Über Chalkogenolate. 198. Untersuchungen über Polythiocuprate (I) [Cu(Sx)]− 2. Hydrazinium- und...

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Z. anorg. allg. Chcm. 594 (1991) 84-92 ~~

J. A. Bartb, Leipzig

cber Chalkogenolate. 198 [I]

Untersuchungen uber Polythiocuprate (I) [Cu(S,)]- 2. Hydrazinium- und Ethylendiammoniumpolythiocuprate( I) [l]

G. GATTOW" und T. DIWGELDEIN

JIai nz, Institut fur Anorganische Clremie und Analytische Chcmie der Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Die roten Polythiocuprate(1) [H,N--NH,][Cu(S,)] (l), [H,N-NH,] [Cu(S,)] (e), [H,N-C,H~-NH,][Cu(S,)], . 4 H,O (3), [H,N-CC,H,-NH,][Cu(S,)] (4) und [H,N-CC,H,i-NH,],[H3N-CC,H,-NH3][Cu(S,)], (6) wurden durch Umsetzung von Hydrazinium- bzw. Ethylendiammoniumpolysulfiden mit Cu2+-Salzliisungen unter verschiedenen Bedingungen hergostellt und charakterisiert.

In waBrig-alkalischem Medium zersetzen sicli 1-6 in CuS und S. In Gegenwart von Kohlenstoff- disulfid werden vorwicgend CuS, Sxz- und CS,2- neben CS,,- und S,C02- gebildet. Die Existenz des in der Litertitur beschriebonen, eigenstitndigen [C~,CS,]~--1ons konnte nicht bestatigt iverden.

Die in Dimethylformsmid geliisten Polythiocuprate(1) 1-6 zersetzen sich unter Bildung des Rsdikalanions S3-, das danu weiter zcrfallt. Der Zerfall von S,- wurde anhand der Verbindung 5 kinet,isch untersucht; Halbwertszeit des Zerfalls tlIz = 71,5 h bei 20°C.

Das Pentathiocuprot(1) 3 reagiert mit n-Butylchlorid zu deli substituierten Sulfanen (C,H,)$, mit x = 1, 2 und 3.

On Chalcogenolates. 198. Studies on Polythiocuprates(1) [Cu(S,) I-. 2. Hydrazinium and Ethylenediammonium Polythiocupratcs (I)

Abst rac t . The red polythiocuprates(1) 1-5 (formulae see ,,Inhaltsiibersicht") have been pre- parod by reaction of hydrazinium or ethylcnediammonium polysulfides with copper(1I) salts, dis- solved in water, under variable conditions. Their properties are described.

I n aqueous alkaline media 1--5 decompose into CuS and S; in the presence of carbon disulfide CuS, S,", and CS,,- besides CS,,- and S,C02- are formed. The existence of the discreet ion [CU,CS,]~-, described in literature, was not confirmed.

The polythiucuprates(1) 1-5, dissolved im dimethylformamide, decompose via the radical anion S3-. The decomposition of S,- has been studied kinetically by means of compound 6. The half-life of decay of S,- is tlI, = 71.5 ii a t 20°C.

The psntathiocuprate(1) 8 reacts with n-butyl chloride to produce the substituted sulfanes C:4HB)2Sx, where x = 1, 2, and 3.

M'ie wir kurzlich zeigen konnten [l], reagiert NH,[Cu(S,)] nicht mit Kohlen- stoffdisulfid zu dem eigenstiindigen, von PBYROWEL u. Mitarb. [2--41 beschrie- benen [CU,CS,]~--IO~. Unter der Annahme, dal3 das NH,+-Ion zu klein ist, um auf das grol3e Anion stabilisjerend wirken zu konnen, haben wir das Kation linear

G. C: ATTOW 11. T. DINQELDEIW, Hydrazinium- und Ethylendiammoniumpolythiocuprate(I) 85

vergrijnert. Hergestellt wurden Hydrazinium- und Ethylendiammoniumpoly- thiocuprate(1) ; auBerdeni wurden ihre Umsetzungen mit, Kohlenstoffdisnlfid untersucht.

I. Hydraxiniumpolythioeuprato(I)

Nach PEYRONEL u. DE F r r n P o [5] soll bei der Umsetzung von Hydrazinium- polysulfid mit CuSO, in waflriger Losung Hydraziniumbis(tetrathiocuprat (I)) [H,N--NH,][Cu(S,)], entstehen ; jsoliert wurden das Di- und Tetrahydrat. I n Gegenwart von CS, soll sich [H,N-NH,][Cu,CS,] xH,O mit x = 2 und 4 bilden. Trotz strenger EinhalDung der Versuchsbedingungen sowie auch unter Variation der Hedingungen kiinnen diese Ergebnisse nicht bestatigt werden. Wir erhielten in allen Fallen das Mono(tetrathiocuprat(1)) [H,N--NH,][Cu(S,)] (1) und bei Erhijhung der CS,-Konzentration ttuch da,s Mono(pentathiocuprat(1)) [H,N--NH,I[Cu(S,)I (2).

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g A. Nach [5] IaiDt man bei 5°C in 100 g 30%iger Hydraziniummono- liydroxidliisung 10,d g H,S absorbieren. In dieser Losung werden bei 60°C 11,5 g Schwefel aufgelost und anschlieSend bei 20°C 32 em3 einer 1 M wallrigen CuS0,-Losung zugegeben. Nach Filtration von ausgefallenem CuS und Schwefel lrristallisieren aus der Losung bei 20°C innerhnlb von einigen Tagen dunkelrote Nadeln, die rnit Wasser, Alkohol und CS, gewnschen werden. Aufbewahrung im Exsikkator iiber KOH. Ausbeute von 1 etwa 90% der Theorie, bezogen aof die eingesetzte Menge an CUSO,.

Vcrsuchsdurchf i ihrung B. Wie A, jedoch wird nach dem Abtrennen von CuS und Sohlvefel cl:is Piltrat nach 151 mit der vierfachen Volumenmenge an Dioxan versetzt. Danach erfolgt eine Rc- duzierung der dioxanhaltigen Losung bei 30°C in einem Rotationsverdampfer auf etwa 4/5 des An- fmgsvolumens, wobei das Zweiphasensystem in ein Einphasensystem iibergeht. Nach Bildung roter Kristalle wird noch weiter eingeengt, wobei weille Kristalle (Hydraziniumpolysulfid, in Wasser 18slich) mit, ausfdlen. Waschen der Substanz mit Wasser, Alkohol und CS,. Ausbeute etwa 14% 1.

Versuchsdurehfu h r u n g C. Zu der nitch *4 hergestellte Hydraziniumpolysulfidlosung werden nach [5] bei 20°C 1,5 cm3 CS, tropfenweise unter Schiitteln hinzugefiigt (MolverhLltnis CUSO,~:CY, =

I: 0,5). Dazu werden bei 20.C 48 em3 einer 1 M CuS0,-Losung gegeben, wobei sich das CS, lost. Xach Filtration von GUS rind Schwefel bilden sich aus der roten Losung bei 20°C nach einiger Zeit rot'e, nadelformige Kristalle, die mit Wasser, Alkohol und CS, gewaschen werden. Ausbeute etwa 3W" 1.

Versuchsdurc hfii h r u n g D. In die naeh A hergest,ellte Hydraziniumpolysulfidlosung werden bei 20°C 7 em3 einer 1 M CuSO,-Losung gegeben. Nach Filtration werden zum Filtrat die vierfache Volumenmenge an Dioxan und anschliefiend bei 20°C 1 em3 CS, hinzugefugt, wobei es zu einer Vcr- tiefimg der roten Parbe kommt. Nach einigen Tagen bilden sich bei 10°C rote Nadeln nnd weille Kristalle (Hydraziniumpolysulfid), die rnit Wasser, Ethanol und CS, behandelt werden. Ausbeute etwa 64% 1.

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g E. Wie C, die CS,-Menge wird jedocli nuf das Dreihche (4,h cm3) erhoht (Xolverhaltnis CuSO,:CS, = 1: 1,5). Aunerdcm wird vor Zugabe der CuS0,-Losung 80 inin bei 20°C kraftig gertihrt. Nach Filtration von CuS und Schwefel bilden sich rote Kristidle, die nach 3 d Stehen abgesaugt und mit Wasser, Ethanol und CS, gewaschen werden. Unter diesen Bedingungen entsteht das Mono(pentathiocuprat(1)) 3. Ausbeute etwa .57(, 2 der Theorie, bezogen auf die einge- sztzte Menge an CuSO,.

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Tabelle 1 thiocuprate( I)

Analysenwrrte") der unter verschiedenen Bedingungen hergestellten Hydraziniumpoly-

VersuchsdurchfuhrungD) "/o c u 04 s % N % H

A P7,3 SG,5 12,2 2 , l R " , G 63,l 12,4 2,3 C 27,o 67,4 12,l 2,2 D ",2 62,7 12,4 2,% 1 [H,N-NH,][Cu(S,)] ber. %,3 57,o 12,6 2,'L

E 2 4 4 60,7 10,9 1,s 2 [H,N--NH,][Cu(S,)] ber. 2 4 7 G0,3 1o,9 1,s ") Annlysenmethode bei [l]. b, Nahere Einzelheiten s. Text.

Der Tab. 1 ist zu entnehmen, da13 in keinem Fall die von PEVEONEL u. DE FILIPPO [5] beschriebenen Verbindungen entstanden sind. Bei genauer Ein- haltung der Versuchsbedingungen von [5] entsteht nur das Mono(tetrathio- cuprat(1)) 1. Bei einem dreifachen molaren UberschulS an Kohlenstoffdisulfid iiber die theoretisch notwendige Menge wurde das Mono(pentathi0cuprat (I)) 2 isoliert. I n keiner Verbindung konnte, entgegen den Angaben von [5], Kristallwasser nachgewiesen werden. Wie auch bei analogen Versuchen mit Arnmoniumtetra- thiocuprat(1) [I] konnte eine Verbindung mit dem Anion [Cu,CS7I2- nicht er- halten werden. - Beschreibung der Eigenschaften von 1 und 2 s. Kapitel 111.

11. Ethylendiammoniumpolythiocuprate(1)

Rei der Dsrstellung von Ethyleiidiitmmoniumpolythiocupraten(1) kommt es nach PEVRONEL u. Mitarh. [ G I , je nach den molaren Mengen der eingesetzten Stoffe, zur Ausbildung verschiedener Endprodukte : [H,N-C,H,-NH,],[Cu(S,) ],(S,) * 4 H,O (die Bildung eines Pentathiocuprats(1) konnte von [6] nicht ausgeschlossen werden) , [H,N-CC,H4-NH,][Cu(S4)] * 2 H,O und [H,N-C,H4 - NH,],[H,N-C,H,--NH,][Cu(S,)],. Das bei der Umsetzung in Gegenwart von Kohlenstoffdisulfid entstehende Produkt wurde von den Autoren [ 61 als [ H,N - C2H4 --NH,],[Cu,CS,] beschriehen.

Diese Ergebnisse konnen, trotz strenger Einhaltung dsr Versuchsbedingungen, nicht bestatigt werden. Wie erhielten in allen Fallen das Bis(pentathiocuprat(1)) [H,N-C,H,-NH,][Cu(S,)], * 4 H,O (3), dessen Zusammensetzung eindeutig durch chemische Analyse und Rontgenstrukturanalyse [ 71 gesichert werden konnte. Wird die Schwefelmenge bei der Darstellung reduziert, dann entstehen die Tet rathiocu prate( I) [H ,N- C2H4- NH,][Cu( S,) ] (4) und [H,N-C2H,-NH,],[H,N-C,H,-NH,I[Cu(S,)I, (5 ) , wobei letztere Verbindung formelmiiSig identisch ist mit der von [ 61 beschriebenen Substanz. Ein CS,- Insei tionsprodukt konnte nicht isoliert werden.

G. GATTOW 11. T. DINGELDEIN, HydrAzinium- und Ethylendiammoniumpolythiocuprrte(1) 87

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g F. Nach [R] werden in 70g Ethylendiamin-Monohydrat und275 cm3 H,O bei 0°C 42 g H,S eingeleitet. Zu dieser Losung werden bei 60°C 49 g Schwefel gegeben und auf- gelost. Nach Zugabe von 130 om3 eincr 1 M CuS0,-Losung bei 20°C wird vom gebildeten schwarzen Niederschlag (CaS) abfiltriert und das Filtrat bei 20°C stchen gclassen. Mach einigen Tagen beginrirn orangerot,e Nadeln gemisoht rnit gelblichen Kristallen (Ethylendiammoniumpolysulfid, wasser- loslich) auszufallen. Nach drei Wochen wird die Substanz abgesaugt und rnit warmem Wasser, Alkohol und CS, gewaschen. Ausbeute etwa 4% 3 der Theorie, bezogen auf die eibgesetzte Menge an CuSO,.

Versuchsdurchfuhrung G. Ansatz wie F, es werden nach [GI bei 0°C jedoch nur 13 g H,S absorbiert und bei G0"C 49 g Schwefel aufgelost. Nach Zugabe von 260 cm3 einer 1 M CuSO,-Liisung bei 20'C wird von ausgefallenem CuS abfiltriert und das Filtrat bei 20°C stPhengelassen. Nach einigen Tagen kristallisisren orangerote Nadeln und gelbliche Kristalle (s. F) aus, die abgesaugt und wie unter F beschrieben behandelt werden. Ausbeute etwa 1-2% 3.

Versuchsdurchfuhrung H. Nach [6] werden 70 g Ethylendiamin-Monohydrat mit 170 om3 H,O verdunnt, bei 0°C 34 g H,S absorbiert und anschlieBend bei 20°C 38,4 g Schwefel zugesetzt. Zu 300 cm3 der Polysulfidlosung werden bei 20°C 200 cm3 einer 1 M CuS0,-Losung gegeben. Das ent- standene CuS wird schnell abfiltriert und die Losung bei 20°C sich selbst uberlassen. Bereits nach einigen Stunden kristallisieren orangerote Nadeln aus, die bei 20°C im Laufe der Zeit zu groBen nadelformigen Kristallen wachsen. Nach 1 2 Wochen wird abgesaugt. Die Substanz, die noch gelbe Kristalle von wasserloslichem Ethylendiammoniumpolysulfid enthdt, wird mit warmem Wasser, Alkohol und CS, gewaschen. Ausbeute etwil 2-3% 3.

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g I. Nach [GI wcrden in einc Losung von 140 g Ethylendiamin-Mono- hydrat in 280 em3 H,O bei 20°C 68 g H,S absorbiert und bei gleicher Temperatur 77 g Schwefel mfgelost. AnschlieBentl werden zu 200 cm3 dieser Losung bei 20°C 2,5 om3 CS, und 80 om3 einer 1 M CuS0,-Losung gegeben. Der schwarze Pu'iederschlag wird abfiltriert und das Filtrat bei 20°C stehengelassen. Innerhalb einiger Tage kristallisieren orangerote Nadeln und gelbe Kristalle (s. F) aus, die nach Abtrennung mit warmem Wasser, Ethanol und CS, gewaschen werden. Ausbeute 7-8% 3.

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g J. Nach Abtrennen der orangeroten Kristalle von 3 in Versuch I lLSt man die Mutterlauge noch einige Monate bei 20°C stehcn, wobei leuchtend rote Kristalle von 4 ausfallrn. Isolation der Kristalle nach drei Monaten, sie werden rnit warmem Wasser, Ethanol und CS, behandelt. Ausbeute etwa 1-2% 4.

VersucheI und J zeigen, da13 nach Reduktion der Schwefelmenge durch Ausfall des Pentathiocuprats(1) 3 das Tetrathiocuprat(1) 4 entsteht. Da es nicht gelang, das Tetrathiocuprat(1) 6 nach der Vorschrift von [ G I herzustellen (Ver- such F), wurde die eingesetzte Schwefelmenge auf etwa die Halfte reduziert.

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g K. In 60 g Ethylendiamin-Monohydrat und 276 em3 H,O werden bei 0°C 42 g H,S eingeleitet und anschlieBend bei 60°C 42 g Schwefcl aufgelost. Nach Zugabe von 130 em3 eincr 1 M CuS0,-Losung bei 20°C fallt ein schwarzer Niedersclilag (CuS) aus, der abfiltriert wird. Am dem Filtrat kristallisieren nach einigen Stunden ziegelrote Nadeln aus. Ausbeute etwa 4--.5% 6, bezogen auf die eingesetzte Menge in CuSO,.

Tab. 2 gibt die Analysenworte der nach verschiedenen Methoden erhaltenen Verbindungen wieder. Achtet man auf die genaue Einhaltung der Versuchsbedin- gungen, dann bilden sich nicht die von PEYRONEL u. Mitarb. [6] beschriebenen Tetrathiocuprate(1). Vielmehr entsteht nur, auch in Gegenwart von Kohlenstoff- disulfid, das Tetrahydrat von Ethylendiammoniumbis(pentathiocuprat(1)) 3. Die Tetrathiocuprate( I) 4 und 5 werden beim Vorliegen der Molenverhaltnisse

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CuSO,: S = I : <4,5 und Ethylendiamin: S = 1 : 0,6- 1 erhalten. Die Existenz einer Verbindung mit dem Anion [CU,CS,]~- konnte entgegen den Angaben von [6] nicht bestatigt werden.

Tabelle 2 niiimpolythionuprate(1)

Analysenwertea) der untcr t erschiedenen Bedingungen hergestellten E t h ylendiammo-

F 20,5 55,2 4,9 3,O 4,l G 21,b 54,s 4,7 2,4 4,5 H 21,O 56,G 4,8 3,3 4,G I 22,o 53,G 4,s "7 4J 3 [H3N-CC,H4-KH3][Cii(S,)], . 4 H,O ber. 21,s 55,l 4,s 2,4 4,l

J 4 [H3N-C2H,-NH,][Cu(S,)] ber.

2 4 7 4 9 3 1O,9 3,G 9,5 "3,l 50,G 11,l 3,3 9,5

K 2G,4 53,2 8,2 3,l 7,2 5 [H3N-CC,H,-NH,],[H3N-CC,H,-"H3][Cu(S,)], ber. 26,s 53,7 8,s 2,9 7,G

") Analysenmethode bei [l]. b, Nahere Einzelheiten s. Text.

111. Eigenschaften der Polythiocuprate(1) 1-5 Die Polythiocuprate(1) 1-5 fallen bei der Herstellung kristallin in Form

kleiner Nadeln an, ihre Farben und Dichten sind in Tab. 3 zusammengestellt. Die Hydraziniumverbindungen 1 und 2 konnen monatelang ohne Zersetzung uber KOH bei 20"C, die Ethylendiammoniumverbindungen 3, 4 und 5 bei 10°C auf- bewahrt werden. Keim Erhitzen zersetzen sich 1-5 ab 80°C kontinuierlich unter Bildung von CuS, NH,[Cu(S,)] zerfallt erst oberhalb 1 O O O C [8].

Tabelle 3 und von NH,[Cu(S,)]

Farben, Dichten und molare Extinktionslroeffizienten e400 der Polythiocuprate(1) 1-5

Verbindung Farbe Dichte di0 E~~~

[g/cm3] [l.mol-l.cm-l]

1 [H,N--NH,I[Cu(S,)I dunkelrot 1,G7 1 , io . 103

3 [H,N~-C,H,--NH,][Cu(S,)], . 4 HZO orangerot ",03 . 103 4 [H,N--,H,--H,I[Cu(S,)I leuchtend rot 1,76 i , i 4 . 103

-NH,[Cu(S,)I 81 rot 2 3 3 i , ~ . 103

9 [H3N-NHz][Cu(Sj)] lruchtend rot 1,s 8,G5 ' 10,

5 [H3N-CCZH4-NHB]2[H3N-C2H4-NH31[Cu(S,)], zirgelrot 1,7 2,88 . lo3

In den In f r a ro t spek t r en (Bereich 4OCO--400 cm-l, KBr-PreBlinge) treten sowohl bei den Totrathimupraten( 1) als auch bei den Pentathiocupraten(1) be- zuglich des [Cu(S,)]--Ions die v(S- S) -Sch wingungen bei folgenden Wellenzahlen auf: 1 450, 2 460,3 445,4 441 und 6 440 cm-l.

G. GATTOW u. T. DINBELDEIN, Hydrazinium- und Ethylendiammoniumpolythiocuprate(1) 89

R a m a n - S p e k t r e n (Anregung mit Ar-Laser, 633 nm, Meisbereich 550 bis 50 om-1) wurden von den Ethylendiammoniumverbindungen 3 und 5 nngefertigt. Das jewcilige Anion zeigt Absorptionen mit Maxima bei (in cm-l)

8 [Cu(S,)I- 473 w 451 m 290 vw -272 w-ni 119 m 133 m 127 w 85 w

171 w " 6 8 w 145 w

95 w 68 v\v

Ziiordnnng

V(S- S)

v(Cu -S)

Aus der Kenntnis der Kristallstruktur des Pentathiocuprats(1) 3, uber die ge- trennt berichtet wird [ 71, wurden als Folge der drei sich relevant unterscheidenden Cu-S-Abstande auch drei v(Cu-S) -Schwingimgen cles CuS,-Tetraeders erwartet, die auch registriert werden. Die Anwesenheit der heiden v(S - 8) -Schwingungen ist ebenfalls erklarbar, obwohl man in Einklang mit der Struktur das Auftreten mehrerer Banden erwarten konnte.

1. V e r h n l t e n i n waisr ig-alkal ischem Medium Die Polythiocuprate(1) 1-5 sind in Wasser praktisch nicht loslich, mit Sauren

tritt Zersetzung ein. In verdunnten Laugen, z. R. NaOH, sind sie mit oranger Farbe loslich, aber auch hier findet innerhalb einer Stunde Zerfall in CuS' und Schwefel statt ; in NH,OH gelost tritt innerhalh von Minuten Zersetzung ein.

Tn den Elektronenabsorptionsspektren (Spektrometer Leitz DM4) der in 0,05 N NaOH gelosten Hydraziniumsalze 1, 2 bzw. in 0 , l N NaOH gelosten Ethylendiammoniumsalze 3-5 tritt bei 20 O C ein Extinktionsmaximum bei 220 nm mit kontinuierlicher Extinktionsabnahme bis etwa 550 nm auf. Aus meI3tech- nischen Grunden war eine Bestimmung der molaren Extinktionskoeffizienten nicht mdplich. Um einen Vergleich zu haben, wurden sie bei 400 nm ermittelt (s. Tab. 3 ) . - Die Spektren von 1--5 sind identisch mit dem von NH,[Cu(S,)]

In verdunnter Natronlauge gelost liegen sowohl die Tetrathiocuprate(1) 1, 4 und 5 als such die Pentathiocuprate(1) 2 und 3, unabhangig von der Art des Kations, primar in dissoziierter Form vor. Die Polythiocuprat(1) -1onen zersetzen sich langsam (Pentathiocuprate(1) schneller als die Tetrathioverbindungen) unter Ausfall von CuS und Schwefel nach

UI.

~ ~ c ~ ( R , ) I - -+ -2 cus -1 s,2-,

[CU(S, ) I - + [Cn(S,)I- + s, L"Cu(S4)]- -+ 2 cus + s,2-,

s,2- + (x-1) s + SZ-.

Die Absorption bei 220 nm wird von den Polythiocuprat(1)-Tonen und von Poly- sulfidionen S12- hervorgerufen.

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Der Beweis des Vorliegens von Polythiocuprat(1)-Ionen konnte auch durch schnelle Abfang- reaktionen rnit &+-Ionen erbracht wcrden (Ausfall von schwerloslichem Caesiumtetrathiocuprat(1)) :

cs+ + [Cu(S,)]- -+ Cs[Ca(S,)],

Csf + [Cn(S5)]- -+ Cs[Cu(S,)] + s.

2 . V e r h a l t e n i n walSrig-alkalischem Medium i n Gegenwar t v o n Kohlens tof fd isu l f i d

Die in verdunnter Natronlauge gelosten Tetrathiocuprate(1) 1 , 4 , 5 und Penta- thiocuprate(1) 2, 3 besitzen eine orange Farbe. Hei Zugabe von Kohlenstoff- disulfid tritt eine starlie Farbvertiefung (rubinrot) ein. Urn diesen Sefnnd zu klaren, wurden die Bnderungen der Elektronenabsorptionsspektren (Spektrometer Shimadazu V160) beziiglich Extinktion und Wellenlange als Funktion der Zeit (bis zu 2,3 h) bei 2OoC untersucht.

Beschreibung der Versuchsdurchfuhrungen bei [I], dort auch ausfuhrliche Dislcussion der Er- gebnisse mit Literaturhinweisen.

Die Elektronenabsorptionsspektren der Polythiocuprate(1) sind nach CS,- Zugabe, unabhangig von der Art des Kations und dem S-Gehalt der Anionen, identisch und stimmen mit dem von NH,[Cu( S,) ] hinsichtlich des zeitlichen Ver- laufs der Extinktionen und Wellenlangen innerhalb der MelSgenauigkeit iiberein ; s. dazu Abb. 1 bei [I].

Es werden 4 breite Absorptionsmaxima registriert, die sich folgenden Ionen zuordnen lassen :

um 220nm SX2-, S,C02-, CS,", CS,2-,

um 256nm S,C02-,

um 306 nm S32-, Sk2- , SS2-, CSS2-, CSd2-,

urn 376 nm SLZ- besonders mit x = 4, 6 und eventuell CS302-.

Die starke Farbvertiefung bei der Zugabe von CS, ist mit einer starken Extink- tionserhohung im Bereich urn 220 nm (aber auch um 306 nm) zu erldaren, fur die verschiedene , ,sulfidische" Ionen verantwortlich sind. Es kommt zu keiner neuen, im UV/Vis detektierbaren Reaktion. Die Bildung der Thiocarbonat-Ionen kann alleine auf die Umsetzung von CS, mit SX2--Ionen im alkalischen Bereich zuriick- gefiihrt w-erden; vgl. die ubersicht bei [9].

3. V e r h a l t e n i n D i m e t h y l f o r m a m i d

Die roten Polythiocuprate(1) 1-5 losen aich in Dimethylformamid und Di- methylsulfoxid mit blaugriiner Farbe, die bei 1-4 schnell, bei 5 langsam nach Gelb umschlagt .

vermessen (Spcktrometer Leitz DM4). Die Substanzen wurden in sauerstofffreiem Dimethylformamid unter Ar-Atmosphare bei 20°C

G . GATTOW u. T. DINCELDEIN, Hydrazinium- und Ethylendiammoniumpolythiocuprate(1) 91

Die Elelrtronenabsorptionsspektren der in Dimethylformamid gelosten Polythio- cuprate(1) 1--5 weisen, unabhangig von der Art des Kations und dem S-Gehalt der Anionen, ein Maximum bei 617 nm auf, das fur die blaugrune Farbe verant- wortlich ist. Die Extinktion der Bande nimmt mit der Zeit ab (bei den Tetra- thiooupraten(1) innerhalb einiger Stunden, bei den Pentathiocupraten(1) inner- halb von Sekunden) und eine neue mit Maximum bei 220 nm tritt auf; sie zeigt eine kontinuierliche Extinktionsabnahme bis etwa 450 nm.

Die Absorption bei 617 nm wird, wie auch die beim NH,[Cu(S,)] [l], vom S,--Radikalanion hervorgerufen (2B, t 2A,-Ubergang nach [lo, 1 I]), die mit Maximum bei 220 nm stammt von Polysulfidionen.

t’ber das Entstehen und den Zerfall des Radikalanions S,- bei der Zersetzung von Tetrathio- cupraten(1) in Dimethylformamid vgl. die Diskussion rnit Literatarhinweisen bei [l]. Die Penta- thiocupratc(1) zersetzen sich analog.

Wegen geringen Loslichkeiten und schnellen Zerfalls von 1-4 konnten nur beim Tetrathiocuprat( I) 5 quantitative Messungen durchgefuhrt werden. Der molare Extinktionskoeffizient der Absorption mit Maximum bei 61 7 nm betragt E = 9,95 * lo2 1 * mol-1 em-1 (bezogen auf Ti).

Die Zerfallskinetik des S,--Radikalanions wurde an einer 4,5 . 10-4 M Losung von 5 in Dimethylformamid bei 2OoC im Zeitraum 0--20 h untersucht. Die Halbwertszeit der Zersetzung betragt rlj2 = 71,5 h. Der Zerfall erfolgt formal nach dem Geschwindigkeitsgesetz nullter Ordnung mit der Geschwindigkeitskonstanten k -- 3 . 10-6 h-1.

0 -

4. U m s e t z u n g m i t Alkylha logeniden

Die Alkylierung des Pentathiocuprats( I) 3 wurde anhand der Umsetzung mit n-Butylbromid untersucht ; zur Versuchsdurchfuhrung s. [I]. Dunnschicht- chromatographisch konnte bewiesen werden, da15 auch hier Dibutylmonosulfan, -disulfan und -trisulfan im Gemisch entstehen.

Fur die Unterstutzung der vorliegenden Arbeit danken wir sehr dem Fonds der Chemischen Industrie.

Literatiir [l] 197. bzw. 1. Mitteilung: GATTOW, G.; DINGELDEIN, T.: Z. anorg. allg. Chem. 690 (1990) 127. [?I PEYRONEL, C.; DE FILIPPO, D.: Gazz. Chim. Itsl. 8!) (1959) 1575. [3] DE FILIPPO, D.; PRETI, C.; PEYRONEL, G.; MARCOTRIGIANO, G.: Ric. Sci., Parte 11, Sez. A(2),

141 DE FILIPPO, D.; PEYI~ONEL, G.; PRETI, C.; MARCOTRIGIANO, G.: Ric. Sci., Parte 11, Sez. A(”),

[5] PEYROSEL, G.; DE FILIPPO, D.: Gazz. Chim. Ital. UU ( 1 9 0 ) 256.

6 (1964) 411.

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Bei der Redaktion eingegangen am 11. Juni 1990.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW, Dip1.-Chem. T. DIXCELDEIN, Inst. f. Anorg. Chcmie 11.

Snnlyt. Chemie d. Univ., JoliAnn-Joachim-Beeher-~~~~g 24, D-6500 Mainz

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