Spiritual Care - Sorge für die Seele · PROFESSUR FÜR SPIRITUAL CARE 4 Sudbrack 1998 „Das...

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Eckhard Frick sjPsychiater und PsychoanalytikerProfessur für Spiritual Care LMUAnthropologie HfPh

Spiritual Care - Sorge für die Seele11. Vorarlberger Hospiz- und Palliativtag -Interdisziplinäre Tagung

9.11.2013

PROFESSUR FÜR SPIRITUAL CARE

2www.spiritualcare.de 2

1. Anthropologische Weitung von „Spiritualität“

2. Spiritual Turn: Ein gesellschaftlicher Trend

3. Spiritualität in der Medizin

4. Kritik und Diskussion

Geist und Leben 71 (1998) 198-211

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Sudbrack 1998

„Das verbreitete, wenn auch vage esoterischeReden von ‚Spiritualität’ legt nahe: Hier ist derwichtigste Gesprächspartner des Christentumsinnerhalb der mitteleuropäischen Gesellschaft.Auch was von anderen Religionen auf unszukommt, ist meist von ihr überformt. Hier findetdie christliche Reflexion die Zeichen der Zeit,Zeichen von Gottes Geist“.

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Baier Spir Care 2012: Anthropologie der Spiritualität

Spiritualität 1: Spiritualität als soziokultureller Bereichin der heutigen Gesellschaft

Spiritualität 2: die konkrete Ausprägung vonSpiritualität in diversen Wegkulturen

Spiritualität 3: Spiritualität als menschlicheGrundmöglichkeit

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von Balthasar, 1965, 715

„Die Prägung des Begriffs Spiritualität ist jung, es gibt ihn weder in derallgemeinen philosophisch-religiösen noch in der besonderen biblisch-theologischen Überlieferung. Es gilt deshalb seinen Inhalt und seineTragweite genau festzulegen. Vom allgemeinen Bewusstsein her kannnegativ gesagt werden, dass für Christen kein Anlass besteht, ihn aufden christlichen Raum einzuschränken, dass vielmehr, wie dieChristen von ‚mittelalterlicher Spiritualität’, von ‚Spiritualität desKarmel’, von ‚Laienspiritualität’ sprechen, sie in einem analogen Sinnauch von ‚buddhistischer’ oder ‚sufitischer’ Spiritualität reden können.Vom gleichen allgemeinen Bewusstsein her ist positiv derBegriffsinhalt annähernd zu bestimmen als jene praktische oderexistentielle Grundhaltung des Menschen, die Folge und Ausdruckseines religiösen – oder allgemeiner: ethisch-engagiertenDaseinsverständnisses ist: eine akthafte und zuständliche (habituelle)Durchstimmtheit seines Lebens von seinen objektiven Letzteinsichtenund Letztentscheidungen her.“

innen

Pflanze Tier Mensch

Lebenskreis

Exzentrische Positionalität des Menschen(Plessner 1927)

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Der Mensch als Geheimnis (Weiher Spir Care 2012)

– Diese Idee könnte auch den medizinisch Handelnden selbst guttun: indem sie den Horizont über die instrumentelle Logik hinausöffnet, erscheint alles Diagnostizierte und zu Behandelnde ineinem neuen Licht: unsere Berufe vollziehen sich in der Näheund in der „Aura“ der großen Geheimnisse von Existenz undWelt. Das gibt diesen Professionen, so sehr sie mit Blut undBiophysik zu tun haben, eine eigene Würde. Die Berufe, dieständig mit anderen Schicksalen und ständig neuem Leidkonfrontiert sind, werden durch dieses Bewusstsein entlastet undzugleich aufgewertet: sie werden befreit von Allmachts- aberauch Ohnmachtsvorstellungen. Das Symbol „Geheimnis“ könnteallen Berufen, die so zentralen menschheitlichen Dimensionenwie Gesundheit und Krankheit, Dasein und Schicksal, Leben undTod begegnen, eine humanisierende und letztlich spirituelleSinngebung ermöglichen.

KLINIK UND POLIKLINIK FÜRPALLIATIVMEDIZIN

Professur für Spiritual Care

www.spiritualcare.de09/11/13

Klinisches InterviewSPIR (Frick et. al. Eur J Cancer Care2006)

KLINIK UND POLIKLINIK FÜRPALLIATIVMEDIZIN

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Elhardt et al.: SPIR-Schulung (Spir Care 2013)

• 247 Teilnehmer(innen) wurden im Erheben einerspirituellen Anamnese SPIR geschult

• Stichprobe (81% weiblich): Ärzte (n = 79), Pflege (n = 61),Psychotherapie (n =35), Seelsorge (n = 33), Sozialarbeit (n=16) und sonstige Gesundheitsberufen (n =39)

• Verbesserungen wurden in der eigenen Einschätzung dertheoretischen Kenntnisse über Religion/Spiritualität (p <0.001), der praktischen Fähigkeiten im Erheben derspirituellen Anamnese (p < 0.001) sowie in derWahrscheinlichkeit der Implementierbarkeit (p < 0.001)belegt

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12www.spiritualcare.de 12

1. Anthropologische Weitung von „Spiritualität“

2. Spiritual Turn: Ein gesellschaftlicher Trend

3. Spiritualität in der Medizin

4. Kritik und Diskussion

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13www.spiritualcare.de

Houtman & Aupers: The Spiritual Turn and the Decline of Tradition:The Spread of Post-Christian Spirituality in 14Western Countries, 1981–2000 (J Sc Study Rel 2007)

Europäische Wertestudie post-Christian spirituality (“New Age”) characterized by a sacralization of the self West- und Nordeuropa mehr als Süd- und Osteuropa Distanz zu christlichen Kirchen und säkularem Rationalismus

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14www.spiritualcare.de

Turina: From institution to spirituality and back: Or, why we should becautious about the "spiritual turn" in the sociology of religion. In:Giordan / Swatos (2011)

Laienspiritualitäten, movimenti innerhalb der röm.-kath. Kirche

Anti-institutioneller, individualistischer Zug Aber: Macht-Aspekt: „Hence, individual believers may

move in multiple directions within and without thechurch, while the hierarchy basically controls theorganization qua organization. The hierarchy ruleswith or without the consent of the governed, with orwithout the spirituality it would most like to engender“.

Projected Nonaffiliated and Muslim Populations, Austria and Switzerland, 2001–2051.

Kaufmann E et al. Sociology of Religion 2012;73:69-91

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1. Anthropologische Weitung von „Spiritualität“

2. Spiritual Turn: Ein gesellschaftlicher Trend

3. Spiritualität in der Medizin

4. Kritik und Diskussion

17www.spiritualcare.de

I. Vorklassisch-archaisch

ReligionGesundheit

18www.spiritualcare.de

I. Vorklassisch-archaisch

II. Klassisch-hippokratisch

ReligionGesundheit

19www.spiritualcare.de

I. Vorklassisch-archaisch

II. Klassisch-hippokratisch

III. Bio-psycho-sozio-spirituelleNeuorientierung

ReligionGesundheit

Spirituelle Suche

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physisches psycho-soziales

spirituelles

LEIDEN

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Balboni, Balboni et al.: Cancer 2011

Prospektives, multizentrisches Design339 Pat. mit fortgeschrittener KrebserkrankungVergleich von Patienten, die mit ihrer spirituellenBetreuung durch das Behandlungsteam zufrieden /unzufrieden waren Kostenschätzung nach Standards fürIntensivbehandlung, Beatmung etc.:...

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Balboni, Balboni et al.: Cancer 2011

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Balboni, Balboni et al.: Cancer 2011

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Huguelet et al. (2011): A randomized trial of spiritual assessment of outpatientswith schizophrenia: patients' and clinicians' experience. Psychiatric Services62:79-86

Ambulante Psychosepatienten Spirituelle Anamnese vs. Aufgreifen der

Thematik auf Wunsch der Patienten Prospektiv longitudinal 2 Messzeitpunkte Schulung der Psychiater im Interview Supervision und klinische Weiterführung 67% der Interviews wurde als klinisch

weiterführend eingeschätzt

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Möchten die Patienten mit ihrem Psychiater über Spiritualität reden?

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40%

29%

17%

7% 7%Familie/FreundeGesundheitsberufeSeelsorgeGott/höheres Wesenandere

Spirituelle Betreuerbei schwerer Krankheit

Hanson et al (2008) J Pall Med

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Spiritual Care im Schnittfeld der Berufe...

Medizin

Pflege

Soziale Arbeit

Seelsorge

Psychotherapie

Spiritual Care

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Ethischer / juridischer Rahmen

PersönlicheGeschichte

AusbildungAttitudes

Skillsknowledge

Team (falls vorhanden)

Institution / Träger

Sprachlicher, inter-religiöser und sozio-kultureller Hintergrund

... und mehrerer Kontexte:

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1. Anthropologische Weitung von „Spiritualität“

2. Spiritual Turn: Ein gesellschaftlicher Trend

3. Spiritualität in der Medizin

4. Kritik und Diskussion

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Spiritualität in der Psychiatrie und Psychotherapie

Wege zum Menschen 62:537-555

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Karle 2010

„Ein ‚religiöses coping‘setzt – aus theologischerPerspektive – aber nicht religiöse Zustimmung oderreligiöses Einverständnis voraus, sondern kann auchProtest im Medium der Religion sein, wie ihnbeispielsweise die Klage darstellt. Dieses paradoxecoping ist kaum mit dem Konzept des Spiritual Carekompatibel, das auf Akzeptanz abzielt“.

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Manfred Josuttis

„Die Krankheit an sich hat keinerlei Sinn. Jeder Versuch,ihr einen Sinn zuzuschreiben, will ihr den Schrecken

nehmen, der über die körperlichen Schmerzenhinausreicht, den Schrecken der Sinnlosigkeit.“„Deshalb ist der „Glaube […] nicht Kraft zurSinndeutung, sondern […] zum Verzicht aufSinndeutung in religiöser Hinsicht.“

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Michel Foucault

„Selbstsorgekümmert sich um denAnderen, in dem siesich um sich kümmert“. „Pastoralmacht“ alsGefahr vonInstitutionen: Staat,Medizin, Kirche usw.

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Die Freiheit des Kranken (Rahner SW 22,2: 158)

„Diese höchste Macht der Freiheit vollendet sich in der Ohnmacht desTodes. In dieses eine Geschehen von Freiheit und Tod ist der Arzthineingezogen. Der Arzt kann seine ureigene, für ihn im Unterschied zuanderen menschlichen Betätigungen spezifische Aufgabe nur wirklicherfüllen, wenn er mehr als Mediziner ist, wenn er in der Erfüllung seinerärztlichen Aufgabe wirklich Mensch und sogar (anonym oderausdrücklich) Christ ist. Daher kann ihm die Freiheit des Kranken, die imSterben an ihre Grenze und ihre Vollendung kommt, nicht gleichgültigsein. Er kämpft auch um den Raum und das Recht gerade dieser letztenFreiheit. Er und nicht nur der Kranke sollen sich in schweigendgelassener Hoffnung dem Mysterium des Todes ergeben, nachdem siefür dieses irdische Leben bis zum Letzten gekämpft haben. Der Arzt istein Diener der Freiheit“.

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