Praktischer Umgang mit verwaisten Werken - Verwaist = Vergessen?

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Praktischer Umgang mitVerwaisten WerkenVerwaist = Vergessen?RKB 15 Konferenz, München 8.10.2015

Dr. Ellen Euler, LL.M., Stellvertreterin des Geschäftsführers

Kommunikation, Finanzen, Recht Deutsche Digitale Bibliothek

. . . Mission der DDB

. . . Verwaiste Werke in der Praxis

Ein Blick auf . . .

DDB Mission

Die Deutsche Digitale Bibliothek vernetzt die

digitalen Bestände der Kultureinrichtungen in

Deutschland und macht sie zentral zugänglich.

Deutsche Digitale BibliothekFreier Zugang zu Kultur und Wissen

Digitaler Content bestimmt heuteeinen großen Teil

der Lebenswirklichkeitvon Kindern und Jugendlichen.

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Das was nicht im Netz ist,ist nicht in der Welt

über das Internet freier Zugang zu

digitalisierten Kunstwerken, Büchern,

Musik, Denkmälern, Filmen, Fotos,

Urkunden, Noten, Drucken, Tonaufnahmen,

Plakaten, Skizzen, Patenten, …

Deutsche Digitale BibliothekFreier Zugang zu Kultur und Wissen

Linked Open Data / Semantic Web benötigt

freie Metadatenformate & frei lizenzierte Inhalte

Deutsche Digitale BibliothekFreier Zugang zu Kultur und Wissen

Linked Open Data / Semantic Web benötigt

freie Metadatenformate & frei lizenzierte Inhalte

Die Deutsche Digitale Bibliothek ist derdeutsche Beitrag zur Europeana.

www.europeana.eu

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www.europeana.eu

Rechtlicher Rahmen

http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AGeistiges_Eigentum_und_Wettbewerbsrecht.pngCC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons by 3247

Gem. § 1 UrhG genießen Urheber von Werken derLiteratur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nachMaßgabe des UrhG.

Das Gesetz schützt den Urheber:a) gegen die unbefugte wirtschaftliche Auswertung seiner

schöpferischen Leistungb) gegen Verletzungen seiner ideellen Interessen am Werk

Gem. § 15 stehen dem Urheber die ausschließlichenVerwertungsrechte an seinem Werk zu

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Persönlichkeitsrechte des Urhebers:• Veröffentlichungsrecht (§12)• Recht auf Anerkennung der Urheberschaft

/ insb. Namensnennungsrecht (§ 13)• Schutz gegen Entstellung seines Werkes (§ 14)

Wichtigste Verwertungsrechte in körperlicher Form:• Vervielfältigungsrecht (§16)• Verbreitungsrecht (§17)• Ausstellungsrecht (§18)

Wichtigste Verwertungsrechte in unkörperlicher Form:• Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§19)• Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§19a)• Senderecht (§20)• Recht der Wiedergabe durch Bild- und Tonträger (§21)

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Körperliche Vorlageurheberrechtlich geschützt?

Zustimmung des Rechteinhabers grds. schon zurDigitalisierung nötig, es sei denn, durch

Schrankenbestimmungen wie Archivschranke,verwaiste Werke oder Panoramafreiheit privilegiert

Ja Nein

Digitalisierung möglich soweit nicht gegen sonstigeRechte verstoßen wird.

Bei der Digitalisierung können Rechte entstehen!

Digitalisierung möglich?

Ausgangsfrage:

Digitales Objekt (Abbildung)geschützt?

JA Nein

Rechteinhaber?

Ja Nein

Vermittlung grds. möglich. Wenn körperl. Vorlagenoch geschützt, muss RI zustimmen, oderSchrankenbestimmung greifen (z.B. verwaiste WerkeRegelung, Katalogbildschranke, Berichterstattung).

Vermittlung nichtmöglich, außer RI andigitalem Objekt & ggfs.Vorlage stimmt zu

Vermittlung über das Internet möglich?

Vermittlungmöglich

Ausgangsfrage:

Diskrepanz zwischen Auftrag und Berechtigung

Bild: Julia Manzerova, CC BY-ND 2.0

Verwaiste Werke

Bild: Alain Riazuelo, CC-BY-SA 3.0

Schwarzes Loch des20.Jahrhunderts

Gesetz zur Nutzung verwaister ist am01.01.2014 in Kraft getreten!

225.000 AV orphanworks are held by24 archives, 60%produced before

1950.

Approximately 20%of all AV works heldby FHI are orphan.

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1950.

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1 Milion hours ofTV programming

from BBCarchives not

used

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used

40 % of allprint

works areorphan.

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ACE

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Auszug aus Foreward Projekt

Verwaiste WerkeGesetzgebung § Praxis

Rückblick

| Schwarzes Loch des 20 Jhds stopfen

| Rechtsicherheit bei der Nutzung verwaister Werke

| Motor für Digitalisierung und Online-Stellung kultureller Inhalte

Verfolgte Ziele :

Verwaiste Werke Richtlinie 2012/28/EU

CC

01

.0.

Gesetz zur Nutzung verwaister ist am01.01.2013 in Kraft getreten!

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 59, S. 3728BGBl I S.3728 (PDF, 66 KB, Datei ist nicht barrierefrei)Mit dem Gesetz vom 01.10.2013 zur Nutzung verwaister undvergriffener Werke und einer weiteren Änderung desUrheberrechtsgesetzes wird die Richtlinie 2012/28/EU desEuropäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaisterWerke in deutsches Recht umgesetzt.

Inkrafttreten: Regelung für verwaiste Werke am 01.01.2014Regelung für vergriffene Werke am 01.04.2014

Pressemitteilungen zu Verwaisten Werken

Pressemitteilung BMJ vom 28.06.2013:

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erklärte:Zukünftig können verwaiste Werke in Bibliotheken, Archiven und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten digitalisiert und ins Internet gestellt werden.

Pressemitteilung BKM vom 20.09.2013:

Bernd Neumann betonte: „Ich bin froh, dass wir dieses wichtige Vorhaben meinerkulturpolitischen Agenda in dieser Legislaturperiode erfolgreich umsetzen konnten.Das Gesetz ist ein Meilenstein bei der Erleichterung des Zugangs zu unseremkulturellen Erbe. Mit dieser Regelung schaffen wir eine solide Rechtsgrundlage für dieKultur- und Wissenschaftseinrichtungen bei der Nutzung verwaister und vergriffenerWerke.

Datenbank beim HABM

Seit 27.10.2014 online:

Neues Leben für verwaiste Werke

Pressemitteilung Alicante, 27. Oktober 2014

Dr. Péter Lábody, Leiter der Urheberrechtsabteilung des Ungarischen Amtes für GeistigesEigentum:

„Ich persönlich bin der Ansicht, dass die Datenbank ein sehr nützliches Instrument seinwird, ein transparentes und leicht zu handhabendes Interface, auf welches sich Nutzer ver-waister Werke, Rechtsinhaber sowie die zuständigen nationalen Stellen verlassen können.Diese Datenbank wird uns keinen erheblichen Verwaltungsaufwand abverlangen und wirdfür Kultureinrichtungen im weiteren Sinn, für Urheber und für die allgemeine Öffentlichkeitvon großem Nutzen sein.“

Benjamin White, Leiter des Geistigen Eigentums an der British Library:

„Die Datenbank zu verwaisten Werken, unterstützt von der Richtlinie, ist ein kleiner aberwichtiger Schritt im Hinblick darauf, das kulturelle Erbe Europas digital zugänglich zumachen. Die Datenbank wird nicht nur Kultureinrichtungen helfen, ihre historischenBestände zu digitalisieren, sondern wird doppelten Arbeitsaufwand verhindern undWissensaustausch und Verbreitung bewährter Verfahren fördern. Diese ausgeglicheneLösung wird Innovation in ganz Europa stärken und gleichzeitig die Interessen von Urhebernschützen und fördern“.

Status Quo

Suche in der Datenbank 07.10.2015

24 Einträge aus Deutschland

Suche in der Datenbank 07.10.2015:

Verwaiste Werke in der DDB 2015

Ursachen

Aufwändige Sorgfältige Suche

Bild: Public Domain Fundstelle Pixabay

Praktische Gründe

Fehlendes Personal

Fehlendes Budget

Keine Refinanzierungsmöglichkeit der aufwendigen und kostenintensivensorgfältigen Suche

Aufwendige Workflows bis zurautorisierten Registrierung

Registrierung eines Orphan Workdurch den Nutzer einerBeneficiary Organisation

Autorisierung derRegistrierung einesOrphan Works

Widerspruch durch vermeintlichen RI

Anspruch eines Nutzers aufStatusänderung

Erste Erfahrungen mit der Datenbank

OHIM, Alicante 3./4. Juli 2014

Zur Erprobung der Orphan Works Database waren die zukünftigen Nutzer derDatenbank zu einem Test auf das Gelände des HABM (Office for Harmonizationin the Internal Market) in Alicante eingeladen.

Erkenntnisse:

• Einzeltitel- Eingabe / Bulk Upload• Nicht verwaiste Werke können bislang nicht in der Datenbank hinterlegt

werden, auch wenn sie als Referenz und für die Findbarkeit des verwaistenWerkes dringend benötigt würden.

• Beim Bulk Upload Unique Identifier für jedes einzelne embedded OW Pflicht• Werke, die in der OW-Database registriert werden, müssen von den BO auch

genutzt werden.• Gegenwärtig keine Schnittstelle, um automatisiert eigene Bestände gegen

die schon registrierten Werke abzugleichen

Eingeschränkter Anwendungsbereich §Zweifelhafter Nutzen

WAS kann genutzt werden:

Bestandsinhalte:

1. Visuelle Werke- Fotografie- Illustration- Poster- Pläne / Karten

2. Audiovisuelle Werke (Filmwerke)3. Kinofilme4. Tonträger5. Literarische Werke (Textwerke)

NICHT: Einzelbild, Postkarten etc.

Sogenannte eingebettete verwaiste Werke

Eingeschränkter Anwendungsbereich §Zweifelhafter Nutzen

WIE kann genutzt werden:

Erfüllung der im Gemeinwohl liegenden Aufgaben (§§61 V, 61c S. 2 UrhG)

Digitalisierung (Vervielfältigung gem. §16 UrhG) und Online-Stellung (öffentlicheZugänglichmachung gem. §19a UrhG)

NICHT: weitere Nutzungen, transformative Nutzungen,speziell AV: Kinovorführung, Fernsehausstrahlung, Lizensierung, DVD Produktion etc.

Nebeneffekte

Kulturelles Erbe digital

zugänglich & weiterverwendbar

machen

Deutsche Digitale BibliothekFreier Zugang zu Kultur und Wissen

CC By Sa 2.0. // Ed Schipul // https://www.flickr.com/photos/eschipul/4239849264/

Deutsche Digitale BibliothekFreier Zugang zu Kultur und Wissen

© DDB

Kulturhackathon Coding da Vinci

Collage, MEME etc.pp.

Playmobil figurer fra Museo del Prado og Rijksmuseum, baseret på malerier af Dürer og Vermeer. Foto CC BY 4.0 Merete Sanderhoff

Remix, Mashup etc.pp.

Fazit der unterschiedlichenGedächtnisinstitutionen

Meinungsäußerung aus dem Museumsbereich

Sammlungsdirektor HdG Dietmar Preißler:

„Die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der „verwaisten Werke“ sind für dieArbeit in einem zeithistorischen Museum mit Objekten, die von der Schutzfristberührt sind, nicht hilfreich“

1. Die musealen Objekte – also zwei- und drei-D-Objekte – werden durch diegesetzlich Definition nicht erfasst. Die „verwaisten Werke“ im Sinne des Gesetzesbeziehen sich lediglich auf Schriftgut und AV-Materialien. Danach können diemeisten betroffenen musealen Objekte eben nicht in die DDB integriert werden.

2. Der personelle und finanzielle Aufwand der im Gesetzt geforderten „sorgfältigenSuche“ und deren Dokumentation ist zu aufwändig. Allein im Haus der Geschichtemüssten zehntausende Objekte überprüft werden. Die Prüfung nach dem imGesetz vorgesehenen Verfahren würde sich über viele Jahre hinziehen.

3. Die Höhe der angemessenen Vergütung nach Bekanntwerden des Rechteinhabersist nicht kalkulierbar.

Foto: JPeterson cc by-sa 2.0

Meinungsäußerung aus dem Archivwesen

Abteilungsleiterin Fachliche Grundsatzangelegenheiten und zentraleFachdienstleistungen, Bundesarchiv Koblenz, Martin-Weber:

„Wir können auch nach Inkrafttreten der verwaiste und vergriffene Werke Regelungden Schatz unseres Bildarchivs nicht heben. Tausende von Bildern schlummernweiterhin in den Archiven, weil selbstständige Fotografien (Einzelbilder) von dieserRegelung nicht erfasst sind.“

Die Richtlinie geht stark von einembibliothekarischen Ansatz aus, hier ist derUrheber größtenteils namentlich bekannt,nur der "Rechteverbleib" nicht. Dies stelltsich bei Bildern (Fotos, Luftbilder, Plakate)anders dar:

Hier ist der Urheber - wenn überhaupt -nur mit Nachnamen bekannt. Bei ca. 3Millionen Bildern im Bundesarchiv ist keinUrheber genannt (wobei größtenteils auchkein Aufnahme- und/oderVeröffentlichungsdatum bekannt ist, sodass § 66 UrhG ins Leere läuft), bei ca. 65%ist lediglich der Nachname des Fotografenbekannt.

Meinungsäußerung aus dem Filmbereich

Secretary Association des Cinémathèques Européennes – ACE& European Film Gateway, FORWARD Kerstin Herlt:

Bild: Public Domain Fundstelle Pixabay

„ Ein Anfang ist gemacht. Die Verwaiste Werke Regelung sollte zukünftig aber auch dasZeigen der verwaisten Filme in den Kinos erlauben und es sollte ein Schutz gegenAbmahnungen geschaffen werden.“

1. Die Nutzung darf sich nicht auf die Online Nutzung beschränken, sondern muss aufKinoaufführung, DVD Editionen, Nutzung für Ausstellungen etc. ausgeweitet werden.

2. Es fehlt an Regelungen, die die Produzenten und Filmgesellschaften, also diejenigen Quellen,die laut Gesetz durchsucht werden müssen, dazu verpflichten, Auskunft zu geben, bzw.Regelungen für den Fall, dass die notwendige Auskunft nicht erteilt wird. So könnte manetwa eine Frist für die Auskunft setzen, nach deren Verstreichen das Werk als verwaist gilt.

3. Ein Rechteinhaber der Widerspruch erhebt, sollte seine angebliche Rechteinhaberschaftbeweisen müssen (so geregelt in Finnland).

Meinungsäußerung aus dem Bibliotheksbereich

Verwaltungsdirektorin DNB Dorothea Zechmann:

„Die verwaiste Werke Regelung ist ungeeignet um Massendigitalisierungdurchzuführen. Die Deutsche Nationalbibliothek wird hierzu auf die vergriffeneWerke Regelung zurückgreifen.“

Foto

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Apropos vergriffene Werke Register

Ausicht

Artikel 10 der RL 2012/28/EU Überprüfungsklausel

Die Kommission verfolgt laufend die Entwicklung von Informationsquellen für Rechte und legtbis zum 29. Oktober 2015 und danach in jährlichen Abständen einen Bericht über die möglicheEinbeziehung von Verlegern und von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen in denAnwendungsbereich dieser Richtlinie vor, die derzeit nicht unter ihren Anwendungsbereichfallen, insbesondere eigenständige Fotografien und andere Bilder.

Bis zum 29. Oktober 2015 legt die Kommission im Lichte der Entwicklung digitaler Bibliothekendem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- undSozialausschuss einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor.

Erforderlichenfalls legt die Kommission — insbesondere um das Funktionieren desBinnenmarkts sicherzustellen — Änderungsvorschläge zu dieser Richtlinie vor.

Ein Mitgliedstaat, der berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass die Umsetzung dieserRichtlinie eine der in Artikel 1 Absatz 5 genannten nationalen Regelungen über die Verwaltungvon Rechten behindert, kann die Kommission mit dieser Angelegenheit befassen und ihr dabeialle maßgeblichen Nachweise vorlegen. Die Kommission berücksichtigt diese Nachweise bei derErstellung des in Absatz 2 dieses Artikels genannten Berichts und bei der Prüfung derErforderlichkeit der Vorlage von Änderungsvorschlägen zu dieser Richtlinie.

Dritte

ARROW - Accessible Registries of RightsInformation and Orphan Works

Dritte

Framework for a EU-wide audiovisual orphanworks registry

Auf Wiedersehen in derDeutschen Digitalen Bibliothek

Ellen Euler, Stellvertreterin des Geschäftsführers

e.euler@hv.spk-berlin.de

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