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Roesebeckstr. 4-6 � 30449 HannoverFon 0511/4505-0 � Fax 0511/4505-140

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Scabies in Altenpflegeeinrichtungen

Probleme und gegenlenkende Maßnahmen

Peter Bergen / NLGA

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� Krankheitsursache : Krätzemilben graben Gänge in die Epidermis und legen dort Eier und Kot ab.

� Infektionsquelle : Mensch� Übertragung : direkter Hautkontakt, u. U. auch

indirekt möglich (Wäsche etc.)� Symptome nach ca. 2 – 6 Wochen:

� starker Juckreiz � Kratzspuren� Hautveränderungen in Form von Papeln,

Pusteln, blass sichtbaren Milbengängen� Ausschlag meist an Hautfalten

� Ansteckungsfähig ab Beginn der Symptome evtl. auch früher bis 1 Tag nach Behandlung.

� Diagnose : � Inspektion (Bohrgänge)� Mikroskopie (Hautgeschabsel)

� Therapie: � Lokal: Permethrin-Creme (Infectosab 5%)� Systemisch (oral): Ivermectin (Stromectol).

Krätzemilben / Scabies

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Scabies – Besonderheiten

� Mehrere Wochen Latenz zwischen Infektion und Symptombeginn.

� Sehr unterschiedliche und uneindeutigeSymptome

� Fehldiagnosen sind häufig.

� Durch spätes Erkennen werden Ausbrüche begünstigt!

� Bei Ausbrüchen sind Rezidive häufig.

� Hohe Infektionsgefährdung für das Personal.

� Die Maßnahmen der Basishygiene sind unzureichend.

� Sonderformen:� Gepflegte Scabies mit geringen Symptomen� Scabies norwegica (syn. S.crustosa),

Krustenbildung, juckt kaum, ist aber hoch ansteckend!

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Scabies-Erhebung / Niedersachsen / 4. Quartal 2012

Hintergrund� Vermehrte Anfragen beim NLGA zu Scabies von� Keine systematischen Fallzahlerfassung:

nur Benachrichtigungspflicht nach IfSG §34, gilt lediglich für Kindergemeinschaftseinrichtungen

Ziele� Fallzahlen und Problemlage für Quartal 4/2012 erheben� Ggf. Informationsmaterial anpassen� Eignung von Erhebungsinstrumenten erfragen

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Methoden

� Erhebungszeitraum: 4. Quartal 2012 � Erfassung von

� Anzahl und Art betroffener Einrichtungen� Anzahl betroffener Personen� Ausbruchsmanagement� Problematik aus Sicht der GÄ

� Fragebogen zur Erfassung aggregierter Daten als � Excel Tabelle� Online Fragebogen (LimeSurvey®)

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Betroffene Einrichtungen

� Rücklaufquote: 37 von 43 GÄ (86%) � Benachrichtigungen bei 22 der 37 GÄ (60%)� 67 Einrichtungen mit Scabies-Fällen

� 42 (63%) Kindergemeinschaftseinrichtungen � 24 (36%) Pflegeheime� 1 andere Einrichtung (Asylbewerberheim)

� 158 Personen mit Scabies� 94 Pflegebedürftige, 63 Kinder und 1 Asylbegehrender

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Merkmale von Scabies-Epidemienin Altenheimen

� Späte Diagnose� Schlechtes Management / inkonsequente Maßnahmen� Behandlungslücken� Mehrere Erkrankungswellen mit jeweils steigender

Fallzahl.

Zeit der Ahnungslosigkeit

Zeit der Inkonsequenz

Zeit des Missmanagements

Zeit der Desasterbegrenzung

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Maßnahmen bei Scabies

� Diagnose sichern� Möglichst unverzügliche fachärztliche Abklärung� Falls nicht möglich: GA kontaktieren

� Meldung� Meldepflicht bei gehäuftem Auftreten von Scabies gemäß §6 IfSG (?)� §34 IfSG betrifft vorrangig Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, nicht

Altenheime.� Unabhängig davon ist speziell bei epidemischen Fällen von Scabies eine

Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt dringend anzuraten!

� Information� Betroffene Personen, Betreuer etc. werden durch den behandelnden Arzt

informiert,� Personal durch Leitungspersonen vor Ort.� Kurzinfos für Besucher durch die jeweilige Einrichtung.� Maßnahmen grundsätzlich fortlaufend protokollieren (Hygienebeauftragte).� Bei Verlegung: Infos an weiterführende Institutionen + Transportdienst.

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Maßnahmen bei Scabies / generell bzw. Einzelfälle

� Unterbringung / Verhinderung von Fluktuation� In Gemeinschaftseinrichtungen ohne Wohncharakter sollten

betroffene Personen für die Zeit der Ansteckungsfähigkeit der Einrichtung fernbleiben. Jedoch gilt die Person schon ab der ersten Behandlung nicht mehr als ansteckungsfähig.

� In der Zeit einer möglichen Ansteckung arbeiten Mitarbeiter der betreffenden Bereiche mögl. nicht in anderen Bereichen (betr. auch externe Dienstleister).

� Mögl. kein Besuch (betr. auch Fußpfleger, Friseure, Masseure etc.).

� Mögl. keine Gemeinschaftsveranstaltungen.

� Räumliche Isolierung wünschenswert und bei Scabies norvegicanotwendig. In jedem Fall nur in Rücksprache mit dem GA!

� Personengebundene Verwendung von Utensilien.

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� Personalhygiene� Zuverlässige Basishygiene.

� Einmalhandschuhe und langärmliger Schutzkittel bei körperlichen Kontakten mit erkrankten oder ansteckungsverdächtigen Personen. Stulpen über Bündchen.

� Evtl. Ärmelschoner verwenden.

� Tragen der Schutzkleidung im Zimmer betroffener Bewohner (in Einzelfällen) bzw. innerhalb des betreffenden Wohnbereiches (bei Epidemien).

� Kittel zumindest täglich und nach Kontamination wechseln.

Maßnahmen bei Scabies / generell bzw. Einzelfälle

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� Umgebungshygiene� Weitgehende Beibehaltung der basishygienischen Maßnahmen.� Für die Ansteckungszeit erfolgt die Entsorgung von Schmutzwäsche als

Infektionswäsche.• Oberbekleidung braucht in der Regel nicht entwest zu werden, im Zweifelsfall

genügt ein siebentägiges Lüften.• Schuhe, Kissen, Textilien, Matratzen 24 Stunden lang einfrieren oder 14 Tage

lang in verschlossenen Plastiksäcken belassen.

� Möbel und Fußbodenbeläge gründlich mit Staubsauger (HEPA-Filter) absaugen.

� Keine Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln (Pestiziden).

� Behandlung (Therapie, begleitende Maßnahmen, Kontrolle)� Verordnung der Behandlungsmittel i. d. R. über den Hausarzt.� Behandlung bevorzugt mit Permethrin.� Evtl. Wiederholung nach 8 Tagen, Nachuntersuchung nach 14 Tagen.� Juckreiz bleibt trotz Behandlung vorerst bestehen!

Maßnahmen bei Scabies / generell bzw. Einzelfälle

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Arzneimittel (Scabizide) bei Scabies

� Permethrin-Creme (Infectosab 5%)� Wird allgemein gut vertragen� Nicht immer zuverlässig wirksam

� Allethrin / Piperonylbutoxid Sprühlösung (Jacutin pedicul, Spregal)� Haut reizender aber nicht wirksamer als Permethrin-Creme� Mittel zweiter Wahl

� Benzylbenzoat-Emulsion (Antisciosum)� Hautreizungen, komplizierte Anwendung aber hohe Wirksamkeit� Mittel zweiter Wahl

� Crotamiton (Eraxil)� Geringe Wirksamkeit, wird somit selten verwendet

� Ivermectin (Stromectol)� Wird oral als Tablette 1 x eingenommen / evtl. Wiederholung nach 8 Tagen� Ist in Deutschland zur Anwendung am Menschen nicht zugelassen kann aber

importiert werden� Sehr zuverlässige Wirkung� Mittel der Wahl, wenn die lokalen Mittel versagen oder bei Epidemie

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Meldung gem. §6 5)b. IfSG kann bei

Ausbrüchen verlangt werden.

Beschaffung von Ivermectin bei

Ausbrüchen über Amtsarzt möglich.

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Maßnahmen bei Scabies / Epidemie

� GA kontaktieren� Bildung eines Entscheidungsteams:

� Heimleitung, PDL, GA, Betriebsarzt, Dermatologe evtl. Apotheker� Es ist vorteilhaft, wenn die Diagnose und Therapie durch einen Arzt des

Entscheidungsteams erfolgt.� Untersuchung aller Heimbewohner und aller Pflegenden. � Dokumentation der auffälligen Befunde.� Behandlung (vorzugsweise mit Ivermectin):

� zeitgleiche Behandlung aller Heimbewohner und des gesamten Pflegepersonals, unabhängig von Symptomen

� Behandlung aller Familienangehörigen/Partner von Patienten bzw. Pflegepersonal, mit denen in den letzten vier Wochen enger Körperkontakt bestand

� Wechsel und Reinigung von Bettwäsche und Unterwäsche aller Heimbewohner

� Wiederholung der Therapie bei Patienten mit Scabies nach acht Tagen� dermatologische Nachuntersuchung aller Behandelten nach 14 Tagen � Koordinierung der medizinischen, hygienischen und pflegerischen

Maßnahmen durch Entscheidungsteam.

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Probleme und Fallen

� Dermatologen machen oft keine Hausbesuche und haben lange Terminlisten. Späte Diagnosestellung verlängert die Ansteckungszeit und -gefährdung und erzeugt einen hohen Präventionsaufwand.

� Scabies ist anfangs unspektakulär. Dadurch werden Maßnahmen zu spät ergriffen bzw. halbherzig durchgeführt.

� Kontaktpersonen können sich trotz Beschwerdefreiheit in der Inkubationszeit befinden und sollten behandelt werden. Dies wird evtl. nicht von allen Kontakt-personen befolgt. Durch unbehandelte Personen können aber weitere Personen infiziert werden. Unbehandelte pflegerische Kontaktpersonen sollen während der möglichen Ansteckungszeit (ca. 6 Wochen) bei pflegerischen Tätigkeiten Schutzhandschuhe und einen langärmligen Schutzkittel tragen.

� Bei Epidemien ist die Behandlung durch einen bestimmten Arzt vorteilhaft, was sich aber nicht immer realisieren lässt.

� Speziell bei der Behandlung von beschwerdefreien Kontaktpersonen bestehen Abrechnungs- und Finanzierungslücken und somit auch Behandlungslücken.Die Kostenfinanzierung ist zu Beginn der Maßnahmen abzuklären. Heime sind gut beraten, wenn Sie freiwillig zumindest einen Teil der Kosten übernehmen.

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www.rki.de

InfektionsschutzRKI-Ratgeber für Ärzte

2009z.Zt. in Überarbeitung

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www.pflegehygiene.nlga.niedersachsen.de

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