Über einige Bestrahlungsprodukte des 22-Dihydro-ergosterins

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Ober einige Bestrahlungsprodukte des 2 2-Dihydro-ergosterins ; von A. Windaus und B. Giintzel.

Mit 3 Figuren im Text.

[AUS dem Allgem. Chemischen Universitats-Laboratorium Gottingen.] (Eingelaufen am 8. Marz 1939.)

Um die photochemische Urnwandlung der verschiedenen antirachitischen Provitamine miteinander zu vergleichen, haben wir nach dem ausfiihrlichen Studium der Photochemie des Ergosterins kurzlich auch die verschiedenen Bestrah- lungsprodukte des 7-Dehydro-cholesterins ’) dargestellt und haben nunmehr diejenigen des 22-Dihydro-ergosterins zu untersuchen begonnen.

Bisher war bei der Bestrahlung des 22-Dihydro-ergo- sterins nur das Vitamin D, erhalten worden,). Es ist im Rattenversuch antirachitisch mehr als halb so wirksam wie Vitamin D, und im Kiikenversuch etwa ein Viertel so wirksam wie Vitamin D,. Wir haben uns bemiiht, jetzt auch die anderen Bestrahlungsprodukte des 22-Dihydro -ergosterins zu fassen.

I m ganzen verlauft die photochemische Umwandlnng des 22-Dihydro-ergosterins ahnlich wie diejenige des Ergo- sterins und des 7-Dehydro-cholesterins. Uberraschend ist es allerdings, da5 die einander entsprechenden Bestrahlungs- produkte der verschiedenen Provitamine auffallende Unter- schiede in der Fahigkeit zur Bildung von Additionsverbin- dungen bartieller Racemate) zeigen.

So wie bei der langwelligen Bestrahlung des Ergosterins und des 7 -Dehydro - cholesterins zunachst das Lnmisterin und das Lumisterin, entstehen, erhalt man unter denselben Bedingungen aus dem 22-Dihydro-ergosterin das Lumisterin,. Das Lumisterin, ist in seinem Spektrum und in den meisten

l) A. 533. 118 (1937). H. 247, 185 (1937).

W i n d a u s und G i i n t z e l , Bestrahlungsprodukte usw. 121

anderen Eigenschaften dem Lumisterin sehr ahnlich. Wah- rend aber Lumisterin und Vitamin D, eine sehr charakte- ristische Additionsverbindung (Vitamin D1) bilden, 1aBt sich eine solche weder zwischen Lumisterin, nnd Vitamin D, noch zwischen Lumisterin, und Vitamin D, nachweisen. Es scheint also, daB fur das Zustandekommen des partiellen Racemats die Doppelbindung in der Seitenkette eine Rolle spielt.

Wir bezweifeln nicht, daB das Lumisterin, aus dem Provitamin nach demselben Reaktionsmechanismus entsteht wie das gewohnliche Lumisterin, also durch eine sterische Udagerung am Kohlenstoffatom 10; es konnte also auch 22-Dihydro-lumisterin genannt werden.

Bei der Bestrahlung des Ergosterins und des 7-De- hydro-cholesterins rnit dem Magnesiumfunkenlicht entstehen bekanntlich Tachysterin und Tachysterin, , die sich als Addukte mit Citraconsaureanhydrid aus dem Bestrahlungs- gemisch isolieren lassen. Genau so verhat sich das 22-Di- hydro-ergosterin; es gibt ein Tachysterin,, aus welchem sich das Acetyl-derivat eines Citraconsaureanhydrid-adduktes in Krystallen bereiten lafit. Diese Verbindung ist bemerkens- werterweise identisch rnit einem Stoff, den L e t t r 6 schon vor einiger Zeit erhalten hat, als er Tachysterylacetat- citraconsaureanhydrid mit Palladiummohr als Katalysator in der Seitenkette hydrierte '). Hierdurch ist mit voller Sicherheit bewiesen, daS das Tachysterin, ein 22-Dihydro- tachysterin darstellt; wir schreiben ihm die Formel I zn.

CH3 I

22-Dihy dro-tachyatenn.

I) A. 511, 283 (1934).

122 Windaus und Guntfiel,

Bei der Darstellung des Lumisterins, und des Tachysterins, erhalt man auch das VitaminD,, das schon Windaus und Trau tmann beschrieben habenl). Dabei ist uns aufgefallen, da8 die photochemische Umwandlung des Tachysterins, schneller verlauft als diejenige des gewohnlichen Tachy- sterins. Fur das Vitamin D, und fur sein Dinitro-benzoat haben Windaus und T r a u t m a n n die Schmelzp. 107-108° bzw. 135-136 O angegeben. Wir haben jetzt 96-98 O und 127-128 O gefunden; diese Schmelzpunkte haben sich auch bei haufigem Umkrystallisieren nicht verandert. Wir werden den Ursachen dieser Unstimmigkeit weiter nachgehen. In bezug auf die optische Drehung und das Spektrum haben wir dieselben Werte gefunden wie friiher.

Bei langer dauernder Bestrahlung des 22-Dihydro-ergo- sterins mit dem Magnesiumfunken haben wir ein positiv drehendes Bestrahlungsprodukt vom Schmelzp. 132O zu iso- lieren vermocht. Es ist noch nicht griindlich untersucht, zeigt aber keine Absorption mehr uber 240 mp und ent- spricht daher wohl dem Suprasterin I12); vermutlich ist es das 22-Dihydro-derivat dieses Stoffes.

Lumisterin,.

5 g 22-Dihydro-ergosterin werden in 200 ccm Benzol in einer Uviolglasrohre 12 Stunden mit der Quecksilberlampe bestrahlt. Die Aufarbeitung erfolgt unter AusschluD von Luft nach dem Verfahren, das sich fur die Bestrahlungs- pradukte des Ergosterins bewahrt hat; das Benzol wird bei 40° i. V. vertrieben und der Ruckstand in 120 ccm Methanol gelost; diese Losung wird in einer Kaltemischung auf etwa - 10' abgekiihlt; hierbei scheidet sich die Hauptmenge des nicht umgewandelten 22-Dihydro-ergosterins aus und wird abfiltriert. Zu dem Filtrat fugt man eine Losung von 2,7 g Digitonin in 50 ccm Methanol und dampft das Ganze zur Trockne ein; der Ruckstand, der aus den Bestrahlungs- produkten, dem Dihydro-ergosterin-digitonid und aus uber- schussigem Digitonin besteht, wird 6 Stunden mit 150 ccm

') 1-1. 247, 185 (1937). ?) A. 483, 17 (1930).

Einige Bestrahlungsprodukte des 22-Dihydro-ergosterins. 123

niedrig siedendem Petrolather digeriert; die Petrolather- losung wird vom Digitonin und Digitonid abfiltriert und der Niederschlag noch 3-ma1 mit je 50 ccm Petrolather aus- gewaschen. Das Filtrat wird dann zur Trockne eingedampft, es hinterbleiben 2,5 g eines hell gefarbten 01s; der photo- chemische Umsatz betragt also 50 Proc.

Aus dem Bestrahlungsgemisch lafit sich das Lumisterin, am besten als m-Dinitro-benzoat isolieren. Zu diesem Zweck wird das erhaltene 01 in Pyridin gelost und rnit der gleichen &hge 3,5-Dinitro-benzoyl-chlorid 24 Stunden stehen ge- lassen; darauf wird das Reaktionsgemisch rnit wafiriger Natrium-bicarbonat-losung versetzt und das ausgefallene 01 rnit peroxyd-freiem Ather aufgenommen; die Ather-losung wird nach grundlichem Waschen abgedampft und der olige Ruckstand rnit wenig Benzol versetzt; es setzt rasch Kry- stallisation ein; die Krystalle werden abgesaugt und mehr- mals aus Aceton-Methanol umkrystallisiert : die langen, citronengelben Nadeln schmelzen bei 141O; sie sind in Aceton leichter loslich als das Dinitro-benzoat des 22-Dihydro-ergo- sterins.

24,4 mg Subst.: 2 ccm Chloroform, 1 = 1 dm.

5,298 mg Subst.: 13,775 mg CO,, 3,850 mg H,O. - 4,267 mg Subet.: a, =: 0,14O; = + 11,5O.

0,174 ccm N, (20,5O, 758 mm). C,,H,,0,N2 Ber. C 70,90 H 8,17 N 4,73

Gef. ,, 70,91 ,, 8,13 ,, 4,73. Aus dem Dinitro-benzoat lafit sich das freie Lumisterin,

leicht gewinnen. 0,200 g Dinitrobenzoat werden mit 3 ccm 4-proc. methanolischer Kalilauge 25 Minuten auf dem Wasser- bad in einer Stickstoffatmosphare erwarmt; dann wird das ausgefallene dinitrobenzoesaure Kalium abfiltriert und die schwach gelblich gefarbte Losung rnit Wasser angespritzt; nach kurzem Stehen krystallisiert das Lumisterin, in feinen weiBen Nadeln aus. Es lafit sich au8 Aceton-Wasser krystallisieren und schmilzt scharf bei 101'. Nach mehr- stundigem Stehen an der Luft wird der Schmelzpunkt un- scharf und niedriger. Dies Spektrum ist suf Fig. 1 wieder- gegeben.

124 Windaus und Giintzel,

21,3 mg Subst.: 2 cem Aceton, 1 = 1 dm.

Daa Lumisterin, scheint Krystallwasser sehr fest zu halten; die Analysen des freien Alkohols geben stets etwaa zu niedrige Kohlen- stoffwerte, wiihrend die Ester zutreffende Zahlen liefern.

aD = 1,99 O; [a]F = + 187 O.

I I I

mp z4u zm 280 3ua Fig. 1.

Lumisterin, ,

mp C4U 269 28.0

Vitamin D,. Fig. 2.

6,3 g 22-Dihydro-ergosterin werden in einer Quarzhohl- walze in reinem peroxydfreiem i t h e r 2 Stunden mit dem Magnesiumfunken bestrahlt. Unter den iiblichen Vorsichts- maBregeln wird die Losung bei 40° zur Trockne eingedampft nnd der Ruckstand in 150 ccm reinem Methanol gelost; ans dieser anf - 10 O gekiihlten Lijsung scheidet sich die Ranpt- menge des unverandert gebliebenen 22-Dihydro-ergosterins aus und wird abfiltriert; der Rest wird in der schon oft beschriebenen Weise als Digitonid entfernt. Zuruckgewonnen werden etwa 0,7 g 22-Dihydro-ergosterin. Die von 22-Di- hydro-ergosterin befreiten Bestrahlungsprodukte werden in 30 ccm reinem &her anfgenommen, mit 5 ccm Citraconsanre- snhy drid versetzt und 4 Tage bei Zimmertemperatnr stehen

Einige Bestrahlungsprodukte des 22-Dzhydro-ergosterins. 125

gelassen. Nach dieser Zeit hat sich das Tachysterin, an- niihernd vollstandig mit dem Citraconsaureanhydrid ver- bunden, wahrend das Vitamin D, fast gar nicht in Reaktion getreten ist. Zur Abtrennung des Adduktes vom Vitamin D, wird die Losung unter Kiihlung allmahlich rnit 100 ccm 12-proc. methanolischer Kalilauge versetzt und 12 Stunden stehen gelassen; dann wird das Ganze rnit 350 ccm Wasser verdiinnt und 3-ma1 ausgeathert. I n den atherischen Extrakt geht neben anderen Produkten das Vitamin I), (vgl. unten), in der wal3rig alkalischen Losung bleibt das Kaliumsalz der Tachysteric4-citraconsaure. Zur Entfernung des noch vor- handenen Athers und Methylalkohols wird die alkalische Losung i. V. etwas konzentriert und rnit verdunnter Salz- saure angesauert; dabei fiillt das Addukt (2 g) in grol3en Flocken aus; es wird abfiltriert, getrocknet und rnit 15 ccm Essigsaureanhydrid '/, Stunde auf dem Wasserbad erwarmt; dann wird die Losung i. V. auf ein kleines Volumen ein- gedampft und vorsichtig bis zur Triibung rnit 60-proc. Essig- saure versetzt; nach einigen Stunden beginnt dann die Ab- scheidung von Krystallen; nach dem Umkrystallisieren aus Aceton-Wasser erhalt man lange weil3e Nadeln, die bei 156O schmelzen.

16,l mg Subst.: 2 ccm Cloroform, 2 = 1 dm. a D = 0,64O; [a]io = + 79,5O.

5,271 mg Subst.: 14,710 mg CO,, 4,490 mg H,O.

Fur das 22 -Dihydro - tachysteryl-acetat - Citraconsaure- anhydrid, das L e t t r 6 aus Tachysterin dargestellt hat, ist der Schmelzpunkt zu 155-156 O und = + 79,7 O an- gegeben.

Wir haben die Versuche von L e t t r 6 nochmals wieder- holt und uns durch direkten Vergleich iiberzeugt, daO die auf zwei versehiedenen Wegen erhaltenen Verbindungen identisch sind.

Vitamin D4. Die atherischen Extrakte (vgl. oben), in denen sich das

Vitamin D4 befindet , werden eingedampft ; der Riickstand (3,4 g) wird in der iiblichen Weise rnit m-Dinitro-benzoyl-

C,,H,,O, Ber. C 76,03 H 9,49 Gef. C 76,11 H 9,53.

126 Windaus und Giintzel,

chlorid und Pyridin verestert und das gebildete Dinitro- benzoat mehrmals umkrystallisiert ; man erhalt so hellgelbe Nadeln, die bei 127-128O schmelzen und ihren Schmelz- punkt bei weiterem Umkrystallisieren nicht verandern.

49,2 mg Subst.: 2 ccm Aceton, E = 1 dm.

Windaus und Trautmann geben = + 94,5O an. 4,362 mg Subst.: 11,327 mg CO,, 3,108 mg H,O. - 3,172 mg Subst.:

a, = + 2,29O; [ax3 = + 93,2O.

0,134 ccm N, (22O, 754 mm). C,,H,,O,N, Ber. C 70,90 H 8,17 N 4,73

Gef. ,, 70,82 ,, 7,97 ,, 4,85.

0,120 g des Dinitro-benzoats werden, wie beim Lumi- sterin, beschrieben ist, verseift nnd aufgearbeitet.

Aus wenig Aceton kommt das Vitamin D, in langen Spielen heraus; nach mehrmaligem Umkrystallisieren &us Aceton-Wasser schmilzt es bei 96-98O.

Das Spektrum ist auf Fig. 2 wiedergegeben. 14,7 mg Subst.: 2 ccm Aceton, E = 1 dm.

Windaus und Trautmann geben [a&* = + 89,3O. aD = + 0,63 O; [a]:’ = + 85,7 O.

Mit dem Lumisterin, scheint das Vitamin D, keine Ver- bindung zu geben. Das Schmelzpunktsdiagramm der beiden Stoffe ist auf Fig. 3 wiedergegeben.

Suprasterin,. 7 g 22-Dihydro-ergosterin in reinem Ather gelost, werden

in einer Quarzhohlwalze 4 Stunden mit dem Magnesiumfunken bestrahlt ; bei der ublichen Aufarbeitung wird ein oliges Reaktionsprodukt erhalten, das mit 3,5-Dinitro-benzoylchlorid verestert wird; der gebildete Ester krystallisiert aus Aceton in farblosen glanzenden Blattchen, die bei 161O schmelzen; sie sind in Methanol und kaltem Athylalkohol schwer loslich.

4,3 mg Subst.: 2 ccm Chloroform, I = 1 dm. aD = + 0,46O;

4,820 mg Subst.: 12,550 mg CO,, 3,520 mg H,O. - 3,676 mg Subst.: [a]:: = + 214’.

0,159 ccm N, (26O, 752 mm). C,,H,,O,N, Ber. C 70,90 H 8,17 N 4,73

Gef. ,, 71,Ol ,, 8,17 ,, 4,89.

Eanige Bestrahlungsprodukte des 22-Dihydro-ergosterins. 127

Durch Verseifen des Dinitrobenzoats erhalt man den freien Alkohol; nach mehrmaligem Umkrystallisieren aus

I- 20 48 6U &7 ) ?%

&rnis/e/S.r/i/ mm/hD! Fig. 3.

Schmelzpunkte und Taupunkte des Vitamins D, mit Lumisterin,.

Aceton-Wasser bildet er lange weile Nadeln vom Schmelz- punkt 132O; er besitzt nicht mehr die fur Stoffe mit kon- jugierten Doppelbindungen charakteristische Ultraviolett- absorption.

7,2 mg Subst.: 2 ccm Aceton, 1 = 1 dm. a,, = + 0,94O; [a];' = + 261O.

4,824 mg Subst.: 14,905 mg CO,, 4,950 mg H,O. C2,H,,0 Ber. C 84,33 H 11,63 Gef. C 84,29 H 11,48.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft , der I. G. Farbenindustrie A.-G., Werk Elberfeld nnd der Chemischen Fabrik E. Merck sprechen wir fiir die Unterstiitzung uneerer Arbeiten den beaten Dank aus.

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