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Torsten Brandt and Thorsten Schulten

Öffentliche Dienstleistungen unter Privatisierungsdruck

Konferenz des WSI und der FEI

29. und 30. Juni 2007 in Marburg

Wirtschaft- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI)

Auswirkungen der Liberalisierung auf Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen -

erste Ergebnisse des EU-Projektes PIQUE

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Gliederung

1. Zur Bedeutung von Liberalisierung und Privatisierung

2. Internationale Befunde zu Beschäftigungseffekten

3. Konsequenzen für die Tarifpolitik

4. Strategien der Gewerkschaften

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Zur Bedeutung von Liberalisierung und Privatisierung

Liberalisierung:

Öffnung von Märkten fürkonkurrierende Unternehmen unabhängig von ihren Eigentumsverhältnissen

Konkurrenz zwischen öffentlichenund privaten Unternehmen

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Zur Bedeutung von Liberalisierung und Privatisierung

Privatisierungsmodelle:

Materielle Privatisierung: Verkauf von öffentlichem Eigentum

Formale Privatisierung: Öffentliche Unternehmen mit privater

Rechtsform (AG, GmbH) und operativer Selbstständigkeit

Übertragung öffentlicher Aufgabenan private Unternehmen (PPP,

Outsourcing)

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Beschäftigungseffekte

Internationale empirische Befunde(AK Wien 2005):

Umfangreicher Personalabbau Reduktion der Arbeitskosten Flexibilisierung, Verdichtung, Verlängerung der Arbeitszeit Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Beschäftigungseffekte

Beispiel „Sektorvergleich Deutschland“ (PIQUE):

Post: extremer Personalabbau Inland

Krankenhäuser: Outsourcing, seit 1991 Abbau des Beschäftigungsvolumens um 9%

ÖPNV: Fremdvergaben, Abbau technisches Personal

Strom: 40%-Personalabbau von 1991 bis 2002

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Bedeutung für die Arbeitsbeziehungen

Internationale Befunde (AK Wien 2005): Dezentralisierung von Tarifverhandlungen, Zunahme von Tarifparteien; Rückgang: Gewerkschaftsmitglieder, betrieblicher Interessenvertretung; wachende gewerkschaftliche Konflikte Verschlechterung „kollektiver“ Interessenvertretung !!!

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Bedeutung von Liberalisierung und Privatisierung für die Tarifpolitik

Schaffung neuer Märkte ohne eine branchenweite tarifpolitische Regulierung

Hohe Arbeitsintensität – hoher Arbeitskostenanteil

Wettbewerb um Lohn- und Arbeitskosten wird zur zentralen Stellschraube

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Konsequenzen für die Tarifpolitik

Arbeitsthese PIQUE (2007):

Vor der Privatisierung:

Unmittelbare oder mittelbare Anbindung an das Tarifsystem des öffentlichen Dienstes

Nach der Privatisierung:

Keine oder nur sehr lose Anbindung an das Tarifsystem des öffentlichen Dienstes

Unterschiedliche Tarifvertragssysteme für öffentliche Unternehmen/incumbents und neue Privatunternehmen

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Konsequenzen für die Tarifpolitik

Beispiel Post: Bis 1989/94 Deutsche Bundespost: Anbindung an zentralistische Tarifsystem öffentlicher Dienst, hoher Organisationsgrad 1995 Gründung von 3 Aktiengesellschaften:

Tarifverhandlungen auf Unternehmensebene (Dezentralisierung und Fragmentierung von Tarifpolitik)

seit 1998 Liberalisierung Briefmarkt: Incumbent Firmen-TV, neue Wettbewerber nicht organisiert, keine TV`s: Lohndumping

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WSIEntlohnungs- und Arbeitsbedingungen Postzusteller* im Vergleich

PIN AG Jurex Deutsche Post AG

(Incumbent)

Sektor TV Logistik (Berlin)

Monatsentgelt** 1.020,00 € 900,00 € 1.765,88 € 1.631,31 €

Stundenentgelt** 5,86 € 5,17 € 10,54 € 9,47 €

Wochen-arbeitszeit

40 Stunden

40 Stunden

38,5 Stunden

40 Stunden

Urlaub 21 Tage 26 Tage 29 Tage 28 Tage

Urlaubsgeld 0,00 € 0,00 € 332,34 € 360,00 €

Weihnachtsgeld 0,00 € 0,00 € 1.765,88 € 281,21 €

Mehrarbeits-zuschlag

0 % 0 % 25 % 25 %

* 35 Jahre mit 5 Beschäftigungsdauer; ** Brutto, ohne BonusvergütungenQuelle: verdi 2006

Konsequenzen für die Tarifpolitik

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Konsequenzen für die Tarifpolitik

Beispiel Telekom: Bis 1989/94 Deutsche Bundespost: Anbindung an zentralistische Tarifsystem öffentlicher Dienst, hoher Organisationsgrad 1995 Gründung Aktiengesellschaft DTAG: Firmentarifvertrag 1998 vollständige Liberalisierung: neue Wettbewerber niedriger organisiert, niedriger TV`s mit unterschiedlichen Gewerkschaften: Lohndumping 2007 Ausgründung Servicegesellschaften: abgesenkte Standards trotz U.-Gewinnen

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Konsequenzen für die Tarifpolitik

Arbeitsbe-ziehungen im öffent-

lichen Sektor

Arbeitsbeziehungen nach Privatisierung/Liberalisierung

Incumbent/öffentliche

Unternehmen

Neue Wettbewerber

Organisa-tiongsgrad

hoch hoch niedrig

Tarifver-handlungen

zentralisiert Unternehmens-ebene

dezentralisiert, fragmentiert oder keine

Tarifverträge

Beschäftigte Beamte und Arbeitne-

hmer

Beamte und Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, Selbständige

Beschäftigungs-sicherheit

hoch relativ hoch niedrig

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Gewerkschaftliche Strategien

Tarifpolitische Kernfrage:

Wie lässt sich Wettbewerbum niedrige Lohn- und Arbeitskosten begrenzen?

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Gewerkschaftliche Strategien

Tarifpolitische Ansätze:Spartentarifverträge Branchentarifverträge mit Anlehnung an den öffentlichen Dienst Problem: Niveauunterschiede ÖD/Sparte

Neue BranchentarifverträgeFragmentierte Tarifstruktur privater Unternehmen Keine Tarifbindung Haustarifverträge Haustarifverträge mit gelben Gewerkschaften

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Gewerkschaftliche Strategien

Politische Instrumente zur Stärkung von Branchentarifverträgen: Entsendegesetz/

Allgemeinverbindlichkeit Gesetzliche Mindestlöhne Tariftreueklauseln Regulierungspolitik

auf nationaler und EU-Ebene Lizensierung mit

Sozialklauseln verbinden

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Gewerkschaftliche Strategien

Grundlegende Strategieoptionen:1) Verhinderung von Liberalisierungs- und

Privatisierungsvorhaben (z.B. Krankenhäuser, ÖPNV, Verwaltung);

2) Regulierung liberalisierten Marktes durch Tarifpolitik und Beeinflussung der Regulierungsbehörden (z.B. Strom, Post);

3) Stärkung des öffentlichen Sektors (z.B. Rekommunalisierung öffentlicher Aufgaben, Stadtwerke).

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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Gewerkschaftliche Strategien

Politische Strategien: Fachbereichsübergreifende Kooperation Verhältnis von Arbeitsbedingungen und Qualität der Dienstleitungen; Eigenen Konzepte für die Zukunft der Daseinsvorsorge: Verknüpfung von Bürger- und Beschäftigteninteressen; Neue Kooperationspartner? EGB-Inititiative zum Schutz öffentlicher Daseinsvorsorge

Torsten Brandt & Thorsten Schulten

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http://www.pique.at/

Weitere Informationen …

… zum aktuellen EU-Projekt „Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen“ (PIQUE):

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