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Skripten von Alpmann Schmidt – das komplette Examens-wissen, systematisch und klausurtypisch aufbereitet
Verwaltungsrecht AT 118. Auflage 2019
Im AS-Skript Verwaltungsrecht AT 1 finden Sie alle examensrelevanten Schwerpunkte zu den Grundlagen der Verwaltung (Verwaltungsorganisation und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) und zum Verwaltungsakt (Begriff und Rechtmäßigkeit). Das Skript stellt das Allgemeine Verwaltungsrecht so dar, wie Sie es in Ihrer Examensklausur brauchen:
27 Fälle auf Klausurniveau lassen praktisch keine Frage offen.
Übersichten unterstützen Sie bei der Erfassung des Stoffes und erleichtern eine schnelle Wiederholung.
Aufbauschemata ermöglichen Ihnen, die grundlegenden Elemente vom dargestellten Fall zu lösen und auf Ihre Examensklausur zu übertragen.
Strukturübersichten unterstützen Sie bei der Einordnung der behandelten Probleme in das Gesamtsystem des Öffentlichen Rechts.
Rechtsprechung und Literatur sind bis Mai 2019 eingearbeitet. Besonders berücksich-tigt werden neuere Entwicklungen zur Wesentlichkeitstheorie, bei Auskunfts- und In-formationsansprüchen und bei der Heilung und Unbeachtlichkeit von formellen Fehlern (§§ 45, 46 VwVfG).
ISBN: 978-3-86752-668-5
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Alpmann Schmidt
Wüstenbecker/Sommer
18. Auflage 2019
Verwaltungsrecht AT 1
Skripten
Alpmann Schmidt
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Komprimierte Darstellung des examensrelevanten Stoffs
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VerwR AT 130Voraussetzungen des VA (1)
einerBehörde
auf dem Gebietdes öffent lichen
Rechts
zur Regelung
eines Einzelfalls
mitAußenwirkung
Ein VA hat andere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen als die anderen öffentlich-rechtlichen Hand lungs -for men der Verwaltung; vgl. dazu oben 19–22.Bestimmte Rechtsbehelfe sind nur statthaft bei Verwaltungsakten.☞ Widerspruch, Anfechtungsklage, Verpflichtungsklage, Antrag nach § 80 V 1 VwGO.Nur ein VA hat Tatbestandswirkung und Titelfunktion; vgl. dazu im Einzelnen 24–25, 29.
Relevanz
Maßnahme: jede Handlung, die einen Erklärungsgehalt hat☞ Erhobene Hand eines Verkehrspolizisten stellt konkludentes Anhaltegebot dar.Hoheitlich: erfordert einseitiges Gebrauchmachen von öffentlich-rechtlichen Befugnissen, Abgrenzungzum öffentlich-rechtlichen Vertrag (str.)
Hoheitliche Maßnahme
HoheitlicheMaßnahme
einer Behörde
Behörde: jede Stelle, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt (verfahrensrechtlicher Behör -den begriff ), vgl. § 1 IV VwVfG
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Individuell editierbar
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Karte 1 von 30
Verwaltungsrecht AT 2019
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Rechtsmäßigkeit des Verwaltungsaktes
Was versteht man in einem Verwaltungs-verfahren unter einer Zusage?
Einen informatorischen Hinweis ohne Bindungswillen.
Das verbindliche Versprechen der zustän-digen Behörde gerichtet auf schlichtes Verwaltungshandeln oder auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags.
Das verbindliche Versprechen der zustän-digen Behörde zum Erlass eines VA.
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Verwaltungsrecht AT 1
2019
Horst WüstenbeckerRechtsanwalt und Repetitor
Christian SommerRechtsanwalt und Repetitor
ALPMANN UND SCHMIDT Juristische Lehrgänge Verlagsges. mbH & Co. KG48143 Münster, Alter Fischmarkt 8, 48001 Postfach 1169, Telefon (0251) 98109-0
AS-Online: www.alpmann-schmidt.de
Deckblatt.fm Seite 1 Dienstag, 18. Juni 2019 9:04 09
Zitiervorschlag: Wüstenbecker/Sommer, Verwaltungsrecht AT 1, Rn.
Wüstenbecker, HorstSommer, Christian
Verwaltungsrecht AT 118. Auflage 2019
ISBN: 978-3-86752-668-5
Verlag Alpmann und Schmidt Juristische LehrgängeVerlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Münster
Die Vervielfältigung, insbesondere das Fotokopieren der Skripten,ist nicht gestattet (§§ 53, 54 UrhG) und strafbar (§ 106 UrhG).
Im Fall der Zuwiderhandlung wird Strafantrag gestellt.
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Deckblatt.fm Seite 2 Dienstag, 18. Juni 2019 9:04 09
I
Inhalt
INHALTSVERZEICHNIS
1. Abschnitt: Grundbegriffe des Verwaltungsrechts .............................................................1A. Verwaltung und Verwaltungsrecht ..........................................................................................1
I. Verwaltungsrecht ....................................................................................................................1II. Verwaltung .................................................................................................................................2
1. Definition des Begriffs Verwaltung ..............................................................................22. Formale Unterscheidung .................................................................................................33. Materielle Unterscheidung .............................................................................................3
B. Verwaltungsträger ..........................................................................................................................4I. Unmittelbare Staatsverwaltung .........................................................................................4II. Mittelbare Staatsverwaltung ...............................................................................................5III. Verwaltung durch private Rechtsträger ..........................................................................6
C. Behörden ...........................................................................................................................................8I. Organe juristischer Personen ..............................................................................................8II. Behördenbegriff .......................................................................................................................8III. Behördeninterne Organisationseinheiten ......................................................................9
2. Abschnitt: Abgrenzung Öffentliches Recht und Privatrecht ..................................... 10A. Bedeutung der Unterscheidung ............................................................................................ 10B. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verwaltungstätigkeit .............................. 10C. Kriterien für die Abgrenzung ................................................................................................... 11
I. Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch Privatpersonen .................... 11Fall 1: Feindliches Grün ....................................................................................................... 12
II. Handeln des Staates in öffentlich-rechtlichen Formen .......................................... 171. Abgrenzungskriterien .................................................................................................... 17
a) Eindeutige Zuordnung ............................................................................................ 17b) Indizien .......................................................................................................................... 18
2. Die Abgrenzungstheorien ............................................................................................ 19Fall 2: Unstimmigkeiten bei der Sportförderung ................................................. 20
D. Im Zweifel: Öffentliches Recht ................................................................................................ 25
3. Abschnitt: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung .................................................................... 26A. Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes ................................................................................... 26
I. Die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht .................................................. 26II. Der Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes .................................................................. 26
1. Die Normenhierarchie ................................................................................................... 262. Geltungsbereich des Grundsatzes vom Vorrang des Gesetzes ...................... 28
Fall 3: Nachzahlung auf privatrechtlichen Kaufpreis .......................................... 28III. Der Vorbehalt des Gesetzes .............................................................................................. 33
1. Anwendungsbereich ...................................................................................................... 33a) Kein Totalvorbehalt .................................................................................................. 33b) Gesetzesvorbehalt bei belastenden Maßnahmen ........................................ 33c) Gesetzesvorbehalt bei wesentlichen Maßnahmen ...................................... 34
aa) Grundrechtsrelevante Maßnahmen .......................................................... 34bb) Besondere Bedeutung für das Gemeinwohl .......................................... 35
Verwaltungsrecht_AT_1IVZ.fm Seite I Dienstag, 18. Juni 2019 9:05 09
II
Inhalt
2. Rechtsfolge ........................................................................................................................ 35Fall 4: Schulärger ............................................................................................................. 38
IV. Folgen der Gesetzesbindung der Verwaltung ........................................................... 431. Normprüfungskompetenz ........................................................................................... 432. Normverwerfungskompetenz .................................................................................... 43
B. Verwaltungsvorschriften .......................................................................................................... 44I. Unterscheidung zwischen Außenrecht und Innenrecht ........................................ 44II. Rechtliche Bedeutung von Verwaltungsvorschriften ............................................. 44
1. Keine unmittelbare Außenwirkung .......................................................................... 442. Mittelbare Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften ................................. 45
a) Organisations- und Verfahrensvorschriften .................................................... 45b) Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften .......................................... 45c) Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften .......................................... 46d) Ermessensrichtlinien ................................................................................................ 47
III. Verwaltungsvorschriften im gesetzlich geregelten Bereich ................................. 48Fall 5: Rechtswidrigkeit – ja oder nein? ......................................................................... 48
IV. Verwaltungsvorschriften im gesetzlich nicht normierten Bereich ..................... 51Fall 6: Divergenz .................................................................................................................... 52
V. Anwendung und Auslegung von Verwaltungsvorschriften ................................. 57
Übersicht: Gesetzmäßígkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) .................................... 58
4. Abschnitt: Der Verwaltungsakt ................................................................................................ 59A. Arten des Verwaltungshandelns ............................................................................................ 59B. Bedeutung des Verwaltungsakts ........................................................................................... 59
I. Funktionen des VA ............................................................................................................... 59II. Rechtswirkungen des VA ................................................................................................... 60III. Verwaltungsprozessuale Konsequenzen ..................................................................... 60IV. Fallaufbau ................................................................................................................................ 61
C. Die Merkmale des VA im Einzelnen ...................................................................................... 62I. Hoheitliche Maßnahme ...................................................................................................... 62II. Behörde .................................................................................................................................... 63III. Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ..................................................................... 63
1. Abgrenzung zum Privatrecht ...................................................................................... 632. Formeller VA ...................................................................................................................... 64
IV. Das Merkmal der Regelung ............................................................................................... 651. Herbeiführung einer Rechtsfolge .............................................................................. 65
Fall 7: Ausgerechnet – Aufgerechnet ....................................................................... 652. Nicht regelndes Verwaltungshandeln ..................................................................... 67
a) Hinweis und feststellender VA ............................................................................. 67b) Wiederholende Verfügung und Zweitbescheid ............................................ 68
3. Finaler Aspekt ................................................................................................................... 68a) Konkludente Regelung ........................................................................................... 68b) Vorgeschaltete Regelung ....................................................................................... 70
Fall 8: Die Auskunft ................................................................................................... 734. Vorbereitende Maßnahmen und vorläufiger VA ................................................. 77
Fall 9: Unter Vorbehalt ................................................................................................... 77
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III
Inhalt
V. Regelung eines Einzelfalls ................................................................................................. 811. Begriff der Einzelfallregelung ..................................................................................... 812. Die Allgemeinverfügung .............................................................................................. 82
a) Die personenbezogene Allgemeinverfügung ................................................ 83Fall 10: Alle oder keiner ........................................................................................... 83
b) Die sachbezogene Allgemeinverfügung .......................................................... 85c) Die benutzungsbezogene Allgemeinverfügung ........................................... 86
VI. Die Außenwirkung der Regelung ................................................................................... 881. Verwaltungsinterne Maßnahmen ............................................................................. 88
Fall 11: Verkehrsberuhigte Zonen ............................................................................. 882. Mehrstufige Verwaltungsakte .................................................................................... 933. Maßnahmen in verwaltungsrechtlichen Sonderverhältnissen ...................... 94
a) Maßnahmen im Beamtenrecht ............................................................................ 95Fall 12: Umsetzung eines Beamten ..................................................................... 95
b) Maßnahmen im Schulrecht .................................................................................101
Übersicht: Begriffsmerkmale des VA gemäß § 35 VwVfG ................................................102
5. Abschnitt: Rechtmäßigkeit eines VA ...................................................................................104A. Die Ermächtigungsgrundlage ...............................................................................................105
I. Erforderlichkeit der Ermächtigungsgrundlage ........................................................105II. Zulässigkeit des Verwaltungsakts (VA-Befugnis) ....................................................105
Fall 13: Falschbetankung ..................................................................................................106III. Die Auswahl der Ermächtigungsgrundlage ..............................................................111
B. Formelle Rechtmäßigkeit ........................................................................................................114I. Zuständigkeit .......................................................................................................................114
1. Sachliche Zuständigkeit ..............................................................................................1142. Instanzielle Zuständigkeit ..........................................................................................1153. Örtliche Zuständigkeit .................................................................................................1164. Prüfung der Zuständigkeit – Zuständigkeitsfehler ...........................................116
Fall 14: Ausweisung eines Ausländers ...................................................................116II. Das Verwaltungsverfahren ..............................................................................................118
1. Anwendbarkeit des VwVfG ........................................................................................118a) Bundes-VwVfG und Landes-VwVfG ..................................................................118b) Öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ...................................................119c) Ausnahmen ...............................................................................................................119d) Spezialität und Subsidiarität ...............................................................................120e) Verwaltungsverfahren ...........................................................................................120
2. Arten des Verwaltungsverfahrens ...........................................................................121III. Die wesentlichen Verfahrensregeln des VwVfG ......................................................121
1. Einleitung des Verfahrens ..........................................................................................1212. Untersuchungsgrundsatz ...........................................................................................1233. Ausschluss bei Befangenheit ....................................................................................1234. Akteneinsicht ..................................................................................................................1245. Anhörung .........................................................................................................................125
a) Voraussetzungen .....................................................................................................125aa) Erlass eines VA .................................................................................................125
Verwaltungsrecht_AT_1IVZ.fm Seite III Dienstag, 18. Juni 2019 9:05 09
IV
Inhalt
bb) Beteiligte ...........................................................................................................125cc) Eingriff ................................................................................................................126dd) Ausnahmen ......................................................................................................126
b) Rechtsfolge ................................................................................................................128c) Folgen formeller Fehler ........................................................................................129
Fall 15: Schnelle Entscheidung ...........................................................................129Fall 16: Heilung im Prozess (Abwandlung zu Fall 15) .................................134
IV. Die Form des VA ..................................................................................................................1401. Die Form im engeren Sinne .......................................................................................1402. Der elektronische VA ....................................................................................................1403. Die Begründung des VA gemäß § 39 VwVfG ......................................................142
Fall 17: Versetzung ohne Begründung ..................................................................1424. Nachschieben von Gründen .....................................................................................144
Fall 18: Verschiedene Gründe ...................................................................................144C. Materielle Rechtmäßigkeit .....................................................................................................150
I. Die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage ............................................1501. Die materiellen Voraussetzungen .......................................................................... 1502. Die richtige Ermächtigungsgrundlage ................................................................. 151
II. Richtiger Adressat ...............................................................................................................152III. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen .......................................................152
1. Die Bestimmtheit des VA ............................................................................................152a) Erlassende Behörde ................................................................................................152b) Adressat ......................................................................................................................153c) Inhalt ............................................................................................................................153
2. Möglichkeit der Maßnahme ......................................................................................154Fall 19: Abbruch eines vermieteten Wochenendhauses ................................154
3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ...............................................................158a) Grundlagen ...............................................................................................................158b) Dogmatische Herleitung ......................................................................................158c) Bedeutung der Verhältnismäßigkeitsprüfung .............................................159d) Elemente der Verhältnismäßigkeitsprüfung .................................................160
aa) Legitimer Zweck .............................................................................................160bb) Geeignetheit ....................................................................................................161cc) Erforderlichkeit ................................................................................................161dd) Angemessenheit ............................................................................................162
e) Aufbauhinweis .........................................................................................................163Fall 20: Fahrtenbuchauflage nach falschem Parken ...................................163
IV. Rechtsfolge ...........................................................................................................................1661. Gebundener VA und Ermessensentscheidung ..................................................1662. Ermessensfehler .............................................................................................................168
a) Ermessensüberschreitung ...................................................................................169b) Ermessensunterschreitung ..................................................................................169c) Ermessensfehlgebrauch .......................................................................................170
aa) Sachfremde Erwägungen ............................................................................170bb) Tatsachenfehler ..............................................................................................170cc) Strukturelle Mängel in der Begründung ................................................170
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Inhalt
dd) Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG .................................................................171Fall 21: Aufstellung von Altkleidercontainern .....................................172
3. Ermessensreduzierung auf Null ...............................................................................176Fall 22: Nachbarstreit ...................................................................................................176
V. Unbestimmte Rechtsbegriffe und Beurteilungsspielraum ..................................1811. Unterscheidung zwischen Ermessen und Beurteilungsspielraum ..............1812. Gerichtliche Kontrolldichte ........................................................................................1823. Lehre vom Beurteilungsspielraum ..........................................................................1824. Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ..............................185
Fall 23: Missglücktes Examen ....................................................................................185
Übersicht: Rechtmäßigkeit des VA ...........................................................................................192
VI. Erklärungen der Verwaltung als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ....................1941. Zusicherung ....................................................................................................................194
Fall 24: Hin und her .......................................................................................................1942. Die allgemeine Zusage ................................................................................................199
VII. Nebenbestimmungen zum VA ......................................................................................1991. Begriffliche Abgrenzung der Nebenbestimmungen .......................................199
Fall 25: Der nachtblinde Autofahrer .......................................................................1992. Abwehr und Rechtmäßigkeit von Nebenbestimmungen ..............................203
Fall 26: Parabolantenne gegen Fernsehschatten ..............................................2033. Materielle Teilbarkeit von Nebenbestimmung und HauptVA ......................209
a) Rechtswidriger RestVA ..........................................................................................209b) Ermessensakte ..........................................................................................................210
Übersicht: Zusätze zum Verwaltungsakt ................................................................................211
6. Abschnitt: Wirksamkeit des VA ..............................................................................................212A. Unterscheidung Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit .......................................................212B. Nichtigkeitsgründe ...................................................................................................................213
Fall 27: Gaststättenlärm ...........................................................................................................213C. Rechtsschutz gegen nichtige Verwaltungsakte .............................................................220
I. Nichtigkeitsfeststellung durch die Behörde .............................................................220II. Nichtigkeitsfeststellung durch das Gericht ...............................................................220III. Anfechtungsklage gegen den nichtigen VA .............................................................220
D. Umdeutung eines fehlerhaften VA .....................................................................................221I. Voraussetzungen der Umdeutung ...............................................................................221II. Befugnis zur Umdeutung .................................................................................................221
Stichwortverzeichnis ........................................................................................................................223
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Literatur
LITERATURVERZEICHNIS
Bader/Ronellenfitsch (Hrsg.) Beck-OK VwVfGOnline-Kommentar, Stand: 01.04.2019
Detterbeck Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungs-prozessrecht17. Aufl. 2019
Ehlers/Pünder (Hrsg.) Allgemeines Verwaltungsrecht15. Aufl. 2015
Erbguth/Guckelberger Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungs-prozessrecht und Staatshaftungsrecht9. Aufl. 2018
Eyermann Verwaltungsgerichtsordnung15. Aufl. 2019
Fehling/Kastner/Störmer Verwaltungsrecht VwVfG – VwGO 4. Aufl. 2016
Gärditz (Hrsg.) VwGO – Verwaltungsgerichtsordnung2. Aufl. 2018
Huck/Müller Verwaltungsverfahrensgesetz2. Aufl. 2016
Hufen Verwaltungsprozessrecht11. Aufl. 2019
Ipsen Allgemeines Verwaltungsrecht11. Aufl. 2019
Verweise in den Fußnoten auf „RÜ“ und „RÜ2“ beziehen sich auf die Ausbildungszeitschriften von Alpmann Schmidt. Dort werden Urteile so dargestellt, wie sie in den Examensklausuren geprüft werden: in der RechtsprechungsÜbersicht als Gutachten und in der Rechtsprechungs-Übersicht 2 als Urteil/Behördenbescheid/Anwaltsschriftsatz etc.
RÜ-Leser wussten mehr: Immer wieder orientieren sich Examensklausuren an Gerichtsentscheidungen, die zuvor in der RÜ klausurmäßig aufbereitet wurden. Die aktuellsten RÜ-Treffer aus ganz Deutschland finden Sie auf unserer Homepage.
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Literatur.fm Seite VII Dienstag, 18. Juni 2019 9:08 09
VIII
Literatur
Knack/Henneke Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)10. Aufl. 2014
Kopp/Ramsauer Verwaltungsverfahrensgesetz19. Aufl. 2018
Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung24. Aufl. 2018
Kugele VwVfG1. Aufl. 2014
Mann/Sennekamp/Uechtritz Verwaltungsverfahrensgesetz2. Aufl. 2019
Maurer/Waldhoff Allgemeines Verwaltungsrecht19. Aufl. 2017
Obermayer/Funke-Kaiser VwVfG5. Aufl. 2018
Pautsch/Hoffmann (Hrsg.) VwVfG1. Aufl. 2016
Peine/Siegel Allgemeines Verwaltungsrecht12. Aufl. 2018
Posser/Wolff Beck-OK VwGOOnline-Kommentar, Stand: 01.04.2019
Redeker/v.Oertzen Verwaltungsgerichtsordnung16. Aufl. 2014
Schoch/Schneider/Bier VerwaltungsgerichtsordnungLoseblatt, Stand: September 2018
Sodan/Ziekow Verwaltungsgerichtsordnung5. Aufl. 2018
Stelkens/Bonk/Sachs Verwaltungsverfahrensgesetz9. Aufl. 2018
Wolff/Bachof/Stober/Kluth Verwaltungsrecht I13. Aufl. 2017
Literatur.fm Seite VIII Dienstag, 18. Juni 2019 11:27 11
IX
Literatur
Wolff/Decker Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)3. Aufl. 2012
Wysk Verwaltungsgerichtsordnung2. Aufl. 2016
Ziekow Verwaltungsverfahrensgesetz3. Aufl. 2013
Literatur.fm Seite IX Dienstag, 18. Juni 2019 9:08 09
Literatur.fm Seite X Dienstag, 18. Juni 2019 9:08 09
Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
1
1. Abschnitt
1. Abschnitt: Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
A. Verwaltung und Verwaltungsrecht
I. Verwaltungsrecht
1Das Verwaltungsrecht ist neben dem Verfassungsrecht das wichtigste Teilgebiet desÖffentlichen Rechts. Es regelt die Rechtsgrundlagen für das öffentlich-rechtliche Han-deln der Verwaltung und damit die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit von ho-heitlichen Maßnahmen.
n Hierbei umfasst das Allgemeine Verwaltungsrecht die Vorschriften, die – unabhän-gig von der betroffenen Sachmaterie – grundsätzlich für die gesamte Verwaltungmaßgebend sind. Sie können das Allgemeine Verwaltungsrecht daher mit dem All-gemeinen Teil des BGB oder des StGB vergleichen.
n Es wird ergänzt durch das Besondere Verwaltungsrecht mit einer Vielzahl sach-gebietsbezogener Normenkomplexe, die spezielle Voraussetzungen für die Tätigkeitder Verwaltung in bestimmten Bereichen aufstellen (z.B. Baurecht, Polizeirecht, Ge-werberecht, Umweltrecht).
2Zum Allgemeinen Verwaltungsrecht gehören vor allem die Vorschriften über die Hand-lungsformen der Verwaltung und das Verwaltungsverfahren, im weiteren Sinne auchdie Vorschriften über die Verwaltungsorganisation. Überwiegend werden auch das(allgemeine) Verwaltungsvollstreckungsrecht und das Staatshaftungsrecht zumAllgemeinen Verwaltungsrecht gezählt.
3Die wesentlichen Regelungen des Allgemeinen Verwaltungsrechts finden sich im Ver-waltungsverfahrensgesetz (VwVfG) des Bundes bzw. des Landes. Ergänzend geltenallgemeine, aus Art. 20 Abs. 3 GG (Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) abgeleitete Rechts-grundsätze, z.B. der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Verwaltungsvollstre-ckungsrecht findet sich für Bundesbehörden vor allem im Verwaltungsvollstreckungs-gesetz des Bundes (VwVG) und für Landesbehörden im LVwVG und teilweise spezialge-setzlich im Polizei- und Ordnungsrecht. Das Staatshaftungsrecht ist nur teilweise kodi-fiziert. Im Vordergrund steht hierbei die Amtshaftung gemäß § 839 BGB, Art. 34 S. 1 GG.Hinzu treten eine Reihe gewohnheitsrechtlicher Anspruchsgrundlagen (dazu AS-SkriptVerwaltungsrecht AT 2).
Verwaltungsrecht
Allgemeines Verwaltungsrecht
n Handlungsformen der Verwaltungn Verwaltungsverfahren (VwVfG)n Allgemeine Rechtsgrundsätzen Verwaltungsvollstreckung (VwVG)n Staatshaftung
Besonderes Verwaltungsrecht
n Baurecht (BauGB, LBauO)n Gewerberecht (GewO)n Immissionsschutzrecht
(BImSchG, LImSchG)n VersammlungsRu.v.m.
Verwaltungsrecht_AT_1.fm Seite 1 Dienstag, 18. Juni 2019 9:11 09
Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
2
1. Abschnitt
II. Verwaltung
4 Der Begriff „Verwaltung“ taucht in einer Reihe von Gesetzen auf (z.B. in den Art. 83 ff.GG und in § 1 VwVfG). Definiert wird der Begriff aber weder im Grundgesetz noch in deneinfachen Gesetzen.
5 Nach dem Gewaltenteilungsprinzip (Funktionentrennung) übt das Volk die Staats-gewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und derRechtsprechung aus (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG).1 Die Verwaltung bezeichnet hierbei diezweite (vollziehende) Gewalt.
1. Definition des Begriffs Verwaltung
6 Zunächst ist versucht worden, den Begriff der Verwaltung positiv zu bestimmen. Diepositiven Definitionsansätze greifen jedoch i.d.R. nur ein oder mehrere Merkmale derVerwaltungstätigkeit auf oder sind so abstrakt, dass sie praktisch kaum zu befriedigen-den Ergebnissen führen.
Verwaltung ist danach z.B. der Vollzug der Gesetze, die Verwirklichung des gesetzgeberischen Willens,der Einsatz hoheitlicher Mittel sowie die Gestaltung und Gewährleistung des sozialen Zusammen-lebens.2 Die differenzierteste Definition findet sich bei Wolff:3 Danach ist Verwaltung „die mannigfalti-ge, konditional oder nur zweckbestimmte, also insoweit fremdbestimmte, nur teilplanende, selbstbe-teiligt entscheidend ausführende und gestaltende Wahrnehmung der Angelegenheiten von Gemein-wesen und ihrer Mitglieder als solcher durch die dafür bestellten Sachwalter des Gemeinwesens“.
7 Deshalb wird der Begriff der Verwaltung heute überwiegend negativ bestimmt. Ver-waltung ist die Staatstätigkeit, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist (sog.Subtraktionsmethode).4 Danach ist Verwaltung nicht:
n der Erlass allgemein verbindlicher Regeln (Gesetze),
n die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten und die Verhängung von Strafen.
Mit dieser Methode lässt sich Verwaltungstätigkeit zwar im Groben bestimmen, jedochgibt es eine Vielzahl von Überschneidungen: Rechtsverordnungen (Gesetze im materi-ellen Sinne) werden nicht durch die Legislative, sondern aufgrund gesetzlicher Ermäch-tigung (Art. 80 GG) von der Exekutive erlassen. Ebenso werden Bußgelder nicht durchGerichte, sondern durch Verwaltungsbehörden verhängt (§§ 56 ff. OWiG).
1 Vgl. dazu im Einzelnen AS-Skript Staatsorganisationsrecht (2018), Rn. 118 ff.
Staatsfunktionen („Gewalten“)
Legislative(Gesetzgebung)
Exekutive(Verwaltung)
Judikative(Rechtsprechung)
Staatsfunktionen („Gewalten“)
Legislative(Gesetzgebung)
Exekutive(Verwaltung)
Judikative(Rechtsprechung)
2 Vgl. die unterschiedlichen Ansätze bei Maurer/Waldhoff § 1 Rn. 5 ff.; Ehlers in: Ehlers/Pünder, § 1 Rn. 6 m.w.N. 3 Wolff/Bachof/Stober I § 2 Rn. 19.4 Vgl. beispielhaft BVerwG RÜ 2015, 733, 735; grundlegend Otto Mayer, Verwaltungsrecht I, S. 7; Jellinek, Verwaltungsrecht,
S. 5 f.; kritisch Ehlers in Ehlers/Pünder, § 1 Rn. 8 ff.
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A. Verwaltung und Verwaltungsrecht
3
1. Abschnitt
8Deshalb werden in der neueren Lit. teilweise beide Methoden kombiniert und zunächstnegativ die Rechtsetzung und Rechtsprechung ausgeschieden und sodann die Verwal-tung positiv bestimmt als „die den Organen der vollziehenden Gewalt … übertrageneeigenverantwortliche ständige Erledigung der Aufgaben des Gemeinwesens durch kon-krete Maßnahmen in rechtlicher Bindung nach (mehr oder weniger spezifiziert) vorge-gebener Zwecksetzung“ (Kombinationstheorie).5
2. Formale Unterscheidung9Allen Ansätzen ist gemein, dass sie Verwaltung letztlich nicht definieren, sondern le-
diglich beschreiben. Im Ergebnis kann öffentliche Verwaltung unter verschiedenen As-pekten betrachtet werden:
n Verwaltung im organisatorischen Sinne meint die Einrichtungen, die Verwal-tungsaufgaben wahrnehmen, also die Verwaltungsträger und ihre Organe, z.B. dasLand, die Gemeinde, die Bezirksregierung, das Landratsamt.
n Verwaltung im formellen Sinne umfasst alle Tätigkeiten von Verwaltungsorganenund zwar unabhängig davon, ob es sich materiell um Verwaltungstätigkeit handelt,also z.B. auch den Erlass einer RechtsVO oder die Verhängung eines Bußgelds.
n Verwaltung im materiellen Sinne erfasst die typischen Verwaltungstätigkeiten,wie z.B. Erlass von Polizeiverfügungen, Erteilung von Genehmigungen, Gewährungvon Sozialleistungen, Betrieb öffentlicher Einrichtungen u.v.m.
3. Materielle Unterscheidung10Verwaltungstätigkeit lässt sich aber auch nach materiellen Kriterien ordnen. So werden
nach den Aufgaben und dem verfolgten Zweck vor allem folgende Arten der Verwal-tung unterschieden:
n Ordnungsverwaltung: Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ord-nung (z.B. Verbot einer Versammlung, Einweisung von Obdachlosen, Beseitigungvon illegalen Bauten).
n Leistungsverwaltung: Erbringung von Leistungen, um die Lebensbedingungen derBürger zu gewährleisten oder zu verbessern (z.B. Gewährung von Sozialhilfe, Sub-ventionen, Betrieb öffentlicher Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Kindergärten,Schulen).
n Finanzverwaltung: Beschaffung der für den Staat erforderlichen Geldmittel durchErhebung von Steuern und sonstigen Abgaben (z.B. Erschließungsbeiträge, Verwal-tungsgebühren etc.).
n Fiskalverwaltung: Beschaffung der Mittel, die für die Wahrnehmung der Verwal-tungsaufgaben erforderlich sind (z.B. Kauf von Computern, Dienstfahrzeugen) unddie Verwaltung des staatlichen Vermögens (z.B. Vermietung von Gebäuden, Verkaufvon Grundstücken).
5 Vgl. z.B. Stern, Staatsrecht II, S. 738.
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Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
4
1. Abschnitt
B. Verwaltungsträger
11 Träger der Verwaltung ist der Staat, also Bund und Länder. Das Grundgesetz unterschei-det deshalb Bundes- und Länderverwaltung (Art. 30, 83 ff. GG), wobei die Kommunen(Gemeinden und Landkreise) Teil der Landesverwaltung sind. Bund und Länder sindjuristische Personen des öffentlichen Rechts. Als juristische Personen sind sie nichthandlungsfähig. Für sie handeln ihre Organe. Die Organe, die Verwaltungsaufgabengegenüber dem Bürger wahrnehmen, nennt man Behörden.
Behörden des Bundes sind z.B. die Bundespolizeidirektionen, die Bundesfinanzdirektionen und dieHauptzollämter. Behörden des Landes sind z.B. die Finanzämter, die Polizeipräsidien, das Landeskrimi-nalamt und die Bezirksregierungen.
I. Unmittelbare Staatsverwaltung12 Bund und Länder können ihre Verwaltungsaufgaben entweder durch eigene Organe
(Bundes- oder Landesbehörden) wahrnehmen oder durch andere Verwaltungsträger(und deren Organe). Werden Verwaltungsaufgaben von Bundes- oder Landesbehörden,also eigenen Organen des Staates wahrgenommen, spricht man von unmittelbarerStaatsverwaltung.
13 Die unmittelbare staatliche Verwaltung ist i.d.R. mehrinstanzlich gegliedert:
n Oberste Behörden sind z.B. die Bundes- bzw. Landesregierung, der Bundeskanzlerbzw. Ministerpräsident und die einzelnen Ministerien. Sie haben eine Doppelfunk-tion; einerseits sind sie Verfassungsorgane mit staatsleitenden Funktionen, anderer-seits oberste Verwaltungsbehörden.6
n Oberbehörden unterstehen jeweils unmittelbar dem sachlich zuständigen Ministe-rium. Sie nehmen Verwaltungsaufgaben zentral für das ganze Bundes- bzw. Landes-gebiet wahr.
Unmittelbare Staatsverwaltung
unmittelbareBundesverwaltung
unmittelbareLandesverwaltung
obersteBehörde
BMin derFinanzen
BMin fürWirtschaft
Innenministerium
Ober-behörde
Generalzoll-direktion
Bundes-kartellamt
Landes-kriminalamt
Mittel-Behörde
Bezirks-regierung
untereBehörde
Haupt-zollamt
Polizei-präsidium
6 Vgl. einerseits BVerwG RÜ 2012, 188, 190 f.; andererseits BVerwG DVBl. 2013, 34.
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B. Verwaltungsträger
5
1. Abschnitt
Beispiele: Bundesoberbehörden sind z.B. die Generalzolldirektion, das Kraftfahrt-Bundesamt, dasBundeskartellamt und das Umweltbundesamt. Landesoberbehörden sind – je nach Landesrecht –z.B. das Landeskriminalamt, das Landesumweltamt u.a.
n Mittelbehörden sind ebenfalls der obersten Behörde (Ministerium) unmittelbar nach-geordnet, aber anders als Oberbehörden i.d.R. nur für einen Teil des Bundes- bzw. Lan-desgebietes zuständig.
Auf Bundesebene gibt es nur wenige Mittelbehörden (z.B. die Generaldirektion Wasserstraßen undSchifffahrt). Auf Landesebene sind – je nach Landesrecht – Mittelbehörden z.B. die Bezirksregie-rung, das Regierungspräsidium, die Regionaldirektionen u.a.
n Untere Behörden unterstehen der jeweiligen Mittelbehörde und sind räumlich be-schränkt nur für einen bestimmten Teil des Verwaltungsgebiets zuständig.
Auf Bundesebene ist dies mit Blick auf Art. 87 GG nur selten der Fall (z.B. die Hauptzollämter und dieWasser- und Schifffahrtsämter). Auch auf Landesebene gibt es nur wenige unmittelbare untere Lan-desbehörden (z.B. Polizeipräsidien, Finanzämter). In der Regel werden die Aufgaben des Landes aufder unteren Ebene von den Kreisen und Gemeinden wahrgenommen. So handelt z.B. der Landratbzw. das Landratsamt häufig als untere staatliche Verwaltungsbehörde (vgl. z.B. Art. 37 Abs. 1 S. 2BayLKrO, § 132 BbgKVerf, § 55 HKO, § 59 KrO NRW, § 41 Abs. 1 S. 2 LKO RP, § 111 Abs. 2 ThürKO).
II. Mittelbare Staatsverwaltung14Bund und Länder nehmen die Verwaltungsaufgaben häufig nicht selbst wahr, sondern
sie können andere Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechtseinschalten. Dann spricht man von mittelbarer Staatsverwaltung.7
Beispiele: Bei der Arbeitsverwaltung handelt der Bund durch die Bundesagentur für Arbeit als Körper-schaft des öffentlichen Rechts (mittelbare Bundesverwaltung). Das Land überträgt die örtlichen Verwal-tungsaufgaben den Gemeinden als öffentlich-rechtliche Körperschaften (mittelbare Landesverwaltung).
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts unterscheidensich durch ihre organisatorische Struktur:
15n Körperschaften sind durch staatlichen Hoheitsakt geschaffene rechtsfähige Perso-nenzusammenschlüsse, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Träger der Körper-schaft sind die Mitglieder, die wesentlichen Einfluss auf die Willensbildung haben,wobei der Bestand der Körperschaft vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist. DieMitgliedschaft wird teils freiwillig, teils gesetzlich begründet (Zwangskörperschaft).8
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind z.B. die Gemeinden, Landkreise, Universitäten, Rechts-anwaltskammern (§§ 60, 62 BRAO), Handwerkskammern (§ 90 HandwO) und die Industrie- undHandelskammern (§§ 2, 3 IHK-G). Auch Religionsgemeinschaften können gemäß Art. 140 GG i.V.m.Art. 137 Abs. 5 WRV den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft haben.9
– Bei Gebietskörperschaften folgt die Mitgliedschaft aus dem Wohnsitz in einembestimmten Gebiet (z.B. bei den Gemeinden und Kreisen).
– Bei Personalkörperschaften ist der Beitritt oder eine bestimmte Eigenschaft ei-ner Person Voraussetzung für die Mitgliedschaft (z.B. Universität, Rechtsanwalts-kammer, Ärztekammer).
7 Vgl. Maurer/Waldhoff § 23; Kemmler JA 2015, 328 ff.8 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit solcher Pflichtmitgliedschaften vgl. BVerfG RÜ 2017, 663 und AS-Skript Grund-
rechte (2018), Rn. 281.9 Vgl. dazu BVerfG RÜ 2015, 615.
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Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
46
3. Abschnitt
„Verwaltungsvorschriften sind Gegenstand und nicht Maßstab gerichtlicher Kontrolle. Die Gerichte sind… an Verwaltungsvorschriften grundsätzlich nicht gebunden. Sie dürfen ihren Entscheidungen vielmehrnur materielles Recht, zu dem Verwaltungsvorschriften nicht gehören, zugrunde legen und sind ledig-lich befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigenerÜberzeugung anzuschließen.“195
Beispiel: Die Verwaltungsvorschriften zum BAföG (BAföGVwV) bestimmten, das Kraftfahrzeuge i.d.R. alsHaushaltsgegenstände i.S.d. § 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG anzusehen seien. Zum nach § 27 Abs. 1 BAföG anzu-rechnenden Vermögen gehörten sie nur, wenn sie als Luxusgegenstände einzustufen waren. Die Verwal-tungsgerichte sind an die BAföGVwV als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift nicht gebunden.Das BVerwG geht vielmehr davon aus, dass ein Kraftfahrzeug unabhängig von seinem Wert kein Haus-haltsgegenstand i.S.d. § 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG und daher als Vermögen zu berücksichtigen ist.196
c) Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften
143 Von den norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften sind die normkonkretisie-renden Verwaltungsvorschriften zu unterscheiden, die vor allem im Umweltrecht beiunbestimmten Gesetzesbegriffen eine große Bedeutung erlangt haben.
So wird z.B. in zahlreichen Vorschriften an den Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ ange-knüpft (z.B. §§ 3 Abs. 1, 5, 17 BImSchG). Ob Umwelteinwirkungen „schädlich“ sind, ist grundsätzlich an-hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Zur Verwaltungsvereinfachung regelndie Technischen Anleitungen (z.B. TA Luft und TA Lärm) bestimmte Grenzwerte. Als Verwaltungsvor-schriften i.S.d. § 48 BImSchG enthalten sie an sich nur verwaltungsinterne Beurteilungsmaßstäbe für diebehördlicherseits durchzuführenden Kontrollen.
Während die Verbindlichkeit derartiger Verwaltungsvorschriften früher vor allem damitbegründet wurde, es handele sich um antezipierte Sachverständigengutachten,197
spricht man heute überwiegend von normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrif-ten, denen eine auch im Verhältnis zum Bürger zu beachtende normative Bindungswir-kung zukomme.198
Die Immissionsgrenzwerte der TA legen normkonkretisierend „innerhalb einer Bandbreite unter Um-ständen denkbarer Entscheidungen trennscharf fest, welche Umwelteinwirkungen dem Einzelnennoch zuzumuten sind, welches verbleibende Risiko er mithin zu tragen hat; dabei handelt es sich nachAbwägung und Wertung letztlich um eine politische Willensentscheidung.“199
144 Begründen lässt sich die Bindungswirkung damit, dass der Gesetzgeber der Verwaltungin diesen Bereichen einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat. Die gesetzliche Re-gelung zielt darauf ab, dass ein unbestimmter Rechtsbegriff (z.B. schädliche Umwelt-einwirkungen) aufgrund von fachlichen Feststellungen, Bewertungen und Prognosenverbindlich von der Verwaltung konkretisiert werden soll.200 Auch in der Lit. wird –mit unterschiedlichen Begründungen – überwiegend von einer unmittelbaren Außen-wirkung normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften ausgegangen.201
195 BVerwG DVBl. 1999, 399, 400.196 BVerwG NVwZ-RR 2010, 926, 928.197 Vgl. z.B. BVerwGE 55, 250, 256.198 BVerwG NVwZ 2008, 76; NVwZ 2000, 440; DVBl. 1999, 399, 400; BayVGH ZfBR 2011, 47, 49; Seibel BauR 2004, 1245, 1249;
Voßkuhle/Kaufhold JuS 2016, 314, 316.199 OVG Lüneburg DVBl. 1985, 1322, 1323.200 Ausführlich Seibel BauR 2004, 1245, 1249.201 Vgl. z.B. Jarass JuS 1999, 105, 109; Otting DVBl. 2001, 1792, 1793 m.w.N.
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B. Verwaltungsvorschriften
47
3. Abschnitt
Eine derartige Normkonkretisierung wird in st.Rspr. insbesondere bejaht für die nach § 48 BImSchG vonder Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) mit Zustimmung des Bun-desrates erlassenen TA Luft und TA Lärm202 sowie für bestimmte atomrechtliche Verwaltungsvorschrif-ten.203 Auch im Sozialhilferecht hat das BVerwG bestimmten Verwaltungsvorschriften „anspruchskon-kretisierende Wirkung“ zuerkannt.204
Nach Auffassung des EuGH genügen normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften mangels Rechts-normcharakter nicht den Anforderungen an eine innerstaatliche Umsetzung des EU-Rechts.205 Auf derGrundlage des § 48 a BImSchG wurde deshalb die 22. BImSchV erlassen, die Grenzwerte für bestimmteLuftverunreinigungen enthielt und den Anforderungen des EU-Rechts genügte (jetzt 39. BImSchV).
145Die Gegenansicht verweist darauf, dass die Verwaltung nach dem Grundgesetz keineKompetenz habe, unmittelbares Außenrecht durch Verwaltungsvorschriften zu setzen.Die Verwaltung benötige eine solche Kompetenz auch nicht, weil anstelle von Verwal-tungsvorschriften genauso gut Rechtsverordnungen erlassen werden könnten.206 Es seiwenig sinnvoll, bestimmte Verwaltungsvorschriften formell und materiell so zu behan-deln wie eine Rechtsnorm, aber gleichwohl als Verwaltungsvorschrift zu bezeichnenund rechtsdogmatisch den Verwaltungsvorschriften zuzuordnen. Die Verwaltungsvor-schrift mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen sei ein Widerspruch in sich. In Wirk-lichkeit handele es sich um eine Rechtsverordnung oder Satzung.207
d) Ermessensrichtlinien
146Im Ermessensbereich darf die Verwaltung nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ent-scheiden und damit eigene Maßstäbe setzen, um eine möglichst einheitliche, ausge-wogene und gleichmäßige Verwaltungspraxis zu gewährleisten. Hier kann sich einemittelbare Außenwirkung über den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GGergeben (dazu nachfolgend Fall 5).
202 BVerwGE 107, 338, 341; OVG Lüneburg DVBl. 1985, 1322, 1323; Seibel BauR 2004, 1245, 1249 m.w.N.; ebenso OVG Schles-wig-Holstein NordÖR 2009, 468 zur TA Abfall.
203 BVerwGE 72, 300, 320 f.204 BVerwG DVBl. 2005, 766, 767.205 EuGH DVBl. 1991, 863 und 869 zur TA Luft; zustimmend Otting DVBl. 2001, 1792, 1793; Erichsen/Klüsche Jura 2000, 540,
548; Jarass JuS 1999, 105, 112; allgemein Voßkuhle/Kaufhold JuS 2016, 314, 316.206 Vgl. mit unterschiedlichen Begründungen Wolf DÖV 1992, 849, 852 ff.; Erichsen/Klüsche Jura 2000, 540, 548; Maurer JZ
2005, 895, 896; Detterbeck Rn. 882.207 Instruktiv Maurer JZ 2005, 895, 896.
– Dienstvorschriften– norminterpretierende VV
mit nur verwaltungs- interner Bedeutung
mit unmittelbarer Außenwirkung
mit mittelbarer Außenwirkung
(insb. Art. 3 Abs. 1 GG)
– normkonkretisierende VV – Ermessensrichtlinien– Subventionsrichtlinien
Verwaltungsvorschriften
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Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
48
3. Abschnitt
III. Verwaltungsvorschriften im gesetzlich geregelten Bereich
147 Gebührenbescheide sind Verwaltungsakte i.S.d. § 35 VwVfG (s.u. Rn. 183 ff.). Verwal-tungsakte können von der Behörde nach ihrem Erlass grundsätzlich nur unter den Vor-aussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG aufgehoben bzw. geändert werden. Nach § 48 Abs. 1VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt (VA), auch nachdem er unanfechtbargeworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangen-heit zurückgenommen werden (dazu näher AS-Skript Verwaltungsrecht AT 2).
I. Eine Rücknahme nach § 48 VwVfG setzt voraus, dass der ursprüngliche Gebührenbe-scheid rechtswidrig gewesen ist.
148 1. Aufgrund des Grundsatzes vom Vorrang des Gesetzes ist das der Fall, wenn ergegen vorrangige gesetzliche Regelungen verstößt.
Nach dem Landesgebührengesetz i.V.m. dem Gebührenverzeichnis kann für dieAuffüllungsgenehmigung eine Gebühr von 100 bis 5.000 EUR erhoben werden.Die zunächst festgesetzte Gebühr von 1.000 EUR hält sich in diesem Rahmen, so-dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden sind. Die ursprünglicheGebührenfestsetzung verstieß daher nicht gegen gesetzliche Vorschriften.
2. Jedoch stand die Festsetzung im Widerspruch zu der Verwaltungsvorschrift, dieeine Bemessung der Gebühr nach der aufgebrachten Erdmenge vorsieht.
149 a) Verwaltungsvorschriften sind indes bloßes Innenrecht, sie haben keine un-mittelbare Außenwirkung gegenüber dem Bürger und sind deshalb keineGesetze i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG. Ein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriftenführt daher für sich allein nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme.
150 b) Die Richtlinien regeln allerdings, wie die Rahmengebühr gestaffelt werden soll.Durch solche Ermessensrichtlinien soll eine einheitliche Ermessensausübungsichergestellt werden. Die Behörde wird sich aufgrund der verwaltungsinternenVerbindlichkeit bei der Entscheidung gegenüber dem Bürger auch vom Inhaltder Verwaltungsvorschriften leiten lassen.
Fall 5: Rechtswidrigkeit – ja oder nein?
K erhielt auf seinen Antrag eine naturschutzrechtliche Genehmigung für die Aufbrin-gung von Bodenaushub auf seinem Grundstück. Für die Genehmigung wurde eineGebühr in Höhe von 1.000 EUR erhoben. Nachdem K den Betrag gezahlt hat, stellt dieBehörde fest, dass die Gebühr zu niedrig festgesetzt worden ist. K erhält darauf einenneuen Gebührenbescheid, diesmal in Höhe von 3.000 EUR. Zur Begründung beruftsich die Behörde darauf, dass nach dem Gebührenverzeichnis zum Landesgebühren-gesetz für Auffüllungen eine Gebühr im Rahmen von 100 bis 5.000 EUR erhoben wer-den kann. Nach einer Verwaltungsvorschrift des zuständigen Ministeriums soll dieStaffelung innerhalb dieses Gebührenrahmens grds. nach der aufgebrachten Erd-menge erfolgen. Entsprechend dem Antrag des K ergebe sich daher eine Gebühr von3.000 EUR. Die ursprüngliche Berechnung habe fälschlicherweise nicht die Erdmen-ge, sondern nur die Grundstücksfläche berücksichtigt. K hält die Erhöhung für rechts-widrig, da die Staffelung lediglich in einer Verwaltungsvorschrift vorgesehen ist.
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B. Verwaltungsvorschriften
49
3. Abschnitt
Wie man diese faktische Außenwirkung bei Ermessensrichtlinien rechtlicherfasst, ist umstritten.
151aa) Teilweise wird die Außenwirkung von Ermessensrichtlinien damit begrün-det, dass sie gegenüber dem Bürger Rechtswirkungen hervorbringen „sol-len“ (finaler Aspekt). Wo der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes nichteingreife, habe die Exekutive eine originäre Regelungsbefugnis. Wegender verwaltungsinternen Verbindlichkeit der Ermessensrichtlinien sei auchim Verhältnis zum Bürger die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübungunmittelbar an dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der Verwal-tungsvorschriften zu messen.208
152bb) Eine solche Begründung widerspricht indes dem fehlenden Rechtsnorm-charakter von Verwaltungsvorschriften. Außenrechtssätze darf die Verwal-tung nach Art. 80 GG nur in Form von Rechtsverordnungen auf der Grund-lage einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen. Deswegen erkennt die h.M.Ermessensrichtlinien Außenwirkung nur mittelbar über den Gleichbe-handlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu. Durch den Erlass der Verwal-tungsvorschriften legt sich die Verwaltung auf eine Verwaltungspraxis fest,die dem Inhalt der Verwaltungsvorschriften entspricht. Von dieser in denVerwaltungsvorschriften niedergelegten Verwaltungspraxis darf nur aussachlichem Grund abgewichen werden. Verwaltungsvorschriften in Formvon Ermessensrichtlinien bewirken also über Art. 3 Abs. 1 GG eine Selbst-bindung der Verwaltung, die eine sachlich nicht gerechtfertigte Abwei-chung von den Richtlinien verbietet.209
153c) Aufgrund der nur mittelbaren Außenwirkung der Ermessensrichtlinien kannsich die Rechtswidrigkeit des Bescheides zwar nicht allein aus der Nichtbeach-tung der internen Richtlinien ergeben. Die Entscheidung ist aber wegen Ver-stoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG dann (außen-)rechtswidrig, wenn die Abwei-chung von den Richtlinien sachlich nicht gerechtfertigt war.
Beispiel: Weicht die Behörde ohne sachlichen Grund zugunsten eines einzelnen Subven-tionsbewerbers von ansonsten angewendeten Subventionsrichtlinien ab, ohne ihre Praxisinsgesamt zu ändern, so ist ihre Entscheidung wegen Verletzung des Gleichbehandlungsge-bots (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtswidrig.210
154aa) Eine Berücksichtigung der Richtlinien über den Gleichbehandlungsgrund-satz setzt zunächst voraus, dass die Verwaltungspraxis ihrerseits recht-mäßig ist, da Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Gleichbehandlungim Unrecht gewährt.211
Denn eine durch rechtswidrige Verwaltungspraxis erzeugte Pflicht der Verwaltung zuweiterem rechtswidrigem Handeln würde dem Vorrang des Gesetzes zuwiderlaufen.212
208 Vgl. insbes. Leisner JZ 2002, 219, 227; Erbguth DVBl. 1989, 473, 480 ff.; Beckmann DVBl. 1987, 611, 616; Ossenbühl AöR92, 16 ff.; ähnlich schon Wolff/Bachof I (9. Aufl.) § 24 c 2: Lehre von den Ersatznormen.
209 BVerwG NVwZ 2012, 1262, 1265; NVwZ 2006, 1184, 1188; BayVGH BayVBl. 2009, 539, 540; Maurer/Waldhoff § 24 Rn. 27;Remmert Jura 2004, 728, 730; Voßkuhle/Kaufhold JuS 2016, 314, 315; vgl. auch VGH BW RÜ 2019, 189, 193: Selbstbindungder Verwaltung durch langjährige Verwaltungspraxis.
210 BVerwG NVwZ 2003, 1384; allgemein Reimer Jura 2014, 678, 686.211 BVerfG NVwZ 1994, 475, 476; BVerwG NVwZ 2005, 1525, 1526; Bader/Ronellenfitsch VwVfG § 40 Rn. 69; Remmert Jura
2004, 728, 730; Müller-Franken JuS 2005, 723, 725; Voßkuhle/Kaufhold JuS 2016, 314, 316.
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Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
50
3. Abschnitt
155 Die Richtlinien müssen insbes. auf sachlichen Gründen beruhen und dür-fen selbst nicht willkürlich sein.213 Das ist hier zu bejahen, da es sach-gerecht ist, die Höhe der Gebühr an dem wirtschaftlichen Vorteil des Ge-nehmigungsinhabers auszurichten.
Beispiele: Die Gewährung eines staatlichen Zuschusses verstößt gegen Art. 3 Abs. 1und Art. 6 Abs. 1 GG, wenn sie bei ledigen und verheirateten Bewerbern eine einheitlicheEinkommensgrenze zugrunde legt.214 Der Auftrag des Grundgesetzes an den Staat, dietatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern (Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG),rechtfertigt es dagegen, Frauen bei der Förderung von Betriebsgründungen im Hand-werk günstigere Bedingungen einzuräumen als Männern.215
156 Im Übrigen müssen Ermessensrichtlinien mit Rücksicht auf Sinn und Zweckdes gesetzlich eingeräumten Ermessens stets den Besonderheiten des Ein-zelfalles Rechnung tragen und damit Abweichungen im Einzelfall zulas-sen. Sie dürfen also ein gewisses „Restermessen“ der Behörde nicht voll-ständig ausschließen.216 Nach der Richtlinie „soll“ die Gebühr grundsätz-lich nach der Auffüllmenge bemessen werden. Sollvorschriften enthaltennur eine Vorgabe für den Regelfall, lassen aber Abweichungen im Einzelfallzu, sodass von der Rechtmäßigkeit der durch die Richtlinie bestimmten Ver-waltungspraxis auszugehen ist.
157 bb) Die mittelbare Außenwirkung von Ermessensrichtlinien über Art. 3 Abs. 1GG kann sich dabei nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten des Bür-gers auswirken.217 Die Verwaltung ist wegen der objektiv-rechtlichen Wir-kung des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 Abs. 1 GG gehalten, dievon ihr durch interne Richtlinien gesetzten Schranken der Ermessensaus-übung einzuhalten und darf von ihnen nicht ohne rechtfertigenden Grundzugunsten des Betroffenen abweichen.218 Danach durfte die Behörde hiernicht ohne Grund von der Staffelung in der Verwaltungsvorschrift abwei-chen. Eine unbeabsichtigte oder irrtümliche Nichtbeachtung kann nie ei-nen die Abweichung rechtfertigenden Grund darstellen, da die Behördesich insoweit gar keine Gedanken gemacht hat.219
Damit stellt bei Ermessensentscheidungen die „verwaltungsinterne“ Nicht-beachtung einer Verwaltungsvorschrift einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1GG dar und führt zur Rechtswidrigkeit des darauf beruhenden VA. Der ur-sprüngliche Gebührenbescheid war daher ermessensfehlerhaft, weil er dieüber Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigende Staffelung in den Verwaltungs-vorschriften nicht beachtet hat. Als rechtswidriger VA unterliegt er derRücknahme nach § 48 Abs. 1 VwVfG.
212 BVerwGE 34, 278, 282 f.; VG Karlsruhe Urt. v. 15.07.2008 – 11 K 922/08, BeckRS 2008, 39196.213 OVG NRW NWVBl. 2009, 320, 321; Knack/Henneke VwVfG § 40 Rn. 71.214 BVerwG NVwZ 2004, 350. 215 BVerwG DVBl. 2003, 139 gegen OVG NRW NWVBl. 2002, 239; ausführlich Müller-Franken JuS 2005, 723, 727 ff.216 BVerwG NVwZ 2015, 1764, 1766; OVG NRW NWVBl. 2009, 231, 232; BayVGH NJOZ 2012, 1374, 1376.217 BVerwG NVwZ 2003, 1384; VGH BW RÜ 2009, 453, 455; VG Karlsruhe, Urt. v. 20.07.2017 – 3 K 105/16, BeckRS 2017, 123154.218 BVerwG NVwZ 2003, 1384; VGH BW NVwZ 1999, 547.219 VGH BW NVwZ 1999, 547.
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B. Verwaltungsvorschriften
51
3. Abschnitt
Weiteres Beispiel: Versagt eine Behörde in Anwendung der einschlägigen Richtlinien unter be-stimmten Voraussetzungen regelmäßig die Gewährung einer Zuwendung, verletzt sie das Gleichbe-handlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn sie sich im Einzelfall über diese Pra-xis hinwegsetzt und trotz Fehlens der nach den Richtlinien geforderten Voraussetzungen die Leis-tung gewährt. In einem solchen Fall ist die Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GGrechtswidrig.220 Etwas anderes gilt dann, wenn die Behörde generell von den Förderrichtlinien ab-weicht und diese deshalb ihre ermessenslenkende Wirkung verlieren.221
In diesem Fall macht also nicht der Verstoß gegen die Subventionsrichtlinie den Bewilligungsbe-scheid rechtswidrig (weil keine Rechtsnorm), sondern die Abweichung von der Verwaltungspraxis,die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG begründet.
158II. Die Rücknahme wird durch § 48 Abs. 2–4 VwVfG eingeschränkt, wenn es sich bei demursprünglichen Gebührenbescheid um einen den K begünstigenden VA gehandelthat. Begünstigend ist nach § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG ein VA, der einen rechtlich erheb-lichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Ein Gebührenbescheid ist indes ein aus-schließlich belastender VA.222
Nach der Gegenansicht soll die ursprüngliche Festsetzung zugleich die begünstigende Regelungenthalten, dass nur der festgesetzte Betrag und keine weitergehende Belastung auferlegt wird. DieErhöhung des ursprünglichen Betrages hat dann zugleich die Wirkung der Aufhebung dieser Be-günstigung.223 Das kann indes nur angenommen werden, wenn in der ursprünglichen Belastungzugleich ein (zumindest konkludenter) Verzicht auf weitergehende Ansprüche zu sehen ist, wovonim Regelfall nicht auszugehen ist.224
Da die Änderung der Gebührenhöhe auch im Übrigen nicht zu beanstanden ist, istder neue Gebührenbescheid rechtmäßig.
IV. Verwaltungsvorschriften im gesetzlich nicht normierten Bereich159Soweit eine Regelung dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegt, darf die Verwaltung ohne
Gesetz nicht handeln, kann also insbes. ihre Maßnahmen auch nicht auf eine Verwal-tungsvorschrift stützen.225 Das bedeutet im Einzelnen:
n Für belastende Maßnahmen und wesentliche Entscheidungen sind Verwaltungs-vorschriften keine ausreichende Rechtsgrundlage.
n Im Anwendungsbereich vom Vorbehalt des Gesetzes können Verwaltungsvorschrif-ten ausnahmsweise für eine Übergangszeit ausreichen, soweit dies zur Aufrecht-erhaltung der Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen erforderlich ist (Chaos-gedanke).226
n Problematisch ist das Verhältnis zwischen Verwaltungsvorschriften und Vorbehaltdes Gesetzes im Bereich der Leistungsgewährung.
220 BVerwG NVwZ 2003, 1384; VGH BW RÜ 2009, 453, 455; VG Karlsruhe, Urt. v. 20.07.2017 – 3 K 105/16, BeckRS 2017, 123154.221 BVerwG NVwZ 2012, 1262. 222 BVerwG DVBl. 2000, 490, 491; OVG NRW NWVBl. 2009, 101, 102; VGH BW NVwZ 1999, 547, 548; Kopp/Ramsauer VwVfG § 48
Rn. 69; Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG § 48 Rn. 123 u. 132.223 Maurer/Waldhoff § 11 Rn. 13; Ruffert in Ehlers/Pünder § 21 Rn. 53; Ehlers/Kallerhoff Jura 2009, 823, 827. 224 Vgl. AS-Skript Verwaltungsrecht AT 2 (2017), Rn. 83. 225 BVerwGNWVBl. 2009, 300, 302.226 BVerwG RÜ 2019, 453, 456; NVwZ 2014, 305, 307; näher oben Rn. 118.
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Übersicht
102
4. Abschnitt
Begriffsmerkmale des VA gemäß § 35 VwVfG
hohe
itlic
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aßna
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Behö
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öffe
ntlic
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Rech
tRe
gelu
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Definition
n Zweitbescheid(nach erneuter Sachprüfung)
n vorläufiger VA
n jedes Verhalten mit Erklärungs - gehalt (auch konkludent), daskraft hoheitlicher Gewaltvorgenommen wird
n Erklärungen im Gleich -ordnungsverhältnis(z.B. ör Vertrag, verwaltungs -rechtliche Willenserklärung)
n jede Stelle, die Aufgaben deröffentlichen Verwaltung wahr -nimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG), auchBeliehene
n bei verwaltungsrechtlicherRechtsgrundlage
n eindeutig hoheitliche Hand -lungsform (sog. formeller VA)
n privatrechtliche (z.B. fiska lische)Maßnahmen
n Regierungsakte kraftVerfassungs- oder Völker recht
n Handeln eines (nicht beliehenen)Privaten
n Maßnahme der Legislative oderRechtsprechung
n Wiederholung eines VA(ohne erneute Sachprüfung)
n vorbereitende Maßnahmen,Verfahrenshandlungen
n schlichtes Verwaltungshandelnn mit Erklärungsgehalt
z.B. Auskünfte, Berichte,Warnungen, Mitteilungen
n tatsächliche VerrichtungenBenutzung von Sachen, Dienst -fahrten, Auszahlung von Geld,Schulunterricht, Anwendung vonVerwaltungszwang
n wenn Maßnahme unmittelbarauf die Herbeiführung einerRechtsfolge gerichtet ist (final),insbes.n Verbot, Gebot (Verfügung)n Rechtsgewährung
(z.B. Erlaubnis)n Rechtsversagung (Ablehnung)n Rechtsgestaltung (z.B. Widerruf)n Feststellung (z.B. gesetzes -
konkretisierender VA)n dinglicher VA (z.B. Widmung)
Abgrenzung /Gegenbegriffe
soweit nicht ausnahmsweiseExekutivaufgaben
z.B. Ermessensentscheidung über Auskunftserteilung, kon - kludentes Duldungsgebot beiZwangs maß nahmen (str.)
Regelung ausnahmsweise (+),wenn dem Realakt (kon klu dente)Regelung vorge schaltet
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A. Die Ermächtigungsgrundlage
113
5. Abschnitt
368– Ist Rechtsgrundlage für den VA eine untergesetzliche Rechtsnorm (RechtsVO,Satzung), so kann auch fraglich sein, ob die herangezogene Vorschrift dem Vorbe-halt des Gesetzes genügt oder ob aufgrund des Parlamentsvorbehalts eine Rege-lung in einem formellen Gesetz erforderlich ist („Ermächtigungsgrundlage ausrei-chend?“).
Ob eine Maßnahme so wesentlich ist, dass sie in einem Parlamentsgesetz selbst geregelt werdenmuss, bestimmt sich vor allem nach der Intensität der individuellen Betroffenheit und der Bedeu-tung der Regelung für die Allgemeinheit. Je stärker der Einzelne oder die Allgemeinheit betroffenist, umso detaillierter und bestimmter muss die gesetzliche Regelung sein.531
Ergibt sich, dass der Gesetzgeber aufgrund des Parlamentsvorbehalts die gesetzliche Regelungselbst hätte treffen müssen, so ist der VA mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlagerechtswidrig, wenn die Regelung nur durch RechtsVO oder Satzung erfolgt ist. Eine Ausnahmegilt auch hier, wenn der derzeitige Zustand im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltungfür eine Übergangszeit hingenommen werden muss (s.o. Rn. 118).
n Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
369Beruht der VA auf einer wirksamen und ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, sosind sodann die formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zuprüfen.
Beachte: Die Prüfung der Ermächtigungsgrundlage zu Beginn der Rechtmäßigkeitsprü-fung beantwortet nur die Frage, ob eine wirksame und ausreichende Ermächtigungs-grundlage vorhanden ist. Die sachliche Prüfung der Voraussetzungen der Ermächti-gungsgrundlage (z.B. im Polizeirecht, ob tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicher-heit besteht) erfolgt erst im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit.532
531 Vgl. z.B. BVerwG NVwZ 2017, 1786, 1790; Voßkuhle JuS 2007, 118, 119.
Beispiel: Prüfung der Ermächtigungsgrundlage im Fallaufbau
I. Als belastende Maßnahme bedarf der VA einer Ermächtigungsgrundlage.
Soweit zweifelhaft:
„Fraglich ist, ob die Maßnahme nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes einer Ermäch-tigungsgrundlage bedarf …“
Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung könnte § … sein.
Soweit Bedenken an der Wirksamkeit bestehen:
„Diese Vorschrift müsste wirksam sein. Das setzt voraus, dass sie formell und materiell verfas-sungsgemäß ist …“
Wenn die VA-Befugnis problematisch ist:
„Die Vorschrift müsste zum Erlass eines Verwaltungsaktes berechtigen …“
II. Formelle Rechtmäßigkeit(Zuständigkeit, Verfahren, Form)
III. Materielle Rechtmäßigkeitinsbes. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage, allgemeine Rechtmäßig-keitsvoraussetzungen, zulässige Rechtsfolge
532 Vgl. Schnapp/Henkenötter JuS 1998, 624, 626; zum abweichenden „bayerischen Prüfungsaufbau“ insb. im Polizeirecht(Unterscheidung zwischen Aufgabeneröffnung und Befugnis) Wehr JuS 2006, 582, 583.
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Rechtmäßigkeit eines VA
194
5. Abschnitt
VI. Erklärungen der Verwaltung als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung
615 Nicht nur gesetzliche Regelungen können die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshan-delns beeinflussen, die Behörde kann sich auch durch eigenes Verhalten hinsichtlichspäterer Entscheidungen binden.
Beispiel: Aufgrund einer ständigen Vergabepraxis der Behörde kann sich über Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m.dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung ein Anspruch des Bürgers auf Bewilligung einer Sub-vention ergeben (s.o. Rn. 169 ff.).
616 Einen Sonderfall bildet die verbindliche Zusage der Behörde, eine bestimmte Verwal-tungsmaßnahme später vorzunehmen oder zu unterlassen. Ist die Zusage wirksam, hatder Betroffene gegen die Behörde einen Anspruch auf das zugesagte Verhalten. Beziehtsich die Zusage auf den späteren Erlass oder Nichterlass eines bestimmten Verwaltungs-akts, so spricht man von einer Zusicherung (§ 38 VwVfG).
1. Zusicherung
617 Die zulässige Anfechtungsklage hat Erfolg, soweit der Bescheid rechtswidrig und B da-durch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 StVG.
I. Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit bestehen keine Bedenken.
II. In materieller Hinsicht ist nach § 3 Abs. 1 StVG die Fahrerlaubnis zu entziehen, wennsich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Als Spezi-alfall bestimmt § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG, dass der Betroffene als ungeeignet zum Füh-ren von Kraftfahrzeugen gilt und die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn sich nachdem Fahreignungs-Bewertungssystem 8 oder mehr Punkte ergeben.930
Fall 24: Hin und her
Nachdem B sich einen Sportwagen zugelegt hat, fällt es ihm schwer, Geschwindig-keitsbegrenzungen einzuhalten. Anfang Juni 2018 geht bei der zuständigen Fahrer-laubnisbehörde eine Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes ein, wonach das Fahreig-nungsregister für B 8 Punkte aufweist. Im daraufhin eingeleiteten Verfahren zur Entzie-hung der Fahrerlaubnis erreicht B unter Hinweis auf seine Tätigkeit als Berufskraft-fahrer, dass ihm die Behörde mit Schreiben vom 24.07.2018 mitteilt, man wolle ihmeine letzte Chance geben, sich zu bewähren. Bei erneuten Verstößen werde die Fahrer-laubnis aber in jedem Fall entzogen. Zunächst sei die Angelegenheit erledigt. Als dieAufsichtsbehörde hiervon erfährt, weist sie die Fahrerlaubnisbehörde an, die Fahrer-laubnis sofort zu entziehen. B erhält daraufhin nach Anhörung am 28.09.2018 einen Be-scheid, dass ihm die Fahrerlaubnis entzogen werde, da nach erneuter Prüfung die Ge-fährdung des Straßenverkehrs nicht länger hinnehmbar sei. Das Schreiben vom 24.07.2018 sei damit gegenstandslos. Gegen diesen Bescheid hat B (nach erfolglosem Vor-verfahren) Klage erhoben, mit der er geltend macht, er habe nach dem Schreiben vom24.07.2018 keine Verkehrsverstöße mehr begangen, was zutrifft. Wird die zulässigeKlage Erfolg haben?
Hinweis: Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach § 4 Abs. 5–8 StVG sind eingehalten.
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C. Materielle Rechtmäßigkeit
195
5. Abschnitt
III. Der Rechtsfolge nach „ist“ die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 Hs. 2StVG), der Behörde steht also kein Ermessen zu.
618IV. Die Rechtswidrigkeit könnte sich jedoch aus dem Verstoß gegen die Zusage vom24.07.2018 ergeben. Wird nämlich eine Zusicherung auf Nichterlass eines (belasten-den) VA nicht eingehalten, so ist der zusicherungswidrig erlassene VA wegen Versto-ßes gegen § 38 VwVfG rechtswidrig.931
Hat die Behörde eine Zusicherung auf Erlass eines (begünstigenden) VA abgegeben und erlässt sieden VA gleichwohl nicht, hat der Betroffene die Möglichkeit der Verpflichtungsklage.932
1. Dann müsste das Schreiben vom 24.07.2018 begrifflich eine Zusicherung i.S.d.§ 38 VwVfG darstellen, d.h. es muss eine verbindliche Erklärung der Behörde vor-liegen, einen bestimmten VA später zu erlassen oder nicht zu erlassen.
619a) Zunächst muss eine verbindliche Erklärung der Behörde vorliegen. Gegen-über dem Adressaten muss unzweifelhaft der Wille der Behörde zum Ausdruckkommen, einen bestimmten VA später zu erlassen oder nicht zu erlassen.933
Dabei ist der Erklärungsinhalt analog § 133 BGB durch Auslegung zu ermit-teln. Maßgeblich ist nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn derEmpfänger bei objektiver Würdigung aller maßgeblichen Begleitumständeund des Zwecks der Erklärung verstehen konnte.934
Aus der Sicht des B konnte das Schreiben vom 24.07.2018 nur im Sinne einerverbindlichen Regelung verstanden werden. Nachdem die Behörde zunächstein Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis eingeleitet hatte, konnte dieÄußerung „die Angelegenheit sei zunächst erledigt“ nur bedeuten, dass dieBehörde jedenfalls bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage nicht tätig wer-den wollte. Aufgrund dieses objektiv erkennbaren Bindungswillens liegt somitbegrifflich eine Zusicherung vor.
620Besondere Probleme ergeben sich beim Abbau von Subventionen. Ein Vertrauen in denFortbestand einer Förderung ist grundsätzlich nicht schutzwürdig. Selbst eine langjährigeGewährung einer Subvention begründet kein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Weiterge-währung (s.o. Rn. 172).935 Allerdings kann in einer zunächst befristeten Bewilligung zugleichdie (konkludente) Zusicherung einer Anschlussförderung liegen. Dies hat die Rspr. z.B. an-genommen, wenn die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens auch nach Ablauf einer langan-dauernden Gewährung (15 Jahre) von einer weiteren Subventionsgewährung abhängig ist.Der Subventionsempfänger könne dann die zunächst befristete Leistungsgewährung nurals Zusage einer Anschlussförderung verstehen.936 Diese Entscheidung hat in der Litera-tur937 deutliche Kritik erfahren. Eine Zusicherung liege nur vor, wenn die Verwaltung einenbestimmten VA verbindlich zusage und dadurch ein „rechtlich relevantes“ Vertrauen begrün-de. Ein solches berechtigtes Vertrauen könne aber gerade dann nicht angenommen werden,wenn die Behörde eine Leistungsbewilligung zeitlich befriste.938
930 Zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG vgl. OVG Lüneburg NJW 2017, 1769.931 Maurer/Waldhoff § 9 Rn. 61; Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG § 38 Rn. 122.932 Maurer/Waldhoff § 9 Rn. 61; Hebeler/Schäfer Jura 2010, 881, 884.933 BVerwG NVwZ 2012, 1314, 1316; ThürOVGThürVBl 2016, 93; Hebler/Schäfer Jura 2010, 881, 882.934 BVerwG NVwZ 2012, 1314, 1316; VGH Mannheim DVBl. 2000, 820, 821; Kloepfer/Lenski NVwZ 2006, 501, 502 m.w.N.935 BVerwG NVwZ 2006, 1184, 1188; DVBl. 1998, 142, 144; VGH Mannheim NJW 2004, 624; Schwarz JZ 2004, 79, 81 m.w.N.936 OVG Berlin DVBl. 2003, 1333, 1334; anders OVG Berlin JZ 2005, 672, 673 bestätigt durch BVerwG NVwZ 2006, 1184, 1186.937 Pietzker DVBl. 2003, 1339, 1339; Schwarz JZ 2004, 79, 83 f.938 Schwarz JZ 2004, 79, 83; in diesem Sinne auch BVerwG NVwZ 2006, 1184, 1187; Ebeling/Tellenbröker JuS 2014, 217, 219.
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Rechtmäßigkeit eines VA
196
5. Abschnitt
621 b) Die Erklärung muss sich im Rahmen des § 38 VwVfG auf den Erlass oder Nich-terlass eines bereits hinreichend bestimmten VA beziehen. Im vorliegendenFall betraf die Erklärung der Behörde das Unterbleiben der Entziehung derFahrerlaubnis als VA i.S.d. § 35 VwVfG.
2. Die Zusicherung muss wirksam sein.
622 a) Gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG muss die Zusicherung von der zuständigen Be-hörde und in schriftlicher Form erteilt werden.
Bei der Zuständigkeit kommt es nur auf die Zuständigkeit der Behörde als solche an. Handeltinnerhalb der zuständigen Behörde ein unzuständiger Sachbearbeiter, so hat dies keinen Ein-fluss auf die Wirksamkeit der Zusicherung im Außenverhältnis.939 Für die Schriftform gilt§ 37 Abs. 3 VwVfG (analog), wobei stets die (einfache) Schriftform ausreicht, auch wenn derin Aussicht gestellte VA besonderen Formvorschriften unterliegt (z.B. Aushändigung einerUrkunde nach § 8 Abs. 2 BeamtStG).940 Eine in elektronischer Form abgegebene Zusicherunggenügt der Schriftform, wenn die Anforderungen des § 3a Abs. 2 VwVfG eingehalten sind.941
Beachte: Zuständigkeit und Schriftform sind bei der Zusicherung nicht nur Recht-mäßigkeits-, sondern zwingende Wirksamkeitsvoraussetzungen. Anders als beimVA führen Verstöße gegen diese beiden Voraussetzungen nicht nur zur Rechtswid-rigkeit, sondern zur Unwirksamkeit der Zusicherung.942
623 b) Im Übrigen sind nach § 38 Abs. 2 VwVfG die Regeln über die Wirksamkeit vonVAen entsprechend anzuwenden.
Nach wie vor ist äußerst umstritten, ob die Zusicherung selbst einen VA darstellt. Die h.M. be-jaht dies unter Hinweis darauf, dass durch die Zusicherung verbindlich ein Anspruch begrün-det wird.943 Nach a.A. enthält die Zusicherung keine eigenständige Regelung, sondern berei-tet diese nur vor.944 Für die wichtigsten verfahrensrechtlichen Regeln (§§ 44, 45, 48, 49 VwVfG)ist diese Streitfrage ohnehin irrelevant, da § 38 Abs. 2 VwVfG jedenfalls eine „entsprechende“Anwendung der VA-Regeln anordnet.945 Deshalb lässt die Rspr. die Rechtsnatur der Zusiche-rung zumeist offen.
Ungeklärt sind dagegen die prozessualen Konsequenzen. Sieht man mit der h.M. die Zusiche-rung als VA an, ist eine Klage auf Erteilung der Zusicherung als Verpflichtungsklage statt-haft, nach der Gegenansicht handelt es sich um eine allgemeine Leistungsklage.
624 aa) Aus § 38 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 44 VwVfG ergibt sich, dass die bloße Rechts-widrigkeit der Zusicherung, wie beim VA, nicht automatisch zur Unwirk-samkeit führt. Unwirksam ist die Zusicherung vielmehr nur, wenn sie nach§ 44 Abs. 2 oder Abs. 1 VwVfG nichtig ist.
Auch eine rechtswidrige Zusicherung begründet daher einen Anspruch des begünstig-ten Bürgers auf Erlass bzw. Nichterlass des zugesicherten VA. Die Erfüllungshandlung(z.B. Erlass des VA) ist dann rechtmäßig, selbst wenn sie an sich gesetzeswidrig ist.946
Für eine Nichtigkeit bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
939 Knack/Henneke VwVfG § 38 Rn. 12; Kingler/Krebs 2010, 1059, 1060.940 Kingler/Krebs JA 2010, 1059, 1061.941 Kopp/Ramsauer VwVfG § 38 Rn. 20.942 BVerwG DVBl. 1995, 746, 747; OVG Lüneburg NVwZ 2005, 470; Kopp/Ramsauer VwVfG § 38 Rn. 21; Kloepfer/Lenski NVwZ
2006, 501, 502; Hebeler/Schäfer Jura 2010, 881, 882.943 BVerwG NVwZ 1986, 1011; NJW 1988, 662, 663; Pünder JA 2004, 467, 468; Knack/Henneke § 38 Rn. 21; Hebeler/Schäfer
Jura 2010, 881, 881 f.; Kingler/Krebs JuS 2010, 1059, 1059 f.944 Jakobs Jura 1985, 234, 235; Erfmeyer DVBl. 1999, 1625, 1630; Berg JZ 2005, 1039, 1044.945 Vgl. Hebler/Schäfer Jura 2010, 881, 882.946 Vgl. VGH Mannheim NVwZ 1991, 79, 80; Ennuschat JuS 1998, 905, 909; a.A. Erfmeyer DVBl. 1999, 1625, 1629.
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Stichworte
223
Stichwortverzeichnis
Die Zahlen verweisen auf die Randnummern.
Abgrenzung Öffentliches Recht/PrivatrechtAbgrenzungstheorien ..................................... 59 ff.Kriterien .................................................... 33 ff., 53 ff.Sachzusammenhang ............................................... n
Abschlusszeugnis ..................................................... 339Abwasserbeseitigung ................................................56actus contrarius ..................................... 205, 308, 330Allgemeine Leistungsklage ......187, 306 ff., 330 ff.Allgemeines Verwaltungsrecht ................................ 1Allgemeinverfügung ...........................................273 ff.
benutzungsregelnde ........................... 273, 286 ff.personenbezogene .........................................273 f.sachbezogene ..........................................273, 284 f.
Amtsermittlungsgrundsatz .................................. 480Amtshaftung ..................................................... 31, 34 ff.Anfechtungs-
klage .......187, 295, 318, 422 ff., 474, 506, 646 ff.Angemessenheit ...................................................527 f.Anhörung der Beteiligten ........................ 416 ff., 444
Ausnahmen .......................................................415 ff.bei belastendem VA ........................................... 413Heilung fehlender .......................................... 434 ff.
Anordnungen gegenüber Verwaltungsträgern .......................................296 ff.
Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ........................................................ 569
Antizipiertes Sachverständigengutachten ..... 143Auflage ..................................................................... 629 f.Auflagenvorbehalt ................................ 636, 644, 649Aufrechnung ..........................................................203 ff.Auskunftsanspruch ..............................................232 ff.Ausschluss vom Unterricht ................................... 114Ausschluss wegen Befangenheit ........................ 395Auswahlermessen .................................................... 542Ausweisung eines
Ausländers ....................... 376 ff., 520, 539, 555 ff.Außenwirkung des VA ........................................294 ff.
bei Maßnahmen in Sonder- verhältnissen ...................................................315 ff.
Beamte ......................................................................... 316Abordnung ............................................................ 325Beurteilungen ..................................
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