View
106
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
BM ‚Politische Systeme‘
‚Gute politische Ordnung‘
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gliederung der Vorlesung
I. Was ist Politik?II. Was ist ein ‚politisches System‘?III. Warum und wie vergleicht man politische
Systeme?IV. Wie läßt sich politische Macht ausüben und
bändigen? V. Welche Arten politischer Systeme gibt es?
1) Versuche der Schaffung einer guten politischen Ordnung2) Typologie politischer Systeme
VI. Wie wandeln sich politische Systeme? VII. Welche Strukturen und Funktionen besitzen die
zentralen Elemente moderner politischer Systeme?
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gliederung des Gedankengangs
Die Merkmale politischer Systeme ergeben sich nicht nur aus geschichtlichen und politischen Zufällen.
Vielmehr sind nicht wenige politische Systeme so, wie sie sind, weil ihre Trägergruppen eine bestimmte Vision ‚guter Ordnung‘ verwirklichen wollen.
Überaus folgenreich und wechselseitig ausschließend sind zwei Vorstellungen einer ‚guten Ordnung‘: Monismus und Pluralismus
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Motive politischen Handelns
Empfindung politischer Begabung und Freude an Politik
Weg zum sozialen AufstiegSicherung einer vorteilhaften persönlichen
Positiondurchaus auch und oft in Verbindung mit
den anderen Motiven: Wunsch, für bessere Politik, für eine möglichst
gute Ordnung des Zusammenlebens, für das Gemeinwohl zu sorgen!
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gemeinwohl
= politische Inhalte, deren Verwirklichung zu zwei Folgen zu führen verspricht:
Gerechtigkeit: Die Ergebnisse von Politik sollen – auch über
Umwegeffekte – möglichst vielen Teilen der Gesellschaft in fairer Verteilung zugute kommen.
Nachhaltigkeit: Es sollen durch Politik nicht nur kurzfristige
Vorteile für wenige geschaffen werden, sondern langfristig gute Wirkungen für die gesamte Gesellschaft erzielt werden.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Wie erkennt man, was im Dienstdes Gemeinwohls zu tun ist?
Unterschied mit
gewaltigen Folgen!
Zwei Grundmöglichkeiten: Man weiß das schon im vorhinein ...
auf der Grundlage von Wissenschaft dank göttlicher Offenbarung aus dem Munde eines charismatischen FührersBegriff: Gemeinwohl a priori
Man bemüht sich, durch Versuch und Irrtum darin Erfahrung zu gewinnen, welche Politik mit den größten Chancen wohl zum Gemeinwohl führen mag.Das immer wieder im nachhinein als richtig Erkannte legt man bis auf weiteres auch künftiger Politik zugrunde.Begriff: Gemeinwohl a posteriori
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Menschenbild und Vorstellung vom Gemeinwohl
Gemeinwohl a priori:Der Mensch soll nach dem erkennbar Guten
streben.Er braucht dabei Leitung und Aufsicht.
Gemeinwohl a posteriori:Der Mensch definiert ‚das Gute‘ legitimerweise
im Licht seiner Interessen.Man soll ihm zwar bewährte Wertmaßstäbe
nahebringen;doch er hat seine Entscheidungen selbst zu
treffen und deren Folgen dann auch zu tragen.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Richtiger Umgang mit persönlichen Vorstellungen vom GW
Gemeinwohl a priori:von den eigenen Ansichten voll überzeugt seinwissen, daß andere Ansichten falsch sein müssenvom eigenen ‚Wahrheitsmonopol‘ aus gegen falsche
Ansichten vorgehenGemeinwohl a posteriori:
zu den eigenen Ansichten selbstkritisch stehen immer wieder prüfen, was von anderen Ansichten zu
lernen wäreGegenüber anderen Ansichten tolerant sein und die
Auseinandersetzung mit ihnen als Chance gemein-samen Weiterkommens nutzen
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Leitbild einer ‚guten Gesellschaft‘
Gemeinwohl a priori:möglichst viel Konsens in den Meinungenmöglichst viel Gleichheit in der Lebensführung
Gemeinwohl a posteriori: willkommen sind ...Vielfalt streitiger Meinungen auf der Grundlage
eines möglichst schmalen gemeinsamen Minimalkonsenses
Vielfalt der Lebensführung und Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Politische Rolle des GW
Gemeinwohl a priori:Ein klar formulierbares politisches Ziel,anhand dessen man Freunde und Feinde einer
gemeinwohlverträglichen Politik gut voneinander unterscheiden kann.
Gemeinwohl a posteriori:Eine regulative Idee in der politischen
Auseinandersetzung,über deren bestmögliche Umsetzung politisch
Gleichberechtigte ergebnisoffen streiten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Besondere Rolle des Staates
Gemeinwohl a priori:das Gute durchsetzen, und zwar auch in der persönlichen Lebenswelt der Bürgernötigenfalls sogar gegen Widerstreben
Gemeinwohl a posteriori:Rahmenbedingungen sichern für
selbstbestimmte Vielfalt und offene KonkurrenzSchutz für jene gewährleisten, die im
pluralistischen Konkurrenzdruck wenig Chancen auf selbstdefiniertes Lebensglück haben
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Anzustrebender Staatsaufbau
Gemeinwohl a priori:Den Staat auf einer dem Gemeinwohl
entsprechenden Leitidee aufbauen und so organisieren, daß ‚Politik aus einem Guß‘ entsteht!
Begriff: MonismusGemeinwohl a posteriori:
Ergebnisoffene, konkurrierende politische Willensbildung sicherstellen,
ebenso Kompromißfindung, Mehrheitsprinzipund Minderheitenschutz!
Begriff: PluralismusUnte
rsch
ied m
it
gewal
tigen
Folgen
!
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
‚Gute Ordnung‘ bei GW a priori
Alle Macht in die Hand derer, die das wahre Gemeinwohl verwirklichen wollen!
Keine Hindernisse für die Machtausübung derer, die das Gute wollen!
Parteien, Verbände, Massenmedien sollen Transmissionsriemen des Guten sein!
Möglichst alle sollen – angeleitet vom Staat – möglichst weitgehend ihr Leben gemäß dem wahren Gemeinwohl ausgestalten!
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
‚Gute Ordnung‘ bei GW a posteriori
Nur der bekommt Macht, der sich in freier Konkurrenz in fairer Weise durchsetzt!
Vertrauen auf die Regierenden ist gut, deren Kontrolle durch wirksame Gewaltenteilung ist aber besser!
Parteien, Verbände, Massenmedien sollen gesellschaftliche Inputkanäle sein!
Außerhalb eines möglichst engen Minimalkonsenses soll jeder ganz nach eigenem Ermessen sein Leben gestalten,
und der Staat hat keine andere Aufgabe, als genau das zu ermöglichen!
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Richtiger Umgang mit politisch aktiven Andersdenkenden
Gemeinwohl a priori:überzeugen und gewinnen, oderausgrenzen und bekämpfen!
Gemeinwohl a posteriori:überzeugen und gewinnen, odertolerieren und ‚links liegenlassen‘, oderbekämpfen, falls sie an die Stelle
pluralistischen Wettstreits einen monistischen Staat setzen wollen! ( ‚Extremismus‘)
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaftin einem pluralistischen
System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaftin einem pluralistischen
System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaftin einem pluralistischen
System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaftin einem pluralistischen
System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaftin einem pluralistischen
System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaftin einem pluralistischen
System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaft
in einem pluralistischen System
(‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
gegen das
System als
solches
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer (heraufziehenden) Diktatur gegen das ganze (neue) politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten bzw. zu erhalten.
Kriterium: nachdrückliches Hinwirken auf eine Abschaffung freiheitlicher demokratischer Grundordnung
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Beispielsfälle für monistische und pluralistische politische Systeme
Gemeinwohl a priori:Sowjetunion und alle realsozialistischen
Staaten, einschließlich DDR Islamische Republik Iran, Islamisches Emirat
Afghanistan, Wahhabitisches Königreich Saudi-Arabien
NS-Deutschland, Franco-SpanienGemeinwohl a posteriori:
Bundesrepublik Deutschland und alle freiheitlichen Verfassungsstaaten
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Monismus und Pluralismus
verfolgen beide das gleiche Ziel: eine ‚gute Ordnung‘ zu schaffen.
haben ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wie man das der Gestaltung von Gesellschaft und Politik zugrunde zu legende ‚Gute‘ erkennen kann.
führen zu völlig verschiedenen Typen politischer Systeme.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Leitgedanken von Pluralismus
Menschen haben zu Recht sehr verschiedene, von ihnen selbst bestimmte Interessen (‚legitime Vielfalt‘).
Es ist vernünftiger, diese Interessenvielfalt zu akzeptieren, als sie zu vereinheitlichen. Darum soll der Staat den Bürgern nur minimale Vorgaben machen.
Insgesamt soll das politische System auf Interessenkonkurrenz aufgebaut werden, wobei allgemein verbindlich nur das wird, was die – in Wahlen oder Abstimmungen zum Ausdruck gebrachte – Mehrheit so entscheidet.
Ohne Gefahr von Bürgerkrieg und Gemeinwohl gelingt das aber nur auf der Basis von ... immer wieder neu zu sicherndem Minimalkonsens wirkungsvollem Schutz von Minderheiten und Schwachen.
= unverzichtbare Aufgabe eines pluralistischen Staates
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Minimalkonsens (‚nichtstreitiger Sektor‘)
Wertekonsensallgemeine MenschenrechteSicherung von Vielfalt
VerfahrenskonsensGewaltfreiheitChancengleichheit
OrdnungskonsensEinvernehmen über die Institutionen und Arenen
zur Austragung eines konkreten Konflikts
Grundlage:
Erfahrung aus der
Geschichte von
Versuch und Irrtum
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) als ‚nichtstreitiger Sektor‘
Achtung vor den – etwa im Grundgesetz konkretisierten – Menschenrechten (= Wertbindung, materieller Rechtsstaat)
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Unabhängigkeit der Gerichte (= formaler Rechtsstaat)
Gewaltenteilung (komplex zu verstehen!) ‚Volkssouveränität‘ (= Demokratieprinzip) Verantwortlichkeit der Regierung (= erzwingbare
Responsivität) Mehrparteienprinzip mit Chancengleichheit für alle
Parteien (= politischer Pluralismus) Recht auf Opposition
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
‚Verantwortlichkeit‘
ist die Grundlage von politischer Kontrolle besteht aus folgenden Wirkungszusammenhängen:
A muß B auf seine Fragen antworten; er ist ihm ‚verantwortlich‘.
B ist völlig frei, mit A‘s Antworten und damit, was er dabei hört, zufrieden zu sein – oder mit den Antworten bzw. mit dem unzufrieden zu sein, was er von A hört .
B kann als Reaktion auf A‘s Antworten Dinge tun, die A wünscht oder fürchtet.
Also wird A solche Reaktionen antizipieren und – wenn er schon B‘s Fragen nicht ausweichen kann – solche Dinge möglichst unterlassen, über die zu berichten sich für A nachteilig auswirken kann (‚Antizipationsschleife‘, ‚Vorauswirkung der Kontrolle‘)
Grundsatz: ‚Verantwortlichkeit darf nicht versickern!‘
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Formen politischer Gegnerschaft
in einem pluralistischen System (‚Verfassungsstaat‘)
in einem monistischen System (‚Diktatur‘)
gegen einzelne Akteure
im System
gegen das
System als
solches
Opposition= Jene, die in einem pluralistischen System zwar gegen die aktuelle Regierung ankämpfen, doch sehr wohl für den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat sind.
Rebellen= Jene, welche die Regierenden in einer Diktatur bekämpfen, ihrerseits aber nur eine Diktatur mit anderer Regierung, doch keinen pluralistischen Verfassungsstaat errichten wollen.
Extremisten= Jene, die in einem pluralistischen System, das Opposition ermöglicht, nicht nur gegen die aktuelle Regierung sind, sondern den bestehenden pluralistischen Verfassungsstaat als solchen bekämpfen.
Widerstand= Jene, die in einer Diktatur gegen das ganze politische System und seine Träger kämpfen, um an dessen Stelle einen nicht-diktatorischen Staat zu errichten.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Funktionen der Opposition
Kontrolle der Regierungsmehrheit inner- und außerparlamentarisch geleistet durch vor allem durch öffentliche Kritik
Bereitstellung von Alternativen Sachalternativen, Programmalternativen, Personalalternativen
Thematisierung von Problemen, welche die Regierung lieber liegenlassen würde (‚Initiativfunktion‘), v.a. durch ... öffentlichkeitswirksame symbolische Aktionen Nutzung plebiszitärer und quasi-plebiszitärer Elemente, etwa
Unterschriftensammlungen Integration derer, welche die Regierung und ihre Politik ablehnen,
doch ... der Regierungsmehrheit Schranken ihrer Gestaltungsmacht setzen können darauf hoffen dürfen, eines Tages selbst oder mittels ihrer Parteien wieder
(mit-) regieren zu können
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
streitiger und nichtstreitiger Sektor
erwarteter politischer Minimalkonsens
angestrebte politische Grundüberzeugungen
streitiger Sektor
streitiger Sektor
Monismus Pluralismus
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Wie den Streit beenden?
Diskussion bis zum allgemeinen Einvernehmen was tun, wenn eine Entscheidung nötig ist, sich aber
kein Einvernehmen herbeiführen läßt?Minderheit entscheidet
welcher der vielen Minderheiten soll man folgen? akzeptabel nur, wenn man glaubt, die Minderheit
habe das Gemeinwohl a priori erkanntMehrheit entscheidet
wirkt schon auf den ersten Blick überaus plausibel erschließt die Vorteile des ‚Mehrheitsmechanismus‘
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Der ‚Mehrheitsmechanismus‘
möchte Mehrheit
will solche Mehrheit verhindern
• sucht Schwachpunkte in der Argumentation des Gegner
• appelliert an mehrheits-verhindernde Interessenlagen
• ausnutzbare Schwachpunkte zu vermeiden
• so viele Interessen zu berücksichtigen, wie für eine Mehrheit nötig sind
• führt nachteilige Folgen der Politik des Gegners vor Augen
• Nachteile für möglichstwenige zu verursachen
entscheiden
Lernen(aufgezwungenes)
Vortei
l
antizipiert mehrheitsverhindernde Argumentedes Gegners und versucht darum ...
im Optimalfall: kenntnisreich und kritisch
• weniger Nachteile verursacht• mehr Interessen berücksichtigt
Konflikt
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Warum Mehrheitsentscheidung?
KEINESWEGS, weil man in einer Demokratie als Dogma glaubte: „Die Mehrheit hat recht!“,
sondern weil der ‚Mehrheitsmechanismus‘ ... zur Berücksichtigung und zum Ausgleich vergleichsweise
vieler Interessen zwingt (‚befriedende Wirkung‘) Personen, Gruppen und das ganze politische System
zum Lernen anhält (‚Responsivität und Umweltanpassung‘),
und auf diese Weise die Chancen steigert, daß ... allgemein verbindliche Regelungen und Entscheidungen
bei realen Problemen ansetzen die ausgeübte Herrschaft als rechtens gilt
(‚Legitimierung durch Entfaltung von Effizienz‘).
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Dosierung von Mehrheitsanforderungen
einfache Mehrheit der Abstimmenden privilegiert gut organisierte Gruppen
absolute Mehrheit der Abstimmungsberechtigten zwingt eine behauptete Mehrheit zum ‚Offenbarungseid‘
Zwei-Drittel-Mehrheit der Abstimmungsberechtigten (Drei-Viertel Mehrheit, Vier-Fünftel-Mehrheit ...) privilegiert in wachsendem Maße Minderheiten und gibt
ihnen leicht nutzbare Veto-Macht Einstimmigkeit
führt zur Herrschaft von Minderheiten über die Mehrheit
Ist eben NICHT der ‚Inbegriff von Demokratie‘!
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Was ist eine ‚gute Ordnung‘ für freie, aufgeklärte Bürger?
Nach allem, was uns die Versuche und Irrtümer von Politik und Politikern in der gut überblickbaren Geschichte des Regierens lehren, ist das ...
ein pluralistisches Systemauf der Grundlage der Vorstellung, das Gemeinwohl
lasse sich am besten a posteriori erkennen,mit schmalem Minimalkonsens und der
Wertschätzung von Konflikt in einem breiten ‚streitigen Sektor‘,
bei dem allgemein verbindliche Regelungen auf der Grundlage des Mehrheitsprinzips getroffen werden.
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Damit sollte klar sein,
wie zwei ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Guten zwei ganz unterschiedliche Typen politischer Systeme nach sich ziehen können
was die Leitgedanken von Pluralismus und eines pluralistischen Staates sind
worin der Minimalkonsens freiheitlicher Verfassungsstaaten besteht
was der Sinn des Mehrheitsprinzips ist
weiter mit: ‚Typen politischer Systeme‘
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Stand der Vorlesung
Recommended