Präventions-Newsletter 2/2010 - assmann-stiftung.de · Assmann G, Schulte H, Cullen P, Seedorf U....

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Präventions-Newsletter 2/2010

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Risiko-Management bei Hypertriglyzeridämie

Bei Herzinfarkt gefährdeten Personen hat sich der Begriff des „Globalrisikos“ durchgesetzt, welcher die gleichzeitige Bestim-mung der wichtigsten klassischen Risikofaktoren (LDL-Chole-sterin, HDL-Cholesterin, Triglyzeride, systolischer Blutdruck, Diabetes mellitus, Zigarettenrauchen, Familienanamnese, Le-bensalter) beinhaltet. Das Globalrisiko wird mit Scores oder mit Algorithmen berechnet (Abb. 1). Lipidsenker können ver-ordnet werden, wenn das Globalrisiko bei asymptomatischen Personen mehr als 20 % in 10 Jahren beträgt (Primärpräventi-on) bzw. bei allen Patienten in der Sekundärprävention.

Immer deutlicher hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass erhöhte Triglyzeridwerte (>150 mg/dl), insbesondere in Kom-bination mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten (<35 mg/dl bei Männern, <45 mg/dl bei Frauen), das kardiovaskuläre Risiko erhöhen (Abb. 2-8), selbst wenn LDL-Cholesterin-Zielwerte erreicht werden. Die Daten der gerade veröffentlichten AC-CORD-Studie1 zeigen zum Beispiel, dass unter einer Statin-Mo-notherapie (Simvastatin) die Ereignisrate bei Diabetikern mit Dyslipidämie (Triglyzeride >204 mg/dl und HDL-Cholesterin <34 mg/dl) um etwa 70 % höher ist als bei allen anderen Dia-betikern.

In einer multivariaten Analyse der PROCAM-Daten2,3 sind HDL-Cholesterin und Triglyzeride unabhängige Risikofaktoren; mit den Laborwerten Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyzeri-de lässt sich ein Unterkollektiv von Infarkt-Risikopatienten de-finieren (Lipid-Trias), welches bei etwa jedem 6. Herzinfarkt bei Männern angetroffen wird (Abb. 6).

Insofern stellt sich die Frage, wie therapeutisch vorzugehen ist, wenn sich durch Änderung der Lebensgewohnheiten (Ge-wichtsreduktion bei Übergewicht, regelmäßige körperliche Bewegung, Raucherentwöhnung, herzgesunde Ernährung mit weitgehendem Verzicht auf Alkohol, Einschränkung von Zu-cker und zuckerhaltigen Lebensmitteln, Bevorzugung von Fett-fischen wie Makrele, Lachs, Sardinen, Thunfisch oder Hering, die alle reich an Omega-3-Fettsäuren sind) die Triglyzeride nicht normalisieren lassen. Sofern sekundäre Hypertriglyzeri-dämien (z.B. bei Adipositas, Alkoholismus) und genetische Formen der Hypertriglyzeridämie (z.B. Lipoproteinlipase-Man-gel, Apo C-II-Defizienz, fam. kombinierte Hyperlipidämie, fam. Dysbetalipoproteinämie Typ III) ausgeschlossen sind, wobei letztere im Regelfall eine molekulare Diagnostik und Einschal-tung eines Spezialisten erfordern, ist zu überlegen, ob und ggf. welche Medikamente erforderlich sind.

Sowohl in der Primärprävention bei hohem Globalrisiko als auch in der Sekundärprävention sind zur Erreichung von LDL-Cholesterin-Zielwerten die Statine die Medikamente der Wahl. Aufgrund der Ergebnisse einer Meta-Analyse, basierend auf 14 randomisierten Statinstudien mit 90.000 Teilnehmern, kann erwartet werden, dass die Senkung des LDL-Cholesterins um etwa 40 mg/dl (unabhängig vom Ausgangswert) mit einer etwa 20%igen Reduktion vaskulärer Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall, koronare Revaskularisierung) einhergeht.4 Auch bei Diabetikern und Personen mit metabolischem Syndrom ist die Statin-Medikation mit einer deutlichen Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden. Die ACCORD-Studie hat gezeigt, dass die Kombinationstherapie von Simvastatin und Fenofibrat im Regelfall einer Monotherapie mit Simvastatin bei Diabetikern nicht überlegen ist.1 Sofern allerdings bei Di-abetikern mit Statin-Monotherapie die LDL-Cholesterin-Ziel-werte zwar erreicht sind, dennoch eine ausgeprägte Dyslipidä-mie vorliegt (z.B. Triglyzeride >200 mg/dl und HDL-Cholesterin <35 mg/dl), ist die Komedikation wahrscheinlich mit einem besseren Nutzen-Risiko-Verhältnis verbunden. Für die Kome-dikation bei Personen mit ausgeprägter Dyslipidämie eignet sich außer Fenofibrat auch Nikotinsäure (1,5 - 2 g/d), die nicht nur das HDL-C um ca. 20 - 25 % erhöht bzw. Triglyzeride um ca. 15 - 25 % senkt, sondern auch zu einer Reduktion des LDL-C und des Lp(a)-Spiegels führt und als Monotherapie bzw. in Kombination mit einem Statin kardiovaskuläre Ereignisse gün-stig beeinflusst.5 Schließlich lassen sich Triglyzeride effektiv durch Omega-3-Fettsäuren senken, z.B. in konzentrierter Form als Kapseln (2 - 4 g/d), wobei deren kardioprotektive Wirkung nachgewiesen ist und auf einer Vielzahl von Wirkmechanis-men beruht (z.B. antiarrhythmischer Effekt).6

Assmann-Stiftung für PräventionMünster, im April 2010

Zweck der gemeinnützigen Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft, Forschung und des öffentlichen Gesundheitswesens im Bereich der Prävention.

The ACCORD Study Group. Effects of combination lipid therapy in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med. 2010;doi:10.1056/NEJMoa1001282.Assmann G, Cullen P, Schulte H. Simple scoring scheme for calculating the risk of acute coronary events based on the 10-year follow-up of the Prospective Cardiovascular Münster (PROCAM) study. Circulation. 2002;105(3):310-315.Assmann G, Schulte H, Cullen P, Seedorf U. Assessing risk of myocardial infarction and stroke: new data from the Prospective Cardiovascular Münster (PRO-CAM) study. Eur J Clin Invest. 2007;37(12):925-932.Baigent C, Keech A, Kearney PM, et al. Efficacy and safety of cholesterol-lowering treatment: prospective meta-analysis of data from 90,056 participants in 14 randomised trials of statins. Lancet. 2005;366(9493):1267-1278.Bruckert E, Labreuche J, Amarenco P. Meta-analysis of the effect of nicotinic acid alone or in combination on cardiovascular events and atherosclerosis. Ath-erosclerosis. 2010;doi:10.1016/j.atherosclerosis.2009.12.023.Fruchart JC, Sacks FM, Hermans MP, et al. The Residual Risk Reduction Initiative: a call to action to reduce residual vascular risk in dyslipidaemic patients. Diab Vasc Res. 2008;5(4):319-335.

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Daten aus der PROCAM-Studie*

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PROCAM530 Ereignisse, 11.123 Männer im Alter von 35 bis 65 Jahren bei Studieneinschluss

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1 von 7 Personen erleidet innerhalb von 10 Jahren einen Herzinfarkt

*Die LIPID TRIAS tritt bei 1 von 6 Herzinfarkt-Patienten auf.

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