sehr freundlich gefragt, ob ich immer noch bereit wäre meine

Stammzellen zu spenden. Für mich war allerdings bereits ab dem

ersten Telefonat klar, dass ich helfen würde, und ich sagte zu.

Daraufhin erhielt ich eine Einladung zur Voruntersuchung am

03.02.2009 um 8.00 Uhr in die Heidelberger Poliklinik. Es war

klar, dass mich mein Freund Phillip, der ebenfalls mit mir bei

der Typisierungsaktion 2005 war, zu dieser Untersuchung beglei-

ten würde.

In der Klinik angekommen, lernte ich meinen Koordinator Herrn

Stadtherr persönlich kennen. Es folgte ein Krankenhaus-Unter-

suchungsmarathon mit Ultraschall, Blutabnahme (Nadeln!), EKG

und ca. 10 Fragebögen, die ich ausfüllen musste. Dann wurde

mir erklärt und gezeigt wie die Hämapherese, also das Absam-

meln der Stammzellen aus meinem Blutkreislauf, funktioniert.

Für die Stammzellspende als Entnahmemethode im Unterschied

zur Knochenmarkspende hatte ich mich schon beim ersten Tele-

fonat entschieden. Ich hatte das Glück, es mir aussuchen zu

können. Als ich gegen 14.00 die Uniklinik verlassen habe, hatte

ich bereits neun Spritzen G-CSF und einen dazugehörigen

Terminplan im Gepäck. G-CSF ist ein Hormon, welches bewirkt

dass Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut übergehen, wo

sie dann mit der Hämapherese herausgefiltert werden können.

Das sollte ich mir nach dem Terminplan zweimal täglich spritzen.

Protokoll einer Lebensspende

Thorsten Reiner,Stammzellspender März 2009

An diesem Tag habe ich unter anderem auch Patienten in der

Klinik gesehen, und mir wurde zum ersten Mal richtig bewusst,

dass ich einem Menschen helfen kann. Das war ein sehr gutes

Gefühl.

Alles Weitere lief wie am Schnürchen, am 20.02. begann ich

mit dem Spritzen des G-CSF. Inzwischen habe ich keine Angst

mehr vor Nadeln. Hierfür muss ich mich bei Nadine bedanken.

Sie besuchte mich zweimal täglich, und verabreichte mir die

Spritzen. Alleine hätte ich das nie hin bekommen.

Ab dem zweiten Tag der G-CSF Gabe bemerkte ich leichte

Gliederschmerzen und Erschöpfung als Nebenwirkungen, dies

hielt sich aber in einem sehr erträglichen Rahmen.

Meine Stammzellspende wurde für den 24.02.09 angesetzt,

um 8.00 Uhr morgens.

In meinen Freunden Phillip und Nadine hatte ich hervorragende

moralische Unterstützung. Gegen 8.30 Uhr wurde ich in einem

Top-Einzelzimmer mit Privatfernsehen an den Zellseparator an-

geschlossen, und von einem der besten Ärzte- und Schwestern-

teams, das man sich vorstellen kann hervorragend betreut.

Nach knapp 3 Stunden war die benötigte Menge an Blut durch

den Separator gelaufen, und die Spende beendet. Nun hieß es,

auf das Ergebnis der Laboruntersuchung des Transplantates zu

warten, bei der die genaue Anzahl meiner „geernteten“ Stamm-

zellen bestimmt wurde. Ungefähr eine und eine halbe Stunde

später war dann das Ergebnis da.

Es konnten 5,3 Millionen Stammzellen gewonnen werden, und

4 Millionen wurden für den Empfänger benötigt. Das war eine

ausgezeichnete Nachricht. „Meine“ Stammzellen wurden noch

am gleichen Tag zu dem Empfänger gebracht.

Am Abend nach der Spende war ich erschöpft, aber glücklich.

Ich konnte bereits am nächsten Tag an meinen Arbeitsplatz zu-

rückkehren, und hatte keinerlei Nachwirkungen durch das G-CSF

oder durch die Prozedur der Zellentnahme. Nach solch einer Tat

fühlt man sich SEHR SEHR GUT! Ich denke seit meiner Spende

jeden Tag an „meinen“ Patienten und hoffe, dass er oder sie auf

dem Wege der Besserung ist!“

Thorsten Reiner, Oberderdingen im März 2009

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