Zur elektrolytischen Reduktion des Sauerstoffes zu Wasserstoffsuperoxyd

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E. Miiller u. K. Mehlhorn. Reduktion von Sauerstoff USW. 199

Zur elektrolytischen Reduktion des Sauerstoffes zu Wasserstoffsuperoxyd

Von ERICH MULLER und KURT MEHLHORN Mit einer Figur im Text

Seit der Feststellung von TRAUBE~), dal3 bei der Elektrolyse der Schwefelsaure geloster molekularer Sauerstoff an der Kathode zu Wasserstoffsuperoxyd reduziert wird, hat man verschiedentlich versucht, dieses Verfahren technisch brauchbar xu gestalten. Das Beste, was bis jetzt erreicht wurde, scheint eine Losung von 0,5O/, H,02 bei einer Stromdichte von 2 - Amp./cm2 und einer Strom- ausbeute yon 800/, zu sein, wenn man amalgamierte Silber- oder Kupferkathoden verwendet und den Elektrolyten mit Sauerstoff gut gesattigt halt2).

Dal3 die Konzentration des Wasserstoffsuperoxydes nicht uber eine gewisse Grenze getrieben werden kann, kommt daher, daB es der Wiederreduktion an der Kathode unterliegt. Es handelt sich hier, sofern man unter dem Potential bleibt, welches zur Entwicklung gasformigen Wasserstoffes genugt, urn die beiden Vorgange

2H' + 0, + 2 0 = H202 2H' + H20, + 2 0 = 2HsO

(1) (2)

Fur deren Geschwindigkeiten gilt 2

271 = EI, * cot * CH. * i 2 v2 = K 2 G = ~ ~ ~ * cH. * i

und fur den zu beabachtenden zeitlichen Fortschritt der H202- Bildung V

Das Maximum der erreichbaren H20,-Konzentration ist gegeben, wenn P = Null, wenn also

ist und daher ICl = h'2 'HzOg

cE,ol max. = K . cot. (3) -~ -_ l) TR~UBE, Sitzungsber. d. Kgl. Preul3.Akad.1887,1041; Ber.15 (l882), 2434. 2, F. FOERSTER, Elektrochemie wiiBriger Losungen, 3. Aufl., S. 349.

200 Zeitschrift fur anorgankche und allgemeine Chemie. Band 223. 1935

Das erreichbare Maximum ist also der Konzentration des Sauer- stoffes proportional. Deshalb lassen sich, wie F. FISGHER zeigtel), bei der Elektrolyse wesentlich hoher konzentrierte H202-Losungen herstellen, wenn man sie unter hoherem Sauerstoffdruck betreibt.

Diese Verhiiltnisse gelten aber nur fur die Losung an der Kathode, d. h. dieses Maximum an H20, tritt nur direkt an der Kathode auf. Da sich an ihr das H202 bildet, wird auch seine Kon- zentration hier groBer sein als in der entfernteren Losung und daher das in leteterer auftretende Maximum an H,02 kleiner. Um letz- teres zu erhohen, muB geruhrt merden, was denn auch allgemein als gunstig erkannt uvorden ist.

Nun ist aber bekannt, daB auch die starkste Ruhrung der Losung sich nicht bis auf die Elektrode erstreckt. Es ist deshalb anzunehmen, da13 in der von der Ruhrung nicht betroffenen Dif- fusionsschicht eine hohere Konzentration des H,O, verbleibt als in der stark geruhrten Losung. cHA0, in Losung wird also kleiner sein als cHSOL max. an der Elektrode. Konnte man diese Diffusions- schicht von dem Metal1 der Elektrode entfernen und in die Losung uberfuhren, dann miiBte auch die in Losung erreichbare H,O,-Kon- zentration sich vergroBern.

Dieses erscheint moglich, wenn man als Kathode statt amalga- mierter fester Metalle fliissiges Quecksilber benutzt und dieses selber in moglichst starke Bewegung versetzt, derart, da5 seine Oberflache bestandig verschwindet und aus dem Inneren heraus erneuert wird. Wir haben im Hinblick auf diese Uberlegungen Versuche mit stark gertihrtem flussigen Hg angestellt, die in der Tat eine bedeutende Steigevung der anwendbaren Stromdichte und der erreichbaren H,02-Konzentration erreichen lieBen.

Mannigfache Variationen, auf die hier nicht eingegangen werden soll, fuhrten zu einer Apparatur, die schematisch durch Fig. 1 dar- gestellt ist.

Auf dem Graphitblock G wurde der Glaszylinder 2 gekittet. Dieser war mit einem Gummistopfen V verschlossen, durch dessen mittlere Aussparung die porose Tonzelle T gesteckt wurde. Letztere trug oben den Gummistopfen R, und an einem Bodenloch den Stopfen W. Durch mittlere Bohrungen war durch R und W das Glasrohr N gefuhrt und durch dieses der Stil des Glasruhrers M gesteckt. Innerhalb der Tonzelle befand sich der Anolyt, auaerhalb

l) F. FISCHER u. 0. PRIESS, Ber. 46 (1913), 698.

E. Miiller u. K. Mehlhorn. Reduktion von Sauerstoff usw. 201

der Katholyt, beide 2 n-H,SO,. AIs Anode diente eine von Kiihl- fliissigkeit durchstromte Spirale B aus Bleirohr, deren Enden gas- dicht durch den Stopfen R gefiihrt waren, als Kathode eine auf dem Bodengraphit liegende Quecksilberschicht q , die nicht ganz bis zum Boden der Tonzelle heraufreichte. Durch die Stopfen R und V waren noch gasdicht Glasrohre gefuhrt, die zum Zu- oder Ableiten von Gasen und zur Entnahme von Proben dienten. Der Ruhrer M hatte unten vier symmetrisch angeordnete horiaontale Flugel F , die an ihrern Ende etwas nach oben gebogen waren (0). Er hatte oben einen gasdichten QuecksilberverschluB S und wurde vermittels von Kreisscheiben motorisch in Drehung versetzt.

Wenn man den gesamten an der Kathode entladenen Wasser- stoff zur Reduktion ausnutzen - will, so darf das Kathodenpoten- tial wahrend der Elektrolyse nicht so hoch steigen, daB sich gas- fiirmiger Wasserstoff entwickelt. Andererseits mochte man wieder moglichst na>he an dieses Poten- tial herankommen, weil damit die anwendbare Stromdichte steigt und die Gefahr, daB das Hg oxydiert wird, sinkt. Um [ hieriiber eine Kontrolle zu haben, wurde eine Normalkalomelelek- Fig. 1 trode mit dem Kathodenraum durch den elektrolytischen Stromschliissel H verbunden, mit dem das Potential des Hg kontrolliert werden konnte.

Es ururde nun zunachst ohne Riihrung und ohne Sauerstoff- zufuhr zwischen den Elektroden eine Spannung angelegt und diesc soweit gesteigert, bis eben kleine Wasserstoffblaschen am Hg zu beobachten waren und in diesem Moment das Potential des Hg gegen die N. E. gemessen. Bei den sich anschlieBenden Versuchen mit Riihrung und Sauerstoffzufuhr wurde dann die Stromstkke nur soweit gesteigert, daB das Potential des Hg etwa 0,l Volt unter diesem Wert blieb.

202 Zeitschrift fur anorganiscbe und allgemeine Chemie. Band 223. 1936

0,5 039 1,26 1,47 1,234 2,11

Wenn sich das Mg in Riihe befindet, bedeckt es den Graphit- boden vollstandig. Wird dagegen stark geruhrt, dann wird das Hg an die Wandung des Glaszylinders geschleudert (mm) und die Mitte des Graphitbodens freigelegt. Da die Wasserstoffentwicklung am Graphit leichter erfolgt als am Hg, so wird beim Ruhren die be- schriebene potentiometrische Kontrolle unsicher. Deshalb sahen wir uns veranlaGt, den Boden durch Piccin zu isolieren und die Stromzuleitung durch einen in der Nahe des Glaszylinders ein- gelassenen nioht isolierten Graphitknopf I< herbeizufuhren.

Von den mit dieser Apparatur ausgefuhrten zahlreichen Versuchen seien im folgenden nur zwei sich auf langere Zeit erstreckende angefuhrt.

Versuch 1 Katholyt: 200 cm3 2 n-€€,SO,. AnoIyt: 120 cm3 2 n-H,SO, Ruhrgeschwindigkeit : 735 UmdrehungenJMin. Temperaturl) irn Kathodenraum: - 2 bis - 3OC Stromsthrke : 2 Amm Kathodenpotential: - 700 Millivolt

I 78,2 71,9 66,3 58,O 58,O 55,5

Que Amp./Stdn.

2 4 6 8

10 12 14 16 18

_________

- _ _ ~

395 3,15 3,15 3,15 3,15 3,15 3,15 3,20 3,20 3,20

silber : 2,6 k 6

lpannung Volt 1 Gesamt H,O,

- 90,s I 1,15 I 0,28

2,89 ' 0,58 76,l 4,51 ' 0,90 5,78 1 1,16 65,2

7,69 60,7 8,95 1,75 58,9 9,18

10,84 12,51 ~ 2,50 1 52,O

3,65 1 2;94 337 ' 3,67 397 4,22 397 4,91 3,65 I 6,36 3,65 1 5,74

Versuch 2 Katholyt: 500 cm?. Ruhrgeschwindigkeit : 600 Umdrehungen/Min.

Anolyt: 320 cm3

eratur: - 2 bis - 3OC isthrke: 2 Amp. Kathodemotential: - 750 Millivolt

Tern stro Que

- ~~ ~~

AmpJStdn.

2 6

10 14 16 20 24 26 32 38 46

_____ ~~-

Die tiefe Temperatur wurde dadurch erreicht, da13 e k e gekiihlte Salz- sole durch das Bleirohr und ein durch das Kathodenabteil gefiihrtes, in der Figur nicht gezeichnetes Glasrohr floO.

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Bei beiden Versuchen wurde Rohr G mit E verbunden, so daB der anodische Sauerstoff mit zur Reaktion gelangte, und aus einem an J angeschlossenen Gasometer stromte Sauerstoff nur in dem MaBe zu, wie er an der Kathode zur H,O,-Bildung vernutzt wurde.

Bei diesen Versuchen wurde eine 3*/,ige Losung von Wasser- stoffsuperoxyd mit einer durchschnittlichen Stromausbeute von 500/,, bei einer Stromdichte von 3 . Amp./cm2 erreicht, also gegen bisher eine ganz wesentliche Verbesserung. Da13 dieser Effekt durch die intensive Bewegung des Quecksilbers und nicht durch die natur- lich gleichzeitige erfolgende Ruhrung des Elektrolyten erzielt wird, davon kann man sich leicht uberzeugen, wenn man den Ruhrer mit derselben Geschwindigkeit und unter sonst gleichen Versuchs- bedingungen oberhalb der Quecksilberfliiche arbeiten 1iiBt. Denn dann mu13 man mit der Stromdichte mindestens auf den zehnten Teil heruntergehen, wenn man die Wasserstoffentwicklung ver- meiden will.

Bemerkt sei noch, daB, wie bei der Bildung von Wasserstoff- superoxyd bei gleichzeitiger Einwirkung von Sauerstoff und Sauren auf Metallel), so aucb hei der elektrolytischen Reduktion des Sauer- stoffes ein Zusatz von Alkoholen und iihnlichen Stoffen zum Katho- lyten auBerst gunstig wirkt. So konnten wir bei Verwendung einer Losung von 80 MOI-*/~ Methylalkohol, die 2 molar an Schwefelsaure war, mit 700/0 Stromausbeute eine 5*/*ige Superoxydlosung erzielen.

l) ERICH MULLER u. HERBERT BARCHMANN, Z. Elektrochem. 40 (1934), 188.

Dresden, Institut f i i r E’lektrochemie und physikalische Chemie der Technischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. April 1935.

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