Ringöffnungen der Azole, VII. Zur Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols

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146 R. HUISGEN, J. SAWEX und M. SEIDEL Bd. 654

Ringoffnungen der Azole, VII1)

Z U R THERMOLYSE DES 5-PHENYL-TETRAZOLS

von ROLF HUISGEN, JURGEN SAUER und MICHAEL SEIDEL~)

Georg Wittig mit aufrichtigen Wiinschen zum 65. Geburtstag gewidmet

Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Munchen Eingegangen am 16. Januar 1962

Die Thermolyse von 5-Phenyl-tetrazol in Mesitylen und anderen Solventien lie- fert 3.6-Diphenyl-dihydro-1.2.4.5-tetrazin (VI), 4-Amino-3.5-diphenyl-l.2.4- triazol (IX), 3.5-Diphenyl- 1.2.4-triazol (V), 2.4.6-Triphenyl- 1.3.5-triazin (VII) und 3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetrazin (VIII) neben Stickstoff und Stickstoffwasser- stoffsaure in verschiedenem Verhiltnis; die Wechselbeziehungen dieser Produkte werden untersucht. Beim Zerfall des 5-Phenyl-tetrazols in primlren Aminen oder aromatischen Nitrilen werden die Losungsmittel teilweise in die Produkte eingebaut. Die Mechanismen der mannigfaltigen Reaktionsablaufe, insbeson-

dere die Bedeutung des C-Phenyl-nitrilimins (IV), werden diskutiert.

Die Einwirkung von Saurechloriden auf 5-substituierte Tetrazole in Pyridin bzw. aromatischen Kohlenwasserstoffen bei 70 - 130" ergibt unter Freisetzung von 1 Mol- aquiv. Stickstoff in hoher Ausbeute 2.5-disubstituierte l .3.4-Oxdiazole3) ; der Reak- tionsablauf laBt sich uber die Zwischenstufe des N-Acyl-nitrilimins (I) formulieren.

R e s R-c=N-&

\O

e3 /R' 'OQ

R-C=B-N=C

I: R, R = Alkyl oder Aryl

2.5-Disubstituierte Tetrazole unterliegen im Temperaturbereich von 160 -220" der Thermolyse; unter Stickstoffabspaltung entstehen C. N-disubstituierte Nitrilimine (II),

e s e3-!? R--C=N-N-R' - R-C=N-N-R' -

11: R, R = Alkyl oder Aryl

1) VI. Mitteilung: R. HUISGEN, J. SAUER und M. SEIDEL, Chem. Ber. 94, 2503 (1961). 2) Aus der Dissertation M. SEIDEL, Univ. Miinchen 1960. 3) R. HUISGEN, J. SAUER, H. J. STURM und J. H. MARKGRAF, Chem. Ber. 93, 2106 (1960);

J. SAUER, R. HUISGEN und H. J. STURM, Tetrahedron 11,241 (1960).

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die mar nicht isoliert, aber durch zahlreiche Abfangreaktionen zweifelsfrei gesichert wurden 1.4).

Geht nun analog aus dem leicht zuganglichen 5-Phenybtetrazol3) (111) beim Er- hitzen das am Stickstoff unsubstituierte C-Phenyl-nitrilimin (IV) hervor ? Beim raschen Erhitzen zersetzt sich 5-Phenyl-tetrazol unter Feuererscheinung. Bei vorsichtigem

Erwarmen iiber den Schmelzpunkt (213") beobachtete LOSSENS) Stickstoffentwicklung; er isolierte 3.5-Diphenyl-1.2.4-triazol (V) und 3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetrazin (VIII), gab allerdings keine Ausbeuten an. Fur die Bildung von VIII wurde 3.6-Diphenyl-1.2- dihydro-1.2.4.5-tetrazin (W) als Zwischenstufe vermutets).

Wir fiihrten unsere Thermolyseversuche bei wesentlich niedrigerer Temperatur aus in der Hoffnung, das erste Zerfallsprodukt IV abzufangen oder mogliche Dimere zu isolieren.

THERMOLYSE DES 5-PHENYL-TETRAZOLS IN MESITYLZN ODER ANDEREN LOSUNGSMITTELN 5-Phenyl-tetrazol(III) loste sich langsam in siedendem Mesitylen (164') unter Rot-

farbung und Stickstofffreisetzung. Beim Abbruch der Thermolyse nach 74 Stdn. lieBen sich 5 Produkte isolieren, deren Gesamtausbeute sich auf 73% des eingesetzten 111 belauft. Aus der eiskalten, kirschroten Losung schied sich ein Kristallgemisch ab, aus

VIII ' I X k H z

dem das saure 3.5-Diphenyl-1.2.4-triazol (V) mit Natronlauge abgetrennt wurde; ein weiterer Anteil von V lie13 sich der Mesitylenmutterlauge mit 2n NaOH entziehen.

Die neutrale Kristallfraktion enthielt das gelbe 3.6-Diphenyl-l.2-dihydro-1.2.4.5- tetrazin (VI) und das farblose 2.4.6-Triphenyl-I .3.5-triazin (Kyaphenin, VII). Da deren

4) R. HUISGEN, M. SEIDEL, G. WALLBILLICH und H. KNUPFER, Tetrahedron, 17, 3 (1962). 5) W. LOSSEN und C. LOSSEN, Liebigs Ann. Chem. 263, 101 (1891); W. LOSSEN und

F. STATIUS, ebenda298.91 (1897). 10'

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Trennung durch fraktionierte Kristallisation verlustreich war, bestimmten wir die Ausbeuten an VI und VII durch IR-Analyse im Gemisch.

Aus der Mesitylenlosung wurden bescheidene Mengen 4-Amino-3.5-dighenyl-1.2.4- triuzol (IX) mit Saure abgetrennt. Neben weiterem Kyaphenin (VII) enthielt die organische Phase das rotviolette 3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetruzin (VIII), das sich colori- metrisch bestimmen oder chromatographisch von VII scheiden lie13.

Von der Gasentwicklung aus betrachtet, ist die Thermolyse in siedendem Mesitylen nach 74 Stdn. noch nicht abgeschlossen. Versuche mit langeren Reaktionszeiten (Tab. 1) lehren, daR das nach 74-78 Stdn. mit 30% d. Th. als Hauptprodukt auftre- tende 3.6-Diphenyl-dihydro-1.2.4.5-tetrazin (VI) langsam einem weiteren Zerfall unter- liegt, der zur Steigerung der Ausbeute an V und VII fuhrt (vgl. S. 150).

Tabelle I . Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols in siedendem Mesitylen (a = nicht analysiert)

Reaktions- 76 Ausbeute an zeit in Stdn. ? VI VII VIII IX

74 78 120 1 20 240 264

25 32 9 7 a 26 28 12 4 a 31 13 17 4 a 32 16 14 13 ( 3 34 0 19 a a 35 0 19 5 a

Die wechselnden Ausbeuten am aromatischen Tetrazin-Abkommling VIII haben ihre Ursache in mehr oder minder starker Autoxydation der Dihydroverbindung VI bei der Aufarbeitung. Der niedrige Wert von 4 % kennzeichnet wohl den richtigen Gehalt an dem Produkt.

Beim Ubergang zu den Solventien der Tabelle 2 begegnen uns einige auffallende Anderungen in der Produktzusammensetzung. In N-Methyl-anilin ging die Ausbeute

Tabelle 2. Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols in verschiedenen Losungsmitteln bei Siede- temperatur

Reaktionszeit % Ausbeute an und -temperatur V VI + V I I I IX Losungsmittel

N-Methyl-anilin 6 Stdn. 194" 24 4 42 Phenol 22 182" 41 7 1 1 Phenol 22 182" 56 9 9 Resorcindimethylather 6 200" 33 24 10

am Dihydrotetrazin VI ganz zuriick zugunsten des isomeren 4-Amino-3.5-diphenyl- triazols (IX). Bei der Thermolyse in siedendem Phenol kam das 3.5-Diphenyl-l.2.4- triazol (V) fur die Halfte des zerfallenen 111 auf. Beim Versuch in Resorcindimethyl- ather liekn sich im Stickstoffstrom 23 % Stickstoffwasserstoffsaure abtreiben. Das Zuriicktreten des Kyaphenins (VII), des Trimerisationsprodukts des Benzonitrils, in

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den Versuchen der Tab. 2 hat moglicherweise seine Ursache in den kiirzeren Reak- tionszeiten.

Das Auftreten des molekularen Stickstoffs und der Stickstoffwasserstoffsaure legt zwei primare Zerfallswege des 5-Phenyl-tetrazols nahe ; C-Phenyl-nitrilimin (IV) und Benzonitril sind die korrespondierenden Bruchstucke. Entsprechende Zerfallsweisen wurden auch beim 2-Methyl-5-phenyl-tetrazol aufgefundena). Die 1.3 - dipolare Addition des Nitrilimins IV an Benzonitril wiirde zwanglos dem Auftreten des 3.5- Diphenyl-triazols (V) Rechnung tragen ; die Anlagerung von C.N-disubstituierten Nitriliminen an die CN-Dreifachbindung errnoglicht in der Tat eine ergiebige Syn- these von 1.2.4-Triazolen7).

Dimcri- N-N H sicrung

? t- C ~ H S < ~ - ~ > - C ~ H S

H VI

I V IX NH2

Das 3.6-Diphenyl-dihydro-1.2.4.5-tetrazin (VI) konnte aus einer Kopf-Schwanz- Dimerisation von IV hervorgehen; dieser Weg der Stabilisierung wird bei C.N-disub- stituierten Nitriliminen in unterschiedlichem AusmaS beschritten 1.7). Das Isomere IX ware als Produkt einer andersartigen Dimerisation des Phenyl-nitrilimins denk- bar, die an die Bildung des Diphenyl-furoxans aus Benzonitriloxyds) erinnert.

6 ) R. HUISGEN. R. GRASHEY, M. SEIDEL, G. WALLBILLICH, H. KNUPFER und R. SCHMIDT,

7) Dissertation G. WALLBILLICH, Univ. Munchen 1961. 8) A. WERNER und H. Buss, Ber. dtsch. chem. Ges. 27, 2193 (1894); H. WIELAND, ebenda

Liebigs Ann. Chem. 653, 105 (1962).

40,1667 (1907).

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Schon die bescheidenen Mengen an VIII weisen auf sekundare Redoxreaktionen hin, von denen einige im Formelschema angedeutet sind. Ein Blick auf die Daten der Tab. 1 laBt keinen Zweifel daran, daB die isolierten Produkte zum Teil auf Weiter- reaktionen des 3.6-Diphenyl-dihydro-tetrazins (VI) zuruckgehen. Einer weiteren Diskussion des Formelschemas, welches die einfachstmoglichen Ablaufe zusammen- fa&, seien daher einige Umsetzungen von VI vorausgeschickt.

REAKTIONEN DES 3.6-DIPHENYL-DIHYDRO-1.2.4.5-TETRAZINS (w) Das aus Benzonitril und Hydrazin leicht zugangliche VI9) wurde ohne Beweis als 1.2-

Dihydro-Verbindung angesprochen. Auch die alternative I .CDihydro-Form sowie eine mobile Tautomerie sind m8glich. Wahrend milde Oxydationsmittel zum Tetrazin VIII fiihreng), laRt sich VI mit Zink und Eisessig oder mit Natrium in Alkohol leicht zu 3.5-Diphenyl-triazol (V) reduzieren 10). Vermutlich greift der nascierende Wasserstoff an der Hydrazobrucke an; der

RingschluO zu V unter Abgabe von Ammoniak folgt dann bekannten Vorbildern. Unter Saurekatalyse, z. B. mit siedender alkoholischer Salzsaure, erleidet VI eine Isomerisierung zum 4-Amino-3.5-diphenyl-triazol11) (IX); versuchsweise sei diese Umsetzung iiber das Nitrilium-Ion X formuliert.

Die von Ammoniakentwicklung begleitete Thermolyse von VI ist langsamer als die des 5-Phenyl-tetrazols. Nach 15 stdg. Erhitzen von VI auf 190" ohne Losungsmittel isolierten wir 32% Triphenyl-triazin (VII), 27 % Diphenyl-triazol (V) und 6% Benzo- nitril neben 9 % Ausgangsmaterial. Unter schwacher Saurekatalyse - 168 stdg. Er- hitzen von VI mit 0.5 Aquiw. Benzoesaure in siedendem Mesitylen - entstanden 27 % VII, 26 % V und 16 % VIII; wir vermuten, daB VIII groBtenteils aus nicht-umge- setztem VI bei der Aufarbeitung gebildet wurde.

Wie entsteht das Benzonitril, das zu 38% (32% als VII) gefaI3t wurde? Das voll- aromatische 3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetrazin (VIII) thermolysiert oberhalb 225' in 2 Molekeln Benzonitril und Stickstoff 12). Eine analoge cyclische Elektronenverschie- bung sollte einen Zerfall von VI in 2 Mol Benzonitril und Diimid auslosen. Das als

9) E. MULLER und L. HERRDEGEN, J. prakt. Chem. [2] 102, 113 (1921). 10) A. PINNER, Ber. dtsch. chem. Ges. 27, 984 (1894); Liebigs Ann. Chem. 297, 221 (1897). 11) A. PINNER, Liebigs Ann. Chem. 297, 221 (1897); R. STOLL~, J. prakt. Chem. [2] 75, 416

12) R. A. CAREONI und R. V. LINDSEY JR., J. Amer. chem. SOC. 81,4342 (1959). (1907); H. FRANZEN und F. KRAFT, ebenda [2] 84, 122 (1911).

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Reduktionsmittel bekannte Diimid13) konnte sodann uberschussiges VI in V + NH3 iiberfiihren.

Tatachlich konnten wir mit dem Kaliumsalz der Azodicarbonsaure in Eisessig - einer Quelle fur N2H2 - VI mit einer Ausbeute von 5% zu V reduzieren. Diimid vermag Olefine zu hydrieren; die Unfahigkeit des zerfallenden VI, die Doppelbindung des 2-Methyl-3-[m-chlorphenyl]-propens-( 1) 14) zu reduzieren, schlieBt eine Diimid- Bildung aus dem Diphenyl-dihydro-tetrazin (VI) aus.

Als Arbeitshypothese diskutieren wir einen Thermolysenablauf, dessen Prima- schritt dem der saurekatalysierten Isomerisierung (S. 150) entspricht. Danach zerfdlt das aus VI hervorgehende Nitrilium-betain XI in Benzonitril und einen Diimid- Abkommling, der seinerseits unter Bildung von Benzaldimii Stickstoff abspaltet.

Mit der anschlieknden Redoxreaktion ergibt sich fur den Zerfall von VI folgende Stochiometrie:

2VI - -+ 2CrjHs-CN + V + N2 + NH3

Die experimentelle Priifung, ob VI in der Lage ist, seinen Wasserstoff auf das recht thermostabile 4-Amino-3.5-diphenyl-triazol ‘(IX) zu ubertragen unter Bildung von V + NH3, ergab ein negatives Resultat.

Kann man somit das Auftreten von V bei der Thennolyse von VI ohne die Zwischen- stufe des C-Phenyl-nitrilimins erklaen, so stellt sich erneut die Frage, ob die Annahme des Nitrilimins IV als Primarprodukt der Thermolyse von 111 vernunftig ist.

13) E. J. COREY, W. L. MOCK und D. J. PASTO, Tetrahedron Letters 1961,347; S. H ~ ~ N I G , H.-R. MULLER und W. THIER, ebenda 1961, 353; E. E. VAN TAME^, R. S. DEWEY und R. J. TIMMONS, J. Amer. chem. Soc. 83,3725 (1961); R. S. DEWY und E. E. VAN TAMELEN, ebenda 83,3729 (1961); E. J. COREY und W. L. MOCK, ebenda 84, 685 (1962).

14) Die Wahl des Olefins ist eine zufdllige. Die gaschromatographischen Daten von Alken und Alkan verdanken wir Dr. C. RUCHARDT.

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THERMOLYSE DES 5-PHENYL-TETRAZOLS IN PRIMAREN AMINEN

C.N-Diphenyl-nitrilimin (11, R =R' =C~HS) lieD sich mit primaren und sekundaren Aminen zu Amidrazonen abfangenl). Analog sollte sich das Nitrilimin IV aus 111 mit primaren Aminen zu am Hydrazinostickstoff unsubstituierten Amidrazonen (XV) vereinigen.

Aus den Thermolyseprodukten des 5-Phenyl-tetrazols (111) in Anilin, p-Chloranilin bzw. Benzylamin lienen sich neben 3.5-Diphenyl-triazol (V) und seinem 4-Amino-

N-N

Abkijmmling IX auch die Triazole XI1 -XIV isolieren, an deren Bildung 111 und das primare Amin im Verhaltnis 2 : 1 beteiligt sind (Tab. 3).

Tabelle 3. Zerfall des 5-Phenyl-tetrdzols in siedenden prirnaren Aminen (a: kein Versuch zur Tsolierung)

Reaktions- % Ausbeute an zeit in Stdn. v IX 2 : 1-Produkt Amin

Anilin 14-28 17 I 59-62 (XII) p-Chloranilin 1 a a 41 (XIII) Benzylamin 23 14 6 15 (XIV)

Die Bildung von XIL-XIV ist mit IV und XV als Zwischenstufen wohl vereinbar. Es ist plausibel, da8 2 Mol des Amidrazons XV uber XVI zu XII-XIV zusammen- tretenls). Das 3.4.5-Triphenyl-1 .2.4-triazol (XII) war identisch mit einem aus N- Phenyl-benzimidchlorid und Hydrazin erhaltenen Praparat 16). Beim Versuch, mit einem groRen UberschuB Hydrazin bei letzterer Reaktion zu XV (R = C6H5) zu gelangen, erhielten wir bereits XVI (R = CaHs), das leicht in XI1 uberging.

N--N

IV X\

XII-XIV R N-NH2

15) Dieser Ubergang entspricht auch den Erfahrungen von A. P I N N E R ~ ~ ) . 16) H. BUSCH und C. SCHNEIDER, J. prakt. Chem. (21 89, 310 (1914).

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Auch die Bildung von XII-XIV beweist nicht eindeutig das Auftreten der Zwi- schenstufe IV, da auch von VI aus diese Triazole erreichbar sind. Kochte man namlich 3.6-Diphenyl-dihydro-tetrazin (VI) 30 Min. mit Anilin in Gegenwart von etwas Anilin-hydrochlorid, so waren 69 % XI1 und 29 % IX isolierbar. Ohne Saurekatalyse war die Umsetzung vie1 langsamer ; nach 50stdg. Reaktionszeit in siedendern Anilin wurden noch 10% VI zuriickgewonnen, aukrdem 22% XII, 16% IX, 3% V sowie 13 % N.N'-Diphenyl-benzamidin gefaDt.

Fur die saurekatalysierte Umsetzung ist vermutlich das Nitrilium-Ion X verant- wortlich, das mit primarem Amin uber XVII in XII-XIV ubergeht. Bei der langsamen thermischen Reaktion erfolgt die Bildung von XVII wohl uber das Nitrilium-betain XI, weniger wahrscheinlich unmittelbar von VI aus. Dieser Ubergang von VI in die trisubstituierten Triazole la& die Moglichkeit offen, daD beim Zerfall des 5-Phenyl- tetrazols im primaren Amin zunachst die gleichen Produkte wie im inerten Losungs- mittel entstehen, namlich V, VI und IX, wobei dann VI mit dem primaren Amin wei terreagiert .

Die Reduktion von 4-Amino-3.5-diphenyl-triazol (IX) zum Diphenyl-triwol (V) in sieden- dern Anilin macht das Netz der Wechselbeziehungen noch dichter. Nach 23stdg. Kochen in Anilin wurden 1 1 % V neben 80 % unverandertem IX isoliert.

THERMOLYSE DES 5-PHENYL-TETRAZOLS IN AROMATISCHEN NITRILEN Schon S. 149 erwahnten wir die Fahigkeit C.N-disubstituierter Nitrilirnine zur 1.3-

Addition an Nitrile unter Bildung von 1.2.4-Triazolen6). Statt der erwarteten klaren Antwort auf die Frage, ob der Zerfall von I11 eine Quelle fur C-Phenyl-nitrilimin (IV) bietet, erbrachte das Experiment auch hier wieder eine neue Komplikation.

Die Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols in Benzonitril unterliegt der Saurekatalyse. In Gegenwart von p-Toluolsulfonsaure oder beim Durchleiten von Chlorwasserstoff war der Zerfall von 9.60 mMol 111 bei 140 - 150" in 1 Stunde abgeschlossen. uber den alkalischen Auszug isolierten wir 4.84 mMol3.5-Diphenyl-l.2.4-triazol (V).

Die Saurekatalyse erscheint zunachst unproblematisch. Das Protonaddukt des Benzonitrils vermag I11 zu acylieren; XVIII ist vollig analog den Produkten aus N-Aryl-imidchloriden und 111, die schon gegen 100" Stickstoff abgeben und glatt 1.2.4-Triazole liefern17).

C6H5 N-N I C (p)CHa. C&14-(N)LR

N-N N-N' %H H

XIX: R = C6H5 G H 5 4 , k H 5 GHS\-a - N XVIII V H XX: R = C ~ H ~ . C H ~ ( P )

Da V auch normales Produkt der 111-Thermolyse ist (Tabb. 1 und 2), gestattet das Resultat noch keine Aussage uber inter- oder intramolekularen Ablauf. Die H a -

17) R. HUISGEN, J. SAUER und M. SEIDEL, Chem. Ber. 93, 2885 (1960).

154 R. HUISGEN, J, SAUER und M. SEIDEL Bd. 654

katalysierte Reaktion von 8.9 mMol I11 in 145 mMol p-Tolunitril lieferte iiberra- schenderweise ein Gemisch von Triazolen, das laut IR-Analyse aus 1.68 mMol Diphenyl-triazol (V) und 2.19 mMol 5-Phenyl-3-p-tolyl-l.2.4-triazol (XIX) bestand. Da am Aufbau von V zwei Molekiile 111 beteiligt sein miissen, entspricht das Aus- beuten von 38 % V und nur 25 % XIX (bezogen auf 111). Da8 nicht etwa eine un- giinstige Konkurrenzkonstante fur den bevorzugten Einbau des Benzonitrils (aus dem Zerfall von III) verantwortlich ist, lehrte der unter gleichen Bedingungen stu- dierte Zerfall von 5-p-Tolyl-tetrazol in Benzonitril, der 3.5-Di-p-tolyl-1.2.4-triazol (XX) in erheblichem AusmaD ergab.

Diese Befunde beweisen, da8 das als Solvens dienende Nitril und das b e i Zerfall des Tetrazols entstehende bei der Triazol-Bildung nicht etwa frei um das Tetrazol bzw. das C-Phenyl-nitrilimin (IV) konkurrieren. Dem gro8en Vorzug des ,,Eigen- Nitrils" vor dem ,,Fremd-Nitril" mu0 man mechanistisch Rechnung tragen. Die folgende Spekulation schreibt dem Amino-nitrilium-Ion XXI, dem protonierten IV, die F2higkeit zur 1-Acylierung 18) des iiberschussigen 5-Phenyl-tetrazols zu, gefolgt von HN3-Eliminierung und RingschluR zu V.

Q G~Hs-CEN-NH~

XXI

H ,N=C- C6H5 + I11 -+ I

N-TVH

Moglicherweise konkurriert dieser Mechanismus mit demjenigen iiber XVIII, bei dem alle in der Losung vorhandenen Nitrile gleichberechtigt sind.

Beim Zerfall von 13.7 mMol5-Phenyl-tetrazol in 125 mMol siedendem p-Tolunitril ohne Saurezusatz erhielten wir 3.99 mMol p-Tolyl-phenyl-triazol (XIX) neben 0.37 mMol Diphenyl-triazol (V). Der deutliche Vorzug des ,,gemischten" Produkts spricht hier fur eine Vereinigung des Phenyl-nitrilimins n i t p-Tolunitril. Der bescheidene Anteil an V geht vielleicht noch auf die saurekatalysierte Begleitreaktion iiber XXII zuriick; Protonendonator ist dabei das 5-Phenyl-tetrazol selbst, das in der Aciditat der Benzoesaure gleichkommt. Weitere Untersuchungen miissen die Rolle der Nitril- imine beim Zerfall 5-substituierter Tetrazole klaren.

Der DEUTSCHEN FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT und dem FONDS DER CHEMISCHEN INDUSTRIE danken wir aufrichtig fiir Sachbeihilfen. Fiir die quantitativen IR-Analysen schulden wir Frau I. WIMMER dank.

18) Bei der Acylierung mit Carbonsaurechloriden, Imidchloriden und Isocyanaten schlieBt sich der 2-Acyiierung des Tetrazolkerns die Stickstoffabgabe a+). Die kinetische Unter- suchung des Substituenten-Einflusses (R. HUISGEN und H. J. STURM, unverbffentlicht) laBt mit der Moglichkeit eines mobilen Gleichgewichts des 1 -Acyl-tetrazols mit einer geringen Menge 2-Acyl-Verbindung rechnen. Die 1 -Acylierung zu XXII ist also weniger hypothetisch als die Folgereaktion.

1962 Zur Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols 155

BESCHREIBUNG D E R V E R S U C H E

Ausgangsmaterialien und Vergleichspraparate 3.6-Diphenyl-1.2-dihydro-1.2.4.5-tetrazin9) (VI). - Eine Mischung von 43.5 g 93-proz.

Hydrazin mit 140 g feinfraktioniertem Benzonitril wurde 64 Stdn. bei 100-105" gehalten. Nach 12 Stdn. setzte unter Verfarbung nach BlaBgelb NH3-Entwicklung ein. Nach 64 Stdn. war der Kolbeninhalt zu einem Gemisch farbloser und gelber Kristalle erstarrt. Der Kristall- kuchen wurde intensiv rnit einem Benzol/Cyclohexan-Gemisch verrieben. Die abgesaugten Kristalle wogen 99.0 g. Zweimalige fraktionierte Extraktion mit Benzol im HeiBextraktor ergab 35.8 g (22%) reines orangegelbes VZ; bei langsamem Erhitzen liefert VI bei 170-180" unter Gasentwicklung eine weinrote Schmelze (Lit.10): Schmp. 191"). Der Hulsenriickstand bestand aus 57.2 g (36 %) praktisch reinem 4-Amino-3.5-diphenyl-I.2.4-triazol (IX) vom Schmp. 263 -265" (Lit.19): 258').

Das Verhaltnis von VI zu IX scheint vom Wassergehalt des Hydrazins abzuhangen; aus einem Kleinansatz rnit 96-proz. Hydrazin und Benzonitril (je 145 mMol), der 84 Stdn. auf dem siedenden Wasserbad erhitzt wurde, lieBen sich 51 % d. Th:VI und 21 % d. Th. IX isolieren.

3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetrazin9) WIII). - Zur Aufschlammung von 4.00 g VZ und 9.30 g reinem Natriumnitrit in 200 ccm khan01 lie13 man bei 50--60" innerhalb 30 Min. 70 ccm 2n H2SO4 zuflieRen. Nach 1 stdg. Ruhren wurde erneut die gleiche Menge Saure zugegeben. Nach weiterem 2stdg. Riihren bei 50-60" go13 man in 700 ccm Eiswasser ein; 3.48 g (88%) VIII schieden sich in prachtig violettroten Kristallen vom Schmp. 193- 195" (Lit?) : 195") aus.

~.5-DiphenyI-l.t.l-triazol~1) 0. - Die gelbbraune Losung von 4.00 g Vf in 130 ccrn wasser- freier Essigsisure entfarbte sich beim Kochen rnit 5.00 g Zinkstuub innerhalb 20 Min.; nach weiteren 10 Min. Bltrierte man heiD und versetzte in der Hitze mit Wasser bis zur einsetzenden Trubung. Beim Abkuhlen kristallisierten 2.73 g (73 %) V in farblosen Nadeln vom Schrnp. 191 -192" (Lit.20): 192", 190'). Weitere 0.21 g weniger reines V fielen beim Verdtinnen der Mutterlauge aus. - Die Ausbeute an V verringerte sich, wenn man nach Entfarbung der Reaktionslasung wesentlich langer als 10 Min. kochte. 2.4.6-Triphenyl-l.3.5-triazin (VII). - Darstellung nach Lit. 21).

3-Phenyl-5-p-tolyl-I .2.4-triazoI22.23) (XIX). - Eine innig verriebene Mischung von 12.0 g N-Benzoyl-N-p-toluyl-hydrazin 24) und 40.0 g Phosphorpentachlorid wurde 20 Min. auf 120-140" erhitzt. Die erstarrte Masse digerierte man nach dem Erkalten rnit bither und fil- trierte rasch vom unverbrauchten PCls ab. Die ~therlosung wurde auf Eis gegossen und durch Schutteln rnit NaHC03-Losung von POCl3 befreit. Beim Einengen tie1 [a-Chlor-benzall-[a- chlor-p-methyl-benza[/-/tydrazin vorn Schmp. 88-91" aus. Es wurde mit 6.00 g Hydrazin- hydrat 1 Stde. in absol. khan01 unter RuckfluB erhitzt. Beim Einengen schieden sich gelbe Kristalle vom Schmp. 181 - 185" aus. Das erhaltene Dihydrotetrazin-Derivat lie13 sich durch 20 Min. Kochen rnit 5.00 g Zinkstaub in 50 ccm Essigsuure entfarben. Beim EingieSen in

19) A. PINNER, Ber. dtsch. chem. Ges. 26, 2126 (1893); 27, 984 (1894). 20) A. PINNER, vgl. Zit.11); R. STOLL~, J. prakt. Chem. [2] 69, 145 (1904). 21) A. PINNER und F. KLEIN, Ber. dtsch. chem. Ges. 11, 764 (1878). 22) R. S T O ~ und K. THoM, J. prakt. Chem. [2] 73,288 (1906). 23) A. PINNER und N. CARO, Ber. dtsch. chem. Ges. 27,3273 (1894). 2 4 E. C. GILBERT, J. Amer. chem. SOC. 49, 286 (1927).

I56 R. HUISGEN, J. SAUER und M. SEIDEL Bd. 654

200 ccm Wasser erhielt man 3.10 g (28%) XIXvom Schmp. 159-166". Nach 2maligem Um- losen aus hhanol/Wasser Schmp. 183 - 185" (Lit. 23): 170").

ClsH13N3 (235.3) Ber. N 17.87 Gef. N 17.55

3.5-Di-p-tolyl-1.2.4-triazol (XX). - 5.00 g p-Tolunitril und 7.00 g wasserfreies Hydrazin wurden 24 Stdn. gekocht. Die entstandenen gelben Kristalle digerierte man rnit Cyclohexan, anschlieBend griindlich mit Wasser. Beim Kochen des so erhaltenen rohen Dihydrotetrazins rnit 7.00 g Zinkstaub in 130 ccm Essigsuure (30 Min.) isolierte man nach Zugabe von 200 ccm Wasser zur filtrierten Losung 4.10 g XXvom Schmp. 245-246" (aus Essigsaure; Lit.23): 248").

Therrnolysen ohne Einbau von Losungsrnitteln 5-Phenyl-tetrazol in Mesitylen: Die Versuche der Tab. 1 wurden alle in gleicher Weise auf-

gearbeitet ; der folgende Versuch diene als Beispiel. 10.0 g 5-Phenyl-tetrazol3) (111) wurden 120 Stdn. in 100 ccm feinfraktioniertem Mesitylen in

einer N2-Atmosphare unter RiickfluB erhitzt. Im Verlauf der Reaktion entwickelten sich etwa 1.20 Molaquivv. Gas, vorwiegend Nz. Die erkaltete kirschrote Losung lieR man mehrere Stunden bei 0" stehen und saugte ab. Die Kristalle (A) wurden mit wenig Cyclohexan ge- waschen; die vereinigten organischen Phasen (B) hielt man bis zur weiteren Verarbeitung unter Stickstoff.

A, ein Gemisch von V, VI und VII, wurde unter Stickstoff 30 Min. rnit 100 ccm 2 n NaOH bei 40-50" digeriert, wobei V in Losung ging. Das abgesaugte Gemisch von VI und VII wurde i. Vak. iiber P205 getrocknet und der quantitativen IR-Analyse unterworfen. Man homogeni- sierte das Gemisch von VI und VII und verglich den KBr-PreBling rnit EichpreRlingen be- kannter Zusammensetzung (MeBbanden fur VI bei 1408 und 1339 cni-1, fur VII bei 1520 und 1370 cm-1). Die Genauigkeit dieser Methode ist bestenfalls &4 absol. Prozente. 1.99 g Ge- misch bestanden zu 65 f 4 % aus 3.6-Diphenyl-dihydro-1.2.4.5-tetrazin (VI) und zu 35 f 4 % aus Kyaphenin (VII).

Das 3.5-Diphenyl-1.2.4-triazol (V) lieB sich aus dem Alkaliextrakt rnit 2 n HC1 fallen und wurde 1 Stde. bei 130' getrocknet: 1.89 g V vom Schmp. 188-190". Weitere 0.541 g V vom Schmp. 184-187" konnten durch Extraktion mit 4mal 40ccm 2n NaOH aus der rnit dem gleichen Volumen Ather verdunnten organischen Phase B erhalten werden. Das IR-Spektrum von V war identisch rnit dein einer authent. Probe; Misch-Schmp. ohne Depression.

Die atherische Mesitylenlosung B wurde mit 4mal50 ccm 2 n HCl ausgeschiittelt, mit Wasser gewaschen und rnit Calciumchlorid getrocknet. 0.26 g 4-Amino-3.5-diphenyl-l.2.4-triarol (IX) schieden sich bei Zugabe von starker Natronlauge zum Saureextrakt ab; der IR-Vergleich mit authentischem Material11) bewies die Identitat.

Nach Vertreiben des Athers wurde das Mesitylen im olpumpenvak. abgezogen. Der ver- bleibende klebrige Riickstand loste sich leicht in Methylenchlorid; in der Losung wurde das intensiv violettrote 3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetrazin (VIJI) colorimetrisch bestimmt (Elko I1 der Firma ZEISS, Filter S 4 2 ~ ) . Nach Abdampfen des Methylenchlorids digerierte man den Ruck- stand mit wenig Ather, wotei VIII grontenteils in Losung ging und eine kleine Menge von VII ungelost blieb. VII und VJII lassen sich auch chromatographisch an neutralem Aluminium- oxyd mit Benzol als Lbsungsmittel trennen; VIII wandert dabei rascher als VII. Man erhielt SO 1.06 g 3.6-Diphenyl-1.2.4.5-tetrazin (VIII) (Schmp. 188- 191') und 0.29 g 2.4.6-Triphenyl- 1.3.5-rriuzin (VII) (Schmp. 226-232').

I962 Zur Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols 157

Gesamtausbeuten: 2.43 g (32%) V, 1.29 g (16%) VI, 0.698 g (14%) VIL, 1.06 g (13%) VIII und 0.26 g (3.2 %) IX.

5-Phenyl-tetrarol in N-Methyl-anilin oder Phenol: Die Versuche in Methylanilin und Phenol (Tab. 2) wurden gleichartig aufgearbeitet. Die Reaktion in Phenol sei beschrieben: Eine Losung von 3.00 g i l Z in 10 ccm Phenol entwickelte beim Kochen innerhalb 22 Stdn. 450 ccm (ber. 520 ccm) Nz. Nach Abziehen des Phenols i. Vak. wurde mit Ather digeriert. Der unge- loste Anteil lieD sich rnit 2 n NaOH in 219 mg V (Schmp. 178- 182") und 252 mg IX (Schmp. 242-245") auftrennen. Die Atherphase ergab beim Ausschiitteln rnit 2mal20 ccrn 2n NaOH weitere 832 mg V (Schmp. 179-184"). Beim Einengen der Atherlosung fielen 156 mg eines Geniischs von VI und VIII aus.

5-Phenyl-tetrarol in Resorcindimerhylather: Eine Losung von 5.00 g III in 30 ccm Resorcin- dimethylather wurde 6 Stdn. auf 200" erhitzt. Wahrend der Reaktion trieb man die entstehende Sticksfoffwasserstoffsiiure durch einen langsamen Nz-Strom in eine Falle rnit 1 n NaOH iiber. Die titrimetrische Bestimmung ergab als Mittelwert 0.260 g (23 %) HN3.

Nach Abziehen des Losungsmittels i. Vak. nahm man in Methylenchlorid auf und zog nicht- umgesetztes Phenyltetrazol mit NaHCO3-Lbsung aus (1.21g; Schmp. 210-212", Zers.). Die Extraktion rnit 2n NaOH lieferte nach Ansauern der Alkaliausziige 928 mg V (Schmp. 182-185'); Ausziehen mit 2n HCI gab 320mg IX (Schmp. 252-254"). Beim Abdampfen der Methylenchloridlosung konnten 720 mg eines Gemisches von VI und VIII isoliert werden.

Reaktionen des 3.6-Diphenyl-dihydro-1.2.4.5-tetrazins ( VI) Thermolyse ohne Losungsmittel: 3.00 g VI wurden 15 Stdn. auf 190" erhitzt; es entwickelten

sich ca. 200 ccm eines Gases, das reichlich Ammoniak enthielt. Nach dem Erkalten digerierte man mit wenig Cyclohexan. Die abgesaugten Kristalle wurden unter N2 bei 40-50" rnit 40 ccm 2n NaOH behandelt; der Riickstand wog 1.09 g und bestand laut IR-Analyse (s. S. 156) aus 24% VI und 76 % 2.4.6-Triphenyl-I.3.5-triazin (VII). Aus dem alkalischen Auszug lieBen sich rnit verd. Salzsaure 770 mg (27 %) 3.5-Diphenyl-1.2.4-friazol (V), Schmp. 187- 189", isolieren.

Die Cyclohexanlbung ergab nach Abdampfen des Solvens und Destillation im Mikro- kolbchen bei 90-100" (BadtempJl2 Torr 167 mg (6%) einer farblosen Fliissigkeit, laut IR-Spektrum fast reines Benzonitril (2 schwache Fremdbanden bei 3.45 und 5.90~). Der schmierige Destillationsriickstand lieB sich an neutralem Aluminiumoxyd mit Benzol auf- trennen : etwa 20 mg ( I %) VIII und 40 mg ( 2 x ) VfI .

Thermolyse in Mesitylen: Bei 168stdg. Kochen in Nz-Atmosphare nahm die LBsung von 3.1 1 g (13.1 mMol) VI und 753 mg (6.17 mMol) Benzoesiiure in 60 ccrn Mesitylen allmahlich kirschrote Farbe an; das entwickelte Gas enthielt basische Bestandteile (NH3). Bei der Auf- arbeitung in der auf S. 156 (Thermolysen von 111 in Mesitylen) beschriebenen Weise isolierte man 720 mg Vlf (Schmp. 226-232"), 743 mg V (Schmp. 186- 189") und 505 me VZII (colori- metrisch bestimmt); ein groDer Teil des Tetrazins VIII diirfte im Laufe der Aufarbeitung aus unzersetztem VI entstanden sein, da dieses stark autoxydabel ist.

Thermolyse in Mesitylen in Gegenwarr von 4- Amino-3.5-diphenyl-I .2.4-triazol (IX) : 2.00 g (8.46 mMol) VI, 183 mg (1.50 mMol) Benzoesuure und 2.00 g (8.46 mMol) IX losten sich in 60 ccm siedendem Mesitylen nicht vollig; VIII, das durch seine intensive Farbe leicht nach- weisbar ist, entstand nicht. Nach 168 Stdn. lieferte die Aufarbeitung 2.69 g eines Gemisches von

158 R. HUISGEN, J . SAUER und M. SEIDEL Bd. 654

VI, VII und IX, das nicht aufgetrennt wurde, sowie 238 mg V (Schmp. 184-187") und 220 mg VIII (colorimetrisch bestimmt); VIII mu13 bei der Aufarbeitung entstanden sein.

Umsetrung von VI rnit Diimid: Das verwendete Kaliumsalz der Arodicarbonsaure wurde in folgender Weise bereitet : Zu 150 ccm 40-pror. Kalilauge lie13 man unter Eiskuhlung innerhalb 50 Min. 29.5 g Azodicarbonsiiurediiithylesfer zuflie13en. Der feinkristalline Niederschlag wurde mit Methanol und Ather gewaschen und i. Vak. getrocknet: 23.5 g (71 -72 %) gelbes Kalium- salz. - Zur klaren Losung von 1.50 g VI in 50 ccm frisch dest. Essigsaure gab man unter N2 bei ca. 100" portionsweise innerhalb 3-4 Min. 8.00 g azodicarbonsaures Kalium; es trat bei jeder Zugabe heftige Gasentwicklung ein. Nach Beendigung der Gasentbindung wurde das Losungsmittel im Rotationsverdampfer i. Vak. abgezogen und der Ruckstand rnit 2 n NaOH (80 ccm) digeriert. Es wurden so 1.41 g reines VI zuriickgewonnen. Der Alkaliauszug schied beim Ansauern 75.0 mg V ab, dessen IR-Spektrum rnit dem einer authent. Probe identisch war. - In einem zweiten Versuch wurde in Dioxan/Methanol/Essigsaure bei Raumtemperatur gearbeitet. Eine Reduktion von VI zu V wurde hier nicht beobachtet.

Thermolyse von VI in 2-Methyl-3-[nt-chlorphenyl]-propen- ( 1 ) : Die orangerote Losung von 302 mg VI in 1 .OO g 2-Methyl-3-[m-chlorphenyl]-propen-(l) 14) entfarbte sich beim Erhitzen unter Nz auf 175" innerhalb von 2 Tagen weitgehend; nach 96 Stdn. wurde das Gemisch gas- chromatographisch untersucht (6-m-Flexol-Saule, Arbeitstemperatur 182", 2.4 atu Wasserstoff). Es lieB sich kein m-Chlor-isobutylbenzol nachweisen ; das Gernisch enthielt neben Benzonitril auch m-Chlor-~./3-dimethylstyrol, durch Wanderung der Doppelbindung entstanden.

Thermolyse in Anilin: Eine Losung von 2.00 g VI in 20 ccm Anilin wurde 50 Stdn. unter N2 gekocht, wobei Farbaufhellung eintrat. Nach Abziehen des Anilins i. Vak. wurde der feste Ruckstand in 15 ccm heiBem Benzol aufgenommen. Beim Abkiihlen schieden sich 580 mg farblose Substanz ab (Schmp. 275-280"), die sich durch Behandlung rnit heiner 2n HCI in 90 mg I X (Schmp. 255-257") und 490 mg 3.4.5-TriphenyZ-1.2.4-triazol (XII), Schmp. 291 bis 295", trennen IieB. Beim Verdiinnen der Benzollosung rnit k h e r schieden sich weitere 200 mg IX (Schmp. 251 -255") aus. Extraktion mit 20 ccm 2n NaOH lieferte 50 mg V (Schmp. 182 - 184"). Aus der Atherlijsung kristallisierten beim Aufbewahren im Kiihlschrank 520 mg farblose Nadeln (Schmp. 139- 141"), die durch Vergleich rnit einem aus N-Phenyl-benzimid- chlorid und Anilin in Benzol bereiteten Praparat als N.N-Diphenyl-benzamidin (Lit.25) : Schmp. 144") erkannt wurden. Aus der eingeengten Atherlosung kamen 200 mg durch wenig VIII verunreinigtes VI; die Mutterlauge roch stark nach Benzonitril. Ausbeuten, bezogen auf um- gesetztes VI: 22% XII, 13 % N.W-Diphenyl-benzamidin, 16% IX und 3 % V. - Setzt man dem gleichen Ansatz 0.5 g Anilin-hydrochloridzu, so isoliert man nach 30 Min. langem Kochen 69 % XII und 29 % IX.

Thermolyse des 4-Amino-3.5-diphenyl-triazols ( I X ) in Anilin: Eine LBsung von 2.00 g IX in 10 ccm Anilin farbte sich beim Kochen innerhalb 23 Stdn. schwarz. Das Losungsmittel wurde i. Vak. abdestilliert, der Riickstand in 20 ccm Chloroform aufgenommen; es schieden sich 1.03 g IX (Schmp. 263-265") aus. Das Filtrat wurde mit Ather verdiinnt und nachein- ander rnit 2n NaOH und 2n HCI ausgeschiittelt. Es lieBen sich so 0.21 g V (59 %, bez. auf verbrauchtes IX) vom Schmp. 180-183" und weitere 0.59 g Ausgangsmaterial isolieren.

2 5 ) M. BUSCH und F. FALCO, Ber. dtsch. chem. Ges. 43, 2557 (1910); M. BIJSCH und R. RUPPENTHAL, ebenda 43, 3001 (1910).

1962 Zur Thermolyse des 5-Phenyl-tetrazols 159

Thermolysen des 5-Phenyl-tetrazols in prim-ren Amhen

Zn Anilin: Die Liisung von 2.00 g I I I in 10 ccm Anilin wurde 28 Stdn. unter RiickfluD er- hitzt (gef. 330 ccrn N2). Nach Abziehen des Losungsmittels i. Vak. nahm man in Essigester auf. Beim Abktihlen konnten 1.15 g 3.4.5-Triphenyl-I.2.4-triazol (Xll) rnit Schmp. 290-292' (Lit.17) : 296-297") erhalten werden. Das IR-Spektrum war identisch mit dem eines authent. Praparats ; Mischprobe ohne Depression. Nach Abziehen des Liisungsmittels wurde der Riickstand in wenig Alkohol geliist, wobei weitere 55 mg XI1 (zusammen 59%) anfielen. Der Alkohol wurde abdestilliert und der Ruckstand durch Behandeln mjt 2n NaOH in 256 mg V (Schmp. 178-182') und 110 mg IX(Schmp. 245-250") aufgetrennt.

N-Phenyl-benrimidchlorid und Hydrazin: 2.0 g des ImidchIorids wurden in 10 ccrn reinem Pyridin und 4 g Hydrazin 10 Min. geschuttelt, mit 50 ccm Methylenchlorid versetzt und mit Wasser ausgewaschen. Nach Abziehen des organischen Losungsmittels lieferte der Ruckstand aus Methanol 0.15 g gelbe Nadeln (NH-Frequenz bei 3450cm-1); oberhalb 150" wird die Substanz unter Sintern farblos, urn dann bei 260-270", also in der Nahe des Schmp. von XII, zu schmelzen.

C Z ~ H Z Z N ~ (390.5) Ber. N 14.35 Gef. N 14.41

DaB es sich um a.a'-Bis-phenylamino-benzalazin (XVI, R - CsH5) handelt, geht aus der Um- setzung in Anilin bei 180" hervor, die quantitativ 3.4.5-Triphenyl-1.2.4-triazol (XII), Schmp. 290-293", liefert.

Zn p-ChIoraniIin: 3.00 g III in.15.0 g p-Chloranilin entwickelten in der Siedehitze innerhalb 1 Stde. 1.0 Molaquiv. Nz. Der beim EingieDen in 2n HCI ungeloste Rlickstand hinterlieB nach Auskochen mit Methanol 1.42 g (41 %) 3.5-Diphenyl-4~[p-chlorphenyIl-1.2.4-triazol (XIII) vom Schmp. 249-251" (Lit.17): 256-258'). Das Produkt wurde durch IR-Vergleich und Misch-Schmp. rnit einer authent. Probel7) identiliziert.

Zn BenzyIarnin: Eine Losung von 1.46 g ZII in 7 ccm Benzylamin entwickelte in der Siede- hitze innerhalb 23 Stdn. 1.0 Molaquiv. Nz. Nach Abziehen des Amins i. Vak. wurde der feste Riickstand in Ather aufgenommen. Extraktion mit 2 n NaOH lieferte ein Gemisch von V und XZV, das sich dank der Schwerloslichkeit von V in Benzol in l5Omg V (Schmp. 180-183') und 235 mg 3.5-DiphenyI-4-benzyl-l.2.4-triazol (XIV), Schmp. 210-21 5", trennen lieD. Ausziehen der Atherphase rnit 2n HCI ergab 70 mg IX (Schmp. 250-255"). - Zur Analyse wurde XIV 3mal aus wll3rigem h a n o 1 umgelost; Schmp. 215-217'.

C21H17N3 (311.4) Ber. N 13.50 Gef. N 13.60

Thermolysen von EPhenyl-tetrazol in aromatischen Nitrilen In BenzonitriI mit Saurekatalyse: Durch eine Losung von 1.40 g I I I in 15 ccm Benzonitril

wurde bei 140-150" wahrend 4 Stdn. ein trockener HCI-Strom geleitet. Nach dem Erkalten verdiinnte man mit Ather und extrahierte 5mal rnit 25 ccm 2n NaOH. Beim Ansauern fielen 1.07 g 3.5-Diphenyl-1.2.4-triazol (V) vom Schmp. 185-188" aus; Mischprobe ohne Depres- sion. Der Neutralteil hinterlieB beim Abdampfen 0.35 g eines roten schmierigen Ruckstands.

In p-Tolunitril mit Saurekatalyse: Durch eine Losung von 1.50 g III in 17 g p-Tolunitril leitete man 2 Stdn. bei 140-150" einen trockenen HCZ-Strom. Nach Verdiinnen mit Ather lieBen sich durch Ausziehen rnit NaHCO~-Losung 0.22 g Ausgangsmaterial (Schmp. 210 bis

160 K. FREUDENBERG und J. TORRES-SERRES Bd. 654

21 I", Zers.) zuriickgewinnen. Mit 4mal 25 ccm 2n NaOH zogen wir 887 mg eines Gemisches von V und X I X aus. Die quantitative Bestimmung beider Verbindungen im Gemisch erfolgte durch IR-Analyse des KBr-PreRlings (MeRbande fur XIX: 740 cm-1, fur V: 727 cm-I). Ein Vergleich mit EichpreRlingen bekannter Zusammensetzung ergab ein Verhaltnis von XIX :V =

58 : 42 im Gemisch. Aus einer Probe des Triazolgemisches lieR sich durch wiederholtes Umlosen aus waRrigem

Athano1 reines 3-Phenyl-5-p-tolyl-1.2.4-triazol (XIX) rnit Schmp. 184- 186" isolieren, dessen Identitat durch IR-Vergleich und Misch-Schrnp. rnit authent. Material (S. 155) gesichert wurde.

In p-Tolunitril ohne Saurekatalyse: Eine Losung von 2.00 g I I I in 15 ccm p-Tolunitril wurde 3 Stdn. unter RuckfluR erhitzt. Nach Verdiinnen mit Ather IieRen sich rnit 2n NaOH 1.02 g eines Gemischs der beiden Triazole XIX und V extrahieren, das wie oben der IR-Analyse als KBr-PreRling unterworfen wurde; dieses enthielt 92% XIX und 8 % V (Fehler 4%). Ausziehen der Mutterlauge rnit 2n HC1 lieferte 21 5 mg (13 %) 4-Amino-3.5-diphenyl-I.2.4- triazol (IX); der Neutralteil ergab 50 mg eines Gemisches von VI und V I M

5-p-Tolyl-tetrazol in Benzonitril unter Saurekatalyse: Die Umsetzung wurde wie die von I11 mit p-Tolunitril unter HC1-Katalyse ausgefiihrt und ergab ein bei 199 -206" schmelzendes Triazolgemisch. Je 3maliges Umlosen aus Benzol und k h a n o l fiihrte zu reinem 3.5-Di-p- rolyl-1.2.4-triazol (XX), Schmp. 244 -246". Mangels spezifischer Banden war die quantitative IR-Analyse von XX neben XIX nicht moglich.

.-

ALKYLIERUNG UND UMATHERUNG AM ~-GUAJACYL- PROPANOL-(3)-ON-( 1)

von KARL FREUDENBERG und JAIME TORRES-SERRES*

Georg Witfig in Freundschaft gewidmrt

Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Universitat und dem Forschungsinstitut fur die Chemie des Holzes und der Polysaccharide, Heidelberg

Eingegangen am 31. Januar 1962

Die in der uberschrift bezeichneten Vorgiinge lassen sich durch das Gleichge- wicht der Enolate (IX) rnit Guajacyl-vinyl-keton (X) und Alkoholaten erklaren.

Fur synthetische Versuche in der Coniferylgruppe wurde 1 -[3-Methoxy-4-benzyl- oxy-phenyl]-3-benzyloxy-propanon-( 1) (VIII) benotigt. Hierfur wurde 1-[3-Methoxy- 4-hydroxy-phenyl]-3-benzyloxy-propanon-( 1) (1V) rnit Natriumhydroxyd und Benzyl- chlorid in Athanol umgesetzt; statt Benzyl trat jedoch Athyl ein1); die Substanz

*) Wir danken der DEUTSCHEN FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT fur die Gewahrung von Mitteln. 1) F. TOPFMEIER, Dissertation Univ. Heidelberg 1957.

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