View
5
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
Umweltökonomie
Kapitel I: Grundlagen
Prof. Dr. Renate Schubert, Dr. Markus Ohndorf, Moritz Rohling Institut für Umweltentscheidungen IED
I Grundlagen
I.1 Umwelt und Ressourcen aus Sicht der Ökonomie
I.2 Zentrale Fragestellungen
2
18.02.2013 Institut für Umw eltentscheidungen IED
Lernziele Kapitel I:
Verstehen, worum es in der Umweltökonomie überhaupt
geht
Umweltfragestellungen im Spannungsfeld anderer
gesellschaftlicher Fragestellungen und Ziele sehen
3
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.1 Umwelt und Ressourcen aus Sicht der Ökonomie
Cowboy Ökonomie:
Umwelt als Produktionsinput/Aufnahmemedium für Reststoffe/Konsumgut
4
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.1 Umwelt und Ressourcen aus Sicht der Ökonomie
Raumschiff Ökonomie:
Wechselwirkungen zwischen ökonomischem und ökologischem System werden beachtet
In der Ökonomie: Nutzung knapper Güter --> Beachtung ökologischer Aspekte zwingend!
Idee: Erklären, wieso Umweltbelastungen entstehen + Anreizmechanismen zur Verringerung der Belastungen empfehlen
5
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.1 Umwelt und Ressourcen aus Sicht der Ökonomie
Raumschiff Ökonomie:
6
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Umweltökonomie – Einführung
Definition Ökonomie: „[...] the science which studies human behaviour as a relationship
between ends and scarce means which have alternative uses." Robbins (1932)
Umweltökonomie: Einbeziehen von Umwelt als knappes Gut in das ökonomische
Kalkül
7
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Umweltökonomie aus Makro-Sicht
Gesamtgesellschaftliche Produktionsfunktion: Output = f(x1, x2, ..., xn)
x1, x2, ..., xn: Produktionsfaktoren (z. B. Arbeit, Kapital, ...)
Hinzufügen der Umweltqualität/Naturkapital als Inputfaktor
8
0
Outputmenge
x
eingesetzte
Arbeitsstunden a
Produktionsfunktionx = f ( a , r , k )
unter der Kurvesuboptimaler Einsatz
der Inputs
Input a
Technische Effizienz: Erreichen eines gegebenen
Outputs mit geringstmöglichen Ressourcen
Oder:
Maximieren des Outputs bei gegebenen Ressourcen
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum und Umwelt
Wachstum: Anstieg des realen BIP
9
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum und Umwelt
Determinanten von Wachstum:
BIP = f (Sachkapital,Humankapital,Naturkapital, Sozialkapital)
Positive Wachstumseffekte: Höherer materieller Lebensstandard/Sicherung des Arbeitsplatz-angebots/ Umverteilung möglich/ Höhere Staats-ausgaben möglich
Negative Wachstumseffekte: Keine Garantie für höhere Lebensqualität/(irreversible?) Schäden am Naturkapital
10
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum und Umwelt
Also: Naturkapital (Menge, Qualität) BIP
Beispiel: Abbau von Ressourcen
Und: BIP Naturkapital (Menge, Qualität)
Beispiel: Emission von Schadstoffen
Frage: Geht mit steigendem SP auf jeden Fall eine Verschlechterung der Umweltqualität einher oder kann die Umweltqualität auch konstant bleiben/besser werden?
11
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum - Umwelt
Umwelt-Kusznets-Kurve
12
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum - Umwelt
3 wichtige Effekte für Ausmass der Umweltbelastungen E:
(1)Skaleneffekt: Folge von Wirtschaftswachstum
(2)Technikeffekt: Folge von Innovationen, technischen Weiterentwicklungen
(3)Kompositionseffekt: Folge von Strukturwandel in Volkswirtschaft
=> E kann sinken, falls (1) < (2) + (3)
14
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum - Umwelt
Fazit: E wird nur dann sinken, wenn Anreize für (2) und (3) vorhanden sind
Also: Es muss eine strenge Umweltpolitik geben
Dafür: sind Präferenzen der Bevölkerung für gute Umweltqualität erforderlich
Und: Solche Präferenzen sind i.d.R. umso besser ausgeprägt, je höher das Pro-Kopf-Einkommen ist
Dann also: fallender Ast der EKC denkbar
15
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Zusammenhang Wachstum - Umwelt
Fazit:
Höheres Pro-Kopf-Einkommen kann mit besserer Umweltqualität einhergehen (bei strenger Umweltpolitik)
Kein Automatismus, der Verschlechterung der Umweltqualität bei Wirtschaftswachstum vermeidet
16
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Die Idee der Nachhaltigkeit
Brundtland-Bericht 1987: „....es möglich ist, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu
befriedigen, ohne dass dadurch die Bedürfnisbefriedigung künftiger Generationen gefährdet wird.“
Weltbank 1995 : Nachhaltigkeit bedeutet, dass das Gesamtvermögen von
Volkswirtschaften im Zeitverlauf nicht kleiner wird
Gesamtvermögen = Humankapital + Sachkapital + Naturkapital + Sozialkapital
„Starke“ oder „Schwache“ Nachhaltigkeit: Um wieviel kann eine Art von Kapital eine andere substituieren?
17
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Die Idee der Nachhaltigkeit
WBGU (Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen) 2003: Ökologische und sozioökonomische Leitplanken sind einzuhalten
Idee von „Leitplanken“: quantitativ definierbare Schadensgrenzen, deren Verletzung heute und in der Zukunft intolerable und nicht kompensierbare Folgen mit sich brächte
Typen: Ökologische (biosphärische) und sozioökonomische Leitplanken
18
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Die Idee der Nachhaltigkeit
Ökologische LP:
Klimaschutz: Temperaturänderungsrate < 0,2° pro Jahrzehnt; Temperaturänderung gegenüber Vorindustrialisierung < 2°C
Nachhaltige Flächennutzung: 10-20% der Flächen für Naturschutz; weniger als 3% für Bioenergiepflanzen
Schutz von Gewässern: 10-20% von Flussökosystemen sind geschützt
Schutz von Meeresökosystemen: kein CO2
Schutz der Atmosphäre vor Luftverschmutzung
19
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Die Idee der Nachhaltigkeit
Sozioökonomische LP:
Zugang zu moderner Energie für alle
Deckung des individuellen Mindestbedarfs an Endenergie (> 500 Watt ab 2020; 2050: 700; 2100: 1000 Watt)
Maximaler Anteil Energieausgaben am Einkommen (1/10)
Gesamtwirtschaftlicher Mindestentwicklungsbedarf (> 3000 US-$/Jahr)
20
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Die Idee der Nachhaltigkeit
Sozioökonomische LP:
Risiken im „Normalbereich“ halten
Erkrankungen durch Energienutzung//Produktion vermeiden
21
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Die Idee der Nachhaltigkeit
Beurteilung
Werturteile und Unsicherheiten bei der Festlegung von LP
Vorteil: Zeigt auf, ob Entwicklungen in die richtige Richtung gehen oder problematisch bez. Nachhaltigkeit sind; gewisse Nachprüfbarkeit
Vorteil: Simultane Betrachtung von ökologischen und soziökonomischen Aspekten
Allerdings: Gewichtung der Teilaspekte offen
22
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.2 Zentrale Fragestellungen
1. Zielkonflikte interessieren (hohe Umweltqualität vs. andere gesellschaftliche Ziele), z.B.:
Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung/ Armut
(Grundbedürfnisse, Handel, Arbeitsplätze)
Umwelt und Sicherheit
(Vulnerabilitäten, Konflikte, künftige Risiken)
Umwelt und Freiheit
(Bsp.: Umweltregulierungen)
Umwelt und Gesundheit
(direkt oder indirekt)
23
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.2 Zentrale Fragestellungen
2. Wie bzw. wieso kommt es überhaupt zu Umweltschädigungen?
Was sind die Auslöser aus ökonomischer Sicht?
Wer hat Vorteile, wer hat Nachteile?
Nationale und internationale Perspektive
24
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.2 Zentrale Fragestellungen
3. Was kann man tun, um die Umwelt-chädigungen künftig nicht entstehen zu lassen bzw. sie zu verringern?
Was sind angemessene ökonomische Instrumente?
Wer muss sein Verhalten ändern?
Wer sollte hierfür die Impulse geben?
Nationale und internationale Perspektive
25
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.2 Zentrale Fragestellungen
4. Wo liegen „Umweltökonomische Optima“?
Ein Outputlevel ist dann (first-best) effizient, wenn die
Differenz zwischen Kosten und Nutzen maximiert ist
Bedingung erster Ordnung: Grenzkosten = Grenznutzen
Normalerweise bei vollständigem Wettbewerb
Nicht alle Kosten berücksichtigt Ergebnis nicht effizient
(Marktversagen) Umweltpolitische Eingriffe; Achtung:
politische Durchsetzbarkeit!
26
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
I.2 Zentrale Fragestellungen
5. Ökonomische Analyse von Umweltpolitik
Kosten und Nutzen von Umweltbelastung, aber auch von
Umweltpolitik sind ungleich verteilt.
Normatives Bewertungskriterium Allokationseffizienz: Eine Allokation von Ressourcen ist Pareto-effizient
(oder Pareto-optimal), wenn es keine Möglichkeit gibt, eine Person besser zu stellen, ohne jemand anderen zu benachteiligen.
Welche Anreize für den einzelnen führen zu Pareto-
optimalen Ergebnissen?
27
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Externe Effekte
1. Definition
2. Typen
3. Konsequenzen
4. Ursachen
30
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Lernziele Kapitel II
Sicher wissen, was externe Effekte sind
Sicher wissen, warum externe Effekte aus ökonomischer
Sicht ein Problem sind
Sicher wissen, wie man grundsätzlich versuchen kann,
externe Effekte zu internalisieren
31
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Externe Effekte
II.1 Definition:
Externe Effekte entstehen, wenn die Handlungen eines
Akteurs (oder einer Gruppe von Akteuren) die Produktions-
oder Konsummöglichkeiten Dritter (z. B. Haushalte,
Produzenten, Allgemeinheit, zukünftige Generationen etc.)
beeinflussen, ohne dass dies vom Markt durch
Preisveränderungen abgegolten wird.
32
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
II.2 Typen von externen Effekten
Positive Externalität: Es entsteht ein Nutzen für Dritte
Negative Externalität: Es entstehen Kosten für Dritte
Positive und negative externe Effekte können sowohl bei
Konsum als auch bei der Produktion von
Gütern/Dienstleistungen auftreten.
33
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
II.2 Typen von externen Effekten
„Echte“ Externalität: Kosten/Nutzen entstehen ausserhalb
des Preissystems
Pekuniäre Externalitäten: Es entsteht zwar ein
Schaden/Nutzen für Dritte, aber dieser wird im Rahmen der
Marktpreisbildung berücksichtigt
→ Lediglich „echte“ Externalitäten haben einen negativen
Einfluss auf die Ressourcenallokation und sind deshalb
besonders problematisch
35
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
II.3 Konsequenzen externer Effekte
Verteilungseffekte: Umverteilung von Gütern, sowohl bei
„echten“ als auch bei pekuniären Externalitäten.
Problematisch lediglich bei negativen Externalitäten
Allokationseffekte: Eine ineffiziente Ressourcenallokation
findet nur bei „echten“ Externalitäten statt =>
Marktversagen
36
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
II.4 Ursachen für externe Effekte
Negative Externalitäten im Umweltbereich treten vor allem
bei solchen Umweltgütern auf, die den Charakter
öffentlicher Güter aufweisen und für die keine spezifischen
Eigentumsrechte existieren
39
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Öffentliche Güter
Öffentliche Güter zeichnen sich durch zwei Merkmale aus,
die Nicht-Rivalität und die Nicht-Ausschliessbarkeit im
Konsum
Beispiele: Luft zum Atmen, Strassenbeleuchtung,
Nationale Sicherheit, Internationale Sicherheit, Hygiene in
Gemeinschaftsräumen, etc.
40
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Trittbrettfahrerproblem
Jeder einzelne profitiert von dem öffentlichen Gut (Nicht-
Ausschliessbarkeit), auch wenn er sich nicht an den
Kosten zur Erstellung beteiligt
Ein rationaler eigeninteressierter Akteur (Homo
oeconomicus) hat keinen Anreiz sich an der Erstellung zu
beteiligen
Gesamtgesellschaftlich wünschbares (effizientes)
Ergebnis und individuelle Rationalität divergieren
41
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Das Gefangenendilemma: kollektiv vs individuell beste Strategie
42
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Übertragung auf Umweltgüter
43
Gewinn wird
maximiert:
Kosten = 40
Nutzen = 30
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Fazit:
„Echte“ externe Effekte führen zu einer ineffizienten
Ressourcenallokation, da die Preise die tatsächlichen
Knappheitsverhältnisse nicht widerspiegeln. Der Markt ist
nicht in der Lage, diese Ineffizienz zu beseitigen
=>Marktversagen bei „echten“ externen Effekten
44
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Fazit:
Umweltgüter tragen oft die Eigenschaft von öffentlichen
Gütern. Zusätzlich sind die Eigentumsrechte nicht klar
definiert
=> Geringer Anreiz zur Teilnahme an Massnahmen zur
Verbesserung der Umwelt (Trittbrettfahrerproblem)
Staatseingriffe notwendig/gerechtfertigt, Intensität kann
variieren
45
Institut für Umw eltentscheidungen IED 18.02.2013
Recommended