Ueber das Quecksilberoxycyanid

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280 E. Rupp u. S. Goy: Quecksilberoxycyanid.

Ueber g uecksilber oxy c y anid. Von E. R u p p und S . G o y .

111. Nitteilung.

(Eingegangen den 29. IV. 1912.)

Umsetzung mit Sauren. M e r c u r i c y a n i d s u 1 f a t : HgCy,.HgS0,.5 H,O.

Quecksilberoxycyanid wird von verdunnter Schwefelsiiure leiclit gelost. Beim Einengen der Losung ohne Anwendung von Warme erhblt man derbe seidenglanzende Yadeln, welche in der Wiirme verwittern und im Wasser unter Abscheidung von basischem Mercurisulfat teilweise in Losunq gehen. Es liegt eine Doppel- verbindung von Mercurisulfat und Cyanid vor, \vie sie auch durch Zusammenkrystallisieren der Komponenten gewonnen wird.

Eine Losung von 7 g Oxycyanid in 20 ccm 100/,iger Schwefel- siiure wurde nach dem Filtrieren im Vakuumexsikkator auf die Halfte eingedunstet. Die abgeschiedenen Krystalle wurden, da sie sich rnit Wasser gelb farbten, mit verdunnter Rssigsiiure gewaschen und an der Luft getrocknet.

0,2388 g erforderten bei der jodometrischcn Cyanbestiniinung 14,7 ccm n/,o J.

0,574 g lieferten 0,4168 g HgS, 0,5407 g = 0,394 g HgS. 0,6387 g Substanz verloren bei looo an Gewicht 0,099 g.

Cy 8,02 8,150/, Hg 62,62-62,81 62,7% H,O 14,47 1491%

Der beim Behandeln der Krystalle mit Wasser oder beim Losen von Quecksilberoxycyanid in einer ungenugenden Menge von Schwefel- &ure entstehende gelbe Bodenkarper erwies sich qualitativ als cyanfrei. Die Quecksilberbestimmung in abfiltrierten und getrockneten Proben derselben ergab 82,6% Hg (0,3618 g Suhstanz = 0,3473 g HgS).

Der berechnetc Quecksilborgehalt fur T q e t , HgSO,. 2 HgO, belauft sich auf 82,43%.

Die vom Bodenkorper abfiltrierte Losung lieferte beim Ein- engen im Vakuumexsikkator die charakteristischen Xadeln des Queck- silbercyanids, die sich ebensowohl qualitativ wie durch eine jodo- metrische Cyanbestimmung als solches zu erkennen gaben.

Berechnet fur HgCy, = 20,640/.

Gef unden : Berechnet fur HgCy, . HgSO, . 5 H,O :

0,196 g erforderten 31,12 ccm n/," .J = 20,7% Cy.

E. I t u p p u. S. Goy: Quecksilberoxycyanid. 28 1

Quecksilberoxycya,nid setzt sich also init verduririter Schwefel- saure zu einem mit 5 Mol. Wasser krystallisierenden Mcrcuricyanid- sulfat um:

HgCy,.HgO + H,S04 = HgCy,.HgSO, + H,O. Durch Wasser wird dasselbe unter Bildung basischen Sulfats

(l'urpet) zerlegt. 3 HgCy,HgSO, + H,O = 3 HgCy, + HgSO,. 2 HgO + 2 H,SO,.

Durch heil3e oder konzentrierte Sliuren wird das Cyanidsulfat in dcr fur Quecksilbercyanid charakteristischen Weise unter Abspeltung von Cyanwasserstoff mehr oder weniger vollstandig zerlegt. Dasselbe Mercuricyanidsulfat erhalt man durch Krystallisation aquimolarer Mengen von Quecksilbercyanid und Sulfat aus verdunnt,er schwefel- saurer Losung. Die Zusammensetzung des Doppelsalzes bleibt die- selbe, gleichgiiltig, ob die eine oder andere Komponente im Ueber- schul3 ist.

10 g Mercurisulfat (1/30 Mol.) und 8,4 g Quecksilbercyanid (1/30 Mol.) wurden in 20 ccm 7yoiger Schwefelsaure gelost. Aus der filtrierten Losung schieden sich nach dem Einengen 10 g derbe, silberglanzende Nadeln aus, welche sich mit Wasser gelb farbten und darum mit verdunntcr Essigsaure gewaschen wurden. Die lufttrockene Subst.anz lieferte auf HgCy,. HgSO,. 5 H,O berechnet, folgende Analysenwerte:

Jod = 8,0l% Cy, berechnct 8,150/,. 0,1982 g = 12,2 ccm 0,5192 g = 0,378 g HgS = 62,88% Hg, berechnet 62,7%. 2,3572 g = 0,3439 g Gewichtsverlust bei looo = 14.59% H,O,

berechnet 14,1y0. Aus einer Losung von 1 Mol. Cyanid und 2 Mol. Sulfat krystalli-

sierte dasselbe Cyanidsulfat neben reichlichen Krystallwarzen un- veranderten Sulfats aus.

0,434 g Cyanidsulfat ergeben 0,1672 g BaSO, = 15,8y0 SO,, bermhnet fur HgCy,.HgS04.5 H,O = 15,05%, berechnet fur HgCy,. 2 HgSO, = 28,64y0.

M e r c u r i c y a n i d n i t r a t : HgCy,.Hg(N0,)2.

Durch Salpetersiiure wird Quecksilberoxycyanid leicht gelost. Beim Eintrocknen der Losung erhalt man eine einheit,liche Krystalli- sation farbloser Lamellen. Dieselben sind in Wasser sehr leicht (1 = 1) und ohne hydrolytische Spaltung loslich. Ini Gluhrohr erhitzt, verpuffen die Krystalle unter Zurucklassung von Paracyan und Entwickelung von Stickoxyden, entsprechend den Komponenten Mercuricyanid und Nitrat :

HgCy,.HgO + 2 HNO, = HgCy2.Hg(N0,)2 + H20. Mit Jodkaliumlosung behandelt, scheidet das Doppelsalz rotes

Quecksilberjodid ab, das bei Alkalijodidiiberschu13 nieder in Losung geht. Ails der einpeengt,en Losung lassen sich zunschst die friiher

282 E. Rubp u. S. Goy: Quecksilberoxycyanid.

beschriebenen atlasschimrnernden Bliittchen des durch seine SSiure- empfindlichkeit charakterisierten Quecksilbercyanidjodid - Cyan- kaliums isolieren. Bei weiterem Eindampfen erhalt man gelbliche Krystallnadeln von Quecksilberjodidjodkalium, loicht erkennbar daran, daB sie durch vie1 Wasser unter Abscheidung von Queck- silberjodid zerlegt werden. Das Mercuricyanidnitrat reagiert also mit Jodkalium genau so, wie die Einzelkomponenten reagieren wiirden.

2 HgCy, . Hg(N03)2 + 10 K J = HgCy,. HgJ,.2 KCy + 2 K2HgJ, + 4 KNO,.

Dasselbe hijchst wasserlosliche Cyannitrat wird auch durch Zusammenkrystallisieren von Mercuricyanid und Mercurinitrat erhalten.

Die filtrierte Losung von 5 g Oxycyanid in 25 ccm 5%iger Salpetersaure wurde im Vakuumexsikkator fast bis zur Trocknc ab- gedunstet und das Abvcheidungsprodukt aus Wasser umkrystallisiert. Die exsikkatortrockenen Blattchen wurden analysiert und der Befund auf HgCy, , Hg(NO,)* berechnet.

0,4233 g erforderten 14,85 n/lo HCI = 9,0% Cy, berechnet 9,03%'). 0,462 g lieferten 0,3715 g HgS = 69,31y0 Hg, berechnst 69,45%. Zur Darstellung aus den Komponenten wurden 6,5 g Morcuri-

nitrat (1/60 Mol.) und 5 g Mercuricyanid (1/60 Mol.) in 50 ccm salpeter- saurem Wasser gelost und eingeengt. Dic Ausbeute von 10,5 g be- stand vor wie nach dem Umkrystallisieren aus denselben farblosen Krystallblattchen, wie sie auch aus Oxycyanid erhalten wurden.

0,1811 g Substanz erforderten 6,25 ccm n/10 HCI = 8,97y0 Cy, berechnet 9,03%.

0,7482 g lieferten 0,6023 g HgS = 69,4% Hg, berechnet 69,44y0.

M e r c u r i c y a n i d a c e t a t : HgCy,.CH,.COO, CH3.COO\Hg*

Feine weiBe Niidelchen, die sich aus einer heiDen Losung von Quecksilberoxycyanid in Eisessig bcim Erkalten abscheiden. Im Gliihrohrchen unter Bildung eines Quecksilberspiegels und kohliger Massen ohne Verpuffung zersetzlich.

Durch Wasser wird das Doppelsalz in seine Kornponenten zerlegt. Engt man die wasserige Losung im Vakuumexsikkator ein, so erhalt man nebeneinander die typischen Quecksilbercyanidspiefie und kleinbliitterig krystallisicrtes Mercuriacetat.

l) Titration nach Jodkaliumzusatz mit Methylorange als In- Jodometrisch von wegen des Nitrations nicht durchfuhrbar. dikator.

E. R u p p u. 8. Goy: Quecksilberosycyanid. 283

Krystallisicrt man die Komponenten zusammen aus heiBer Eisessiglosung, so erhalt man die echte Doppelverbindung in der beschriebenen iiuRerst feinnadeligen Form.

lost. Ton abgepreot und an der Luft getrocknet wurden.

D u m a s ermitte1t.l). ( CH,COO)SHg.

berechnet 4,91 yo.

5 g Oxycyanid wurden in 20 ccm siedend heiaem Eisessig ge- Beim Erkalten schieden sich 6 g feiner Niidelchen ab, die auf

Der Cyangehalt wurde durch e k e Stickstoffbestimmung nach Die Berechnungen beziehen sich auf HgCy,.

0,85 g = 19,4 ccm Stickstoff bei T. 17O und B. 745 mm = 4,99y0 N,

0,3 g = 0,244 g HgS = 70,11y0 Hg, berechnet 70,18y0.

V e r b r e n n u n g i n l a n g v o r s t o o e n d e m R o h r : 0,4637 g = 0,0438 g H,O = 1,057% H, berechnet 1,053y0. 0,4637 g = 0,2104 g CO, = 12,37y0 C, berechnet 12,63%. 5 g Mercuricyanid und 6,3 g Mercuriacetat wurden in 25 ccm

siedendem Eisessig gelost. Die beim Erkalten abgeschiedenen und ge- trockneten Nadelchen waren identisch mit obigem Produkte und lieferten bei der Analyse aus 0,4327 g Substanz 0,3519 g HgS = 70,260," Hg. berechnet 70,18y0.

M e r c u r i c y a n i d f o r m i a t : HgCy, .Hecoo, .C0O,Hg.

Analog dem Cyanidacetat aus Oxycyanid oder den Kom- pnenten und wasserfreier Ameisensiiure erhaltlich. Vierkantige, hiiufig parallel verzwillingte Siiulen von geringer Bestiindigkeit. Fiirben sicli selir bald grau bis schwarz. Dieselbe Reduktions- erscheinung tritt in Liisungen des Doppelsalzes bei Temperaturen iiber 70° auf. Wasser spaltet das Doppelsalz in seine Komponenten, die beirn Verdunsten der kalten Losung im Vakuumexsikkator einzeln auskrystallisieren.

In 20 ccm wasserfreie Ameisensiiure wurden bei 60° 3 g Oxy- cyanid eingetragen. Die beirn Abdunsten der filtrierten Losung im Iialteexsikkator abgeschiedenen Krystalle wurden auf Ton getrocknet und slsbald analysiert.

0,5051 g lieferten 24,6 ccm Stickstoff bei T. 17O und B. 748 mm = 5,0676 N, berechnet 0,17o/p.

0,4811 g lieferten 0,4105 g HgS = 7335% Hg, berechnet 73,79%.

Die Berechnungen bezogen sich auf HgCy, . H: COO>Hg.

Zur Herstellung des Cyanidformiates aus den Komponenten wurde je 1/20 Mol. gefalltes Quecksilberoxyd und Quecksilbercyanid in uber-

1) Spuren vorhandenen Mercuroacetats lassen die jodometrische

H COO

Bestimmung et.was zu hoch ausfallen.

284 E. Rupp u. S. Goy: Quecksilberoxycyanid.

schussige Ameisensaure eingetragen und die bei 60° filtrierte Losung im Kdkexsikkator eingeengt. Die erhaltenen Kryatalle zeigten durch- a u s die oben beschriebenen Eigenschaften.

0,4507 g lieferten bei T. = 17O, B. 741 inm 20,s ccin Stickstoff = .5,31y0 X, berechnet .5,167&.

0,4337 g liefcrten 0,3728 g HgS = 74,080/, Hg, berechnet 73,8y0.

COO Q u e c k s i 1 b e r c y a n i d o x a l a t : HgCyz.COO>Hg.

Mikrokrystalliner, in Wasser und Alkohol unlijslicher Korper. Aus Oxycyanid und wasserfreier Oxalsaurelosung herstellbar. Wird durch Wasser in Quecksilbereyanid und unlosliches Mercurioxalat, gespaltcn.

5 g Osycyanid (l/so 3101.) wurden niit einer alkoholischen Losung von 2 g Oxalsaure 3101.) feinstens zerrieben. Das kleinkrystalline Reaktionsprodukt wurde zur Entfernung etwa abgespaltenen Queck- silbercyanids mit verdunntem Alkohol gewaschen und getrocknet.

Berechnet fur HgCy, . C007Hg, lieferten 0,3 g = 0,2606 g HgS

= 74,9% Hg, berechnet 74,10/,. 0,5 g lieferten bei R. 733 mm und T. 12,6O = 22 ccm Stickstoff

= 5,llyh N, berechnet 5,lS:A. Dieselbe Oxycyanid- und Ositlsaurernenge wie obcn in wlisseriger

Losung miteinander vereinigt, lieferten einen nichtkrystallinen Nieder- schlag, der cyanfrei war und nach der Quecksilberbestimmrmg ledig- Iich rsus Rlercurioxalat bestcht.

coo

0,3005 g Substanz ergaben 0,2412 g HgS = 69,31% Hg, be- coo,

rechnet fur I ,Hg = 69,440/,. coo Quecksilberoxycyanid setzt sich also niit wiisseriger Oxalsiiure-

losung zu Mercurioxalat und unverandert bleibendeirr Quecksilber- cyanid urn.

COOH ,ooc Hp\OOC

+ H,O. HgO.HgCy, + I = H&y, + COOH

CHZ . COO \ M e r c u r i c y a n i d s u c c i n a t : HgCy,. I ,Hg . 2 H,O.

CH, .COO BUS Quecksilberoxycyanid und alkoholisclicr Bernsteinsaure-

losung herstellbar. 1-2 nim lange, farblose Prismen, in kaltem Wasser und Alkohol schwer loslich. An der Luft infolge Verwitterung matt werdend. Das Doppelsalz w i d erst bei langerem Kochen mit Wasser in Quecksilbercyanid und unlosliclies Quecksilbersuccinat grspalten.

E. R u p p u. S. Coy : Quecksilheroxycywnid. 4b3

10 g Oxycyanid wurden rriit einer Liisung von 3 g Bernsteinsaurb in wenig Alkohol feinstens zusainmeiigerieberi und der gesainmelte sandig-krystalline Niederschlag RUS heil3em Alkohol umkrystallisiert.

1,41 g erfuhren bei 103O einen Gewichtsverlust von 0,0804 g = 5,7% H,O, berechnet 5,96o/b.

0,3362 g Substam gabcn 0,2589 g HgS = 66,37% Hg, berechnet 66,240,,. M e r c u r i c y a n i d b e n z o a t : HgCy,.c6H,.CO0, C 6 H 5 . C 0 0 \ ~ g .H,o.

AUS Oxycyanid und Benzoesaure in alkoholischer Losung. Schiefe, mehrcre Millimeter lange durchscheinende Prismen, an der Luft verwitternd ; leicht loslich in Alkohol, unloslich in Wasser.

Beim Kochen mit vie1 Wasser tritt Losung ein, beim Erkalten xcheiden sich aber federigc Nadeln von Quecksilberbenzoat ab, es rrfolgt also Spaltung des Doppelsalzcs.

In 50 ccm Alkohol wurdeii 3 g Benzoesaure und 5 g Oxycyanid tJCZW. die entsprechende Menge von Cyanid und gelbem Oxyd ein- getragen. Nach eingetretener Losung wurde cingeengt und das Produkt aus Alkohol umkrystallisiert.

C H COO Bcrechnet fur HgCy, . C6H~COO>Hg. H,O licfert.en: 0,4154 g Substanz 0,271 g HgS = 56,2476 Hg, berechnet 56,1YO,& 0,403g Substanz gaben bei der Verbrennung 0,3961 g C02 =

26,8lyb C, berechiiet 26,970, und 0,0594 g H,O = 1,65o/o H, berechnet 1.69%. Nach D u ni a s verbrannt, liefertcn 0,5 g Substanz hei B. = 747 mm iind 1'. = 17,4O = 17.6 ccin Stickstoff = 4,0776 X, berechnet 3,93?$. 1,7592 g Substanz verloren in1 Vakuiunexsikkator 0,042 g an Gewicht = 2,391/; H,O, berechnet. 2,530;,. Beim Trocknen im Wasser- trockenschrank erfolgte standipe Gewicht,sabnahmc infolge langsanier Zcrsetzung.

Das beim Kochen der Doppelverbindiing mit Wasser in federigen Krystallen abgeschiedene Produkt. wurde aus Chloroform urnkrystallisiert ; es schinolz bei 1690, den1 Schinelzpunkt des Merciiribenzoats urid liefertr in eincr Menge von 0,3338 g analysiert, 0,17.51 g HgS = 45,227& He, berechnet 45,25 S O . A u s den st ark eingeengtcn Blut,t,erlaugen kryst al I i - sicrte Mercuricyanid RIIS.

8 6

Umsetzung von Quecksilberoxycyanid mit Ammonverhindungen. Quecksilbercyanid und Quecksilberoxycyanid zeigen ein auBer-

ordcntlich verschiedenes Vcrhaltcn gegen Ammoniak und Amnion- verbindungen. Losungen des ersteren bleiben damit klar, Oxycyanid- losungen geben Niederschlage, die in einein UeberschuB des Fiillungs- niittels rnehr oder weniger loslicli sind. Pllan glaubte liicrin einfache qualitative Untersclieidungsmerkmale zwischen reinem und cyanid- haltigem Oxycyanid in der Hand zu liaben.

286 E. R u p p u. 8. Goy: Quecksilberoxycyanid.

Die Klarung der anscheinend kompliziertcn Reaktions- verhiiltnisse ergab sich wiederum einfach dahin, daB die Reaktionen des Oxycyanids mit Animoniak und Ammonverbindungen durchaus identisch sind mit jenen eines Gemisches von Quecksilbercyanid und golbem Quecksilberoxyd, das heiBt die Quecksilbercyanid- komponente bleibt unverandert, die basische Komponente liefert die dem Quecksilberoxyd eigentumlichen nicht ganz einlicitlichen Verbindungen des Dimercuriammoniumhydroxyds bezw. Mercuri- ammoniumoxyds.

Hieraus ergibt sich, daB in cyanidhaltigen Oxycyanidlosungen die allein der Oxydkomponente zugehorigen MercuriammonfLllungen in verminderter Menge auftreten tverden. Durch Vergleich ent- sprechender Losungs- bezw. Fallungsprobcn wvird man also in einem Oxycyanidpraparate cinen groBeren Cyanidzusatz qualitativ wohl erkennen konnen. Ein sicheres Kriterium wird jedoch immcr nur die Titration bieten. Auch das von C h i b r e t angegebene Unter- scheidungsmerkmal, daB reines Oxycyanid sich in Jodkaliumlosung farblos, cyanidhaltiges dagegen mit gelblicher Farbe lost, ist kaum verlafilich. Wohl ist das nach unseren Untersuchungen aus Oxy- cyanid und Jodkalium gebildete Quecksilberjodidcyanidcyankalium ganz farblos in Wasser loslich, es l&Bt aber aucli das aus Queck- silbercyanid in Jodkalium entstchende Quecksilberjodidjodkalium nur in ganz konzentrierter Losung einen schwach gelblichen Farbton erkennen .

Eine Oxycyanidlosiing 1 = 10 wurde rnit 1 g Salmiuk versetzt. Der entstandene, farblose und amorphe Niederschlag wurde beim Trocknen hellgelb. Er war cyanfrei, entwickelte rnit h u g e Ammoniak, loste sich in Sauren nur schwer auf und gab beim Glukim einen Quecksilborspiegel. In Jod- kalium lost sich der Niederschlag unter vorubergehender Braunung auf.

Bei Ermittelung des Stickstoffgehalts nach D u m a s lieferten 0,6523g Substanz bei T. = 16,5O und B. = 742mm 19,9 ccm = 3,53% N.

0,4189 g Substanz lieferten 0,4329 g HgS = S9,9So,6 Hg. Die gefundenen Werte liegen zwischon denen der $1 i 1 1 o n’schen Base

0 ~ ~ ~ 7 N H , O H + H,O = 85,570/6 Hg, bzw. deren Chlorid

OLE>VH,CI = 85,57% Hg und dern Mercuriammoniumoxyd

Das Fjltrat der Oxycyanid-Salmiakfallung lieferte beim Ein- engen in reichlicher Nenge Quecksilbercyanid. 0,3725 g desselben gaben bei T. = 17,SO und B. = 748 mm 35,6 ccm N = l l , O S ~ o N, berechnet

0,2687 g gaben 0,2389 g HgS = 79,62% Hg, bcrechnet 79,5:&

0 x y c y a n i d + C h 1 o r a m m o n:

kH::70 TH = 94,72% Hg und 3,32% N.

l l , l y o .

E. Rupp u. S. G o y : Quecksilberoxycyanid. 287

Die Konstitution des Quecksilberoxycyanids

betreffend, waren wir fruher geneigt, der komplexen Formulierung

OYHg cy das Wort zu reden. Uneere Untersuchungen zielten

vielfach dahin, Stutzen fur diese Formel zu erbringen. Es hat sich aber keine Reaktion finden lassen, in der das Quecksilberoxycyanid sich anders verhielte, wie seine Einzelkomponenten. Die einfache Doppelsalzformel HgO . HgCy, bringt das ganze Verhalten des festen Quecksilberoxycyanids durchaus erschopfend zum Ausdruck.

In Beruhrung mit Wasser erfolgt zweifellos Hydratisierung, denn die Losung reagiert deutlich alkalisch, sendet also Hydroxyl- ionen in Losung.

Zur Prufung der MolekulargroBe des gelosten Oxycyanids und zur Entscheidung, ob der HydratisierungsprozeB durch die Gleichung :

\Hg CY

HgCy2*Hgo + H2° = HgCy2*Hg\OH /OH

oder OH HgCy,HgO + H,O = 2Hg/

\CY ausxudrucken ist, hat K. H o 1 d e r m a n n die Gefrierpunkts- erniedrigungen von Oxycyanidlosungen verschiedener Konzentration ermittelt. Hierbci ergaben sich Molekularwerte von 181-225.

Berechnet fur HgCy2.Hg<OH = 468, fur Hg/

des Mercuricyanidacetats in Eisessiglosung ausgefiihrt : S. L. A. >I.

0,2723 g 26,03 0,139O 303,6 0,2838 g 23,05 0,1520 315,3

CH COO

OH OH = 243.

‘CY Wir haben weiterhin noch Molekulargewicht~sbestimmungen

0,3385 g 23,31 0,164O :344,3

Berechnet fur HgCy,. CH3,: COO>Hg = 570.

Berechnet fur gb,. CO07Hg = 285.

Hiernach mochten sowohl dem Oxycyanid, wie seincn Um- setzungsprodukten mit Sauren die halbierten Formeln zuerkannt werden. Zwingende Beweiskraft haben die Befunde jedoch nicht, da sie ebensowohl fur den Fall zutreffen, daR die betreffenden Doppel- verbindungen in Losung in ihre Komponenten dissoziiert sind. Fur die whserigen Losungen der Urnsetzungsprodukte des Oxycyanids

288 E. R u p p u. 8. Goy: Quecksilberoxycyanid.

mit Sauren konnte dies im vorhergehenden mit Sicherheit dar- getan werden und in bczug auf das Oxycyanid crgaben sich keinerlei

Anhaltspunkte fur die Existenz eines der Forniel Hg<oH ent-

sprechenden Quecksilberkomplexes -Hg . Cy.

CY

Hinsichtlich der

Zusammensetzung von Oxycyanidpriiparaten

wurde ehedem von H o 1 d e r m a n n gezeigt, daB alle kaufliclien Produkte Gemische von Oxycyanid niit mehr oder weniger Cyanid waren. Zurzeit ist reines Oxycyanid im Handel wohl erhaltlicli ; es kursieren aber auch Praparate mit einem Zusatz von 50% Cyanid und diese sind, wic uns scheinen will, immer noch die bevorzugten, vermutlich darum, weil sie weit wasserloslicher sind wie reines Oxycyanid (Loslichkeit des Oxycyanids 1 = 100, von Cyanid 1 = 13).

Wir hatten schon friiher darauf hingewiesen, daB die bislang vorliegenden Untersuchungcn iiber dcn antibakteriellen Wert des Quecksilberoxycyanids wohl ausnahmslos rnit unreinen, stark cyanidhaltigen Prkiparaten angestellt worden waren und darum erneute Priifungen an reinem Material dringlich erwiinscht sind. I)a wir uns hierzu selbst riicht zustandig erachteten, haben wir mehrfach Bakteriologen auf diesen Punkt hingewiesen und hoffen, daB von betreffender Seite klarende Arbeiten binnen kurzem er- scheinen werden. Soviel uns hieriiber bislang bekannt geworden, steht es auBer Prage, daB die baktericide Wirkung des Oxycyanids jene des Sublimats nicht erreicht, aber ganz bedoutend jene des Cyanids iibcrtrifft. Es kann darnach auch ganz und gar nirht gleichgiiltig sein, ob reines Oxycyanid, oder Mischungen von Oxy- cyanid und Cyanid zur Verwendung gelangen. Da sich keinrrlei Andeutungen fiir die Existenz eines komplexen Quecksilbercyanions im Oxycyanid finden lieBen, so mochten wir vermuten, dal3 die intensivere Wirkung einer Oxycyanidlosunq im Vergleich Zuni Cyanid durch die oxydischn bzw. hydroxydische Quecksilber- komponente ausgelost wird.

Bei den erwahnten bakteriologischen Versuchen veranlaBten wir auch Vergleichsreihen mit Soda, Bikarbonat oder Natronlauge enthaltenden Quecksilbercyanidlosungen. Die baktericide Wirkung des Cyanids wird dadurch nur unwesentlich gesteigert. Daraus geht hervor, daB es keineswegs die Hydroxylionen als solcho sind, welche den gesteigerten Effekt des Oxycyanids hervorbringen. Es mag aber beiliiufip bemerkt werden, daI3 die geschatztr Eigm-

E. R u p p u. S. Goy: Quecksilberoxycyanid. 289

schaft des Quecksilbercyanids metallische Instrumente nur wenig anzugreifen durch einen schwachen Soda oder Laugenzusatz aufler- ordentlich gehoben wird. So zeigte ein blanker Eisenstift nach eintggigem Lagern in 5yoiger Cyanidlosung zwar unbedeutende, aber doch bereits erkennbare Rostansiitze. In derselben Cyanid- losung mit Zusatz von 1% Aetznatron blieb der Stift tagelang blank.

In kurzer Zusammenfassung sind die Ergebnisse unserer uber das Quecksilberoxycyanid angestellten Untersuchungen die folgenden :

Die Umsetzung von Quecksilbercyanid und gelbem Qucck- silberoxyd zu Quecksilberoxycyanid, welche in rein wiisseriger Suspensation oder Losung nur eine unvollkommene ist, 1aBt sich durch geringen Laugenzusatz zu einer quantitativen gestalten. Reines mikrokryst,allines Oxycyanid kann auf diesem Wege in nahezu theoretischer Ausbeute gewonnen werden’).

Die K. H o 1 d e r m a n n’sche Darstellung von Quecltsilber- oxycyanid aus Mercuriacetat und Quecksilbercyanid2) konnte er- gBnzt werden durch eine solche aus Sublimat und Quecksilber- cyanid3) oder aus Sublimat und Alkalicyanid.

In iihnlicher Weise liil3t sich aus Sublimat oder Mercurisulfat und Alkalicyanid auch Quecksilbercyanid herstellen4).

Ex tempore bereitete Oxycyanidlosungen werden erhalten durch Alkalisierung von Losungen aquimolarer Sublimat- und Quec ksilbercyanid-Mengen6).

Die zur Ermittelung von Quecksilbercyanid in Quecksilber- oxycyanidpraparaten vorgeschlagenen qualitativen Proben vermogen nur grobere Verfalschungen zu erweisen. Allein sicher ist die acidi- metrische Bestimmung nach H o 1 d e r m a n n. Diese ist nicht direkt anwendbar auf Oxycyanidpastillen, welche alkalische Zusatze, \vie Natriumbikarbonat, enthalten. Die acidimetrische Priifung solcher Praparate ist in jodkalihaltiger Losung anzustellena).

Durch Kombination zwoier acidimetrischen oder einer acidi- metrischen und einer jodometrischen Titration sind sowohl die Cyanid-, wie die Oxydkomponente von Quecksilberoxycyanid- prlparaten bestimmbar7).

I) Dieses Archiv 246, 369. *) Dieses Archiv 244, 371. 3, Dieses Archiv 246, 371. 4, Apotheker-Zeituny 1908, No. 42. 6 , Apotheker-Zeitung 1008, No. 87. 6, Dieses Archiv 246, 468. ’) Ibidem und Pharmazeutische Zeitung 1908, SO. 44.

Arch. d. Pharm. CCL. Bds. 4. Heft. 19

290 L. Rosenthaler u. K. T. Strom: Saponin.

In seinen chemischen Reaktionen verhiilt sich das Quecksilber- oxycyanid durchaus wic ein Geniisch von Quecksilbercyanid und leicht angreifbarem Quectksilberoxyd. Die sehr vie1 groBere Re- aktionsfihigkeit des Oxycyanids im Vergleich zum Cyanid ist ledig- lich durch die Oxydkomponente bedingt. Anhaltspunkte fur die Existenz eines dem Oxycyanid zugeh6rigen besonderen Quecksilber- cyankomplexes, der gegen die einfache 1)oppelsalzformulierung HgO . HgCy, sprache, wurden nicht gefunden.

Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut der Universitat Strabburg i. E.

Ueber das Saponin der weissen Seifenwurzel 11. Von L. R o s e n t h a l e r und K n u L T . S t r o m .

(Eingegarigen den 10. V. 1912.)

Vor einiger Zeit hat der eine von uns (L. R.) Beobachtungen uber das Saponin der weiBen Seifenwurzel veroffentlichtl), die sich auf das mit dem Barytverfahren gereinigte Saponin bezogen. In- zwischen hat sich aber bei der im Gang befindlichen Untersuchung des Saponins der Senegawurzel gezeigt, ds13 bei dicsem Barytwasser eine weitgehende Zersetzung hervorruft, und es ist auch nach anderen Anzeichen wahrscheinlich geworden, daB sich mit Hilfe der Baryt- reinigung die Saponine nicht unverandert erhalten lassen. Es be- darf deshalb die Frage nach der Zusammensetzung des unveriinderten Saponins einer erneuten Untersuchung, die sich auch darauf zu erstrecken hat, ob nicht allgemein die Saponine durch Behandlung mit alkalischen Agentien (Bleiessig, gebrannte Magnesia) Ver- iinderungen erleiden. Von diesen Dingen sol1 in einer spiiteren Mitteilung die Rede sein, da wir im folgenden nur uber die Unter- suchung des in Wasser schwer loslichen Saponin-Spaltungsproduktes berichten.

Erhitzt man die init Schwefelsaure versetzte Losung des Saponins, so erhalt man au13er den Zuckern, uber die gleichfalls spater berichtet sein mag, einen zunachst amorphen und gallertigen Niederschlag, der gewohnlich als Sapogenin bezeichnet wird. Wir

l) Dieses Archiv 243, 501 (1905).