Viele Welten: Hugh Everett III - ein Familiendrama zwischen kaltem Krieg und Quantenphysik. Von...

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M AG A Z I N

also kein Licht vom Boden der Tassedas Auge erreichen, jedenfalls keines,dass seinen Ursprung im eingestrahl-ten Laserlicht hat. Da der Grenzwin-kel der Totalreflexion einen ganzbestimmten Wert hat, ist der Innen-rand des hellen Rings so klar be-grenzt. In Abbildung 2 wurden derÜbersicht halber nicht alle einge-zeichneten Strahlen bis zum Endeverfolgt.

Das Experiment funktioniertübrigens nur für niedrige Wasser-schichten von weniger als etwaeinem Zentimeter. Bei größeren Tie -fen befindet sich der Radius, ab demdas Licht total zurückgeworfen wird,außerhalb des Radius der Tasse.Gefäße mit einer matten Oberflächezeigen dieses Phänomen natürlichnicht.

Es gibt wohl kaum ein zweitesBeispiel, in dem die Totalreflexion so eindrucksvoll visualisiert werdenkann. Voraussetzung ist allerdings,

dass man die Situation erst einmaldurchschaut. Übrigens tritt der Effektnicht nur in grünem Tee auf, norma-les Leitungswasser tut es auch.

H. Joachim Schlichtung, Uni Münster

© 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 2/2013 (44) Phys. Unserer Zeit 99

Tasse fixiert hat, so bleibt der Effektaus. Doch wie kommt die diffuseReflexion des Laserlichts dazu, einenRing mit einem scharfen Innenrandzu bilden?

Ein Teil des auf den Tassenbodenauftreffenden Laserlichts wird diffusin alle Richtungen reflektiert (Abbil-dung 2). Dabei trifft es von unten aufdie Grenzschicht Wasser-Luft undwird diese normalerweise durchdrin-gen. Weil es sich jedoch um einenÜbergang vom optisch dichteren insoptisch dünnere Medium handelt,geschieht dies nur bis zu einembestimmten Winkel, dem Grenzwin-kel der Totalreflexion. Ab diesemWinkel wird alles Licht total zumBoden der Tasse zurückgeworfen.Dieses Licht erhellt den Boden,indem es von dort diffus oder spie-gelnd ins Auge des Betrachters reflek -tiert wird. Zwischen dem hellenzentralen Fleck und diesem durchTotalreflexion erhellten Bereich kann

Laserstrahl

A B B . 2 D I F F U S E R E F L E X I O N

Der in der Mitte einfallende Laserstrahl (dicker Pfeil) wirdsowohl spiegelnd zum großen Teil in sich selbst zurückge-strahlt, wie auch diffus reflektiert. Ab einem bestimmtenAbstand tritt jedoch Totalreflexion auf, so dass das Licht aufden Boden zurückfällt und ihn ringförmig um einen dunklenBereich erhellt (nicht maßstabsgerechte Zeichnung).

B Ü C H E R |Viele Welten:

Hugh Everett III –

ein Familiendrama

zwischen kaltem

Krieg und Quanten-

physik. Peter Byrne,

551 S., Springer-

Verlag, Heidelberg

2012, geb. 29,95 1.

ISBN: 978-3-642-25179-5.

Hugh Everett (1930–1982) ist eineder rätselhaftesten Persönlichkeitender Theoretischen Physik. Eine derbizarrsten Interpretationen der Quan -tentheorie trägt seinen Namen – dieEverett-Interpretation, auch Viele-Welten-Interpretation genannt.

Everett war schon als Studentunzufrieden mit der von Niels Bohrdominierten Kopenhagener Deutungder Quantenmechanik gewesen.Warum sollte man von der Existenzeines klassischen Teils der Weltausgehen müssen, um die Quanten-vorgänge auf mikroskopischen Ska -

len verstehen zu können? Ist es nichtviel befriedigender, von einer univer-sellen Quantenwelt auszugehen undvon innen heraus zu erklären, wieklassische Eigenschaften entstehen?Everett postulierte, dass die Schrödin-ger-Gleichung immer exakt gelte undes keinen Kollaps der Wellenfunktiongebe, durch den aus einer Vielzahlvon Möglichkeiten die eine gemesse-ne Realität werde. Viel mehr gehörtenalle von der Wellenfunktion erlaub-ten Möglichkeiten zur Realität. Dasgelte auch für den Beobachter, dernach einer Messung in so vielenKopien existiert, wie es unterschied-liche Messergebnisse gibt.

Der Journalist und Wissenschafts-autor Peter Byrne deckt in seinerumfassenden Biographie sowohl dierelevante Physik als auch den Men-schen Everett in all seinen Facettenab. Dabei halfen ihm die zahlreichenUnterlagen aus dem Nachlass, diesich in verstaubten Pappkartons imKeller seines Sohns fanden.

Everett verließ nach seiner Dis -sertation die akademische Welt und

arbeitete bis zu seinem Tod für dasUS-amerikanische Militär. Die Zeitdes Kalten Krieges spiegelt sich inder Schilderung dieser schwierigenund wenig sympathischen Persön-lichkeit wider, der es nicht gelang,tiefe Beziehungen zu anderen Men-schen zu entwickeln, nicht einmal zuseiner Familie. AusschweifenderNikotin- und Alkoholgenuss führtenzu seinem frühen Tod.

Byrnes Biographie wird allen ander Quantentheorie Interessiertenviel Vergnügen bereiten. Allerdingskann nur empfohlen werden, zu derenglischsprachigen Originalausgabezu greifen und die deutsche Überset-zung zu meiden. In letzterer wim-melt es von Fehlern und Stilblüten,und zwar in einem Ausmaß, wie esdem Rezensenten bisher noch nichtbegegnet ist. Hier scheint sich einehemals angesehener Verlag vollendsvon jedem Anspruch verabschiedetzu haben, zumindest ein minimalesNiveau zu halten.

Claus Kiefer, Uni Köln

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