ReiseJournal - The Bake Shop · wahrlichein„Gedicht“.Undein typischesGerichtfürAlaska,wie...

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ReiseJournalDAS REISE-MAGAZIN DER RHEIN MAIN PRESSE | SAMSTAG, 19. JULI 2014

Der größte Schatzvon Stefanie undMichael Flynn stehtunter dem Tisch –in zwei Eimern.Stolz zieht die deut-

sche Auswanderin aus Bruchsaldie Plastikbehälter hervor undöffnet einen der Deckel. DerSauerteig, der darin wabert, istdie Grundlage für das Brot unddie Brötchen, die fluffigen Zimt-schnecken und sogar Pfannku-chen, die das Ehepaar in ihrerBäckerei „The Bake Shop“ an-bietet – letztere sind mit viel But-ter und Ahornsirup genossenwahrlich ein „Gedicht“. Und eintypisches Gericht für Alaska, wieStefanie Flynn erklärt. „Schondie Goldgräber nahmen denSauerteig in kleinen Blech-eimern mit auf Schürftour, denndas war das Einzige, was diestrengen Temperaturen überleb-te. „Unser Sauerteig stammtnoch von einem der Goldsucherund ist ungefähr 80 bis 100 Jahrealt“, erzählt die Auswanderin.Damit ist er etwa genauso alt

wie die knapp eine Stunde ent-fernt gelegene Stadt Anchorage.Diese feiert nämlich im nächstenJahr ihren 100. Geburtstag. Ge-gründet als Hauptquartier derAlaska Railroad, die von derSüdküste ins Landesinnereführt, war Anchorage zunächsteine Zeltstadt. Heute leben rund270000 Einwohner in der größ-ten Stadt des westlichsten Bun-desstaates der Vereinigten Staa-ten. Mit dem internationalenFlughafen ist Anchorage derideale Ausgangsort für Alaska-reisende – und eine Fahrt mitder Alaska Railroad der perfekteStart.Die Eisenbahnstrecke verband

einst die Goldminen bei Fair-banks und die Kohlefelder im In-nern des Landes mit dem Hafenin Seward. Fast 70 Prozent derBevölkerung Alaskas lebt ent-lang dieser Verbindung, die heu-te nur noch für touristische Zwe-cke genutzt wird. Während dieRailroad durch eine Landschaftvoll schneebedeckter Gipfel,spiegelglatter Seen und eisblauerFlüsse gen Süden zuckelt, ge-nießt man am besten als „Gold-

star-Reisender“ im Glaskuppel-wagen die grandiose Aussicht.Dann ist auch das zeitige Aufste-hen schnell vergessen, denn dieTour startet bereits früh amMor-gen in Anchorage. Aber spätes-tens dann, wenn im unteren Teildes Bistrowagens ein kleines def-tiges Frühstück serviert wird –Bratkartoffeln mit Rührei,knusprigem Speck und einer hei-ßen Tasse Kaffee – schwelgt manvoll und ganz im „AbenteuerAlaska“. „Links sehen Sie zweiElche“, jubelt es plötzlich ausdem Lautsprecher und alle Pas-sagiere zücken sofort ihre Kame-ras und stürzen auf die hinterePlattform des Wagens, um dortim Freien einen noch besseren„Fotoblick“ zu erhaschen. Dortwehen dann die Haare im alas-kanischen Sommerwind, der im-

merhin eine Temperatur von 20Grad aufweist, währendman diefrische und klare Luft förmlichin sich aufsaugt.In Girdwood, wo Stefanie und

Michael Flynn seit 18 Jahrenihren Bake Shop betreiben,stoppt die Alaska Railroad zumersten Mal. Der kleine Ort amFuße des Mount Aleyska ist imWinter Alaskas schönstes Skige-biet. Doch auch im Sommerlohnt ein Abstecher vom HotelAleyska mit der Gondel hinaufauf den gleichnamigen Berg.„Girdwood ist ein fantastischerAusgangspunkt, um das Landkennenzulernen“, fasst StefanieFlynn die Vorteile des Örtchensin Worte. „Man erlebt die Naturbeim Wandern, kann Fahrräderausleihen, mit dem Hundeschlit-ten fahren oder auch Helikop-

tertouren unternehmen. Außer-dem liegt der Ort nahe demPrince-William-Sound.“ DieseBucht des Golfs von Alaska mit

ihren etwa 3300QuadratkilometernInseln und Fjorden istAmerikas größtes intak-tes Meeres-Ökosystem.Eine Schiffstour zu denschönsten Gletschern unter-nimmtman am besten vonWhit-tier aus. Der kleineHafenort ent-stand im Zweiten Weltkrieg undhat als ehemalige militärischeEinrichtung nicht wirklich vielSchönes zu bieten. Fast alle der500 Einwohner wohnen untereinem Dach in einem einstigenArmeegebäude. Über den Land-weg ist Whittier nur durch denvier Kilometer langen Anton-An-derson-Memorial-Tunnel zu er-reichen, der wechselweise vonAutos und den Zügen der Alas-

ka Railroad genutzt wird. Vonder Seeseite her ist der Hafenvon Whittier eine beliebte An-laufstelle für Kreuzfahrtschiffe –und der Startpunkt für Glet-schertouren.Rund fünf Stunden benötigt

der Katamaran für die Streckevon 230 Kilometern durch diewilde Natur. Schon nach weni-gen Meilen drosselt der Kapitänden Motor – er hat Buckelwalegesichtet. Wieder stürzen allePassagiere an Deck, um wenigs-tens die Schwanzflosse des Mee-resriesen auf einem Foto zu ban-nen. Allerdings gelingt das nurden wenigsten, ist der Wal dochgenauso schnell wieder in denFluten verschwunden, wie eraufgetaucht ist. Viel schöner istes übrigens, das eindrucksvolleSchauspiel einfach nur anzu-schauen – ganz ohne Fotostress.Etwas leichter ist es außerdem,

die vielen Seeotter abzulichten,die hier und da auf dem Rücken

Seeotter dümpeln im Meer (gro-ßes Bild), Stefanie und MichaelFlynn backen Leckeres ausSauerteig. Fotos: Ute Strunk

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liegend in den Wellen schau-keln. Mit dem Spitznamen „Al-ter Mann des Meeres“ erinnernsie ein wenig an Plüschtiere, diemit einem Drink in der Handlässig in der Sonne liegen. AuchSeehunden begegnet man zu-hauf. Sie dümpeln zum Beispielauf den Eisschollen vor dem Sur-prise-Gletscher. Je nach Licht-einfall leuchtet das Eis desschönsten der 26 Gletscher ineinem hellen Blau. Hier stelltder Kapitän den Motor sogarganz aus, damit man die Schön-heit der Natur in aller Stille ge-nießen kann. Der Katamarantreibt krachend durch die Eis-schollen, während zwei Crew-mitglieder mit einem Netz einpaar Stücke davon aus demWas-ser fischen – zum Anfassen fürdie Touristen. Und der eine oderandere Urlauber denkt dabei un-willkürlich an den Untergangder „Titanic“.So wirklich ruhig ist es natür-

lich nicht – dafür sind einfach zuviele Menschen an Bord. Da isteine Kajaktour in der Ressurecti-on Bay bei Seward schon etwasanderes. In Zweier-Kajaks gehtes mit einer kleinen GruppeSportbegeisterter hinaus aufs of-fene Meer – gegen den Windund die Strömung. Der kleineStrand, den es zu erreichen gilt,scheint unerreichbar weit wegzu sein. Plötzlich treiben imWasser zwei Holzstämme. Dochnein, es sind gar keine Holz-stämme! „Das sind Seelöwen,die da spielen“, erklären die Gui-des Alicia und Tyler. Das ist Be-lohnung und Ansporn zugleich,die etwa vier Kilometer langeStrecke bis zum Strand dochnoch zu schaffen – gekrönt wirdder Erfolg dann auch nochdurch einen Weißkopf-Seeadler,der über den Köpfen der Kajak-fahrer majestätisch durch dieLüfte gleitet. Das ist Wildlife pur– fehlt nur noch ein Bär!

ALASKA Im Süden des Landes lockt eine nahezu unberührte Naturmit Gletschern, schneebedeckten Gipfeln und spiegelglatten Seen zum Erlebnisurlaub

Wo „Alte Männer“imWasser treiben

Schiffstour zum Surprise-Glet-scher (oben), die Autorin (links)auf Kajaktour (rechts), mit derAlaska Railroad geht es gen Sü-den (unten).

W UTE STRUNK

Alaska/USA

Los Angeles

USA

Seward

Kanada

Pazifik

Golf vonAlaska

Fairbanks

Anchorage

EdmontonCalgary

Vancouver

W Anreise: Icelandair bietet vonFrankfurt aus Verbindungen nachAnchorage mit Umsteigezeiten von60 Minuten bis zu einem siebentä-gigen Stopover in Island zum Früh-bucherpreis ab 695 Euro, www.ice-landair.de.

W Beste Reisezeit: Von Mai bisSeptember herrschen Durch-schnittstemperaturen zwischen 13und 18 Grad.Wegen der Nähe zum

nördlichen Polarkreis ist es dannrund um die Uhr hell.

W Unterkunft: zum Beispiel imHotel Captain Cook in Anchorage,www.captaincook.com.Alyeska Re-sort in Girdwood, www.alyeskare-sort.com

W Essen und Trinken: Unbedingtprobieren: Frühstück in „The BakeShop“ in Girdwood, www.theba-keshop.com. Brauerei und Restau-

rant Glacier Brew House in Ancho-rage (hier treffen sich Alaskaner),www.glacierbrewhouse.com. Res-taurant Jack Sprat in Girdwood(auch hier trifft man Einheimische),www.jacksprat.net.

W Aktivitäten: Die Alaska Railro-ad startet täglich um 6.45 Uhr amBahnhof vonAnchorage in RichtungSeward (Coastal Classic). Die Fahrt-zeit beträgt rund vier Stunden, der

One-Way-Preis 85 Dollar (Erwachse-ne), www.alaskarailroad.com. Die26-Glacier-Cruise von Whittier ausdauert fünf Stunden und kostet 149Dollar (Erwachsene), www.26gla-ciers.com. Die dreistündigen Kajak-touren in der Ressurection-Bay bie-tet Sunny Cove Sea Kayaking zumPreis von 70 Dollar pro Person an,www.sunnycove.com.

INFORMATIONEN

www.anchorage.netw

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