Wortprotokoll Eroerterung

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Erörterungstermin

zum Antrag der Firma Grosskraftwerk Mannheim AG

auf Erteilung einer

immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung

(1. Teilgenehmigung) für die

Errichtung und den Betrieb eines Steinkohleblocks (Block 9)

auf dem Betriebsgelände in Mannheim - Neckarau

am 26., 27. und 28. November 2008

Rheingoldhalle Mannheim

Stenografisches Wortprotokoll

Ort der Erörterung: Rheingoldhalle, Mannheim - Neckarau

Datum: 26., 27. und 28. November 2008

Erörterung am: 26. November: 10:00 Uhr bis 19:21 Uhr 27. November: 10:00 Uhr bis 21:20 Uhr 28. November: 10:00 Uhr bis 17:11 Uhr

Genehmigungsbehörde: Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat 54.1, Markgrafenstr. 46, 76133 Karlsruhe

Verhandlungsleiterin: Frau Simone Salchow

Vorhabensträger: Grosskraftwerk Mannheim AG, Mannheim

Protokollführung, Stenografen: Herr Norbert Remke, Königswinter (verantw.) Frau Britta Beiersdorf, Lüneburg Herr Andreas Olschewski, Magdeburg

Tagesordnung Seite Begrüßung und Einführung / Organisatorisches 9

Überleitung zur Erörterung der Einwendungen: 10 Hinweise zum Ablauf

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin 13

Vorstellung der zentralen Einwendungen durch Vertreter des BUND 16 1. Verfahrensfragen 20

• Einwendungen zum Verfahren

• Vollständigkeit der Unterlagen

2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Grundfragen) 20 3. Klimaschutz / Kraftwerks- und Energiekonzept 53 3.1 Klimaschutz (Makroklima) 53

• Klimaschutzprogramme, CO2-Reduzierung bundes-/landesweit/lokal • Begrenzung von CO2-Emissionen: Abgrenzung TEHG und BImSchG • Emissionshandel: CO2-Zertifikate • Auswirkungen Kohleblock auf Makroklima (CO2 – Emissionen)

3.2 Kraftwerkskonzept und Energiekonzept 53

• Dimensionierung - Bedarf, Wirtschaftlichkeit, energiewirtschaftliche Notwendigkeit • Gesamtwirkungsgrad / Energieeffizienz • Standortspezifische Energienutzung • Alternativen • Stilllegung Blöcke 3 und 4 / Gesamtbilanz mit Block 9 • CO2-Abscheidung (CCS) • Gleisanschluss / Verkehrsanbindung / Schiffsanlegestelle • Weitere Einzelfragen

4. Bau- und Planungsrecht 77

• Fehlen eines qualifizierten Bebauungsplans

• Vereinbarkeit Block 9 mit Landes- und Regionalplanung

• Sonstiges

5. Immissionsschutz 87 5.1 Luftschadstoffe 87

5.1.1 Vorbelastung 87

5.1.2 Zusatzbelastung Gesamt-GKM 87

5.1.3 Emissionen aus dem Schornstein 100

• Staub, Feinstaub • Stickoxide (NOx) und Schwefeldioxid (SO2), u. a. • Schwermetalle, Dioxine und Furane, u. a.

5.1.4 Emissionen aus diffusen Quellen 148

5.1.5 Kohlequalität 112

• Herkunft • Kohleband • Radioaktivität

5.1.6 Immissionen 123

5.1.6.1 Immissionsprognose 123

• Ausbreitungsberechnung • Methode • Eingangsdaten • Meteorologische Fragen

5.1.6.2 Auswirkungen / Gesamtbelastung 156

• Auswirkungen / Gesamtbelastung im Nahbereich • Auswirkungen / Gesamtbelastung im weiteren Bereich (insbes.Umweltzone) • Auswirkungen auf Vegetation, Böden etc.

5.2 Kühlsystem (Betriebsdauer, Schwaden- und Keimbildung) 141

5.3 Lärm 53

• Lärmprognose (Vor- und Zusatzbelastung Lärm) • Maßnahmen zur Lärmminderung • Lärmminderungsplanung der Stadt Mannheim

5.4 Lichtemissionen 223

5.5 Belastungen während der Bauphase 225

5.6 Wirtschaftliche Auswirkungen (Wertminderung Grundstücke etc.) 227

5.7 Anlagensicherheit 229

• Brandschutzkonzept • Betriebsstörungen etc.

5.8 Abfall- und Abwasserentsorgung 243

6. Gewässerschutz / Hochwasserschutz 245

• Hochwasserschutz

Hinweis: Die Einwendungen mit Bezug zum WHG/WG-Verfahren (z.B. Wasserent-nahme, Fischschutz, Wassereinleitung) werden im wasserrechtlichen Erörterungs-termin am 8./9.12.08 erörtert!

7. Naturschutz 187

• Auswirkungen auf Schutzgebiete • Artenschutz, notwendige Ausnahmen

8. Boden- und Grundwasserschutz 247

• Bodenvorbelastung, Baugrunduntersuchungen • Grundwasserschutz

9. Landschaftsschutz, Landschaftsbild, Naherholung 249

10. Sonstiges 249

Index 252 Anlagen 255 Anlage 1: Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin 258 Anlage 2: Vorstellung der zentralen Einwendungen (BUND) 269 Anlage 3: Presseinformation GKM 275 Anlage 4: Zusammenstellung in Kohlen vorkommender Spurenelemente 279 Anlage 5: Uran im Trink- und Mineralwasser 281 Anlage 6: Immissionsprognose GKM Block 9 293 Anlage 7: Radioaktivität rund ums GKM 301 Anlage 8: Minimumtemperaturinversionshäufigkeit 302 Anlage 9: Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne 303 Anlage 10: Schwebstaub (PM10) 317 Anlage 11: Auswirkungen/Gesamtbelastung 319 Anlage 12: Foto: Brand im Kraftwerk Niederaußem 321

Erörterungstermin

zum Antrag der Firma Grosskraftwerk Mannheim AG

auf Erteilung einer

immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung

(1. Teilgenehmigung) für die

Errichtung und den Betrieb eines Steinkohleblocks (Block 9)

auf ihrem Betriebsgelände in Mannheim - Neckarau

am 26. November 2008

Rheingoldhalle Mannheim

Stenografisches Wortprotokoll

Abfolge

am 26. November 2008 TOP Seite Begrüßung und Einführung/Organisatorisches 9

Überleitung zur Erörterung der Einwendungen: Hinweise zum Ablauf 10

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin 13

Vorstellung der zentralen Einwendungen durch Vertreter des BUND 16

1. Verfahrensfragen 20

2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Grundfragen) 20

3. Klimaschutz/Kraftwerks- und Energiekonzept 53

3.1 Klimaschutz (Makroklima) 53

3.2 Kraftwerkskonzept und Energiekonzept 53

4 Bau- und Planungsrecht 77

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Erster Erörterungstag

Beginn: 10.10 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Meine Damen und Herren, ich eröffne den Erörterungs-termin zum Vorhaben der GKM AG bezüglich des Antrags auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Baus und des Betriebes eines weiteren Steinkohleblockes, des Blockes 9.

Begrüßung und Einführung/Organisatorisches

Ich begrüße die Einwender, die Vertreter der Stadt Mannheim - vielleicht auch noch anderer Gemeinden, sofern anwesend -, die Vertreter der Antragstellerin, der Träger öffentlicher Belange, also der Behörden, die in diesem Verfahren mitbeteiligt sind, und die Vertreter der Presse.

Ich möchte zuerst die Riege hier vorne vorstellen: Meine Name ist Simone Salchow. Ich leite das Industrie-referat mit dem Schwerpunkt Luftreinhaltung im Regie-rungspräsidium Karlsruhe.

Rechts neben mir sitzt Herr Essig. Er ist Diplomingeni-eur und betreut das Verfahren von der technischen Seite her.

Der Herr Schwaab ist wie ich Jurist und betreut das Verfahren von der juristischen Seite her.

Links von mir sitzt die zumindest bisher wichtigste Person, die Frau Sandbühler, die die meisten von Ihnen mindestens vom Namen her kennen, weil sie das Ganze organisatorisch vorbereitet hat und auch begleiten wird.

Neben Frau Sandbühler sitzt Herr Remke und daneben Frau Beiersdorf. Beide sind unsere Protokollfüh-rer, die ein Wortprotokoll erstellen werden. Zu diesem Zweck wird auch ein akustischer Mitschnitt gemacht, der aber nach einer gegebenenfalls eintretenden Unanfecht-barkeit der Entscheidung gelöscht wird.

Auf Wunsch erhalten die Einwender, die Verbände und die Vertreter der Sammeleinwender ein schriftliches Exemplar dieses Protokolls. Dazu müssen Sie sich aber in die Anwesenheitsliste am Eingang eintragen.

Ich möchte zunächst darum bitten, dass sich die Trä-ger öffentlicher Belange kurz vorstellen; es sind heute am ersten Tag nicht so viele da. Dann sollten sich auch die erste Reihe bei der Antragstellerin und die Vertreter des BUND und der Sammeleinwender vorstellen. Das wäre ganz hilfreich, weil die Namensschildchen nicht so groß sind. - Fangen wir mit den TÖBs an!

Krah (Stadt Mannheim): Schönen guten Morgen! Mein Name ist Josef Krah. Ich bin von der Stadt Mannheim und leite dort den Fachbereich Baurecht und Umweltschutz. Der Fachbereich Baurecht und Umweltschutz ist als untere Baurechtsbehörde involviert. Wir sind aber auch untere Immissionsschutz-behörde und untere Naturschutzbehörde, in dem Parallel-verfahren auch untere Wasserrechtsbehörde. Das sind die Teile, die wir hier in diesem Verfahren als Vor-Ort-Behörde abdecken. Wir haben entsprechende Stellung-nahmen abgegeben.

Reusch (Stadt Mannheim): Schönen guten Tag! Reusch ist mein Name. Ich bin Abteilungsleiter im Bereich Baurecht und Umweltschutz und leite die Abteilung Umweltschutz und Gewerbeauf-sicht.

Wegner (Stadt Mannheim): Mein Name ist Wegner. Ich vertrete den Fachbereich Städtebau, und zwar Verkehr, der Stadt Mannheim.

Staible (Stadt Mannheim): Schönen guten Morgen! Mein Name ist Robert Staible. Ich leite im Fachbereich Städtebau die Abteilung Bebauungs-planung und Stadtgestaltung.

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Guten Morgen. Mein Name ist Holle Engler-Thümmel. Ich bin die Leiterin des Fachbereichs Gesundheit der Stadt Mannheim.

Schöbel (RP Karlsruhe) Guten Morgen! Mein Name ist Gottfried Schöbel. Ich bin Mitarbeiter beim Regierungspräsidium Karlsruhe und vertrete hier insoweit das Referat 54.3, Industrie und Kommunen, Schwerpunkt Abwasser.

Rimmelspacher (Feuerwehr Stadt Mannheim): Guten Morgen! Mein Name ist Roland Rimmelspacher. Ich vertrete die Feuerwehr.

Kilian (Stadt Mannheim): Auch von mir einen guten Morgen! Mein Name ist Thomas Kilian. Ich bin ebenfalls beim Fachbereich Baurecht und Umweltschutz der Stadt Mannheim und vertrete die untere Naturschutzbehörde.

Decken (Umweltforum): Guten Morgen! Oliver Decken vom Umweltforum Mann-heimer Agenda 21 e. V. Wir vertreten die Umweltverbände in Mannheim.

Cullmann (BUND): Mein Name ist Arnold Cullmann. Ich bin Vorstand im BUND Mannheim und im Umweltforum Mannheim.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Raufelder (Einwender): Guten Morgen! Mein Name ist Wolfgang Raufelder. Ich bin Fraktionsvorsitzender der Grünen hier im Mannheimer Gemeinderat und vertrete die Fraktion im Verband Region Rhein-Neckar als Sammeleinwender.

Schöber (Umweltforum): Guten Morgen! Andreas Schöber, Umweltforum Mann-heim.

Bannasch (Einwender): Daniel Bannasch, „Nein zu Block 9“.

Fontagnier (Einwender): Gerhard Fontagnier, Sprecher des Bündnisses „Nein zu Block 9“.

Risch (Einwenderin): Ursel Risch, ebenso.

Rahner (Rechtsbeistand): Rechtsanwalt Thomas Rahner, Rechtsbeistand für Frau Risch als Vertreterin der Sammeleinwender sowie für den BUND-Landesverband Baden-Württemberg.

Weyland (BUND): Matthias Weyland, Geschäftsführer beim BUND Rhein-Neckar-Odenwald als Untergliederung des Landesver-bandes Baden-Württemberg.

Gottstein (BUND): Werner Gottstein, BUND-Landesverband Baden-Württemberg.

Block (BUND): Harry Block, Ortsverband BUND Karlsruhe.

Vangermain (Einwenderin): Gudrun Vangermain, Einzeleinwenderin.

Ehmann (Antragstellerin): Mein Name ist Ulrich Ehmann. Ich bin beim Großkraftwerk beschäftigt und leite dort die Abteilung Engineering, die für die Neubau- und Umbaumaßnahmen zuständig ist. Ich bin dadurch auch für den Block 9 zuständig.

Ich möchte die Personen, die uns hier vertreten, mit vorstellen: Von Ihnen aus gesehen rechts sitzt Herr Dr. Seeliger von Seeliger, Gminder & Partner, der uns beim Verfahren unterstützt hat. Links von mir sitzt Herr Professor Dr. Dolde, unser Rechtsbeistand. Dann kommt Frau Frech von SGS-TÜV, die an der UVU beteiligt war, Herr Dr. Wind, ebenfalls SGS-TÜV, der die Immissions-prognose für die Luftschadstoffe erstellt hat. Dann kom-men der Herr Ness und Herr Himmler, beide von IUS in Heidelberg, die sich mit den Naturschutzfragen beschäftigt haben, und dann Herr Dr. Zangl, der das Bodengutachten

gemacht hat. Die zweite Reihe lasse ich im Augenblick einmal aus. – Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Vielen Dank.

Überleitung zur Erörterung der Einwendungen: Hinweise zum Ablauf

Lassen Sie mich eingangs, bevor wir in die eigentliche Erörterung eintreten, noch ein paar organisatorische Angaben zum Tagesablauf machen. Wir haben vor, um ca. 13 Uhr eine anderthalbstündige Mittagspause zu machen. Nachmittags gibt es sicher noch eine 20-minütige Pause.

Ich bin vom Antragsteller gebeten worden, darauf hin-zuweisen, dass draußen im Foyer in dem seitlichen Raum warme und kalte Getränke wie auch Brezeln zur Verfü-gung stehen. In der Mittagszeit wird weiterhin ein Imbiss zu moderaten Preisen angeboten, damit Sie nicht auf das Restaurant angewiesen sind.

Den Vertretern der Einwender steht jeden Tag ein Raum zur Verfügung. Das ist heute der Raum „Rhein“ im ersten Obergeschoss. Sie erreichen ihn, wenn Sie durch das Lokal hindurch und dann links gehen. Morgen wird es der Raum „Neckarau“ im ersten Obergeschoss sein. Das werden wir dann noch einmal ankündigen und auch ausschildern.

Ein Zugriff der Einwender auf den Beamer ist möglich.

Die Tagesordnung wird, wie Sie schon sehen, auf den Leinwänden links und rechts die ganze Zeit angezeigt werden. Der Punkt in der Tagesordnung, bei dem wir uns gerade befinden, ist dunkler markiert. Im Übrigen haben wir auf dem Tisch am Eingang, wo die Teilnehmerliste ausliegt, noch Exemplare der Tagesordnung ausgelegt.

Angesichts der umfangreichen Tagesordnung werden wir ganz sicher nicht mit einem Erörterungstag auskom-men. Morgen soll der Beginn wiederum um 10 Uhr sein und gegebenenfalls am Freitag ebenfalls um 10 Uhr.

Die Presse bitte ich, ab Beginn der eigentlichen Erörte-rung keine Aufnahmen mehr zu machen. Aber selbstver-ständlich können alle Vertreter der Presse dableiben; denn der Termin ist schließlich öffentlich.

Zum Sinn und Zweck des Erörterungstermins kurz ei-nige Worte: Dies ist die Gelegenheit für die Einwender, die Vertreter der Verbände und die Sammeleinwender, die rechtzeitig schriftlich eingereichten und für die Entschei-dung erheblichen Bedenken und Anregungen noch einmal mündlich vorzutragen und mit dem Antragsteller und gegebenenfalls auch mit den Vertretern der Behörden, der Träger öffentlicher Belange, zu erörtern.

Dies ist auch für uns eine Gelegenheit, uns einen um-fassenden Eindruck über die Antragsunterlagen und die

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

beiliegenden Gutachten hinaus zu verschaffen. Eine Entscheidung fällt heute nicht. Das ist den meisten, die an diesem Erörterungstermin teilnehmen, bekannt. Aber das ist, wie gesagt, für uns eine gute Gelegenheit, uns ein umfassendes Bild zu machen.

Ich möchte kurz den Verfahrensgegenstand skizzie-ren: Es geht um den Antrag der GKM AG auf immissions-schutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Steinkohleblockes, und zwar als erste Teilgenehmigung. Der Antrag auf zweite Teilgenehmigung bezüglich der Dampfkessel ist uns für später in Aussicht gestellt worden.

Dieser Antrag umfasst die Baugenehmigung, die Ge-nehmigung für die Verlegung der vorhandenen Gleise und diverse naturschutzrechtliche Entscheidungen sowie eine wasserrechtliche Genehmigung von Anlagen zur Behand-lung der betrieblichen Abwässer.

Dieser Antrag umfasst allerdings nicht die wasser-rechtliche Erlaubnis für die Entnahme und die Wiederein-leitung von Kühlwasser. Das ist losgelöst vom Immissi-onsschutzverfahren und wird parallel in einem selbststän-dig durchzuführenden wasserrechtlichen Verfahren in einem anderen Referat unseres Hauses durchgeführt. Der Erörterungstermin dafür findet ab dem 8. Dezember hier in dieser Halle statt.

Zum Verfahrensgang: Das Verfahren begann mit dem Scopingtermin am 15. Juni 2007. Der Antrag auf Geneh-migung des Blockes 9 ging am 25. Juni 2008 beim Regie-rungspräsidium ein. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte in der „Ludwigshafener Rundschau“, der „Fran-kenthaler Zeitung“, der „Speyerer Rundschau“, der Aus-gabe B der ZRN – dahinter verbergen sich der „Mannhei-mer Morgen“, der „Südhessen Morgen“, der „Bergsträßer Anzeiger“, die „Weinheimer Nachrichten“ und die „Schwetzinger Zeitung „– und natürlich im „Staatsanzei-ger“. Diese öffentliche Bekanntmachung war am 22.08.2008.

Die Unterlagen lagen in der Zeit vom 1. September bis 30. September beim Regierungspräsidium, in Mannheim, Ludwigshafen, Altrip, Brühl, Schwetzingen, Ilvesheim, Edingen, Neckarhausen, Heddesheim und Ladenburg öffentlich aus. Die Einwendungsfrist endete am 14. Oktober. Es gingen ca. 3200 Einwendungen ein, überwiegend in Form von Unterschriftenlisten und Sam-meleinwendungen, zusammengesetzt aus verschiedenen Modulen. Es gab aber auch eine Reihe von Individual-einwendungen von Bürgern und Umweltgruppen.

Bevor ich noch einige andere organisatorische Details einbringe, möchte ich zunächst der Antragstellerin Gele-genheit geben, innerhalb von etwa 15 oder 20 Minuten das Vorhaben vorzustellen. Anschließend hat auch der BUND-Vertreter die Gelegenheit, in einem ebenfalls ca. viertelstündigen Vortrag eine zusammenfassende Darstel-lung der Einwendungen abzugeben. – Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielen Dank. – Bevor wir zur Vorstellung des Projektes kommen, möchte ich gerne noch zwei organisatorische Dinge rückfragen. Dann habe ich noch eine Wortmeldung zur Tagesordnung.

Zum Organisatorischen: Sie hatten nicht gesagt, wie lange Sie erörtern wollen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das liegt an Ihnen. - Wir wollen uns wirklich Zeit nehmen. Wir haben die Tagesordnung grob so eingeteilt, dass wir mit dem Immissionsschutz – weil das sehr ins Detail geht – den morgigen Tag ausfüllen wollen. Heute wollen wir mit den ersten vier Tagesordnungspunkten fertig werden. Ob wir damit um 18 Uhr, 19 Uhr oder vielleicht erst um 20 Uhr fertig werden, ist eigentlich egal. Aber wir machen zwischendurch natürlich Pausen; das ist ja klar.

Rahner (Rechtsbeistand): Das heißt, Sie definieren keinen spätesten Zeitpunkt für einen Erörterungstag. Also kann das also theoretisch bis 24 Uhr gehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Nein, das machen wir nicht. Wir brechen um 20 Uhr oder - wenn wir sehen, dass wir nur noch einige Minuten brau-chen – gegen 20.30 Uhr ab und machen dann am nächs-ten Tag weiter.

Rahner (Rechtsbeistand): Gut. – Zum zweiten Punkt äußert sich Frau Risch. Ich würde bitten, ihr das Mikrofon kurz zu geben. Anschlie-ßend möchte ich gerne zur Tagesordnung noch etwas sagen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja. – Bitte, Frau Risch!

Risch (Einwenderin): Ich hatte beim Regierungspräsidium schriftlich angefragt, ob es auch eine Anhörungsstunde für Berufstätige geben werde, und habe darauf keine Antwort bekommen. Jetzt möchte ich gerne wissen, ob so etwas vorgesehen ist, weil es viele Menschen gibt, die arbeiten müssen und keine Möglichkeit haben, hier tagsüber zu erscheinen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Behördentermine - wie Gerichtstermine auch – finden natürlich während der normalen Arbeitszeit statt. Die Zahl der Individualeinwender ist ja nicht sehr groß. Die Listen-einwender, die in großer Anzahl vorhanden sind, werden sowieso durch Sie und Ihren Rechtsbeistand vertreten. Deshalb haben wir keine Notwendigkeit gesehen, über die Tagesordnung hinaus Wiederholungen vorzunehmen.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Aber wenn es zum Beispiel ab 17 Uhr vermehrten Zu-lauf geben sollte und wenn jemand eine ganz konkrete Frage hat - die Einzelheiten werden wahrscheinlich erst ab morgen Vormittag erörtert werden -, müsste man das morgen Nachmittag ab 17 Uhr noch einmal aufgreifen. Im Prinzip spräche nichts dagegen. Es zieht allerdings die Erörterung sehr in die Länge, und es wird sich im Wesent-lichen um Wiederholungen handeln. Das Protokoll steht ja jedem zur Verfügung.

Risch (Einwenderin): Aber wenn zugelassen wird, dass Leute, auch wenn ein Tagesordnungspunkt abgeschlossen ist, nachträglich noch - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Aber das müssten dann Individualeinwender sein, also keine Listeneinwender.

Risch (Einwenderin): Okay. – Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block, Sie hatten sich gemeldet.

Block (BUND): Wir hatten in Karlsruhe mit Ihnen vereinbart, dass in einer bestimmten Zeit zwischen 17 Uhr und 18 Uhr Einwendun-gen geäußert werden konnten. Frau Salchow, Sie haben ja erlebt, dass da einige Einwendungen kamen, die bis dahin nicht Gegenstand waren und die wir nicht kannten. Es waren dort Leute vor Ort, die direkt betroffen waren und sich gut auskannten. So etwas hatte sich bewährt. Wenn man das genauso wie in Karlsruhe auch hier machte, fände ich das sehr in Ordnung. Aber man muss den Leuten einen solchen Termin auch bekanntgeben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, dann sagen wir: Morgen ab 17 Uhr machen wir eine solche Runde. Aber es sollte sich dann - wie in Karlsruhe - um ungefähr eine halbe bis dreiviertel Stunde handeln.

(Mehrere Einwenderinnen und Einwender melden sich zu Wort)

- Sie alle werden genügend Gelegenheit haben, mit Ihren Anliegen auch formaler Art gehört zu werden. Ich bitte Sie aber, zunächst dem Antragsteller Gelegenheit zur Darstel-lung des Projekts zu geben, damit wir wissen, worüber wir reden. Es sind nämlich auch Zuschauer da, die nicht Einwender sind, wie wir inzwischen erfahren haben, die sich den Erörterungstermin einmal anhören wollen. Diese sollten wenigstens die Gelegenheit haben zu erfahren, worüber überhaupt geredet wird. - Herr Raufelder hatte sich zuerst gemeldet.

Raufelder (Einwender): Sehr geehrte Vorsitzende, ich möchte gerne den wichtigen Ansatz noch einmal erörtert und im Protokoll verankert haben, dass Sie auf ein Raumordnungsverfahren verzich-ten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das kommt alles. Sie sehen das in der Tagesordnung.

Raufelder (Einwender): Das ist mir wichtig, weil das zum Verfahren gehört. Sie haben auf das Raumordnungsverfahren verzichtet, und das Regierungspräsidium hat eine Stellungnahme dazu abgegeben. Ich würde gerne im Protokoll festgehalten haben, dass Sie sagen: Ich verzichte auf das Raumord-nungsverfahren aus den und den Gründen.

Im gültigen Regionalplan ist dieses Raumordnungsver-fahren doch vorgeschrieben gewesen. Aufgrund Ihrer Aussage hat der Verband Region Rhein-Neckar kein Raumordnungsverfahren sozusagen zugelassen oder diskutiert. Das Innenministerium und das Wirtschaftsminis-terium haben sich dazu anders geäußert.

Deswegen wäre es mir am Anfang wichtig, von Ihnen zu hören, warum Sie hier auf diesen wichtigen Verfah-rensschritt verzichtet haben. Das wäre mir ganz wichtig. Das soll auch im Protokoll letztendlich so festgehalten werden. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Raufelder, ich bitte Sie um Verständnis, dass wir das in aller Ruhe unter Tagesordnungspunkt 4 – das ist extra ein Punkt dazu - erörtern, nachdem das Projekt vorgestellt ist und nachdem Sie Gelegenheit hatten, alle Ihre Ein-wendungen in einem Sammelvortrag vorzubringen. Ich bitte Sie, sich an die Tagesordnung zu halten.

Raufelder (Einwender): Der Hintergrund ist ja: Das Raumordnungsverfahren geht nicht unbedingt davon aus, dass gebaut wird. Wir sind jetzt im Bundes-Immissionsschutzverfahren, wo der Antragsteller sozusagen schon davon ausgehen kann, dass er dieses Bauwerk errichten kann.

Ich gehe einen Schritt weiter und frage: Ist eigentlich der Standort geeignet? Haben die Anwohner- und Anrai-nergemeinden genügend Möglichkeiten gehabt, sich mit diesem Projekt auseinanderzusetzen? Es geht also darum, ob der Bau einer Anlage dort überhaupt möglich wäre.

Das Regierungspräsidium hat eine dezidierte Aussage gemacht, warum seiner Meinung nach diese Anlage ohne Raumordnungsverfahren errichtet werden kann. Es wäre mir wichtig, am Anfang auch von Ihnen eine deutliche Aussage dazu zu bekommen.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Verhandlungsleiterin Salchow: Das Referat 21 unseres Hauses als höhere Bauplanungs- und Raumordnungsbehörde hat diese Auffassung recht-lich bestätigt. Wir sind ein Haus. Wenn in diesem Haus die zuständige Raumplanungsbehörde das so bestimmt – es gibt noch andere Details, z. B. bei den Gleisen; dazu kommen wir später noch –, dann machen wir uns diese Entscheidung zu eigen.

Die Begründungen werden Sie alle in der gegebenen-falls ergehenden Entscheidung nachlesen können. Im Protokoll steht es auf jeden Fall drin. - Wir erörtern das nachher noch unter Punkt 4.

(Rahner [Rechtsbeistand]: Sie haben mir zugesagt, dass ich noch einmal zur Tages-ordnung reden kann!)

- Ja, stimmt.

Rahner (Rechtsbeistand): Danke, Frau Salchow. - Zur Tagesordnung: Beim Gewäs-serschutz, Tagesordnungspunkt 6, bin ich nicht mit dem einverstanden, was Sie vorgetragen haben. Es ist zwar richtig, dass es ein oder mehrere separate wasserrechtli-che Genehmigungsverfahren gibt, aber die Immissions-schutzgenehmigung darf nach § 6 BImSchG nur dann erteilt werden, wenn andere öffentlich-rechtliche Vorschrif-ten nicht entgegenstehen.

Deswegen meine ich, dass auch im Immissions-schutzverfahren die Wasserrechtsproblematik zumindest in den Grundzügen erörtert werden muss. Sie ist inhaltlich auch Teil von etlichen Einwendungen, vor allem auch Teil der ausführlichen Einwendung des BUND-Landes-verbandes.

Deswegen möchte ich hier ausdrücklich beantragen, dass unter dem Tagesordnungspunkt 6, Gewässerschutz, auch die wasserrechtlichen Fragen zumindest angespro-chen werden können.

Wir sind uns einig, dass es nicht so in der Tiefe gehen wird wie im wasserrechtlichen Verfahren, aber die Fragen gehören inhaltlich wegen dieser Sondervorschrift im § 6 BImSchG ebenfalls zum Prüfinhalt im Immissions-schutzverfahren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Die enge inhaltliche Verzahnung – da haben Sie völlig Recht – ist dadurch gewährleistet, dass die beiden Verfah-ren in unserem Hause absolut parallel durchgeführt werden und dass die eine Entscheidung ganz sicher nicht ohne die andere ergehen kann.

Ich bitte Sie, das alles im Erörterungstermin ab 08.12. mit dem dafür zuständigen Referat zu erörtern. Ich kann Sie nicht daran hindern, das eine oder andere wasser-rechtliche Problem anzusprechen. Aber wie tiefgehend die

Antworten hier ausfallen, müssen Sie dem Antragsteller überlassen. - Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Guten Morgen allerseits! Ich möchte hier ergänzen, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Das Verfahren ist UVP-pflichtig. Deswegen ist bezüglich der Umwelteinwirkung auch die Auswirkung auf das Wasser in diesem Erörterungstermin zu besprechen. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, wir werden das zu Protokoll nehmen. Meine Antwort ist identisch mit der, die ich Herrn Rahner gege-ben habe.

Herr Block hat sich noch gemeldet. Aber dann sollten wir wirklich Herrn Ehmann bzw. einen Vertreter der Antragstellerin das Vorhaben vorstellen lassen.

Block (BUND): Frau Salchow, erstens würde ich darum bitten, dass, wenn sich hier jemand meldet, Frau Sandbühler durch Kopfni-cken die Meldung bestätigt.

Zweitens. Wir sind der Ansicht, dass das wasserrecht-liche Verfahren hier wesentlich ist. Die Konzeption, die hier in Mannheim vorgelegt wird, ist ganz anders als die in Karlsruhe. Dort war zum Gewässerschutz ein Ventilator-kühlturm vorgesehen worden. Der kostet einige Millionen Euro. Das Kraftwerkkonzept hier halten wir für falsch und für schädlich für den Fluss. Deswegen ist es ein wesentli-cher Punkt, ob nicht die gesamte Konzeption dieses Kraftwerkes wegen des Gewässerschutzes infrage zu stellen ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben das zu Protokoll genommen. Auch da lautet meine Antwort genauso wie gegenüber Herrn Rahner und Herrn Gödeke. - Jetzt rufe ich den Antragsteller auf.

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin

Ehmann (Antragstellerin): Ich bitte darum, dass man die Folien auf die Leinwand projiziert.

(Schaubild: Block 9 – Vorstellung des Pro-jekts – Anlage 1-1, S. 257)

– Danke schön.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Ich möchte kurz zu GKM und den heutigen Anlagen etwas sagen, dann über die zukünftige Energieversorgung bei Strom- und Fernwärme sprechen, den Block 9 vorstel-len und abschließend noch etwas zu unserem Antrag anfügen.

(Schaubild: Das GKM heute – Was leisten wir? – Anlage 1-2, S. 258)

GKM betreibt seit mehr als 85 Jahren Kraftwerksanla-gen hier an diesem Standort. GKM ist ein Kraftwerk, das kein eigenes Netz besitzt, sondern das diese Produkte für seine eigenen Aktionäre und den Bahnstrom für die DB Energie erzeugt. Aktionäre des GKM sind heute die RWE Power AG mit 40 %, die EnBW Kraftwerke AG mit 32 % und die MVV RHE AG mit 28 %.

GKM erzeugt neben dem Drehstrom, der für ein Kraft-werk typisch ist, auch Bahnstrom. Wir sind einer der größten Bahnstromerzeuger in Deutschland und produzie-ren etwa 10 % des deutschen Bahnstromes.

Darüber hinaus erzeugt GKM seit Mitte der Fünfziger-jahre Fernwärme - zunächst in Form von Dampf und ab den Sechzigerjahren in Form von Heizwasser -, ursprüng-lich für das Netz der Stadt Mannheim, mittlerweile für ein Netz, das noch Heidelberg, Schwetzingen, Oftersheim und dazwischenliegende Gemeinden umfasst.

(Schaubild: Das GKM heute – Ein Blick in unser Werk – Anlage 1-3, S. 258)

Dieses Bild zeigt den Zustand des GKM heute: Wir haben heute insgesamt fünf Blöcke, von denen wir vier gleichzeitig betreiben können. Unsere heutige Engpass-leistung liegt bei 1520 MW brutto. Wir haben zwei ältere Anlagen, die Blöcke 3 und 4, die in den 1960er-Jahren gebaut worden sind. Diese Blöcke werden wir spätestens nach Abschluss des Probebetriebs von Block 9 stilllegen.

Wir haben gegenüber der Stadt Mannheim zugesi-chert, dass wir die Kamine und die Elektrofilter, die auf dem Dach des Kesselhauses stehen, rückbauen werden. Die Anlage insgesamt können wir zu dem Zeitpunkt noch nicht zurückbauen, da GKM ein Sammelschienenkraftwerk ist und entsprechende Einrichtungen aus diesem Bereich noch benötigt werden.

(Schaubild: Entwicklung Kraftwerkskapazitä-ten Deutschland – Anlage 1-4, S. 259)

Dann komme ich zum zweiten Punkt. Auf diesem Schaubild ist dargestellt, wie sich die Leistung des Kraft-werkparks bis zum Jahre 2020 voraussichtlich entwickeln wird. Man sieht, dass altersbedingt, aber auch durch die Vereinbarungen zur Stilllegung der Kernenergie eine Größenordnung von 40 000 MW bis 2020 wegfallen wird, sodass ein entsprechender Ersatzbedarf erforderlich ist, selbst wenn man unterstellt, dass der Energie- bzw. Strombedarf zurückgehen wird.

(Schaubild: Kraftwerkskapazitäten in Baden-Württemberg – Anlage 1-5, S. 259 )

Dieses Bild zeigt den Zustand für Baden-Württemberg. Er basiert auf dem Energiekonzept der Landesregierung für 2020. Dort ist ausgewiesen, dass es bis 2020 einen Ersatzbedarf von etwa 4500 MW in Baden-Württemberg geben wird. Bisher gibt es nur die Anlage des Lauf-wasserkraftwerks in Rheinfelden, das mit 100 MW dazu-kommt, dann den Block RDK 8 in Karlsruhe und eben GKM 9. Es zeigt sich also, dass hier trotz GKM 9 weiterhin eine wesentliche Bedarfslücke besteht.

(Schaubild: Energieträger der Stromerzeugung in Deutschland 2007 – Anlage 1-6, S. 260)

Dieses Diagramm zeigt die heutige Verteilung der ein-zelnen Energieträger. Man sieht, dass in Deutschland - bezogen auf das Jahr 2007 - gut 14 % durch erneuerbare Energien erzeugt worden sind. Nahezu der Rest basiert auf fossilen Brennstoffen und der Kernenergie.

(Schaubild: Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft aus? – Anlage 1-7, S. 260)

Verschiedenste Studien zeigen, dass die erneuerbaren Energien bis 2020 zwar deutlich ausgebaut werden können, dass die Grenze aber in der Größenordnung von 30 % liegen wird. Die Konsequenz ist, dass der Rest, also ca. 70 % des Strombedarfs, weiterhin aus konventionellen Anlagen gedeckt werden muss. Da die Kernkraftwerke deutlich zurückgefahren werden und stillgelegt werden sollen, bleiben dann eigentlich nur noch Kohle und Erdgas als Brennstoffe übrig.

(Schaubild: Wie entwickelt sich der Wärme-bedarf der Region? – Anlage 1-8, S. 261)

Die Frage ist auch, wie sich der Fernwärmemarkt ent-wickeln wird. Dafür wurde von den Stadtwerken und den Industriebetrieben dieser Region eine Studie erstellt, die „Fernwärmestudie Metropolregion Rhein-Neckar“. Diese Studie zeigt, dass man von einer deutlichen Abnahme des Wärmebedarfs in der Größenordnung von 21 % bis 2030 ausgehen kann. Es wird erwartet, dass die Erneuerbaren sehr stark zur Wärme beitragen - eine Steigerung von 0,6 auf gut 14 % - und dass die Fernwärme deutlich ausge-baut wird. In der Region insgesamt soll sie von etwa 13 % auf knapp 29 % im Jahre 2030 ansteigen. Das ist mehr als eine Verdopplung des bisherigen Fernwärmeanteils.

Insbesondere die Stadt Mannheim hat ein sehr großes Fernwärmenetz. Mannheim hat nach den Millionenstädten Berlin, Hamburg und München das größte Fernwärmenetz Deutschlands. Bereits heute werden ca. 59 % der Haus-halte mit Fernwärme versorgt. Die Stadt Mannheim hat mit der MVV zusammen vor kurzem, am 18. November, erklärt, dass die Fernwärme weiter ausgebaut werden soll. Es ist vorgesehen, ab dem nächsten Jahr, also ab 2009, die Fernwärme erst in Rheinau und danach in Neckarstadt und Käfertal auszubauen. Das Ziel ist, dass man zusätz-

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lich 20 000 Haushalte und dann 70 % Abdeckung durch Fernwärme in Mannheim erreicht. Für diesen Anstieg ist ein entsprechender Zuwachs in der Erzeugung erforder-lich, der durch GKM Block 9 ermöglicht werden kann.

(Schaubild: Block 9 – Ansicht Rheinseite – Anlage 1-9, S. 261 )

Dann komme ich zum Block selber. Dies ist eine An-sicht, wie der Block aussehen soll. Man sieht ganz klar: Das große Gebäude ist das Kesselhaus, links davon das Maschinenhaus. Man sieht die Kohlebandbrücke, die vom Kohlelager nach oben geht, den Schornstein, der mit 180 m 20 m niedriger ist als die Schornsteine heute vom Block 7 und Block 8. Man sieht außerdem vorne vor dem eigentlichen Block in Dunkelgrau die Nasszellenkühler, die für eine Durchlauf-/Ablaufkühlung genutzt werden. Das ist ein anderes Kühlverfahren als das in Karlsruhe, erfüllt aber die gleiche Funktion.

(Schaubild: Block 9 – Lageplan – Anlage 1-10, S. 262)

Der Lageplan zeigt, wo der neue Block stehen soll. Er wird sich östlich der heutigen Kraftwerksanlagen befinden und schließt direkt an den Block 7 an. Die Hauptanlagen befinden sich zwischen der Zufahrt zur Altriper Fähre und dem Kreisel der zweiten Hafenzufahrt.

Östlich davon liegt das Gelände, das GKM vor einigen Jahren zugekauft hat, das bis Ende der 1990er-Jahre die Amerikaner als Kohlelager genutzt haben und unter dem Namen „Coal Point“ bekannt ist. Auch wir möchten hier wieder ein Kohlelager und zusätzliche Anlagen errichten, um die Kraftwerksnebenprodukte Flugasche, Gips und Nassasche zu lagern und dann im Hafenbecken auf Schiffe zu verladen.

(Schaubild: Block 9 – Vereinfachtes Verfah-rensfließbild – Anlage 1-11, S. 262)

Dieses Schema zeigt die Verfahrenstechnik der Anla-ge. Wir bekommen die Kohle im Wesentlichen per Schiff oder per Zug. Sie wird gemahlen und im Dampferzeuger verbrannt. Dadurch wird die Wärme an Rohre abgegeben, die von Wasser oder Dampf durchströmt werden. Diese Energie wird auf die Dampfturbine übertragen, die den Generator antreibt, der dann entsprechend elektrischen Strom erzeugt. Dieser Dampf wird kondensiert und geht als Wasser in den Dampferzeuger zurück. Das ist ein geschlossener Kreislauf.

Aus diesem Kreislauf wird die Fernwärme entspre-chend ausgekoppelt, je nach erforderlichem Temperatur-niveau auf unterschiedlichen Dampfdruckstufen. Dadurch reduziert man natürlich die Abwärme, die verfahrens-bedingt bei diesem Prozess abgegeben werden muss, um den Dampf zu kondensieren.

Die Kühlung erfolgt, indem wir Wasser aus dem Fluss entnehmen und im Normalfall im Winterhalbjahr in den

Fluss zurückgeben. Dieses bezeichnet man als reine Durchlaufkühlung. Diese Kühlung hat den Vorteil, dass sie den höchsten Wirkungsgrad bringt und somit auch bezüg-lich Schadstoffemissionen und CO2 zu günstigen Ergeb-nissen führt.

Zu Zeiten, wenn der Rhein hohe Temperaturen hat, werden wir nicht direkt, sondern über die Nasszellenkühler in den Rhein zurückfahren. Wir werden dann also das Rheinwasser zurückkühlen, bevor wir es in den Fluss einleiten.

Die Rauchgase, die bei der Verbrennung im Dampfer-zeuger entstehen, werden mit Ammoniakwasser entstickt und gereinigt. – Ich möchte ausdrücklich darauf hinwei-sen, dass wir kein druckverflüssigtes Ammoniak am Standort haben, sondern dass wir mit Ammoniakwasser arbeiten, das weniger als 25 % Ammoniak enthält.

Danach kommt es im Elektrofilter zur Entstaubung und zur Rauchgasentschwefelung auf Basis der Kalkstein-Gips-Wäsche, die die sauren Produkte, im Wesentlichen SO2, aber auch Reststaub auswäscht, bevor die Rauch-gase dann über den Kamin abgeleitet werden.

(Schaubild: Der neue Block 9 – Die wichtig-sten Daten – Anlage 1-12, S. 263)

Hier sind die wesentlichen Daten vom Block 9 aufgelis-tet. Wir werden eine elektrische Bruttoleistung von 911 MW und einen Wirkungsgrad von 46,4 % haben. Die Fernwärmeauskopplung kann maximal 500 MWth betra-gen. Dieses führt dann zu einer Brennstoffausnutzung von bis zu 70 %. Die Frischwasserkühlung als Durchlauf-/Ablaufkühlung und die Rauchgasreinigungsanlagen habe ich gerade schon angesprochen.

(Schaubild: Der neue Block 9 – Anlage 1-13, S. 263)

Sehr wesentlich ist der Wirkungsgrad. Die 46,4 % sind absolut das Maximum, was man heutzutage hiermit erreichen kann. Dieses Diagramm zeigt, wie stark der Anstieg ist. Wir liegen damit 20 % über dem, was in Deutschland heutzutage Durchschnitt und Standard ist. Durch die Fernwärme können wir den Brennstoff noch sehr viel mehr ausnutzen.

(Schaubild: Umweltdaten Block 9 – Anlage 1-14, S. 264)

Der hohe Wirkungsgrad hat den Vorteil, dass der Brennstoffeinsatz und somit auch die Emissionen redu-ziert werden. Außerdem haben wir vorgesehen, hocheffi-ziente Rauchgasreinigungsanlagen zu installieren. Damit sind wir in der Lage, die Werte einzuhalten, die die 13. Bundesimmissionsschutzverordnung, die Großfeue-rungsanlagenverordnung, fordert. Darüber hinaus haben wir als Jahresmittelwerte die halben Tagesmittelwerte der 13. BImSchV beantragt. Diese Jahresmittelwerte sollen

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als arithmetischer Mittelwert der Tagesmittelwerte ermittelt werden.

(Schaubild: Welchen Beitrag leistet das GKM zur CO2-Reduzierung? – Anlage 1-15, S. 264)

Ich möchte speziell noch das Thema CO2 ansprechen. Dieses Diagramm zeigt, wie sich die Bundesregierung die Erreichung des Ziels vorstellt, die Treibhausgasemissio-nen um 40 % zu minimieren. Die Kraft-Wärme-Kopplung soll verdoppelt werden, und neue, moderne Kraftwerke mit einem hohen Wirkungsgrad sollen errichtet werden. Zu diesen beiden Punkten trägt das GKM explizit bei.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der Bundes-umweltminister auf der Tagung „Stadtwerke der Zukunft“ in Berlin am 30. Oktober dieses Jahres darauf hingewie-sen hat, dass zusätzlich zu den momentan im Bau befind-lichen Kohlekraftwerken weitere acht bis zwölf Kraftwerke erforderlich wären, um diese Ziele der Bundesregierung zu erreichen.

(Schaubild: Block 9 – Unser Beitrag zum Klimaschutz – Anlage 1-16, S. 265)

Durch den größeren Block und durch die größere Leis-tung hier am Standort werden wir mehr CO2 emittieren. Wir werden aber insgesamt in der Bilanz zu einer Redu-zierung von CO2 beitragen. Im Vergleich zu den alten Steinkohlekraftwerken mit dem Wirkungsgrad, den ich vorher gezeigt habe, führt der Betrieb von Block 9 insge-samt zu einer Reduzierung von ca. 1 Mio. t CO2, weil andere, schlechtere Blöcke aus ihrem Betrieb verdrängt werden. Es werden immer die Kraftwerksblöcke einge-setzt, die am wirtschaftlichsten sind. Das sind eindeutig die Anlagen mit dem höchsten Wirkungsgrad, die dann die niedrigsten CO2-Emissionen haben. Durch die Fern-wärmeerzeugung kommt eine Reduzierung von 300 000 t hinzu, die aus der Kraft-Wärme-Kopplung resultiert.

(Schaubild: Block 9 – Ansicht von Nordost [B 38 a] – Anlage 1-17, S. 265)

Ich möchte mit diesem Bild zeigen, dass sich der Block 9, obwohl er eine deutlich höhere Leistung als die bestehenden Blöcke hat, in die bisherigen Anlagen ein-fügt. Der Block 9 wird etwa 10 m höher als das Kessel-haus von Block 7 sein. Die gesamten Volumina sind ansonsten kaum größer. Dies ist ein Blick von Nordosten von der B 38 a her, die auf den Kreisel zuführt. Die Straße ganz links führt auf den Kreisel.

(Schaubild: Block 9 – Ansicht von Neckarau [Seilwolf] – Anlage 1-18, S. 266)

Dies ist eine Ansicht von Neckarau vom Seilwolf-Gelände. Links hinten ist der Block 9 zu sehen. Es ist auch zu erkennen - was ich gerade gesagt habe -, dass der Block in seinem Volumen kaum größer ist als die heutigen Anlagen.

(Schaubild: Block 9 – Antrag nach BImSchG – Anlage 1-19, S. 266)

Dann möchte ich kurz noch etwas zum Antrag sagen: Wir haben durch verschiedenste Gutachten, die hier alle aufgeführt sind, im Detail geprüft und untersucht, welche Auswirkungen dieser Block auf die verschiedenen Schutz-güter haben wird. Wir haben auch entsprechende Maß-nahmen vorgesehen bzw. getroffen und diese in unserer Anlagentechnik berücksichtigt. In der Umweltverträglich-keitsuntersuchung haben wir nachgewiesen, dass dieser Block aus unserer Sicht hier realisierbar ist und dass er mit den Anforderungen und mit den gesetzlichen Vorga-ben in Übereinstimmung steht. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, vielen Dank. - Jetzt bitte ich Herrn Weyland um seine Ausführungen.

Vorstellung der zentralen Einwendungen durch Vertreter des BUND

Weyland (BUND): Sehr geehrte Frau Salchow, vielen Dank vorweg, dass Sie bzw. das Regierungspräsidium unserem Antrag stattge-geben haben, den Anwesenden die aus unserer Sicht wesentlichen Merkmale, Auswirkungen und Rechtsverstö-ße des Vorhabens darzulegen.

Ich werde an dieser Stelle einen kurzen Überblick über unsere Einwendungen geben. Dabei werde ich mich an der Tagesordnung orientieren, die ja inzwischen den Anwesenden bekannt sein sollte.

(Schaubild: Gliederung – Anlage 2-1, S. 269)

Zunächst werde ich mich mit dem Thema Klimaschutz befassen; denn das ist uns im Genehmigungsantrag leider etwas zu kurz gekommen. Das Wort Klimaschutz taucht leider nicht sehr häufig auf. Deswegen werde ich zwei Folien einleitend als Hintergrund zu diesem Thema behandeln. Anschließend werde ich auf das Kraftwerks- und Energiekonzept eingehen, das in jedem Fall nach unserer Ansicht getrennt zu behandeln ist. Schließlich werde ich kurz die weitreichenden Rechtsproblematiken beim Bau- und Planungsrecht ansprechen, bevor ich das weite Feld des Immissionsschutzes nur anreißen kann. Abschließend werde ich noch einige Worte zur natur-schutzfachlichen Problematik verlauten lassen.

Das Thema Klimaschutz ist – wie gesagt – im Antrag etwas unterrepräsentiert, obwohl es eigentlich in aller Welt und aller Ohren ist. Vorweg der Hinweis, dass es aus unserer Sicht sehr befremdlich ist, dass genau heute die EnBW in Berlin zum Klimaschutz einen Kongress veran-staltet unter dem Motto „Mach es machbar“. Diese Tatsa-che, wie die Anteilseigner mit der Öffentlichkeit in diesem Fall umgehen, schicke ich für die Anwesenden vorweg.

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(Schaubild: Klimaschutz - Anlage 2-2, S. 270)

Warum ist unserer Meinung nach ein Kohlekraftwerk nicht mehr zeitgemäß? - Ein neues Kohlekraftwerk ist aus sehr vielen Gründen nicht mehr zeitgemäß und nicht auf die Erfordernisse des Klimaschutzes ausgerichtet. Grund-sätzlich ist die Kohleverstromung eine der CO2-intensivsten Formen der Energieumwandlung zur Erzeu-gung von elektrischem Strom. Bei einem modernen Kohlekraftwerk wie Block 9 würde immer noch das Dop-pelte der schädlichen Klimagase anfallen wie bei einem modernen Gas- und Dampfturbinenkraftwerk.

Die durch die Wahl der falschen Kraftwerksart entste-henden Klimawirkungen lassen sich selbst durch weitrei-chende Maßnahmen in den Bereichen Effizienzsteigerung und Energieeinsparung oder aber durch erneuerbare Energien bei weitem nicht mehr ausgleichen.

(Schaubild: Klimaschutz – Anlage 2-3, S. 270)

Die Graphik zeigt die bundesweiten Planungen von Kohlekraftwerken insgesamt. Damit ist Deutschland, was die Planungen angeht, leider unrühmlicher Europameister. Das hat ganz unterschiedliche Gründe: Zum einen sind die politischen Rahmenbedingungen sehr restriktiv vorge-geben. Zum anderen liegen die Gründe auch in der Struktur der Energiewirtschaft, die stark oligopolartig ausgerichtet ist.

Auch Block 9 steht im klaren Widerspruch zu den Kli-maschutzzielen der Bundesregierung. Unserer Ansicht nach ist ein heftiger Widerspruch zu den eben gezeigten Darstellungen der Antragstellerin festzustellen.

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Jahre 2020 um 40 % zu senken. Entgegen der Argumentation der Stilllegung alter Anlagen, wie sie auch in Mannheim von Seiten der Antragstellerin angeführt wird, kommt es bei Block 9 - wie auch bundes-weit - zu einer absoluten Steigerung der CO2-Emissionen.

Diesbezüglich hat der BUND 2007 die Zahlen für die bundesweite Situation erhoben. Den Planungen von neuen Kohlekraftwerken in Höhe von 27 270 MW stehen lediglich Stilllegungen in der Größenordnung von bis zu 7000 MW entgehen. Unter dem Strich führt das zu einer deutlichen Verschlechterung der Klimabilanz. Die neuen Kohlekraftwerke würden jährlich – und das, wie gesagt, für eine Laufzeit von 40 bis 50 Jahren – etwa 150 bis 160 Mio. t CO2 ausstoßen. Durch die Stilllegung veralteter Kraftwerke hingegen kommt es lediglich zu Einsparungen von 43 bis 50 Mio. t CO2. Dieses sogenannte Kraftwerks-modernisierungsprogramm, wie es gerne genannt wird, hat also in Deutschland eine absolute Steigerung der Emissionen von bis zu 120 Mio. t CO2 zur Folge.

Um diese Zahl vergleichen zu können: Ambitionierte Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energien – das wäre bis 2020 ein Anteil von 30 % - würden etwa 50 Mio. t CO2 einsparen. Die ambitionierte Verdopplung der Kraft-

Wärme-Kopplung würde bis 2020 etwa 20 Mio. t CO2 einsparen. Das sind zusammen 70 Mio. t, die den 120 Mio. t aus den Kohleneubauten entgegenstehen. Das heißt, alle Bemühungen beim Klimaschutz – und seien sie noch so hart – würden mit einem Mal durch die Kohleplä-ne der Energiekonzerne zunichte gemacht.

Diesem Sachverhalt hat sich am 16. Oktober auch ei-ne große Studie des Bundesumweltministeriums, die sogenannte Leitstudie, angeschlossen. Die Kernaussage darin lautet: Maximal 9000 MW dürften bei den Neubauten auf Kohlebasis erzeugt werden. Die aktuelle Situation sieht leider vor, dass bereits über 10 000 MW an Kohleka-pazitäten genehmigt oder schon im Bau sind.

Bei den ganzen Betrachtungen ist eine wichtige Frage, nämlich die Wirtschaftlichkeit der Kohle, noch nicht ange-sprochen worden. Eine Reihe von Folgekosten, soge-nannte externe Kosten durch Sturmschäden, Über-schwemmungen, Ertragsausfällen in der Landwirtschaft etc., zahlen nicht die Antragsteller, sondern zahlt die Allgemeinheit. Würden diese Kosten für den Standort Mannheim eingerechnet, wäre dieses Projekt ebenfalls unwirtschaftlich.

(Schaubild: Klimaschutz – Anlage 2-4, S. 271)

Konkret zum Block 9: Der neue Block 9 würde die kli-maschädlichen Kohlendioxidemissionen um mindestens 3 Mio. t pro Jahr netto erhöhen. Dieser Wert bezieht sich auf den Normalbetrieb und berücksichtigt bereits die Stilllegungen der Blöcke 3 und 4. - Wir haben im Sinne einer verantwortungsvollen Unternehmenspolitik sehr bedauert, dass in den Antragsunterlagen leider keine Angaben zu den absoluten CO2-Emissionen des neuen Blocks 9 zu finden waren.

Weitere Folgen und weitere Einwendungspunkte, die den Klimaschutz betreffen, sind unserer Ansicht nach eine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsuntersuchung, die das Vorhaben zwingend auf die Klimafolgen hin untersuchen muss. Dies ist in den vorliegenden Antragsunterlagen nicht geschehen. Die weitreichenden CO2-Emissionen, die Folgen erwarten lassen, wurden durch die umfassenden Antragsunterlagen nicht abgedeckt.

Des Weiteren – auch hierauf bezieht sich unsere Ein-wendung – sind die Verfahrensalternativen nur unzurei-chend dargestellt worden. Eine ernsthafte Alternativenprü-fung, wie sie etwa im UVP-Gesetz oder in der BImSch-Verordnung vorgeschrieben ist, hat nicht stattgefunden. Dass dies jedoch möglich ist, zeigen andere Stadtwerke, beispielsweise Bremen, wo ebenfalls ein Kohlekraftwerk inzwischen von den ehemaligen Stadtwerken SWB als Projekt beerdigt wurde. An diesem Standort wurde eine umfassende Alternativenprüfung von Seiten der Vorha-benträgerin durchgeführt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Da es keine Alternativenprüfung gegeben hat, hat der BUND-Bundesverband exemplarisch für den Standort Hamburg-Moorburg eine umfassende Alternativenprüfung durchgeführt. Dieser Standort ist mit den Gegebenheiten in Mannheim stark vergleichbar. Es handelt sich ebenfalls um einen industriellen Ballungsraum mit einer hohen Fernwärmeanbindung, einem hohen erschlossenen Fernwärmenetz und einer dichten Industrialisierungsrate.

Das Ergebnis der umfassenden Alternativenprüfung, die durch das IFEU- und das Arrhenius-Institut durchge-führt wurden, zeigt, dass es umweltschonende und zugleich wirtschaftlich tragfähige Alternativen gibt. Diese führen bei konkreten Maßnahmen zur Energieeinsparung und beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem deutlich kleineren GuD-Kraftwerk, sind bei verschiedenen Preisszenarien allesamt langfristig kostengünstiger und reduzieren die schädlichen Klimawirkungen um bis zu 80 %.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Hinsichtlich der Bedenken zur Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit, die seitens der Antragstellerin in dem Antrag thematisiert wurden, sei nur so viel erwähnt: Es gibt Standorte, an denen GuD-Kraftwerke erfolgreich realisiert wurden oder in Planung sind. Hier seien nur Ludwigshafen - direkt um die Ecke -, Hamm-Uentrop in Nordrhein-Westfalen, Herdecke, ebenfalls Nordrhein-Westfalen, oder das in Planung befindliche Projekt in Frankfurt-Griesheim genannt.

Auch weitere Alternativen, etwa die Errichtung von An-lagen zur regenerativen Stromerzeugung oder massive Energiesparmaßnahmen, wurden in dem Antrag nicht thematisiert.

Schließlich sei darauf hingewiesen, dass die Techno-logie zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid zwar Teil dieses Antrages ist, aber aus Sicht des BUND ein Riesenproblem darstellt. Bislang ist es fraglich, ob sich diese Technologie auch in Großserie zum Einsatz bringen lässt. Bekannt ist allerdings heute, dass die Nutzung von CCS zu einem beachtlichen Wirkungsgradverlust führt und lediglich ein geringer Teil des Kohlendioxides aus den Abgasen herausgefiltert werden kann.

Bezüglich der laufenden Planung von Kohlekraftwer-ken wird CCS in keinem Fall zu einer Lösung beitragen, da die Technologie nach Aussagen der Industrie im großen Maßstab frühestens in 15 bis 20 Jahren zur Verfügung steht. Für die aktuell beantragte Generation von Kraftwerken kommt sie für das drängende Problem des Klimawandels deutlich zu spät - sollte sie überhaupt funktionieren.

Aktuell scheint diese Erkenntnis auch zu Teilen der Energiewirtschaft durchgedrungen zu sein. Vor wenigen Tagen erst wurden erste Auswertungen des weltweit größten praktischen CO2-Abscheideversuchs im däni-

schen Esbjerg bekannt. Der Entwicklungschef des Ener-giekonzerns Dong Energy erklärte hierzu unumwunden: CCS lohnt sich nicht.

(Schaubild: Kraftwerks- und Energiekonzept Anlage 2-5, S. 271)

Doch sind es nicht nur Klimaschutzgründe, die uns als Umweltverband gegen dieses Projekt haben stellen lassen. Ein gravierender Grund ist die fehlende energie-wirtschaftliche Notwendigkeit. Da besteht eine starke Diskrepanz zu den Darstellungen seitens der Antragstelle-rin.

Vorweg zwei Hinweise: Erstens. Energiepolitik lässt sich mindestens national betrachten. Zweitens. Deutsch-land ist seit 2003 auch im Saldo Stromexporteur mit steigender Tendenz. Das bedeutet, dass die Versor-gungssicherheit in der aktuellen Situation und bei den aktuellen politischen Rahmenbedingungen gesichert ist.

Der nicht immer sachlich geführten Diskussion um ei-ne angebliche Stromlücke begegnete im März dieses Jahres die vom Umweltbundesamt veröffentlichte Studie „Atomausstieg und Versorgungssicherheit“. Sie beschied: Es besteht kein Grund zur Panik. Ein Neubau von Kohle-kraftwerken ist nicht erforderlich.

Eine zweite Einwendung, die sich gegen das Kraft-werks- und Energiekonzept richtet, wurde eingangs bereits erwähnt: Es handelt sich um die fehlende strategi-sche Umweltverträglichkeitsprüfung. Block 9 ist Bestand-teil des von der Landesregierung erstellten Energiekon-zepts Baden-Württemberg 2020, aus dem die Antragstel-lerin die angebliche Notwendigkeit zum Block ableitet.

Bei der Energieversorgungsplanung handelt es sich um eine raumbedeutsame Planung, die in Programme mündet, die nach Sinn und Zweck der Richtlinie 2001 der Europäischen Gemeinschaften auch der strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müs-sen, wenn sie im Rahmen der Zulassung von UVP-pflichtigen Vorhaben vorgeschrieben ist. Dazu zählen auch mittelbar verbindliche Programme und Pläne, wie das Energiekonzept Baden-Württemberg 2020. Eine solche strategische Umweltverträglichkeitsprüfung hat nicht stattgefunden und wird von den Seiten der Einwen-der gefordert.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ein Wirkungsgrad von 46 % bedeutet gleichzeitig, dass weit über die Hälfte der eingesetzten Energie unge-nutzt über das Kühlwasser in den Rhein abgegeben wird. Der BUND hält das für wenig ambitioniert und weit entfernt von Hochmodernem. Allein technologiebedingt lassen sich bei GuD-Kraftwerken oder Blockheizkraftwerken Wir-kungsgrade elektrisch von über 60 % erreichen, mit Kraft-Wärme-Kopplung sogar 80 bis 90 %.

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Wirklich innovative Maßnahmen sind allerdings die Einsparung von Energie oder der Einsatz erneuerbarer Energien, die einen nicht zu übertreffenden Wirkungsgrad haben, da keine Energie zugeführt werden muss.

Die im Antrag angegebene Energiebilanz ist unplausi-bel. Eine Brennstoffausnutzung für die geplanten Nasszel-lenkühler wurde ebenfalls nicht vorgenommen.

Zur Abwärmenutzung: Der BUND zweifelt darüber hin-aus die im Antrag angegebenen Wirkungsgrade zur Fernwärmeauskopplung stark an, da hier lediglich eine Konkurrenz zu den bestehenden Blöcken realisierbar ist. Bereits heute bestehen Überkapazitäten am Standort. Wärmepotenziale von alternativen Kraftwerken werden noch nicht einmal genutzt. Um es etwas plastischer zu sagen: Das Kraftwerk ist schlicht zu groß. Die vorhande-nen Abwärmelasten lassen sich nicht nutzen.

Die Planungen für die Erweiterung des Fernwärme-netzes in der vorgestellten Fernwärmestudie Rhein-Neckar sind übrigens unserer Auffassung nach unseriös. Es handelt sich um eine reine Potenzialabschätzung, so als ob ein Schokoladenfabrikant den Markt abschätzen würde. Ob allerdings dieser Markt erschließbar ist oder nicht, steht in den Sternen.

Die Bemühungen, die massiv zum Erschließen weit entfernter Abnehmer, wie etwa Speyer und anderen, gerade forciert werden, sind ökologisch nicht zu befürwor-ten und stehen planungsrechtlich bislang nicht auf solider Basis.

Schlussendlich sind neu gebaute Kohlekraftwerke in unseren Augen inkompatibel für den Einsatz einer zu-kunftsfähigen und zukünftigen Energieversorgung. Bau-artbedingt sind sie nicht hinreichend flexibel, um häufige An- und Abfahrtszyklen zu überleben, und gehen daher nicht mit dem tatsächlich schon stattfindenden Ausbau der erneuerbaren Energien einher. Stattdessen wird von uns ein Umbau des Energiesystems gefordert. Unflexible Kohlekraftwerke passen nicht dazu.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

(Schaubild: Bau- und Planungsrecht – Anlage 2-6, S. 272)

Einige Anmerkungen zu den bau- und planungsrecht-lichen Voraussetzungen: Vor Ort sind Bemühungen immer wieder gescheitert - einiges wurde von Wolfgang Raufel-der schon angesprochen –, einen qualifizierten Bebau-ungsplan aufzustellen, der bis jetzt für das Gebiet nicht existiert.

Für den geplanten Neubau bedarf es unserer Rechtsauffassung nach eindeutig eines qualifizierten Bebauungsplans nach Baugesetzbuch. Ein solcher ist nicht vorhanden. Allerdings ist das Einfügen in die Eigen-art der näheren Umgebung mehr als fraglich; denn grenz-

überschreitende Emissionen machen nicht an den Stadt-grenzen von Mannheim halt.

Ferner ist fraglich, ob die in der Zwischenzeit erheblich vorhandenen Schutzgebiete auch von europäischer Geltung dem § 34 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes entsprechen bzw. ein Einfügen in die nähere Umgebung erlauben.

An Gebieten vor Ort sind zu nennen: mehrere Natura-2000- und FFH-Gebiete, u. a. das Gebiet Unterer Neckar von Heidelberg bis Mannheim, die Rheinniederungen von Philippsburg bis Mannheim, NSG "Schwetzinger Wiesen-Riedwiesen", NSG „Bei der Silberpappel“, NSG Reißinsel, Sandgebiete zwischen Mannheim und Sandhausen, die Rheinniederungen von Speyer bis Ludwigshafen und die Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Altlußheim – Mann-heim“.

Im TA-Luft-relevanten Beurteilungsgebiet befinden sich weitere Natur- und Landschaftsschutzgebiete, die ein Einfügen in die nähere Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch nicht annehmen lassen.

Die Aufstellung eines Bebauungsplans wurde zudem von 16 000 wahlberechtigten Mannheimerinnen und Mannheimern in einem Bürgerbegehren gefordert.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Die Diskreditierung von demokratischer Bürgerbeteiligung und die Missachtung des Bürgerwillens seien als morali-sche Komponente ergänzt.

Schließlich ist anzuführen – dieses Argument hat Wolfgang Raufelder ebenfalls schon vorgebracht -, dass der derzeit gültige Regionalplan nach Nr. 5.9 ein Raum-ordnungsverfahren für die Erweiterung oder den Neubau von Kraftwerken - worum es sich hier ohne Zweifel han-delt - vorsieht. Ein solches wurde nicht durchgeführt und ist unserer Meinung nach zwingend erforderlich, insbe-sondere auch, weil es sich hier um länderübergreifende Folgen handelt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

(Schaubild: Immissionsschutz – Anlage 2-7, S. 272)

In Kürze einige Worte zu der Immissionsprognose bzw. zum Immissionsschutz: Das Themenfeld ist weit und wird auch die nächsten Tage bestimmt Thema der Erörte-rung sein. Ich werde es nur kurz anreißen.

Die Immissionsprognose der TÜV Pfalz Anlagen und Betriebstechnik GmbH widerspricht den Anforderungen nach Abschnitt 2 der TA Luft 2002. Die vorgenommene Halbierung der Immissionsdaten in der Ausbreitungsrech-nung ist nicht zulässig. Wie diese Halbierung technisch erreicht werden kann, ist nicht begründet. Darüber hinaus

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kommt es zu Ammoniakimmissionen und Unregelmäßig-keiten.

Das humantoxikologische Gutachten von Professor Eikmann wird von den Einwendern ebenfalls angezweifelt. Die Vorbelastungsmessungen wurden nicht oder nur unzureichend dargestellt. Diffuse Immissionen am Stand-ort etwa durch den Kohleumschlag und durch die Kohlela-gerung sind nicht oder nicht hinreichend erfasst. Die Wetterdaten - etwa zur Inversionswetterlage, zur Windro-se und anderes - sind nicht plausibel.

(Schaubild: Naturschutz – Anlage 2-8, S. 273)

Zum Themenfeld Naturschutz vorweg: Derzeit ist eine Klage gegen eine unserer Auffassung nach rechtswidrige artenschutzrechtliche Genehmigung anhängig. Diese Klage ist nicht beschieden. Der BUND kritisiert, dass diese Vorabgenehmigung außerhalb des eigentlichen immissi-onsschutzrechtlichen Verfahrens erteilt wurde.

Darüber hinaus kommt es gezielt durch Baumaßnah-men und durch die vorbereitenden Baumaßnahmen, die am Standort schon stattfinden, zu einer Schädigung der Artenvielfalt. Dies betrifft geschützte und streng geschütz-te Tierarten wie die Zauneidechse, Kreuzkröte, grüne Strandschrecke, geschützte Wildbienenarten, Ödland-schrecke, Blauflügelige Sandschrecke, Dünensandläufer und andere. Der Ausgang des Verfahrens beim VGH Mannheim wird von Seiten des BUND mit Spannung erwartet.

Über die konkrete Schädigung hinaus, die durch den Bau des Kraftwerkes stattfinden würde, kritisiert der BUND in seiner Einwendung eine weitreichende Natur- und Artenzerstörung, die aus dem Betrieb des Kraftwerkes resultiert. Im Bereich Wasserrecht sind das die Schädi-gung der Fischwelt und insgesamt die Schädigung der Flora und Fauna des Rheins durch die thermische Belas-tung. Darüber hinaus kommt es zu einer weitreichenden Belastung durch die Folgen der globalen Klimazerstörung, die sich in Gänze nicht erschließen lassen und die nicht Teilgegenstand der UVU gewesen sind.

In diesem Sinne fordern der BUND und alle anderen Einwender, das Projekt einzustellen und den Antrag zurückzuziehen.

(Lebhafter Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Es gilt, diese letzte Chance für das Klima zu nutzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Weyland. – Wir haben eine Bitte: Können wir die Folien Ihres Vortrags für das Protokoll auf USB-Stick kopieren? Das erleichtert Herrn Remke wahr-

scheinlich die endgültige Abfassung. Viel besser kann man es auch nicht zusammenfassen. – Danke.

Dann schreiten wir in der Tagesordnung fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf.

1. Verfahrensfragen

Es hatten insbesondere der BUND und ein Herr Schurse umfangreiche Einwendungen erhoben. Ist der Herr Schurse heute da?

(Risch [EW’in]: Nein, aber er hat mir eine Vollmacht erteilt!)

Das ist gut. Danke schön, Frau Risch.

Ich möchte die Einwendungen für diejenigen, die sie nicht kennen, ganz kurz zusammenfassen. Zunächst einmal wurde darum gebeten, dass ein Gutachter des DWD wegen der meteorologischen Fragen zum Erörte-rungstermin herbeigezogen wird. Das ist erfolgt. Herr Bläsing wird morgen da sein.

Dann wird der Hinweis auf das wasserrechtliche Ver-fahren gegeben. Dieses muss aus rechtlichen Gründen getrennt durchgeführt werden, allein schon weil der heutige Erörterungstermin öffentlich ist, der im wasser-rechtlichen Verfahren dagegen nicht öffentlich - wobei in der Regel die Öffentlichkeit dann ausdrücklich zugelassen wird.

Außerdem wird die Aussetzung des Verfahrens gefor-dert, bis eine – wie es heißt – „verwendbare Immissions-prognose“ vorliegt.

Weiterhin seien die Nebenanlagen stärker zu berück-sichtigen, und die Ausführungen zum integrierten Mana-gementsystem seien unzureichend.

Das sind die Einwendungen, die bei uns zu dem The-ma Verfahrensfragen eingegangen sind. – Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielen Dank. – Ich möchte die Verfahrenseinwendungen des BUND erläutern und vertiefen. Aus unserer Sicht ist im gesamten Verfahren bisher unklar - das wird sich auch bei anderen Tagesordnungspunkten im Rahmen dieser Erörterung wiederfinden -, über welche Anlage als solche überhaupt gesprochen wird, also welcher Anlagenbegriff hier zugrunde zu legen ist.

Die Antragstellerin geht in Teilen ihrer Unterlagen von einem sehr eng begrenzten Anlagenbegriff aus. Sie betrachtet z. B. bei den Luftschadstoffen lediglich die Emissionen des Blocks 9. Beim Lärm wird allerdings erfreulicherweise eine Betrachtung der Gesamtanlage vorgenommen, also aller Kraftwerksblöcke.

Das BImSchG kennt aber nur einen einheitlichen An-lagenbegriff, der in § 3 BImSchG definiert ist und am Begriff der „Betriebsstätte“ festmacht. Hier ist meines

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Erachtens ganz eindeutig, dass wir eine einzige Betriebs-stätte haben, die eine Vielzahl von Kraftwerken umfasst. Deshalb ist bei dieser Erörterung die gesamte Betriebs-stätte hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt, vor allem im Blick auf die Umweltverträglichkeitsuntersu-chung, zu betrachten. Eine Beschränkung nur auf den Block 9 ist also zu kurz gefasst und mit dem immissions-schutzrechtlichen Anlagenbegriff nicht in Übereinstim-mung zu bringen.

Wir haben hier ein einheitliches Betriebsgelände, ei-nen einzigen Betreiber und einen einzigen Betriebszweck: Kohleverbrennung zur Stromerzeugung. Die verschiede-nen Kraftwerksblöcke sind untereinander verbunden.

Bei der Vorstellung des Antragstellers eben ist der Begriff „Sammelschienenkraftwerk“ verwendet worden. Ich finde, das ist ein sehr plastischer und guter Begriff, der darstellt, dass wir hier eine einzige Anlage haben, in der viele Verbrennungskohleöfen sozusagen in Reihe ge-schaltet sind. Es gibt auch eine Menge von Betriebsteilen, die einheitlich genutzt werden, egal ob das die Ammoni-akwasserversorgung, die Abwasserentsorgung oder anderes ist. Das ist in Teilen der Antragsunterlagen ja auch so dargestellt.

Deswegen rügen wir als Verfahrensfehler – das betrifft auch den nächsten Punkt, die Vollständigkeit der Unter-lagen -, dass sich die Antragsunterlagen vor allem im Bereich der Luftschadstoffe allein auf den Block 9 be-schränken und nicht die anderen Blöcke mit in den Blick nehmen. Dieses halte ich auch deswegen für wichtig, weil für alle anderen Blöcke meines Wissens bisher niemals eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung durchgeführt worden ist.

Darum halten wir das Verfahren im derzeitigen Stadi-um für hochproblematisch und wären für eine Klarstellung der Genehmigungsbehörde dankbar, von welchem Anla-genbegriff sie selbst ausgeht.

Rein organisatorisch von mir die Rückfrage: Soll ich schon zu den weiteren Punkten kommen – es gibt zum Thema Verfahren noch andere inhaltliche Punkte -, oder wollen Sie zum Anlagenbegriff sofort etwas sagen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Eine Aussage zum Anlagenbegriff könnte man vorziehen. Aber ansonsten hat es sich in der Vergangenheit als förderlich erwiesen, wenn man ein paar zusammenhän-gende Punkte sammelt und dann dem Unternehmens-träger die Gelegenheit gibt zu antworten. Ich glaube, den Anlagenbegriff kann man gut vorweg klären, weil das wirklich weichenstellend und wichtig ist. – Ich nehme an, dass Sie, Herr Professor Dolde, etwas dazu sagen wollen.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Wir müssen verschiedene Punkte auseinanderhalten: Wir haben ein bestehendes Kraftwerk. Das bestehende

Kraftwerk wird durch den Zubau von Block 9 geändert. Es gibt natürlich eine Fülle von technischen Verknüpfungen. Am Ende handelt es sich um eine Anlage, die einschließ-lich Block 9 besteht.

Genau deswegen ist eine Änderungsgenehmigung beantragt. Wenn es sich um eine selbstständige Anlage handelte, wäre keine Änderungsgenehmigung beantragt worden, sondern eine eigenständige neue Genehmigung auf der Grundlage von § 4 bzw. § 10. Dass wir jetzt und künftig eine Anlage haben, steht außer Zweifel.

Zur zweiten Frage – das haben Sie meiner Ansicht nach nicht sauber getrennt -: Was ist denn Gegenstand in diesem Verfahren? Wenn ich eine Anlage ändere, ist nicht alles Gegenstand des Verfahrens, also einerseits das, was schon steht, und andererseits das, was hinzukommt. Vielmehr ist Gegenstand des Verfahrens nur das, was geändert wird. Das steht sowohl im UVPG als auch im § 1 Abs. 3 der neunten BImSchV. Die UVP bezieht sich auf die Änderung und ihre Auswirkungen.

Deswegen ist die Frage: Was sind die Auswirkungen der Änderung, die hier beantragt wird? Beantragt werden als Änderung die Errichtung und der Betrieb von Block 9. Die mit dieser Änderung zusammenhängenden Umwelt-auswirkungen sind beurteilt und in den Unterlagen darge-stellt worden und sind Gegenstand dieses Verfahrens.

Sie haben noch zwei Unterpunkte angesprochen: Beim Thema Lärm geht es um die Frage der Irrelevanz nach der TA Lärm. – Ich will dem inhaltlichen Thema nicht vorgreifen, sondern nur die Fragen behandeln, die Sie angesprochen haben. - Bei der Anwendung der Irrele-vanzregeln der TA Lärm geht man in der Verwaltungs-praxis im Lande Baden-Württemberg davon aus, dass sich die Frage der Irrelevanz auf die Gesamtanlage bezieht. Deswegen ist man hier so vorgegangen. Man hat für die Anlage einschließlich Block 9 insgesamt geprüft, ob sie irrelevant im Sinne der TA Lärm ist.

Bei der TA Luft hat man es anders gemacht, weil die Verwaltungspraxis - ich denke, auch die Rechtslage - nach der TA Luft anders ist. Da ergibt sich ziemlich klar, dass die TA Luft nur das betrachtet, was Gegenstand der Änderung ist, und zwar sowohl bei den Bagatell-massenströmen als auch bei der Zusatzbelastung bzw. bei der Irrelevanz. Aus diesem Grunde wurden mit Blick auf die Luftauswirkungen nur Block 9 und die durch Block 9 hinzukommenden zusätzlichen Emissionen betrachtet. Ich denke, das ist auch richtig.

Ich fasse zusammen: Wir haben eine Anlage - ganz klar -, aber Gegenstand unseres Verfahrens sind nur die Änderungen, um die es geht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es haben sich Herr Block, Herr Gödeke und dann wieder Herr Rahner gemeldet.

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Block (BUND): Frau Salchow, Herr Professor Dolde, wir benutzen eine Luft, wir benutzen ein Wasser. Das gilt auch für diese Anlage. Dies hat sogar der Petitionsausschuss des Landtages des Landes Baden-Württemberg in einer Anhörung der Bürgerinnen und Bürgern in Karlsruhe festgestellt. Er hat gesagt, genau dieser Punkt sei vom Gesetzgeber sehr deutlich zu regeln. Das Regierungsprä-sidium hat hier die Aufgabe, das vorwegzunehmen. Die Verwaltungspraxis nämlich kann das Regierungspräsidium ändern.

Wir sind der Ansicht - dabei bleiben wir -: Das ist eine Anlage. Wir benutzen eine Luft. Die Emissionen aller Anlagen stehen hier zur Diskussion, und zwar nicht nur bezüglich der TA Lärm, sondern auch bezüglich der anderen Schadstoffe. Es sind wirklich alle Emissionen von Ihnen zu berechnen und in vollem Umfang in dieses Verfahren einzubringen. Das hat der Petitionsausschuss den Betreibern deutlich anempfohlen, und der Landtag hat dieses bestätigt. Wir sind jetzt schon ein Europa. Auch Europa wird das bestätigen. Passen Sie auf!

Das Regierungspräsidium muss sich an die Vorgaben nicht halten. Die TA Luft ist eine Verwaltungsverordnung, und diese Verordnung besagt, dass Rechtsmöglichkeiten bestehen. Die Rechtsmöglichkeit kann nur so aussehen: Dies ist eine Anlage, und es sind die Emissionen der Gesamtanlage und nicht nur die von Block 9 zu prüfen. Denn es wäre ein Witz, wenn man nur das betrachtete, was zusätzlich ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Herr Professor Dolde, ich möchte Sie bitten, das Wort „Irrelevanz“ nur in sehr vorsichtigem Maße zu benutzen. In Karlsruhe ging uns das so auf den Senkel, dass wir es nicht mehr hören konnten. Lassen Sie es hier gleich weg! Denn es gibt keine Irrelevanz der Feinstäube.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dort drüben sitzt jemand vom Gesundheitsamt, der Ihnen sagen wird: Es gibt keine Irrelevanz bei diesen Stoffen. Deswegen sind wir als Bürgerinnen und Bürger gehalten, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass Sie das Wort möglichst weglassen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Frau Salchow, wir beantragen deswegen, dass eine Emissionsrechnung und eine Emissionsprognose selbst-verständlich für die Gesamtanlage und nicht nur für Block 9 vorgelegt werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn ich Herrn Gödeke und Herrn Rahner noch um etwas Geduld bitten dürfte! Herr Professor Dolde möchte Herrn Block direkt erwidern. Aber bitte nur kurz! Denn die zwei anderen werden sicherlich ähnlich argumentieren.

(Gödeke [Sachbestand]: Ich würde dafür plädieren, der Reihenfolge nach!)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Sie werden sich an das Wort „Irrelevanz“ hier genauso gewöhnen müssen wie in Karlsruhe. Wir können das Recht nicht ignorieren, Herr Block, auch wenn Sie es gerne täten.

Ich habe davon gesprochen, dass sich die Irrelevanz nur auf die Zusatzbelastungen bezieht. Wenn die Irrele-vanz nicht gegeben wäre, müsste eine Vorbelastungs-messung erfolgen. Dann wäre natürlich der Bestand zu berücksichtigen, und es kämen die Zusatzbelastungen hinzu. Die Gesamtbelastung würde ermittelt und mit den Immissionswerten verglichen.

Deswegen ist es falsch zu sagen, das werde alles ausgeblendet. Man kann das nur dann ausblenden, wenn die Zusatzbelastung irrelevant ist. Wir haben nun einmal Rechtsvorschriften – die mögen Ihnen gefallen oder nicht -, die besagen: Zusatzbelastungen innerhalb bestimmter Grenzen sind irrelevant. Deswegen bitte ich Sie jetzt schon, sich darauf einzustellen, dass Ihnen das Wort „Irrelevanz“ heute und morgen - so wie in Karlsruhe - noch häufig begegnen wird.

Ich will klarstellen: Ich habe nie gesagt, dass es aus-schließlich um die Neuanlage geht. Ich habe gesagt: Es geht nur bei der Irrelevanz um die Neuanlage.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Zum einen: Die Frage ging doch an die Behörde. Dann kommt von mir eine Frage an die Behörde: Ist Professor Dolde Rechtsbeistand des RP Karlsruhe? Wenn nein, bitte ich darum, dass das RP Karlsruhe selbst antwortet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Herr Professor Dolde ist Rechtsbeistand des Antragstellers. Aber er ist Jurist - wie Herr Rahner, ich, Herr Schwaab und sicher noch der eine oder andere hier im Saal. Wenn sich eine Diskussion zu einem so wichtigen Punkt entwickelt, sehe ich überhaupt kein Problem darin.

Ich möchte vorschlagen: Wir lassen jetzt Herrn Rahner noch zu Wort kommen. Dann können wir antworten. Man muss ja nicht zu jedem Beitrag sofort eine Antwort geben.

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Gödeke (Sachbeistand): Die Frage ging an Sie als Behörde. Dass der Antragsteller dazu eine andere Sichtweise hat, ist uns klar. Er hat auch eine andere Intention. Wir möchten schon gerne hören, wie die Behörde dazu steht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Deswegen habe ich Sie ja zu Wort kommen lassen. Wir möchten aber erst einmal die Fragen sammeln. – Herr Rahner, Sie hatten sich als Nächster gemeldet.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte auch zur Irrelevanz noch etwas sagen: Wir zäumen hier das Pferd von hinten auf. Die Irrelevanz ist nicht gegeben. Das werden wir nachher bei der Immissi-onsprognose noch belegen. Sie gehen da von falschen Prämissen aus. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt aber Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Danke schön. – Ich bin ja schon sehr dankbar, Herr Professor Dolde, dass wir uns einig sind, dass es eine Anlage auf dem Gesamtbetriebsgrundstück ist. Das liefert eine gewisse Basis für die Folgediskussionen. - Die Frage der Irrelevanz werden wir später beim Immissionsschutz diskutieren.

Ich möchte nur darauf hinweisen, Herr Professor Dol-de: Sie haben eben die 9. BImSchV, was die Frage des Prüfungsgegenstands der UVP betrifft, unvollständig zitiert. Es gibt nämlich in der 9. BImSchV noch den § 1 a, der ausdrücklich sagt, dass die bedeutsamen Auswirkun-gen einer UVP-pflichtigen Anlage zu prüfen sind. Dort wird von einer Anlage gesprochen. Deswegen ist der Anlagen-begriff als Ganzes so wichtig. Darum, meine ich, ist bei der UVP zwingend die Gesamtanlage in den Blick zu nehmen und nicht die kleine Salamischeibe, die Sie uns hier auf den Tisch zu legen versuchen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wir sind hier explizit der Auffassung, dass die UVP verfahrensfehlerhaft zu eng durchgeführt worden ist. - Das werde ich nachher beim Thema UVU für das Protokoll wiederholen; aber das gehört auch zu den Verfahrensfra-gen. – Außerdem sind wir der Auffassung, dass für die Prüfung der Umweltverträglichkeit die Gesamtanlage in den Blick zu nehmen ist. - Beim Thema TA Luft werden wir eine ähnliche Diskussion noch einmal führen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Kurz Herr Professor Dolde! Dann würden auch wir gerne etwas dazu sagen - wobei Herr Gödeke gerade mal wieder nicht da ist.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Sie dürfen natürlich § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV nicht aus dem Blick verlieren - wenn wir hier schon beginnen, die Leute mit Paragraphen zu bombardieren. Bei der Ände-rungsgenehmigung wird die Frage, ob eine Umweltver-träglichkeitsprüfung notwendig ist, ausschließlich danach beurteilt, ob durch die Änderung Schutzgüter des UVPG nennenswert beeinträchtigt werden können. Wenn die Änderung UVP-pflichtig ist, dann gilt für das UVP-pflichtige Vorhaben der § 1 a. Dann sind die Auswirkungen Gegen-stand der Prüfung nach § 1 a.

Wenn Sie Recht hätten, bräuchte man keinen § 1 a. Dann erforderte jede noch so minimale Änderung eine UVP-pflichtige Genehmigung mit der Folge, dass die gesamte Anlage von A bis Z von Neuem auf den Prüf-stand käme.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielen Dank, dass ich die Möglichkeit habe, direkt zu erwidern. – Nehmen wir einmal an, der Block 9 stünde weg vom Standort irgendwo auf der grünen Wiese, wo es sonst nichts drum herum gibt. Er wäre allein schon des-halb UVP-pflichtig, weil er die 200 MW überschreitet. Das, was Sie eben angesprochen haben, nämlich die Addition von Anlagen, die irgendwann in die UVP-Pflicht hinein-wachsen, liegt hier also gar nicht vor. Wir haben allein für den Block 9 per Gesetz schon die UVP-Pflicht. Da brau-chen wir die anderen Anlagen gar nicht.

Nach meinem Verständnis sagt dann die 9. BImSchV: Wenn die UVP-Pflicht besteht, ist die Gesamtanlage in den Blick zu nehmen. Alles andere macht vor dem Hinter-grund des Zwecks des Gesetzes mit Blick auf die Umwelt-verträglichkeitsprüfung überhaupt keinen Sinn. Der Ge-setzgeber will doch gerade, dass die Umweltbelange, die früher so schnell hinten heruntergefallen sind, in eine Gesamtschau hineingenommen werden. Die Gesamt-schau kann nur darin bestehen, die Anlage insgesamt und nicht nur einen willkürlichen Teil der Gesamtanlage zu betrachten.

Ich wiederhole: Hier am Standort haben wir die Be-sonderheit, dass die ganzen Altkraftwerke nie einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden sind. Auch daraus ergibt sich aufgrund der geänderten Rechts-lage deshalb das Sachbedürfnis, die Umweltverträglichkeit der Gesamtanlage in den Blick zu nehmen. Genau das fordern wir hier im Verfahren ein.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, wir hatten diese Diskussion auch beim Petitionsausschusstermin in Karlsruhe. Da waren Sie nicht dabei, aber Herr Block war dabei. Herr Schwaab hat dort den schönen Satz geprägt: Das ist eine anspruchsvolle Rechtsfrage. Das ist wirklich ein wichtiger Punkt, und die derzeitige Auslegung muss auch nicht immer so bleiben.

Aber wir haben aus dem Termin des Petitionsaus-schusses einen anderen Schluss gezogen und haben gesagt: Wenn der Petitionsausschuss, der zu Recht erklärt hat, er könne sich nicht über geltendes Recht hinwegsetzen, den Gesetzgeber auffordert, dort eine Änderung und eine Verbesserung zu schaffen, dann sind auch wir an das derzeitige Recht gebunden und können eben nicht vorweggreifen. - Ob wir das nun wollen oder nicht, sei dahingestellt. - Wir haben daraus den Schluss gezogen: Wir wissen zwar, dass Einzelne meinen, man könne das einfach so machen, aber wir sehen uns dazu nicht in der Lage.

Herr Schwaab wird zu dieser „anspruchsvollen Rechts-frage“ jetzt die von Herrn Gödeke angemahnte Antwort der Genehmigungsbehörde geben.

Schwaab (RP Karlsruhe): Ich möchte grundsätzlich etwas zum Anlagenbegriff sagen. Herr Rahner, das ist selbstverständlich ein sehr wichtiger Begriff und bedeutet eine sehr wichtige Wei-chenstellung in diesem Verfahren. Ich weiß nicht, ob das beim Herrn Dolde ganz klar herauskam; er hat den Begriff, glaube ich, eingangs verwendet.

Unsere Verwaltungspraxis bei Großkraftwerken ist seit Jahren, dass wir sagen: Die einzelnen Blöcke, die tech-nisch weitgehend selbstständig sind – natürlich gibt es Verknüpfungen über die Stromschiene, unter Umständen auch über die Abwasserbehandlung –, sind eigenständige Stromkraftwerke bzw. Stromerzeugungsanlagen nach Nr. 1.1 der 4. BImSchV.

Allerdings werden sie durch das Zusammenwirken auf einem Gelände und durch die Verbindung mit gemeinsa-men Betriebseinrichtungen zu einer sogenannten gemein-samen Anlage zusammengefasst. Der Begriff „gemeinsa-me Anlage“ in der Vierten Verordnung hat in erster Linie zur Folge, dass man die Feuerungswärmeleistungen zusammenfasst und unter Umständen erst auf diese Weise zur Genehmigungspflicht kommt. - Das passt hier natürlich nicht, weil die Blöcke so groß sind, dass sie als solche selbständig genehmigungspflichtig sind.

Jetzt haben wir den Antrag der Firma GKM auf Erwei-terung ihres bestehenden Großkraftwerkes. Das Groß-kraftwerk besteht nach unserer Auffassung, wie gesagt, aus mehreren selbstständigen Anlagen. Nun wird eine - ich sage das in Anführungszeichen – „neue“ Anlage

dazugebaut, nämlich der Block 9. Dies bedeutet rechtlich – lesen Sie § 1 Abs. 3! -: Die gemeinsame Anlage wird um den Block 9 erweitert. Damit geht es aber nicht um die Gesamtbetrachtung – so haben Sie es genannt – sämtli-cher Blöcke, sondern darum, wie dieser Block 9 betrachtet wird.

Der Block 9 ist eine Anlage - um das noch einmal klar-zustellen - und ist nicht etwa eine Änderung der Gesamt-anlage Großkraftwerk. Dieser Block 9 als solcher ist selbstverständlich – wie Sie hier ausgeführt haben – UVP-pflichtig, weil er die 200 MW überschreitet. Er wird also entsprechend der UVU voll betrachtet. Das muss aber nicht zwingend dazu führen, dass sämtliche Altblöcke mit einbezogen werden, wie Sie es hier eben angesprochen haben.

Noch eine kurze Bemerkung zum Petitionsausschuss: Der Petitionsausschuss hat nicht gesagt, nach geltendem Recht seien sämtliche Blöcke zu betrachten, sondern er hat ausdrücklich gesagt: Das Land wird gebeten, im Bundesrat darauf hinzuwirken – Herr Block, ich zitiere frei, was der Petitionsausschuss wollte -, dass diese Rechts-frage künftig im BImSchG oder meinetwegen in der Vierten Verordnung im Sinne einer Pflicht zur Zusammen-fassung bei einem solchen Kraftwerk geregelt wird. - Das möchte ich für uns feststellen.

Um es noch einmal zu sagen: Unsere Verwaltungs-praxis ist sowohl in Karlsruhe als auch in Mannheim – wir sind für beide Großkraftwerke schon seit langem zustän-dig -, dass wir immer dann, wenn dazugebaut wird, von einer Änderungsgenehmigung ausgehen müssen, weil wir eine gemeinsame Anlage voraussetzen. Das ist das Entscheidende.

Verhandlungsleiterin Salchow: Die Reihenfolge war jetzt wie folgt: Zuerst kommt der Herr mit der orangefarbenen Weste, dann kommen Herr Rahner, Herr Block und Herr Gottstein. - Eine Bitte an diejenigen, die sich bis jetzt noch nicht zu Wort gemeldet haben und keine Namensschildchen vor sich haben: Nennen Sie bitte für das Protokoll immer Ihren Namen und gegebenenfalls die Stelle, die Sie vertreten. – Danke.

Buck (Einwender): Mein Name ist Josef Buck. Ich bin Sammeleinwender. - Meine Frage an das Großkraftwerk ist: Warum machen Sie nicht eine Gesamtabnahme? In Ihrem Vortrag vorhin hat es sich so angehört, dass alles umweltmäßig und emissionsmäßig in Ordnung ist. Wovor haben Sie denn Angst? - Mir ist also noch nicht klar, wovor Sie Angst haben, wenn die gesamte Anlage abgenommen wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Verhandlungsleiterin Salchow: Ich würde vorschlagen, wir sammeln jetzt die Wortbeiträge und geben dann dem Antragsteller Gelegenheit, auf alle Fragen zusammen zu antworten. – Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Danke schön. – Herr Schwaab, so leid es mir tut, aber an einer Stelle möchte ich Ihnen doch offen widersprechen. Sie haben eben in Ihrem Redebeitrag sehr auf die angeb-liche Selbstständigkeit der einzelnen Kraftwerkseinheiten abgehoben. Aber dem ist doch gar nicht so! Die einzelnen Kraftwerkseinheiten können ohne das Gesamte gar nicht eigenständig betrieben werden.

Den Antragsunterlagen, zum Beispiel der Anlagenbe-schreibung in der UVU, entnehme ich, dass der Block 9 ohne die bereits vorhandenen technischen Einrichtungen auf dem Gesamtgelände nicht betrieben werden kann. Das betrifft zum Beispiel das vorhandene Ammoniak-wasserlager, das den Block 9 ebenfalls mitversorgen wird. Das betrifft die Betriebsabwasseraufbereitung, die bereits besteht und mit genutzt werden muss. Das betrifft vor allem auch die Versorgung mit Hilfsdampf. Ohne den Hilfsdampf kann das Kraftwerk nicht betrieben werden. Er wird dann aus den bestehenden Kraftwerken genommen, um den Block 9 mitzuversorgen. Das betrifft zum Beispiel das Reinkondensat. Das setzt ebenfalls die Nutzung anderer Anlagenteile auf dem Gesamtgelände voraus.

Von daher wäre der Block 9, wenn man ihn so, wie er beantragt ist, irgendwo hinstellte, alleine nicht betriebsfä-hig, weil eben wichtige Teile fehlen würden. Diese Teile werden auf dem bestehenden Gelände vorgehalten, sodass Ihr Argument der Selbstständigkeit des Blockes 9 meines Erachtens nicht greift. Deshalb stellt sich doch wieder die Frage des Anlagenbegriffes und kommt wieder die Gesamtanlage in den Blick, auch was die Schadstoff-immissionen auf der Luftseite betrifft.

Zum Thema Verwaltungspraxis kam man ganz lapidar feststellen: Eine Verwaltungspraxis kann auch geändert werden und kann sich korrigieren.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt ist Herr Block dran und dann Herr Gottstein.

Block (BUND): Herr Schwaab, genau das ist der Punkt: Die Verwaltungs-praxis muss sich ändern, und zwar einfach deswegen, weil die Emissionen, die dieses Kraftwerk dann abgibt, eine ganz andere Dimension haben als im Augenblick. Zusammen geben sie genau diese Fürchterlichkeit ab, die wir Ihnen nachher noch beweisen werden. Deswegen müssen Sie sie insgesamt betrachten.

Das ist genauso, als wenn die Bahn bei einem ICE-Zug vorne einen neuen Triebwagenkopf von Siemens einsetzt und hinten den alten belässt. Benutzt wird nur der neue. Aber wenn die Räder des alten nicht überprüft werden, fliegen sie unter Umständen bei der nächsten Kurve heraus, und dann entgleist das ganze Ding.

Genauso ist es hier: Es ist eine Gesamtanlage, bei der die Sicherheitseinrichtungen und die Stromversorgung der Sicherheitseinrichtungen usw. mit den anderen Blöcken massiv zusammenhängen. Selbstverständlich hängen auch die Emissionen zusammen. Die Verwirbelungen dieses Blockes 9 und die der Blöcke 7 oder 6 bewirken gegenseitig etwas. Deswegen muss die Anlage insgesamt betrachtet werden.

Ich könnte sogar noch weiter gehen: An sich müssten Sie den ganzen Raum betrachten. Sie müssten die Müllverbrennungsanlage hereinnehmen, Sie müssten BASF mit hereinnehmen, Sie müssten auch Karlsruhe mit hereinnehmen, weil im Rheingraben der Dreck nur von links nach rechts geschaufelt wird. Das wissen Sie so gut wie ich.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Aber so weit gehen wir gar nicht, dass wir Ihnen Karlsruhe vorwerfen – beim Wasser schon, aber bei der Luft wollen wir nicht so weit gehen.

Aber dass Sie Anlagenteile, die sich über etwa 750 m ausbreiten, nicht als eine Gesamtanlage betrachten, ist eigentlich gegen jegliche Vernunft. Ich dachte immer, Beamte seien dazu da, ihren Kopf einzusetzen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Einwenderin-nen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Frau Salchow, Herr Schwaab, ich protestiere aufs Schärfste gegen das Vorgehen des Regierungspräsidi-ums. Herr Rahner hat vorhin eine ganz klare Frage an das Regierungspräsidium gestellt. Geantwortet hat der An-tragsteller in Person von Herrn Dolde, und Sie, Herr Schwaab, übernehmen dann quasi komplett die Aussagen des Herrn Dolde. Das hat für uns - schwäbisch ausge-drückt - ein „Geschmäckle“.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schwaab.

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Schwaab (RP Karlsruhe): Es gab jetzt verschiedene Ansprachen. Ich muss zunächst einmal Herrn Rahner entgegnen: Herr Rahner, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es enge Zusammen-hänge zwischen den einzelnen Anlagen dieses Kraftwerks gibt. Sie haben gemeinsame Betriebseinrichtungen.

Ich bitte Sie, sich den Begriff „gemeinsame Anlage“ anzuschauen. Das Wesen der gemeinsamen Anlage ist in § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV genau definiert:

„Ein enger räumlicher betrieblicher Zusam-menhang ist gegeben, wenn die Anlagen

1. auf demselben Betriebsgelände liegen“

– das haben wir hier vorliegen, ganz klar, auch wenn es sich sehr in die Länge zieht; man könnte da ja sagen, das seien mehrere Betriebsgelände; aber nein, es ist ein Betriebsgelände –

„2. mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und

3. einem vergleichbaren technischen Zweck dienen.“

Das Letzte kann man abhaken.

Die „gemeinsamen Betriebseinrichtungen“ sind das Entscheidende. Da gibt es natürlich die unterschiedlich-sten Konstellationen: In Karlsruhe lief das etwas selbst-ständiger ab, sodass wir da auf der ganz sicheren Seite waren. Der Block 8, der dort genehmigt wurde, war auf jeden Fall ein selbstständiger Block.

Beim Block 9 sind wir der Auffassung, dass das ganz überwiegend eine selbstständige Einheit ist; denn es wird hier Strom erzeugt. Der Strom wird zwar auf einer ge-meinsamen Schiene in ein Netz eingespeist, aber diese Verbrennungsanlage ist mit einer eigenständigen Abgas-einrichtung versehen.

Die Versorgung mit Kohle erfolgt durch ein neues Koh-lelager. - Es gibt noch verschiedene andere Punkte, aber ich will mich jetzt nicht als Techniker aufspielen. Das könnte GKM sicher noch ausführen.

(Zurufe von den Einwenderinnen und Ein-wender)

- Moment! Entschuldigung! Ich mache mir das nicht einfach ungeprüft zu eigen, sondern ich bin der Meinung, der Begriff der gemeinsamen Anlage ist hier erfüllt.

Herr Rahner, Sie haben argumentiert, eine gewisse Gemeinsamkeit führe automatisch zur Gesamtanlage. Dann hätten wir in vielen Fällen bei großen Betriebsgelän-den – ich denke gerade an die Chemie - Riesenkomplexe. Nach Ihrer Auslegung würden wir dann immer nur die Gesamtanlage betrachten. Das ist vom Bundes-Immissionsschutzgesetz so nicht vorgesehen. Vielmehr haben wir bewusst bei den Kraftwerken einzelne Einhei-ten, und es geht hier um einen hinzukommenden Block.

Ich gebe zu, das hat unter Umständen – Sie haben es schon angedeutet – erhebliche Auswirkungen. Aber sehen Sie es mir nach: Das ist unsere jahrzehntelange Praxis bei Kraftwerken.

(Zuruf von Herrn Block [BUND])

- Herr Block, dann frage ich Sie: War unsere Praxis die ganze Zeit rechtswidrig?

(Block [BUND]: Das werden wir vor Gericht noch klären! In Karlsruhe haben wir das Geld nicht gehabt, aber vielleicht haben wir es hier!)

- Gut. - Vielleicht brechen wir an dieser Stelle mit den weiteren Ausführungen ab. Ich stehe noch einmal dazu: Das hier ist eine gemeinsame Anlage, die erweitert wird. Deswegen ist die Änderungsgenehmigung die richtige Art der Entscheidung. Eine Neuanlage ist das selbstverständ-lich nicht. Sie steht zwar, wie gesagt, in einem engen Zusammenhang mit den vorhandenen Kraftwerken, aber es ist eine gemeinsame Anlage.

(Gottstein [BUND]: Ganz dünnes Eis!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt hat sich Herr Gödeke gemeldet.

Gödeke (Sachbeistand): Sie sagen es ja: Es ist eine „gemeinsame Anlage“. Die Anlage erfüllt alle drei Kriterien des Anlagenbegriffs. Daher ist auch die gesamte Auswirkung zu betrachten. Das ist doch ganz klar. Im zweiten Teil Ihrer Rede haben Sie sich dann den Ausführungen des Antragstellers angeschlossen. Im ersten Teil Ihrer Rede haben Sie es nach dem Gesetz richtig gesagt: Es sind alle drei Kriterien des Anlagenbegriffs für die Gesamtanlage erfüllt, und es ist die Gesamtanlage zu betrachten.

Im Übrigen wird das teilweise auch so gemacht. Man hat den Eindruck: Da, wo es passt und – das kommt zur Unvollständigkeit der Antragsunterlagen noch hinzu – wo es beispielsweise um das TEHG geht, werden keine Angaben gemacht, obwohl das verpflichtend ist. Es gibt schon höchstrichterliche Urteile zum Anlagenbegriff im TEHG. Bei anderen Bereichen, wo es um die Emissionen geht und wo man mit der Gesamtanlage ein Problem hätte, wird das dann nicht insgesamt, sondern einzeln betrachtet. Der Antrag ist nicht in sich schlüssig. Entweder betrachtet man einzeln oder nicht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Gödeke. - Jetzt hatte sich noch einmal Herr Buck gemeldet.

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Buck (Einwender): Zum einen habe ich noch keine Antwort auf die Frage bekommen, warum Sie Angst haben, dass man die gesamte Anlage abnimmt. Ich bin nicht nur Einwender, sondern auch Bürger dieser Stadt. Ich will schon wissen, was das Großkraftwerk hier herausbläst. Ich bin der Meinung, wenn man nicht das ganze Ding abnimmt, hat das Auswirkungen auf die Umwelt und die ganze Lebens-qualität der Stadt. Ich will als Bürger wissen, warum ihr das nicht so organisiert, dass man das gesamte Groß-kraftwerk abnimmt. Ich bin Industriearbeiter und schaffe für die Firma Fuchs. Wenn die was Neues dazunehmen, haben sie viele Auflagen zu erfüllen. Aus diesem großen Block werden Tonnen herausgeblasen. Deshalb verstehe ich nicht, warum das Ding nicht komplett abgenommen wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich fasse noch einmal zusammen: Wir haben eine ge-meinsame Anlage. Das ist unstrittig, und das haben wir alle festgestellt. - Punkt 1.

Punkt 2: Was bedeutet das für den Gegenstand des Genehmigungsverfahrens? Wir reden über eine Ände-rungsgenehmigung nach § 16 BImSchG. Die Änderungs-genehmigung ist zu erteilen, wenn die Genehmigungsvor-aussetzungen erfüllt sind. Das ist der Fall, wenn - grob gesprochen - die Änderung keine schädlichen Umweltein-wirkungen erzeugt.

Dazu fragt man im konventionalen Fall: Was wird zu-sätzlich emittiert, was ist an Immissionen bereits vorhan-den, und ist der dann eintretende Gesamtzustand in Ordnung oder nicht? In der Vorbelastung ist der Bestand mit drin: Da ist die MVV mit drin, da sind alle Kraftwerke in Mannheim, die BASF und sonst alles mit drin. - Das ist der Regelfall.

Es gibt auch einen Sonderfall: Die Rechtsnorm geht davon aus, Herr Block, dass es irrelevante Zusatzbelas-tungen gibt, die so gering sind, dass sie rechtlich als unerheblich betrachtet werden - unabhängig davon, wie groß die Vorbelastung ist. Es geht nur um die Frage: Spielt der Bestand eine Rolle, oder spielt er keine Rolle? Die Regeln gehen davon aus, dass Zusatzbelastungen, wenn sie ein bestimmtes Maß nicht überschreiten, irrele-vant sind. Deswegen ist die Irrelevanz nur auf die Ände-rung durch Block 9 bezogen.

Gegenstand des Verfahrens ist aber nur die Genehmi-gung von Block 9. Wenn Sie an Ihr Einfamilienhaus eine Garage anbauen, lassen Sie sich doch Ihr Einfamilienhaus nicht neu genehmigen. Dann wird die Garage genehmigt, aber nicht Ihr bestehendes Haus.

(Gottstein [BUND]: Das ist doch nicht das Gleiche!)

GKM befürchtet nichts. GKM hält sich an Gesetz und Recht und hat seinen Antrag nach Gesetz und Recht gestellt. – Herr Gottstein, ich muss meiner Bemerkung noch hinzufügen: Ich bin dazu da, das Recht auszulegen, wie ich es sehe, und meine Aussagen dazu zu machen. Es ist durchaus denkbar, dass das Regierungspräsidium der gleichen Auffassung ist - oder auch nicht. Aber daraus Vorwürfe gegen jemanden abzuleiten, das halte ich - vorsichtig ausgedrückt – für bedenklich.

Das Recht ist das Gleiche - ob es der Herr Rahner liest, ob ich es lese oder ob es das Regierungspräsidium liest. Dass es dazu manchmal unterschiedliche Auffas-sungen gibt, liegt in der Natur der Sache. Das ist aber kein Anlass, Vorwürfe zu erheben.

(Buck [EW]: Aber meine Frage haben Sie noch immer nicht beantwortet, nämlich wa-rum Sie Angst haben, die Gesamtanlage abzunehmen!)

- Ich habe gesagt, GKM befürchtet nichts. GKM hat einen Antrag nach Gesetz und Recht gestellt. Das, was Gegen-stand eines Änderungsverfahrens ist, wurde vorgelegt. Das war die Antwort auf Ihre Frage.

(Buck [EW]: Die reicht aber nicht!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Folgende Reihenfolge: zunächst Frau Dahamni-Herm, dann Herr Block, Herr Gottstein, dann noch einmal Herr Rahner und Herr Gödeke.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Herr Schwaab, Sie haben erklärt – ich versuche, es in meinen Worten zu wiederholen -: Es ist Ihre gängige Verwaltungspraxis - die Sie natürlich auch ändern könn-ten - zu sagen: Wenn es mir passt, gucke ich mir das als Einzeleinrichtung an. Dazu haben Sie angeführt, dass der Block 9 zur Stromerzeugung dient. Abgesehen davon soll auch Fernwärme ausgekoppelt werden. Das ist natürlich nicht getrennt zu betrachten.

Auf der anderen Seite haben Sie wieder einen Schlen-ker gemacht und haben gesagt: Das ist eine gemeinsame Betriebseinrichtung. Diese Betrachtungsweise des Verfah-rens ist für mich widersprüchlich.

Ich frage Sie hier: Was hindert Sie daran, eine andere – wie Sie sich ausgedrückt haben – Verwaltungspraxis anzuwenden, und zwar eine, die davon ausgeht, dass bei Vorliegen einer gemeinsamen Betriebseinrichtung die gesamte Anlage betrachtet wird und nicht nur die Ände-rung?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich glaube, die Diskussion ist jetzt nicht mehr zielführend und dreht sich im Kreis.

Wir sollten für das Protokoll festhalten - ohne die wei-teren Redewünsche jetzt abzuschneiden -, von welchem Anlagenbegriff wir ausgehen: Wir gehen von dem Begriff der „gemeinsamen Anlage“ nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV aus. Das führt dazu, dass zunächst einmal nur diejenigen Teile betrachtet werden – das ist kompli-ziert -, die jetzt geändert werden bzw. dazukommen und die keine Änderungsauswirkungen auf die bestehenden Teile haben. Wenn es allerdings Änderungsauswirkungen auf die bestehenden Teile gäbe, zum Beispiel wenn alles durch einen gemeinsamen Kamin herausginge, könnte man das natürlich nicht mehr trennen. Das liegt auf der Hand.

Da diese Neuanlage aber weitgehend selbstständig ist und da sie außer beim Zufahrtsverkehr, bei Verwaltungs-gebäuden und einigen weitergehenden Verquickungen keine großen Auswirkungen auf die alten Anlagen hat, ist es nicht so, dass diese nur gemeinsam betrachtet werden können. Das ist der Sinn dieser gesetzlichen Regelung, an die wir uns halten.

Das muss aber nicht immer so bleiben. Wenn der Wunsch oder die Anregung des Petitionsausschuss aufgegriffen wird und das Gesetz an der Stelle verschärft bzw. verbessert wird – je nachdem, aus welchem Blick-winkel man es sieht -, halten wir uns an das dann geltende Recht. Im Moment halten wir uns an das jetzt geltende Recht, das unserer bisherigen Verwaltungspraxis ent-spricht. Diese werden wir auch hier weiterverfolgen. – Diese Frage haben wir, glaube ich, aus unserer Sicht jetzt abschließend beantwortet.

Jetzt gehen wir in der Rednerliste weiter. Herr Block kommt als Nächster.

Block (BUND): Frau Salchow, ich verstehe Sie als Behörde, ohne Frage; wir brauchen uns darüber nicht zu streiten. Ich verstehe auch Herrn Dolde. Aber das Problem für uns Bürgerinnen und Bürger ist die Genehmigungspraxis, die Sie hier durchziehen. Sie haben sie in Karlsruhe so durchgezogen, und Sie ziehen sie hier durch. Sie wird auch noch an 15 anderen Standorten so durchgezogen.

Dann werden diese Anlagen 40 Jahre lang laufen – aufgrund des sogenannten Totschlagarguments „irrele-vant“. Jeder weiß, dass 200 t Feinstäube von Block 9 nicht irrelevant sein können. Sie sind zwar im Augenblick als Einzelanlage Block 9 irrelevant, aber schon in der Ge-samtschau kommt Herr Dolde in Schwierigkeit. Oder nicht? - Das war die Frage von dem Sammeleinwender.

Wenn Sie keinerlei Befürchtungen haben, dass die Ir-relevanzkriterien durch die anderen Blöcke, die so weiter-laufen, nicht erfüllt werden, können Sie die Werte hier

doch vorlegen. Sagen Sie dann doch: Das sind die Aus-wirkungen; wir sind auf der sicheren Seite! - Sie sind es aber nicht, weil Sie nach unserer Rechnung bei einigen Werten die Irrelevanzgrenze schon überschreiten bzw. nach Ihrer Rechnung schon sehr nah an die Irrelevanz-grenze herankommen. Mit den anderen Blöcken wären Sie garantiert darüber. Sie wehren sich gegen diesen Anlagenbegriff, weil sonst nicht nur 16 000 Bürgerinnen und Bürger Sturm liefen, sondern noch viel mehr Mann-heimer sagen würden: Wir lassen uns unsere Kinder nicht zu Versuchskaninchen von GKM machen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Herr Dolde, Sie könnten allerdings alternativ sagen: Wir haben nichts zu verbergen; wir legen Ihnen hier alle Zahlen vor. Insgesamt gesehen würde sich jeder Schad-stoff, der oben herauskommt, so und so auswirken.

Auch Sie sind doch heute wie wir über die Autobahn gekommen und haben wunderbar sehen können, wie sich die Abluftfahnen vermischten. Heute hingen die Wolken sehr tief; die Fahnen haben sich schon in 300 m Höhe vermischt. Genauso wird sich auch die Abluft aus Block 9 vermischen. Es ist also eine Emission, und damit stam-men auch die Immissionen aus all diesen Anlagen. Des-wegen ist die gemeinsame Betrachtung sinnvoll.

Noch einmal, Frau Salchow: Bis der Gesetzgeber in die Pötte kommt, haben alle Anlagen diese falsche Ge-nehmigung. Dafür tragen wir, die hier sitzen, dann die Verantwortung. Diese Anlage wird bei einer Genehmigung 20 oder 30 Jahre laufen. Denn kein Mensch wird diese Genehmigung revidieren - genauso wie die Altanlagen ohne UVP und wasserrechtliche Genehmigungen laufen. Das kann doch nicht wahr sein! Sie müssen Ihre Verwal-tungspraxis ändern. Dazu fordere ich Sie auf. Da muss man aber Mut haben.

(Lebhafter Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein, Sie sind dran.

Gottstein (BUND): Herr Dolde, es spricht für den Antragsteller, wenn er ein solches Großkraftwerk mit einem Einfamilienhaus, an das eine Garage angebaut werden soll, vergleicht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wie Sie das Ganze hier darstellen, spricht für mich Bände. - Das ist meine erste Bemerkung.

Als Zweites: Herr Rahner hat eine ganz klare Frage an das Regierungspräsidium gestellt. Das Regierungspräsi-dium hat an Sie abgegeben, und Sie haben die Frage beantwortet. Das hat schon ein Geschmäckle, und das ist

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auch nicht Praxis. Ich kenne es aus vielen Erörterungs-terminen, dass die Verhandlungsleitung einen neutralen Standpunkt zu vertreten hat, dass sie nicht erst den Antragsteller fragt – es sei denn, die Frage richtet sich an ihn - und sich dann dem, was der Antragsteller schon gesagt hat, anschließt. So kann es nicht sein.

Es gab eine ganz klare Frage von Herrn Rahner an das Regierungspräsidium. Da erwarte ich eine ganz klare Antwort, aber nicht über den Umweg des Antragstellers. - Deswegen meine Anmerkung, dass das schon ein leich-tes Geschmäckle hat.

Dann die Frage an das Regierungspräsidium – diese können Sie gerne an den Antragsteller weitergeben -: Kann die Anlage ohne bestimmte andere Anlagen in diesem Gesamtkomplex laufen? – So, wie ich das vorhin verstanden habe, kann sie nicht laufen, weil bestimmte Anlagen zum Betrieb des Blocks 9 dazugehören. Wenn sie nicht vorhanden sind, funktioniert das nicht. - Ist das also eine Gesamtanlage? Dann müssen wir das auch insgesamt betrachten.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich weiß gar nicht, ob der Antragsteller darauf antworten möchte. Aus unserer Sicht - wenn wir schon direkt ange-sprochen sind - stellt es sich allerdings so dar: Wir gehen nur dann von einer untrennbar miteinander verquickten Anlage aus, wenn sich die Änderungen, die jetzt beantragt sind, auf den Altbestand tatsächlich auswirken. Diese Auswirkungen müssen dann zusammen betrachtet wer-den. - Der § 1 Abs. 3 sagt das so, und da mögen Sie es einem Juristen nachsehen, wenn er das so sieht. - Wie gesagt, ich glaube, dass die Diskussion jetzt nicht mehr zielführend ist.

Es ist gerade die Voraussetzung bei einer „gemeinsa-men Anlage“, dass diese durchaus gemeinsame Be-triebseinrichtungen nutzt. Wenn es Einwirkungen auf diese gemeinsamen Betriebseinrichtungen gibt, müssen sie natürlich zusammen beurteilt werden. Dazu gibt es auch Rechtsprechungen aus Nordrhein-Westfalen. Die Dinge, die sich nicht gegenseitig beeinflussen, sind getrennt zu beurteilen.

Jetzt kommen wieder Herr Rahner, dann Herr Gödeke und dann die Dame mit dem grauen Pullover.

(Dahamni-Herm [EW’in]: Ich hatte mich noch einmal gemeldet!)

- Anschließend kommen Sie. Zunächst Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielen Dank. – Nur zur Klarstellung, weil ich den Eindruck habe, Professor Dolde hat mich falsch verstanden oder überinterpretiert: Natürlich haben die bestehenden Anla-

gen Bestandsschutz; das habe ich nicht in Frage gestellt. Wir haben ja ein Änderungsgenehmigungsverfahren, das sich auf den Block 9 bezieht. Ich habe nur gesagt: Hin-sichtlich der Umweltauswirkungen und der Umweltverträg-lichkeitsprüfung ist meines Erachtens die Gesamtanlage in den Blick zu nehmen. Das tangiert natürlich nicht die bestehenden Altgenehmigungen; auch das ist klar. Von daher haben Sie mir vorhin etwas zugeschrieben, was ich so nicht gesagt habe.

Noch einmal, weil es vorhin mit der 4. und 9. BImSchV ein bisschen durcheinander ging: Ich beziehe meine Auffassung aus § 1 a der 9. BImSchV, weil da der Ge-genstand der UVP-Prüfung definiert wird. Hier wird aus-drücklich von einer UVP-pflichtigen Anlage gesprochen. Wir sind uns einig, dass wir eine Anlage am Standort haben. - Dabei will ich es dann auch bewenden lassen. Das steht im Protokoll. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Erstens möchte ich auf Folgendes hinweisen: Die Irrele-vanz ist noch gar nicht nachgewiesen. Das heißt, man kann nicht vorab ein Genehmigungsverfahren mit einer separaten Anlage durchführen, bevor nicht die Irrelevanz nachgewiesen ist. Man hätte das Verfahren ohnehin für die Gesamtanlage beginnen müssen.

Zweitens. Ich möchte einmal anhand der Emissionen erläutern, dass Auswirkungen der Altanlage bzw. Auswir-kungen auf die Altanlage bestehen. Der neue Kamin hat eine ähnliche Höhe wie die alten Kamine. Die Abgasfah-nen überlagern sich. Da sind gegenseitige Wechselwir-kungen vorhanden.

Ich bin heute Morgen in Mannheim-Neckarau ausge-stiegen und habe vom Bahnsteig aus das Kraftwerk mit dem Handy gefilmt. Der eine Schornstein war zur Hälfte nicht zu sehen, weil er im Qualm vom anderen stand. So etwas passiert noch zusätzlich.

Von daher geht es natürlich um eine Gesamtanlage; Herr Rahner hat es schon gesagt. So steht es auch in der Verordnung über Genehmigungsverfahren. Die ist da unzweideutig. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt kommt die Dame im grauen Pullover.

Rigot (Einwenderin): Maria Rigot von Attac und „Nein zu Block 9“. - Ich wollte noch einmal auf den Begriff der Irrelevanz zurückkommen,

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weil mich das aufregt. Dieser Begriff macht alles nieder. Man darf überhaupt keine Kritik an dieser Anlage äußern, weil alles „irrelevant“ und „unwichtig“ ist.

Ich erinnere daran, dass in Mannheim bereits jetzt die Schadstoffbelastung in der Luft massiv hoch ist. Das können Ihnen Ärzte – Lungenärzte, Kinderärzte – bestäti-gen. Die Atemwegserkrankungen, die Bronchialerkran-kungen nehmen zu. Ich halte die neuen Belastungen in der Luft, die Sie als irrelevant ansehen, für sehr wichtig. Sie müssen angeguckt werden. Für mich sind sie einfach zu viel. Deswegen bin ich dagegen, dass dieser Block gebaut wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt ist die Dame mit der orangefarbenen Weste dran, die bei der Übergabe der Einwendungen bei uns war.

McCloskey (Einwenderin): Carmen McCloskey, auch „Nein zu Block 9“. - Zu der ganzen Debatte vorhin - ich bin Laie – möchte ich Folgen-des anmerken: Ich weiß genau, dass es - wie bei Medi-kamenten zum Beispiel - auf die Dosis ankommt. Momen-tan ist überhaupt nur von Block 9 die Dosis überprüft worden bzw. ein Gutachten erstellt worden, wie hoch die Emissionen da sein werden usw. Die anderen Blöcke fehlen.

Mir ist es nicht erklärlich, wie man das dann überhaupt beurteilen kann, weil es, wie gesagt, auf die Dosis an-kommt. Wie will man, wenn die Werte der anderen Blöcke unbekannt sind, überhaupt beurteilen, welche Auswirkun-gen das auf Mensch, Flora und Fauna hat? Denn die tatsächliche Dosis kennt man nicht. Das ist mir unbegreif-lich, und dazu möchte ich bitte eine Auskunft haben. Ich habe nämlich als Bürgerin dieser Stadt, die das dann einatmen muss, einen Anspruch darauf, wirklich zu wissen, was hier insgesamt vorliegt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nur zur Ihrer Information: Die Summe der Emissionen ist natürlich bekannt, weil sie ja permanent überwacht und gemessen werden. Es geht um die Immissionen in ihrer Gesamtheit. Möchte die Antragstellerin dazu Stellung nehmen?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich bleibe in Ihrem Bild: Es gibt eine bestimmte Dosis; das ist der Ist-Zustand. Dann gibt es in der TA Luft eine Regelung, die besagt: Wenn eine gewisse Zusatzdosis so klein ist, dass sie am Ist-Zustand nichts ändert, ist sie hinzunehmen - unabhängig davon, wie groß die Ist-Dosis ist. Wenn die Zusatzdosis größer ist als die Irrelevanz,

wird die Gesamtdosis betrachtet. Die heutige Ist-Dosis plus die Zusatzdosis ist die zukünftige Gesamtdosis.

Ich will wirklich dem Eindruck entgegenwirken, man würde hier nur Block 9 betrachten. In die Prüfung geht überall die Vorbelastung, das was heute ist, ein, es kommt die Zusatzbelastung hinzu, und das ist dann die Gesamt-belastung.

Es gibt nur den Sonderfall – den habe ich vorhin schon erwähnt; ich bleibe bei dem Begriff -, wenn die Zusatzdo-sis so gering ist, dass sie nichts bewirkt. Dann sagt das Recht: Sie spielt keine Rolle, unabhängig davon, wie groß der Ist-Zustand ist. Dann brauche ich nur die Zusatzbelas-tung, die Zusatzdosis zu betrachten und die Vorbelastung und die bisherige Dosis nicht mehr. Das ist der Kernge-danke des Ganzen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt zunächst der Herr zwischendrin, der sich gemeldet hat. – Genau, Sie!

Dr. Grein (Einwender): Dr. Walter Grein. - Zu diesem Begriff, den der Professor Dolde gebracht hat: irrelevante Zusatzbelastung. Wir haben jetzt ein Kraftwerk mit einer Gesamtleistung von 1520 MW – habe ich das heute Morgen richtig verstan-den? –, jetzt kommen 911 MW hinzu, und es irrelevant. Das verstehe ich nicht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich möchte mich auch auf das beziehen, was Frau McCloskey gesagt hat. Diese Dosen sind nicht einfach additiv und linear, sondern gerade bei Feinstäuben und solchen Dingen hat der Körper eine gewisse Fähigkeit entwickelt, damit umzugehen. Aber irgendwann kippt das.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Deshalb kann ich es nicht verstehen, dass das hier so herausgetrennt wird. Ich verstehe auch nicht, warum der Betreiber nicht die Gelegenheit ergreift und sagt: Wir überprüfen jetzt einmal die Gesamtanlage; es könnte uns ja in zehn Jahren ein Rechtsverfahren um die Ohren fliegen. Auch wenn die Anlage genehmigt ist: Sie sind für alle Folgen Ihres Tuns verantwortlich.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt kommt der Herr im mittleren Gang.

Fojkar (Einwender): Mein Name ist Raymond Fojkar, auch „Nein zu Block 9“ und Ärzteinitiative Rhein-Neckar. - Herr Professor Dolde, ich bin Ihnen für das Bild von der Garage dankbar. Denn ich wäre froh, wenn Baurecht angewendet würde. Wenn

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ich bei meinem Bauantrag für die Garage angäbe, dass ich dort vielleicht eine Toilette einbauen will und eventuell noch Wohnraum schaffen will, würde mein Gesamtanwe-sen daraufhin untersucht werden. Das fände ich auch durchaus richtig. In dieser Analogie möchte ich das Verfahren gerne auch auf das Großkraftwerk und Block 9 angewendet wissen.

Das Zweite ist: Bei den meisten Schadstoffen steht uns im Grunde genommen das Wasser bis zur Unterkante Unterlippe. Natürlich wäre ein weiterer Schluck für sich allein genommen nicht gefährlich, aber angesichts der Gesamtsituation naht schon das Ertrinken.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wie wir später bei den Schadstoffen zeigen werden - ich bringe nur das Beispiel Quecksilber -, ist jedes Gramm Methylquecksilber, das Sie herausblasen, weltweit gesehen ein Gramm zu viel. Deshalb gibt es ja all die Initiativen, die Emissionen von Quecksilber gänzlich zu verhindern.

Dementsprechend kann ich als Bürger dieser Stadt nicht verstehen, wie man relativ lässig mit diesen Begriff-lichkeiten umgeht - auch wenn es vielleicht der gängigen Praxis entspricht. Als Bürger kann ich auch nicht verste-hen, dass man einerseits die Rechtspraxis bei einem solch großen Projekt so vorantreibt und andererseits uns als Bürger, wie ich meine, durchaus zu Recht mit Umwelt-plaketten und Ähnlichem dazu zwingt, auch irrelevante Mengen einzusparen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann kommt Herr Block.

Block (BUND): Herr Professor Dolde, es ist so - wir haben das schon einmal erörtert –, dass Sie in einzelnen Bereichen diese Irrelevanzgrenze tuschieren. Quecksilber wurde gerade genannt. Bei Ihrer Gesamtanlage sind die Emissionen bei zwei Kaminen anders als bei drei. Auch die Aufnahmefä-higkeit von Luft, um Schadstoffe zu transportieren, spielt eine Rolle.

Deshalb haben wir ja eine Hochschornsteinpolitik. Die Mannheimer würden verrecken - um es deutlich zu sa-gen -, wenn sie das einatmen müssten, was da in 60 m Höhe herauskommt. Sie könnten da nicht mehr leben. Nur weil Sie das größtmöglich verteilen, ist der Betrieb dieser Anlage an unserem Industriestandort überhaupt noch möglich. Nur deswegen! Darum ist es extrem wichtig, dass Sie wissen, wie sich so etwas auswirkt.

Ich finde, das Regierungspräsidium hat auf jeden Fall die Aufgabe, hier abzuwägen und zu prüfen, wie die

Situation aussieht - obwohl das Gesetz zugegebenerma-ßen im Augenblick nicht dazu zwingt. Ich möchte es wissen, um verantwortlich entscheiden zu können, ob es reicht, dass die jetzt den Tagesmittelwert bei Stickoxiden oder bei Feinstäuben halbieren, oder ob sie auf 40 % oder bei NOX sogar auf Null reduzieren sollten. Das können Sie nämlich verantworten. Dann müssen Sie aber wissen, wie die Situation wirklich ist.

Deswegen würde ich Ihnen raten – dazu stelle ich jetzt einen Antrag -: Erfragen Sie von der Antragstellerin: Wie ist die Situation, wenn die Anlage insgesamt betrachtet wird, für jeden einzelnen Schadstoff?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block, wir haben Ihre Äußerung zu Protokoll genom-men. – Möchte sich zu diesem Thema noch jemand äußern?

(Zuruf)

- Gut. - Anschließend, würde ich sagen, geben wir Herrn Rahner die Möglichkeit, zu den anderen verfahrensrele-vanten Dingen, z. B. zum Sicherheitsmanagementkon-zept, zu sprechen. Dazu gab es ebenfalls noch Einwen-dungen vom BUND. Auch zu diesem Tagesordnungspunkt sollten wir noch etwas sagen.

Ullrich (Einwender): Mein Name ist Andreas Ullrich, „Nein zu Block 9“. - Ich komme nicht aus dem technischen Bereich, sondern eher aus dem kaufmännischen Bereich. Aber ich stelle mir jetzt einfach einmal vor: Ein Mensch wiegt 60 kg und nimmt 30 kg zu. Dann kann man sagen: Er hat nur 30 kg zuge-nommen. Das ist aber eine Zunahme von 50 %. Außer-dem muss sich der Mensch komplett neu darauf einstellen und lernen, mit einem wesentlich größeren Körpergewicht umzugehen. Er muss dann ganz andere Maßnahmen ergreifen, um sich gesund zu halten und mit sich klarzu-kommen.

Ich denke, es wird überhaupt nicht deutlich, welche Auswirkungen die Erweiterung um 900 MW tatsächlich hat. Dass man das nur auf den Block 9 begrenzt und sagt, das sei ein Block und ansonsten habe es überhaupt nichts mit dem Kraftwerk zu tun, finde ich richtig krass.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nur zu Ihrer Information: Dieser unbeliebte Begriff der „Irrelevanz“ beinhaltet, dass – um in Ihrem Bild zu blei-ben – der Mensch knapp zwei Kilo zunimmt, anstatt 60 kg also 62 kg wiegt. Ich sage das, um die Größenordnung einmal klarzumachen.

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Ich möchte keinem das Wort abschneiden, aber ich glaube, das wiederholt sich alles. – Nun kommen Sie als Letzter auf der Rednerliste.

Lehmann (Einwender): Mein Name ist Konrad Lehmann. Ich bin Privatmann. - Ich habe mit Erstaunen gehört, dass man, wenn man ein Haus gebaut hat und dann noch eine Garage errichten will, einen neuen Antrag stellen muss. Wenn die Behörde dann aber feststellt, dass das Haus nicht genehmigt wurde, müsste sie meiner Ansicht nach eingreifen und sagen: Jetzt muss auch die Genehmigung für das Haus nachgeholt werden.

(Zuruf: Genau! – Beifall bei den Einwende-rinnen und Einwendern)

Das sollten Sie von der Behörde auch hier bei den Kraftwerken machen. Die alten Kraftwerke sind nie um-weltverträglich geprüft worden. Wenn jetzt ein neues dazukommt, haben Sie die Verantwortung dafür, zu veranlassen, dass auch die alten überprüft werden. Das ist die einzige Gelegenheit, die wir haben.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, ich nehme an, dass Sie jetzt zu den weiteren Verfahrensrügen kommen wollen.

Rahner (Rechtsbeistand): Danke schön. – Ich möchte zur nächsten Verfahrens-problematik kommen. Eine andere wird Herr Weyland nachher noch vortragen. Ganz am Ende habe ich dann noch eine Verständnisfrage.

Erst einmal zum nächsten verfahrensrechtlichen Prob-lem: Das betrifft die Frage der Konzentrationswirkung des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens und den Natur- und Artenschutz. § 13 BImSchG stellt ausdrücklich fest, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung andere erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigungen einbezieht. Davon gibt es wieder Ausnahmen: das Was-serrecht zum Beispiel; aber darum geht es jetzt nicht.

Mir geht es jetzt um das Naturschutzrecht. Hier haben wir die Problematik, dass, obwohl zum Beispiel der Sco-pingtermin schon längst vorbei war und genaue Details der Planungen der Antragstellerin bekannt waren, vorab naturschutzrechtliche Genehmigungen erteilt wurden, um bauvorbereitende Maßnahmen auf der geplanten Baustel-le durchführen zu können. Das ist aus meiner Sicht ein grober Verstoß gegen die Konzentrationswirkung im immissionsschutzrechtlichen Verfahren. Ich möchte das an dieser Stelle ausdrücklich ansprechen, damit es ordentlich im Protokoll enthalten ist.

Mir stellt sich die Frage, wieso Antragsteller und Be-hörde das immissionsschutzrechtliche Verfahren vorab bei

dieser Spezialproblematik zumindest teilweise inhaltlich entleeren.

Was diese Gesamtproblematik betrifft, bin ich mit Blick auf eine vor kurzem in dem bereits angesprochenen Gerichtsverfahren vorgelegte Zusammenstellung sehr erstaunt, welchen Umfang diese Vorabgenehmigungen bekommen haben und welche Bedeutung sie insgesamt haben. Unter den Vorabgenehmigungen sind auch eine Reihe von Baumaßnahmen von naturschutzrechtlichem Belang. Da geht es um Baufeldfreimachungen, um die Verlegung von Kanälen, um die Erstellung von Baustel-leneinrichtungen, um Zufahrten für Baustellenfahrzeuge und anderes mehr.

Das alles gehört aus meiner Sicht eindeutig in das immissionsschutzrechtliche Hauptverfahren und in die Gesamtprüfung des Gesamtvorhabens hinein, weil das untrennbarer Bestandteil des Gesamtantrages und der Gesamtabwicklung dieses Bauvorhabens ist.

Deswegen halte ich es an dieser Stelle für einen ganz zentralen Verfahrensfehler, dass Antragsteller und zumin-dest Naturschutzbehörde im Vorfeld systemwidrig entge-gen den Grundsatzentscheidungen im § 13 BImSchG hier Tatsachen schaffen wollten, die eindeutig mit der Konzen-trationswirkung des immissionsschutzrechtlichen Verfah-rens nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Vielleicht können im Anschluss an meine Ausführungen noch Herr Krah oder Herr Reusch als Vertreter der Stadt Mannheim dazu etwas sagen.

Es ist tatsächlich so, dass der § 13 die Bündelungs-funktion normiert und alle artenschutzrechtlichen und naturschutzrechtlichen Fragen, die durch den Antrag zum Block 9 ausgelöst werden, hier integriert. Wir werden diesen Punkt morgen - vielleicht auch erst übermorgen Vormittag -, wenn auch die Naturschützer anwesend sind, noch ausführlich diskutieren.

Im Übrigen – Sie haben es selber gesagt - ist dazu ein Rechtsstreit beim VGH anhängig. Lassen Sie den VGH über den Streit zwischen Ihnen und unserer Naturschutz-behörde entscheiden!

Nur eins zur Klarstellung, damit das nicht so im Raum stehen bleibt und im Protokoll festgehalten ist: Beim genauen Hinschauen wird man feststellen, dass diese bauvorbereitenden Maßnahmen allesamt nichts von dem betreffen, was in unserem immissionsschutzrechtlichen Verfahren gebündelt wird. Es geht nämlich um die Verle-gung der Straße der Stadt Mannheim - Zufahrt Altrip -, es geht um die Verlegung eines Abwasserkanals der Stadt Mannheim, und es geht um die Instandsetzung von vorhandenen Gleisen.

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Dazu hat unsere Planfeststellungsbehörde, die an-sonsten für solche schienenrechtlichen Dinge zuständig ist, erklärt, dass ein solcher minimaler Vorgang, wenn eine Weiche wieder gängig gemacht werde, kein Verfahren erfordere. Aber man muss halt hinkommen können. Die Baufeldfreimachung betrifft nur die Maßnahmen zur Verlegung der Altriper Straße, und zwar eine Erhöhung für die Kanalverlegung.

Das alles hat der Antragsteller jetzt nicht in unserem Verfahren beantragt. Vielmehr sind das Maßnahmen zur Verbindung der beiden GKM-Gründstücke. Wir haben vorhin ja gehört, dass das GKM vor ein paar Jahren diesen Coal Point dazugekauft hat, der bisher durch die Zufahrt zur Fähre noch völlig abgetrennt ist.

Dass natürlich das spätere Großvorhaben im Hinter-kopf ist, ist klar. Man würde nicht einfach aus Jux und Tollerei die Straße hochlegen. Aber das sind keine im BImSch-Verfahren gebündelten Maßnahmen, sondern Einzelvorhaben.

Ich glaube, das GKM plant diese Maßnahmen und zahlt sie wohl auch – im eigenen Interesse. Die Straße geht dann aber in aufgeständerter Form wieder in das Eigentum der Stadt Mannheim über. Der Abwasserkanal gehört sowieso der Stadt Mannheim. – Aber, wie gesagt, vielleicht können Herr Krah oder Herr Reusch dazu noch etwas sagen.

Nur zur Klarstellung: Wir werden morgen Nachmittag oder übermorgen Vormittag, wenn die Naturschützer anwesend sind, zu diesem Tagesordnungspunkt noch kommen. Dann haben Sie Gelegenheit, das ausführlich zu diskutieren. Denn die haben diese Entscheidungen getroffen und nicht wir, eben weil das nicht in unserem Verfahren läuft.

Lassen Sie den VGH entscheiden, wie er das sieht - wenn er überhaupt zuständig ist! Denn es kann natürlich sein, dass lediglich das Verwaltungsgericht zuständig ist, weil es nur um Straßen und Abwasserkanäle geht, aber nicht um den Block 9. - Jetzt kommt der Herr Krah.

Krah (Stadt Mannheim): Frau Salchow, Sie haben das alles schon richtig geschil-dert. Ausgangspunkt war, dass die Firma GKM ein Grund-stück gekauft hat und ihr Betriebsgelände entsprechend erweitern möchte. Egal, ob Block 9 kommt oder nicht kommt: Um dieses Grundstück überhaupt nutzen zu können, müssen die entsprechenden Zuwegungen herge-stellt werden, sprich: die Gleisanlagen und die Zuwegung herunter zu der Fähre nach Altrip.

Die Straße ist nicht erhöht worden, sondern sie wird auf das Niveau vom Kreisverkehr heruntergeführt. Das ist also an und für sich ein losgelöster Punkt. Aber natürlich wissen auch wir: Dahinter steckt die Idee, hier den Block 9 zu verwirklichen.

Die Entscheidung zum Artenschutz hat das Regie-rungspräsidium Karlsruhe getroffen, nicht die untere Naturschutzbehörde von der Stadt Mannheim. Wir waren an der Durchführung entsprechender Ausgleichsmaß-nahmen beteiligt; das wissen Sie. Wir haben das in den gemeinderätlichen Gremien entsprechend auch vorgetra-gen.

Es wurden für die naturschutzrechtlichen Eingriffe, die dort vorgenommen worden sind, in Mannheim bereits Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, und zwar im Bereich der Silberpappel am Rhein, im Bereich des Sandhofer Bruchs und im Bereich des Käfertaler Waldes. Wir haben dies als untere Naturschutzbehörde - ich bitte das zu berücksichtigen - aus unserer örtlichen Sicht begrüßt. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Es mag unterschiedlich interpretierbar sein, ob die Maß-nahme auch ohne die Genehmigung von Block 9 durchge-führt worden wäre. Ich bezweifle das sehr und stelle hier fest, dass das Verfahren dann wohl nicht ergebnisoffen ist. Man geht schon von einer Genehmigung aus. Sonst hätte man diese Planung nicht gemacht. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Nur für das Protokoll: In Wahrheit sind es letztendlich finanzielle Gründe, warum dieses Kraftwerk so schnell wie möglich gebaut werden soll. Das hat weder mit Energie-bedarf noch mit sonst etwas zu tun. Die baurechtlichen Geschichten und die ganzen Umbaumaßnahmen werden deshalb vorgezogen, weil man noch an die Gelder der EU für die CO2-Abscheidung herankommen möchte. Das heißt natürlich: Man muss mit dem Bau in anderthalb bis zwei Jahren fertig sein. Deswegen wird das Ganze hier vorgezogen. - Nur für das Protokoll!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Risch.

Risch (Einwenderin): Ich habe eine Frage: Würden diese Straße und die ande-ren Dinge, die jetzt schon gebaut werden, ohne den Neubau von Block 9 überhaupt gebraucht?

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Verhandlungsleiterin Salchow: Wie gesagt, wir sind an diesem naturschutzrechtlichen Verfahren nicht beteiligt. Aber die Kollegen haben uns erzählt, dass es darum geht, dass die beiden Betriebs-gelände, die durch die Straße getrennt sind und durch den Zukauf zusammengehören, miteinander verbunden werden.

Natürlich ist es dann sinnvoll, das Gelände als Coal Point, also als Kohlenlager, zu nutzen, zumal es schon immer als Coal Point genutzt worden ist. Aber selbst wenn es nie zu einer Genehmigung käme, hätten sie, glaube ich, den Wunsch, die Nachbargrundstücke miteinander zu verbinden. Und wenn dann die Stadt das auch noch begrüßt! - Frau McCloskey noch einmal.

McCloskey (Einwenderin): Ich möchte noch eine Frage anfügen: Wie sind die Ameri-kaner auf diesen Coal Point gekommen? Die sind doch bestimmt auch mit Autos oder was auch immer dorthin gefahren; da gab es doch sicher schon eine Straße. Dazu möchte ich eine Antwort haben. Denn Sie haben gesagt: Weil dieses Grundstück gekauft wurde, muss die Stadt Mannheim diese Straße bauen. Die Amerikaner haben das doch vorher auch ohne geschafft.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es geht nicht um die Erreichbarkeit dieses Grundstücks als solches - das ist natürlich erschlossen gewesen -, sondern um die Verbindung des neu hinzugekauften Betriebsgeländes.

(Block [BUND]: Gemeinsame Anlagen!)

Herr Gödeke und dann Herr Rahner.

Gödeke (Sachbeistand): Es ist wohl klar, dass das Grundstück nicht gekauft wurde, weil GKM dort Kartoffeln pflanzen will. Von daher stehen die Maßnahmen in einem direkten Zusammenhang zu der Planung. Insofern hoffe ich, dass auch das Gericht das so bewertet. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner und dann Herr Raufelder.

Rahner (Rechtsbeistand): Natürlich kann man dem Gerichtsurteil nicht vorgreifen. Aber das ist aus meiner Sicht eine völlig andere Baustelle.

Wir sind hier im immissionsschutzrechtlichen Verfah-ren beim Thema Verfahrensfragen. Dazu gehört für mich ganz zentral, was Gegenstand bzw. Inhalt dieses immissi-onsschutzrechtlichen Verfahrens ist. Ich muss einfach feststellen, dass Inhalte, die meines Erachtens zum Prüfungsumfang dazugehören – Artenschutz, Maßnah-men auf der Baustelle, bauvorbereitende Maßnahmen –,

ausgeklammert werden sollen, weil es bereits eine vor-greifliche artenschutzrechtliche Genehmigung außerhalb des BImSchG-Verfahrens gibt. Dazu muss ich sagen: Das kann ich so nicht dulden. Dagegen muss ich zumindest Einspruch erheben.

Ich habe mir einmal die Genehmigung von der Abtei-lung 5 – Umwelt - vom 18. März angeschaut. - Das ist meines Wissens die Abteilung, in der auch Sie selber beim RP Karlsruhe arbeiten. Ganz weit weg sind die also nicht von Ihnen - inhaltlich vielleicht; aber Sie sind dersel-ben Abteilung zugeordnet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Auch räumlich.

Rahner (Rechtsbeistand): Auch räumlich. Gut; das weiß ich jetzt nicht; so gut kenne ich den RP Karlsruhe nicht. – Da steht im Betreff: „Gross-kraftwerk Mannheim, Block 9“. Die Zuordnung ist doch ganz eindeutig.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, ich hatte es eingangs gesagt: Morgen und vielleicht auch übermorgen Vormittag sind die Naturschüt-zer da. Mit denen können Sie das dann erörtern.

Rahner (Rechtsbeistand): Wir sind beim Punkt Verfahrensfragen. Ich will nicht über die Inhalte reden, sondern ich rede über Verfahrensfra-gen. Dazu gehört für mich: In welche Rechtskategorie, in welchen Rechtskreis ist ein Bescheid oder ein Inhalt einzuordnen?

Wenn ich im Betreff lese: „Grosskraftwerk Mannheim, Block 9, Durchführung von bauvorbereitenden Maßnah-men“, frage ich mich sofort: Warum ist das nicht im BImSchG-Verfahren? Das ist doch der unmittelbare Bezug.

Der erste Satz der Begründung dieses Bescheides heißt dann:

„Das Vorhaben dient der Vorbereitung der Errichtung des neuen Steinkohleblocks 9 für das Grosskraftwerk Mannheim AG.“

Eine offensichtlichere unmittelbare Bezugnahme auf das BImSchG-Verfahren kann ich als Behörde überhaupt nicht schaffen als das, was die obere Naturschutzbehörde - das war nicht die Stadt; das ist vollkommen klar – geschaffen hat.

Daran schließt sich meine nächste Frage an - wobei ich vielleicht eine Kenntnislücke im Landesrecht von Baden-Württemberg habe -: Warum hat das die obere Naturschutzbehörde gemacht und nicht die untere, wenn es sich hier tatsächlich um kleine Maßnahmen vor Ort handelt? - Aber das jetzt nur am Rande. Das soll der VGH klären.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Solche Maßnahmen, wie sie dem Antragsteller hier ermöglicht werden, sind – das kenne ich aus anderen Kraftwerksgenehmigungsverfahren – dort im BImSchG-Verfahren drin. Ich meine z. B. die Verlegung eines städtischen Abwässerkanals im Bereich des neuen Blocks 9. Natürlich steht das im Zusammenhang mit dem Hauptantrag, um den es hier geht. Deswegen gehört das in das BImSchG-Verfahren. Das gilt ebenso für die Bau-stelleneinrichtung, die Zufahrt für die Baustellenfahrzeuge zum Coal Point und anderes mehr.

Das alles gehört aus der Sicht der Einwender - um das abschließend noch einmal festzuhalten - ins BImSchG-Verfahren. Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie hier eine andere Meinung kundgetan haben. Aber Ihre Meinung halten wir an dieser Stelle für sachlich nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt Herr Raufelder.

Raufelder (Einwender): Ich möchte hier noch einmal unterstreichen, dass diese Dringlichkeit, die hier vorgespielt worden ist, nach meinem Dafürhalten nicht notwendig war. Man hat sogar Sonder-sitzungen im Bezirksbeirat einberufen.

Daher hätte das Regierungspräsidium nach meinem Dafürhalten schon vorab den Antragsteller in die Schran-ken verweisen müssen und hätte sagen müssen: Diese vorbereitenden Maßnahmen sind nicht so notwendig, dass sie sozusagen von heute auf morgen durchgeführt werden müssen.

Beim Coal Point war die Vermarktung schon einmal anders vorgesehen. Da gab es tatsächlich nicht diese Dringlichkeit. Man hatte letztendlich noch nachgeprüft, ob es andere Alternativen gibt.

Daher war es für uns alle völlig unverständlich, warum Sie als Regierungspräsidium diesen schnellen Zugriff ermöglicht haben. Denn letztendlich ist in den Gremien, die dann damit beschäftigt waren, deutlich geworden, dass man das auch anders hätte machen können.

Auch vom Antragsteller wurde gesagt, dass man die vorbereitenden Maßnahmen nicht notwendigerweise jetzt hätte durchführen müssen. Man hat es dann letztendlich schon im Vorgriff darauf gemacht, dass der Block 9 kommt.

Ich empfinde es als sehr schlechtes Zeichen für die Öffentlichkeit, wenn man einerseits ein solches Verfahren wie heute durchführt und andererseits bereits viele vorbe-reitende Maßnahmen genehmigt. Das Verfahren hat doch eigentlich gar keinen Sinn mehr. Das ist auch für das Ansehen des Regierungspräsidiums nicht gut, wenn man solche Dinge einreißen lässt. Denn letztendlich sollen Sie

Herr des Verfahrens sein und die Entscheidungen treffen, wie welche Straße verlegt werden soll. - Dass es bereits Diskussionen gab, ob die Straße sinnvoll verlegt wurde, ist Ihnen wahrscheinlich nicht entgangen. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Raufelder, auch an Sie die Bitte: Diskutieren Sie das morgen oder übermorgen mit dem Verfasser dieser Entscheidung.

(Raufelder [EW]: Sie sind doch sozusagen diejenige, die die Genehmigung erteilt!)

- Nein, ganz sicher nicht. - Aber, wie gesagt, ich möchte hier keine Kollegenschelte betreiben. Diskutieren Sie das morgen mit dem Verfasser, fragen Sie den Antragsteller nach eventueller Eile oder Nicht-Eile, und lassen wir den VGH entscheiden! - Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Eine Frage an das RP: Warum hat die Zustellung an den Antragsteller 14 Tage gedauert, nachdem das Ganze gerichtsrelevant geworden ist? Bitte klären Sie das! Sagen Sie Ihren Kollegen, dass diese Frage mit Sicherheit noch einmal auf den Tisch kommt. Denn das ist eine Verzöge-rungstaktik des Regierungspräsidiums.

Da gehen mir noch ein paar andere Sachen durch den Hinterkopf. Wie ich vorhin schon angedeutet habe, denke ich, dass sich das RP manchmal auf dünnem Eis bewegt - manchmal und nicht alle Abteilungen, um Gottes willen! Aber es gibt Abteilungen, die sich auf dünnem Eis bewe-gen. Das wirft natürlich einen Schatten auf das ganze Regierungspräsidium. Deswegen: Fragen Sie Ihren Kollegen, der dann da ist. Er soll bitte diese Frage beant-worten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Fragen Sie ihn morgen selber.

(Gottstein [BUND]: Vorbereitend! Ich will ja vorbereiten!)

- Wann denn? Wir sitzen bestimmt bis um 20 Uhr hier, und er ist ganz sicher nicht mehr um die Uhrzeit im Büro.

(Gottstein [BUND]: Es gibt Telefon und Handys!)

- Ja, aber morgen kommt der entsprechende Tagesord-nungspunkt. Dann kann er das im Zusammenhang dar-stellen. - Frau Dahamni-Herm.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Ich finde es nicht sehr hilfreich, dass Sie dieser Frage, die wir heute mehrfach gestellt haben, ausweichen: Was meinen Sie aktuell zu der Tatsache, dass bauvorbereiten-de Maßnahmen vorab genehmigt wurden, die eindeutig

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dazu führen sollen, dass der Block 9 realisiert werden kann?

Ich spreche jetzt Sie an, und ich möchte nicht die Ant-wort haben, dass andere Kollegen entschieden haben. Würden Sie heute nach wie vor die Auffassung vertreten, dass die Maßnahmen, die schon genehmigt wurden, absolut nichts mit dem Verfahren hier zu tun haben? - Dazu möchte ich Ihre Meinung und nicht die der Kollegen eines anderen Referates.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Erstens werde ich nicht, solange der VGH noch nicht entschieden hat, in dieser zwischen den Parteien strittigen Frage eine Meinung beziehen.

Wir sind aber sicher der Auffassung - das habe ich ausführlich dargelegt -, dass diese Maßnahmen allesamt nicht durch den § 13 im BImSch-Verfahren gebündelt sind. Vielmehr sind sie im naturschutzrechtlichen Verfahren oder im baurechtlichen Verfahren durchgeführt worden, um eine städtische Straße zu verändern, um vorhandene Gleise wieder gängig zu machen und um einen Abwas-serkanal der Stadt zu verlegen. Diese Maßnahmen sind nicht zwingend durch den § 13 im BImSch-Verfahren gebündelt.

(Zuruf der Einwenderin Dahamni-Herm)

- Wenn der Antrag bei uns gestellt worden wäre, wäre es theoretisch möglich gewesen, das zeitlich näher und nicht so weit vorab zu entscheiden. Das wäre sicher möglich gewesen.

Jetzt kommt erst Herr Gödeke und dann Herr Gott-stein.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe schon mehrere Verfahren in Nordrhein-Westfalen betreut. Da ist es etwas anders als hier. Da werden die bauvorbereitenden Maßnahmen mit in den BImSchG-Antrag hineingenommen. Wir haben in Karlsruhe erlebt, dass da schon Bäume gefällt wurden, bevor das Verfah-ren überhaupt angefangen hatte. Ich musste dann auch die entsprechende Frage im Erörterungstermin stellen. Anscheinend ist das in Baden-Württemberg politisch so gewollt. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Noch einmal zur Klarstellung: Es ist eine Klage anhängig; sie ist noch nicht rechtsgültig entschieden. Wenn sie in unserem Sinne entschieden wird, wird der VGH sagen:

Das alles hätte in den BImSchG-Antrag mit hineingehört. Dann ist das Verfahren eigentlich neu aufzurollen.

(Block [BUND]: So ist es!)

Zum Schutz der Behörde sollten Sie dem Antragsteller eigentlich sagen: Lass das Verfahren ruhen, bis diese Sache geklärt ist!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Sie verbraten im Moment nicht nur Gelder von uns Steu-erzahlern, sondern auch Gelder vom Antragsteller. Des-wegen sage ich: Das ist ganz dünnes Eis, auf dem Sie sich bewegen. Es wäre sinnvoller zu sagen: Liebe Leute, wir lassen das Verfahren im Moment ruhen, bis diese Angelegenheit eindeutig geklärt ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Der Herr in Grau-Orange!

Schaper (Einwender): Mein Name ist Martin Schaper. - Ich möchte noch einmal auf das zurückgekommen, was Herr Raufelder gesagt hat: Hier wurde eine öffentliche Stimmung erzeugt.

Wenn da Baumaßnahmen durchgeführt werden, wird in der Öffentlichkeit natürlich der Eindruck erweckt: Die Genehmigung ist schon durch. Ich finde seinen Appell an Sie total berechtigt, dass Sie sich nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen sollen.

In der Broschüre vom GKM, die an zig Haushalte hier verteilt wird, steht: Wir machen hier Hochtechnologie; diese Technologie ist besser als das Bisherige. Es wird überhaupt nicht erwähnt, dass die Kapazität erweitert wird.

Es wird dort geschrieben, dass Arbeitsplätze gesichert werden; 200 Arbeitsplätze werden erwähnt. Man muss dazu wissen, dass es dort derzeit noch 600 Arbeitsplätze gibt. Was heißt das denn, wenn 200 Arbeitsplätze gesi-chert werden?

Das ist die öffentliche Stimmung, auf die wir vor dieser Genehmigung, die Sie jetzt erteilen, getroffen sind. Das GKM hat die Öffentlichkeit praktisch überhaupt nicht aufgeklärt, ganz im Gegenteil! Aber der Bürger hat ein Recht darauf.

Darum finde ich es sehr berechtigt, wenn Herr Raufel-der sagt: Nehmen Sie das in die Hand, und lassen Sie nicht zu, dass hier vorab Genehmigungen erteilt werden! Tragen Sie mit dazu bei, dass die Öffentlichkeit besser informiert wird als bisher vom GKM! – Ich finde die An-merkung gerade auch an dieser Stelle berechtigt und nicht erst nachher bei den Detailfragen. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Als Vertreter des BUND-Landesverbandes stelle ich den Antrag, dass das Verfahren eingestellt wird, bis die Gerichtsklärung da ist.

Die Begründung ist: Ich will Schaden vom RP abwen-den. Denn wenn die Genehmigung erteilt und mit dem Bauen angefangen werden sollte und wenn dann der VGH dem BUND in der Klage Recht gibt - wer ist dann regress-pflichtig? - Im Endeffekt das Regierungspräsidium, sprich: der Steuerzahler. Von daher will ich einen solchen Scha-den abwenden und stelle deshalb diesen Antrag.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben diesen Antrag zu Protokoll genommen. Wir werden hier weiter erörtern. Denn es ist der Sinn des Erörterungstermins, alle Argumente dafür und dagegen zu sammeln.

Ich hoffe doch sehr, dass der VGH entschieden hat, bevor wir eine Genehmigung vorgenommen oder gar zugestellt haben. Das sind alles Dinge, denen man noch in der Entscheidungsphase - notfalls durch Nacharbeit, durch Nachbesserung oder auch durch Stopp - Rechnung tragen kann.

Wir erörtern jetzt weiter. Denn es gibt vielleicht noch ganz viele andere Gründe. Außerdem sitzen hier Leute, die sich ernsthaft Sorgen um die Luftqualität und solche Dinge machen. Das müssen wir morgen in Ruhe erörtern.

Gottstein (BUND): Frau Salchow, Sie polemisieren wiederum aufs Schärfste! Auch ich mache mir Sorgen. Sie unterstellen mir gerade, dass ich mir keine ernsthaften Sorgen mache. Entschuldi-gung! Ich mache mir hier genauso Sorgen, und zwar sowohl um das Geld der Steuerzahler als auch um die Gesundheit der Menschen, die hier wohnen. Also, bei der Unterstellung, die Sie hier machen, muss ich sagen: Ganz vorsichtig!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner hatte, glaube ich, noch eine Wortmeldung.

Rahner (Rechtsbeistand): Zum Inhalt einer Einwendung wird der Herr Weyland noch kurz etwas sagen. Danach habe ich noch eine Informati-onsfrage zum Thema Verfahren.

Weyland (BUND): Es geht um eine Einwendung zum Thema Sicherheit. Nach unserer Ansicht sind die Ausführungen der Antrag-stellerin zum integrierten Managementsystem in den Antragsunterlagen, soweit sie uns vorlagen, unzureichend. Das betrifft die ganzen Fragen zur Sicherheit, die sich nicht nur durch den Neubau von Block 9, sondern auch im Zusammenhang mit der Gesamtanlage, mit den übrigen Blöcken, stellen.

Das Handbuch zum integrierten Managementsystem lag nicht in der Form vor, dass es umfassend genutzt werden konnte, sondern es waren lediglich Auszüge dieser Handbücher vorhanden. Da möchte ich das RP um Aufklärung bzw. auch um Prüfung bitten.

Essig (RP Karlsruhe): Sie haben Recht. Es sind da Teilbereiche aus dem integ-rierten Managementsystem vorgelegt worden. Es waren zumindest diejenigen Teile enthalten, die den potenziellen Einwendern, den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Mannheim, die Gelegenheit geben, sich ein umfassendes Bild über diese Anlage zu machen. Wenn Sie meinen, Herr Weyland, dass darüber hinaus Unterlagen noch fehlen, hätten Sie das in der Einwendung detailliert dar-stellen müssen.

Wir haben die Vollständigkeit der Unterlagen vor Of-fenlage geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass diejenigen Teile, die für die Beurteilung dieser Anlage sicherheitsrelevant sind, insoweit vorhanden sind.

Ich denke aber, wenn Sie darüber hinaus noch spe-zielle Fragen haben, dass das Großkraftwerk gerne bereit ist, Ihnen diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Zuerst kommt Herr Ehmann, dann der Herr mit der Warn-weste, dann Herr Gödeke und Herr Weyland.

Ehmann (Antragstellerin): Das integrierte Managementsystem ist zertifiziert. Es ist ein Umwelt- und ein Arbeitssicherheitsmanagementsys-tem, das nach den entsprechenden Vorschriften offiziell zertifiziert und im Hinblick auf Übereinstimmung mit den entsprechenden relevanten Vorschriften überprüft ist.

Für den Block 9 selber müssen wir in diesem System Ergänzungen vornehmen, ganz klar. Die können wir in vielen Bereichen aber erst dann machen, wenn die Detail-planung für den Block abgeschlossen ist.

Für die bestehenden Anlagen sind die Dinge enthal-ten. Wir können und wir möchten dieses System aber nicht generell veröffentlichen; denn es enthält spezifisches Betreiber-Know-how. Das sind Betriebsgeheimnisse unseres Unternehmens, und die werden wir nicht allge-mein zugänglich machen.

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Ich möchte Ihnen aber ganz klar sagen, dass all die Dinge, z. B. Störfallbetrachtungen bzw. Störfallunter-suchungen, der Behörde vorlagen, bevor wir dieses System aufgebaut haben. Insofern waren alle diese Dinge behördlich geprüft, bevor sie als Basis für das System verwendet wurden.

Essig (RP Karlsruhe): Ich möchte noch eine kurze Ergänzung machen: Dieses Managementsystem ist dermaßen gewaltig und deckt dermaßen viele Bereiche dieses gesamten Kraftwerkes ab, dass ich den Herrn Ehmann einmal bitten möchte, zu erläutern, was eigentlich hinter diesem Managementsys-tem steckt und was alles darin enthalten ist, damit sich auch die Einwender ein Bild davon machen können, worum es hier geht.

Ehmann (Antragstellerin): Das Managementsystem hat mehrere Funktionen: Zum einen ist es ein Informationssystem, das zum Beispiel sämtliche unserer Genehmigungen beinhaltet, sodass alle Mitarbeiter, die davon betroffen sind, auf dieses System zugreifen können. Das System enthält sämtliche Sicher-heitsdatenblätter, sämtliche Arbeitsanweisungen und alle Vorschriften, die intern für den Betrieb der Anlage not-wendig sind.

Das System beinhaltet die ganzen Festlegungen, wie Störfälle zu verhindern sind und was im Falle eines Störfalls zu unternehmen ist, also die Meldekette. Es beinhaltet die entsprechenden Telefonnummern und Unterlagen, bei welcher Behörde dann wie Meldungen abzusetzen sind.

Insofern ist das, wie Herr Essig gesagt hat, ein sehr großes und umfassendes System. Es basiert heutzutage auf einer Datenbankbasis, sodass man nicht mehr wie früher mit Papier hantieren muss. Vielmehr können alle relevanten Mitarbeiter von ihrem Arbeitsplatz, von ihrem Rechner aus auf dieses System zugreifen und alle erfor-derlichen Informationen direkt aus dem System abrufen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Erst der Herr mit der Warnweste und dann der Herr Gödecke.

Binder (Einwender): Ich heiße Jürgen Binder und bin ebenfalls vom Bündnis „Nein zu Block 9“. - Jeder hier im Raum weiß, dass das GKM einen Teil seiner Kohle aus Kolumbien bezieht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Zu Fragen der Herkunft der Kohle und zum Kohleband haben wir einen eigenen Tagesordnungspunkt, in dem wir das ausführlich erörtern werden.

Binder (Einwender): Das ist mir bewusst, aber ich finde es grundfalsch, so etwas beim Punkt „Sonstiges“ zu behandeln.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das gehört nicht zum Punkt „Sonstiges“, sondern zum Tagesordnungspunkt 5 im Rahmen des großen Blockes „Immissionsschutz“.

Binder (Einwender): Gut. - Dann ein anderer Punkt: In Zeiten des Klimawan-dels und auf Grund dessen, dass sich hier fast jeder bewusst ist, dass die endlichen Energien bald aufge-braucht sind, sollte man sich nicht erst fünf nach zwölf, sondern jetzt schon Gedanken darüber machen, auf welche Energieträger wir nun setzen. Spätestens in 60 Jahren sitzen auch diese Kohlebefürworter hier auf dem Trockenen. Muss es erst so weit kommen?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt Herr Gödeke und dann Herr Weyland.

Gödeke (Sachbeistand): Ich komme auf den Punkt „Anlagensicherheit“ zurück. Wir haben moniert, dass die Unterlagen unvollständig sind. Es ist für die Naturschutzverbände und auch für die Einwen-der nicht nachprüfbar, inwieweit die Anlage den Grund- oder erweiterten Pflichten der Störfallverordnung unter-liegt. Wenn sie den erweiterten Pflichten unterliegt, ist ein Sicherheitsbericht erforderlich. Das ist in den Unterlagen nicht nachprüfbar. Von daher sind die Antragsunterlagen unvollständig. – Bei der Anlagensicherheit als solche kommen wir auf dieses Thema noch einmal zurück.

Auch die Fließbilder sind unvollständig. Beispielsweise sind die Lagertanks für Ammoniak und für Heizöl, die mitbenutzt werden, mengenmäßig und räumlich nicht angegeben. Die muss man sich aus dem Google-Earth-Luftbild heraussuchen. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Die Anlage unterliegt den Grundpflichten, nicht den erweiterten Pflichten. - Das nur zu Ihrer Information.

Gödeke (Sachbeistand): Das hätte aus den Antragsunterlagen hervorgehen müs-sen, und zwar schlüssig! Zur Prüfung durch die Behörde gehört auch, dass die Antragsunterlagen vollständig sind. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Weyland.

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Weyland (BUND): Meine Anmerkung geht in die gleiche Richtung. Es kann nicht sein, dass uns als Träger öffentlicher Belange lediglich ein Überblick über die Anlagen geboten wird. Auch wenn ich viel Vertrauen gegenüber dem Regie-rungspräsidium und hoffentlich auch gegenüber der Sicherheitsabteilung des GKM habe, bleibe ich dabei - das möchte ich gerne im Protokoll haben -, dass die Antrags-unterlagen unserer Meinung nach unvollständig sind.

Wir bzw. externe Fachleute von uns müssen beurteilen können, was es mit den Sicherheitsbestimmungen auf sich hat. Die Angabe, dass die Handbücher zu umfang-reich sind, würde mir als Erklärung nicht ausreichen. Insbesondere solche Hinweise wie Meldeketten etc. sind doch essenziell, was Sicherheiten und Störfälle angeht. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Einem Miteigner des GKM, der Energie Baden-Württemberg, wurde von einer staatlichen Behörde ein Kraftwerk stillgelegt, und zwar ein Atomkraftwerk. Da hat man Betriebshandbücher einfach ignoriert.

Bevor man etwas ignorieren kann, muss die Öffent-lichkeit natürlich wissen, was da drinsteht. Auch ich finde, dass Ihre Antragsunterlagen sehr dürftig waren, insbeson-dere was die Störfallverordnung § 9 anbelangt.

Aber wesentlicher erscheint mir diese Zertifizierung zu sein. Wir kennen das aus der Finanzebene: Katastrophal! Die wurden alle zertifiziert und waren alle zu 100 % perfekt, weil die Betreiber natürlich grundsätzlich die nehmen, die ihnen wohlgesonnen sind.

Ich hätte von Ihnen gerne die Zertifizierung von einem von Ihnen beauftragten Unternehmen, das nicht im Zu-sammenhang mit GKM, Energie Baden-Württemberg oder RWE steht. Das wird schon schwierig, ein solches Unter-nehmen zu finden. Aber das hätten wir gerne. Es sollte dann kontrollieren, ob das, was die da sagen, funktioniert. – Sie selber können es nicht; da bin ich mir ziemlich sicher. – Ein solches Unternehmen sollten Sie einschal-ten, das dann prüft, ob das geht. Das können Sie dann auch für weitere Verfahren benutzen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir werden das zu Protokoll nehmen und dann beim Thema Anlagensicherheit noch einmal behandeln. - Herr Rahner und dann die Dame mit der Warnweste im Mittel-gang.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich würde das Thema wechseln. Deswegen wäre es sinnvoller, erst andere dranzunehmen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, dann die Dame mit der Warnweste und dann Herr Uttendorf.

Reinert-Buck (Einwenderin): Ich konnte nicht den ganzen Tag da sein, weil ich von Beruf Lehrerin bin und in der Schule war. Aber bei dem, was ich bis jetzt mitbekommen habe, ging es doch eigent-lich darum, dass das Regierungspräsidium und die Behör-den in vorauseilendem Gehorsam einem Konzern die Möglichkeit gegeben haben - oder sogar finanziert haben -, Bauarbeiten durchzuführen, bevor die Anlage überhaupt genehmigt ist.

Nach meinem Verständnis von Demokratie sollte es doch eigentlich so sein, dass unsere Behördenmitarbeiter, die von den Steuergeldern derjenigen Menschen bezahlt werden, die hier leben und arbeiten, im Interesse dieser Menschen handeln und nicht in vorauseilendem Gehor-sam Konzernen alle Wege ebnen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Bitte erlauben Sie mir, noch kurz etwas zu den Immis-sionen zu sagen. - Ich weiß, das ist morgen dran. Aber ich muss morgen in die Schule und kann nicht hier sein.

Ich komme, wie man ja wahrscheinlich hört, aus dem Schwabenland, lebe aber seit 30 Jahren in Mannheim. In meiner Heimat werde ich immer ein bisschen mitleidig angeguckt, wenn ich sage: Ich lebe in Mannheim. Warum? - Weil die Menschen Mannheim als eine Stadt mit unheim-lich schlechter Luft erleben.

Ich lebe in Herzogenried. Wenn man morgens auf den Balkon geht, kann man sich fragen: Riecht es heute nach BASF, riecht es heute nach Schokinag, riecht es nach Weyl, nach Müllverbrennung, oder wonach riecht es heute Morgen? – Das hängt von Wind und Wetterlage ab.

Ich lebe gerne in Mannheim. Ich bin aber der Meinung, dass die Behörden dafür sorgen sollten, dass Mannheim eine Stadt der Zukunft wird, und nicht, dass die Umweltbe-lastung und der Ausstoß von Giften und Feinstäuben - vieles ist noch gar nicht untersucht – vervielfacht wird. Das wird aber mit diesem Megakraftwerk so passieren.

Ich finde, die Behörden haben die Pflicht, Mannheim zu einer lebenswerten Stadt zu machen, indem sie auf Umwelttechnologien setzen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Sie sollten damit große Fabrikeinrichtungen und –anlagen schaffen und so die Zukunft von den Frauen, Kindern und

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Familien sichern. Sie sollten aber nicht auf Technologien setzen, die die Erde zerstören und unsere Gesundheit kaputt machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn ich Sie noch kurz für das Protokoll um Ihren Namen bitten dürfte!

Reinert-Buck (Einwenderin): Ich heiße Angelika Reinert-Buck. Ich lebe in Mannheim und bin an der Schule in Schwetzingen. In Schwetzingen ist die Luft schon deutlich besser; das kann ich Ihnen versichern. Ich spüre jeden Tag den Unterschied. Ich finde es einfach ein Unding, dass jetzt noch so ein Teil in diese Stadt gesetzt wird, wo wir doch so viel mit Umweltbelas-tungen und mit schlechter Luft zu tun haben. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich habe eine grundsätzliche Frage: Nach meinem Dafür-halten – ich bin kein Jurist – muss ich doch einen Antrag stellen, wenn ich irgendetwas bauen will. Die Behörde begutachtet das bzw. bestellt Gutachter und erteilt dann die Genehmigung.

Ich habe jetzt gesehen, dass der Betreiber, also GKM, einen relativ minimalistischen Antrag gestellt hat und das Ganze mit irgendwelchen Fachbeiträgen aufgepeppt hat. Inwieweit sind denn diese Fachbeiträge überhaupt „Gut-achten“? In keinem der Titel steht, dass das ein Gutachten ist. Frage: Haben Sie eigene Gutachter?

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben die Antragsunterlagen vorliegen - von wem auch immer sie zusammengestellt sind; der Antragsteller hat sich gewiss mehrerer Fachbüros bedient, je nach Medium, das zu beurteilen ist. Diese Unterlagen werden von uns insgesamt geprüft, und die Träger öffentlicher Belange werden dann um ihre Stellungnahmen dazu gebeten. Das sind dann sozusagen die beamteten Gut-achter jeweils für ihren Bereich, den sie zu verantworten haben. Die LUBW wird insbesondere zum Thema Luft-schadstoffe gehört werden; die Vertreter werden ebenfalls morgen anwesend sein. - Das ist der übliche Gang.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ihre Gutachter sind also die öffentlichen Stellen. Wonach prüfen die? - Diese Fachbeiträge haben für mich ein gewisses Geschmäckle. Das heißt, man kann ein Ergeb-nis in gewisser Weise manipulieren. Ich erläutere das an Beispielen:

Welche Randbedingungen sind dort eingegangen? Wird z. B. die Tallage von Mannheim berücksichtigt? – Soweit ich sehe, nein!

Wieso sagt GKM einfach: Ich habe ein Fünftel niedri-gere Staubemissionen im Vergleich zu den anderen Blöcken?

Wie wird die Relevanz der Untersuchungsziele über-geprüft? Zum Beispiel wird gesagt: Ich habe die Beurtei-lungspunkte 1 bis 7. Wer legt die fest? Soweit ich sehe, gibt es keinen dieser Beurteilungspunkte am kritischen Aufpunkt in Feudenheim.

Wie werden fehlerhafte Logiken von Ihnen erkannt, dass z. B. bodennah unverbrannte Stäube, nämlich Kohlestäube, mit verbranntem Flugstaub einfach in einen Topf geworfen werden, obwohl das ganz andere Qualitä-ten hat?

In den Gutachten gibt es auch unzulässige Verallge-meinerungen, indem man einfach statistisch auf Jahres-mittel zurückgeht oder sagt: Ich betrachte lokal jetzt nur Mannheim, aber nicht die einzelnen Stadtteile, die unter-schiedlich betroffen sind. Man engt auch ein, indem man z. B. sagt – das haben wir eben gehört -: Ich betrachte nur den Block 9 als einzelnes Objekt.

Dann haben wir in den Gutachten teilweise Brüche in der Logik. Zum Beispiel macht man quantitative Aussagen bei den humantoxischen Gutachten und kommt dann auf einmal mit irgendwelchen persönlichen Meinungen. Das ist auch ein Qualitätsunterschied. Der Sprung in der Logik wird nicht richtig klar.

Wie wird z. B. die Vollständigkeit des Beurteilungs-bereiches überprüft? Wir haben z. B. ein Brandschutzkon-zept, das keinerlei vorbeugenden Brandschutz beinhaltet. Wir haben Wassergutachten für Fische oder andere Nützlinge und Schädlinge nur im Einlauf, nicht jedoch im Auslauf.

Die nächste Frage ist: Wie wird die eingesetzte Soft-ware auf Gültigkeit für den Anwendungsbereich geprüft? Wir sehen auf einmal beim Strahlenschutz: Alphastrahler werden gar nicht berücksichtigt.

Wie prüfen Sie z. B. prozentuale Unterschiede in der Radioaktivität zwischen unverbrannter Kohle und Schwebstoffen?

Wie wird eigentlich die ganze Software, die jetzt zum Einsatz kommt, verifiziert?

Eines der Hauptprobleme, das wir morgen noch disku-tieren wollen, ist: Der Beurteilungsraum ist einfach viel zu klein gewählt. Außerdem wird die besondere Tallage von Mannheim nicht berücksichtigt.

Wie prüft Ihre Behörde solche Abweichungen in den Fachbeiträgen? Machen Sie eigene Gutachten?

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Verhandlungsleiterin Salchow: Zunächst einmal sind alle Unterlagen, die vom Antragstel-ler vorgelegt werden, von ihm natürlich subjektiv zusam-mengestellt worden.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das sind also keine Gutachter nach der 9. BImSchV! Nach § 13 der 9. BImSchV können Sie Gutachter vorschlagen oder bestimmen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es sind keine öffentlichen Gutachten, sondern es sind Parteigutachten.

Dr. Uttendorf (Einwender): Es sind also Fachbeiträge und keine Gutachten in Ihrem Sinne.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das sind Parteigutachten.

Dr. Uttendorf (Einwender): Da steht nirgendwo „Gutachten“ drauf. Da steht „Brand-schutzkonzept“, da steht „Immissionsprognose“, da steht „Erläuterungsbericht für Fische und Strömungen“, aber da steht nirgendwo „Gutachten“.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das sind die Sachverständigenbeiträge zu den verschie-denen Beurteilungsmedien, die der Antragsteller vorlegt. Sie werden zunächst einmal auf Vollständigkeit geprüft, um abzuchecken: Reicht das aus, um sich überhaupt ein Bild zu machen? Das heißt nicht, dass dann alles so, wie es da drinsteht, auch genehmigungsfähig ist. Dann bräuchten wir doch kein Verfahren, sondern einen Stem-pel.

Wir leiten dann diese Unterlagen den entsprechenden zuständigen öffentlichen Stellen weiter, damit diese sich selber ein Bild von dem Bereich, für den sie fachlich zuständig sind, machen können.

Dr. Uttendorf (Einwender): Werden Sie also die Gutachter jetzt noch bestellen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Uns liegen ja die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange zu den Einwendungen vor.

Dr. Uttendorf (Einwender): Die haben wir aber nicht gesehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gerade heute gibt es doch die Möglichkeit, mit den Trä-gern öffentlicher Belange auch solche Fragen – beim

entsprechenden Punkt der Tagesordnung – zu diskutie-ren. In den Fällen, wo wir selber den Eindruck haben, dass es einen logischen Bruch gibt oder dass wir ein Thema nicht abschließen können, werden wir die Sach-verständigen der LUBW zu Rate ziehen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Haben Sie denn eine Checkliste, -

Verhandlungsleiterin Salchow: Selbstverständlich!

Dr. Uttendorf (Einwender): - wodurch solche Fälle, die ich jetzt geschildert habe, entdeckt werden?

Verhandlungsleiterin Salchow: Die Frage ist, ob uns die gleichen Sachen aufgefallen sind. Aber der Sinn dieses Erörterungstermins bzw. der schriftlichen Einwendungen ist doch: Wenn Ihnen ganz konkret etwas aufgefallen ist, machen Sie uns bitte darauf aufmerksam! Dann können wir da nacharbeiten bzw. nacharbeiten lassen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Dann sind wir also Ihre Gutachter?

Verhandlungsleiterin Salchow: Nein. Sie haben die Gelegenheit, Ihre Fachkenntnisse einzubringen. Das ist doch der Sinn der Sache.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Danke. – Ich bin von der Einwenderseite angesprochen worden, dass der Eindruck bestehe, dass auf der vorge-sehenen Baustelle, dem Standort des Blocks 9, bereits gebaut werde.

Deswegen meine Frage an den Antragsteller: Wird denn schon gebaut? Und meine Frage an die Verhand-lungsleitung bzw. an das Regierungspräsidium: Ist ein Antrag auf Zulassung vorzeitigen Beginns gestellt worden, bzw. gibt es ein paralleles Vorbescheidsverfahren?

Verhandlungsleiterin Salchow: Es gibt kein Verfahren nach § 8 a, weil die Baumaßnah-men nach unserem Wissen – aber dazu wird Ihnen, wie gesagt, Herr Ehmann Details nennen können – mit der Verlegung des Abwasserkanals der Stadt Mannheim und mit der Altriper Straße, der Neugestaltung der Zufahrt zur

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Fähre, zusammenhängen. – Dazu hat uns Frau Risch schon einmal Bilder zugeschickt. - Das hat nach unserem Wissen mit dem Ausbau der Straße und dem Abwasser-kanal zu tun. Es gibt also kein Verfahren nach § 8 a. - Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Alle Maßnahmen, die Sie ansprachen, beschäftigen sich nur mit der Verlegung der Altriper Straße zur Fähre und mit der Umlegung dieses Abwasserkanals. Wir haben bisher nirgendwo andere Maßnahmen angefangen, und wir werden das auch nicht tun. Wir halten uns da ganz klar an die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften.

Ich möchte noch zu dem Vorherigen etwas sagen. Ich will Ihrem Vorwurf entgegentreten, dass wir nicht genü-gend Informationen im Antrag hätten, um beurteilen zu können, ob wir der Störfallverordnung nur eingeschränkt oder mit den erweiterten Pflichten unterliegen.

Wir haben sämtliche Speichervolumina bzw. Lagervo-lumina, die den neuen Block betreffen, in dem Antrag angegeben. Außerdem haben wir bezüglich des Stoffes Ammoniak – das ist wichtig für die Frage, ob man den erweiterten Pflichten unterliegt - vorher schon darauf verwiesen, dass wir Ammoniakwasser und kein druckver-flüssigtes Ammoniak verwenden.

Wir haben in unserem Antrag auch angegeben, dass die Konzentration des Ammoniaks kleiner als 25 % ist. Das hatte ich bereits angesprochen. Jeder Experte weiß, dass man, sobald dieser Wert von 25 % unterschritten wird, nicht mehr den erweiterten Pflichten der Störfallver-ordnung unterliegt - unabhängig davon, welche Mengen man lagert. Somit hätte jeder einschätzen können, dass wir da nicht den erweiterten Pflichten unterliegen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich möchte nur darauf aufmerksam machen: Ich hatte eingangs gesagt, dass wir ab etwa 13 Uhr eine an-derthalbstündige Mittagspause machen. Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt vor der Mittagspause noch abschließen, damit wir uns anschließend ausführlich über den Tagesordnungspunkt 2, UVU, unterhalten können. Da kommen viele Dinge, die wir jetzt erörtern, wahrscheinlich noch einmal zur Sprache.

Als Letzter hat sich noch Herr Gödeke gemeldet.

(Weitere Wortmeldungen von Einwenderin-nen und Einwendern)

- Wiederholt es sich jetzt, oder ist das alles neu?

(Block [BUND]: Also, widersprechen dürfen muss man schon!)

Dann ist als Nächster, wie gesagt, Herr Gödeke dran.

Gödeke (Sachbeistand): Zum Thema Gutachten möchte ich Folgendes anmerken: Es ist korrekt, dass die Stellungnahmen der Antragstellerin nicht als „Gutachten“ bezeichnet sind. Das dürften sie auch nicht - es sei denn, sie sind behördlich beauftragt.

Uns fehlt hier allerdings die Transparenz. In Nordrhein-Westfalen ist das etwas anders: Da bekommt der BUND bereits nach dem Scopingtermin die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange. Dort ist es das LANUV, hier ist es die LUBW. Insofern gibt es hier ein bisschen weni-ger Transparenz.

Das kann dann zu einem solchen Überraschungsei wie in Karlsruhe führen, wo nach dem Erörterungstermin die LUBW feststellen musste, dass die Schornsteinhöhe falsch berechnet war, und die Höhe bestätigt wurde, die ich in meiner Einwendung angegeben hatte. Es ist bedau-erlich, dass so etwas erst hinterher passiert, wenn keine Öffentlichkeit mehr da ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dann möchte ich noch Herrn Ehmann erwidern: Sie müssen schon etwas genauer in die Störfallverordnung gucken und sich auch das Sicherheitsdatenblatt von Ammoniakwasser mit kleiner 25 % anschauen. Das ist umweltgefährlich, und das gilt nicht für unbegrenzte Mengen.

Es fehlen auch Angaben zu den Lagermengen für Heizöl. Es wird Heizöl gelagert. Dazu habe ich im Antrag nichts gefunden.

Es sind Schwellenwerte in der 12. BImSchV angege-ben, nach denen man beurteilt, ob eine Anlage überhaupt der Störfallverordnung unterliegt, ob sie den Grundpflich-ten oder den erweiterten Pflichten unterliegt. Ich habe in dem Antrag diesbezüglich keine konkreten Angaben gefunden. - Ich würde diese Kritik nicht äußern, wenn das in den Antragsunterlagen drinstünde. Ich habe es aller-dings nicht gefunden.

Deshalb kann ich nicht beurteilen, ob die Anlage der Störfallverordnung und eventuell auch den erweiterten Pflichten unterliegt. Ich kann das nicht prüfen, und ich bin darauf angewiesen, Ihnen zu glauben. Ich bin es aber nicht gewöhnt, in Genehmigungsverfahren etwas zu glauben. Das Motto heißt: Sehen gilt! – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Der Herr mit dem roten Pullover.

Schweizer (Einwender): Ich bin Andreas Schweizer. Ich habe wochenlang auf der Straße gestanden und habe für das Bürgerbegehren, für den Bürgerentscheid gesammelt. Ich habe auch viele

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Einwendungen entgegengenommen und mit sehr vielen Menschen auf der Straße diskutiert.

Die Stimmung auf der Straße ist die, dass die Leute sagen: Ja, ihr habt Recht. Natürlich wollen wir diese Drecksschleuder nicht, und natürlich gibt es Alternativen. Aber die Macht dieser Großkonzerne ist so groß, da habt ihr doch gar keine Chancen!

Ich glaube, ein solcher Zustand ist nicht gut, und wir wollen ihn so nicht aufrechterhalten. Wir haben mit unse-ren bescheidenen Mitteln das gemacht, was wir konnten, was uns möglich war. Aber das ist ein sehr ungleicher Kampf gewesen.

Wir wollen einen echten Bürgerentscheid, wir wollen eine echte Bürgerbeteiligung und nicht eine Auseinander-setzung wie David gegen Goliath: auf der einen Seite der große Konzern, der mit Millionenbeträgen riesige Werbe-kampagnen starten kann, und auf der anderen Seite wir, die als Einzelpersonen mit unseren bescheidenen Mitteln dagegenhalten müssen. Wir brauchen eine richtige, echte Bürgerbeteiligung, bevor man eine solche Anlage geneh-migen kann.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt noch Frau McCloskey.

McCloskey (Einwenderin): Mich bewegen noch der Bau dieser Straße und die gan-zen Vorbereitungen dazu. Es gibt in Mannheim und in der Umgebung so viele Straßen, die dringend erneuert wer-den müssten, wo der Belag so schlimm ist, dass ältere Leute, wenn sie die Straße überqueren, häufig hängen bleiben und hinstürzen. Hier gibt es also desolate Stra-ßenbeläge.

Als Bürger frage ich mich dann: Was muss jetzt am dringendsten gemacht werden? - Natürlich das, was im schlechten Zustand ist, aber nicht eine Straße im Zusam-menhang mit dem Block 9 – zumal sein Bau noch gar nicht genehmigt ist. Das ist irgendwie total unglaublich! Denn dadurch entsteht der Eindruck, dass sich alles darauf eingestellt hat, dass dieser Block 9 gebaut wird.

Wir aber sagen: Wir sind nicht darauf eingestellt; das ist nicht fair. Hier muss darüber gesprochen werden, ob da überhaupt gebaut werden darf. Wenn eine solche Straße jetzt schon gebaut wird, besagt das eigentlich: Hier ist alles schon gelaufen. Aber so sollte es nicht sein.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nun kommen Sie als Nächster.

Adamy (Einwender): Mein Name ist Frank Adamy; ich bin Mitglied bei „Nein zu Block 9“. - Ich bin der Meinung, dass meine individuelle Einwendung, die ich hier vortragen möchte, beim ersten Tagesordnungspunkt, Verfahrensfragen, richtig platziert ist, weil es ja ab heute Nachmittag oder morgen schon sehr ins Detail geht.

Mein Einwand bezieht sich auf die Informationsbro-schüre, die das GKM hunderttausendfach in Mannheim und in den benachbarten Gemeinden verteilt hat. Ich bin der Meinung, dass dies keine Informationsbroschüre, sondern eine Desinformationsbroschüre ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

In dieser 16-seitigen Informationsbroschüre wird mit keinem Wort erwähnt, dass von den 910 MW Installation 470 MW Neuinstallation sind. Es wird mit keinem Wort erwähnt, dass diese 470 zusätzlichen Megawatt auch Zusatzbelastungen durch Stickoxide, CO2 und andere Stoffe bedeuten. Ich will Ihnen beweisen, wie manipulativ diese Broschüre ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Auf Seite 3 der Broschüre wird im zweiten Absatz im letzten Satz der Eindruck erweckt, als ob Block 9 eine reine Ersatzmodernisierung für die Blöcke 3 und 4 sei. Kein Wort, dass etwas zusätzlich hinzukommt!

Auf Seite 5 der Broschüre wird im ersten Absatz im ersten Satz sogar behauptet, dass „der Schadstoffausstoß des GKM […] im Vergleich zu heute zurückgehen“ werde. Es wird sogar unten auf der Seite die heute schon wieder vorgetragene abenteuerliche Behauptung aufgestellt, dass der CO2-Ausstoß um 1 000 000 t pro Jahr zurückgehen werde.

Allerdings wird im zweiten Absatz dann eingestanden – auch das muss gesagt werden -, dass das GKM insge-samt mehr CO2 als bisher ausstoßen wird.

Dieses argumentative Hü und Hott, dieses Pars-pro-Toto-Gerede hat nur einen Zweck: den Bürger zu desin-formieren.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Den Bürgern wird mit dieser Broschüre ein falsches beruhigendes und beschwichtigendes Bild vorgespiegelt, sodass sie im guten Glauben darauf auf weitere Informati-onen und auf weitere Auseinandersetzungen mit diesem Thema verzichtet haben.

Sie haben mit Ihrer Desinformationsbroschüre tatsäch-lich Ihr Ziel erreicht. Sie haben viele Mannheimer Bürger angelogen. Das hier ist eine Desinformationsbroschüre, und diese Broschüre - jetzt komme ich zu meinem letzten

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Satz – hat durch ihren Desinformationscharakter dieses Einwenderverfahren ganz erheblich beschädigt - nach meiner Meinung sogar irreparabel! – Ich danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Es hatte sich Herr Block noch gemeldet. Damit möchte ich die Rednerliste für heute Vormittag schließen – es ist jetzt gleich 13.30 Uhr –, damit wir dann bis 15 Uhr eine Mit-tagspause machen können.

Block (BUND): Ihr Trick ist ja gut. Ich finde es schon besser, dass Sie eine 25-prozentige Ammoniaklösung nehmen, als wenn Sie es anders machen würden. Aber das ist ja nur der Trick, damit Sie nicht in die erweiterten Pflichten der Störfallverordnung hineinkommen.

Das entbindet allerdings dieses Regierungspräsidium nicht von der Pflicht, dass es sowohl beim Bau als auch bei der Überwachung die strengeren Vorschriften im Rahmen der erweiterten Pflichten für diese Anlage im Blick behält. Denn aus 25-prozentigem Ammoniakwasser kann schnell mal 28-prozentiges oder 45-prozentiges werden.

Sie müssen sich etwas einfallen lassen, wie Sie ers-tens diese 25-prozentige Konzentration überprüfen - und zwar online, d. h. ständig - und dass zweitens gewährleis-tet wird, dass dort wirklich nichts passiert. So etwas erwarte ich vom Regierungspräsidium und – das ist klar - vom Anlagenbetreiber.

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann machen wir jetzt eine Pause bis 15 Uhr.

Mittagspause von 13.23 bis 15.10 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich hoffe, die Mittagspause ist bei allen gemütlich abgelau-fen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 2 auf:

2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Grundfragen)

Einige Stichworte sind dazu heute Morgen schon ge-nannt worden, insbesondere das Fehlen einer strategi-schen UVU für das Energiekonzept Baden-Württemberg. Im Rahmen dieser UVU-Kritik wurde kritisiert, dass nur das Mikroklima und nicht auch das Makroklima berück-sichtigt wurde, dass Aussagen zu CO2-Emissionen fehlen und dass die Alternativenprüfung nur unzureichend durchgeführt worden sei. In diesem Zusammenhang ist

noch einmal die artenschutzrechtliche Geschichte bespro-chen worden, aber die hatten wir heute Vormittag schon ausführlich besprochen bzw. werden sie im Block „Natur-schutz“ noch einmal besprechen. Das wären die wesentli-chen Einwendungen. - Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielen Dank, Frau Salchow. - Ich möchte aus der Einwen-dung des BUND die Kritik daran aufgreifen, dass im Rahmen der vorgelegten UVU das Thema Klima inhaltlich nicht weiter abgehandelt worden ist, sondern dass es letztlich nur den lapidaren Satz gibt, Klimaauswirkungen des Anlagenbetriebs seien nicht feststellbar.

Dazu ist festzustellen, dass nach der Themenaufzäh-lung im UVP-Gesetz Klimaauswirkungen ausdrücklich im Rahmen der UVU zu untersuchen sind. Deswegen ist das einzufordern. Dem UVP-Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass damit allein das lokale Klima gemeint ist, sondern dort steht nur „Klima“, ohne weitere Einschränkung. Deswegen ist das meiner Auffassung nach so zu interpre-tieren, dass damit sowohl das Kleinklima als auch das Makroklima gemeint sind. An dieser Stelle hat die UVP eine inhaltliche Lücke, die noch zu schließen wäre.

Zum Thema Alternativenprüfung möchte ich darauf hinweisen, dass erfreulicherweise mit sehr deutlichen Worten sowohl in der UVU als z. B. auch in der Kurz-beschreibung gesagt wird, dass die technische Variante Gaskraftwerk unter Umweltgesichtspunkten deutlich günstiger abschneidet als die beantragte Variante Stein-kohlekraftwerk. Die Aussage ist deutlich in der UVU enthalten. Leider wird sie dann aber nicht inhaltlich unter-füttert. Es wäre äußerst interessant, einen tatsächlichen Vergleich z. B. der Luftschadstoffemissionen eines ähnlich großen Gaskraftwerks mit dem beantragten Kohlekraft-werk zu haben. So ist man im Moment rein auf Schätzun-gen angewiesen. Das hat Herr Weyland heute Morgen schon aufgegriffen.

Zum Thema Gaskraftwerk möchte ich nur auf Folgen-des hinweisen: Es gibt in der Rhein-Main-Region einige Gaskraftwerke, die in der Planung sind - zum Teil auch im Genehmigungsverfahren -, sodass das Argument, es sei am Markt kein Gas verfügbar, aus meiner Sicht völlig aus der Luft gegriffen ist. In Frankfurt-Griesheim ist zurzeit ein Gaskraftwerk von der Firma Nuon mit mehreren hundert Megawatt im Genehmigungsverfahren. Ich will jetzt keine falsche Zahl sagen, weil ich es nicht genau weiß, aber es sind mehrere hundert Megawatt, also durchaus eine Kraftwerksgröße, die relevant ist. Von anderen Standorten im Bereich Südhessen ist mir bekannt, dass sie zurzeit in der Prüfung sind.

Von daher ist dieses Argument des Antragstellers, das sich auch in der UVU wiederfindet, aus meiner Sicht neben der Sache.

Da Sie mir in unserem Schriftwechsel vor dem Erörte-rungstermin zugesagt hatten, dass bei den einzelnen

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inhaltlichen Punkten immer wieder auch ein Rückschlen-ker zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung möglich ist, will ich es an dieser Stelle bei diesen - aus meiner Sicht - Grundfragen belassen. Wir sind uns sicherlich einig, dass es z. B. beim Thema im Immissionsschutz immer wieder auch Querverweise zum Thema Umweltverträglichkeits-untersuchung gibt. Aber ich wüsste sonst nicht, wo ich gerade den Punkt „Alternativenprüfung“ unterbringen sollte. Deswegen gehört er ausdrücklich hierher. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir hätten auch noch einen Punkt „Alternativenprüfung“, aber jetzt machen wir es so.

(Rahner [Rechtsbeistand]: Ach, beim Kraft-werkskonzept!)

- Ja, das wäre es. Aber es ist egal. - Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Zum ersten Punkt - Klima, Großklima, globales Klima und UVU - steht mehr darin, als Sie gesagt haben, Herr Rahner. Auf Seite 362 der UVU steht: Auswirkungen der Anlage auf das weltweite Klima sind nicht feststellbar. Deswegen ist eine Beurteilung der konkreten Anlage im Hinblick auf diesen Aspekt nicht möglich. - Ich verkürze es etwas. - Das, was Sie sagen, dass nichts darin steht, ist zum Ersten inhaltlich nicht richtig.

(Lachen bei den Einwenderinnen und Einwendern)

- Ja, lesen Sie doch, was darin steht. Es steht eine halbe Seite darin, und Sie haben behauptet, dazu stehe nichts darin. Sie können mir doch nicht weismachen, dass die Auswirkungen dieser Anlage auf die weltweite CO2-Problematik in irgendeiner Weise quantifizierbar und qualitativ bewertbar ist!

Das Zweite ist: Die UVU ist unselbständiger Teil eines Verfahrens und dient der Vorbereitung der Sachentschei-dung. Deswegen kommen wir zu dem materiellrechtlichen Kriterium, über das wir sicherlich morgen oder hinterher noch diskutieren werden. Das wissen Sie alles, aber Sie haben es nicht erwähnt. Deswegen sehen Sie es mir nach, dass ich es jetzt tue. Das ganze Thema CO2/globale Klimaproblematik ist von Rechts wegen über den Emissi-onshandel abgehandelt und ist aus dem Immissionsschutz herausgenommen.

Deswegen: Wenn Sie über CO2-Reduzierungen reden, dann gehen Sie nach Brüssel, und sagen Sie: Die Zertifi-kate müssen für die Europäische Gemeinschaft verringert werden. Aber wenden Sie sich nicht gegen die Genehmi-gung einer einzelnen TEHG-pflichtigen Anlage! Denn die lebt von dem Kontingent, das in Brüssel festgelegt und der Bundesrepublik Deutschland zugeteilt wird. Deswegen ist

es auch nicht notwendiger Gegenstand der UVU, weil es nicht entscheidungserheblich ist.

Das Dritte, zum Thema Alternative Gas: Niemand hat gesagt, man kann kein Gaskraftwerk bauen. Das steht so auch nicht in der UVU. In der UVU steht, Gas ist die umweltverträglichere Lösung. Aber der Vorhabenträger hat sich aus wirtschaftlichen Gründen für eine andere Lösung entschieden. - Ich habe es jetzt etwas verkürzt. - Die 9. BImSchV fordert, dass die wesentlichen Auswahl-gründe des Vorhabenträgers mitzuteilen sind. Das ist geschehen.

Niemand fordert, dass man sagt: Die umweltverträg-lichste Lösung muss gewählt werden. Das steht weder im Bundes-Immissionsschutzgesetz noch im UVPG noch sonst irgendwo. Es ist auch keine Monokausalität oder Monokultur, dass nur ein Anlagentypus von Rechts wegen sinnvoll und genehmigungsfähig ist. Es gibt verschiedene Anlagentypen und verschiedene Primärenergien. Letztlich kommt es auf den Energiemix an, den ein Erzeuger unter Berücksichtigung der rechtlichen Gegebenheiten aus-wählt.

Da darin steht, Gas ist umweltverträglicher, war eine Quantifizierung nicht notwendig; denn diese Aussage steht. Mehr braucht man zu der Aussage nicht. Es steht auch darin, warum er dennoch nicht Gas gewählt hat.

Eine Quantifizierung zum Alternativenvergleich ist we-der im UVPG noch in der 9. BImSchV gefordert, sodass die Angriffe gegen die UVU ins Leere gehen, denke ich.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich lese jetzt einmal die Reihenfolge meiner Rednerliste vor, damit Sie wissen, dass Sie alle aufgenommen worden sind: zunächst Herr Block, dann Herr Gödeke, Herr Decken, Frau Vangermain und Herr Weyland.

Vangermain (Einwenderin): Ich habe keine inhaltliche Meldung, sondern ich wollte Herrn Professor Dolde um eines bitten: Er neigt mitunter dazu, wenn er zitiert - weil er das ja oft macht -, die Sätze so zu verschleifen, dass sie kaum zu verstehen sind. Ich nehme an, dass es nicht nur mir so geht, sondern anderen auch. Ich weiß, dass Sie es anders können; ich kenne Sie ja inzwischen. Ich möchte Sie bitten, es so zu artikulieren, dass ich es auch akustisch und nicht nur inhaltlich verste-hen kann.

Block (BUND): Herr Dolde, wenn die UVU feststellt, dass Gas die umwelt-freundlichste Alternative ist, dann brauchen wir wirklich keine Zahlen. Jeder weiß - Sie können das bei Wikipedia nachschauen; die Zahlen darin stimmen sogar -, dass bei einem Gaskraftwerk nur ein Drittel an CO2 ausgegeben wird und dass bei einem Gaskraftwerk keinerlei Feinstäu-be und solche Schadstoffe ausgestoßen werden. Damit ist das Problem schon einmal gelöst. Das ist im Augenblick

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als Übergangstechnologie mit Sicherheit das Beste, was auf dem Markt ist.

Wir verstehen das nicht, Herr Ehmann. Die MVV mag vielleicht noch nicht auf dem neuesten Stand sein, aber die Energie Baden-Württemberg ist es.

Wenn man jetzt z. B. eine Versorgungsleitung für Ethy-len zu BASF hin baut, dann geht die hier durch. Ich habe mir die Pläne heute Morgen noch einmal angeguckt: Bei Ihnen da drüben geht sie durch zu BASF, von Karlsruhe aus, eine Ethylen- und Propylenleitung. Dann haben Sie zwei Anschlussleitungen für Gas: Sie haben die Eni. Die Energie Baden-Württemberg gehört zu 50 % den Franzo-sen, und die Franzosen bestimmen hier den Gasmarkt.

Der Chef der Energie Baden-Württemberg hat mir im April dieses Jahres drei wichtige Sachen gesagt, die man benötigt, wenn man ein Gasturbinenkraftwerk in dieser Größenordnung baut. Das Erste: Er hat Gaslager, und zwar Flüssiggaslager, in Amsterdam, und er hat Tiefen-gaslager in Niedersachsen. Das heißt, die Versorgungssi-cherheit ist für ein Jahr gewährleistet. Das hat Herr Villis auf der Hauptversammlung der Energie Baden-Württemberg gesagt.

Dann haben wir ihn gefragt - wichtigster Grund -: „Was kostet eine Kilowattstunde den Verbraucher mehr, wenn Sie ein Gasturbinenkraftwerk bauen?“ Dann sagte er damals - zugegeben, vor der großen Krise -: „Das kostet den Verbraucher einen halben Cent mehr.“

Wenn Sie die Preiserhöhungen, die zum 1. Januar an-gekündigt sind, zugrunde legen, dann machen die höhe-ren Gaspreise nicht einmal 5 % dieser Preiserhöhungen aus. Ich frage Sie: Wollen Sie die Bevölkerung, wo hier doch schon vier Kohleblöcke stehen, mit einem zusätzli-chen Block belasten?

Herr Dolde, wenn Sie die 4,5 Millionen t CO2 - das sind immerhin 25 Millionen Smarts mit einer Kilometerleistung von 10 000 km pro Jahr, was Sie bei diesem Kraftwerk mit 912 MW herausblasen - als belanglos für die Welt darstel-len, dann muss ich Sie fragen: In welcher Welt leben Sie? Haben Sie noch eine zweite in der Tasche?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich frage jetzt nicht Sie als Jurist, sondern die anderen Herren: Wie können Sie solch eine Aussage treffen? Wenn Sie es umrechnen, kommen Sie global selbstver-ständlich wieder auf 0,03 %, was dieses Kraftwerk zusätz-lich an CO2 ausstoßen wird. Das machen Sie einmal auf der Ebene der Bundesrepublik, von Europa und von Amerika! Dann wissen Sie, dass das Problem nicht im Einzelnen, sondern im Gesamten liegt, und zwar an dem gesamten falschen Denken. Das Klimaschutzkonzept wäre möglich, und die Versorgungssicherheit in diesem Lande wäre gewährleistet. Ich würde Ihnen zubilligen, dass Sie dieses Gasturbinenkraftwerk bauen.

Wenn Sie die Versorgungssicherheit über einen Ihrer Aktionäre - er hält immerhin 32 % - gewährleisten können, dann können Sie nicht in der UVU sagen, Sie hätten keine Lieferverträge, es sei zu schwierig oder es sei zu teuer. Sie wollen es schlicht und ergreifend nicht, da das andere profitabler ist, weil Sie noch für die CO2-Rechte abkassie-ren. Das ist das Kernproblem.

Jetzt noch etwas zum Kraftwerkskonzept: Warum neh-men Sie, wo dort drüben schon diese Kamine stehen, nicht wenigstens einen Nasskühlturm? Wenn ich richtig informiert bin, gibt es ja ein Grundlastkraftwerk. Das heißt, es wird im Sommer laufen. Im Sommer wird die Luft diese Schadstoffe nicht aufnehmen können. Also brauchen Sie eine feuchte Atmosphäre. Die bekommen Sie über einen Nasskühlturm. Dann haben Sie zwar einen Energieverlust, aber Sie könnten die Emissionen wenigstens gerechter oder gleichmäßiger verteilen und müssten diese nicht in die Schadstoffregion Mannheim ablassen. - Aber auch das tun sie nicht. Das werfe ich Ihnen jetzt bei Ihrem Kraft-werkskonzept vor.

Ich habe nichts dazu gelesen, dass zu prüfen wäre, was das bedeuten würde. Das würde für die Immissionen in Mannheim Erhebliches bedeuten. Ich habe nichts darüber gelesen. Das hat mich verwundert, weil ich gedacht habe: Da hocken RWE und die Energie Baden-Württemberg drin. Die lernen doch hoffentlich bei solchen Erörterungsterminen, wie ja auch wir lernen. Dann sollten sie auch einmal positiv lernen.

Das ist meine Kernaussage für Sie: Wenn diese Bür-gerinnen und Bürger und ich sagen, von Ihnen nehmen wir keinen Strom, weil wir uns nicht unsere Lungen von Ihnen vergiften lassen und dafür auch noch einen Haufen Geld zahlen, und wenn wir dann weggehen, hin zu einem alternativen Anbieter, dann sind Sie nämlich wirtschaftlich erledigt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dann können Sie mit Hochglanzbroschüren, in denen ein Mitarbeiter im weißen Kittel - - Ich habe das vorhin gesehen; das habe ich noch nicht gewusst. Ich habe im Kohlekraftwerk noch nie einen Mitarbeiter im weißen Kittel herumlaufen sehen, außer den Anstaltsarzt, wenn er einen abholt, der da drin umgefallen ist.

(Heiterkeit bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ansonsten haben die da drin einen Blaumann an. Ich dachte, ein Kohlekraftwerk sei ein bisschen schmutzig. Aber gut, ich kann mich irren. Vielleicht ist das nur bei der Energie Baden-Württemberg so, und bei der MVV ist es vielleicht anders; ich weiß es nicht. Ich finde das so etwas von neben der Kappe!

Dann lese ich in der UVU - ich sage es noch einmal -, dass Gas eine Möglichkeit wäre. Aber rein der finanzielle

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Profit, dieser halbe Cent pro Kilowattstunde, ist das einzige Gegenargument. Dem müssten Sie entgegenhal-ten, auf wie viel Sie hier verzichten müssten. Die Stadt Mannheim z. B. als Anteilseigner müsste zum Schutze der Bevölkerung anders denken - ob die Energie Baden-Württemberg anders denken muss, weiß ich nicht; von RWE weiß ich es auch nicht -, und sie müsste sagen: „Gasturbinenkraftwerk und nichts anderes“.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte noch einmal auf die Aussage von Professor Dolde Bezug nehmen, dass in Deutschland keine Rele-vanz für Klimagase gegeben sei. Es ist dann sowieso die Frage, worauf sich die Welt bei Ihnen bezieht. Geht die bis zum Andromedanebel, oder - was weiß ich - bis wohin?

Wir sind hier in Deutschland. Hier gibt es die NEC-Richtlinie, die auch Klimagase betrifft: Schwefeldioxid, NOx, NMVOC. Da stößt das geplante Kraftwerk schon mit der halbierten Menge - darüber, ob das plausibel ist, kann man noch reden - jeweils 2265,5 t pro Jahr aus. Das sind für Stickoxide 0,43 % des nationalen Inventars - ein einziges Kraftwerk! Stickoxide 0,22 % und Schwefeldioxid 0,43 %! Da sind wir noch auf der harmlosen Seite.

Auch zu CO2 gibt es nationale Regelungen, und zwar nicht nur das, was Frau Merkel im Fernsehen proklamiert, sondern im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz. Das ist auch für Sie gültig. Darin ist bis 2005 eine nationale Einsparung auf 10 Millionen t vorgesehen, bis 2010 auf 23 Millionen t. Wir werden das später noch im Konzept nachrechnen und nachprüfen.

Da die angegebene Fernwärmeauskopplung in diesem Maß gar nicht möglich ist, weil der Bedarf nicht vorhanden ist, haben Sie einen Ausstoß von zusätzlichen Mengen an CO2 in Höhe von 2,64 Millionen t jährlich. Das sind 26,4 % des nationalen Einsparinventars für 2005. Das heißt, mit zwei solchen Kraftwerken haben Sie ganz Deutschland „zugeCO2t“, um das einmal ganz deutlich zu sagen.

Im Übrigen ist diese CO2-Einsparung im Energiewirt-schaftsgesetz geregelt. Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz wird in § 2 Abs. 2 Energiewirtschaftsge-setz erwähnt. Das heißt, Sie sind völlig auf dem falschen Dampfer, wenn Sie vom Weltklima reden, denn auch die anderen Länder haben Kohlekraftwerke. Die werden jedoch nicht hier genehmigt. Es soll - zumindest aus Ihrer Sicht - in Deutschland eins genehmigt werden. Dafür sind zunächst einmal die deutschen Gesetze und der deutsche Vergleich anzuwenden. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Decken.

Decken (Umweltforum): Auch wir hatten in unserem Einwand auf die fehlerhafte Umweltverträglichkeitsuntersuchung hingewiesen. Ich werde jetzt nicht wiederholen, was Herr Rahner dazu - aus unserer Sicht zutreffend - schon gesagt hat. Erlauben Sie mir aber bitte eine Feststellung und eine Frage an die Antragstellerin.

Die Feststellung: Herr Professor Dolde, auf Seite 362 - ich lese den Satz einmal vor, damit er uns allen geläufig ist - steht der eine Satz:

„Gemessen am weltweiten CO2-Ausstoß ist der Beitrag des Blockes 9 zur Klimaerwär-mung messtechnisch global nicht nach-weisbar.“

Ich wage diese Aussage in Frage zu stellen. Ist der Antragstellerin nicht bekannt, dass es seitens des Um-weltbundesamtes und auch seitens der Bundesregierung Untersuchungen und Studien gibt, aus denen dann Klimagerüste/CO2-Gerüste für die nationale Kohlekraft-werks- und auch sonstige Planung hervorgehen?

Ich verweise auf die Studie des Umweltbundesamtes, aus der Herr Ehmann eben - übrigens falsch - zitiert hat, wo er die Absenkung der Kraftwerksleistung um 40 GW bis 2020 thematisierte. Herr Ehmann hat es allerdings versäumt zu zeigen, wie das Umweltbundesamt diesen Lastabfall ausgleichen will, nämlich durch gasgefeuerte Kraft-Wärme-Kopplung und durch den Ausbau Erneuerba-rer.

Im Rahmen dieser Studie ist vom Umweltbundesamt eindeutig ausgesagt worden, dass Block 9 wie auch weitere Kraftwerksplanungen in der Bundesrepublik Deutschland mit den CO2-Zielen der Bundesrepublik Deutschland und der EU-Kommission nicht kompatibel sind.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich war selber erstaunt, wie deutlich sich das Umweltbun-desamt dort äußert. - So viel nur als Feststellung.

Dazu die Frage: Ist diese Untersuchung bekannt, und zwar in ihrer Gänze und nicht nur die Punkte, die Ihre Position unterstützen?

Ich hätte noch eine Frage, die ich schon vor zweiein-halb Jahren im Rahmen des Scopingtermins gestellt habe und die bis heute nicht beantwortet wurde, obwohl es dazu einen sehr umfangreichen Antrag von Ihnen gibt. Die Frage lautet: Wie viel CO2 kommt denn aus Block 9 heraus? Diese Frage stellen wir seit zweieinhalb Jahren. Seit zweieinhalb Jahren beantworten Sie die Frage nicht.

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Bitte sagen Sie uns die Zahl, wie viel CO2 bei Nennlast aus Block 9 pro Jahr herauskommt!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke, Herr Decken. - Jetzt kommt noch Herr Weyland zu Wort, und dann erhält die Antragstellerin Gelegenheit, sich zu äußern.

Weyland (BUND): Mein Beitrag geht in die gleiche Richtung wie die Ausfüh-rungen von Herrn Decken. Ich richte mich auch an Herrn Professor Dolde. Es geht um das Zurückziehen der Energiekonzerne auf den Emissionshandel. Hierzu noch einmal der Hinweis auf die Leitstudie, die ich heute Mor-gen schon zitiert hatte und die eindeutig feststellt: Bei 9000 MW Kohlezubau sind die Klimaschutzziele gerade noch erreichbar. Bei allem, was an fossiler Kraftwerksleis-tung darüber hinausgeht, was auf Kohlebasis zugebaut wird, sind die Klimaschutzziele eben nicht mehr erreich-bar.

Da ist in meinen Augen ein Zurückziehen auf den E-missionshandel nicht zielführend. Im Gegenteil, es gibt auch konkrete rechtsverbindliche Programme der Bundes-regierung, z. B. das integrierte Klimaschutz- und Energie-konzept der Bundesregierung, das mit konkreten Emissi-onsminderungen einhergeht. Wenn diese nicht erreicht werden können, dann ist das Zurückziehen auf den Emissionshandel nicht zielführend.

Im Übrigen wird zur Erreichung und Festsetzung der Emissionshandelsmengen alljährlich wieder, wenn der nationale Allokationsplan ausgehandelt wird, stark Lobby-arbeit betrieben, um die Ziele dann eben doch noch weiter hinunterzudrücken.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Hiermit schließe ich zunächst einmal. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt käme die Antragstellerin. Herr Professor Dolde, wollen Sie?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Wir entscheiden hier nach deutschem Recht, hat jemand gesagt, und das sollten wir auch ernst nehmen. Das deutsche Recht besteht in der zentralen Norm des § 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz, der die Grundpflichten regelt, die der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage zu erfüllen hat. Dort gibt es den Schutzgrundsatz, den Vorsorgegrundsatz, Reststoff- und Abfallbeseitigung und effiziente Energienutzung.

Dann gibt es noch zwei weitere Sätze, die Sie einfach vergessen. Aber wir müssen sie zur Kenntnis nehmen, ob

sie uns gefallen oder nicht. Diese Sätze hat der Gesetz-geber hineingeschrieben. Dort steht - Punkt 1: Für Anla-gen, die dem TEHG unterliegen, sind die Pflichten aus diesem Gesetz zu erfüllen. Dafür gibt es eine eigenständi-ge Genehmigung. Punkt 2: Für diese Anlagen können über die Anforderungen des TEHG hinaus keine Vorsor-geanforderungen und keine Anforderungen an die Ener-gieeffizienz gestellt werden.

Der Hintergrund ist Folgender: Es gibt das Kyoto-Protokoll. Dort sind die Emissionsrechte auf die groben globalen Einheiten verteilt. Die EU hat ihr Kontingent an CO2-Emissionen definiert. Die EU verteilt dieses Kontin-gent an CO2-Emissionen auf die einzelnen Mitgliedsstaa-ten. Die einzelnen Mitgliedsstaaten teilen die Zertifikate aus und bestimmen, wie viele Zertifikate es pro Jahr gibt. Jeder, der eine emissionshandelspflichtige Anlage be-treibt, muss gucken, dass er ein Zertifikat bekommt, denn ohne das kann er sein Geschäft nicht betreiben.

Das Steuerungselement zur Beherrschung, zur Steue-rung und zur Bewältigung des Problems der globalen CO2-Emissionen ist dieses Instrument, nämlich die Fest-legung eines Deckels der maximal zulässigen CO2-Emissionen auf weltweiter Ebene, auf europarechtlicher Ebene und auf nationaler Ebene. Innerhalb dieses De-ckels, der im jeweiligen nationalen Allokationsplan - von der EU wird festgelegt, wie viel es gibt, und die Bundesre-publik kann dann darunter bleiben, aber nicht darüber hinausgehen - festgelegt ist, muss sich jeder Anlagen-betreiber daran halten und muss gucken, dass er seine Zertifikate bekommt.

Wenn jemand CO2-Politik und CO2-Reduzierung be-treibt, dann muss er den Deckel neu definieren. Dann kann er aber nicht Anforderungen an eine einzelne Anlage stellen. Herr Block hat es selber gesagt; er hat sich selber widerlegt: Die einzelne Anlage spielt im weltweiten Ge-schehen null Rolle. Genau das steht in der UVU. Sie können keine Verbindung von der einzelnen Anlage zur weltweiten CO2-Problematik herstellen.

Genau deshalb hat man das System mit den globalen, den europarechtlichen und den nationalen Gesamt-mengen gewählt, die dann auf den Kreis der Leute verteilt werden, die am Emissionshandel teilhaben. Dort wird das Thema rechtlich abgearbeitet und gesteuert. Wenn Block 9 nicht gebaut wird, bleibt die Zahl der CO2-Zertifikate, die die Bundesrepublik austeilt, die gleiche. Das findet dann woanders statt.

Deswegen ist es ein völlig falscher Ansatz, zu meinen, man würde etwas für die Reduzierung der CO2-Emissionen tun, wenn man sich gegen Block 9 wendet.

(Block [BUND]: Man muss bei sich anfan-gen!)

- Man muss nicht bei sich anfangen, sondern es gibt die Zertifikate, und die werden verbraucht - ob Sie wollen oder nicht. Dort wird die CO2-Politik gemacht, nicht im Anla-

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genzulassungsrecht. Deswegen hat es in der UVU auch nichts zu suchen, weil es keine Genehmigungsvorausset-zung ist. Die UVU dient dazu, im Genehmigungsverfahren den Stoff aufzubereiten, den die Behörde bei ihrer Sach-entscheidung zu berücksichtigen hat.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, dann der Herr im weißen Hemd am Mittel-gang, Frau Dahamni und Herr Decken noch einmal.

Gödeke (Sachbeistand): Ich danke Ihnen dafür, Herr Professor Dolde, dass Sie das TEHG angesprochen haben. Dazu haben Sie im Antrag auch keine konkreten Angaben gemacht. Sie machen überhaupt keine Angaben zu CO2. Es wäre bedauerlich, wenn der Antragsteller nicht in der Lage wäre, das zu machen. Das geht nämlich mit einer einfachen Dreisatz-rechnung.

Ich habe das gemacht. Ich setze einmal 8000 Be-triebsstunden voraus. Nach der Stoffbilanz aus dem Antrag - da sind der Kohlenstoffgehalt der Kohle bzw. die Kohlemenge pro Sekunde angegeben - kommen wir auf 4,93 Millionen t CO2. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Im Übrigen haben Sie weder die Zahlen widerlegt, die ich genannt habe, noch haben Sie widerlegt, dass die Vorschriften gültig sind. Weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften sind auch zu erfüllen. Da Sie im Antrag keine konkreten Angaben zum TEHG machen, müssen Sie die anderen Vorschriften einhalten. Eines von beiden müssen Sie schon einhalten.

Sie geben noch nicht einmal an, wie viel CO2 der Block 9 emittieren wird, wenn er genehmigt wird. Sie geben auch nicht an, wie viel CO2 die Altanlagen haben und wie viel CO2 die kleinen Blöcke, die eventuell abge-schaltet werden, haben. Die haben, soweit ich weiß, zusammen eine elektrische Leistung von 240 MW. Das sind maximal 30 % des CO2, das Sie zusätzlich produzie-ren. Hier von einer CO2-Einsparung und von Energieeffi-zienz zu reden, ist wirklich hanebüchen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Quentin.

Quentin (Sachbeistand): Ich würde gerne noch einmal auf das Argument von Herrn Dolde eingehen, der da sagte, der Emissionshandel werde es schon richten.

Es ist richtig, dass es für CO2 auf europäischer Ebene kein anderes Instrument als den Emissionshandel gibt. Dabei muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass Steinkohlekraftwerke in etwa doppelt so viel CO2 pro erzeugter Kilowattstunde produzieren. Wenn man über-

haupt von einer Stromlücke reden möchte, die von Seiten der Energieversorger immer wieder gerne in den Raum geworfen wird, laufen wir Gefahr, so etwas wie eine Stromlücke dann zu erreichen, wenn wir jetzt in großem Stile Kohlekraftwerke genehmigen, die das Doppelte oder, wenn man Braunkohlekraftwerke betrachtet, das Dreifa-che im Verhältnis zu einem Gaskraftwerk an CO2 pro erzeugter Kilowattstunde erzeugen.

Wie gesagt, der Deckel ist europarechtlich vorgege-ben. Er wird sich weiter reduzieren. Wenn wir die Strom-versorgung gewährleisten wollen und sicherstellen wollen, dass wir auch in Zukunft ausreichende Mengen an Strom zur Verfügung haben, dann können wir nicht in eine Technologie investieren, die das Doppelte oder das Dreifache an CO2 für die gleiche erzeugte Strommenge erzeugt. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dahamni-Herm (Einwenderin): Herr Professor Dr. Dolde, ich habe den ganzen Vormittag und auch den Nachmittag über als Bürgerin dieser Region von Ihnen eigentlich nur zur Kenntnis nehmen müssen: „Die Grenzwerte, die wir genehmigt bekommen, werden wir einhalten. Wir haben überhaupt kein Interesse daran, tatsächlich Schadstoffe einzusparen. Wir gehen ans Limit dessen, was wir erlaubt bekommen oder was wir hoffen, erlaubt zu bekommen, und der Rest ist uns egal.“

Dann denke ich: Okay, dann brauche ich natürlich auch nicht zu diskutieren, welche Alternativen es gibt. Sie machen mir und anderen Bürgern dieser Region mehr oder weniger deutlich klar: Es geht Ihnen darum: Mit welchem Profit und mit welchen Grenzwerten kann ich rechnen? Wenn ich die noch einhalte, dann fahre ich dieses Steinkohlekraftwerk, das mir einen gewissen Profit gewährleistet.

Das hat aus meiner Sicht nichts mit einer Umweltver-träglichkeitsprüfung zu tun. Ich hoffe, dass das Regie-rungspräsidium diese Kriterien bei einer Prüfung nicht anlegt.

Wenn Sie schon so weit gehen und sagen, die Schad-stoffbelastung interessiere Sie eigentlich überhaupt nicht, sondern Sie interessiere nur, wie weit Sie gehen dürfen, dann finde ich es doch ziemlich merkwürdig, dass Sie trotzdem damit Werbung machen müssen: „umweltscho-nend“, „klimaschonend“ und „zukunftsweisend“.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dann könnten Sie hier Ross und Reiter nennen und könnten genau sagen: „Der Block 9 wäre als Gasturbinen-kraftwerk umweltschonender. Wir wählen aber die andere Variante, weil wir mit der Steinkohle mehr Profit daraus ziehen.“ Das wäre richtig, das wäre konsequent, und das

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wäre die Wahrheit. Das könnten Sie natürlich genauso auf die Begriffe „klimaschonend“ und „zukunftsweisend“ übertragen.

Sie haben wohlweislich Ihre gesamten Prognosen ma-ximal bis zum Jahr 2020 hochgerechnet; dann hört es auf. Ich gehe aber davon aus, dass Sie von der MVV mindes-tens 40 Jahre profitieren wollen. Das heißt für mich, bis zum Jahr 2050. Ich hoffe nicht, dass wir dann noch auf solche Energieversorgungsunternehmen angewiesen sind, wie Sie sie heute darstellen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Was die Zahlen betrifft, zitiere ich aus der „Schwetzin-ger Zeitung“ über eine Ausschusssitzung des Technischen Ausschusses in Schwetzingen:

„Der CO2-Ausstoß wird sich durch den neu-en Block erhöhen und letztlich selbst nach Abschaltung der Blöcke 3 und 4 höher lie-gen als heute. So wird das geplante Kraft-werk laut Antrag u. a. jährlich mehr als 4 Millionen t Kohlendioxid, etwa 200 t Fein-staub und 1900 t Stickoxide ausstoßen.“

Wenn diese Zahlen nicht stimmen sollten, dann korrigie-ren Sie mich bitte!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt noch Herr Decken, und dann erhält die Antragstelle-rin wieder Gelegenheit zur Entgegnung.

Decken (Umweltforum): Ich muss noch einmal auf meine präzise Frage von vorhin zurückkommen, die Herr Professor Dolde nicht beantwor-tet hat, nämlich: Wie viel CO2 wird im Regelbetrieb aus Block 9 emittiert werden? Ich bitte um Unterscheidung in Brutto-Emissionen, also was insgesamt aus dem Schorn-stein herauskommt, und Netto-Emissionen. Wenn wir die Stilllegung der Blöcke 3 und 4 berücksichtigen, gibt es eine CO2-Gutschrift. Ich möchte die Zahlen jetzt bitte präzise haben: Sind es 4,5 oder 5 Millionen brutto? Wie viel CO2 kommt aus Block 9 heraus?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die Frage haben Sie schon oft gestellt. Sie wurde bisher nicht beantwortet, und wir werden sie auch heute nicht beantworten, weil wir keine Veranlassung dafür sehen. Dass Ihnen das nicht gefällt, nehme ich zur Kenntnis.

(Buhrufe)

Ich wiederhole noch einmal, Herr Gödeke: Ich muss im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag nicht

die Zertifikate beantragen. Die werden am Ende der Tage nach Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung bei der Deutschen Emissionshandelsstelle in einem eigenständi-gen Verfahren beantragt und zugeteilt. Das wissen Sie alles.

Deswegen ist es nicht richtig, wenn Sie behaupten, der Antrag sei unvollständig, weil darin keine Zahlen stünden. Der Grund dafür, dass die Zahl nicht genannt wird, ist, dass sie für dieses Verfahren nicht von Bedeutung ist. Ich habe vorhin versucht, das zu erklären. Ich könnte mich jetzt nur wiederholen, will das aber nicht tun, um Sie nicht zu langweilen.

Das Zweite: Wenn hier behauptet wird, man gehe an die Grenze dessen, was man dürfe, und deswegen sei es verfehlt zu sagen, es sei ein umweltfreundliches Projekt, dann möchte ich doch die folgenden drei Dinge in Erinne-rung rufen:

Erstens: Herr Ehmann hat heute dargestellt, dass die-se Anlage in ihrer Effizienz an der Weltspitze liegt und eine höhere Energieausnutzung hat als alles, was es bisher gibt.

Zweitens: Es findet in einem erheblichen Ausmaß Wärmeauskopplung statt.

Drittens: Die Emissionsbegrenzungen sind im Jahres-mittelwert die Hälfte dessen, was die Rechtsverordnung vorschreibt - wohlgemerkt, die Hälfte!

Herr Block, Sie haben das letztes Jahr gefordert und gesagt, das wäre eine große Tat. Nun hat man es ge-macht, und nun wird man abermals beschimpft; ich sage es einmal ganz salopp. Auch die EnBW hat bislang kein Gaskraftwerk gebaut. Sie hat eine Genehmigung, hat aber noch keine Entscheidung getroffen, ein solches zu bauen. Deswegen ist der Kronzeuge, den Sie berufen haben, nicht unbedingt geeignet, um Ihre Position zu stützen.

Es ist letztlich eine energiepolitisch-unternehmerische Entscheidung, welche Primärenergie in welchem Kraft-werk eingesetzt wird. Niemand setzt auf eine einzige Quelle. Sie setzen auf Erneuerbare. Auch der Bundesum-weltminister setzt nicht allein auf Erneuerbare. Wir haben es heute Morgen gehört; Herr Ehmann hat es zitiert. Andere Leute setzen andere Prioritäten.

Ein Unternehmen muss schauen, wie es seine Aufga-ben erfüllt, und die Kosten gehen in die Energiepreise. Sie sind nicht irgendwo in der Bilanz, im Gewinn versteckt, sondern es gibt nach dem Energiewirtschaftsgesetz die Aufgabe, kostengünstige Energie zu erzeugen - und umweltfreundliche, beides. Beides setzt sich aus ver-schiedenen Komponenten zusammen.

Deswegen gibt es nicht der Weisheit einziger Schluss, dass überall nur Gas das Maß der Dinge wäre. Gas ist möglich, Gas ist eine Alternative, Gas ist CO2-freundlicher; das alles ist unbestritten. Aber die Antragstellerin hat sich aus Versorgungssicherheitsgründen und aus strategi-

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schen Gründen für eine andere Alternative entschieden. Diese andere Alternative eröffnet ihr das Recht, und das Recht sagt ausdrücklich: Wenn sie die Anforderungen des TEHG einhält, ist die Sache im Hinblick auf CO2 abgehakt.

Sie müssen das einfach zur Kenntnis nehmen. Dass Sie das nicht freut, weiß ich. Aber es ist nun einmal so. Deswegen werden wir die Frage nach wie vor nicht beantworten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Seeliger, direkt dazu?

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Ja, noch eine kurze Ergänzung. Es wird immer so darge-stellt, als ob in den Antragsunterlagen nichts stehe. Für das Protokoll: Das stimmt nicht. Im Ordner 1, Kapitel 2/5, sind entsprechende Angaben gemäß TEHG enthalten.

Das Gleiche gilt für das Klima. Dazu sind sehr wohl Ausführungen gemacht. Ich glaube, Sie hatten vorhin zitiert, dass darin steht: „Es sind keine Auswirkungen auf das Schutzgut Klima zu erwarten.“ Das war Ihr Zitat. Dieses Zitat bezieht sich auf das Kapitel „Baubedingte Auswirkungen“, nur darauf. Zu dem Rest, zu den anlage-bedingten Auswirkungen und auch zu den betriebsbeding-ten Auswirkungen - das hat Herr Professor Dolde schon gesagt - finden Sie die entsprechenden Angaben auf Seite 361 f. - So weit zur Vollständigkeit der Unterlagen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Die Reihenfolge: Herr Gödeke, Herr Gottstein, Herr Block, Herr Bannasch und Herr Rahner. - Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Es sind keine zahlenmäßigen und konkreten Angaben zum TEHG im Antrag, am allerwenigsten die CO2-Menge. Da fragt man sich dann schon, ob eine solche Firma nicht zu einer Dreisatzrechnung in der Lage ist. Ich finde, das, was Sie da abziehen, ist eine Farce. Das lässt sich ja ausrechnen. Ich habe nicht studiert, sondern ich bin ein einfacher Facharbeiter, und ich kann das. Dort sitzt ein Haufen Geld in Form von Gehalt. Die können oder wollen nicht. Das werden wir bei anderen Themen auch noch feststellen bzw. haben wir zum Teil auch schon festge-stellt. Ich finde das bedauerlich.

Im Übrigen, Herr Professor Dolde, sind im BImSchG-Antrag auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften zu berücksichtigen. Dazu gehören auch das TEHG und die entsprechenden Angaben. Ich möchte Ihnen jetzt nicht im Einzelnen zitieren - ich habe es vor mir liegen -, was Sie angeben müssen. Es ist einfach so: Sie reden sich hier heraus.

Ich stelle Folgendes zu Protokoll fest: Der Antrag ist unvollständig. Darüber brauchen wir nicht länger zu diskutieren; Sie werden doch wieder nur ausweichen.

Das Klein- und Großklima ist durchaus wichtig. Auch das gehört zur Umweltverträglichkeit.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Sie lenken vom Thema ab. Sie machen es rhetorisch sehr gut - Kompliment! -, aber es hilft Ihnen nichts. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das Wort hat jetzt Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Ich verfolge diese Diskussion mit Erstaunen, speziell auf der Seite der Antragsteller. Wir haben heute Morgen eine Werbeveranstaltung von Seiten der Antragsteller gehört, in der schön dargestellt worden ist: 1 Million t CO2-Reduzierung durch das neue Kraftwerk. Auch wenn Werbung damit gemacht wird, dass Sie 1 Million t CO2-Ausstoß reduzieren können, so stimmt das nicht ganz. Denn dabei geht man immer nur von alten Kraftwerken aus, die vorhanden sind. Aber dass diese Anlage deutlich mehr Erhöhung bringt, wird verschwiegen. Ich muss sagen, das ist traurig für einen solchen Antragsteller, für solch eine große Firma, die nur das nimmt, was sie gerade will, die aber die Zahlen nicht auf den Tisch legt, wenn sie hier von Bürgern und von Einwendern gefordert werden.

Also, da spielt man ein bisschen mit verdeckten Kar-ten, und das kann es doch nicht sein. Auf der einen Seite verwendet man alles, was man gebrauchen kann, um politisch nach außen wirken zu können. Aber wenn man in diesem Rahmen sagt: „Bitte, legt uns einmal alle Zahlen auf den Tisch“, dann wird es nicht gemacht.

Auf der anderen Seite sagt Herr Seeliger, das stehe alles im Antrag, während Herr Dolde sagt: „Wir haben nichts gesagt. Dort steht nichts drin.“ Insofern steckt darin ein gewisser Widerspruch.

Wir haben über CO2 gesprochen. - Herr Seeliger, Sie brauchen nicht immer mit dem Kopf zu schütteln. Sie haben gesagt, es steht in dem Antrag. Dann präzisieren Sie es und werfen nicht irgendetwas in den Raum, was andere falsch verstehen könnten! Bitte immer präzise bleiben!

Ich frage mich natürlich im Endeffekt auch: Wie zuver-lässig ist der Antragsteller denn überhaupt, wenn er immer mit Zahlen hin und her jongliert, wie es ihm gerade in den Kram passt? Bitte schön, an den Antragsteller: Alle Zahlen auf den Tisch! Wir sind hier in einer offenen Veranstal-tung, und wenn Sie offen spielen können, dann bringen Sie auch die Zahlen und sagen Sie uns, wie viel CO2 aus dem neuen Block herauskommt! Aber scheinbar können Sie es nicht, oder Sie wollen es nicht, weil für Sie dann politisch irgendetwas zusammenbricht. Das kann es nicht sein. Also bitte schön, legen Sie die Zahlen auf den Tisch!

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Ich will es einmal vorsichtig mit Goethes „Faust“ formulie-ren: Er nennt’s Vernunft, gebraucht’s allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein. Oder anders formuliert: Ich weiß nicht, was diese - dazu fällt mir fast nichts anderes ein - von oben herabkommende Art und Weise bei dieser ganzen Geschichte sollte, Herr Professor Dolde. Wir alle kennen die juristischen Grundlagen. - Das ist die eine Seite.

Ein Unternehmen, das als Anbieter, als kommunales Unternehmen, als Landesunternehmen - je nach Beteili-gung - in den Raum hinein wirkt, hat eine Verantwortung, und darüber reden wir gerade. Diese Verantwortung ist ein Energiekonzept. Ein solches Konzept konnte ich aber bei Ihren Unterlagen nicht erkennen. Ihr Konzept ist: Verkau-fen, und dann kam noch ein bisschen - weil Sie das ja müssen - die Kraft-Wärme-Kopplung. Das habe ich gesehen. Aber alles andere habe ich nicht gesehen.

Jetzt zum CO2: Wir leben hier in einer der wärmsten Regionen Deutschlands. Das hat Konsequenzen für jede Bürgerin und jeden Bürger. Im Sommer 2003 gab es in Karlsruhe die ersten Hitzetoten, die vom Regierungspräsi-dium, Abteilung Gesundheit, als solche festgestellt wur-den. Die Menschen starben, weil es in Karlsruhe zu warm war - zugegeben: in Altenheimen, die bei uns leider in einem bescheidenen Zustand sind. Aber die Menschen starben.

Das hat eine große Bedeutung - nicht nur für die Pol-kappen und für die Gletscher, die ich liebe -: In 40 Jahren werden Sie das Kraftwerk nicht mehr kühlen können, weil Sie kein Wasser mehr dafür haben werden. Das ist ein Problem.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Das ist das Zukunftsproblem, weswegen wir hier sit-zen. Wir sitzen nicht hier herum, um mit Ihnen zu feil-schen. Herr Dolde, wir feilschen nachher.

Sie sagten: Wir haben damals in Karlsruhe die Hälf-te gefordert. Sie sind dort mit den Werten des BImSchG in das Verfahren hineingegangen. Dann haben Sie bei der Jahresfracht nachgebessert. Wir haben zusammen mit anderen - mit denen da oben; die haben sicherlich mitge-drückt - erreicht, dass die Werte halbiert wurden. - Da sind wir jetzt.

Die Welt hat sich aber weitergedreht, und auch die Technik läuft weiter. 25 Jahre lang wurde kein Kohlekraft-werk gebaut. Es hat keine Entwicklung stattgefunden. Wir sind auf dem Stand von 1990. Gucken Sie sich einmal an,

was die Hersteller in der Zwischenzeit anbieten! Wir lesen doch Broschüren von denen. So groß ist der Markt nicht. - Ich gehe nicht nach China; diese Kraftwerke will ich nicht.

Da sind wir bei einem anderen Problem. Wenn die Chinesen weiterhin jede Woche ein Kohlekraftwerk in Betrieb nehmen, werden ihre maroden Kohlegruben nicht ausreichen. Dann werden sie bald auf den gleichen Märkten einkaufen wie wir. Das wird zur Folge haben, dass die Kohlepreise so steigen werden wie der Uran-preis. Der Uranpreis hat sich von 2000 zu 2008 verzehn-facht. Auch beim Öl haben wir das gerade erlebt. Wenn das bei der Kohle passiert, haben Sie auf die falsche Sau gesetzt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ihr Energiekonzept ist unserer Ansicht nach in mehre-rer Hinsicht falsch. Wenn Sie eine Umweltverträglichkeits-untersuchung aussparen, die ungeachtet der rechtlichen, der juristischen Handhabe, die in diesem Verfahren zur Anwendung kommt, wirksam ist, bzw. wenn Sie sagen, das gebe es nicht oder sei global gesehen irrelevant - Sie haben den Ausdruck nicht benutzt; ich danke Ihnen -, dann hat dieses Unternehmen, was die Sicherheit, die Verantwortung angeht - - Früher gab es einmal den Begriff der Betreibersorgfalt bzw. Betreibersicherheit; er wurde dann gestrichen.

Auf der zweiten Folie, die Sie vorhin aufgelegt haben, waren die Zahlen falsch. Sie haben für Karlsruhe 850 angegeben. Es sind aber 912. Da dachte ich: Wenn alle Zahlen in dem Prozess und in den Aktenordnern so falsch sind, dann gute Nacht!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wir können natürlich auf diesem Niveau weiter argu-mentieren. Aber ich wünsche doch, dass wir das nicht machen. Wir kennen Ihre Haltung. Aber Sie sollten uns nicht oberlehrerhaft oder nach Gutsherrenart von oben herab behandeln. - Deswegen hatte ich mich eigentlich gemeldet.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Seeliger.

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Herr Block, ich danke Ihnen sehr, dass Sie uns zugeste-hen, dass wir uns Mühe geben, und bitte Sie, nicht zuzu-hören, sondern hinzuhören.

Herr Gottstein, Sie hatten mir vorgeworfen, unpräzise zu sein, weil ich mir in Bezug auf das, was Herr Professor Dolde gesagt hat, widersprochen habe. Das stimmt nicht. Ich habe nicht gesagt, dass in Kapitel 2 im ersten Ordner

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die Zahlen benannt sind. Ich habe gesagt, dort ist der Sachverhalt zum TEHG dargestellt. Nichts anderes habe ich gesagt.

Herr Professor Dolde hat ausgeführt, warum wir die Zahlen nicht nennen. Das können wir so stehen lassen. Das ist eine Zahl, und Sie sagen: „Legen Sie die Zahlen auf den Tisch.“

Wir reiten jetzt ein bisschen die Tagesordnung rauf und runter. Das alles gehört schon zu TOP 3. Ich denke, wir sind aber noch bei TOP 2. Vorhin ging es um die Fragestellung: Ist die UVU vollständig, ist sie nicht voll-ständig? Taugt sie etwas, taugt sie nichts? Darum geht es mir. Deshalb habe ich diese Punkte vorhin zitiert.

Deshalb greife ich Ihren Vorschlag gerne auf, dass wir einen Punkt nach dem anderen abhandeln und nicht zu viele Themen miteinander vermischen. Sonst wird es wirklich eine rein polemische Diskussion. - Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Entsprechend der Reihenfolge wäre jetzt Herr Bannasch an der Reihe, aber Herr Seeliger hat einen Punkt ange-sprochen, den ich im Zusammenhang mit Ihrer Wortmel-dung, Herr Rahner, angesprochen hatte. Sie sehen jetzt, wie schwierig es ist, die UVU als dienende Unterlage, losgelöst von den Sachverhalten, zu erörtern.

Ich würde jetzt gerne mit Ihrem Einverständnis im Be-reich Klimakonzept, wirtschaftliche Notwendigkeit und Erforderlichkeit bleiben. Wir sind jetzt schon mitten im Kraftwerkskonzept, weil Herr Block immer genau diese Beispiele herauspickt.

Kommt noch etwas generell zur UVU, was nichts mit Klima, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu tun hat? Ansonsten fahren wir mit Tagesordnungpunkt 3 fort.

3. Klimaschutz/Kraftwerks- und Energie-konzept

3.1 Klimaschutz (Makroklima)

3.2 Kraftwerkskonzept und Energiekonzept

Als Nächster wäre Herr Bannasch an der Reihe, an-schließend Herr Rahner.

Bannasch (Einwender): Ich wollte noch einen Satz zu den CO2-Emissionen und zum Thema Kohle sagen. Ich bin nicht ganz sicher, ob das jetzt der richtige Punkt ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir sind jetzt bei Tagesordnungspunkt 3, und wenn noch etwas zur UVU kommt, können wir das auch besprechen.

Bannasch (Einwender): Sie haben ja gesagt, Sie nennen keine CO2-Emissionen. Die MVV nennt in ihrer Kundenzeitschrift in einer Werbung für die Fernwärme nicht einmal das Wort „Kohle“. Block 9 ist nicht als isoliertes Einzelprojekt zu sehen, sondern damit wird ein wesentlicher Teil der Energieversorgung der gesamten Region gesteuert werden.

Wie unangenehm das Thema Kohle und CO2 ist, kann man auch daran erkennen, wie für die Fernwärme, die in Mannheim jetzt stark ausgebaut werden soll, geworben wird. In der Werbung für die Fernwärme, die die MVV macht, steht:

„Der Pflichtanteil erneuerbarer Energien am Bedarf für Heizwasser und Heizung beträgt für Neubauten 20 % und für Bestandsge-bäude immerhin noch 10 %. Mit der Fern-wärme der MVV Energie erfüllen Sie diese Vorgaben und sparen dazu noch Geld. - Quelle: Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Baden-Württemberg.“

Das ist aus meiner Sicht eine völlig unlautere Wer-bung. Ich weiß nicht, ob sie juristisch anfechtbar ist. Es wird so getan, als würde es sich bei Fernwärme um erneuerbare Energien handeln. Damit wird der Bevölke-rung, die massiv beworben werden soll, vorgespiegelt, es würde sich um saubere Energie handeln. Es steht dort mit keinem Wort, dass die Fernwärme aus einem Kohlekraft-werk kommt und dass Kohle natürlich keine erneuerbare Energie ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich möchte auf drei Punkte eingehen, die von Professor Dolde erwähnt worden sind. Er hat sich vehement gewei-gert, Details zum Thema TEHG vorzulegen. Ich bin der Auffassung, dass sie im BImSchG-Verfahren sehr wohl vorzulegen sind, weil eine der Genehmigungsvorausset-zungen nach § 6 - nicht § 5 - ausdrücklich ist, dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dem nicht entgegenste-hen.

Das TEHG ist eine öffentlich-rechtliche Vorschrift. Da ausdrücklich die Erfüllung der immissionsschutzrechtli-chen Vorsorgepflicht an die Erfüllung der Verpflichtungen nach dem TEHG gekoppelt ist, gehört das meines Erach-tens zum inhaltlichen Prüfungsumfang für die Genehmi-gungsbehörde, sodass an dieser Stelle sehr wohl detail-lierte Zahlen zu nennen sind.

Ich persönlich habe sie - ebenso wie andere meiner Vorredner - im Genehmigungsantrag vermisst, und ich bin der Auffassung, dass sie dort hineingehören. In anderen

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Genehmigungsverfahren habe ich sie im Antrag auch schon gesehen. Von daher noch einmal die Aufforderung an die Antragstellerin, die Zahlen zu liefern und die Inhalte auf den Tisch zu legen.

Des Weiteren: Es waren eher Randbemerkungen von Ihnen, die ich aber sehr bemerkenswert fand, Herr Profes-sor Dolde. Sie haben bei der Diskussion „Gaskraftwerk, ja oder nein“ in einem Nebensatz gesagt, kein Betreiber setze auf nur einen Brennstoff. Damit haben Sie völlig Recht. Es ist jedem zu empfehlen, eine Vielfalt vorzuhal-ten. Aber beim GKM haben wir gerade das Problem, dass man nur auf einen Brennstoff setzt, nämlich auf den Brennstoff Kohle. Deswegen wäre es an dieser Stelle explizit einmal an der Zeit, eine Diversifizierung einzuleiten und ein Gaskraftwerk in den Mix aufzunehmen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Sie haben dankenswerterweise sehr offen gesagt: Gas ist eindeutig umweltfreundlicher. Da sind wir ganz dicht beieinander. Trotzdem habe sich die Firma für die Kohle entschieden. Daraus kann ich nur den Schluss ziehen, dass die Frage der Umweltfreundlichkeit für Sie kein Entscheidungskriterium gewesen ist. Das finde ich absolut bedauerlich; denn wir haben Ihnen nachgewiesen, dass Gaskraftwerke in unserem Land sehr wohl möglich sind.

Mir ist von hinten inzwischen zugerufen worden: Das Gaskraftwerk in Frankfurt-Griesheim von Nuon hat eine Kapazität von 400 MW. Dort ist in Kürze ebenfalls der Erörterungstermin. Von daher: Auch Großkraftwerke auf Gasbasis sind in unserer Zeit absolut möglich.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Grein.

Dr. Grein (Einwender): Den einen Punkt hat Herr Rahner gerade angesprochen: 100 % Kohle, mischen dürfen wir dann selber. Oder wie ist das mit dem Mix?

Aber meine Frage richtet sich vor allen Dingen auch an das Regierungspräsidium als Genehmigungsbehörde. Bei der Frage der Umweltverträglichkeit geht es in ande-ren Fällen normalerweise auch darum, dass man den Stand der Technik berücksichtigen muss. Ich bin kein Jurist. Der Stand der Technik - das ist aus der Diskussion eindeutig hervorgegangen - ist wohl unstrittig der, dass ein GuD-Kraftwerk sehr wohl alternativ möglich wäre und dass das einzige Entscheidungskriterium dieser halbe Cent pro Kilowattstunde ist. Da erwarte ich von der Be-hörde schon, dass sie bei diesem Punkt entsprechend nachfragt und eingreift.

Sie sagen: Es wird alles über Verschmutzungsrechte geregelt, und da gibt es einen bestimmten Stand. Sie

sagen aber nicht, wie viel Sie brauchen. Warum fragt die Behörde das nicht nach?

Eine Sache sollten Sie auch einmal bedenken. Ich ha-be jetzt ein neues Auto gekauft: neuester Stand, Diesel mit Rußfilter. Ich habe meine grüne Plakette gekauft - oder musste sie kaufen, obwohl der Einfluss meines Autos auf das Weltklima absolut nicht nachweisbar ist.

(Beifall und Heiterkeit bei den Einwenderin-nen und Einwendern)

Trotzdem muss ich mich darauf gefasst machen, dass es wieder neue gesetzliche Regelungen geben wird und dass ich nicht damit rechnen kann, dieses Auto zwölf Jahre fahren zu können, weil die Regelungen wahrschein-lich verschärft werden.

Deswegen ist es durchaus auch eine Frage, ob Sie an die Grenze dessen gehen, was Sie an Verschmutzungs-rechten bekommen. Die Klimakatastrophe wird sich weiter verschärfen. Die Politik wird reagieren, die Verschmut-zungsrechte werden in Summe reduziert werden, und dann stehen Sie da.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Zum TEHG nur Folgendes: Wir würden natürlich lieber ein Gaskraftwerk genehmigen. Ich glaube, ich habe noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir lieber die umwelt-freundlichste Variante genehmigen würden. Aber wenn wir als Genehmigungsbehörde angesprochen werden, haben wir uns mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den der Antragsteller nun einmal gestellt hat. In die firmenpoliti-schen Entscheidungswege können und wollen wir Ihnen nicht hineinreden. Das heißt nicht, dass wir dann im Rahmen des Antrags nicht das Bestmögliche auszuhan-deln versuchen.

Sie haben zu Recht den Stand der Technik angespro-chen. Er ist normalerweise durch die geltenden Gesetze definiert. Aber er galoppiert natürlich immer etwas vor den Gesetzen her. Sie können sicher sein, dass wir uns als Ergebnis dieses Erörterungstermins noch einmal zusam-mensetzen und die eine oder andere Frage, von der wir den Eindruck haben, dass sie Ihnen besonders am Her-zen liegt, mit dem Antragsteller besprechen.

Ich möchte noch einmal die Funktion dieses Erörte-rungstermins darlegen. Es wird heute keine Entscheidung getroffen. Ich werde einen Deibel tun, mir irgendeine Entscheidung, irgendeine ganz konkrete Auflage oder eine Nachfrage zu diesem Zeitpunkt von Ihnen abringen zu lassen. Wir werden alles, was hier vorgetragen worden ist, sorgfältig prüfen und gegebenenfalls noch einmal mit dem Antragsteller erörtern.

Zum TEHG: Es ist nun einmal so, wie Herr Professor Dolde sagt. Es ist ausdrücklich dem immissionsschutz-

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rechtlichen Verfahren entzogen. Es stimmt natürlich, dass die Betreiberpflichten in § 5 geregelt sind, dass nach § 6 keine anderweitigen Rechte entgegenstehen dürfen und dass sie gegebenenfalls zu beachten sind. Aber in diesem Fall - er hat die Sätze 2 und 3 zitiert - ist es wirklich ausdrücklich ausgeschlossen. Auch uns wäre es lieber, wenn die Zahlen auf dem Tisch lägen, aber wir können sie nicht ernsthaft von ihnen verlangen, weil das, wie gesagt, unserem Verfahren entzogen ist.

Herr Schwaab würde gerne noch zwei Sätze ergän-zen.

Schwaab (RP Karlsruhe): Eine kurze Ergänzung; das Wesentliche hat Frau Salchow schon gesagt: Das TEHG ist im Rahmen des BImSchG und des BImSchG-Verfahrens ausdrücklich für anwendbar erklärt worden. Aber es sind zwei wesentliche Paragrafen, die wir in unserer Genehmigung berücksichtigen müssen, nämlich die §§ 5 und 6 TEHG. - Das ist jetzt zufällig! Bitte nicht mit den entsprechenden Paragrafen des BImSchG verwechseln!

In § 5 TEHG heißt es, dass die Firma „die durch seine Tätigkeit“ - d. h. Betrieb des Kraftwerks - „in einem Kalenderjahr verursachten Emissionen“ ermitteln und der zuständigen Behörde melden muss.

Daraus könnte man natürlich den Rückschluss ziehen: Sie braucht es im BImSchG-Verfahren nicht vorab zu beantragen und zu melden. Schon aus dem Inhalt des § 5 lässt sich dieser Schluss ziehen.

§ 6 besagt nichts anderes, als dass Berechtigungen jeweils bis zum 30. April eines Folgejahres nachzuweisen sind. Das sind also die Zertifikate, die die Firma bringen muss.

Das, was ich eben gesagt habe, steht ausdrücklich im § 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz. Das heißt, Ihr Argument, Herr Rahner, dass mit § 6 BImSchG noch weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften anzuwenden sind, wobei Sie auf das TEHG verweisen, stimmt so nicht. Im Rahmen der BImSchG-Genehmigung sind nur diese beiden TEHG-Vorschriften zu berücksichtigen.

Der Stand der Technik - jetzt sage ich doch noch einen Satz dazu - richtet sich immer auf die konkret beantragte Anlage. Wir müssen selbstverständlich prüfen, ob das beantragte Kohlekraftwerk Block 9 dem Stand der Technik entspricht. Wir dürfen allerdings in diesem Verfahren nicht den Stand der Technik einer anderen Anlage zugrunde legen, die gar nicht beantragt ist. Ich muss einfach aus Gründen der juristischen Klarheit doch einmal darauf hinweisen, dass wir über einen Antrag entscheiden müssen, der auf ein Kohlekraftwerk gerichtet ist. Dabei sind nach UVP-Gesetz technische Verfahrensalternativen darzustellen.

Streng genommen heißt das sogar, dass nicht einmal eine Alternativ-Kraftwerkstechnik nachzuweisen wäre, sondern es geht nur darum, ob das Kohlekraftwerk mit einem Kühlsystem A oder einem Kühlsystem B, mit einer Abwasserreinigung A oder B - das Wichtigste ist natürlich die Abgasreinigung - auszurüsten ist. Diese Alternativen sind vom UVPG natürlich gefordert. Darauf legen wir auch großen Wert.

Die alternativen Energien sind natürlich im Zusam-menhang mit dem gesamten Thema Klimaschutz wichtig, sind aber vom UVPG letztlich nicht gefordert. – Das nur zur Klarstellung. Es tut mir leid, dass es so ist, aber es ist eben nicht anders.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner direkt dazu. - Wir haben noch eine ziemlich lange Liste: Herr Quentin, Herr Gödeke und Frau McClos-key und anschließend noch einmal Herr Block, Herr Decken und Herr Raufelder.

Rahner (Rechtsbeistand): Direkt dazu, auch weil er mich persönlich angesprochen hat: Die Frage der technischen Alternativenprüfung im Rahmen der UVU müssen wir nicht diskutieren, weil die Antragstellerin das selber vorgelegt hat. Sie hat sich selber auf das Thema eingelassen. Deswegen brauchen wir nicht zu diskutieren, ob das gesetzlich gefordert ist oder nicht. Sie haben es ja dankenswerterweise gemacht. Ich bin Ihnen dankbar für diese Aussage im Rahmen der UVU.

Jetzt zur Frage TEHG: Sie als BImSchG-Genehmigungsbehörde dürfen doch nichts genehmigen, was faktisch hinterher nicht realisierbar ist. Deswegen gehört nach meinem Verständnis die Prüfung, ob die Antragstellerin in der Lage ist, die TEHG-Zertifikate tatsächlich vorzulegen, dazu.

Die Vorschrift, die Sie eben zitiert haben, widerspricht dem nicht. Das entspricht doch genau dem, dass Sie vorausschauend gucken müssen, ob das, was beantragt wird, denn möglich ist. Sonst würden Sie den Antragsteller sehenden Auges gegen die Wand laufen lassen. Sie als Genehmigungsbehörde haben doch eine Beratungspflicht.

Meines Erachtens ist das von § 6 in jedem Fall mit um-fasst, weil der sehr weit formuliert ist und nur aussagt: Andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dürfen dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die Vorschriften des TEHG könnten unter bestimmten Umständen dem Betrieb der Anlage entgegenstehen.

Schwaab (RP Karlsruhe): Herr Rahner, lesen Sie doch den Satz, in dem steht, dass zur Erfüllung der Vorsorgepflicht - darum geht es ja; es geht um CO2 - nur zwei Vorschriften aus dem ganzen TEHG für uns im Rahmen des BImSchG-Verfahrens anwendbar sind! Selbstverständlich sind die übrigen

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Vorschriften von der Firma zu beachten, aber nicht ge-genüber der Genehmigungsbehörde, sondern gegenüber der DEHSt. Dafür gibt es in Berlin eine eigene Verwaltung, wie Sie sicherlich wissen: die Deutsche Emissionshan-delsstelle für Treibhausgase.

Sie können auch gerne unseren Bescheid heranzie-hen. Herr Block kennt ihn bestens. Er hat ihn genau geprüft.

(Block [BUND]: Seite 2: “Diese Genehmi-gung schließt ein - -)

- Jawohl. Herr Block, vielen Dank, dass Sie darauf hinwei-sen. Das ist der Punkt, den ich vorhin ausgeklammert hatte. Selbstverständlich müssen wir dann auch noch die Feststellung treffen, dass die grundsätzliche Genehmi-gung, CO2 ausstoßen zu dürfen, im Rahmen der BImSchG-Genehmigung formal mit geregelt ist. Das heißt, die BImSchG-Genehmigung umfasst diesen Ausspruch, dass emittiert werden darf.

(Zuruf von Herrn Block [BUND])

- Ja, aber - es tut mir leid - die Prüfung, ob das möglich ist oder nicht, richtet sich eindeutig nur nach TEHG, und da ist eben die Zertifikatspflicht begründet.

Sie wissen ja, was Vorsorgepflicht heißt: Wir prüfen, ob Vorsorge gegen Schädigungen der Umwelt getroffen ist. Jetzt ist uns genau dieses Instrument bezüglich des Schadstoffs CO2 ausdrücklich durch den Gesetzgeber aus der Hand genommen worden. Wir prüfen CO2 nicht auf Einhaltung einer Vorsorgepflicht. Wir würden CO2 sogar prüfen, wenn es um unmittelbare, durch die Anlage ausgehende Schädigungen durch CO2 ginge. Sie kennen das Beispiel des Weinkellers. Wenn ich in einen Weinkel-ler gehe, in dem sich CO2 gebildet hat, falle ich tot um. Aber ich will das Beispiel nicht weiter vertiefen.

Das wäre die einzige Möglichkeit, wo wir CO2 auf sei-ne Schädlichkeit hin prüfen können. Aber die Vorsorge-pflicht ist, wie gesagt, nur nach TEHG zu bestimmen. Da reicht es eben aus, wenn die Bedingungen für den Emis-sionshandel erfüllt werden. Und die sind im Nachhinein zu erfüllen; das ist nun einmal so. Wir müssen nicht vorsorg-lich im Genehmigungsverfahren prüfen, ob sie erreicht werden können, sondern das ist Sache der Firma.

Wenn die Auflagen nicht erfüllt werden, müsste unter Umständen ein Entzug der Genehmigung erfolgen. Wenn also die Zertifikate nicht geliefert werden, müssten wir unter Umständen die Genehmigung widerrufen. Bisher ist noch kein solcher Fall eingetreten.

Damit möchte ich es bewenden lassen. Aber das ist ein ganz scharfes Instrument, das man damals bewusst eingeführt und vom BImSchG getrennt hat. Für uns ist jetzt die Situation eingetreten, dass wir keine Forderungen im Hinblick auf CO2 stellen können. - Ich hoffe, es ist einigermaßen klar geworden, Herr Rahner.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Quentin und dann Herr Gödeke.

Quentin (Sachbeistand): Ich würde gerne noch zwei Sätze zum Wirkungsgrad und zum zukünftigen Energieerzeugungssystem sagen.

Interessanterweise wird an jedem Standort in Deutsch-land - es sind zwischenzeitlich 30 Standorte, an denen Kohlekraftwerke geplant werden - das modernste und wirtschaftlichste Kohlekraftwerk geplant. Da sind sich alle einig. Nichtsdestotrotz erreichen sie ungefähr einen Wirkungsgrad zwischen 44 und 46 %, was faktisch heißt, dass jedes zweite Kohleschiff, das anlandet, im Prinzip nur verheizt wird, um damit - in unserem Fall - den Rhein aufzuheizen. Der Wirkungsgrad liegt also unter 50 %. Bei einem Gaskraftwerk haben wir im Vergleich dazu einen Wirkungsgrad von 80 %, zum Teil 90 %.

Unter dem Gesichtspunkt der Ressourceneffizienz - auch das steht irgendwo im BImSchG geschrieben - ist das durchaus von einer gewissen Bedeutung, auch wenn es jetzt genehmigungsrechtlich keinen Einfluss hat. Aber man muss sich zumindest die Frage stellen lassen.

Dann zum zukünftigen Energieerzeugungssystem: Sie haben sich aus wirtschaftlichen Gründen für ein Kohle-kraftwerk entschieden und gehen - wie alle anderen großen Energieversorger - immer noch davon aus, dass ein Kohlekraftwerk ein sogenanntes Grundlastkraftwerk sein wird. Grundlast heißt, eine monoton einzuspeisende Menge von Strom. Bei Kohlekraftwerken rechnet man mit ca. 7000 Volllaststunden pro Jahr, damit sie wirtschaftlich laufen. Kohlekraftwerke haben eine sehr hohe Anfangsin-vestition und im Verhältnis zu Gaskraftwerken relativ günstige Betriebskosten.

Wenn Sie sich aber einmal eine Grafik anschauen, wie sie zum Beispiel die BEW veröffentlicht, werden Sie sehen: Wenn es in Deutschland überhaupt eine Grundlast gibt, dann ist es der Strom aus erneuerbaren Energien, weil der nämlich gesetzlich Einspeisevorrang genießt. Das heißt, in Deutschland produzierter erneuerbarer Strom kommt immer zuerst ins Netz. Der darüber hinausgehende Bedarf kann dann mit fossilen Kraftwerken gedeckt werden. Das wird in den nächsten 20 Jahren noch ein gewisser Prozentsatz sein.

Aber wir haben heute immer häufiger die Situation - wenn Sie sich einmal die Strombörse in Leipzig anschau-en, sehen Sie das -, dass z. B. nachts oder an Sonntagen, wenn die Nachfrage geringer ist oder der Wind stark bläst, der Strompreis gleich null oder – wie Anfang Oktober zum ersten Mal - sogar negativ ist. Das heißt, hätten Sie am Sonntag, 5. Oktober, morgens um 5 Uhr an der Leipziger Strombörse Strom abgenommen, hätten Sie sogar noch 1 € pro Megawattstunde dazubekommen.

Wie kommt so etwas zustande? - Weil Kraftwerks-betreiber, die sogenannte Grundlastkraftwerke betreiben,

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die eben nicht regelbar sind - das sind im Wesentlichen uranbetriebene Kraftwerke, also AKW, und die Kohle-kraftwerke -, sich eben nicht an eine fluktuierende Ein-speisung seitens der erneuerbaren Energien anpassen lassen. Vielmehr können die nur eine immer gleichblei-bende Strommenge produzieren. Wenn dann wenig Nachfrage, aber viel erneuerbarer Strom im Netz ist - am 5. Oktober, wenn man die Grafik hochrechnet, wurden in etwa 75 % des Strombedarfs aus Erneuerbaren gedeckt -, haben die Kohlekraftwerke das Problem, dass sie im Prinzip vom Netz gehen müssten, weil sie ihren Strom nicht mehr unterbringen können. Deswegen kommt es zu der Situation, dass sogar schon Geld angeboten wird - wenn man nur den Kohlestrom abnehmen würde!

Diese Situation wird sich in Zukunft häufen. Vor kur-zem wurde mit allen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mit größter Zustimmung das EEG 2009 verab-schiedet, in dem geregelt ist, dass der Anteil der Erneuer-baren bis 2020 - wir liegen derzeit bei 14 % - auf mindes-tens 30 % erhöht werden soll. Wir werden also die Strom-einspeisesituation der Grundlast, die aus grünem oder erneuerbarem Strom besteht, noch einmal verdoppeln.

Mit dem Meseberg-Programm wurde auch verab-schiedet, dass man den Stromverbrauch um 11 % redu-zieren will; das ist angestrebt. Die Nachfrage wird also noch einmal sinken. Mit dem Smart Metering wird sich wahrscheinlich eine gewisse Einebnung der Fluktuation erreichen lassen, was die Nachfrageseite betrifft.

Das heißt, Sie werden mit Ihrem Kohlekraftwerk den Strom immer häufiger nicht mehr absetzen können, weil der Bedarf nicht vorhanden ist. Dann frage ich mich, wie Sie das Kraftwerk mit Volllaststunden von vielleicht statt 7000 oder 7500, die Sie in Ihrer Planung haben, nur 5000 oder 5500 noch wirtschaftlich betreiben wollen. Da stelle ich mir tatsächlich die Frage, ob ein Gaskraftwerk nicht doch eine Alternative wäre, die sich flexibel auf die fluktu-ierende Einspeisung von erneuerbaren Energien anpas-sen lässt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchte die Antragstellerin darauf entgegnen? Das Prob-lem ist, dass - anders als im Planfeststellungsrecht - die Erforderlichkeit einer beantragten Anlage nicht Prüfungs-gegenstand im BImSchG ist. Aber wenn die Antragstelle-rin gerne auf das Thema eingehen möchte, besteht an dieser Stelle die Gelegenheit dazu.

Ehmann (Antragstellerin): Ihre Aussage, dass Kohlekraftwerke generell nur in der Grundlast fahren können, ist sicherlich nicht richtig. Wir lassen schon heute unsere bestehenden Kohleblöcke weder permanent in der Volllast durchfahren noch über-haupt durchfahren. Wir stellen zu bestimmten Zeiten im

Jahr unsere Anlagen ab, zum Teil in der Nacht und zum Teil auch am Wochenende. Das können Sie relativ leicht erkennen, da die Wasserdampffahne durch die Rauchgas-reinigung am Kamin immer deutlich erkennbar ist .

Auch der neue Block, der Block 9, den wir bauen, wird kein Grundlastkraftwerk sein. Es ist ein Kraftwerk, das in der Grundlast fahren kann. Das wird natürlich zuerst auch passieren, weil die Anlagen, die den besten Wirkungsgrad haben, immer die wirtschaftlichsten sind, da sie den geringsten Brennstoffbedarf haben.

Ich wollte noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass der Block 9 im Jahr 2013 in Betrieb gehen wird. Herr Block, Sie hatten heute angesprochen, dass wir kostenlo-se Zertifikate bekommen würden und sie irgendwie verheizen wollten. Es sind sich ja wohl alle einig, dass es ab 2013 keine kostenlosen Zertifikate mehr geben wird. Wie günstig sie dann sind, werden wir in Zukunft sehen. Aber es gibt keine kostenlosen Zertifikate, mit denen man viel Geld verdienen kann.

Die Anlagen, die den wenigsten Brennstoff und das wenigste CO2 emittieren, die somit also die wenigsten Zertifikate benötigen, sind die wirtschaftlichsten. Die werden natürlich vorrangig gefahren. Insofern werden immer die neuen Anlagen, da sie einen besseren Wir-kungsgrad haben, auch zuerst die Grundlast produzieren.

Es wird aber gegebenenfalls - wie Sie es angespro-chen haben -, wenn die Windkraft entsprechend stärker ausgebaut wird, wenn wir Windkraftanlagen auch auf der See haben werden und wenn der Wind deutlich zunehmen wird, Zeiten und Phasen geben, in denen wir Kohleblöcke zurückfahren müssen.

Umgekehrt haben wir jedoch auch das Problem, dass der Wind nicht immer, überall und permanent bläst und dass der Wind sehr oft überhaupt nicht bläst. Aber auch dann wird Strom gebraucht. Dafür brauchen wir wiederum fossile Kraftwerke, die entsprechend regelbar und steuer-bar sind. Das Problem besteht darin, dass sich der Wind im Allgemeinen nicht von uns Menschen beeinflussen lässt und dass wir den Windstrom nur so bekommen, wie der Wind gerade bläst.

Der Block 9 ist auf eine sehr niedrige Mindestlast aus-gelegt. Wir können also mit Kohle 25 % Mindestlast fahren. Wenn wir die Kohle noch zurücknehmen und mit Stützfeuerung, mit Öl fahren würden, könnten wir sogar noch weiter herunterfahren. Wir haben auch flexible Laständerungsgeschwindigkeiten. Das heißt, wir können beim Block 9 die Last mit 4 bis 5 % im mittleren Bereich fahren, was heute bei Kohlekraftwerken üblich ist. Wir werden, wenn die Anlage in Betrieb ist, in der Lage sein, so flexibel zu reagieren, wie es der Markt erfordert.

Uns ist bewusst, dass wir hier keine Grundlastanlage bauen können, sondern wir haben eine, wie man sagt,

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grundlastfähige Mittellastanlage. So wird sie dann auch eingesetzt werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Quentin direkt dazu. Dann sind Herr Gödeke, Frau McCloskey und Frau Dahamni-Herm an der Reihe.

Quentin (Sachbeistand): Dann will ich einmal unterstellen, dass Sie, wenn Sie das Kraftwerk so betreiben, wie Sie es erläutern, nicht auf einen Wirkungsgrad von 46 % kommen können. Sind Sie Techniker? Ich bin keiner, aber ich habe mir sagen lassen, dass die größten Verluste bei den An- und Abfahrvorgän-gen in der Technik stecken.

Wenn ich aber einen Wirkungsgrad von 46 % errei-chen will, muss ich schon von Jahresvolllaststunden ausgehen, wo ein kontinuierlicher Betrieb über 6.000 Stunden oder mehr gewährleistet ist. Ich glaube, sonst kommt man technisch nicht auf eine solche Ener-gieausbeute. Je öfter Sie das Ding an- und abfahren, umso mehr Verschleiß haben Sie zum einen. Zum ande-ren ist es in diesen Phasen normalerweise auch nicht wirtschaftlich zu betreiben.

Außerdem wird es so sein - Sie sagen es ja -: Der Wind ist sehr unstet, aber meistens bläst doch irgendwo Wind. Das Windverhalten ändert sich nicht halbtägig oder vielleicht vorausschauend im Dreitagesrhythmus, sondern der Wind ändert sich stündlich oder manchmal sogar minütlich. Das heißt, Sie müssen sehr flexibel auf diesen Strom reagieren, der aus der Windkraft kommt. Wind hat nach wie vor den größten Anteil bei den Erneuerbaren. So flexibel - das habe ich mir sagen lassen - kann man ein Kohlekraftwerk mit Sicherheit nicht betreiben.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte noch einmal auf das TEHG zurückkommen. Herr Schwaab, ich habe einen weiteren Aspekt, warum die Angaben gemacht werden müssen. Auch das Energiewirt-schaftsgesetz sieht einen sparsamen Umgang mit Ener-gie, Umweltverträglichkeit und Kraft-Wärme-Kopplung vor. Ich verweise auf § 3 Satz 33. Das sind im Prinzip Voraus-setzungen aus öffentlichen Vorschriften. Das gilt auch für § 2 Abs. 2.

Deswegen kann ich einfach nicht nachvollziehen, dass die Behörde das nicht einfordert oder meint, es nicht einfordern zu müssen. Es kann nicht sein, dass eine Genehmigung und vielleicht schon ein teilweiser Bau eines teuren Kraftwerks passiert, und hinterher wird festgestellt: „April, April! Das ist mit dem TEHG nicht

vereinbar.“ Das muss vorher geklärt werden, und zwar hier. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey und dann Frau Dahamni-Herm.

McCloskey (Einwenderin): Nochmals: Ich bin Laie, aber ich habe heute erstaunt gehört, dass das Regierungspräsidium wahrscheinlich nicht abfragen kann, wie viel CO2 aus dem Schornstein von Block 9 kommt. So habe ich es verstanden. Dann frage ich mich als Laie aber: Wie können Sie dann über-haupt eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung oder -prüfung vornehmen?

Durch die Treibhausgase wird der Klimawandel beför-dert. Der Klimawandel bzw. die globale Erwärmung haben wiederum Einfluss auf die Umwelt und auf Boden, Wasser und alles Mögliche.

Wenn Sie jetzt diese CO2-Werte nicht haben - der Herr sagt ja, er rückt sie nicht heraus -, dann frage ich mich, wie man sämtliche weiteren Untersuchungen überhaupt machen kann. Für mich ist das nicht erklärlich. Darauf hätte ich von Ihnen gerne eine Antwort.

Das Nächste: Wir sind gerade beim Thema Klima-schutz. Die Treibhausgase müssen reduziert werden; das weiß jeder. Der Herr hat vorhin gesagt, der Betreiber kann wählen, wie er will usw. Da möchte ich einmal zum GKM sagen: Nein, der Betreiber kann das eigentlich nicht; denn wir haben nur einen Planeten. Alle Menschen auf diesem Planeten werden durch solche Einflüsse in Mitleidenschaft gezogen. Wir haben nicht das Recht, einfach über andere Menschen zu bestimmen. Es gibt mittlerweile viele Klima-flüchtlinge, weil bei denen durch die Erderwärmung entweder Überflutung oder Dürre entstehen. Was passiert dann? Die Ernte fällt aus, Hungersnot und Wassernot entstehen usw.

Es besteht eine Verpflichtung, auch wenn das Regie-rungspräsidium vielleicht nichts machen kann. Aber ich meine, dieser Aspekt muss eine ganz gewaltige Berück-sichtigung finden. Wenn es eine bessere Lösung gibt, d. h. eine treibhausgasfreundlichere Lösung, dann müsste dieser Lösung Vorrang eingeräumt werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dahamni-Herm (Einwenderin): Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich gegen den Ausdruck Polemik verwahren. Herr Seeliger, Sie haben vorhin davon gesprochen. Ich gehe nicht davon aus, dass das, was die Bürgerinnen und Bürger sowie die Verbände hier vorbringen, Polemik ist. Sie haben eine normale Frage gestellt, nämlich mit welcher Schadstoffbelastung

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die Region in Zukunft - voraussichtlich für vier Jahrzehn-te - zu rechnen hat. Ich möchte Sie bitten, das zurückzu-nehmen. Ich denke, es ist auch unverantwortlich, dass ein Antragsteller einfach sagt: „Ich weigere mich, die Zahlen auf den Tisch zu legen.“

Ich möchte jetzt vom Regierungspräsidium und insbe-sondere von Herrn Schwaab Folgendes wissen. Sie haben uns einen sehr reduktionistischen Begriff des Rechts vorgelegt, der ungefähr so lautet: „Mich interessiert eigentlich nicht, wie viele Tonnen CO2 in den nächsten Jahrzehnten in die Luft geblasen werden. Dafür gibt es ja den Emissionshandel.“ Ist dem tatsächlich so? Haben Sie damit Ihrer Verpflichtung zur Abwägung in der UVP sorgfältig Rechnung getragen?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt muss ich aber doch einmal meinen Mitarbeiter Herrn Schwaab etwas in Schutz nehmen. Es ist ja nicht so, dass uns das nicht interessieren würde, und wir haben wirklich auch sehr viel Sympathie für Ihre von Herzen kommenden Bedenken. Es ist für einen Laien auch schwer verständ-lich, dass so etwas Wichtiges so kästchenhaft im Recht geregelt ist. Aber es ist nun einmal so, und wenn sie es nicht freiwillig herausrücken - wie Sie es ausgedrückt haben -, dann können wir es von ihnen nicht verlangen.

Dass wir das im Rahmen der UVU, wie Sie sagen - das stimmt zwar von der Wortwahl her nicht genau, aber ich möchte bei Ihrem Sprachgebrauch bleiben -, nicht abwägen können, liegt einfach daran, dass die UVU dieses Makroklima nicht vorsieht, sondern auch dort nur die Auswirkungen im Einwirkungsbereich vorsieht.

Das ist in sich schon schlüssig: Das TEHG regelt den Deckel der Gesamtmaßnahmen in Deutschland, und die kauft man sich dann. Die UVU kann, selbst wenn Begriffe wie Klima oder Atmosphäre darin stehen, nicht über das Fachrecht hinausgehen. Das Fachrecht definiert dann, welches Klima untersucht wird, und das ist nun einmal das im Bereich der Anlage. Das ist untersucht worden, und in dem Bereich wird es dann von uns geprüft.

Schwaab (RP Karlsruhe): Ich darf das Gesetz zitieren, weil wir natürlich unangreifbar sind, wenn wir das Gesetz vollziehen: Das Prüfverfahren nach der UVP

„umfasst Ermittlung, Beschreibung und Be-wertung“

- und jetzt kommt es -

„der für die Prüfung der Genehmigungsvor-aussetzungen sowie der Belange […] be-deutsamen Auswirkungen einer UVP-pflichtigen Anlage“.

(Rahner [Rechtsbeistand]: Oh Mann!)

- Herr Rahner, damit haben wir das Prüfprogramm auf die Genehmigungsvoraussetzungen beschränkt. Das möchte ich nur zitieren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, direkt dazu? Wir haben aber noch einige Wortmeldungen, z. B. von Herrn Block, Herrn Decken und von Herrn Raufelder, die dann direkt nach Ihnen kommen.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich finde das jetzt so krass, dass ich direkt darauf einge-hen möchte. - Natürlich können Sie richtig lesen und haben richtig zitiert; das steht außer Zweifel.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Aber Gesetzesvorschriften müssen doch auch interpretiert werden bzw. im Sachzusammenhang gesehen werden.

Als Beleg für die Meinung, dass zu Ihrem Prüfungsum-fang auch das TEHG gehört, möchte ich jetzt einmal eine aus meiner Sicht wichtige Literaturstelle zitieren, auch als Beweis dafür, dass ich nicht der einzige Volljurist in diesem Land bin, der es so sieht, dass es zu Ihrer Prü-fungspflicht dazugehört.

Im aktuellen Kommentar von Landmann/Romer zum Umweltrecht - Landmann/Romer ist nicht irgendwer, sondern er wird auch bei Behörden angewandt und hat Gewicht, ist also von allen Seiten allgemein anerkannt - steht zu § 5 BImSchG, Randnummer 154 c - Sie schrei-ben mit, und ich bitte Sie, das dann auch nachzulesen; das ist Band 1 -, ausdrücklich im Sachzusammenhang TEHG:

„Da die immissionsschutzrechtliche Ge-nehmigung auch die sogenannte Emissi-onsgenehmigung nach TEHG umfasst bzw. als diese zu gelten hat, sind die Anforde-rungen des TEHG auch im Genehmigungs-verfahren nach dem BImSchG zu prüfen.“

Er verweist auf eine weitere Literaturstelle. - Das ist aus meiner Sicht eine eindeutige Aussage von einer sehr gewichtigen Literaturstelle. Ich bitte Sie, sich damit inhalt-lich intensiv auseinanderzusetzen und Ihre bisherige Verwaltungspraxis noch einmal zu überdenken. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir nehmen das zu Protokoll und werden das nachprüfen. - Herr Block, Herr Decken und Herr Raufelder.

Block (BUND):

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Ich weiß, es sind nur die Indianer heute anwesend; die Häuptlinge fehlen. Aber Ihre Häuptlinge machen das immer so. Die sagen auch nie Zahlen; denn sobald sie eine Zahl sagen, ist sie in der Welt, und das Schlimmste für einen Manager ist es, wenn er eine Zahl gesagt hat, die dann nicht eintrifft.

Ich verstehe auch, dass Sie so etwas nicht sagen wol-len. Der von Ingo Gödeke angesprochene Dreisatz ist etwas komplizierter zu berechnen. Aber wir haben zwei Professoren bemüht, die das auf Ihre Betriebsstundenan-gabe von 8600 Stunden berechnen können.

Ingo Gödeke hat 4,97 Millionen gesagt, und wir haben 4,63 Millionen herausbekommen. Die Größenordnung stimmt also. Wenn Sie in Ihrer Anfahrtsphase 100 000 mehr oder weniger haben, ist das natürlich viel Geld. Denn dann bekommen Sie von den Burschen in Berlin, die Ihnen das zuteilen, natürlich weniger. Ich kann verstehen, dass Sie sich nicht festlegen wollen. Ich würde es auch nicht machen, wenn ich Sie wäre.

Aber die Größenordnung würde ich den Menschen doch sagen. Dann wissen sie, dass sie Recht haben und dass Ihr Minimalprogramm, Herr Professor Dolde, weltweit gesehen - Herr Gödeke ging noch weiter; er hat gleich den Andromedanebel genannt - irrelevant und völlig vernach-lässigbar ist. Im Weltall herrschen minus 273 °C; da können Sie das vergessen. Wenn Sie das doch wenigs-tens sagen würden!

Jetzt komme ich noch einmal zu Ihrem Energiekon-zept. Herr Ehmann, wenn Sie heute davon ausgehen - Sie kennen sicherlich die aktuellen Zahlen Ihres Betriebs -, dann müsste Ihnen aufgefallen sein, dass sich in dieser Welt seit einigen Wochen etwas verändert hat, nämlich der Energieverbrauch. Viele Firmen müssen kurzarbeiten: z. B. Daimler-Benz und BASF, und daran hängt eine ganze Menge.

Sie wissen so gut wie ich - vielleicht können Sie die Größenordnung bestätigen -, dass in Karlsruhe von 100 % Stromverbrauchern 90 % Großverbraucher sind. Das heißt, 90 % zahlen in Karlsruhe zwischen 5 und 14 Cent pro Kilowattstunde, und die restlichen Idioten wie ich zahlen 26 bis 28 Cent. Wenn Sie mir diese Zahl bestäti-gen, weiß ich in etwa, wie hoch demnächst der Energie-verbrauch in diesem Land sein wird. Diese Rezession, die kommen wird, muss Sie als Energielieferant natürlich bewegen.

Sagen Sie bitte einmal dem verehrten Publikum, wie lange es dauert, ein Kohlekraftwerk anzufahren, und vergleichen Sie es bitte mit einem modernen Gasturbinen-kraftwerk! Sagen Sie die Zeit! Die können Sie doch sagen. Ich denke, das ist kein Betriebsgeheimnis. - Wenn nicht, sage ich die vom RDK 7 in Karlsruhe. - Sagen Sie die Zeit, wie lange es dauert, ein Kohlekraftwerk anzufahren, und sagen Sie die Zeit, wie lange es dauert, ein Gasturbinen-kraftwerk anzufahren.

Sagen Sie dann auch etwas über die Wirkungsweise des Kraftwerks. Ich gehe von 8600 genehmigten Stunden aus. Die Hälfte der Zeit fahren Sie auf Mittellast. Welcher Wirkungsgrad kommt dann bei Ihrem Energiekonzept heraus? Berechnen Sie das einmal mit der Fernwärme-auskopplung in voller Größe. Wie viel holen Sie noch aus Ihrer Müllverbrennungsanlage an Fernwärme heraus? Die haben Sie auch nur genehmigt bekommen, weil Sie Fernwärme auskoppeln. Sonst hätten Sie das gar nicht genehmigt bekommen; denn in Deutschland darf man bekanntlich keinen Müll verbrennen, sondern man darf ihn nur stofflich verwerten. Sagen Sie das bitte einmal!

Wenn Sie es uns nicht sagen, sollten Sie es denen da oben sagen. Denn wir werden Sie spätestens beim Gerichtstermin fragen. Da sehen wir uns.

Das ist ein Antrag: Wir wollen, dass diese Zahlen vor-liegen. Wenn Sie sie uns nicht sagen, dann sagen Sie sie denen da oben. Im Gerichtstermin nehmen wir garantiert Einsicht in die Aktenordner; dessen können Sie sich sicher sein. Die gucken wir uns schon vorher an. Das dürfen wir seit dem 1. Januar. Ich sage Ihnen: Wir gucken nach, ob diese Zahlen geliefert wurden. - So viel zu diesem Punkt.

Ein zweiter Punkt. Herr Schwaab, wir haben die Alter-nativenprüfung in unserem Antrag gefordert. Wir sind nicht so weit gegangen, dass wir gesagt haben: In 2 km Tiefe liegt etwas, was nicht vom Wind bzw. von Solar abhängig ist, was aber immer da ist. Das ist Geothermie. Ich meine nicht diese Wärmetauscher mit 2 m Tiefe, wo die Energie Baden-Württemberg dann noch Strom verheizt, sondern das, was in 2 km Tiefe im Granit liegt. Wir liegen im Rheingraben. Da gibt es Geothermie.

Wir hätten sagen können: Prüft einmal, ob es auf die-ser kleinen Insel dort drüben in 2 km Tiefe nicht auch so etwas gibt. Dann könnten Sie ein Kraftwerk bauen, das nicht von Sonne und Wind abhängig ist, sondern das immer läuft. Es kostet nichts und hat keine Emissionen - überhaupt keine! Und es geht 24 Stunden, auch samstags und sonntags.

Das haben wir aber gar nicht gefordert. Wir haben nur ganz einfach ein Gasturbinenkraftwerk gefordert. Dan-kenswerterweise haben Sie das auch zugegeben. Sie haben aber leider keine Konsequenzen gezogen. Wir haben allerdings die Konsequenz gezogen: Ihr Antrag ist aus unserer Sicht energiepolitisch ein einziges hanebü-chenes Desaster für die Umwelt, sonst nichts. Das müs-sen Sie uns als Umweltverband abnehmen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wir sitzen hier in unserer Freizeit nicht zum Spaß und nehmen uns Urlaub.

Eines muss ich Ihnen sagen, Frau Salchow: Ich war bitter enttäuscht, dass dieses Verfahren nicht am Wochenende durchgeführt wird. Warum wird es nicht am Freitagnach-

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mittag begonnen und über Samstag und Sonntag fortge-führt und - wenn es sein muss - am Montag? Dann müs-sen die Leute nur einen halben Tag Urlaub nehmen, und die Anwohner können Samstag und Sonntag herkommen. Wir haben Sie darum gebeten und haben auch den Regierungspräsidenten schriftlich gebeten, so zu verfah-ren. Die Herren werden bezahlt, Sie können das abfeiern, und alle Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, dabei zu sein. - Das zum Verfahren.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Herr Ehmann, eines noch zu Ihrem Kraftwerkskonzept: Ich zitiere den Technischen Direktor einer Ihrer Eigner. Der sagte zu mir: „Bevor ich mein hochmodernes, hochef-fektives Gasturbinenkraftwerk anwerfe, schaufeln die mir in Block 6 die Kohlen mit der Kohleschaufel dort hinein.“ Oder anders gesagt: Er spart sein wunderbares Kraftwerk auf, weil es nämlich neu und gut ist, und die alten Kisten, die abgeschrieben sind, die bis zum Gehtnichtmehr fertig sind, wird er fahren.

So werden Sie Block 3 und 4 über die Genehmigungs-phase hinaus fahren. Dann machen Sie noch ein Jahr Probebetrieb, dann dauert es noch ein halbes Jahr länger, und nach eineinhalb Jahren haben Sie das Ding garan-tiert. So werden Sie es fahren; dessen bin ich mir ziemlich sicher. Denn so haben Sie es auch in Karlsruhe gemacht. Warum sollte es in Mannheim sehr viel anders sein?

Jetzt noch eine Frage zum Kraftwerkskonzept. Vorhin wurde über die CO2-Abscheidung gesprochen. Ich glaube nicht, dass sie funktioniert. Das, was ich bis jetzt gehört habe, war ein Desaster - und sei es, dass die Fjorde plötzlich durch Austreten des Kohlendioxids so sauer wurden, dass dort kein Leben mehr möglich war, oder sei es, dass Vergiftungen auftraten.

Ihr Beispiel, Herr Schwaab, mit dem Weinkeller war gar nicht so unlustig. Ich stelle mir einmal vor, in der Tiefe ist Kohlendioxid gelagert, und eines Tages diffundiert das dort. Man kennt das ja von Atomlagern, die plötzlich undicht werden, weil Wasser eindringt - was nie passieren kann! Das kann zwar nie passieren, aber es ist jetzt leider passiert. Wenn dann Gas und Kohlendioxid austreten, ist das ein schöner Tod. Die Leute sehen gut aus, weil sie so hellrot sind. Ich möchte das nicht.

Aber ich möchte, dass Sie etwas dazu sagen, ob Sie sich Gedanken darüber gemacht haben, falls die Techno-logie funktioniert. - Ich sage noch einmal, dass ich nicht glaube, dass sie funktioniert und dass sie kostenmäßig Sinn macht. Aber Sie müssen Vorsorge treffen. Wo ist in Ihren Plänen die Möglichkeit einer solchen CO2-Minimierung ausgewiesen? Wie weit sind die Pläne bei Ihnen gediehen? Das hätte ich gerne gewusst.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nachdem wir jetzt so viele Redebeiträge hatten, erhält die Antragstellerin noch einmal Gelegenheit, darauf zu ant-worten. Dann kommen die Herren Decken, Raufelder, Gottstein, Rahner und Weyland sowie Frau Dahamni-Herm.

Ich bin Ihnen dankbar, Herr Block, dass Sie so zügig in der Tagesordnung fortschreiten. Ich hätte nämlich von uns aus auch noch einmal das Thema der Stilllegung der Blöcke 3 und 4 und die nachträgliche CO2-Abscheidung angesprochen. Das sind genau die beiden Punkte, die wir uns aufgeschrieben haben, die aus dem Katalog der Einwendungen bis jetzt noch nicht angesprochen worden sind. Das sollten wir vielleicht machen und dann in eine Kaffeepause von 20 Minuten eintreten.

Block (BUND): Aber ich hätte meine Frage doch gerne beantwortet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja, natürlich.

Ehmann (Antragstellerin): Ich möchte zuerst auf die Frage von Herrn Block zur CO2-Abscheidung antworten. Wir haben im Antrag darauf hingewiesen, dass wir entsprechende Flächen haben. Die Flächen liegen direkt östlich von der Fährenzufahrt, d. h. genau neben der Rauchgasentschwefelungsanlage. Dort haben wir eine Fläche, die mehr als 6000 m² groß ist und die aus unserer Sicht ausreichend ist, um dort die direkten Abscheideanlagen zu bauen.

Wir haben dann weiter östlich, am Ende des Coal Points, hinter der Hafenbrücke noch 2,5 ha - das sind 25 000 m² -, um auch dort entsprechende Anlagen und Einrichtungen vorsehen zu können.

(Block [BUND]: Wo ist das in dem Plan? Warum finde ich das nicht?)

- Die Fläche ist als Freifläche im Plan erkennbar. Im Plan selber ist die Fläche jetzt nicht markiert. Sie ist im Text beschrieben.

(Block [BUND]: Aha, sie ist gar nicht auf den Plänen drauf, okay! Er hat es mir gerade gezeigt!)

Dann wollte ich zur Stilllegung der Blöcke 3 und 4 noch Folgendes sagen: Wir haben im Antrag - das ist in der Kurzbeschreibung enthalten - angegeben, dass die Blöcke 3 und 4 nach Abschluss des Probebetriebs von Block 9 stillgelegt werden. Das ist eine konkrete Aussage, eine konkrete Zusage. Es wird nicht so kommen, wie Sie es unterstellen, dass der Probebetrieb unendlich lange dauern wird. Wir werden die Blöcke stilllegen.

Wie ich in meiner Vorstellung des Projekts klar gesagt habe, haben wir uns auch gegenüber der Stadt Mannheim

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verpflichtet. Das Unternehmen hat einen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Mannheim geschrieben - unterschrieben von unserem Vorstand -, dass wir auch die Schornsteine und die Elektrofilter oben rückbauen werden.

(Block [BUND]: Ganz genau: Nach Beendi-gung des Probebetriebs oder vorher?)

- Die Aussage ist: Spätestens, wenn der Probebetrieb abgeschlossen ist, werden die Blöcke stillgelegt. Das hat den ganz einfachen Grund, dass wir natürlich erst, wenn der Probebetrieb von Block 9 abgeschlossen ist, entspre-chend über den neuen Block verfügen können und ihn in der Last einsetzen können. Spätestens dann können wir auf die Altanlagen verzichten.

Block (BUND): Darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja.

Block (BUND): Geben Sie auch das Wasserrecht von Block 3 und 4 zurück?

Ehmann (Antragstellerin): Wasserrecht ist ein Thema für das Wasserrechtsverfah-ren.

Block (BUND): Sie legen still; okay, einverstanden. Damit geben Sie auch das Wasserrecht zurück. Damit ist das obsolet. Das brauchen Sie ja nicht mehr für die Blöcke 3 und 4. - Das geben Sie zurück?

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben heute eine Erlaubnis für die Bestandsanlagen für den Standort. Das Wasserrecht endet 2030. Schluss-endlich - das muss ich Ihnen ganz klar sagen - ist das dann die Entscheidung der Behörde. Sie wissen sicherlich auch, dass man für das Wasser Erlaubnisse bekommt, die auch unabhängig von dieser Laufzeit geändert werden können.

(Block [BUND]: Deswegen hatte ich Sie ge-fragt: Geben Sie sie zurück? Die Behörde macht das nicht! Sie können das machen! – Weiterer Zuruf: Ja oder nein?)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schöbel, wollen Sie etwas dazu sagen?

Schöbel (RP Karlsruhe): Ich möchte als Erstes daran erinnern, dass wir in ca. eineinhalb Wochen auch zu diesem Thema sprechen werden.

Soweit ein Recht für einen bestimmten Block ausge-sprochen wird und ein solcher Block nicht mehr vorhanden ist, würde ich einmal davon ausgehen - ohne Jurist zu sein -, dass dieses dann hinfällig wird.

(Block [BUND]: Eben nicht! In Karlsruhe war es so, dass verrechnet wurde! Stillgelegte Blöcke wurden mit neuen Blöcken verrech-net! Deswegen meine Frage! Block 4 und 5 wurden stillgelegt, und das Wasserrecht wurde auf Block 7 und 8 übertragen! Das heißt viel! Ich weiß nicht, wie viel Kubikme-ter das sind, aber es könnten für die zwei Projekte 20 oder 30 m³ sein, pro Minute!)

- Ich glaube, wir sollten dieses Thema in eineinhalb Wochen besprechen. Dann haben wir hier die entspre-chenden Fachleute.

Block (BUND): Kraftwerkskonzept! Das ist ein Konzept, wie dieses Kraftwerk arbeitet. Wir gehen - noch einmal - davon aus, dass es eine Gesamtanlage ist, und zu einer Gesamtanla-ge gehört zwingend - auch für uns jetzt; das nehmen wir zur Kenntnis; das werden wir fairerweise auch bei den Emissionen tun - die Stilllegung von Block 3 und 4.

Er hat jetzt gesagt, nach Beendigung der Probephase werden die Blöcke stillgelegt und zurückgebaut. Aber die Wassereinleitung dieser Blöcke ist ja vorhanden. Die Frage ist: Legt er die auch still, oder was macht er damit?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde, wollten Sie etwas dazu sagen?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Nein. Ich denke, wir sind jetzt wieder mitten im wasser-rechtlichen Thema; Herr Schöbel hat es schon gesagt. Wir sollten das jetzt nicht vertiefen.

Herr Block hat wieder einmal nicht zugehört und hat Herrn Schöbel das Wort im Mund umgedreht. Er hat gesagt: Wenn eine auf einen Block bezogene Erlaubnis vorliegt, dann erlischt sie mit Stilllegung des Blocks. - Dann kommen Sie mit dem Beispiel Karlsruhe. In Karls-ruhe war das eine Standorterlaubnis und keine block-bezogene Erlaubnis.

Die Frage ist doch: Worauf bezieht sich die Erlaubnis? Was davon besteht fort? Natürlich ist klar, dass nach der Stilllegung von Block 3 und Block 4 aus diesen Blöcken kein wasserrechtlicher Tatbestand mehr resultiert. Die Frage ist nur: Kann man die neuen wasserrechtlichen Benutzungstatbestände in die Alterlaubnis hineinschieben oder nicht? Das ist eine Frage des Inhalts der Erlaubnis, und das sollten wir dann im WHG-Verfahren diskutieren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Decken.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Decken (Umweltforum): Zum Thema Klimaschutz/Kraftwerkskonzept habe ich einen Antrag und zwei Fragen an das Regierungspräsidi-um und an den Antragsteller.

Der Antrag bezieht sich auf die Aussage von Herrn Ehmann zur CO2-Abscheidung. Ich beantrage, dass die Flächen, die Herr Ehmann umschrieben hat, sofern es zu einem Genehmigungsbescheid kommen sollte - was wir nicht hoffen -, konkret und präzise ausgewiesen werden und dass in diesem Bescheid auch sichergestellt wird, dass diese Flächen über die nächsten Jahrzehnte frei-gehalten werden. Damit soll sichergestellt werden, dass diese Anlage dann auch realisiert werden kann und dass die Flächen nicht anderweitig vergeben werden.

Dann noch zwei Fragen. Herr Professor Dolde hat unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass das GKM nicht gewillt ist, die Zahlen vorzulegen. Die Zahlen haben Sie natürlich, aber Sie wollen sie nicht herausrücken. Das lässt Schlimmes befürchten, was die CO2-Emissionen angeht.

Ich beziehe mich jetzt aber auf die Zahlen, die das GKM im Vorfeld der heutigen Veranstaltung bzw. zur Herstellung des gemeinderechtlichen Einverständnisses kommuniziert hat. Sie haben gesagt, dass das GKM nach Realisierung von Block 9 und nach Stilllegung der Blö-cke 3 und 4 maximal 9 Millionen t CO2 in die Luft blasen würde. Das wären etwa 1,3 Millionen t mehr als im derzei-tigen Zustand. Ich halte diesen Wert, vorsichtig formuliert, für sehr untertrieben. Es werden wohl eher 11 bis 12 Millionen t sein, die Sie in die Luft blasen. - Das sei aber dahingestellt.

Wir nehmen Sie, das GKM, beim Wort und haben in unserer Einwendung beantragt, dass die Werte, die das GKM dem Gemeinderat, dem Oberbürgermeister und den Bürgern der Stadt Mannheim versprochen hat, im Ge-nehmigungsverfahren berücksichtigt werden. Jetzt bin ich zu wenig Jurist, um einschätzen zu können, ob diese CO2-Werte von 9 Millionen t für das GKM als Auflage formuliert werden kann oder ob das über das TEHG läuft.

Aber ich habe folgende Frage an das Regierungsprä-sidium und auch an die Antragstellerin: Sie haben in einer entsprechenden Informationsvorlage gesagt, dass Sie beim Block 9 - jetzt beziehen wir uns wirklich auf den Block 9 - von 5700 Volllastbetriebsstunden im Jahr aus-gehen. Das sind die Zahlen von Ihnen. Wir haben bean-tragt, dass diese Zahl in den Genehmigungsbescheid aufgenommen wird, dass Block 9 also eine Genehmigung über maximal 5700 Stunden pro Jahr und nicht, wie beantragt, von 8760 Stunden pro Jahr bekommt. Ich halte es auch für sehr unrealistisch, dass diese 5700 Stunden gefahren werden. Da fliegt Ihnen nämlich die Wirtschaft-lichkeit von Block 9 um die Ohren.

Aber wir nehmen Sie beim Wort. Wir gehen davon aus, dass Sie gewillt sind, Ihr Versprechen, das Sie dem

Oberbürgermeister, den Gemeinderäten und den Bürgern der Stadt Mannheim gegeben haben, einzuhalten. Des-halb meine Frage zum einen an die Antragstellerin: Wären Sie bereit, diesen Wert freiwillig als Grundlage für den Genehmigungsbescheid zu akzeptieren?

Zweitens die Frage an das RP, falls das freiwillig nicht funktioniert: Haben Sie die Handhabe, eine entsprechende Volllastbetriebsstundenzahl von 5700 Stunden gegebe-nenfalls vorzuschreiben?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Zur Frage 1, was die Vorhaltefläche für die CO2-Abscheidung betrifft: Wir werden das - immer unterstellt, wir kommen so weit - so wie in Karlsruhe machen, nämlich dass die Fläche genau festgelegt und definiert ist und freigehalten werden muss.

Zur Frage 2: Wir können Grenzwerte - seien es ge-setzliche, seien es halbgesetzliche, seien es weitere freiwillige Zurücknahmen - in den Genehmigungsbescheid hineinschreiben, aber nicht die Zahl der Betriebsstunden.

(Gottstein [BUND]: Doch, wenn der An-tragsteller das selber sagt!)

- Ja, wenn der Antragssteller das so beantragt, ist es klar. Er hat aber gefragt, ob wir eine Handhabe hätten, wenn er es nicht freiwillig tut.

(Zuruf)

- Ich antworte jetzt nur für das RP. - Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben in unseren Antrag eindeutig hineingeschrieben, dass wir den 8760-Stunden-Betrieb, also das komplette Jahr, beantragen. Der Antrag beschränkt sich auch nicht auf irgendwelche Betriebsjahre.

Die Zahlen, die Sie zitieren - genau so steht es auch in der Vorlage, die für den Gemeinderat erstellt worden ist - und die das GKM dort genannt hat, sind Erwartungswerte für das Jahr 2014. Das sind Erwartungswerte für ein Jahr, die wir auf heutiger Basis prognostiziert haben. Daraus kann man nicht ableiten, dass das für die restliche Be-triebszeit der Anlage gilt.

In der Zahl ist auch das gesamte GKM beinhaltet; es sind alle Blöcke darin enthalten. Das ist eine Erwartung, die wir aus heutiger Sicht so eingeschätzt haben. Wie sich die Entwicklung in Zukunft insgesamt auswirken wird, weiß keiner. Das ist das übliche Thema bei Prognosen, dass man abwarten muss, wie die Entwicklung dann wirklich ist.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

Verhandlungsleiterin Salchow: In der Reihenfolge wären jetzt noch Herr Raufelder und Herr Gottstein an der Reihe, danach Herr Rahner. An-schließend werden wir eine Kaffeepause machen. Hinter-her machen wir mit Herrn Weyland weiter. Können wir uns darauf einigen?

Block (BUND): Frau Salchow, werden die Fragen, die ich gestellt habe, in der Zeit noch beantwortet? Ich möchte, dass er die Fragen beantwortet. Ich habe ihm konkrete Fragen gestellt. Ich bitte, dass die beantwortet werden. Das ist durchaus wesentlich: ein Gaskraftwerk anfahren, ein Kohlekraftwerk anfahren und Mittellast. Das sind doch wesentliche Fra-gen, die sich stellen.

Wo ich jetzt gerade wieder etwas von 5700 Stunden gehört habe: Oh, diese armen Gemeinderäte!

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ich habe übersehen, dass Sie auch noch nach den An-fahrzeiten gefragt hatten. Ich will Ihnen aus dem Stand keine präzisen Zahlen sagen, aber es ist ganz klar, dass Sie eine Gasturbinenanlage natürlich schneller anfahren können als einen Kohleblock.

Block (BUND): In der Dunkelheit ist mit Nacht zu rechnen! - 10 Minuten, ein Tag, oder was?

(Prof. Dr. Dolde [AS]: Ein bisschen modera-ter, Menschenskinder!)

Ehmann (Antragstellerin): Wir sind heute in der Lage, wenn die Anlage nicht aus einem kalten Zustand angefahren wird, sondern wenn die Anlage abgestellt ist, nach einer halben Stunde den ersten Strom zu erzeugen. Wir sind dann zwei Stunden später mit der Anlage auf Volllast. Das wird in gleicher Weise auch mit dem neuen Block möglich sein.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut. - Herr Block, wir nehmen das zu Protokoll.

Block (BUND): Frau Salchow, jeder weiß, dass ein Gasturbinenkraftwerk in etwa 15 Minuten am Netz ist, und zwar aus dem kalten Zustand. Ein Kohlekraftwerk ist niemals in zwei Stunden aus dem kalten Zustand am Netz. Er hat jetzt wieder diesen positiven Fall genommen, dass das Ding angeheizt ist. Das ist einfach. Man kann doch sagen: Ich brauche länger als einen Tag. Das weiß doch jeder. Wir alle waren doch schon in Kohlekraftwerken. Wir wissen das doch.

Ich wollte wissen, ob er vielleicht eine neue Technolo-gie hat, um schneller anzufahren, und jetzt kommt er mir

wieder mit Umschreibungen. Ich verstehe das nicht. Man kann das doch klipp und klar sagen. Was soll das?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, ergänzen Sie das noch einmal.

Ehmann (Antragstellerin): Ein Block in der Größenordnung ist nur nach der Revision kalt. Wenn ich die Anlage zwei oder drei Wochen revidiert habe, dann ist es egal, ob ich die Anlage einen halben Tag oder einen Tag vorwärme. Das Vorwärmen macht man, um die Anlage schonend anzufahren.

Ich habe den Punkt angesprochen, der auch vorher einmal nachgefragt worden ist, dass man eben davon ausgeht, dass solch eine Anlage aufgrund von Windkraft und Ähnliches in die Mittellast muss. Dann wird die Anlage immer warmgehalten und bleibt warm. Die Anlage wird nur wenige Stunden, z. B. drei bis vier Stunden über Nacht, abgestellt. Dabei verliert die Anlage nur wenig Temperatur und ist dann schnell wieder anfahrbereit. Dann gelten die Zeiten, die ich genannt habe.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Raufelder.

Raufelder (Einwender): Ein kleiner Schock! Es ist schwierig, jetzt noch einmal in die Diskussion einzusteigen. Wenn Sie wüssten, wie wir uns mit Alternativkonzepten abgemüht haben, um mit dem GKM Diskussionen darüber zu führen, wie man eine Energieversorgung in der Metropolregion Rhein/Neckar hinbekommen kann! Da wurde bezüglich der Werte dem Gemeinderat, aber auch anderen Bürgerinnen und Bür-gern gegenüber immer wieder erklärt, dass man das alles im Erörterungstermin diskutieren werde und dass dort die Werte vorgelegt würden, weil man im Vorfeld nur Pro-forma-Diskussionen führen und die Werte nur Pi mal Daumen angeben könne.

Jetzt bin ich ein bisschen erschrocken und auch etwas böse, weil heute der Tag gewesen wäre, an dem man diese Diskussion hätte führen können bzw. diese Werte hätte offenlegen müssen, auch im Sinne von vertrauens-bildenden Maßnahmen. Hier wird viel darüber gespro-chen, dass es ein Einvernehmen zwischen GKM und der Stadt Mannheim gibt und dass man versuchen will, mit den Bürgerinnen und Bürgern immer offen und ehrlich umzugehen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Es gab einen Tag der offenen Tür, es gab Imagebro-schüren, es gab Informationsveranstaltungen für den Gemeinderat, und immer wieder wurde darauf hingewie-sen: „Es ist alles in Ordnung. Wir werden euch alles gerne

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beantworten.“ So war es auch mit der Infovorlage bzw. mit den Diskussionen im Gemeinderat. Es wurde immer so getan, als wenn das alles kein Problem sei.

Es wurde gesagt, dass die Werte, die vom Umweltfo-rum, von anderen interessierten Bürgerinnen und Bürgern oder von Block 9 kamen, alle gelogen wären und dass der Emissionswert weit unter dem liegen würde. Alles sei heile Welt, und wir würden es heute beim Erörterungstermin erfahren.

Ich kann jetzt an das GKM eigentlich nur appellieren, endlich die Nebelmaschine auszuschalten,

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Fakten auf den Tisch zu legen und zu sagen: „Das sind unsere Werte.“ Eines muss man doch sagen: Wenn man die Werte jetzt nicht offenlegt, dann kommt das Misstrau-en hoch, dass die höheren Werte die Realität sein müss-ten. Diese Werte wären noch viel schlimmer für die Stadt Mannheim, wenn man den Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans sieht. Wir haben keine Luft mehr, um noch neue Schadstoffe aufzunehmen.

Deswegen meine Bitte an das GKM - ich kann es nur als Bitte aussprechen; ich werde natürlich versuchen, es den gemeinderätlichen Gremien noch einmal klarzuma-chen -, die Werte offensiv festzulegen.

Eine Möglichkeit gäbe es jetzt noch: Die Stadt Mann-heim könnte einen städtebaulichen Vertrag mit dem GKM abschließen - das Regierungspräsidium das nicht einfor-dern – und versuchen, die Werte darin festzuschreiben. Auch aus dem Gemeinderat heraus könnte ein Antrag kommen, die Werte festzulegen. Aber es kann doch nicht wahr sein, dass Sie in die Diskussion mit dem Gemeinde-rat gegangen sind und gesagt haben: „Wir fahren mit der vollsten Offenheit, mit der vollsten Ehrlichkeit.“

(Block [BUND]: Hast du das geglaubt?)

- Nein, aber viele meiner Kolleginnen und Kollegen haben es bedauerlicherweise geglaubt. Auch der Oberbürger-meister hat es geglaubt. Jetzt ist es natürlich so, dass wir vor einer Vertrauensfrage stehen. Diese Vertrauensfrage sehe ich im Moment nicht von Ihnen beantwortet.

Mein Fazit, nachdem ich hier lange Jahre mitgemacht und immer wieder Diskussion darüber geführt habe: Es ist erschreckend, wenn man sich auf die Haltung beruft: „Wir sagen nichts. Es wird nichts weitergegeben.“ Das ist für mich bedauerlich.

Ich werde - vielleicht auch mit Unterstützung des Re-gierungspräsidiums -, die Diskussion führen, dass Sie eventuell eine Handreichung geben, was die Stadt Mann-heim machen muss, um die Werte zu bekommen. Wir Stadträte haben einen Eid darauf geleistet, dass die Bürgerinnen und Bürger unser höchstes Gut sind. Sie sollen geschützt werden, auch gesundheitlich. Dazu

gehören auch die Neckarauer Bürgerinnen und Bürger. Dann muss man die Werte auch offen vorlegen. Ich denke, das hat das Fass jetzt zum Überlaufen gebracht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich habe wirklich gedacht, man kommt heute zu einer ehrlichen und offenen Auseinandersetzung. Aber es kann doch nicht sein, dass man sich gegenseitig abblockt, dass man uns hier herumsitzen lässt und im Grunde genom-men sagt: „Die drei Tage kriege ich auch noch herum. Was ich denen irgendwann im Gemeinderat erzählt habe, erzähle ich auch jetzt. Was wir dann letztendlich bauen, ist unsere Sache!“ Auch in der Demokratie muss es demo-kratisch, ehrlich und offen zugehen.

An das GKM gerichtet: Lassen Sie jetzt endlich die Nebelmaschine herunter und sagen Sie uns die Werte! Damit wäre die Diskussion wieder auf der richtigen Ebene. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Jetzt haben Sie aber einen Rundumschlag gemacht, der voll danebengegangen ist. Alle Werte sind milligrammge-nau im Antrag dargestellt. Wir werden morgen im Rahmen der Immissionsprognose über jeden Wert in Milligramm, in Mikrogramm und in Kubikmetern reden. Die Werte stehen fest. Sie werden in der Genehmigung festgeschrieben und liegen bei der Hälfte dessen, was Gesetz und Recht verlangen.

Sie sprachen vom Schutz der Mannheimer Bürger. Das sind die Werte, die für das Einwirkungsgebiet der TA Luft von Bedeutung sind. Die liegen mit Ross und Reiter auf dem Tisch. Zu behaupten, dort spiele man Verstecktaktik, ist unseriös; das muss ich Ihnen wirklich sagen.

Der einzige Wert, den wir nicht genannt haben, ist die Zahl der CO2-Emissionen in Tonnen pro Jahr, weil sie erstens im immissionsschutzrechtlichen Verfahren keine Rolle spielt und weil sie zweitens davon abhängt, wie die Anlage tatsächlich betrieben wird, mit welchen Lastzu-ständen usw. Das aber eine Geschichte - ich wiederhole mich zum fünften Mal -, die ausschließlich im Emissions-handelssystem abgewickelt wird, wo sich der Gesetzgeber nun einmal dafür entschieden hat, die Reduzierung von CO2 dem Markt zu überlassen, indem er das Marktvolu-men deckelt und sagt. „Es gibt soundso viele Zertifikate, und nun, liebe Leute, guckt einmal, woher ihr sie euch beschafft.“

Im Jahr 2013 gibt es wahrscheinlich nur noch Verstei-gungen oder nichts. Kein Mensch weiß, was es im Jahr 2013 an Zertifikaten gibt, für wen und wie. - Das ist die

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einzige Zahl, die nicht genannt wird, und zwar aus gutem Grund.

Dieses Verhalten - das muss ich wirklich scharf zu-rückweisen - rechtfertigt dieses Werturteil, das Sie gerade getroffen haben, nicht.

(Schaper [EW]: Herr Dolde, Sie wurden schon einmal aufgefordert, Ihre Oberlehrer-art zu lassen! Darum bitte ich auch Sie! Wir sind Bürger, wir sind hierher gekommen!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schaper.

Schaper (Einwender): Aber es wurde gesagt: „umweltschonend“, „klimascho-nend“ und „zukunftsweisend“. Auf einmal sagen Sie „wirtschaftlich“ und greifen Herrn Raufelder auf eine Art und Weise an, die ich mir verbitten muss, nur weil er gesagt hat, Sie hätten falsch informiert,

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt machen wir in der Reihenfolge weiter: zuerst Herr Gottstein, dann Herr Rahner.

Gottstein (BUND): Ich halte kurz fest: Der Antragsteller hat gesagt, im Jahr 2014 wird er ca. 5700 Betriebsstunden machen. Danach geht er auf die volle Höhe, also 8760. Ich wiederhole das nur, damit es die Stadt Mannheim auch einmal begreift. Ich weiß nicht, ob das so ganz klar war. Mir war das neu. Das hätte ich gerne zu Protokoll gegeben.

Ich möchte gerne einen Antrag auf Überprüfung der Zuverlässigkeit des Antragstellers stellen. Begründung: In einer Broschüre, die vom GKM anscheinend an viele Haushalte in Mannheim verteilt worden ist, steht auf Seite 5 - ich gebe die kleine Broschüre nachher noch zu Protokoll -, dass in Deutschland alte, weniger effiziente Kraftwerke mit höheren CO2-Emissionen nicht mehr für die Stromerzeugung eingesetzt werden müssten.

Ich weiß nicht, an wie vielen Kraftwerken GKM beteiligt ist, dass sie das einfach so schreiben kann. Dann kann man die doch abschalten, und in Mannheim hätten wir eine CO2-Ersparnis. - Ich sehe das nicht so. Ich sehe eigentlich nur, dass GKM in Mannheim fünf Blöcke hat und einen hinzubauen will. Sie hat garantiert, dass zwei Blöcke abgeschaltet werden, Block 3 und Block 4. Das macht 220 MW. Es haben zwar beide Blöcke 220 MW, aber einer ist nach meinem Wissenstand als Reserve vorgesehen. Den kann ich also nicht hinzuzählen.

Also müssten rein theoretisch noch, um tatsächlich ei-ne CO2-Reduzierung von 1 Million t pro Jahr hinzube-kommen, die Blöcke 6 und 8 ab 2014 nach dem Probebe-

trieb stillgelegt werden. Wie steht der Antragsteller dazu? - Deswegen stelle ich den Antrag auf Überprüfung der Zuverlässigkeit.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah hatte sich gemeldet. Herr Gödeke, Sie bekom-men danach das Wort.

Krah (Stadt Mannheim): Vielen Dank, Frau Salchow. - Wir wurden eben direkt angesprochen: Weiß die Stadt das denn? - Herr Gottstein, ich empfehle Ihnen, sich einmal in das Ratssystem der Stadt Mannheim einzuklinken und die Internetseite www.mannheim.de aufzurufen. Im Ratssystem sind alle fünf Informations- und Beschlussvorlagen hinterlegt. Dort kann sie sich jeder herunterladen und nachlesen. Alle Vorlagen sind in diesem Jahr gekommen und enthalten umfangreiche Zahlen. Darin stehen natürlich auch die CO2-Emissionszahlen. Der Antragsteller will sie jetzt nicht nennen. Wir haben sie bereits im April 2008 veröffentlicht. Das kann man alles nachlesen.

Also bitte, das brauchen wir nicht von außen. Die Stadt Mannheim hat sich erkundigt und hat alle Zahlen vorlie-gen. Sie sind auch dem Gemeinderat gegenüber veröf-fentlicht worden, wie Herr Stadtrat Raufelder weiß. Wir sind voll informiert. - Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke, Herr Krah. - Jetzt hat Herr Rahner das Wort. Dann möchte ich darum bitten - darum hatte auch Frau Risch schon einmal gebeten -, dass wir eine Pause machen. Anschließend fahren wir in der Rednerliste fort. - Vor der Pause noch Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Mein Beitrag hat sich erledigt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, dann nehmen wir noch Herrn Weyland; einer geht noch.

Weyland (BUND): Mein Beitrag bezieht sich - weil wir ein bisschen kunter-bunt im Bereich Kraftwerkskonzept hin und her springen - auf die Brennstoffausnutzung bzw. auch auf den Wir-kungsgrad. Heute Morgen wurde bereits die Zahl von 70 % als maximale Auskopplung genannt. Ferner wurde der elektrische Wirkungsgrad mit 46,4 % beziffert. - Wir zweifeln übrigens die Zahl von 70 % an, da diese maxima-le Auskopplung nur in sehr grenzwertigen Fällen erreicht werden kann.

Die Frage an die Antragstellerin lautet konkret: In wie vielen Stunden rechnet sie mit der Auskopplung von 70 %? In wie vielen Stunden rechnet sie lediglich mit dem

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rein elektrischen Betrieb? Das Kraftwerk wird vermutlich rein elektrisch betrieben und geführt. Es wäre einmal ganz interessant, das von der Antragstellerin zu erfahren; denn darüber waren dem Antrag keine Informationen zu ent-nehmen.

Die zweite Frage - ebenfalls zum Brennstoffwirkungs-grad - bezieht sich auf den Einsatz der Nasszellenkühler. Auch hierüber ist im Antrag leider nichts zu finden. Der Einsatz ist nicht plausibel beschrieben. Es ist zu vermuten, dass der Wirkungsgrad durch den Einsatz der Nasszellen-kühler weiter reduziert wird. Auch dazu wird um eine Nachreichung der Zahlen gebeten.

An dieser Stelle kommt auch gleich der Antrag, den wir bereits in unserer Einwendung genannt haben. Es wird beantragt, dass die Antragsunterlagen um eine Wärme-bilanz für Block 9 im Nennlastfall und bei Fernwärmeaus-kopplung von 500 MW - das ist das Maximum, wie ich gerade erwähnt habe – weiterhin um die Brennstoffaus-nutzungsgrade der Blöcke 6 bis 8 sowie um die Brenn-stoffausnutzung der Nasszellenkühlung ergänzt werden.

Zudem wird beantragt, zum Vergleich die Brennstoff-ausnutzungsgrade des GKM bezüglich der Blöcke 3, 4 und 6 bis 8 der vergangenen fünf Jahre vorzulegen.

Abschließend noch für die eigene Aufklärung eine Frage. In den Antragsunterlagen war die Energiebilanz leider unplausibel dargestellt. Dort sind für verschiedene Betriebszustände nicht vergleichbare Parameter aufge-führt. Ich bitte um Aufklärung, was es damit auf sich hat.

Bei der Variante „reine Stromerzeugung“ wurde von einer Kühlwasserzulauftemperatur von 14,1 °C und von einer Umgebungslufttemperatur von 12,5 °C ausgegan-gen. Bei der Variante Fernwärmeauskopplung wurde von einer Kühlwasserzulauftemperatur von 6 °C und von einer Lufttemperatur von 0 °C ausgegangen. Ich bitte um eine kurze Aufklärung. - Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann oder Herr Professor Dolde.

Ehmann (Antragstellerin): Ich gebe eine kurze Antwort auf die letzte Fragestellung. Der Wert von 14,1 °C, den wir für das Kühlwasser ange-nommen haben, ist der Jahresmittelwert der Jahre 2000 bis 2007 des Rheinwassers. Der Wert der Lufttemperatur von 12,1 °C ist der Jahresmittelwert der Lufttemperatur von Mannheim. Ich meine, das ist das Zehnjahresmittel.

Der Nennlastfall wird mit den Jahresmittelwerten er-rechnet. Damit deckt man mit diesem Nennlastfall eben auch das komplette Jahr als mittleren Wert ab. Es ist ganz klar: Ein Kraftwerk hat im Sommer, wenn das Kühlmedium wärmer ist, immer einen schlechteren Wirkungsgrad. Der Effekt ist im Winter aber genau andersherum. Sobald ich ein kälteres Kühlmedium habe, habe ich einen besseren

Wirkungsgrad. Indem man einfach die Jahresmittelwerte nimmt, gleicht man das Ganze näherungsweise aus.

Lassen Sie mich noch generell etwas zum Nennlastfall sagen, weil das heute schon einmal angesprochen wor-den ist: Diese 46,4 % gelten natürlich für diesen Betriebs-zustand. Eine Anlage, die dynamisch gefahren wird, hat zu den Zeiten nicht diesen hohen Wirkungsgrad, sondern einen niedrigeren, sodass dann - je nach Betriebsweise im Jahresmittel - ein anderer Wirkungsgrad herauskommt.

Das ist aber bei allen Arbeitsmaschinen bzw. Geräten so. Das geht Ihnen genauso, wenn Sie mit Ihrem Auto an der Ampel stehen und müssen warten. Dann ist der Wirkungsgrad Ihres Autos auch schlechter, und Sie fahren unterschiedliche Lastzustände. Das lässt sich einfach nicht vermeiden und muss in Kauf genommen werden.

Vangermain (Einwenderin): Ich habe eine Verständnisfrage direkt dazu, weil ich das wirklich nicht verstanden habe, es aber gerne verstehen würde.

Es geht um das Anfahren. Sie haben eben erklärt, dass die 46,4 % nur bei Volllast gelten, also wenn die Anlage ständig läuft. Vorhin haben Sie jedoch gesagt, dass Sie bei Mittellast, oder wenn das Kraftwerk nicht läuft, warm halten müssen. Welche Energie brauchen Sie zum Warmhalten, und wie beeinflusst das den Wirkungs-grad? Das war vorhin schon meine Frage dazu.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wenn wir von „warm halten“ sprechen, heißt das nicht, dass wir Energie zuführen, sondern dann werden z. B. im Rauchgasweg alle Armaturen geschlossen, damit die Anlage nicht von sich aus auskühlt. Wenn ich die Anlage drei Stunden stehen lasse, kühlt sie nur minimal ab. Es wird also keine zusätzliche Energie von außen zugeführt, sondern man vermeidet einfach Wärmeverluste, so wie Sie in Ihrer Wohnung, wenn Sie nachts möglichst wenig Wärme verlieren wollen, hoffentlich die Rollläden herunter-lassen. Dadurch schotten Sie das Ganze nach außen ab. Analog verfahren wir im Prinzip auch und vermeiden Wärmeverluste, sodass die Anlage dann möglichst in der Temperatur, in der sie abgestellt wird, stehen bleibt und wieder angefahren werden kann.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Weyland, sind damit Ihre Fragen zunächst einmal beantwortet? - Dann würde ich vorschlagen, dass wir in die Pause gehen und um 17.35 Uhr mit der Rednerliste fortfahren. Erste Rednerin wäre Frau Dahamni-Herm.

Gödeke (Sachbeistand):

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Ich hätte noch eine wichtige Ergänzung zu Herrn Wey-land, weil vom GKM eine falsche Antwort gegeben wurde, was ad hoc geklärt werden sollte. Ansonsten fangen wir das Thema wieder neu an.

Die Kritik von Herrn Weyland war völlig berechtigt. Sie haben eine falsche Antwort gegeben. Es mag ja sein, dass bei einer Ihrer Bilanzen tatsächlich Jahresmittelwerte verwendet wurden, aber Sie haben für Nennlast und für Fernwärmeauskopplung verschiedene Parameter ge-nommen. Insofern ist das nicht vergleichbar.

Sie können die Effizienz nicht festlegen. Sie müssen in beiden Bilanzen dieselben Kühlwassertemperaturen und Rheinwassertemperaturen als Eingangsgröße nehmen. Das haben Sie nicht gemacht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben das deshalb nicht gemacht, weil die maximale Fernwärmeauskopplung typischerweise im Winter erfor-derlich ist. Deshalb setzen wir in diesem Bereich natürlich die Winterparameter an. Im Sommer - das ist klar - ist die Fernwärmelast in Mannheim nicht so hoch. Wir haben eine Sommerzeit von 2000 bis 3000 Stunden pro Jahr.

Ohne die Zuwächse, die in der Studie prognostiziert werden, liegt unsere Fernwärmebelastung heute in der Größenordnung von 100 MW. Wir haben dann ansteigen-de Werte und liegen über 2500 bis 3000 Stunden im Bereich zwischen 500 und 600 MW. In der Spitze kann das dann bei über 900 MW liegen.

Da die Winterlast typischerweise die eigentliche Fern-wärmelast ist, haben wir auch den Winterfall sowohl von der Lufttemperatur her als auch von der Wassertempera-tur dafür angesetzt. Denn das sind einfach realistische Werte.

Gödeke (Sachbeistand): Sie haben mich wohl bewusst missverstanden. Es geht hier um den Vergleich der Energieeffizienz, nicht um Ihre ökonomischen und betrieblichen Erfordernisse. Insofern sind die Angaben im Antrag falsch.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, dann nehmen wir das jetzt so zu Protokoll und treten in die Pause ein.

(Unterbrechung von 17.24 bis 17.51 Uhr)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir fahren jetzt in der Rednerliste fort. Ich möchte Sie jedoch bitten, dies als letzte Runde zum Tagesordnungs-punkt 3 zu verstehen.

Zunächst hat Frau Dahamni-Herm das Wort, dann der Herr, der hinter Herrn Decken sitzt, anschließend Herr Decken selber und Frau Vangermain.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Ich habe es vorhin so verstanden, dass die Entscheidung für Steinkohlekraftwerke eine wirtschaftliche oder profit-orientierte Überlegung des GKM war. Ich habe auch vernehmen können, dass das GKM so etwas Ähnliches wie eine Verpflichtungserklärung zur Stilllegung der Blöcke 3 und 4 eingegangen ist. Ich würde gerne noch genauer wissen, in welcher Form das stattfinden soll.

Von Seiten des GKM wird sehr viel Werbung bezüglich des Klimaschutzes durch die potenzielle CO2-Abscheidung gemacht, die voraussichtlich frühestens 2020 zum Tragen kommt. Ich frage mich jetzt: Wenn bei der Entscheidung Steinkohle- contra Gaskraftwerk die Wirtschaftlichkeit so ausschlaggebend war, wird die CO2-Abscheidung auch dann ausschlaggebend sein, selbst wenn sie nicht durchgeführt wird, allerdings technisch möglich wäre? Wird gewährleistet, dass eine solche CO2-Abscheidung tatsächlich stattfindet? Wie wird sie überprüft werden, wenn wir nicht wissen dürfen/können/sollen, wie hoch der CO2-Ausstoß tatsächlich sein wird, wenn der Betrieb 2013 aufgenommen wird?

Dann habe ich noch eine Frage zur Zukunftsorientie-rung. Das Einzige, was ich dazu entnehmen kann, ist tatsächlich die Nachrüstung, d. h. die CO2-Abscheidung. Deswegen möchte ich noch einmal ausdrücklich fragen, in welcher Form hier eine Verpflichtung eingegangen wird.

Ich weise darauf hin, dass die MVV hier in der Region - auch in der Gemeinde, in der ich wohne - immer sehr viel Werbung gemacht hat, nach dem Motto: „Wir sind Ihr supertoller Partner hier in der Region.“ Von daher möchte ich wissen: Inwieweit begreift sich die MVV hier als regio-naler Versorger und nicht nur als Verkäufer? – Oder lehnt sie sich an das Konzept der Landesregierung an, das einem mit dem Zeitfenster von 2020 ja sehr zupass kommt? - In welcher Form versteht sich die MVV als regionaler Energiedienstleister? Wie wird die Zusammen-arbeit in Zukunft mit der Region aussehen?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchte der Antragsteller gleich etwas dazu sagen?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich fange mit dem Letzten an. Die MVV sitzt nicht am Tisch und kann die Frage deshalb hier und heute nicht beantworten. Die Frage müssen Sie an die MVV stellen, aber nicht an das GKM.

Wie wird die Abscheidung durch die CO2-Anlage ge-währleistet? Das wird zu gegebener Zeit, wenn das jemals Stand der Technik sein sollte, die Frage sein. Entweder

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gibt es eine Rechtsverordnung, die das vorschreibt, oder es wird eine nachträgliche Anordnung auf der Grundlage von § 17 Bundes-Immissionsschutzgesetz erlassen. Im Moment geht es nur darum, die Möglichkeit offen zu halten, dass, falls das am Tag x der Fall sein sollte, die Realisierung möglich bleibt. Wann und wie das geschehen wird, wird - wie gesagt - entweder eine Entscheidung im Einzelfall sein, oder es gibt vielleicht eine generelle Regelung durch eine Änderung der 13. BImSchV. Das weiß heute niemand.

Die nächste Frage lautete: In welcher Form wird si-chergestellt, dass die Blöcke 3 und 4 stillgelegt werden? GKM hat eine klare Erklärung dazu abgegeben, und zwar sowohl gegenüber der Stadt als auch hier. Sie hat auch keine Einwände dagegen, wenn das in der Entscheidung entsprechend durch Nebenbestimmungen festgelegt wird.

(Vangermain [EW’in]: Bitte ein bisschen verständlicher!)

- Ich sagte: Das GKM hat keine Bedenken dagegen, dass die Stilllegung der Blöcke 3 und 4 in Nebenbestimmungen zur Genehmigung festgelegt wird.

Verhandlungsleiterin Salchow: Der Herr hinter Herrn Decken ist jetzt nicht mehr da. Gut, dann Herr Decken selbst.

Decken (Umweltforum): Zum Kraftwerkskonzept habe ich noch eine Frage zum Thema verkehrliche Aspekte. In dem Antrag wird darge-stellt, dass der An- und Abtransport von Kohle, von Flugaschen usw. über Schiffe, Bahn und Lkw erfolgt. Im Antrag selber ist dann noch einmal ausdifferenziert, wie viele Lkw-Fahrten zu erwarten sind.

Ich war jetzt doch etwas überrascht, dass so viele Lkw-Fahrten vorgesehen sind. Konkret sind das im Normalbetrieb gerundet insgesamt 14 400 Lkw-Fahrten pro Jahr und bei Maximalbetrieb 26 800 Lkw-Fahrten. Dabei handelt es sich auch um Massengüter wie Flug-asche. Das macht den Löwenanteil der Lkw-Fahrten aus.

Wir haben beantragt, dass diese Transporte, sofern eine Genehmigung für Block 9 erfolgt, nicht über Lkw, sondern - unter Berücksichtigung der Feinstaubproblema-tik in Mannheim - über Schiff oder Bahn erfolgen soll. Das steht bereits im Antrag.

Ich habe jetzt die Frage an die Antragstellerin, warum denn so viele Transporte über Lkw abgewickelt werden sollen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wie Sie angesprochen haben, gibt es verschiedene Produkte. Wir werden Kohle und Ähnliches nicht mit dem Lkw transportieren.

Bei der Flugasche ergibt sich das eventuell durch die Verwendungsstellen. Flugasche ist ein Zusatzstoff zum Beton. Unsere Flugasche ist als Bauprodukt, als Baustoff zertifiziert und wird entsprechend als Zusatzstoff zu Beton eingesetzt. Sie muss dorthin transportiert werden, wo gebaut wird, und das wird im Großen und Ganzen für die größeren Mengen der Nahbereich sein. „Nahbereich“ heißt, alles was in der Größenordnung von 150 km im Umfeld liegt. Große Mengen von Flugasche aus dem GKM sind z. B. beim Bau des Autobahntunnels bei Leon-berg oder auch für die Brückenbauwerke der Schnellbahn-trasse von Frankfurt nach Köln verwendet worden. Dorthin sind große Mengen Flugasche des GKM gegangen. Solche Stellen sind weder mit dem Schiff noch mit dem Zug zu erreichen. Insofern ist der Lkw dann zwangsweise das geeignete Transportmittel.

Die Mengen, die wir angegeben haben, resultieren in letzter Konsequenz daraus, dass es Maximalmengen sind, da wir gegebenenfalls einen Aschegehalt von 18 % haben. Wenn Sie diese 18 % über das ganze Jahr einset-zen, kommen solche hohen Werte dabei daraus. Das ist sicherlich nicht für den Jahresbetrieb realistisch. Aber um formal auf der sicheren Seite zu sein, müssen wir im Antrag die Maximalwerte, die theoretisch erreicht werden könnten, auflisten. Eine reale Belastung würde deutlich niedriger ausfallen. Im Mittel haben wir heute Aschegehal-te, die bei 12 % liegen. Das sind nur zwei Drittel von dem, was als Maximalwert im Brennstoffband enthalten ist.

Adamy (Einwender): Stimmt es – das habe ich so gehört, dass im GKM Versu-che in Block 6 oder 7 bezüglich Block 9 noch gefahren werden oder gefahren wurden? Ich frage aus folgendem Grund: Wenn solche Versuche gefahren worden sind, haben sie eventuell Auswirkungen auf die Dimensionie-rung. Es könnte ja sein, dass die Versuche auch negative Ergebnisse bringen. Meine Frage daher: Gab es Versuche im GKM bezüglich Block 9? - Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ganz klar und eindeutig: Im Block 6 werden keine Versu-che für den Block 9 gefahren. Im Block 6 soll eine Ver-suchsanlage installiert werden, die Kraftwerkstechnik für die Zukunft - 725 °C Dampftemperatur - prüft und unter-sucht. Dort werden Werkstoffversuche durchgeführt. Heute sind 600 bzw. 610 °C der Stand der Technik, wie wir es beantragt haben. Diese Versuche sollen von verschiedenen Firmen der Region gemeinsam durchge-führt werden. Es werden auch noch einige andere Firmen

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daran mitwirken, die ein bisschen weiter weg sind. Basis für diese Idee war damals die Metropolregion.

Das gesamte Vorhaben ist inzwischen vom Bundes-forschungsministerium dahingehend genehmigt worden, dass es in der Forschung unterstützt wird. Die Versuchs-anlage muss entsprechend zugelassen und genehmigt werden. Das ist bisher nicht geschehen, weil der Antrag bislang vom Bundesforschungsministerium bzw. von der zuständigen Stelle in Jülich bearbeitet worden ist. Erst vor kurzem kam die Zusage, dass die Forschungsgelder genehmigt werden. Insofern wird dann zu gegebener Zeit der Antrag gestellt, dass diese Anlage im GKM betrieben werden darf.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt hat Herr Block das Wort, danach Herr Gödeke und Herr Weyland.

Block (BUND): Ich danke Ihnen, Herr Ehmann, dass Sie bestätigen, dass die Kraftwerkstechnik in den letzten 25 Jahren geschlafen hat, dass man jetzt einmal ein bisschen das Tempo erhöht und dass man sich bemüht, die Effizienz zu steigern. Das ist schon mal nett.

Mich interessiert Folgendes. Wie wäre es, wenn Sie einen Nasskühlturm benutzt hätten? - Dazu habe ich nichts gefunden; ich hatte es vorhin schon erwähnt. - Was wäre der Unterschied zu Ihrer Nasszellenkühlung gewe-sen? Was ist der Unterschied zur Ventilatorenkühlung, und zwar bezüglich der Energiebilanz und bezüglich des Nutzungsgrades?

Dann zum Abtransport zertifizierter Betonzuschlags-stoffe mit dem Lkw: Gegen die Beispiele, die Sie genannt haben - z. B. die Autobahnbrücke -, habe ich nichts einzuwenden. Die Altlast wird also in der Republik groß-flächig verteilt. Unsere Nachfahren werden uns dankbar sein. Wie ist das? Geht das auch zu Heidelberger Ze-ment? Bohre ich dann daheim die Schadstoffe aus der Wand heraus? Wie läuft das? Wer zertifiziert so etwas? Das würde mich rein persönlich einmal interessieren. Ist das eine staatliche Stelle, oder sind das - wie bei den Bioeiern - irgendwelche anderen, die sich als „Bioheinis“ tarnen?

Die Kernfrage aber bezieht sich auf Nasskühlturm, Nasszellen und Ventilatorkühlturm.

Ehmann (Antragstellerin): Ich antworte zuerst auf die Frage zur Zertifizierung der Flugasche. Die Flugasche ist ein Kraftwerksnebenprodukt. Wenn sie dann aber als Betonzuschlag eingesetzt wird, wird sie Teil eines Bauproduktes und muss entsprechend behördlich zugelassen werden, weil sichergestellt sein muss, dass die Kriterien für die Qualität der Bauprodukte - das betrifft dann natürlich auch die ganze technische Qualität, sprich: Festigkeit von Beton etc. - eingehalten

werden. Das ist ein sehr langes Zulassungsverfahren, das typischerweise deutlich länger als zwei Jahre dauert.

Wir haben einen Entsorger, der unsere Flugasche ab-nimmt, der für die Flugasche des GKM die Zertifizierung besitzt und der diese Flugasche an entsprechende Unter-nehmen vertreibt.

Die einzelnen Landesbauordnungen verlangen eine entsprechende Zulassung, um die Zertifikate vorlegen zu können. Das wird regelmäßig geprüft. Es kommen - auch unangemeldet - Prüfer, die sich davon überzeugen, ob wir die entsprechenden Vorschriften und Regeln einhalten, die in diesem Zertifikat festgelegt sind.

Zum Thema Kühler: Sie haben das angesprochen, was auch in Karlsruhe realisiert werden soll, und zwar den Ventilatorkühlturm. Der Ventilatorkühlturm unterscheidet sich von dem Nasszellenkühler, den wir geplant haben, nur dadurch, dass das im Ventilatorkühlturm als eine Einheit gebaut wird. Das heißt, Sie haben einen größeren Kühlturm, der dann außen herum auf der Zuluftseite verschiedene kleine Ventilatoren hat.

Bei uns ist das Ganze in Module gepackt. Wir haben zehn einzelne Module, die einen Ventilator oben auf der Druckseite haben. Das heißt, wir drücken die Luft nicht hinein, sondern wir saugen die Luft durch. Im Endergebnis - auch vom Energiebedarf her - kommt bei dem Ventilator-kühlturm und bei den Nasszellenkühlern im Prinzip das Gleiche heraus.

Wir haben rein von den baulichen Gegebenheiten her nicht die Fläche, um einen Ventilatorkühlturm, wie er in Karlsruhe geplant ist, anordnen zu können. Sie haben vorhin gesehen, dass das Gelände des GKM relativ lang und tendenziell eher schmal ist. Da bietet es sich von der Anordnung und von der Flächennutzung her einfach an, dass wir es auf diese zehn Module aufteilen. Sie können diesen Modulen gegebenenfalls auch einen Vorteil abge-winnen. Sollte dort nämlich ein Ventilator bzw. ein Modul ausfallen, dann funktioniert das Ganze weiterhin problem-los auch mit nur neun Modulen.

Dann zur Frage nach der Alternative: Theoretisch denkbar ist ein Naturzugkühlturm, der keine Ventilatoren benötigt, sondern der durch die natürlichen Dichteunter-schiede der Luft von unten nach oben ausreichend Auf-trieb erzeugt. Ein derartiger Kühlturm hätte eine Höhe zwischen 160 und 180 m, je nach Optimierung. Solch ein großer Kühlturm hat im Durchmesser etwa 100 m. Dafür gibt es auf unserem Gelände keinen Platz, sodass wir ihn nicht realisieren können, vor allem auch nicht mit den gesamten Schallschutzanforderungen.

Ein Kühlturm in dieser Größenordnung ist städtebau-lich mit Vorbehalten zu sehen. Wir haben heute Gebäude-höhen, die - wie beim Kesselhaus von Block 9 - bei knapp unter 120 m liegen. Wenn Sie dann ein entsprechendes Bauvolumen mit 180 m haben, hat es auch oben einen

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Durchmesser von etwa 100 m. Das ist vom Volumen bzw. von der Massivität her eigentlich drastisch mehr.

Das waren eigentlich die Argumente, weshalb wir die-se Lösung schlussendlich nicht gewählt haben. Diese Argumente kann man auch in der Umweltverträglichkeits-untersuchung bei der Alternativenprüfung zu den Kühlver-fahren finden. Dort sind sie im Einzelnen aufgelistet.

Block (BUND): Wir gehen ja davon aus, dass es eine Anlage ist. Wäre es denkbar, dass Sie auch weitere Anlagen an die Nasszel-len anbauen? Ist das System so flexibel, dass Sie die anderen theoretisch auch anschließen könnten? Oder ist der Platz dafür auch nicht vorhanden? Dann hätten Sie nämlich den falschen Standort.

Ehmann (Antragstellerin): Die Nasszellenkühlanlage, die wir jetzt bauen, ist ganz konkret für den Block 9 und ist auch von der Lage her nur für den Block 9 zu benutzen. Die Kühlwasserströme sind von den Rohrleitungsdimensionen her relativ groß. Sie können nicht einfach aus irgendwelchen anderen Blöcken, die sich zum Teil etwas weiter weg befinden, das Wasser umleiten.

Ansonsten: Die Kapazität des Kühlturms ist für den Block 9 ausgelegt, und diese Kapazität benötigen wir auch für Block 9. Insofern würde es gar keinen Sinn machen, dort noch andere Blöcke anzuschließen.

Block (BUND): Ich gehe davon aus, dass Sie dann, wenn der Rhein eine bestimmte Temperatur erreicht - über die Temperatur werden wir vielleicht später im Wasserrechtsverfahren noch reden -, abschalten; denn Sie haben dann ja keine Kühlung mehr. Sie benutzen dann den Rhein als Abwas-ser.

Ehmann (Antragstellerin): Wir werden ganz klar die Bedingungen einhalten, die entsprechend einzuhalten sind, dass wir z. B. die rechne-rische Mischtemperatur nicht über 28 °C betreiben.

(Block [BUND]: Mehr war es!)

- Nein, dass sind die offiziellen Werte, die auch in den Erlaubnissen für unsere vorhandene Anlage vorgegeben sind.

(Block [BUND]: Der vorhandenen!)

- Sie haben die vorhandene Anlage angesprochen. Wenn diese vorhandene Anlage nicht mehr im Rahmen der bestehenden Genehmigung betrieben werden kann, stellen wir natürlich entsprechende Blöcke ab, um die Werte einzuhalten.

(Block [BUND]: Na gut, dann stellen Sie sich mal darauf ein!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe noch ein Problem mit der amtlichen Bekanntma-chung und mit der Energiebilanz, die im Antrag steht. In der Energiebilanz im Antrag ist die Feuerungswärmeleis-tung 1812 MW plus Luftzuführung 1814. Beantragt sind 2100. Wie ist denn der Wirkungsgrad bei 2100 MW? Das werden Sie mir vermutlich nicht sagen können, weil im Antrag kein Feuerungsleistungsdiagramm enthalten ist.

Das gehört im Prinzip auch zur Unvollständigkeit des Antrags: Die Angaben zur Energiebilanz sind in Bezug auf das, was zur maximalen Leistung bekannt gemacht worden ist, nicht plausibel. Das sind 116 % von dem, was Sie in den Energiebilanzen für Nennlast und Fernwärme angeben. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Die Feuerungswärmeleistung, die Sie zuerst mit 1812 MW zitiert haben, ist die notwendige Feuerungswärmeleistung bei der Nennlast des Blocks. Sie können im Prinzip auch sagen, Nennlast sind 100 % Last.

Wir sind heutzutage aufgrund des sogenannten Transmission Code verpflichtet - das ist eine Regelung, die die Netzbetreiber festgelegt haben -, auch bei Volllast des Blocks noch Netzfrequenzstützung zu ermöglichen. Das heißt, die Anlage muss bei Volllast in der Lage sein, zusätzlich Last abzugeben. Daraus resultiert in der Kon-sequenz, dass die Anlage dann eine höhere Last fahren können muss. Das kann sie in gewissen Grenzen auch noch als Dauerlast.

Da das Kriterium für die Erlaubnis eines Dampferzeu-gers bzw. einer Dampfkesselanlage die Feuerungswärme-leistung ist, haben wir noch einen Sicherheitszuschlag hinzugerechnet, damit wir immer sicher sein können, dass wir diese Feuerungswärmeleistung nie überschreiten. Das sind dann die beantragten 2130 MW.

Aus dieser Zahl, rückwärts gerechnet, sind dann wie-der Rauchgasmengen und Betriebsbedingungen ermittelt worden, die z. B. der Immissionsprognose zugrunde gelegt worden sind, obwohl wir wissen, dass wir diese Bedingungen technisch nicht erreichen werden. Das ist das Extrem, das Maximum, das wir beantragt haben, um immer auf der sicheren Seite zu sein und um die entspre-chenden Werte immer sicher einhalten zu können.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand):

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Direkt dazu: So funktioniert das natürlich nicht. Ich habe es heute schon einmal gesagt: Was Sie für betriebliche oder ökonomische Randbedingungen haben, interessiert im Genehmigungsverfahren nicht. Es geht um einen konkreten Antrag. Für die 2100 MW haben Sie keine Darstellung im Antrag. Sie haben eine kleinere Anlage, als Sie beantragt haben, bewertet.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Es ist genau umgekehrt. Herr Ehmann hat es doch gerade erklärt: Alle Auswirkungen sind auf 2130 MW gegründet.

Gödeke (Sachbeistand): Das trifft so nicht zu; das werden wir bei der Immissions-prognose dann noch sehen. Bei der Kaminhöhenberech-nung gibt es eine Menge Unplausibilitäten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, wenn es jetzt direkt dazu ist, bitte! Eigentlich wären Herr Weyland und Herr Fontagnier vorher an der Reihe.

Rahner (Rechtsbeistand): Nur ein Satz, direkt an Herrn Professor Dolde gerichtet: Ich möchte darauf verweisen, weil das auch mir aufgefal-len war: In der Anlagenbeschreibung auf Seite 88 f., die Teil der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist, wird ausdrücklich auf 1812 MW Feuerungswärmeleistung und nicht auf die in der amtlichen Bekanntmachung enthalte-nen 2100 MW Bezug genommen. Aber das wird beim Thema Immissionsprognose noch einmal kommen.

(Block [BUND]: Warum ist die im Vergleich zu anderen Anlagen, die wir kennen, so hoch? Das verstehe ich nicht!)

Ehmann (Antragstellerin): Ich kann Ihnen nur sagen, wie wir den Wert festgelegt haben. Dazu, wie andere Unternehmen den Wert festle-gen, wie viel Sicherheit oder nicht sie in ihre Festlegung hineinpacken, kann ich keine Aussage machen.

In der UVU ist es eindeutig angegeben. Die Daten, die dort genannt sind, sind die Nennlastdaten. Wenn man in der Tabelle 4.1 nachschaut, steht bei „Nennleistung“ 100 % Last. Die Daten, die dort angegeben sind, sind also korrekt und sind eben diese Daten bei Nennleistung. Wir müssen uns einfach mit den technischen Gegebenheiten oder mit den Vorschriften damit auseinandersetzen, dass wir dann noch Frequenzregelungen fahren müssen, noch mehr Last fahren können müssen bzw. höhere Leistungen abgeben müssen. Das sind einfach Fakten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Zunächst Herr Weyland, dann Herr Fontagnier und Herr Gödeke.

Anschließend möchte ich gerne zum Tagesordnungs-punkt 4 kommen. Das ist ein ganz wichtiger Tagesord-nungspunkt, den wir heute in Anwesenheit der Stadt auf jeden Fall erörtern sollten. - Herr Weyland.

Weyland (BUND): Zunächst hätte ich eine kleine Bitte an die Antragstellerin, die bestimmt auch die Zustimmung des Regierungspräsi-diums findet, und zwar die Bitte um sprachliche Präzision. Bei der Darstellung von Gegebenheiten sollte nicht bereits von vollendeten Tatsachen hinsichtlich des Antrags ausgegangen werden. Soweit ich mich erinnere, hat Herr Dolde vorhin gesagt: „Bei uns ist das in Modulen geplant.“ Das Projekt befindet sich noch in der Genehmigungspha-se. Wir stehen noch nicht vor vollendeten Tatsachen.

Die eigentliche Frage bezieht sich auf die Fernwärme-auskopplung. Die beantragten Fernwärmeleitmengen in den Rhein legen nahe, dass eine ernsthafte Fernwärme-auskopplung nicht beabsichtigt ist. Daher die konkrete Frage: Wie viel Megawatt Fernwärmeauskopplung findet bislang bei den bisherigen Blöcken statt? Wie gedenkt die GKM AG, mit den zusätzlichen massiven Abwärmefrach-ten von Block 9 umzugehen, bzw. von welcher Anlage soll dann prioritär die Abwärme genutzt werden? Was bedeu-tet das prozentual für die Gesamtausnutzung der Fern-wärme?

Abschließend dazu: Derartige Angaben gehören aus unserer Sicht eigentlich zu einem Energie- und Klimakon-zept. Diesbezüglich sei auf die Anträge in unserer Ein-wendung verwiesen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Das GKM hat heute eine installierte Fernwärmeleistung für Heizwasser von 1000 MWth. Wie ich zuvor gesagt habe, erreichen wir in der Winterspitze diese 1000 MW nahezu. Das hängt immer davon ab, wie kalt einzelne Wintertage sind. Manchmal liegen wir über 900, manchmal liegen wir in einzelnen Jahren auch darunter.

Mit dem geplanten Ausbau der Fernwärme – schauen Sie sich die Diagramme an, die auch in unserem Antrag enthalten sind! - wird erwartet, dass wir bis 2030 noch eine Größenordnung von 300 MW in der Spitze hinzube-kommen, sodass man hier in der Region insgesamt bei 1300 MW liegen wird. GKM hätte dann, wenn Sie alle Daten zusammenzählen, formal 1500 MWth installiert.

Dabei muss man aber auch berücksichtigen, dass bei der Fernwärme gewisse Komponenten quasi als Grund-lastanlage und andere eben mehr als Spitzenlast zu sehen sind. Mit der Anlage von Block 9 sind wir vor allem in der Lage, in der Grundlast - Grundlast heißt praktisch, dass wir mit weniger Stromverlust Fernwärme erzeugen können - eine größere Kapazität zu haben. Schlussendlich

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muss man auch sehen, dass wir dann eine größere Reserve haben.

Es ist nicht zuletzt eine Frage der Sicherheit, dass man die Fernwärme gerade auch an kalten Wintertagen sicher bereitstellen kann. Das ist der Vorteil, wenn wir eine zusätzliche, eine dritte Anlage haben. Heute haben wir zwei Heizturbinen, aus denen wir die Fernwärme auskop-peln.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt ist Herr Fontagnier an der Reihe.

Fontagnier (Einwender): Ich habe eine Frage an das Regierungspräsidium und eine Frage an die Antragstellerin zum Thema CCS-Kohlendioxidabscheidung.

Ich bin kein Fachmann. Ich habe versucht, mir anzu-schauen, um was es geht und was unter der selbst mir merkwürdig erscheinenden Überschrift angepriesen wurde: „Wir denken zukunftsorientiert“. Unter dieser Überschrift hat das Großkraftwerk auf seiner Webseite dafür geworben, es später nachzurüsten. Es hat auch in den Antragsunterlagen einen Platz dafür auf dem Gelände vorgesehen. Das ist alles wunderbar.

Aber man müsste den Menschen hier in der Region eigentlich auch sagen, was passiert, wenn diese nach meiner Meinung nicht funktionierende Technik tatsächlich kommen würde. Dann müssten die Neckarauer damit rechnen, dass durch ihren Ortsteil eine Pipeline geht und dass jährlich 8 Millionen t flüssiges CO2 transportiert werden. Ich denke, das sollte man den Leuten sagen, wenn man unter der Überschrift „Wir denken zukunftsori-entiert“ eine Technik anpreist, die momentan noch im Versuchsstadium ist und von der man nicht weiß, ob sie überhaupt funktioniert.

Die Fachleute sagen aber, dass sie wohl zwischen 2015 und 2020 verfügbar wäre. Wenn sie dann nachge-rüstet wird, würden noch mal 1 bis 2 Milliarden € Nachrüs-tungskosten entstehen.

Ich frage mich jetzt: Streut uns die Antragstellerin nicht Steinkohlenasche in die Augen, wenn sie eine solche Technik anpreist? Ich kann mir weder vorstellen, dass das noch jemand bezahlen kann, wenn das nachgerüstet wird, noch kann ich mir vorstellen, dass diese Unmengen von flüssigem CO2 irgendwie abtransportiert werden können, ohne dass es dabei zu großen Risiken für die Anwohner kommt.

Wenn ich aber die Antragstellerin ernst nehme und wenn Sie sich als klimaschonend und zukunftsorientiert verkaufen, dann frage ich Sie: Warum bauen Sie dann jetzt? Warum bauen Sie dann nicht 2015 oder 2020, ohne nachzurüsten, und bauen dann gleich Ihren Block 9 inklusive der Kohleabscheidung? Diese Frage stelle ich mir als Normalbürger.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

An das Regierungspräsidium richte ich folgende Fra-ge: In Hamburg wurden im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk Moorburg Auflagen in dem Sinne erteilt, dass diese Nachrüstung zwingend in die Unterlagen geschrieben werden musste. Das heißt, in Moorburg muss das CCS, wenn es verfügbar ist, nachgerüstet werden.

Ich frage das Regierungspräsidium: Ist es auch in un-serem Fall bei Block 9 möglich, dies in die mögliche Genehmigung hineinzuschreiben? Sollte das möglich sein, dann würde ich das verlangen. Von der Antragstellerin verlange ich, mit der Planung aufzuhören und 2015 wieder anzufangen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Zum Letzteren können wir vorab antworten, weil das wahrscheinlich wesentlich kürzer als Ihre Ausführungen wird.

Uns reicht es, wenn wir die Fläche vorhalten, und zwar aus genau den Gründen - nicht ausgereift, technisch noch gar nicht verfügbar -, die Sie genannt haben.

Zu den Kosten kann der Antragssteller vielleicht etwas sagen. Die Kosten scheinen mir sehr hoch gegriffen zu sein, denn wenn man 1 Milliarde € für einen Block inves-tiert und hinterher 2 Milliarden € für den Abtransport des CO2 bezahlt, dann wedelt ja der Schwanz mit dem Dackel.

Aus genau den Gründen, die Sie selber schon ange-deutet haben, werden wir ganz sicher keine zwingende Verpflichtung hineinschreiben, sondern nur die Vorhalte-fläche. In der Begründung - das steht auch im Protokoll - wird sozusagen die Selbstverpflichtung formuliert, es auch umzusetzen, wenn es denn so weit ist. Aber eine zwin-gende Verpflichtung? - Ich glaube auch gar nicht, dass es wortwörtlich so in der Genehmigung für Moorburg steht.

Ich meine, etwas, das technisch nicht ausgereift ist und das rechtlich noch nicht verbindlich vorgeschrieben ist, kann freiwillig jederzeit gemacht werden. Aber aufdrü-cken kann man es ganz sicher nicht.

Fontagnier (Einwender): Darf ich Sie bitten, Frau Salchow, sich vielleicht in Ham-burg-Moorburg zu erkundigen? Denn es gibt die Unterla-gen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja, wir haben die Genehmigung.

Fontagnier (Einwender): Danke.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schwaab, ein Satz.

Schwaab (RP Karlsruhe): Ich hatte vorhin im Zusammenhang mit CO2 auf das Vorsorgeprinzip hingewiesen. Solange § 5 BImSchG und der Verweis und die Beschränkung auf das TEHG nicht geändert sind, haben wir keinerlei rechtliche Grundlage, hier etwas zu fordern. § 17 greift erst dann, wenn wir eine Verpflichtung begründet haben. Der Gesetzgeber müsste es erst einmal hinkriegen, dass er durch Änderung des TEHG und des BImSchG - ich sehe nur den Weg, dass man beides ändert - den Stand der Technik definiert. Vorher geht nichts. Es tut mir leid, das sagen zu müssen. Aber es ist im Moment rechtlich nicht begründbar.

(Gieseke [EW’in]: Darf ich direkt dazu was sagen?)

Verhandlungsleiterin Salchow: Eigentlich wäre jetzt der Herr Gödeke an der Reihe, aber würden Sie die Dame vorlassen, weil sie etwas direkt dazu sagen will?

(Zustimmung von Herrn Gödeke [Sachbeistand])

Gieseke (Einwenderin): Ich möchte etwas zu Moorburg sagen. Das steht in den Verträgen, dass sie nachrüsten müssen. Vattenfall geht davon aus, dass das frühestens 2020 möglich ist. Vatten-fall geht weiterhin davon aus, dass sie klagen werden, eben weil sie solche Nachbesserungen in den Verträgen haben. Wenn ich mir vorstelle, wie es heute den ganzen Tag gelaufen ist, gehe ich davon aus, dass wir genau die gleiche Situation haben.

An das Regierungspräsidium gewandt möchte ich sa-gen: Es ist aus meiner Sicht merkwürdig, dass Sie sich keine Sorgen um die Gesundheit der Bürger machen. Anstatt die Gesetze in dem Sinne anzuwenden, dass die Nachhaltigkeit umgesetzt wird und dass die Gesundheit der Bürger geschützt wird, machen Sie sich Gedanken darüber, ob die Wirtschaftlichkeit für das GKM gegeben ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das machen wir nicht. - Frau Gieseke, darauf sofort die Antwort: Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das gesagt haben. Wir können das natürlich nicht wissen, weil uns nur die Genehmigung vorliegt, nicht aber die Verträge mit der Stadt Hamburg. In den Verträgen mag das so stehen, aber in einem Bescheid einer Genehmigungsbehörde kann das nicht Gegenstand sein. Ich sage ja: So etwas kann man gerne freiwillig in Verträgen vielleicht mit der

Stadt Mannheim machen, aber nicht im Genehmigungs-bescheid. Die Verträge liegen uns natürlich nicht vor.

Was das Zweite betrifft, haben Sie etwas missverstan-den. Wir machen uns keinerlei Gedanken um die Wirt-schaftlichkeit dieses Vorhabens. Der Unternehmensträger ist selber groß. Wenn er etwas tut und sich dabei verga-loppiert, dann geht es mit ihm heim. Sie werfen uns vor, dass wir Gesetze anwenden. Nichts anderes können wir als Genehmigungsbehörde. - Jetzt wäre der Herr Gödeke an der Reihe.

Gödeke (Sachbeistand): Ich komme noch einmal auf die Feuerungswärmeleistung zurück. Da kann ich Sie jetzt nicht so einfach herauslas-sen. Sie müssen durchaus auch Angaben zu den 2100 MW machen. Ich finde in dem Antrag keine Zuord-nung der 2100 MW z. B. zur Rauchgasmenge. Das haben Sie so beantragt; so steht es in der amtlichen Bekanntma-chung. Irgendwelche betrieblichen Erfordernisse sind nicht genehmigungsrelevant. Das ist Ihr Privatproblem beim GKM; es hat mit dem Verfahren nichts zu tun. Sie müssen zu dem, was Sie beantragt haben, Angaben im Antrag machen, und zwar nachvollziehbare Angaben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich sage es noch einmal: Die Daten, die Gegenstand des Antrags sind, beruhen auf der Feuerungswärmeleistung, die 116 % der Nennleistung beträgt. Das sind die 2130 MW.

Gödeke (Sachbeistand): Das ist nicht zutreffend. In der Energiebilanz rechnen Sie mit 1812 MW.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe nicht von der Energiebilanz gesprochen, sondern von Rauchgasmengen und von dem, was in die Ausbrei-tungsrechung eingeht. Das hatten Sie vorhin angespro-chen: die Immissionsprognose.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe überhaupt nicht von der Immissionsprognose gesprochen. Sie wollen schon wieder Ihre berühmte Irrelevanz in der Immissionsprognose ansprechen. Ich habe von der Energiebilanz und von elektrischem Wir-kungsgrad gesprochen. Es gibt ja ein Protokoll. Sie müssen schon zuhören. Es ist zwar schon spät abends, aber dabei sollte man trotzdem nicht sein Gedächtnis verlieren. Unterstellen Sie mir bitte nicht etwas, was ich nicht gesagt habe! Ich habe über den elektrischen Wir-kungsgrad gesprochen.

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Ich habe auch von Rauchgasmengen gesprochen. Beides ist im Antrag nicht schlüssig wiedergegeben. Es ist einander nicht zugeordnet.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Haben Sie nun von Rauchgasmengen gesprochen oder nicht? Das haben Sie doch gerade selbst gesagt.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe auch von Rauchgasmengen gesprochen. Es ging aber in erster Linie um die Energieeffizienz, zu der Sie keine Angaben gemacht haben. Das war die Kernfrage. Dass zudem auch die Angaben zu den Rauchgasmengen nicht schlüssig sind, ergibt sich zwangläufig.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich beantrage auch keine Energiebilanz, sondern eine Anlage mit einer bestimmten Feuerungswärmeleistung. Wenn Sie den Eindruck erwecken wollen, man würde etwas anderes im Betrieb machen wollen, als genehmigt ist, dann liegt das daneben. Beantragt sind 2130 MW, sonst nichts. Die Energiebilanz ist ein Beiwerk, ist nicht Inhalt der Genehmigung und kein Kernelement eines Antrags. Die brauche ich als Genehmigungsvorausset-zung eigentlich gar nicht vorzulegen.

Gödeke (Sachbeistand): Beantragt sind 2100 und nicht 2130 MW, um ganz korrekt zu sein. Aber die Energiebilanz haben Sie mit 1812 MW gerechnet. Versuchen Sie es nicht wieder so schulmeis-terlich! Sie wissen es nämlich nicht besser, auch wenn Sie so tun, als ob. Sie müssen schon den eigenen Antrag lesen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben diesen Disput jetzt zu Protokoll genommen und werden uns sicherlich morgen im Rahmen der Immissi-onsprognose weiter mit dem Thema befassen.

Ich würde das Thema Kraftwerkskonzept und Energie-konzept jetzt gerne verlassen.

(Fontagnier [EW]: Meine Frage ist leider nicht beantwortet worden!)

Ich würde sagen, jetzt kommt Herr Block noch dran. Dann möchte ich die Rednerliste zu diesem Thema gerne schließen.

(Fontagnier [EW]: Meine Frage ist vom An-tragsteller nicht beantwortet worden, warum er nicht erst 2015 baut, wenn das CCS funk-tioniert!)

- Das stimmt.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Funktioniert das 2015? - Sie haben doch selber gesagt: Kein Mensch weiß, wann es funktioniert. Ihre Prämisse stimmt doch nicht. Kein Mensch weiß es.

(Fontagnier [EW]: Sie haben es aber selbst geschrieben!)

- Nein.

(Fontagnier [EW]: Da steht, spätestens 2020 wird es funktionieren!)

- Es steht nirgendwo, wann es spätestens funktionieren wird. Man sagt, es sind Forschungsarbeiten, es ist vorerst technisch nicht verfügbar. Man kann erwarten, dass es irgendwann kommt. Erst sprachen Sie von 2020, gerade sprachen Sie von 2015. Worüber reden wir jetzt? Wir reden über heute und nicht über 2020. Der Energiebedarf fordert die Anlage heute und nicht im Jahr 2020; das hat Herr Ehmann heute Morgen erklärt.

Letztlich ist es für die Genehmigungsentscheidung oh-ne Bedeutung; das kommt noch hinzu. Wir sitzen hier, beantworten alle Fragen, die nicht entscheidungsrelevant sind, und werden permanent angegriffen, dass wir Ihre Fragen nicht beantworten würden - was hinten und vorne nicht stimmt.

Irgendwann sollten Sie einmal darüber nachdenken, was der Sinn dieser Veranstaltung ist. Der Sinn dieser Veranstaltung besteht darin, die rechtlichen Vorausset-zungen für die Erteilung der Genehmigung zu erörtern. Aber wir reden einen halben Tag über Dinge, die damit nichts zu tun haben. Wir stellen uns dem, wehren uns aber dagegen, dass Sie uns dabei noch beschimpfen.

(Gödeke [Sachbeistand]: Ich habe Sie nicht beschimpft! Danke, Herr Lehrer!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Der nächste Redner ist Herr Block.

Block (BUND): Ich denke, wenn es der Wahrheitsfindung dient, sollte man uns, Herr Professor Dolde, manchmal auch eines zubilli-gen: Wir sind - zugegeben - nur Laien. Ich würde mich durchaus als einen in Genehmigungsverfahren schon gebildeten Laien bezeichnen. Aber wir sind Laien.

Manche unserer Fragen sind für Fachleute mit Sicher-heit penetrant; für manche sind sie sehr wahrscheinlich sogar unter der Gürtellinie, weil sie sich fragen: Warum kapieren die das nicht? Für manchen ist Recht ein sehr beugbarer Begriff. Sie, Herr Schwaab, und die Leute, Frau Salchow, die täglich damit zu tun haben, haben da den größeren Überblick.

Einige hier sind immer noch der Ansicht, dass wir ein demokratisches Spielchen spielen. Das spielen wir auch, so gut wir es können, mit dem Herzblut, das dahintersteht:

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Wir wollen den Kindern unsere Umwelt einigermaßen so weitergeben, wie wir sie einmal ererbt haben. Deswegen hocken wir hier.

Vor diesem Hintergrund kann es durchaus sein, dass Ihnen eine Frage von Ingo, der sich in dieses Zeug hinein-steigert, zu Recht vielleicht auf den Keks geht, weil Sie es jetzt zum dritten Mal beantworten müssen. Das sollte Ihnen aber die Sache wert sein. Denn das gehört zum Rahmen eines demokratisch ablaufenden Verfahrens, in dem wir uns im Augenblick befinden. Da gibt es Wiederho-lungen und auch Längen. Es ist auch unsere Zeit, die wir hier absitzen, nicht nur Ihre. So viel zu dem Punkt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Jetzt zum Zweiten: Ihr Einsatz ist nur auf Kohle be-schränkt. Ich gehe davon aus, Sie benutzen in keinem Betriebszustand Heizöl oder sonst irgendetwas. Ist das richtig?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wir benötigen natürlich Heizöl zum Starten. Sie können Kohle - auch Kohle als Feinstaub, wie wir ihn in der Staubfeuerung verbrennen - nicht direkt zünden. Es ist in unserem Antrag auch beschrieben, dass wir mit Gas einen Zündbrenner zünden. Mit diesem Zündbrenner zünden wir eine Schwerölflamme. Die Schwerölflamme zündet dann die Kohle. Wenn die Kohle brennt und spätestens, wenn zwei Mühlen in Betrieb sind, geht das Öl aus Sicherheits-gründen heraus. Dann wird kein Öl mehr benötigt. Das heißt, die Anlage wird mit Kohle gefahren. Es ist ein Kohleblock. Aber zum Starten und gegebenenfalls auch zum Abstellen werden gewisse Mengen an Öl gebraucht.

Block (BUND): Gut, das ist okay; einverstanden. Sie benutzen also sonst kein Heizöl. Das ist wichtig.

Das Zweite: Vorhin wurde über die Lkw-Fahrten ge-sprochen. Sicherlich ist das im Rahmen des Themas Immissionen zu behandeln. Aber wir haben eine herzliche Bitte, die Sie erfüllen können: Sie können die Zulieferer bzw. Ablieferer, die bei Ihnen tätig werden, dazu verpflich-ten, dass sie die modernsten Fahrzeuge benutzen, was die Schadstoffminimierung anbelangt.

Das größere Problem sind jedoch die Schiffe. Schiffe arbeiten auch auf dem Rhein mit Schwerölen. Sie alle wissen, was Schweröl in Bezug auf die Emissionen bedeutet. Ich weiß nicht, ob Sie als Betreiber und das Regierungspräsidium als Genehmigungsbehörde darauf hinwirken sollten - Herr Professor Dolde, auch das ist für dieses Verfahren wieder völlig irrelevant -, dass die Grenzwerte, die z. B. für jedes Auto gelten, auch für Schiffe gelten.

Wenn Sie einmal berechnen, wie viele Tonnen Kohle pro Stunde benötigt werden, wenn alle Blöcke am Netz wären - vielleicht 600 oder 700 t pro Stunde, was weiß denn ich? -, und wenn Sie dann hochrechnen, wie viele Tonnen Sie am Tag mit Schiffen anliefern müssen und wie viele Schifftransporte dadurch notwendig werden, dann wird Ihnen klar, welche Emissionen alleine diese Schiffe verursachen. Diese Schiffe haben keinerlei Filter; die blasen das fröhlich hinaus.

Sie sollten sich vielleicht bemühen, auch mit Blick auf die Kundinnen und Kunden da tätig zu werden und zu fordern: „Leute, tut doch auch etwas.“ Das Regierungs-präsidium muss aufgefordert werden, diese Emissionen in seine Emissionsbilanz einzurechnen. Das habe ich ver-misst.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Essig (RP Karlsruhe): Herr Ehmann, sagen Sie vielleicht etwas zu den Schiffs-emissionen, die in der Immissionsprognose nicht erfasst sind.

Ehmann (Antragstellerin): Darüber sollten wir morgen im Detail diskutieren. Aber wir haben die Emissionen aus den Schiffen im Nahbereich des Kraftwerks in die Emissionen hineingerechnet. Sie sind auch in der Immissionsprognose berücksichtigt, und zwar alles: ob es Schwefel oder was auch immer ist, was aus dem Schiffsdiesel herauskommt.

Sie gehören nicht zur Anlage, aber wir haben das trotzdem gemacht, um uns am Schluss den Vorwurf zu ersparen, wir würden die irgendwie unter den Tisch fallen lassen. Wir können natürlich nicht die komplette Wasser-straße, den Rhein, berücksichtigen. Das ist eine öffentli-che Wasserstraße; darauf haben wir keinen Zugriff.

Ansonsten: Wir haben ein Interesse daran, dass wir entsprechend gute und neue Schiffe bekommen. Dadurch ist für uns auch das Entladen einfacher. Eine ganze Menge unserer Lieferanten kommt schon mit neuen und auch mit großen Schiffen, sodass wir große Transport-kapazitäten auf einmal abwickeln können. Soweit wir vertraglich Einfluss darauf haben, sind wir auch bestrebt, das umzusetzen. Formal haben wir jedoch keinen Einfluss auf das, was auf der Bundeswasserstraße passiert.

Verhandlungsleiterin Salchow: Letzter auf der Rednerliste zu Tagesordnungspunkt 3 ist Herr Weyland.

Weyland (BUND): Auch ich hätte eine Frage zu Schiffen. Ich finde es erfreu-lich, dass Sie als Antragstellerin so besorgt um den enormen Anteil der Schiffsemissionen an den Gesamt-emissionen der Anlage sind.

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Meine Frage bezüglich der Schiffe bezieht sich auf die Versorgungssicherheit von Block 9. Ich hätte gerne eine Auskunft, inwieweit es in einem Energie- und Anlagenkon-zept auch Berechnungen oder Vorkehrungen gibt, was denn passiert, wenn die Anlieferung per Schiff nicht mehr möglich sein wird.

In den Antragsunterlagen wird festgestellt, dass die erforderliche Gesamtmenge zu 100 % per Schiff angelie-fert werden kann, aber nur zu 33 % von der Bahn bereit-gestellt werden kann. Was würde für den Fall eines dauerhaften Ausfalls der Wassertransportwege, z. B. in Folge von Klimawandel, Havarie im Rhein, Rheinniedrig-wasser, Rheinhochwasser, was in Zukunft ja nicht unbe-dingt seltener vorkommen wird, geschehen? Wie soll die Versorgungssicherheit von Block 9 sichergestellt werden? - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Sie haben selbst angesprochen, dass wir auch über die Bahn Kohle anliefern lassen. Es ist heute schon ein praktiziertes Verfahren bei uns, dass wir einen bestimmten Anteil per Bahn bekommen, um einfach ein zweites Standbein zu haben.

Wenn Sie fragen, warum wir nicht z. B. 100 % Prozent per Bahn anliefern lassen, dann ist die Antwort, dass das einfach nicht machbar ist. Es gibt heute auf der Schiene gar nicht die Kapazitäten, die notwendig wären, um so viel Kohle transportieren zu können. Es gibt in dem Umfang auch keine geeigneten Bahnwaggons. Wir meinen, dass wir mit diesem Anteil von maximal einem Drittel ausrei-chend abgesichert sind.

Außerdem werden wir auch über ein Kohlelager verfü-gen, das, wie Sie im Antrag nachlesen können, eine Kapazität von 330 000 m³ hat. Wenn Sie das auf den nominellen Bedarf umrechnen, den wir bei Nennlast haben, dann ist das eine Speicherkapazität von mehr als 40 Tagen. Hinzu kommt die Bahnanlieferung.

Die Schifffahrt auf dem Rhein wird eigentlich nur bei Hochwasser eingestellt.

(Block [BUND]: Bei Niedrigwasser!)

- Nein. Die Schifffahrt wird bei Niedrigwasser eigentlich nicht eingestellt. Bei Niedrigwasser müssen Sie die Beladung entsprechend zurücknehmen. Der kritische Punkt beim Rhein ist Kaub. Dort befindet sich vom Unter-grund her eine Granitschwelle. Die Schiffe, die von Rot-terdam kommen, müssen darüber. Das regelt die Bela-dung.

Ansonsten ist es so, dass der Rhein einen bestimmten Mindestwasserstand nicht unterschreitet, wie man in den letzten Jahren erkannt hat, da Grundwasserströme in den Rhein einströmen bzw. eingeleitet werden. Das Grund-wasser geht bestimmte Wege; das ist auch in unserem Bereich der Fall. Es geht unter anderem auch in die Flüsse. Insofern unterschreitet der Rhein typischerweise ein bestimmtes Niveau nicht.

Im Rhein ist also nicht nur Wasser aus dem Bodensee oder aus den Alpen, sondern es kommt aus dem ganzen Land. Im oberen Grundwasserleiter sind Wasserströme vorhanden, die in den Fluss hineingehen. Deshalb wird der Rhein typischerweise unterwegs immer wieder ge-speist. Das kann Ihnen im Wasserrechtsverfahren bestä-tigt werden. Das ist typischerweise so. Das sind Erfahrun-gen, die man gemacht hat.

So ist der Rhein z. B. auch im Jahr 2003 nicht unter einen bestimmten Pegel gefallen. Deshalb hat man nach den bisherigen Erfahrungen immer die Chance, auch bei Niedrigwasser - zwar mit geringeren Kapazitäten, aber trotzdem - den Schiffsbetrieb aufrechtzuerhalten.

Insofern sehen wir keine Probleme, dass wir den Block mit diesen Maßnahmen - sowohl mit dem Kohlelager als auch mit dem Bahnverkehr und gegebenenfalls mit dem eingeschränkten Schiffsverkehr mit niedrigen Zuladun-gen - kontinuierlich betreiben können.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir kommen jetzt zum letzten Punkt des heutigen Tages, und zwar zu Tagesordnungspunkt 4:

4. Bau- und Planungsrecht

In diesem Zusammenhang wurden im Wesentlichen vom BUND und von Herrn Block insbesondere das Fehlen eines qualifizierten Bebauungsplans und die mangelnde Vereinbarkeit des Blockes 9 mit Landes- und Regional-planungsrecht gerügt. Insbesondere wurde gerügt, dass das Einfügen in die vorhandene Bebauung - § 34 Bau-gesetzbuch - nicht gegeben sei. - Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistandt): Nach § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Wir sind der Auffassung, dass am Standort des Industrie-gebiets im Bereich GKM eine derartige Ballung und Entwicklung eingetreten ist, die nach der Vorschrift des Baugesetzbuchs eine Bauleitplanung erforderlich macht und entsprechend eine Handlungspflicht der Stadt Mann-heim auslöst, um eine städtebauliche planerische Ord-nung geordnet durchzuführen.

Sich allein auf § 34 BauGB zurückzuziehen, halten wir an dieser Stelle für viel zu kurz gegriffen. Wir haben hier einen besonders herausgehobenen Standort. Er liegt am

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Stadtrand. Er liegt sogar am Rand des Bundeslandes. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite haben wir eine völlig anders strukturierte Landschaft und andere planungs-rechtliche Situation. Dort gibt es Schutzgebiete, sodass eine besondere Konfliktlage gegeben ist, weil völlig unterschiedlich strukturierte Bereiche unmittelbar aufein-andertreffen, getrennt durch die Bundeswasserstraße.

Hinzu kommt noch, dass es Dinge wie Gebäudehöhe, Baumassenzahl, Grundflächenzahl und anderes mehr an dieser Stelle bei dieser besonders herausgehobenen Massierung von Verbrennungsanlagen erforderlich ma-chen, in eine Bauleitplanung einzutreten. Deswegen halten wir an dieser Stelle die planungsrechtliche Situation für völlig unzureichend, auch was die Stadtebene und das Satzungsrecht betrifft.

Bei der Frage der Landesregionalplanung verhält es sich so, dass der Regionalplan „Unterer Neckar“, der zwar schon etwas älter ist, aber trotzdem nach wie vor Gültig-keit hat, in Kapitel 5.9 den Grundsatz enthält, wonach ein Raumordnungsverfahren bei einem solchen Großkraft-werk grenzüberschreitend durchgeführt werden soll. Dabei handelt es sich um eine Sollvorschrift, von der abgewi-chen werden kann; das ist klar. Das bedarf aber einer besonderen Begründung, und diese Begründung habe ich im Rahmen der Antragsunterlagen zumindest nicht nach-vollziehen können. Insofern wäre eine Stellungnahme der Behörde sinnvoll.

Ich weiß, dass die Stadt Mannheim die Auffassung vertritt, dass eine Ausnahme von dieser Soll-Vorschrift gegeben ist, weil der Standort an dieser Stelle in diesem Regionalplan als Ziel für Energieversorgung vorgegeben ist. Das ist richtig. Der Standort ist regionalplanerisch als Zielvorgabe enthalten. Aber Energieversorgung heißt ja nicht, dass dort wieder ein Kohlekraftwerk mit einer solchen Dimension stehen muss. Dort kann auch etwas anderes hinkommen.

Um das abzuklären, ist ein Raumordnungsverfahren erforderlich, weil es weit über den engen Standortbereich hinausschaut und vor allem auch die grenzüberschreiten-den Belange berücksichtigt, die im engen Blick der Stadt Mannheim, die sich auf ihren eigenen Gemarkungsbereich beschränkt, nicht enthalten sind.

Deswegen wird von Seiten des BUND und der ande-ren Einwender, die ich vertrete, im Verfahren eindeutig die Forderung nach Durchführung eines Raumordnungs-verfahrens erhoben. Wir rügen, dass dies bisher nicht durchgeführt worden ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah oder Herr Staible! Ich nehme an, dass die Stadt Mannheim zum ersten Themenkomplex Stellung nehmen möchte.

Staible (Stadt Mannheim): Frau Salchow, herzlichen Dank. - Normalerweise muss ich begründen, warum wir Bebauungspläne machen. Jetzt muss ich ein bisschen anders argumentieren. Das fällt mir in diesem Fall entsprechend leicht.

Für diejenigen, die nicht jeden Tag mit dem Baupla-nungsrecht zu tun haben, möchte ich vorausschicken dass das Bauplanungsrecht für alle gleich ist. - Das gilt natürlich für alle, egal, ob es eine juristische Person oder eine Privatperson ist.

Rein die Größe eines Vorhabens schließt nicht aus, dass sich das Vorhaben einfügen kann. Wir haben hier eine Situation vorgefunden, die wir ganz zweifelsfrei dem unbeplanten Innenbereich zuordnen können. Diesbezüg-lich ist für uns überhaupt keine Frage: § 34 gilt in diesem Fall vollumfänglich.

Wir haben das Vorhaben hinsichtlich der entscheiden-den Kriterien des Sicheinfügens geprüft: Art und Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche. Alle diese Kriterien sind in unseren Augen erfüllt.

Darüber hinaus haben wir das weitere Erfordernis der Sicherung der Erschließung erfüllt. Es liegt diesbezüglich ein hochleistungsfähiges Verkehrsnetz vor, das wir erst in den letzten Jahren mit der zweiten Hafenzufahrt wesent-lich nachgebessert haben, um eben auf diese sich ver-dichtenden Entwicklungen, die Sie angesprochen haben, zu reagieren. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass auch der zusätzlich generierte Verkehr abgewickelt werden kann. Wir haben also auch die Frage der Siche-rung der Erschließung behandelt.

Bei den gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen, die ebenfalls noch gewährleistet sein müssen, gehen wir davon aus, dass das im Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz hinreichend geprüft werden kann.

Was das Ortsbild als letztes Kriterium angeht, muss man sagen: Die Situation ist natürlich - Sie haben es angesprochen - je nachdem, aus welcher Perspektive man es sieht, entsprechend vorbelastet. Dort ist keine besonders schützenswerte Ortsbildsituation gegeben. Außerdem handelt es sich um ein rein bodenrechtliches Kriterium.

Aus unserer Sicht müssen wir sagen, dass wir dem § 34 von uns aus keine weiteren Kriterien hinzufügen dürfen.

Wir halten darüber hinaus die Situation einer Pla-nungspflicht, die Sie angesprochen haben, in der konkre-ten Situation für nicht gegeben. Sie wissen, die Latte bezüglich des Punktes, ab dem eine Kommune nach der Rechtsprechung in eine Planungspflicht eintreten muss, liegt sehr hoch. § 34 mit seinen Kriterien, wie ich sie eben genannt habe, steuert grundsätzlich ausreichend das

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bauliche Geschehen. Das ist auch so anerkannt. Es gibt hier keine Situation, die aus unserer Sicht bodenrechtliche Spannungen hervorrufen würde.

Wir sehen natürlich - das ist ganz zweifelsfrei -, dass es keine Koordinations- und Steuerungspflicht gibt, die zu einer solchen Planungspflicht führen würde: Aber es gibt eine Prüfpflicht im Hinblick auf die Betroffenheit öffentli-cher Belange. Das steht ganz zweifelsohne aus. Dafür ist aber gerade das Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz der richtige Ort.

Selbst wenn wir einen Bebauungsplan aufstellen wür-den, d. h. wenn wir uns in die Lage versetzen, § 34 wäre nicht oder nicht hinsichtlich aller Kriterien gegeben, wissen wir - das wissen auch Sie -, dass es eine Arbeitsteilung zwischen dem Immissionsschutzrecht und dem Baupla-nungsrecht gibt. Dann wären wir im Grunde genommen in der gleichen Situation wie heute. Wir würden - dafür ist das Bauplanungsrecht nicht gemacht – nicht alle Details der Zulassungsfähigkeit prüfen. Im Bauplanungsrecht ginge es dann ohnehin nur um die Grundsatzfrage der grundsätzlichen Standorteignung. Von daher wäre auch unter diesem Gesichtspunkt die Situation nicht anders.

Das heißt, aus unserer Warte ist § 34 das hinreichen-de Instrument, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. Entsprechend lautet die Begründung für das gemeindliche Einvernehmen. - Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Es tut mir leid, aber ich war 20 Jahre lang Stadtrat in Karlsruhe. In Karlsruhe hat man den Bebauungsplan anders gesehen, auch den vorhabenbezogenen Bebau-ungsplan. Zugegeben, § 34 ist ein Würstelbudenparagraf. Aber die Kommune kann den Antragstellern ganz klar hineinschreiben, dass sie wünscht, dass z. B. der Punkt 2, nämlich die gesundheitliche Beeinträchtigung der Wohn-bevölkerung, so weit wie möglich minimiert wird.

Wenn das ein Gemeinderat macht und wenn dahinter ein politischer Wille steht, dann sind die Herren, die gleichzeitig auch einen Teil des Kapitals dieser Stadt zu vertreten haben, gezwungen, das Beste für die Bevölke-rung herauszuholen. Das ist ein Druckmittel. Deswegen verstehe ich nicht, warum Sie nicht im vorhabenbezoge-nen Bebauungsplan mit diesem Druckmittel arbeiten.

Als ich das Gelände abgegangen bin, ist mir die Wind-sperre aufgefallen. Wenn Sie die C-Abscheidung noch hinzunehmen, haben Sie einen geschlossenen Windrie-gel. Bei einer bestimmten Windrichtung der Windrose haben Sie dort einen abgeschlossenen Bereich, und die Wohnbebauung ist direkt dahinter. Das heißt, diese Leute werden über den Rhein weg vom Wind abgeschlossen.

Ich hätte gesagt: „Leute, ich möchte, dass dort nicht noch ein Windriegel vorhanden ist und dass auf diesem Gelände nicht gebaut wird.“ Wenn, dann die Blöcke 3 und 4 abreißen! Aber was kommt dann dorthin? - Das kann ich mir als Kommune doch nicht von irgendjemandem aus der Hand nehmen lassen.

Das heißt nicht, dass Sie gegen das Projekt sind, son-dern nur, dass Sie etwas für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt tun. Ich muss Ihnen sagen: Karlsruhe hat das wenigstens gemacht. Ihnen muss ich schon vorwerfen, dass das hier nicht so doll ist.

Das Zweite: Wir haben uns das Werk in Karlsruhe an-geguckt und haben uns gefragt: Kennen die eigentlich die Regionalplanung des Landes nicht? Kraftwerksstandorte sollen, auf geeignete Räume im Land verteilt, günstig zum Verbundnetz und zu gegenwärtigen und künftigen Verbrauchsschwerpunkten liegen. Verbrauchsschwer-punkte gibt es hier. Aber wie ist das z. B. mit der Wärme?

Sie haben hier so viel Wärme. Sie haben vorhin ausei-nanderklamüsert, wie viel Wärme Sie haben. Wenn Sie noch die Müllverbrennung und den ganzen Wärmeüber-schuss in diesem Bereich hinzunehmen, dann ist eine Kraft-Wärme-Kopplung an diesem Ort nicht mehr gege-ben. Sie müssten auf andere Verfahren umstellen, z. B. auf dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsmodelle u. ä., um Wärme noch weiter hinauszuliefern. Aber doch nicht auf ein Fernwärmenetz, das ohne Ende Verluste hat und wo Sie aufheizen müssen!

Das heißt, diese Standortplanung widerspricht der Re-gionalplanung. Deswegen kann ich meinem Vorredner nur Recht gegeben: Da gehört eine Raumplanung hin, und die Raumplanung liegt beim RP. Insofern sehe ich durchaus eine Verantwortung auch des Regierungspräsidiums zu sagen: „Leute, was macht ihr eigentlich? Am falschen Ort die falsche Anlage mit allen falschen Konsequenzen?“

Noch einmal: Die Stadt Mannheim ist meiner Ansicht nach schlecht beraten, wenn sie sich ein solches - zugegebenermaßen schwaches - Schwert aus der Hand nehmen lässt, indem sie sagt: „Die können das sowieso bauen; das ist sowieso als Industrieanlage vorgesehen. Es ist sowieso ihr eigenes Gelände.“ Wenn man so mit Allgemeingut, nämlich mit Recht, umgeht, dann hat man eigentlich seinen Job verfehlt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Heidenreich (Einwender): Mich befremdet sehr die Ansicht, die sich die Stadt zu eigen gemacht hat, indem sie sagt: Es gibt keine Beein-trächtigung des Ortsbildes bzw. der Ansicht. Wenn man auf der Altriper Seite aus Altrip herauskommt und zur Fähre will, dann hat man jetzt schon einen Blick auf einen Industrieriegel. Das ist eine Wand. Das ist schon sehr heftig und störend. In der Zukunft wird man dann vom

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Ortsausgang Altrip aus eine noch größere Wand wahr-nehmen, sozusagen eine endlose Wand. Von rechts bis links sieht man nichts anderes mehr als nur Industriebau-ten.

Vor diesem Hintergrund finde ich diese Ansicht, die man sich zu eigen gemacht hat, fast schon unverschämt. Denn man berücksichtigt überhaupt nicht die Ansicht der Leute, die sich dieses Bild immer wieder vor Augen führen müssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Raufelder.

Raufelder (Einwender): Meine Damen und Herren, ein Problem oder eine Schwie-rigkeit besteht darin, dass das Raumordnungsverfahren tatsächlich nicht durchgeführt worden ist. Es wäre wün-schenswert, das noch zu machen. Im Regionalplan von 1994, der zugegebenermaßen schon etwas veraltet ist, und im neu aufgestellten Plan - wir wollen jetzt ja einen einheitlichen Regionalplan machen -, ist gerade dieser Grundsatz, dass man die Bürgerinnen und Bürger in der Metropolregion an solchen Maßnahmen beteiligt, ein hohes Ziel.

Es wäre wichtig, diesen Standort auch regionalplane-risch abzusichern. Gerade für die rheinland-pfälzische Landesgrenze, aber auch für die Bereiche Richtung Rhein-Neckar-Kreis wäre es wichtig gewesen, dieses Raumordnungsverfahren - ich hoffe, dass Sie es nachträg-lich fordern werden – durchzuführen. Denn für die Bürge-rinnen und Bürger wäre das ein wichtiges Instrument, um zu prüfen, ob der Standort richtig ist.

Es ist sogar geplant, eine Fernwärmeleitung von Mannheim nach Speyer zu führen. Sollte man das dann nicht auch regionalplanerisch abprüfen? Es wäre grotesk, eine solche Leitung, die im Grunde genommen für den Standort wichtig und erklärbar ist und die die Kraft-Wärme-Kopplung eigentlich erst möglich macht, nicht zu berücksichtigen. Es wäre sinnvoll gewesen, dort ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, auch in Bezug auf die Fragestellung: Wie wird die Leitung nach Speyer geführt? Welche Auswirkungen hat das letztendlich?

Daher bin ich wirklich sehr stark betroffen, weil ich seit 1985 in verschiedenen regionalplanerischen Gremien sitze, wo wir immer dafür gekämpft haben, Raumord-nungsverfahren durchführen zu können. Das Durchführen von Raumordnungsverfahren ist eigentlich für uns eines der höchsten Ziele.

Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit wird erwähnt, wie wichtig es ist, dass man die Bürgerinnen und Bürger der Nachbargemeinden einbindet. Wir haben verschiedene Fälle, wo wir uns darüber erregt haben,

dass eine Firma von Mannheim nach Ludwigshafen abwandert und dass wir kein ordentliches Raumordnungs-verfahren gemacht haben. Jetzt machen wir so etwas in unserer eigenen Gemeinde, ohne dass wir ein Raumord-nungsverfahren haben.

Daher habe ich noch einmal die Bitte an das RP, sich diese Regionalplanung zu eigen zu machen, weil das Raumordnungsverfahren eine wichtige Funktion hat, und zwar u. a. die Funktion, dass die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugt werden, dass der Standort dann, wenn er ausgewählt ist, der richtige ist; denn das bezweifeln wir immer noch.

Deswegen haben wir heute gerade unter diesem Ge-sichtspunkt gefragt: Ist das überhaupt der richtige Standort für solch ein Kraftwerk? Es gibt noch andere Kriterien, die man klären muss. Das ist nach meinem Dafürhalten im Bundes-Immissionsschutzrecht nicht geklärt.

Hinzu kommt die Problemlage, dass nicht einmal auf der nächsten Ebene, nämlich auf der Ebene des Bebau-ungsplans, die Möglichkeit besteht, Einwirkungen der Bürgerinnen und Bürger auf der gesundheitlichen Ebene zu berücksichtigen. Die direkte Einwirkung durch ein Bebauungsplanverfahren eröffnet die Möglichkeit, dass auch die direkten Anlieger Einwendungen erheben. Auch das wird nicht gemacht.

Deswegen wird das Ganze auf der planungsrechtli-chen Ebene leider nur noch sehr fragmentarisch und nicht mehr in der Form behandelt, wie wir es uns eigentlich in einer Demokratie, in einem Rechtsstaat immer gewünscht haben.

Jetzt kommt noch eines hinzu: Wir haben vor Jahren einen Wettbewerb gemacht, um die Blöcke gestalterisch sozusagen auf Vordermann zu bringen. Dazu gab es sogar einen Architekturwettbewerb. Dies wäre z. B. eine Möglichkeit gewesen, im Bebauungsplanverfahren zu fragen: Wie passe ich dies in das Landschaftsbild bzw. in das Ortsbild von Mannheim ein?

Für uns in der Stadt ist es wichtig, dass wir sozusagen auch eine Schokoladenseite bekommen, wie wir Mann-heim darstellen möchten. Unter dem Aspekt, dass Sie heute planungsrechtlich keine Möglichkeiten haben, wirklich darauf einzuwirken, wie dieser Standort oder wie dieses Bauwerk aussehen soll, wäre ein qualifizierter Bebauungsplan der richtige Weg gewesen.

Das gilt auch für die Frage, wie z. B. die Kohlehalden bebauungsplanrechtlich abgesichert werden. Gibt es da Emissionen? Gibt es dort irgendwelche nachbarschaftli-chen Einwirkungen? Sie müssen sich vorstellen, dass andere Firmen in der Nähe sind - z. B. Lever Sunlicht -, die eine hochsensible Produktionsweise haben. Nebenan sind die großen Kohlenhalden, die durch irgendwelche Staubemissionen den Betrieb dort vielleicht schädigen können.

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Dies alles wäre in einem bebauungsplanrechtlichen Verfahren möglich gewesen. Leider haben wir dieses Verfahren nicht durchgeführt.

Außerdem muss man noch sagen, dass wir in dem angrenzenden Rheinauer Hafen selber den Bebauungs-plan erstellt haben. Daher ist es im Grunde genommen von der Logik her nicht klar, warum man dort einen Be-bauungsplan aufgestellt hat und in einem anderen Indust-riegebiet nicht.

Deshalb habe ich den Wunsch an das Regierungsprä-sidium, dass man sowohl das Raumordnungsverfahren als auch den qualifizierten Bebauungsplan noch nachholt. Denn das ist tatsächlich ein Instrument der Stadtplanung bzw. der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Mannheim, um auf einige Dinge einzuwirken, auf die wir über das BImSchG-Verfahren nicht einwirken können.

Sie haben zu Recht gesagt, dass es sich um ein ge-bundenes Verfahren handelt. Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, dass ein Bebauungsplanverfahren eine ganz andere Dimension gehabt hätte. Von daher plädiere ich dafür, dieses Bebauungsplanverfahren, aber auch den Regionalplan ernst zu nehmen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt hatten sich in der Reihenfolge zuerst Herr Professor Dolde, dann Frau Dahamni-Herm, Herr Block und Herr Krah gemeldet.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich will nur etwas zum Raumordnungsverfahren sagen. Warum die Stadt Mannheim keinen Bebauungsplan aufstellt, hat Herr Staible erklärt. Das ist eine Entschei-dung des Gemeinderats der Stadt Mannheim, die er getroffen hat. Die können Sie gut oder schlecht finden; sie ist getroffen. Für das Regierungspräsidium besteht keine Möglichkeit, sich darüber hinwegzusetzen. Das wäre nur dann der Fall, wenn ohne den Bebauungsplan städtebau-liche Missstände entstehen würden. Davon - so denke ich - kann nun wirklich keine Rede sein.

Zum Thema Raumordnungsverfahren: Wann ein Raumordnungsverfahren notwendig ist, steht im Landes-planungsgesetz und in einer Rechtsverordnung, die die Vorhaben bestimmt, für die ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist. Dazu gehören nur Anlagen im Außen-bereich und nicht - wie in diesem Zusammenhang - Anlagen innerhalb des im Zusammenhang bebauten Bereichs nach § 34 BauGB. Herr Staible hat dargelegt, dass wir uns in einem solchen Bereich befinden. Daran gibt es keinen Zweifel. Das Gesetz und die Rechtsverord-nung gehen dem Regionalplan vor.

Was der Regionalplan geschrieben hat, ist außerhalb der Rechtslage, sage ich einmal vorsichtig. Der Regional-

verband hat dem Vorhaben auch zugestimmt und hat nachher nicht mehr darauf bestanden. Er hat dann einge-sehen, dass das, was darin steht, nicht greift, und hat nicht auf einem Raumordnungsverfahren bestanden.

Zuallerletzt: Im Geltungsbereich des § 34 BauGB wür-de das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens auch nichts bewirken. Wenn die Voraussetzungen des § 34 vorliegen, die Herr Staible genannt hat, besteht ein Rechtsanspruch auf Genehmigung. Das ist der Grund dafür, dass die Raumordnungsverordnung gerade die Vorhaben in § 34 vom Raumordnungsverfahren aus-nimmt.

Es gibt also keine rechtliche Notwendigkeit und keine Rechtsgrundlage, um in dieser Situation ein Raumord-nungsverfahren durchzuführen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Dahamni-Herm.

(Raufelder [EW]: Eine Nachfrage?)

- Ja.

Raufelder (Einwender): Herr Dolde, wie sehen Sie es dann in der Leitungsführung z. B. von Speyer nach Mannheim? Das ist ja sozusagen mit dem Kraftwerk zusammen zu sehen.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich kenne das Projekt nicht. Deswegen werde ich einen Teufel tun, mich dazu zu äußern. Gegenstand unseres Verfahrens ist hier Block 9 an Ort und Stelle und nicht die Fernwärmeleitung nach Speyer. Wir reden über den Block 9 im §-34-Gebiet. Wo und über welche Grundstücke die Leitung verläuft und wie groß die sind, weiß ich nicht. Daher kann Ihnen dazu auch nichts sagen. Über die wird hier auch nicht entschieden.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Ich komme ebenfalls auf diese Leitungen zu sprechen, denn immerhin ist Antragsgegenstand und auch Begrün-dung für die Anlage gewesen, dass eine Kraft-Wärme-Kopplung stattfindet. Es sind Gespräche mit der Stadt Speyer im Gange. Von daher habe ich die Frage: Ist es richtig, dass es schon ein Verfahren zur Verlegung dieser Fernwärmeleitung gab? Wenn nein, wann wird dies stattfinden?

Dann die Frage: Inwieweit wird dieses Verfahren wie-der abgetrennt, und mit welcher Begründung? Ich bin der Meinung, wenn man auf der einen Seite mit der „Metropol-region“ hausieren geht und Werbung macht, hätte es der Stadt Mannheim auf der anderen Seite sehr gut ange-standen, über das Bebauungsplanverfahren und über weitere Planungen auch die Region und die Auswirkungen auf die Region einzubeziehen. Das wäre ein gutes Bei-spiel für gute Nachbarschaft.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Eine solche Planung oder gar ein Verfahren ist uns nicht bekannt und wäre auch, da es sich um eine lineare Struktur handelt, die über zig Grundstücke geht, nicht in unserem Verfahren nach § 13 BImSchG gebündelt. - Dann hat Herr Block das Wort.

Block (BUND): Mir liegt eines im Magen: Wenn der Oberbürgermeister dieser Stadt Aufsichtsratsvorsitzender bzw. Mitglied der MVV ist, wenn der ehemalige Oberbürgermeister Auf-sichtsratsvorsitzender der Antragstellerin ist und wenn dieser gleichzeitig 20 Jahre lang Aufsichtsratsmitglied der Energie Baden-Württemberg war, dann fällt mir auf, dass die Gewaltentrennung hier irgendwie nicht mehr richtig funktioniert.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Anders gesagt: Das Ganze ist ein abgekartetes Spiel. Ich finde das ziemlich übel. Wenn ein vorhabenbezogener Bebauungsplan bei einem derartigen Industriebau nicht von einer Kommune durchgeführt wird, ist das wirklich ein schwerer Mangel. Wenn ich im Gemeinderat säße, würde ich nur eines sagen: kommunale Verfassungsklage! Es kann nicht sein, dass ein Gemeinderat auf dieses Recht, auf dieses Minimum an Recht verzichtet. Ich sage: Da wird von der Spitze Einfluss genommen.

Ich weiß selber, wie es als Aufsichtsrat ist; ich war in 16 Aufsichtsräten. Dort wurde immer betont: „Sie müssen die Interessen dieses Aufsichtsrats vertreten.“

Ein Oberbürgermeister kommt doch in eine totale Kon-fliktlage. Einerseits sieht er die Bürgerinnen und Bürger, andererseits sieht er die MVV. Das kann er gar nicht miteinander koppeln. Das heißt, er müsste das eine Amt sofort aufgeben, damit er das andere Amt neutral ausübt. Das ist hier nicht gegeben, sondern das ist ein reiner Klüngelclub.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nach der Rednerliste hätte Herr Krah jetzt sowieso das Wort. Ich nehme an, dass er dazu jetzt eine erweiterte Stellungnahme abgeben wird.

Krah (Stadt Mannheim): Vielen Dank. Es passt jetzt eigentlich ganz gut.

Ich gebe eine kleine Information für die Auswärtigen, die nach Mannheim gekommen sind und die hier tolle Vorträge halten: Natürlich hat sich der Mannheimer Gemeinderat intensivst mit diesen Fragen befasst - das ist

keine Frage -, und zwar mehrfach. Natürlich gab es auch unterschiedliche Meinungen; das ist keine Frage. Aber der Herr Oberbürgermeister hat dies alles entsprechend zur Diskussion gestellt.

(Zuruf: Gerade nicht!)

- Selbstverständlich, Herr Bannasch. Sie waren ja auch dabei. Er hat es ganz offen zur Diskussion gestellt.

(Bannasch [EW]: Herr Krah, ich hatte mich eben gar nicht geäußert!)

Der Mannheimer Gemeinderat - das sollten Sie wis-sen, Herr Block - hat sich mit einer äußerst großen Mehr-heit dafür ausgesprochen. Im Endeffekt war nur eine Partei dagegen, und es war noch eine Person aus einer anderen Partei dagegen; das weiß Herr Stadtrat Raufel-der. Der Rest hat der Gemeinderat, obwohl er das alles gewusst und vorgetragen bekommen hat - Herr Staible hat es eben hervorragend gemacht -, bewusst so entschie-den: kein Aufstellungsbeschluss. Das war eine ganz bewusste Entscheidung vom Mannheimer Gemeinderat. Das muss ich hier einmal sagen.

(Schaper [EW]: Gegen die Bürger!)

Jetzt sind wir wieder bei dem Selbstverständnis. 16 000 Bürger haben Einwendungen abgegeben, und damit ist das Bürgermeinung. Die anderen, die keine gemacht haben, haben sich jetzt nicht irgendwie gerührt. Das passt alles nicht zusammen. Wir haben einen demo-kratisch gewählten Gemeinderat und haben dies intensiv diskutiert. Gerade der Oberbürgermeister hat in dieser Angelegenheit großen Wert auf Transparenz gelegt. Er hat erstmalig eine Bürgerversammlung durchgeführt. Die Mannheimer wissen es alles. - Sie wissen das natürlich nicht. Aber gucken Sie einmal ins Internet. Dort steht alles; Sie können dort alles nachlesen.

Ich habe es vorhin schon einmal gesagt: Wir haben fünf Vorlagen gemacht. Wir haben intensiv auf Fragen der Mannheimer Antwort gegeben. Es war ein langer Prozess im ganzen Jahr 2008, um diese Dinge abzuklären. Am Ende stand aber die Entscheidung: § 34 BauGB, Zustim-mung § 36 BauGB. Die haben wir abgegeben. Das liegt beim Regierungspräsidium. Das müssen Sie anerkennen. Es ist eine souveräne Entscheidung vom Mannheimer Gemeinderat mit einer überwältigenden Mehrheit gefasst worden. - Ich glaube, damit kann man das Thema jetzt beenden. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, wir waren Ihnen noch eine Antwort schuldig. Sie hatten nicht nur den Antragsteller, sondern auch das Regierungspräsidium gefragt, wie wir uns zur Frage des § 34 stellen.

Herr Professor Dolde hat zwar gesagt, dass uns eine Entscheidung der Stadt Mannheim binden würde, aber wir sind nicht nur immissionsschutzrechtliche Genehmigungs-

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

behörde, sondern Kollegen von uns sind ja auch die höhere Baurechtsbehörde. Da wir wissen, wie brisant das ist und weil es ja auch in Karlsruhe anders gehandhabt wurde – Kühlturm usw. -, haben wir natürlich auch eine Äußerung der höheren Baurechtsbehörde und Raumord-nungsbehörde herbeigeführt. Frau Friede, die dort zustän-dig ist, hat eine Ortsbegehung gemacht und hat die Voraussetzungen des § 34 geprüft.

Wenn es gewünscht wird, kann Herr Schwaab gerne aus dem Schreiben zitieren. Es wäre jetzt für dieses eine Schreiben nicht sinnvoll gewesen, die Frau den ganzen Tag hier zu binden. - Herr Schwaab.

Schwaab (RP Karlsruhe): Wie gesagt, die Kollegin des Baureferats, also der höhe-ren Bauaufsichtsbehörde/Raumordnungsbehörde, hat die Stellungnahme der Stadt zu § 34 per Ortstermin geprüft und hat sie im Ergebnis bestätigt.

Ich brauche Ihnen die Voraussetzungen jetzt nicht im Einzelnen zu nennen, also: innerhalb der zusammenhän-gend bebauten Ortsteile einfügen, keine städtebaulichen Spannungen usw. Das hat sie mit geprüft. Als Letztes hat sie noch geprüft, ob die Erschließung gesichert ist. Das waren die wesentlichen Punkte. Wir haben uns dazu als RP schon geäußert. Natürlich spielt die Stellungnahme auch in der abschließenden Entscheidung noch eine Rolle.

Sollen wir uns auch gleich zum zweiten Punkt äußern? - Herr Rahner, Sie haben sehr auf die Frage des Raum-ordnungsverfahrens abgehoben. Da ist es tatsächlich so - ich kann das auch aufgrund der Stellungnahme unseres Referats bestätigen -: Der Punkt 5.9 ist an dieser Stelle obsolet. Er muss also gegenüber den gesetzlichen Vorga-ben zurückstehen.

Ich bin jetzt nicht in der Lage, zu sagen, wann dieser Plan erstellt wurde und ob er nicht möglicherweise wegen der Rechtsänderung der Raumordnungsverordnung hätte aufgehoben werden müssen. Das kann ich jetzt nicht abschätzen; das müssten wir im Einzelnen prüfen. Es ist aber so, dass das Landesplanungsgesetz die Vorgabe macht.

Die Raumordnungsverordnung enthält klare Festle-gungen. Die Ziffer 1 nennt den Vorhabenstyp: eine ge-nehmigungspflichtige Anlage nach BImSchG. Das ist hier ganz eindeutig erfüllt. Aber das zweite Merkmal „Errich-tung einer Anlage im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB“ ist eben nicht erfüllt. Deswegen scheidet hier ein Raumordnungsverfahren aus.

Herr Dolde hat noch ausgeführt, dass es dem § 34 praktisch widersprechen würde, wenn man sagt: „Nach § 34 gibt es einen Rechtsanspruch, weil es sich einfügt. Aber wir machen trotzdem ein Raumordnungsverfahren.“ Das würde in sich nicht stimmig sein.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. - Es hatten sich noch Herr Schaper und Herr Weyland gemeldet.

Schaper (Einwender): Ich wollte noch einmal kurz auf Herrn Dolde eingehen. Ich habe nicht ganz verstanden, warum er einerseits vorhin die ganze Zeit darauf insistiert hat, dass der Block 9 doch bitte als Einzelanlage zu sehen ist und dass nur diese Änderung betrachtet werden soll. Andererseits sagt er, dass die Anlage als Gesamtanlage keiner individuellen Genehmigung bedarf, wenn ein Block hinzukommt. Das ist mir nicht ganz verständlich. Man kann es nicht so, wie es gerade für einen selber passt, zurechtbiegen. Entweder ist es eine Gesamtanlage, oder es ist eine Einzelanlage. Aber dann bitte dabei bleiben!

Der Vertreter der Stadt hat eben gesagt, für Auswärti-ge sei es nicht nachvollziehbar, wie diese Genehmigung für Block 9 im Gemeinderat eingehend diskutiert wurde. Er hat dann gesagt: Es lief alles demokratisch ab, und es wurde ausführlich diskutiert.

Ich war dabei. Ich habe diese sogenannte Demokratie erlebt. Es war so, dass es zum Teil hoch her ging und dass das möglichst schnell über die Bühne gehen sollte. Bevor es zur Abstimmung im Gemeinderat kam, hat Herr Kurz gesagt: „Die Stadt will.“ Das heißt, er als OB hat sich, bevor die Gemeinderäte überhaupt abgestimmt haben, hingestellt und hat gesagt: „Die Stadt will.“ Er hat also die Stadt dargestellt. - Das ist dann die Demokratie!

Es kam auch hinzu, dass Herr Götz als Gemeinderat falsche Dinge gegenüber Herrn Raufelder behauptet hat, wofür Herr Raufelder eine Entschuldigung eingefordert hat, die dann nicht kam.

Als es dann um das Bürgerbegehren ging, war das in-nerhalb von ungefähr 10 Minuten abgehandelt. Das war dann die ausführliche Diskussion. Die Gemeinderätin Gudrun Kuch hat Herrn Kurz gesagt, wenn er zuerst eine Entscheidung im Gemeinderat treffe und dann anschlie-ßend eine Bürgerversammlung einberufe, verstehe sie darunter nicht Demokratie. Daraufhin hat er ihr das Wort entzogen.

Das verstehe auch ich nicht als Demokratie und nicht als ausführliche Diskussion. Das habe ich persönlich im Gemeinderat erlebt. Ich könnte mir bei solch einem Projekt, das hier in Mannheim wirklich jeden Bürger angeht, eine bessere Arbeit vorstellen. Da fühle ich mich nicht vertreten, auch nicht durch Herrn Kurz. Das ist nicht Demokratie.

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, was Sie ge-sagt haben. Ich kann es nur nachvollziehen, wenn Sie selber nicht dabei waren. Dann habe ich dafür ein biss-chen Verständnis.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 26.11.2008

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Weyland, Sie hatten heute Morgen das erste Wort. Dann sollen Sie jetzt auch zum Abschluss dieses Tages-ordnungspunktes das letzte Wort haben.

Weyland (BUND): Vielen Dank. - Ich möchte mich zum Schluss noch an Herrn Krah wenden, weil ich so etwas extrem schwer verständlich finde und weil ich diese Auffassung extrem bedauere, die in meinen Augen leider symptomatisch für die Stadt Mannheim und für die Stadtverwaltung in Mann-heim ist.

Das ist eine Auffassung, die, wie Herr Block gerade aufgezeigt hat, mit massiven wirtschaftlichen Verflechtun-gen und Interessenskonflikten einhergeht und die es einfach wagt, über den Willen eines großen Teils der Bevölkerung hinwegzugehen. Selbst wenn dies nicht die Mehrheit wäre, hätte ich mir an dieser Stelle den Mut und auch die gestalterische Voraussicht gewünscht, diesen großen Teil der Bevölkerung und die Sorgen der Bevölke-rung ernst zu nehmen und diese raumordnerischen Elemente auch durchzuführen.

Wie das Ganze abgelaufen ist und wie demokratisch der Gemeinderat vorgegangen ist, ist, wie gesagt, sym-ptomatisch für Mannheim. Ich finde das extrem bedauer-lich. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das allerletzte Wort hat Herr Block.

Block (BUND): Ich möchte hier um Gottes willen nicht das letzte Wort haben, aber ich kann morgen früh berufsbedingt nicht anwesend sein. Ich bin vom BUND Karlsruhe beauftragt worden, Forderungen bezüglich der Emissionen zu stellen; das behandeln Sie morgen. Ich mache es kurz; dann haben Sie es sehr schnell.

Wir fordern: Für SO2 100 mg pro m³, im Mittel 100, NOx 100, Mittel des Jahres: 50. Kohlenmonoxid: 100 mg, immer bezogen auf m³. Gesamtstaub: 10 mg, Mittel des Jahres: 10 mg. Quecksilber: 0,01 mg/m³. Ammoniak: 5 mg. Quecksilber und alle anderen Verbindungen: 0,02 mg. Kadmium und andere Verbindungen: 0,02 mg. Antimon, Arsen, Kupfer pp.: 0,25 mg. Arsen und alle anderen Verbindungen: 0,025 mg. Dioxine und Furane: 0,05 mg/m³. - Das sind unsere Forderungen für die Emis-sionen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Block. Sie hätten sich ruhig noch eine Minute länger Zeit lassen können, damit der Proto-kollführer besser hinterherkommt. Können Sie uns das als Anlage geben? Sie haben es doch schriftlich.

Block (BUND): Ja, das ist die Genehmigung von Karlsruhe – halbiert!

(Allgemeine Heiterkeit)

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, wenn das durchgängig so ist. Okay, die kennen wir. - Danke schön.

Wir werden uns - bis auf Herrn Block - morgen um 10 Uhr wiedersehen und behandeln dann den Tagesord-nungspunkt 5.

Schluss des 1. Erörterungstages: 19.21 Uhr

Erörterungstermin

zum Antrag der Firma Grosskraftwerk Mannheim AG

auf Erteilung einer

immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung

(1. Teilgenehmigung) für die

Errichtung und den Betrieb eines Steinkohleblocks (Block 9)

auf ihrem Betriebsgelände in Mannheim-Neckarau

am 27. November 2008

Rheingoldhalle Mannheim

Stenografisches Wortprotokoll

Abfolge

am 27. November 2008 TOP Seite

5. Immissionsschutz 87

5.1 Luftschadstoffe 87

5.1.1 Vorbelastung 87

5.1.2 Zusatzbelastung Gesamt-GKM 87

5.1.3 Emissionen aus dem Schornstein 100

5.1.5 Kohlequalität 112

5.1.6 Immissionen 123

5.1.6.1 Immissionsprognose 123

5.2 Kühlsystem (Betriebsdauer, Schwaden- und Keimbildung) 141

5.1.4 Emissionen aus diffusen Quellen 148

5.1.6.2 Auswirkungen/Gesamtbelastung 156

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Zweiter Erörterungstag

Beginn: 10.07 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zum zweiten Tag des Erörterungstermins.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 5 auf:

5. Immissionsschutz

5.1 Luftschadstoffe

5.1.1 Vorbelastung

5.1.2 Zusatzbelastung Gesamt-GKM

Dort ist insbesondere die mangelnde Vorbelastungs-berechnung gerügt worden. Insbesondere sind Messun-gen für Chrom, Kobalt, Kupfer, Mangan, Thallium, Vana-dium und Quecksilber gefordert worden, auch von Dioxi-nen und Furanen. Es ist darauf hingewiesen worden, dass in Mannheim die Grenzwerte schon heute insbesondere bei Stickoxiden und Feinstaub überschritten sind. Insge-samt ist die hohe Vorbelastung mit NO2 gerügt worden, auch die schon bestehende Vorbelastung des Lärms und die jetzt noch neu hinzutretende.

Insbesondere ist von vielen Einwendern die Fein-staubproblematik angesprochen worden. Es wird gerügt, dass die unterschiedliche Behandlungsweise von PM2,5 und PM10 nicht eingehalten worden ist. - Das waren im Wesentlichen die Dinge, die gerügt worden sind.

In einem nächsten Schritt werden wir dann zunächst die Emissionen aus dem Schornstein und in einem weite-ren die Emissionen aus den diffusen Quellen besprechen. Ich bitte Sie, die Trennung weitgehend einzuhalten, sofern es möglich ist.

Jetzt hatte sich zuerst Herr Lauritzen gemeldet.

Lauritzen (Einwender): Ich möchte etwas zu Punkt 5 ausführen. Ich habe Ihnen dazu eine Einwendung zugeschickt.

Bevor ich zum eigentlichen Anliegen meines individu-ellen Einwandes komme, habe ich noch eine Frage zur gestrigen Anhörung. Da wurde vom GKM erklärt, bevor es zur Abschaltung der beiden Blöcke 3 und 4 komme, müsse der Probeanlauf von Block 9 abgewartet werden. Frage: Was verstehen Sie unter einem Probeanlauf? Mit wie viel Zeit rechnen Sie, mit Stunden, Tagen oder Wo-chen? Die Antwort nehmen Sie bitte ins Protokoll auf.

Nun komme ich zu meinem schriftlichen Einwand beim Karlsruher Präsidium. Hiermit sehe ich mich als Mannhei-mer Mitbürger veranlasst, energische Einwendungen

gegen das oben genannte Vorhaben der Stadt Mannheim als Mitaktionärin des GKM zu erheben. Ich wende mich gegen das Vorhaben, da hierdurch mein Recht und das meiner Kinder und Enkel auf Leben, körperliche Unver-sehrtheit laut Artikel 2 des Grundgesetzes sowie Eigentum verletzt werden. Zur Begründung bringe ich Folgendes vor:

Es ist Tatsache, dass auch die Steinkohle für den ge-planten Block 9 wie bei den anderen bestehenden und arbeitenden Mannheimer Blöcken von Übersee mittels spezieller Transportschiffe importiert wird, die, aus dem Westen kommend, die Route über den Nordatlantik nehmen. Erfahrungsgemäß muss dabei mit regelmäßigen Großwetterlagen gerechnet werden, die, aus dem Westen kommend, gen Osten ziehen und dabei ihre nassen Tiefdrucklagen über das westliche Europa und damit auch über Südwestdeutschland ergießen.

Jedermann ist bekannt, dass die Handelsschifffahrt heutzutage mit Massen von vielseitigen Industrien und dem Autoverkehr an Land verbunden ist. So kann man die Handelsschifffahrt als größte Dreckschleuder draußen auf dem Atlantik betrachten, was den Ausstoß von umwelt-schädlichen Stoffen betrifft, die dann mit den Tiefdruckge-bieten, von Westen kommend, über den Atlantik gen Europa bis Südwestdeutschland mittransportiert werden und sich schließlich darüber ergießen.

Das heißt, bevor die importierte Steinkohle beim GKM überhaupt zum Einsatz kommt und bei der Verbrennung CO2 ausstößt, gibt es bereits Umweltverschmutzungen zusätzlicher Art über Mannheim und andere Regionen, die sich gesundheitlich und ökologisch als außerordentlich fragwürdig erweisen.

Wer das alles aber nicht wahrhaben will, wer diese Tatsachen ignoriert, wird zur Rechenschaft gezogen werden, da diese Dinge vom Menschen, von der Groß-wirtschaft und von der Politik, voll zu verantworten sind - genauso wie es die Welt mit ihren Menschen jetzt mit der globalen Finanzkrise vor Ort lokal an Hand und Fuß erfährt.

Nur mit einem konkreten Umdenken bzw. mit einer konkreten Abwendung von herkömmlichen Handhabun-gen ist an die Gesundung von Mensch und Erde zu denken.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Albert Einstein hat das einmal in etwa wie folgt formu-liert: Eine fragwürdige Entwicklung von einschneidenden verderblichen Vorgängen kann nicht mit den Mitteln behoben werden, mit denen sie einmal geschaffen wurde. Oder Goethe sagt in einem Gedicht „Eins und Alles“: „Und umzuschaffen das Geschaffne / Damit sich’s nicht zum Starren waffne“.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Als ehemaliger in Hamburg geborener Hamburger - ich fühle mich hier als sogenannter Butenhamburger - habe ich diesen Einwand in gleicher Weise in Hamburg einge-bracht, da auch dort die Kohle importiert wird. Überhaupt müssen alle Kohlekraftwerke in Deutschland, in Europa und weltweit ihre Kohle einführen, sodass da Transport-schiffe als Dreckschleudern involviert sind. Da kann das GKM keine Ausnahme machen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, zum Probebetrieb.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben mit den Lieferanten einen vertraglichen Probe-betrieb für die Funktion der Gesamtanlage vereinbart, der vier Wochen vorsieht. Vier Wochen heißt, dass die Anlage innerhalb dieser vier Wochen funktionsfähig so betrieben werden muss, wie wir, GKM, das im Alltagsbetrieb abver-langen. Wenn alles funktioniert, ist das Ganze nach vier Wochen zu Ende. Es ist nicht auszuschließen, dass der Probebetrieb etwas verlängert wird, wenn Dinge nicht funktionieren. Aber es ist nicht zu erwarten, dass das, wie es gestern einmal vorgetragen worden ist, eine unendliche Geschichte wird.

(Lauritzen [Einwender]: Bitte ins Protokoll!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Bevor wir in die Diskussion über den Immissionsschutz einsteigen, möchte ich gerne einen Vorschlag an den Antragsteller und an die Stadt Mannheim machen, wie wir richtigen Immissionsschutz betreiben können, nämlich über - ich nenne es einmal so - ein Perpetuum Mobile des Klimaschutzes.

Die Investition beträgt nach den Unterlagen 1,2 Milliarden €. Das bedeutet, Sie haben bei 4 % Verzin-sung ein Finanzaufkommen von rund 48 Millionen € pro Jahr. Bei einer Preissteigerung von 2 % der Baukosten sind es noch einmal 24 Millionen €. Das heißt, es sind rund 72 Millionen €, die Sie pro Jahr zusätzlich zu der Anlage aufbringen müssen, bis sie 2014 in den Probebe-trieb geht.

Mein Vorschlag, um dieses ganze Geld zu sparen - damit komme ich zum Perpetuum Mobile, und da können Sie wirklich CO2 sparen -: Sie nehmen im ersten Jahr, d. h. nächstes Jahr, 50 oder 100 Millionen € in die Hand - bei 300 000 Einwohnern, die Mannheim hat, sind das ca. 100 000 Haushalte - und versorgen jeden Haushalt mit einer Waschmaschine und mit einem Kühlschrank nach neuestem Standard, A++. Dann ersparen Sie Ihren Bürgern jede Menge Geld, weil die Energiekosten sinken -

das ist sozialverträglich -, Sie schaffen Arbeitsplätze - bei 100 000 Waschmaschinen und 100 000 Kühlschränken sind es Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen -, und Sie sparen jede Menge Geld und sogar noch CO2. Wenn ich das hochrechne - das würde ungefähr 2000 kW pro Haushalt sparen -, kommen wir ungefähr auf 200 bis 220 MW. Das heißt, Sie sparen einen Block, brauchen den neuen gar nicht zu bauen und sparen richtig Geld.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Gestatten Sie mir noch einen Nachsatz: Es werden nicht, wie es so schön in Ihrer Werbebroschüre heißt, 1 Million t CO2 gespart. Das stimmt rechnerisch nicht. Wir bekommen durch das neue Kraftwerk mehr.

Aber wenn dieser Vorschlag umgesetzt wird, sparen Sie tatsächlich mindestens 1 Million t CO2 bei 220 MW und 850 g CO2 pro Kilowatt. - So steht es in den Unterla-gen, nicht in Ihren, aber in anderen, die ich auch heraus-geholt habe. Danach steht das GKM in Deutschland vom Verschmutzungsgrad her auf dem 10. Platz, ist also der zehntgrößte Verschmutzer, was die Energieerzeugung betrifft. Sie sparen noch einmal 1 bis 1,5 Millionen t ab dem nächsten Jahr. Das ist Klimaschutz, meine Damen und Herren!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kriebel.

Kriebel (Einwender): Ich habe eine Frage an das GKM: Gibt es eine gemein-same Leitwarte, von der aus alle Blöcke angefahren und gesteuert werden? Dann wäre meiner Meinung nach die Sichtweise von einer großen Anlage auch in emissions-rechtlicher Hinsicht gegeben.

Des Weiteren habe ich folgende Frage. Sie haben gestern geäußert, dass die Teststrecke im Block 6 in keinem Zusammenhang zu Block 9 stehe. Jetzt habe ich in einer Presseinformation vom 19. Juni 2008 unter dem Absatz „GKM federführend im Bereich Forschung und Entwicklung“ gelesen:

„Unter dem Arbeitstitel ‚725 °C Hochtempe-raturwerkstoffteststrecke im GKM’ […] wird unter der Federführung des GKM bis Ende 2011 nach neuen Möglichkeiten der ‚Materi-alqualifizierung zur Wirkungsgradverbesse-rung’ geforscht. […] Zudem können die ge-wonnenen Erkenntnisse beim Bau des neu-en Block 9 verwendet werden.“

Ich hätte gerne eine Antwort darauf, was da verwendet werden soll, also ob das Ventile oder Werkstoffkomponen-ten sind.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Dann möchte ich noch gerne einen Teil aus meiner persönlichen Einwendung zur Kenntnisnahme geben. Ich habe folgende Bedenken bezüglich der Anlagenbetrei-bung mit höheren Drücken und Temperaturen: Mannheim eignet sich nicht als Labor für Kraftwerksversuche. In Neckarau und in angrenzenden Stadtteilen leben zu viele Menschen. Wenn man jetzt erst in einer Teststrecke für Hochtemperaturwerkstoffe in Block 6 die Eignung von Werkstoffen und Bauteilen für den Bau von Block 9 prüft, war der Genehmigungsantrag zu voreilig. Wer mit dem Bau von Block 9 technisches Neuland beschreiten will, sollte dies in einer kleineren Versuchsanlage in einem weniger dicht besiedelten Gebiet und über einen längeren Zeitraum tun. Bitte nicht vor meiner Haustür!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Zuerst zur Frage der Leitwarte: Der Block 9 hat eine eigene, separate Leitwarte, aus der nur Block 9 betrieben wird.

Zum Thema der Versuchsanlage Block 6: Wenn es im Text so stand, dass dies auch in Block 9 verwendet werden kann, dann ist das keine richtige Information. Getestet werden sollen in Block 6 725 °C.

(Kriebel [Einwender]: Ich würde gerne die Pressemitteilung des GKM vom 19. Juni überreichen! - Herr Kriebel überreicht der Verhandlungsleitung ein Schriftstück - Anlage 3, S. 275 ff.)

- Ich möchte nicht bestreiten, dass das dort steht. Ich möchte das jetzt - gestern hatte ich es schon gesagt - einfach noch einmal fachlich richtig stellen. Hier sollen Werkstoffe getestet werden, die dann 725 °C Dampftem-peratur aushalten können. Der Block 9 ist mit 600 °C auf der Frischdampfseite ausgelegt bzw. mit 610/620 °C auf der ZÜ-Seite. Das sind Werkstoffe, die heute Stand der Technik sind.

Rein zeitlich kommt das alles zu spät. Sie haben gera-de zitiert, dass die Ergebnisse 2011 vorliegen sollen. Wir müssen die Materialien natürlich schon sehr viel früher bestellen. Der Block soll 2013 in Betrieb gehen. Das heißt, 2011 müssen die Dinge alle schon in die Anlage einge-baut werden. Da gibt es also rein vom zeitlichen Ablauf her überhaupt keine Chance, irgendwelche Erfahrungs-werte, die im Block 6 gewonnen werden sollen, auf den Block 9 anzuwenden.

Die in Block 6 vorgesehene Anlage soll Materialien un-tersuchen, die zukünftig zu höheren Wirkungsgraden vor allem in Steinkohlekraftwerken führen. Ich denke, das Ziel, das alle sinnvollerweise haben sollten, ist, dass wir in

Zukunft Kraftwerke bzw. Anlagen betreiben können, die einen noch besseren Wirkungsgrad als das haben, was heute schon technisch möglich ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Lauritzen und dann Herr Decken.

Lauritzen (Einwender): Ich habe noch eine Ergänzung zu machen. Anfang dieses Jahres wurde in der Presse mitgeteilt, dass Kiel ebenfalls ein Großkraftwerk plant. Angesichts der Problematik hat die Stadt Kiel entschieden, sie werde diese Planung drei Jahre aussetzen, um inzwischen neue Erkenntnisse zu bekommen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Decken.

Decken (Umweltforum): Ich habe zu Punkt 5.1 zwei Anträge und eine Frage an die Antragstellerin.

Hintergrund ist der, dass die Antragstellerin gegenüber dem Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, gegenüber dem Gemeinderat der Stadt Mannheim und gegenüber den Bürgern der Stadt Mannheim ein Versprechen abge-geben hat, dokumentiert in der Gemeinderatsvorlage 330/2008, die gestern schon im Zusammenhang mit CO2 zitiert wurde. Bei diesem Versprechen handelt es sich um eine Gesamtfracht für Staub, Quecksilber, Schwefeldioxid und Stickoxid für das Jahr 2014, bezogen auf das Ge-samt-GKM. Dort finden sich handfeste Zahlen. Wir sind Ihnen dankbar, dass Sie sie an dieser Stelle einmal genannt haben.

Diese Zahlen sind aber etwas unschlüssig, wenn man sie mit dem Antrag vergleicht. Die Werte stimmen nämlich überhaupt nicht überein. Zum Beispiel hat das GKM für Quecksilber gegenüber dem Gemeinderat angegeben, dass die Gesamtfracht des GKM, d. h. alle Blöcke 6 bis 9 zusammen, in 2014 bei 210 kg Quecksilber pro Jahr liegen würde. Schauen wir uns allerdings den Genehmi-gungsantrag an, dann haben Sie 41 g pro Stunde bei 5700 Volllastbetriebsbestunden beantragt. Ich nehme jetzt einmal Ihre Werte als Basis, obwohl ich Ihnen nicht glaube, dass Sie nur 5700 Stunden fahren werden. Aber wir nehmen Sie einmal beim Wort. Wenn wir diesen Wert multiplizieren, kommen wir alleine bei Block 9 auf 234 kg Quecksilber. Das sind schon einmal 24 kg mehr, als Sie dem Gemeinderat gegenüber angegeben haben.

Hinzu kommt aber, dass Sie parallel zu Block 9 noch die Blöcke 6 und 8 fahren werden. Das heißt, wir können tatsächlich etwa mit der doppelten Quecksilbermenge gegenüber dem Wert rechnen, den Sie dem Gemeinderat versprochen haben.

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Entsprechende Feststellungen lassen sich beim Fein-staub und beim Schwefeldioxid treffen, ohne dass ich das jetzt im Einzelnen näher darlegen will.

Deshalb stelle ich den Antrag an das Regierungsprä-sidium, dass der Genehmigung für Block 9 die Angaben des GKM, getroffen in der Gemeinderatsvorlage 330/2008, zugrunde gelegt werden, dass also eine Emis-sionsbegrenzung für das Gesamt-GKM bei Schwefeldioxid auf 1900 t pro Jahr, bei Stickstoffdioxid auf 4000 t pro Jahr, bei Quecksilber auf 210 kg pro Jahr und bei Ge-samtstaub auf 200 t pro Jahr festgelegt wird. Das ist der erste Antrag.

Zweiter Antrag: Falls es aus verfahrenstechnischen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sein sollte, für das Gesamt-GKM entsprechende Werte vorzugeben - was natürlich traurig ist, weil wir dann nicht überprüfen können, ob die Werte, die das GKM dem Oberbürgermeister, den Gemeinderäten und den Bürgern versprochen hat, auch tatsächlich eingehalten werden -, beantragen wir, dass entsprechend den Angaben des GKM im Genehmigungs-bescheid eine Betriebsstundenzahl von maximal 5700 vorgegeben wird, damit die vom GKM selber genannten Werte auch sicher im realen Betrieb eingehalten werden können. - Das sind die beiden Anträge.

Jetzt noch eine Frage an den Antragsteller dazu - Herr Professor Dolde wird sie wahrscheinlich beantworten -: Werden Sie diese Werte, die Sie selber genannt haben, im Genehmigungsbescheid akzeptieren?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich fange mit der letzten Frage an; die ersten beiden wird dann Herr Ehmann beantworten. Das ist das Thema, das wir gestern schon besprochen haben.

Was wir beantragt haben, wissen Sie. Eine entspre-chende Reduzierung ist erstens nicht möglich - das hat Frau Salchow gestern schon erklärt -, allenfalls, wenn der Antragsteller einverstanden wäre. Der Antragsteller ist nicht einverstanden, sich auf einen Betriebserwartungs-wert für das Jahr 2014 festzulegen; das hat Herr Ehmann schon erklärt. Darauf bezogen sich die Zahlen, und auf sonst nichts.

Gegenstand des Antrags und dieses Verfahrens sind 8760 Betriebsstunden für Block 9.

Ehmann (Antragstellerin): Wie ich gestern schon gesagt hatte und wie auch in der Vorlage für den Gemeinderat steht, sind diese genannten Werte Betriebserwartungswerte, die auf den Emissionen, wie wir sie im realen Betrieb erwarten, basieren, während

im Genehmigungsantrag immer die Extremwerte genannt werden.

Es fängt mit der Zeit an, dass wir 8760 Stunden bean-tragt haben. Es gibt keinen Block, der so lange läuft, sondern wir haben immer bestimmte Zeiten, die nicht darin sind. Dann basieren die Betriebserwartungswerte auch auf dem Nennlastbetrieb, sprich 100 % Last, wäh-rend im Antrag - das hatten wir gestern bereits angespro-chen - die Extremwerte enthalten sind, d. h. die Rauch-gasmengen, die für die Feuerungswärmeleistung 2100 MW, die wir genehmigen lassen, gelten.

Es sind natürlich überall die Grenzwerte eingesetzt. Sie haben es beim Quecksilber angesprochen. Wir haben für Block 9 einen Jahresmittelwert von 15 µg beantragt. Also, es sind diese 8760 Stunden und die hohe Rauch-gasmenge von mindestens 15 µg beantragt. - Wir wissen allerdings, da wir eine kontinuierliche Emissionsmessung an unserem Block 6 betrieben haben und aktuell eine Messung am Block 8 betreiben, dass wir im realen Betrieb darunter liegen. - Wir haben dann bei diesen Erwartungs-werten, die wir genannt haben, natürlich die realen Be-triebswerte eingesetzt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Zum Thema Vorbelastung und zu den entsprechenden Einwendungen: Zur Beschreibung der Vorbelastungssitua-tion wird im Genehmigungsantrag und in den Unterlagen zur UVU auf die Ergebnisse der staatlichen Messstellen abgehoben. Die Antragstellerin hat keine eigenen Vorbe-lastungsmessungen durchgeführt oder vorgelegt. Sie begründet das mit der angeblichen Irrelevanz ihrer Emis-sionen.

Mir ist es wichtig, an dieser Stelle festzuhalten, dass das auf Einwenderseite völlig anders gesehen wird. Wir gehen davon aus, dass die Zusatzbelastung unter der Voraussetzung, dass die Gesamtanlage betrachtet wird - siehe Diskussion von gestern - deutlich über der Irrele-vanzschwelle liegen wird und dass von daher die Durch-führung von eigenen Vorbelastungsuntersuchungen hier am Standort erforderlich ist. Wir fordern das für die in der Einleitung von Ihnen, Frau Salchow, genannten Schwer-metalle ausdrücklich ein.

Besonders schmerzlich finde ich es, dass die Antrag-stellerin zum Thema Dioxine/Dioxinvorbelastung lediglich mitteilt, dass keine Messergebnisse im Raum Mannheim bekannt seien, und dass sie das Thema damit letztlich für erledigt erklärt. In einem industriellen Ballungsraum, wie wir ihn hier haben, müssen wir davon ausgehen, dass wir eine höhere Vorbelastung gerade bei Dioxinen und Furanen haben, als sie im bundesweiten Durchschnitt, in den die gesamten ländlichen Räume einfließen, zu ver-zeichnen ist. Aus dem Ruhrgebiet ist bekannt, dass dort

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die Vorbelastung zum Teil über den empfohlenen Werten des Länderausschusses für Immissionsschutz liegt.

Von daher halten wir es gerade für die Thematik Di-oxine/Furane für zwingend erforderlich, dass Vorbelas-tungsmessungen rund um den Standort im Raum Mann-heim vorgenommen werden, um zu wissen, über welche tatsächlichen Belastungswerte man sich unterhält. Es kommt dann immerhin noch eine erkleckliche Zusatzbe-lastung vom Kraftwerk hinzu.

Zur Frage, welche Zusatzbelastungswerte denn zu be-trachten seien - nur der hier betroffene Block 9, der als Ergänzung zum bestehenden Kraftwerk hinzukommen soll, oder die Gesamtanlage -, möchte ich - auch in Ergänzung meiner gestrigen Ausführungen - zu dieser Fragestellung eine Literaturstelle zu Protokoll geben, die die von uns vorgetragene Meinung stützt, dass die Ge-samtanlage zu betrachten ist.

Ich beziehe mich dabei wiederum - wie gestern an an-derer Stelle auch schon - auf den Kommentar zum Um-weltrecht von Landmann/Rohmer, der allseits geschätzt ist. In Band 3 in der Kommentierung zu § 3i UVP-Gesetz gibt es dazu ausdrückliche Ausführungen des Kommenta-tors, der sagt - ich zitiere wörtlich -:

„Es kann in der Sache kein Zweifel daran bestehen, dass im Rahmen der Umweltver-träglichkeitsprüfung des Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens auch die Umwelt-auswirkungen des Grundvorhabens zu be-rücksichtigen sind. Eine Ausblendung dieser Umwelteffekte wäre mit dem Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung unvereinbar. Unerlässlich ist vielmehr eine Gesamtdarstellung und Gesamtbewertung aller erheblichen Umweltauswirkungen, die das Vorhaben nach durchgeführter Ände-rung oder Erweiterung hervorrufen kann.“

- Das ist ein Zitat aus der Randnummer 17. Das wird in ähnlichen Worten in einer späteren Randnummer wieder-holt.

Von daher wird die Argumentation zu dieser Frage, die für die Frage, ob Vorbelastungsmessungen vom An-tragsteller erforderlich sind oder nicht, von erheblicher Relevanz ist, auch in der einschlägigen Kommentarlitera-tur gestützt.

Wir stellen an dieser Stelle den Antrag, dass der An-tragstellerin im Rahmen dieses Verfahrens aufgegeben wird, die entsprechenden Vorbelastungsuntersuchungen vorzulegen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Ich stelle heute noch einmal den Antrag - ich bitte, ihn auch zu Protokoll zu nehmen -, die Zuverlässigkeit des Antragstellers zu überprüfen, und zwar intensivst zu überprüfen. Ich habe es gestern schon einmal gesagt und wiederhole es heute: Er wirft mit Zahlen um sich, wie es ihm in den Kram passt.

2014 beginnt der Probebetrieb. Ich gehe davon aus, dass die Anlage nicht mehr als 5670 Stunden gefahren werden kann. In einem Probebetrieb wäre es schon erstaunlich, wenn sie so viel fahren kann. Danach rechnet er es hoch und legt dem Gemeinderat vor, welche Zahlen er erreichen will.

Ein Jahr später startet der Volllastbetrieb. Ich gehe da-von aus, dass Sie nicht 8760 Stunden schaffen werden, aber mindestens 7000 Stunden werden Sie schaffen. Mir liegt ein Genehmigungsantrag für Pforzheim vor, in dem davon ausgegangen wird, dass sie 7000 Stunden Volllast fahren können. Ich habe die entsprechenden Antragsun-terlagen gerade im Zug gelesen.

Also muss ich auch hier von 7000 Stunden ausgehen. Diese Zahlen hätten Sie einmal richtig vorlegen müssen.

Sie gehen immer an die oberste Grenze dessen, was das Gesetz zulässt. Auch da hätte ich von Ihnen erwartet, dass Sie wie andere in anderen Genehmigungsverfahren sagen: „Wir können so sauber fahren und können uns in der ganzen Anlage so sicher sein, dass wir z. B. eine Zehnerpotenz heruntergehen.“

Thermoselect hat es ohne Weiteres in Karlsruhe ge-macht und ist leider oder Gott sei Dank gescheitert - je nachdem, von welcher Seite her man es sehen will. Aber die sind bei Dioxinen eine Zehnerpotenz heruntergegan-gen und haben gesagt, sie könnten es einhalten. Dass sie es nicht geschafft haben, steht auf einem anderen Blatt.

Aber Sie könnten das ganz locker machen. Als An-tragsteller sind Sie frei, was Sie machen. Sie müssen nur die gesetzlichen Grundlagen einhalten. Es spricht jedoch nichts dagegen, wenn Sie darunter gehen. - Das zum Thema Zuverlässigkeit.

Dann habe ich eine Frage an das RP: Mir ist irgendet-was in Erinnerung, dass es im Land schon vor einiger Zeit Dioxinmessungen vom Landesumweltamt gegeben hat. Ich bin mir aber nicht ganz sicher. Ich bitte zu prüfen, ob das der Fall ist. Dann hätte der Antragsteller nämlich ganz leicht beim RP nachfragen können, ob solche Messungen über Dioxine und Furane eventuell vorhanden sind.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Uns sind keine landesweiten Dioxinmessungen in Baden-Württemberg bekannt. Möchte sich jemand von der LUBW dazu äußern?

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

(Gottstein [BUND]: Da, wo die Hauptbelas-tungen sind! Es sind ja wenige Stellen, wo es so sein kann!)

Können Sie uns etwas dazu sagen, ob solche Messungen zu Dioxinen stattgefunden haben oder nicht? Nicht? - Offenbar also nicht.

(Gottstein [BUND]: Bitte prüfen! Ich bin mir nicht ganz sicher!)

- Es steht im Protokoll, und wir können das klären. - Jetzt hat wieder Herr Kriebel das Wort.

Kriebel (Einwender): Ich habe eine Frage an den Antragsteller bezüglich der unter der Homepage der Stadt Mannheim gemachten Angaben. Sind die Angaben, die die Antragstellerin gegenüber dem Oberbürgermeister, dem Gemeinderat und den Bürgern der Stadt Mannheim bezüglich der Immissionen, insbesondere auch bezüglich des CO2-Ausstoßes, gemacht hat, richtig? Das heißt, sind die verbindlich? - Normalerweise hat es, wenn man etwas gegenüber einem Oberbürgermeister oder einem Ge-meinderat sagt, einen gewissen Stellenwert, möglicher-weise auch juristisch. - Oder waren das nur vorgegebene Werte? - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, möchten Sie darauf noch einmal antwor-ten? Eigentlich hatten Sie es schon beantwortet, aber vielleicht zur Verdeutlichung.

Ehmann (Antragstellerin): Wie ich vorher gesagt habe und wie es auch ganz klar in der Vorlage des Gemeinderats steht, sind das Betriebs-erwartungswerte für das Jahr 2014. Ich denke, es ist ganz klar, was damit gemeint ist.

Kriebel (Einwender): Sie können aber doch nicht Werte aus einem Anfahr-betrieb bzw. aus einem Probebetrieb nehmen! Für mich gehören selbstverständlich auch die Jahre 2015/2016 dazu. Wie sehen die Werte 2015 aus?

Ehmann (Antragstellerin): Die Anlage soll 2013 noch ihren Probebetrieb machen und zum Jahresende 2013 dann in den normalen Lastbetrieb übergehen, sodass das Jahr 2014 das erste Jahr ist, in dem der Block ganz normal nominell zur Verfügung steht, je nachdem, wie der Bedarf ist.

Zu Ihren Aussagen möchte ich doch Folgendes an-merken: Sie haben bisher bezweifelt, dass ein Kohleblock entsprechend lange eingesetzt werden kann und ob wir durch Wind und ähnliche Einflüsse auf der Erneuerbaren-Energien-Seite so hohe Grundlastzahlen erreichen. Auch

da sollte man dann konsequent sein und die Werte, die wir jetzt unterstellt haben und die nicht so hoch sind, nicht unbedingt anzweifeln.

Kriebel (Einwender): Dann gehe ich davon aus, dass die Grundlage Ihrer Werte die genannte Betriebsstundenzahl von 2014/2015 ist. - Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke und dann Herr Gebhardt.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe zunächst noch etwas zu den anfangs gestellten Anträgen zu ergänzen und dann noch Feststellungen zu machen, die sich auf die Prognose beziehen.

Betriebserwartungswerte, um das einmal ganz deutlich zu sagen, können kein Antragsgegenstand sein. Konkrete Werte sind zu beantragen. Wenn sie beantragt sind, sind sie einzuhalten. Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Beantragt sind 8760 Stunden. Beantragt sind 2100 MW. Das ist Antragsgegenstand, und darauf hat sich der Antrag zu beziehen.

Zu den Betriebserwartungswerten: Sie können von mir aus dem Oberbürgermeister oder dem Gemeinderat alles Mögliche versprechen. Wenn die das dann glauben, ist das deren Problem. Aber der Antrag liegt auch der Stadt Mannheim vor, und danach richtet sich dieses Verfahren. - So viel vorab.

Ich werde zur Vorbelastung noch etwas ergänzen, auch was Dioxine angeht. Ich muss aber erst einmal in meinen Unterlagen nachschauen, was die LUBW veröf-fentlicht hat. Anscheinend sind hier im Raum bei der LUBW nicht unbedingt die Informationen vorhanden, die publiziert worden sind.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Decken und Herr Gebhardt.

Decken (Umweltforum): Wir schließen uns dem Antrag auf Prüfung der Zuverläs-sigkeit des Anlagenbetreibers an. Zur Begründung zwei Punkte:

Erstens zu den vorhin besprochenen Emissionsfrach-ten. CO2 hatten wir gestern besprochen, und Schadstoffe haben wir eben besprochen. Das GKM hat eben darge-legt, dass die Werte für 2014 sogenannte Betriebserwar-tungswerte sind, die absolut keinen verbindlichen Wert haben. Auf der anderen Seite werden im Genehmigungs-antrag viel höhere Werte beantragt. Wir sehen hier den Versuch der Täuschung der Öffentlichkeit, des Bürger-meisters und des Gemeinderates und beantragen, die Zuverlässigkeit des Anlagenbetreibers zu überprüfen.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Es gibt noch eine Reihe weiterer Details. Ich will nur einen Punkt konkret aus der Kurzbeschreibung des Antrags herausgreifen, wo der Antragsteller - ich sage es einmal so - nicht redlich mit wissenschaftlichen Daten umgegangen ist und wo wir es auch nachvollziehen können. Bei vielen Sachen können wir es nicht nachvoll-ziehen, weil die ganzen Untersuchungen nicht von neutra-ler Stelle gemacht wurden, sondern von den beauftragten Dienstleistern der Antragstellerin. Aber an manchen Punkten wird es doch offensichtlich, dass hier mit falschen Daten gearbeitet wird.

Ich beziehe mich auf die Kurzbeschreibung auf Sei-te 5. Dort findet sich eine Abbildung der voraussichtlichen Leistungen der 2005 in Betrieb befindlichen Kraftwerke in Deutschland. Diese Übersicht hat Herr Ehmann gestern in seiner Darstellung als Folie an die Wand werfen lassen. Dort findet sich dann eine Abbildung, in der dargestellt wird, dass bis zum Jahr 2020 40 GW Ersatzbedarf bei den Kraftwerksleistungen in Deutschland bestehe, was unstrittig ist. Als weitere Begründung wird aus dieser Tabelle abgeleitet, dass deshalb u. a. Block 9 notwendig sei. - So weit die Darstellung des Antragstellers.

Mich hat dann etwas überrascht, dass der Antragstel-ler als Quelle das Umweltbundesamt angegeben hat, nämlich die Studie „Atomausstieg und Versorgungssicher-heit“ vom März dieses Jahres. Dort finden sich auch entsprechende Werte. Allerdings wird hier nur die Hälfte der Wahrheit dargestellt. Das Umweltbundesamt hat in der Tat dargestellt, dass bis zum Jahr 2020 40 GW Ersatz-bedarf besteht. Es hat aber in derselben Tabelle auch dargestellt, wie dieser Ersatzbedarf gedeckt werden soll, und zwar eben nicht durch Kohlekraftwerke, sondern durch erneuerbare Energie, durch Einsparung und durch gasgefeuerte Anlagen.

Insofern wird hier unredlich mit wissenschaftlichen Er-kenntnissen umgegangen. Das ist für uns ein weiteres Indiz dafür, dass die Zuverlässigkeit des Antragstellers überprüft werden muss.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, Sie wären jetzt eigentlich als Nächster an der Reihe. Es hat sich aber Herr Krah wohl direkt zum eben abgehandelten Thema gemeldet. Wenn Sie es gestatten, kann vielleicht Herr Krah erst sprechen. - Danke.

Krah (Stadt Mannheim): Das ist nett, vielen Dank. - Ich habe mich jetzt zu Wort gemeldet, weil hier der Begriff „Täuschung des Gemeinde-

rates“ gefallen ist. Darauf muss ich selbstverständlich reagieren.

Die Stadt Mannheim hat mit Informationsvorlage Nr. 330/2008 tatsächlich diese Emissionsfrachten mitge-teilt. Daraus hat Herr Decken zitiert. Das Umweltforum hat dann mit Schreiben vom September dieses Jahres die Emissionsfrachtbegrenzung und die beantragte Stunden-zahlbegrenzung noch einmal an den Herrn Oberbürger-meister herangetragen. Die Stadt Mannheim hat darauf umgehend mit Informationsvorlage Nr. 550/2008 - die ist veröffentlicht, jeder kann sie lesen; ich stelle sie dem Regierungspräsidium gerne zur Verfügung - diesen Sachverhalt noch einmal deutlich gemacht.

Jetzt komme ich auf das Wort „Täuschung“ zurück. In dieser Informationsvorlage steht selbstverständlich, dass die Emissionsfrachten 2014 geplant sind. Gegenüberge-stellt worden sind die Emissionsfrachten 2006 real. Das müssten Sie fairerweise auch sagen. Die realen durch-schnittlichen Volllastbetriebsstunden in 2006 sind 5500 Stunden im Jahr. Daher ist es durchaus plausibel, dass die für 2014 geplanten Stunden hier mit 5400 einge-tragen sind. Es sind also durchaus Zahlen, die später einmal im realen Zustand so eintreten können. Das alles war den Gemeinderäten und auch dem Herrn Oberbür-germeister bekannt.

Dass die Antragstellerin natürlich auf entsprechende Maximalwerte geht, ist in jedem Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz so; das wissen alle Beteiligten, die hier am Tisch sind. Aber die realen Werte, die dann tatsächlich eintreten, sind immer geringer als die beantragten Werte.

Diese Richtigstellung des Gemeinderates wollte ich Ihnen zu dem Wort „Täuschung“ mitteilen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Einen schönen guten Morgen von meiner Seite aus. Ich war am gestrigen Tage nicht anwesend und möchte mich deswegen kurz vorstellen. Ich bin hier als Sachbeistand des BUND anwesend.

Ich habe zunächst einmal nur eine Frage zur Tages-ordnung. Ich habe auf der detaillierten Tagesordnung den Unterpunkt „Schornsteinhöhe“ bzw. die Frage, ob die Schornsteinhöhe richtig berechnet worden ist, nicht gefunden. Weil es von unserer Seite aus dazu durchaus Erörterungsbedarf gibt, möchte ich den Vorschlag ma-chen, dass wir das unter den Punkt 5.1.3 - Emissionen aus dem Schornstein - hinzunehmen und dieses Thema dort mit abarbeiten. - Ich frage die Verhandlungsführung, ob das so in Ordnung gehen könnte.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Nur zu Ihrer Information: Es gab unter den vielen tausend Einwänden keinen einzigen Einwand zur Schornsteinhöhe oder zur Berechnung der Schornsteinhöhe, anders als im Karlsruher Verfahren. Deswegen steht das natürlich nicht bei uns auf der Tagesordnung.

Gebhardt (Sachbeistand): Frau Salchow, das mag sein. Ich habe diese vielen Einwendungen nicht im Detail abprüfen können. Aber die Schornsteinhöhe spielt bei der Frage, wie hoch die Zu-satzbelastungen sind, eine entscheidende Rolle. Es gab verschiedenste Einwände, die sich darauf bezogen haben, dass die Zusatzbelastung fehlerhaft berechnet wurde. Genau in diesem Zusammenhang steht die Diskussion um die Schornsteinhöhe. Deswegen ist das meines Erachtens damit auch in den Einwendungen abgedeckt worden.

Ich finde, das ist ein sehr wichtiges Thema, Frau Sal-chow. Es spielt im Hinblick auf die Belastungen, die auf die Menschen zukommen werden, eine ganz entschei-dende Rolle. Deswegen halte ich es für außerordentlich wichtig, dass wir diesem Punkt entsprechend Raum geben. Deswegen möchte ich ausdrücklich darum bitten, dass wir diesen Punkt erörtern.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, ich gehe davon aus, dass ich Ihnen jetzt nicht Sinn und Zweck eines Erörterungstermins erklären muss. Er ist dafür da, dass die rechtzeitig eingegangenen und relevanten Einwendungen erörtert werden.

Gleichwohl können wir eine solche Diskussion, die bis jetzt keine ist, nicht verhindern. Wenn Sie nachher noch ein paar Ausführungen zur Schornsteinhöhe machen wollen, gerne. Aber, wie gesagt, Sie müssen Verständnis dafür haben, dass wir weitgehend nur Dinge auf die Tagesordnung nehmen, die vorher eingewendet worden sind oder die für uns noch fraglich sind.

Kriebel (Einwender): Darf ich ganz kurz etwas darauf erwidern? - In meiner Einwendung steht etwas dazu: „Ich habe folgende Beden-ken bezüglich des Landschaftsbildes.“ Ich denke, da gibt es einen Punkt „Höhe des Bauwerks“. Ich meine, dass man daraus durchaus die Schornsteinhöhe ableiten kann. - Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich habe ja gesagt, wir diskutieren es, unter welchem Gesichtspunkt auch immer. Aber das ist jetzt ein bisschen um die Ecke gedacht. - Nun Frau Zitzelsberger.

Zitzelsberger (Einwenderin) Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich fürchte, ich setze mit meinem Beitrag eine Zäsur in die fachlichen Mikrowerte und Schornsteinhöhen.

Ich war zehn Jahre lang Gemeinderätin der Grünen im Ilvesheimer Ortsparlament und habe mich dort ganz besonders für die Verbesserung der Wohn- und Lebens-qualität sowie für das Voranbringen der Umwelt- und Naturschutzthemen eingesetzt.

Der Neubau eines Kohlekraftwerks steht den Zielset-zungen, die sich die Gemeinde Ilvesheim selbst gesetzt hat, völlig entgegen. Die Gemeinde bezieht z. B. 25 % ihres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energieträgern - Ökostrom - und liegt damit im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden deutlich über dem Schnitt.

Wir selbst beziehen aus Überzeugung seit vielen Jah-ren Ökostrom und haben eine teure Solaranlage bei uns auf das Dach gesetzt. Somit investieren wir in die Zukunft auch unserer Kinder.

Nach meiner Auffassung wäre es im Raum Mannheim und Umgebung durchaus möglich gewesen, über eine andere Form der Stromerzeugung eine ökologische und günstigere Lösung zu erreichen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Meine Einwendung möchte ich hier nicht weiter zitie-ren. Sie bezieht sich hauptsächlich auf die Luftschadstof-fe, auf die Belastungen und auf die Emissionen. An dieser Stelle muss man für diejenigen, die das nicht wissen, sagen: Ilvesheim ist kein Stadtteil der Stadt Mannheim, sondern ist umgeben von den Stadtteilen und ragt sehr nah hinein. Wir sind Luftlinie weniger als 6 km von den Schornsteinen, die es bereits gibt, und von den zukünfti-gen Schornsteinen entfernt.

Trotz meines Alters bin ich täglich aktiv, um meine Ge-sundheit und Lebensqualität zu erhalten und zu stärken. Mein Mann und ich haben in den letzten Jahren das Laufen zu unserer hauptsächlichen Gesundheitsvorsorge gemacht und laufen viele Kilometer pro Woche. Eine Verschlechterung der Luft und damit der Lebensqualität kann und will ich deshalb nicht hinnehmen. Deswegen lehne ich das Vorhaben ab.

Weiterhin möchte ich sagen - das richtet sich jetzt mehr an die Verhandlungsführung in diesem Verfahren, nämlich an die Damen und Herren des Regierungspräsi-diums -: In Ilvesheim wurde sehr spät informiert, weil man uns ein bisschen „vergessen“ hatte. Das Verfahren selbst war allerdings rechtzeitig.

Ich zeige einmal auf, wie viele Ordner in Ilvesheim ausgelegen haben. Ich sage es einfach einmal platt: Die Leute haben das verschreckt gehört. Es wurde natürlich in der Presse vorgestellt. Die Bedenken sind groß. Die Angst, sich mit so etwas zu befassen, ist noch größer.

Es gibt eine ganz kleine Kurzfassung dessen, was die Leute in Ilvesheim am meisten interessiert, nämlich: Wie werden wir durch diese neue Großanlage belastet? Das ist die umwelttechnische, humantechnologische Bewer-

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tung der Immissionssituation. Kein Mensch ist bereit, sich kundig zu machen, wenn er als normaler Bürger gefragt wird, eine Einwendung zu schreiben. Dabei liegt eine farbige Kurzbeschreibung des Großkraftwerks vor, wo die Leute sagen: „Selbstverständlich brauchen wir Strom“, wo ihnen aber die Zusammenhänge sehr schwer nachvoll-ziehbar sind. Das erklärt, warum sehr wenige qualifizierte Einzeleinwendungen erhoben worden sind. Es sind auch wenige Unterschriften gekommen.

Damit komme ich zu meinem nächsten Punkt. Die Bürger fühlen sich wie David gegen Goliath.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Die Gemeinde Ilvesheim hat mit einem Schulterzucken das Gebäude bzw. das Bauvorhaben zur Kenntnis ge-nommen und mit Schrecken, was man bei genauerem Hingucken einwenden und tun müsste.

Ich bitte Sie, das Vertrauen seitens der Bürger, das in Sie gesetzt wird, zu rechtfertigen. Ich bitte das Regie-rungspräsidium als Behörde, die den Bürgern dienen soll, die Interessen der unkundigen und verschreckten Bürger, die trotzdem ein Recht auf eine Stimme haben, ganz massiv zu berücksichtigen.

Ich bewundere die Umweltverbände, die in ihrer Frei-zeit viele Aktivitäten durchführen. - Gut, die organisierten Umweltverbände machen es nicht in der Freizeit, aber es gibt viele freiwillige Helfer, die sich die Mühe machen, die Leute aufzuklären. Es gelingt nicht, gegen einen großen Apparat eines börsennotierten Unternehmens anzukom-men, dessen Vertreter sehr eloquent auch in Ilvesheim aufgetreten sind, um den vielen Zuhörern, die dort waren, ihr Projekt vorzustellen. Die tatsächlichen Ängste wurden dabei nicht angesprochen.

Noch einmal mein Appell an Sie als Behörde: Nehmen Sie die Interessen der Bürger wahr und unterstützen Sie sie in diesem ungleichen Kampf für ihre Rechte! - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Bannasch.

Bannasch (Einwender): Ich wollte mich noch einmal zu dem Punkt äußern, der schon mehrfach angesprochen wurde, und zwar zu der Doppelstrategie, die von GKM gefahren wird, auf der einen Seite Zahlen auf einer Ebene zu nennen und auf der anderen Seite Zahlen auf einer anderen Ebene zu bean-tragen.

Herr Krah hat gestern gesagt, in Mannheim habe ein demokratischer Prozess stattgefunden, wie er gar nicht demokratischer hätte sein können. - So habe ich das

zumindest verstanden, Herr Krah. - Ich habe sehr frühzei-tig erlebt, wie sich dieser demokratische Prozess entwi-ckelt hat. Ich kann das so nicht bestätigen. Mich erinnert das eher an die Aussage zum Thema der lupenreinen Demokraten, die wir in Deutschland auch schon einmal gehört haben.

Zur Frage des tatsächlichen Betriebs: Sie haben ge-sagt, hier finde keine Täuschung statt, weil Sie zugrunde legten, was in Anlehnung an die bisherigen Zahlen in Zukunft vermutlich emittiert werde.

Ich war gerade zwei Tage auf einer internationalen Konferenz, die sich mit dem Thema Energiespeicherung und Lastmanagement beschäftigt hat. Nach den bisheri-gen Prognosen wird man in Zukunft sehr viel stärker Lastmanagement, d. h. die tageszeitliche Verschiebung von Lasten im Stromnetz, betreiben, und man wird Ener-gien zunehmend speichern. Das ist, wie man weiß, ein wichtiges Thema im Bereich der erneuerbaren Energien.

Die Energien Wind und Sonne stehen schwankend zur Verfügung. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber, dass man in Zukunft konventionelle Kraftwerke vermutlich wesentlich gleichmäßiger betreiben kann. Wir haben gestern gehört, dass es sich bei dem neuen Block 9 um eines der modernsten Kraftwerke handeln soll und dass dieses Kraftwerk deshalb vermutlich Preisvortei-le gegenüber anderen in der Produktion des Stroms hat.

In der Konsequenz bedeutet das, dass andere Kraft-werke möglicherweise weniger betrieben werden, dass aber Block 9 unter Umständen eben in dem Umfang betrieben wird, wie es beantragt wird. Ich weiß nicht, ob das allen klar ist.

Die eine Frage ist, was gesagt wird, z. B. was die Ab-teilung Öffentlichkeitsarbeit des GKM der Bevölkerung mitteilt. Ich habe auf der Straße beim Unterschriftensam-meln erlebt, was tatsächlich ankommt und was verstanden wird. Wir erleben hier seit zwei Jahren eine laufende Desinformation der Bevölkerung.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich habe in vielen Gesprächen mit Menschen aus Poli-tik und Verwaltung erlebt, dass vieles von dem, was irgendwo steht und irgendwo einmal gesagt worden ist, nicht wirklich angekommen ist und verstanden wird. Man kann die Dinge natürlich so oder so ausdrücken. Die MVV kann sich mit ihrer neuen Werbung für die Fernwärme darauf zurückziehen, dass sie gar nicht eindeutig sagt, dass Fernwärme eine erneuerbare Energie sei. Aber ich bin sicher, dass es von der Mehrzahl der Leute, die unvoreingenommen das Informationsblatt lesen, so verstanden wird.

Ich würde mich deshalb auch ganz ausdrücklich der Prüfung der Zuverlässigkeit des Antragstellers anschlie-ßen. Ich finde das, was hier seit zwei Jahren passiert,

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unanständig. Es werden laufend Informationen in die Öffentlichkeit gebracht, wobei man sich dann immer wieder darauf zurückzieht, man habe das nicht richtig verstanden; das sei ja ganz anders gemeint gewesen.

Selbst wenn es von der eigenen Abteilung Öffentlich-keitsarbeit kommt, wird noch gesagt: „Na ja, die Werkstof-fe, die wir angekündigt haben, können wir nachher doch gar nicht einsetzen“, obwohl es die eigene Abteilung Öffentlichkeitsarbeit so in die Bevölkerung gebracht hat. Sie können sich darüber streiten, ob es im formellen Sinne Täuschung ist bzw. ob es juristisch angreifbar ist. Ich empfinde das, was hier abläuft, als in hohem Maße unanständig.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde und Herr Seeliger hatten sich gemeldet. Ich möchte sie zuerst aufrufen, weil es offen-sichtlich direkt dazu ist. Dann kommt Frau Dahamni-Herm.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Direkt dazu: Im Erörterungstermin geht es hart zu, aber das Wort „unanständig“ ist unanständig. Das weise ich mit allem Nachdruck zurück.

Erstens sitzt hier nicht die MVV. Sie greifen den An-tragsteller mit Äußerungen an, die Sie der MVV zuschie-ben.

Bannasch (Einwender): Die eine Äußerung war vom GKM selber zu den Werkstof-fen. Das haben Sie vorhin selber gehört.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Darf ich auch zu Ende reden? - Sie haben von Aussagen der MVV zur Fernwärmeversorgung gesprochen, dass dies erneuerbare Energien seien, und das sei Täuschung. Das haben Sie gesagt. Wir alle haben das gehört. Und daraus haben Sie den Vorwurf abgeleitet. Das ist absurd. Ich weise das mit Nachdruck zurück.

Was Gegenstand des Antrags ist, ist völlig klar - das ist einer der wenigen Punkte, in denen ich mit Herrn Gödeke einig bin -: Gegenstand des Antrags ist die theoretisch maximal mögliche Ausnutzung aller Grenzwer-te bei 8760 Stunden, um nämlich auf der absolut sicheren Seite zu sein, um alles, was man an Auswirkungen beur-teilt, in einem Bereich zu haben, der tatsächlich nie erreicht werden wird.

Das ist eine für das Vorhaben schlechte Darstellung und eine für den Bürger gute Darstellung, weil nämlich der Bürger ganz genau weiß: So kann und wird es niemals kommen, weil niemand im Leben ein Kraftwerk 8760 Stunden bei den Grenzwerten fahren kann. Das wissen Sie von Ihrem Auto: Sie fahren mit Ihrem Auto nicht 8760

Stunden Maximalgeschwindigkeit. Trotzdem steht im Kfz-Brief, was das Auto maximal leisten kann.

Nichts anders ist es mit einem Kraftwerk. Sie mögen gelegentlich die Möglichkeit haben, es so zu fahren. Das Kraftwerk braucht gelegentlich auch die Möglichkeit, sein Maximum zu fahren. Deswegen braucht es dafür eine Genehmigung. Daher sind die maximalen Auswirkungen bei einer theoretisch möglichen Betriebsweise Gegen-stand der Beurteilung und Gegenstand der Prüfung durch das Regierungspräsidium.

Jedermann weiß, dass es drei Werte gibt: Es gibt ei-nen Betriebserwartungswert, den ich im täglichen Betrieb einhalten muss. Mit dem muss ich immer unter dem Grenzwert liegen, weil es Schwankungen gibt, die ich nicht ausschließen kann. Deswegen kann man die Anlage nicht Strich am Grenzwert fahren. Jedermann weiß, dass ein Kraftwerk niemals 8760 Stunden im Jahr betrieben wird.

Wenn gegenüber der Stadt Mannheim ein Vergleich des Ist-Zustands eines früheren Jahres mit einem voraus-sichtlichen Ist-Zustand im Jahre 2014 dargestellt wird und wenn dann die gleichen Dinge miteinander verglichen werden, nämlich der alte Ist-Zustand mit dem voraussicht-lichen Ist-Zustand, dann ist das korrekt. Es ist alles andere als eine Täuschung, die Betriebserwartungswerte des Jahres 2014 zugrunde zu legen, nämlich die Frage: Welche Grenzwertausnutzung findet voraussichtlich statt, und wie viele Stunden im Jahr wird das stattfinden?

Daneben gibt es den zweiten Wert. Das ist ein zivil-rechtlicher Wert. Der Lieferant muss sich verpflichten, gewisse Gewährleistungen einzuhalten.

Dann gibt es den dritten Wert. Das ist immer der höchste Wert, weil es der strengste Wert ist, und das ist der Genehmigungswert. Wenn ich den überschreite, ist das ein Straftatbestand. Deswegen muss ich als vernünf-tiger Betreiber im tatsächlichen Betrieb immer darunter bleiben.

Von daher ist es alles andere als unseriös, zu sagen, wir beantragen das Maximum, wir beurteilen den schlech-testen Fall, den es allerdings in der Realität nie geben wird, und auf Nachfrage sagen wir: „Voraussichtlich wird es im Jahr 2014 so aussehen.“ Das will ich noch einmal zur Wertehierarchie feststellen. Das mit diesem Werturteil zu belegen, ist aus meiner Sicht unvertretbar.

(Gottstein [BUND] meldet sich erneut zu Wort)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein, ich würde mich gerne an die Rednerliste halten. Die anderen warten jetzt schon so lange.

(Gottstein [BUND]: Darauf muss direkt ge-antwortet werden!)

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Erst Herr Seeliger, dann Herr Gottstein und anschließend Frau Dahamni-Herm.

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Danke, Frau Salchow. - Herr Professor Dolde hat genau das gesagt, was vorhin auch schon Herr Krah gesagt hat.

Herr Decken, wir kennen uns schon lange genug. Je-der, der sich mit Immissionsschutz befasst, weiß, dass es drei Werte gibt: Grenzwerte, Betriebserwartungswerte und Garantiewerte. Das, was hier versucht wird, nämlich diese Werte wider besseres Wissen durcheinanderzumixen und uns dann Unfairness vorzuwerfen, läuft nicht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Herr Dolde, Sie haben gestern angefangen, die Anlage mit einem Einfamilienhaus, an das eine Garage angebaut wird, zu vergleichen. Heute fangen Sie an, es damit zu vergleichen, dass ich mein Privatauto nie das ganze Jahr über mit Volllast fahre.

Da widerspreche ich Ihnen wiederum. Es kann nicht sein, dass Sie Äpfel mit Birnen vergleichen. Wenn ein Fuhrunternehmer einen Lkw hat, dann fährt der den nicht nur 2 Stunden pro Tag, sondern der fährt den 24 Stunden möglichst voll ausgelastet, soweit es die gesetzliche Lage zulässt, und wenn es sein muss, mit drei Lkw-Fahrern.

Solche Vergleiche müssen Sie anstellen. Es geht um die Wirtschaftlichkeit. Da heißt es: Ich fahre die Anlage möglichst lange mit möglichst hoher Auslastung, um möglichst viel Geld zu verdienen - ebenso wie ein Unter-nehmer, der ein Lkw-Transportunternehmen hat. Der fährt den Lkw voll ausgelastet, möglichst lange und möglichst mit höchster Geschwindigkeit auf der Autobahn, sodass er Geld sparen kann.

Sie stellen also immer Vergleiche von Äpfeln und Bir-nen an. Das ist aus meiner Sicht schon fast an der Grenze der Rosstäuscherei.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Herr Gottstein, das zeigt doch, dass Sie diese Wertehie-rarchie nicht verstanden haben. Es ist doch fünfmal erklärt worden, aber Sie wollen es einfach nicht verstehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Seeliger, Herr Gottstein und Herr Bannasch, dieses Thema ist für das Regierungspräsidium als Genehmi-gungsbehörde jetzt eigentlich abgevespert. Ich würde nun gerne in der Rednerliste fortfahren und Frau Dahamni-Herm zu Wort kommen lassen.

(Gottstein [BUND]: Ich habe an vielen Erör-terungsterminen teilgenommen! Das ist eine Unverschämtheit, was von da drüben kommt!)

- Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es eben manchmal auch heraus.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Es mag durchaus sein, dass ich in diesen verschiedenen Werten nicht so fit bin. Aber ich als Normalbürgerin und Normalmensch habe hier verstanden, dass mir die An-tragstellerin zumindest in dem Bereich von 1 Million t Einsparung CO2, bundesweit gerechnet, Probleme berei-tet, sodass ich das nicht als seriös begreifen kann.

Die Antragstellerin sagt: „Wir werden diese maximalen Betriebsstunden nicht erreichen, aber zu unserer Sicher-heit reichen wir diese Werte einmal ein. Wir gehen auch an die höchste Grenze der Schadstoffbelastung und sind so freundlich, das alles im Antrag vorzulegen.“ Bei diesem Entgegenkommen wäre ich doch froh darüber, zu erfah-ren, welches die Vorbelastung ist, damit ich überhaupt vergleichen kann, ob diese Werte stimmen. Da ist es mir relativ egal, ob Sie 5200 oder 7000 oder sonst wie viele Stunden fahren. Ich denke, wenn man so großzügig ist, gehört auch dazu, die Vorbelastung zu benennen bzw. zur Not eigene Untersuchungen zu machen und sie vorzule-gen.

Wenn ich solche verschiedenen Werte höre und wenn ich merke, den unterschiedlichen gemeinderätlichen Gremien wurden unterschiedliche Werte versprochen, wie kann ich mich als Bürgerin denn darauf verlassen, wer wann was überprüft?

Das heißt, meine einzige Chance besteht darin, heute von dem Regierungspräsidium quasi erwarten zu können, dass diese Frage so geklärt wird, dass ich das in 40 Jahren - oder wie lange dieser Block voraussichtlich läuft - noch einsehen kann, überprüfen kann und auch Schadenersatz fordern kann.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Fojkar.

Fojkar (Einwender): Frau Salchow, Sie haben uns gestern sehr plastisch dargestellt, auf welcher Grundlage Sie Ihre Entscheidung treffen werden. Auf die Frage hin, ob allein die Antrags-unterlagen der Antragstellerin diese Grundlage bilden, haben Sie klar gesagt - das habe ich gut verstanden -: „Nein, es gibt das Verfahren.“ Sie stützen sich auf die unteren Behörden, die die einzelnen fachlichen Aussagen tätigen. So habe ich es verstanden.

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Dementsprechend habe ich im Grunde genommen ei-nige Fragen an die unteren Behörden, um zu erfahren, von welchen Prämissen diese denn ausgehen, d. h. welche Möglichkeiten und Ressourcen sie hatten, tatsäch-liche Vorbelastungen und Mehrbelastungen zu berechnen, darzustellen und von dort aus zu Konsequenzen zu kommen.

Insbesondere, weil es jetzt auch um die Humantoxiko-logie geht, habe ich eine Frage an den Fachbereich Gesundheit, den ich als niedergelassener Kinder- und Jugendpsychiater sehr schätze, besonders seinen schul-ärztlichen Dienst. Von daher weiß ich aber auch, mit welch knappen Ressourcen dieses Amt auskommen muss. Ich bin mir dementsprechend nicht sicher, ob tatsächlich die nötigen fachlichen Beurteilungen zustande kommen, die Grundlage der Entscheidung des Regierungspräsidiums sein können.

Ich möchte vor allem in Bezug auf das Quecksilber nachfragen: Inwieweit wird denn tatsächlich mit einer Mehrbelastung durch Methylquecksilber gerechnet? In Bezug auf andere Stoffe kann vielleicht argumentiert werden, dass diese durch Verdünnungseffekte usw. keine große Rolle für die Mannheimer Bevölkerung spielen. Für das Methylquecksilber muss es aber nach meinem Ver-ständnis der Antragsunterlagen tatsächlich zu einer Mehrbelastung kommen. Selbst die Antragstellerin geht in ihren Unterlagen zu Recht davon aus, dass Quecksilber - so ist der Stand der Wissenschaft - Akkumulationseffekte aufweist, sodass wir im Grunde heute die Belastung von vor 20 Jahren haben.

Gott sei Dank konnten die Emissionen von Quecksil-ber in Europa zwischen 1990 und 2000 deutlich gesenkt werden. Europa fährt einen hohen Anspruch, Quecksil-beremissionen gänzlich zu vermeiden. Dies soll in ent-sprechenden Gesetzgebungsverfahren, die noch auf uns zukommen werden, offensichtlich dingfest gemacht werden.

Jetzt stehen wir plötzlich vor der Situation, dass wir durch den größten Emittenten von Quecksilber, nämlich die Kohleverstromung, diesen Prozess in Europa umkeh-ren, sodass wir in den nächsten Jahrzehnten wieder mit zusätzlichen Belastungen zu rechnen haben. Das ist umso schlimmer, als dies nicht nur unsere eigene Entscheidung ist. Vielmehr belasten wir damit enorm die Ozeane, was hauptsächlich die Bevölkerung in anderen Regionen trifft, aber nicht zuletzt auch uns.

Ich möchte wissen, ob eine Stellungnahme dazu exis-tiert, inwieweit die Quecksilber- und Schwermetallbelas-tung z. B. in Fischen, die wir insbesondere unseren Schwangeren in der Bevölkerung zum Verzehr anraten, dadurch für uns noch gefährlicher wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das, was an Quecksilber emittiert wird, ist in der Emissi-onsprognose und dann noch einmal beim Thema Boden-anreichung beschrieben.

Fojkar (Einwender): Eine Frage habe ich vergessen. Die Antragstellerin behauptet - das war so; ich selbst war bei der Bürgerver-sammlung dabei -, dass über alle Schadstoffklassen hinweg eine Reduktion möglich sei und erfolgen werde. So stellt es sich nach meinem Verständnis auch in den Antragsunterlagen dar.

Nun habe ich mich etwas intensiver mit Quecksilber beschäftigt und kann nicht nachvollziehen, welcher techni-sche Fortschritt denn jetzt eingetreten sein soll, dass bei einer größeren Menge von Kohleverstromung plötzlich weniger Quecksilber emittiert werden soll. Die Anlagen-beschreibung gibt zumindest nicht her, welcher technische Fortschritt tatsächlich weniger Quecksilber emittierbar werden lässt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ich möchte zuerst eine fachliche Richtigstellung zum Quecksilber machen. Sie haben von Methylquecksilber gesprochen. Das ist ein giftiges Quecksilber. Methyl-quecksilber wird aber vom Kraftwerk nicht emittiert. Im Kraftwerk haben wir nur metallisches Quecksilber oder zweiwertiges Quecksilber, das beispielsweise als Queck-silberchlorid emittiert wird. Also bitte nicht von Methyl-quecksilber sprechen!

Dann zu Ihrer Frage, wie wir denn eine Minderung er-reichen können: Zum einen haben wir gegenüber den Altanlagen - z. B. Block 3/4 - einen um 20 % besseren Wirkungsgrad. Insofern ist die Rauchgasmenge insgesamt 20 % niedriger. Von daher erreichen Sie dort schon einmal diese 20 % Minderung.

(Kriebel [Einwender]: Das ist doch wieder eine Vorspiegelung falscher Tatsachen!)

Die Emissionen, die wir angeben, sind auf Norm-kubikmeter Rauchgas bezogen. So steht es auch in der 13. BImSchV. Sie dürfen 30 µg je Normkubikmeter einhal-ten. Wenn ich dann weniger Rauchgas bei gleicher Stromerzeugung emittiere, führt das, bezogen auf die erzeugte Kilowattstunde, natürlich zu einer Minderung.

Zweitens sind wir heute verfahrenstechnisch in der Lage, in den Abwasseraufbereitungsanlagen für die Rauchgasreinigung Quecksilber separat abzuscheiden. Das haben wir auch im Antrag so beschrieben. Das heißt, dass wir eine zweistufige REA-Abwasseraufbereitungs-anlage haben, wo in einer separaten Stufe Quecksilber abgeschieden wird, sodass dieses Quecksilber insgesamt dem System entnommen wird. Durch diese Quecksilber-

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senke wird das Quecksilber, das dann z. B. auch über einen Rauchgasweg emittiert wird, gegenüber den heuti-gen Anlagen reduziert.

Fojkar (Einwender): Eine konkrete Nachfrage: Rechnen Sie jetzt netto mit einer vermehrten Emittierung von Quecksilber, oder rechnen Sie mit einer Verminderung? Ich meine netto, über die gesamte Anlage hinweg, also die Gesamtbelas-tung, die jetzt auf Mannheim zukommt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, ich glaube, es wäre für das allgemeine Verständnis wirklich gut, wenn man einmal deutlich sagen würde, dass die Reduzierung eine höchst relative ist. Das ist uns klar, die wir fachlich damit umgehen. Der eine oder andere von Ihnen mag es auch wissen, aber einige vielleicht nicht. Es ist ja ganz legitim, das jeweils auf die erzeugte Strommenge zu beziehen, aber es wäre schon schön, wenn es deutlicher würde.

Ehmann (Antragstellerin): Noch einmal zu den Betriebserwartungswerten: Wenn Sie sich die Werte angucken, die wir auch gegenüber der Stadt Mannheim genannt haben, ist der Erwartungswert der, dass wir trotz einer Steigerung der Stromproduktion für 2014 insgesamt beim Quecksilber keine Erhöhung haben, sondern eine - so meine ich - geringfügige Minde-rung. Das heißt, wenn Sie es spezifisch auf die Kilowatt-stunde herunterrechnen, haben wir eine deutliche Verbes-serung durch das bessere Abscheideverhalten und durch den höheren Wirkungsgrad von Block 9.

Wenn man natürlich die volle Ausnutzung so, wie wir die Werte beantragt haben, ausmultipliziert, dann gilt das, was Professor Dolde vorhin gesagt hat. Dabei kommen natürlich höhere Werte heraus. Aber wie vorher dargestellt wurde, sind die nicht realistisch. Die werden wir so nicht fahren und nicht emittieren. Aber sie sind Gegenstand der Prüfung und waren auch Basis für die Beurteilung, die insgesamt von uns selber vorgenommen worden ist und die dann auch das Regierungspräsidium durchführen muss.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt kommt Herr Siebenhaar, anschließend Herr Gödeke, Herr Bannasch und Herr Grein.

Siebenhaar (Einwender): Ich möchte noch einmal auf die Täuschung eingehen. Als normaler Bürger empfinde ich das als eine Täuschung. Mir stellt sich die Frage, ob es eine arglistige Täuschung ist. Ich neige eher dazu, dass es eine arglistige Täuschung ist, wenn Betriebserwartungsergebnisse genannt werden und wenn man dann aber gleichzeitig noch einen zweiten Wert nennt, der für die Genehmigung maßgeblich ist, wobei man sich dann jedoch bei den Emissionen nicht

mehr auf die genehmigten Werte, sondern auf die Be-triebserwartungen bezieht. Mir ist überhaupt nicht klar geworden, welches die genaue Betriebserwartung ist. Denn es sind auch Zahlen von anderen Kraftwerken genannt worden, wo die Betriebserwartungen in der Realität wesentlich höher sind. Das ist also eine schwam-mige Sache.

Bei den Emissionswerten handelt es sich um Grenz-werte, die für die Menschen außerordentlich wichtig sind. Immerhin geht es um die Gesundheit. Jetzt frage ich mich auch, wie das für die Kinder aussieht, also nicht nur für Menschen im normalen Alter. Wie sieht das für Kinder und vor allem für kleine Kinder hinsichtlich der Belastung mit diesen Werten aus? Ich habe wirklich interessiert zuge-hört, aber ich weiß eigentlich nicht, worum es eigentlich geht.

Von der Betreiberin und von Ihnen, Herr Dolde, habe ich den Eindruck: Wenn es um die Emissionen geht, gehen Sie bis an die Grenze: Das ist erlaubt, und so weit können wir gehen. Da hat der Gesetzgeber eben keine engeren Grenzen gezogen. Ansonsten versuchen Sie, die Zahlen herunterzurechnen, indem Sie auf der einen Seite eine Betriebserwartung nennen, während Sie für die Genehmigung einen Wert beantragen, der enorm höher als die Betriebserwartung ist. Da frage ich mich: Was haben Sie eigentlich vor?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Herr Bannasch und Herr Grein.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe jetzt ein kleines Problem mit der Tagesordnung, weil wir zum Teil über Dinge sprechen, die Immissionen betreffen, obwohl wir eigentlich noch bei der Vorbelastung sind. Wir haben bei der Vorbelastung bisher nur über das Thema Dioxine gesprochen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich möchte nicht jeden einzelnen Redner immer wieder darauf hinweisen, dass wir in den Unterpunkten der Tagesordnung permanent hin- und herrutschen. Deswe-gen machen wir es der Reihenfolge nach so, wie es Ihnen jetzt innerhalb des Blocks Immissionsschutz in den Sinn kommt, und das reicht.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte aber trotzdem zu den Punkten, die jetzt von der Firma GKM, von Herrn Ehmann und von Herrn Dr. Seeliger angesprochen worden sind, noch ein paar Anmerkungen machen.

Zunächst einmal, Herr Ehmann und Herr Dr. Seeliger, verwahre ich mich im Namen des BUND dagegen, dass wir, wie Sie vorhin Herrn Gottstein unterstellt haben,

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Werte durcheinanderbringen. Im Gegenteil: Sie haben vorhin Werte durcheinandergebracht, und zwar Massen-ströme und Emissionskonzentrationen.

Damit sind wir wieder bei der Technik. Die Rauchgas-reinigungstechnik als solche ist dieselbe wie bei Altkraft-werken. Ob Sie weniger Betriebsstunden haben, hat etwas mit der Jahresfracht zu tun. Es geht um die Emissi-onskonzentration. Aus Ihrem Antrag geht nicht plausibel hervor, welche Verbesserung die Rauchgasreinigung bringt, um bessere Werte zu erreichen. Wenn Sie jetzt das Quecksilber im Abwasser - dazu kommen wir auch noch - aus der REA-Anlage abscheiden, hat das keinen direkten Einfluss auf die Effizienz der Rauchgasreinigung. Sie haben immer noch dieselbe Technik wie bei den Altkraft-werken.

Dann möchte ich doch darum bitten, dass Sie jetzt Re-ferenzdaten der Emissionswerte von einem solchen Kraftwerk vorlegen, wie es beantragt wird. Wir kennen bislang nur Kraftwerksplanungen in dieser Größenord-nung. Es werden nur sogenannte Betriebserwartungswer-te mitgeteilt. Dann möchten wir bitte Emissionsmessdaten eines Kraftwerks der Größenordnung mit dieser Rauch-gasreinigung vorgelegt bekommen, die mit den Antrags-unterlagen übereinstimmen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Sie fordern ja immer nicht ganz ohne Grund, dass der Antragsteller an der Spitze des Fortschritts stehen muss. Denn wenn er an der Spitze des Fortschritts steht, ist er der Erste, der etwas tut.

Die Werte, die beantragt worden sind, sind von Ihnen auch in Karlsruhe gefordert worden. Das sind die streng-sten Werte, die es gibt, und dafür gibt es noch keine Messergebnisse. Deswegen kann man Ihnen auch keine Messergebnisse präsentieren.

Herr Gödeke, entweder sagen Sie, die Werte sind nicht erreichbar und Ihnen reicht die 13. BImSchV, oder Sie sagen: „Schön, dass ihr diese Werte zugrunde gelegt habt. Ich wünsche alles Gute, dass ihr die einhalten könntet.“ Aber eines von beidem sollten Sie konsequen-terweise sagen.

Die Ingenieure sagen - das wird Herr Ehmann noch erklären -, was man technisch machen kann oder was man technisch beabsichtigt, um diese Reduktion, nämlich die Halbierung des Jahresmittelwerts bei den maßgebli-chen Parametern - nicht bei allen, aber bei den wichtig-sten - gegenüber den Werten der 13. BImSchV, zu errei-chen.

Noch einmal: Wenn es die Firma nicht erreicht, ist es das Problem der Firma.

(Dahamni-Herm [Einwenderin]: Unseres auch, Mann!)

Gödeke (Sachbeistand): Darf ich mich direkt dazu äußern?

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja.

5.1.3 Emissionen aus dem Schornstein

Gödeke (Sachbeistand): Wir kommen bei der Immissionsprognose noch zum Thema Schwermetalle. Sie haben Erwartungswerte beantragt. Sie haben aber nicht beantragt, dass diese Werte dauerhaft gemessen werden. Sie werden, wie es im Moment das Gesetz vorschreibt, einmal pro Jahr über einen Zeitraum von insgesamt vielleicht 1,5 Stunden gemessen. Über den Rest des Jahres wird das nicht gemessen. Rein rechtlich ist das so.

Aber uns geht es um die Auswirkungen. Wenn Sie niedrigere Werte beantragen, als die Vorschrift vorsieht, dann müssen Sie im Antrag auch darstellen, wie Sie das nachweisen. Wenn Sie die Werte nach Vorschrift beantra-gen, reichen diese Messungen aus. Wenn Sie niedrigere Werte beantragen, die bislang kein Kraftwerk nachweisen kann, dann müssen Sie auch beantragen, dass es konti-nuierlich gemessen wird.

Deswegen stelle ich den Antrag, dass sämtliche in der Prognose genannten reduzierten Schwermetalle kontinu-ierlich gemessen werden, dass dies per Emissionsfern-übertragung an die Überwachungsbehörde übermittelt wird und dass diese Werte auch veröffentlicht werden. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Essig (RP Karlsruhe): Herr Gödeke, nur damit wir uns richtig verstehen: Sie reden jetzt ausschließlich von den Schornsteinemissionen, nehme ich an.

Gödeke (Sachbeistand): Ich spreche von den beantragten Emissionskonzentratio-nen am Schornstein. Darauf bezog sich der Antrag.

Essig (RP Karlsruhe): Aber Sie wissen, dass die Schwermetallwerte für Kohle nach der 13. BImSchV strenggenommen grundsätzlich nicht gelten. Wir haben - Sie können sich erinnern - vor einem Jahr schon einmal einen solchen Spagat hinlegen müssen. Die EnBW hatte es akzeptiert. Wir hatten damals in den Genehmigungsbescheid hineingeschrieben, dass diese Emissionen einmal im Jahr mit einer gewissen Messreihe zu messen sind. - Nur, damit wir uns richtig verstehen!

Gödeke (Sachbeistand):

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Ich habe extra darauf hingewiesen, dass sehr niedrige Werte als Erwartungswerte angegeben sind. Insofern habe ich den Antrag gestellt, dass das dann auch geprüft wird. Wie Sie das rechtlich entscheiden können oder dürfen bzw. ob Sie eine Handhabe haben, wird - denke ich - mit Karlsruhe vergleichbar sein. Aber dieser Antrag ist zunächst einmal so gestellt, wie formuliert.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Bannasch und Herr Grein.

Bannasch (Einwender): Offensichtlich gibt es eine größere Verwirrung zum Thema Erwartungswerte und beantragte Werte. Sie sagen: Das ist alles klar unterschieden, es wird nur nicht richtig verstanden oder mit Vorsatz vielleicht auch missverstan-den. Von daher würde ich dafür plädieren, in Zukunft nur noch die beantragten Werte GKM-seitig und auch stadt-seitig zu kommunizieren, um Verwirrungen zu vermeiden.

Vielleicht können Sie mir die Frage beantworten, ob Sie in den Erwartungswerten, die Sie kommuniziert haben - es werden ja immer deutliche Abschläge auf die bean-tragten Werte gemacht -, tatsächlich die Themen Last-management und Energiespeicherung in der Zukunft berücksichtigt haben. Haben Sie - was tatsächlich auch in den Erwartungswert eingehen müsste, weil es Recht und Gesetz ist - auch berücksichtigt, dass eine größere Menge von Atomkraftwerken vom Netz gehen wird, die nicht regelbar sind? An dieser Stelle müsste eigentlich in den Erwartungswert eingehen, dass sich der Kraftwerkspark verändert und dass damit eventuell moderne Kohlekraft-werke gleichmäßiger betrieben werden.

Wenn Sie das nicht berücksichtigt haben, würde ich ganz stark dafür plädieren, sowohl von Ihrer Seite als auch von städtischer Seite überhaupt keine Erwartungs-werte mehr zu kommunizieren, sondern nur noch die beantragten Werte.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich schlage vor, dass wir uns hier, wo wir über einen Genehmigungsantrag sprechen, auf das konzentrieren, was Gegenstand des Antrags ist, und dass wir in diesem Raum nur noch von den Antragswerten reden. Die Politik interessiert sich manchmal für Ist-Zustände und Betriebs-erwartungswerte. Aber hier spielen sie wirklich keine Rolle.

Das Regierungspräsidium muss prüfen, ob die ge-nehmigten Werte in Ordnung sind oder nicht, und es wird keinen Abschlag machen. Es wird nicht sagen: „Tatsäch-lich wird es weniger sein. Deswegen drücke ich ein Auge zu.“ Das geht nicht. Deswegen wird es das nicht tun; das hat es auch vorher nie getan.

Deswegen sollten wir uns jetzt mit dem befassen, was in dem Antrag steht, und das weglassen, was als Be-triebserwartungswert irgendwo in der Welt herumschwirrt, damit wir immer über das Gleiche sprechen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt hatten sich der Herr dort, Herr Gebhardt und Frau McCloskey gemeldet.

Lehmann (Einwender): Mein Name ist Konrad Lehmann. - Ich kann eines über-haupt nicht verstehen: Wenn der Betreiber erwartet, dass die Quecksilberverschmutzung durch das neue Kraftwerk nicht weiter ansteigt, dann soll er doch einfach die ganzen Schwermetalle ausfiltern. Das ist technisch sehr leicht möglich. Dann muss die Abluft nur entsprechend gekühlt werden. Das kostet Geld, und dann wird er es sich überle-gen.

Aber ich habe auch noch eine grundsätzliche Überle-gung zu dieser Sache. Ich verstehe einerseits natürlich, dass Sie Geld verdienen wollen. Die billigste Möglichkeit scheint im Moment die Steinkohle zu sein. Bei den ganzen Entwicklungen sieht es aber so aus, als ob die Ver-schmutzungsrechte in naher Zukunft erheblich teurer werden.

Selbst der Vorstandsvorsitzende der EnBW, Herr Hans-Peter Villis, hat empfohlen, nichts gegen die Verteu-erung der Verschmutzungsrechte zu unternehmen, da es für den Standort Deutschland wesentlich besser ist, wenn die Verschmutzungsrechte zu einem echten Preis verkauft werden, sodass man dann die Möglichkeit hat, den Vorteil des Standorts Deutschland, der energiepolitisch im Vorteil ist, zu nutzen.

Außerdem hat sich durch den Intergovernmental Penal on Climate Change abgezeichnet, dass die Klimaverände-rungen tatsächlich immer mehr Einfluss haben. Dazu hat Sir Nicolas Stern, der ehemalige Wirtschaftschef der Weltbank, berechnet, dass die Umweltschäden so hoch werden, dass sie in weiterer Zukunft praktisch nicht mehr bezahlt werden können.

Auch der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer, der unter der Regierung Kohl tätig war, hat dazu in einer Vorlesung im letzten Jahr an der Universität Heidelberg erklärt, er könne nicht verstehen, dass die Industrie die Atemluft und die Atmosphäre einfach als Mülllager für ihren gasförmigen Müll verwende und die Kosten für die Reparatur der Nachwelt übertrage.

Wenn Sie all dies berücksichtigen, dann müssen Sie davon ausgehen, dass Sie in zehn Jahren so viel Geld für Verschmutzungsrechte bezahlen, dass Sie Ihr Kohlekraft-werk schließen müssen oder es nur noch unwirtschaftlich fahren können.

Ich glaube deswegen, es wäre besser, Sie würden das gesamte Kraftwerk überhaupt nicht bauen, sondern gleich

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überlegen, ob Sie Ihr Geld nicht besser für eine zukunfts-trächtige Anlage verwenden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Zunächst einmal, Herr Dolde: Sie hatten vorhin ausge-führt, Sie sind an der Spitze - darauf sind Sie offensichtlich auch stolz -, was die beantragten Emissionskonzentratio-nen betrifft. Ich muss Ihnen leider widersprechen: Sie sind nicht an der Spitze. Schauen Sie sich den Genehmi-gungsantrag für das Kraftwerk der Electrabel in Stade an. Dort sind deutlich niedrigere Emissionskonzentrationen beantragt worden, und zwar als Tagesmittelwerte und nicht als Jahresmittelwerte. Das ist insbesondere bei den Stickoxiden bzw. beim Schwefeldioxid der Fall. - So viel dazu.

Herr Gödeke hatte Sie vorhin gefragt, wie Sie das, was Sie beantragt haben, denn schaffen wollen. Das würde auch mich interessieren. Deswegen frage ich noch einmal nach, weil Herr Gödeke keine Antwort von Ihnen bekom-men hat.

Daher noch einmal ganz konkret meine Frage an Sie, Herr Professor Dolde, oder auch an Herrn Ehmann, der sich mit der Anlagentechnik vielleicht ein bisschen besser auskennt: Wie schaffen Sie es, diese beantragten 100 mg/m³ bei Schwefeldioxid und bei Stickoxid einzuhal-ten? Sie müssen doch Referenzanlagen vorweisen können oder zumindest aufzeigen können, dass ein Garantiewert von einem Hersteller vorliegt, oder wie auch immer. Das würde mich durchaus interessieren. Denn im Moment schaffen das die Kohlekraftwerke, die derzeit in Betrieb sind, in der Regel nicht. Dazu würde ich mir eine Antwort von Ihnen wünschen.

Ehmann (Antragstellerin): Herr Gödeke hat vorhin gesagt, wir sollten Referenzen einer Anlage in der gleichen Größenordnung vorweisen. Das können wir nicht, weil solche Anlagen in der Größen-ordnung bis heute nicht gebaut worden sind. Dort, wo sie in einer ähnlichen Größenordnung gebaut worden sind, haben sie keine vergleichbaren Rauchgasreinigungsanla-gen.

Wir haben unseren Block 6 umgebaut - der Umbau wurde Ende 2005 fertig gestellt -, der seither in Betrieb ist. Dieser Block hat eine Rauchgasreinigungsanlage, die genau das Unternehmen gebaut hat, das wir auch für den Block 9 im Bereich der Rauchgasreinigung beauftragen werden. Er hat im Prinzip die gleiche Verfahrenstechnik.

Der Block 6 hat als Grenzwerte 100 mg/m³ NOx und 100 mg/m³ SO2. Diese Werte halten wir ein; das kann Ihnen das Regierungspräsidium sicherlich bestätigen. Wir

haben eine Emissionsfernübertragung, sodass die Behör-de jederzeit in der Lage ist, sich die Werte anzusehen.

Wir haben am Block 6 - weil wir auch über Quecksilber gesprochen haben - eine kontinuierliche Quecksilberemis-sionsmessung gehabt. Diese Messeinrichtung, die mehr als ein Jahr in Betrieb war, hat Werte gemessen, die deutlich niedriger als der Grenzwert waren. Der Grenzwert liegt - das hatte ich vorher schon angesprochen - bei 30 µg/m³.

Die 13. Bundesimmissionsschutzverordnung gibt dem Antragsteller die Möglichkeit, wenn er den halben Grenz-wert deutlich unterschreitet, zu beantragen, dass er auf diese kontinuierliche Messung verzichten kann. Das haben wir gemacht. Das Regierungspräsidium hat es uns genehmigt.

Wir haben diese Messung an unserem Block 8, der etwas älter ist und der im Jahre 1993 in Betrieb gegangen ist, umgesetzt und messen dort die Quecksilberemissio-nen. Wir kommen da zu Werten deutlich unterhalb der Grenzwerte. Insofern sind wir sicher, dass wir die Werte, die wir als Jahresmittelwerte beantragt haben, auch bei dem neuen Block mit der größeren Leistung einhalten können.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich habe noch eine direkte Frage dazu: Können Sie uns diese Werte auch schriftlich vorlegen? Mich würde insbe-sondere - ich glaube, ich bin da nicht der Einzige - die Quecksilberemissionskonzentration interessieren. Sie sprechen immer davon, dass die Werte unter dem Grenz-wert liegen. Der Grenzwert für diese Anlagen dürfte bei 30 µg/m³ liegen; ich weiß es nicht genau. Das heißt zwangsläufig noch lange nicht, dass der Wert auch unter 15 µg/m³ liegt. Das würde mich schon interessieren. Sonst reden wir hier über heiße Luft. Wir bitten darum, dass uns diese Messwerte vorgelegt werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich kenne das Spiel. Wir wollen jetzt nicht anfangen, jeden Messbericht vorzulegen. Dann wird gefragt: Wie waren die Messbedingungen? Was habt ihr hier gemacht? Welche Kohle habt ihr eingesetzt, und ist es die gleiche?

Ich sehe keine Veranlassung, in diesem Raum über konkrete Messergebnisse zu sprechen. Sie haben die Möglichkeit, sie nach dem Umweltinformationsgesetz beim Regierungspräsidium abzufragen. Das steht Ihnen offen; das steht Ihnen selbstverständlich frei. Aber wir werden jetzt nicht anfangen und einzelne Messberichte im Rah-men dieses Verfahrens diskutieren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, wir stellen Ihnen das zur Verfügung.

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Gebhardt (Sachbeistand): Herzlichen Dank von unserer Seite aus. Frau Salchow, wann könnten wir denn diese Werte haben?

Verhandlungsleiterin Salchow: Erst einmal müssen wir hier fertig sein, damit wir wieder unseren normalen Büroalltag aufnehmen können. Im Laufe der nächsten Woche oder Ende nächster Woche.

Gebhardt (Sachbeistand): Gut, herzlichen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey und Herr Uttendorf.

McCloskey (Einwenderin): Zu diesen Schadstoffen möchte ich als Bürgerin der Stadt Mannheim einfach einmal meine Meinung mitteilen.

Ich lebe seit ungefähr 1990 in der Innenstadt von Mannheim, kam aus Bayern und damit sozusagen aus einem ganz anderen Luftraum. Was ich hier in der Innen-stadt erlebe, ist ganz schlimm. Wir werden fortlaufend mit Schadstoffen konfrontiert. Viele Menschen - das bestäti-gen auch die Ärzte -, vor allen Dingen Kinder und Schwä-chere, also Menschen, die schon irgendeine Krankheit haben oder Ältere, sind davon betroffen. Die Schleimhäute sind plötzlich gereizt, die Augen tränen und alles Mögli-che.

Man bekommt als Bürger nicht Bescheid, egal, was passiert. Selbst wenn es einen größeren Störfall gibt, heißt es immer, für den Bürger bestehe keine Gefahr; es sei überhaupt kein Anlass, dass irgendetwas gefährlich oder wie auch immer sein könnte. Es wird immer abgewiegelt, es wird immer beschwichtigt.

Aber wir Bürger merken das, indem wir nämlich rea-gieren, sei es über die Haut, sei es über Befindlichkeits-störungen usw. Das bestätigen auch die Ärzte bzw. Kinderärzte. Der Pseudokrupp ist hier ganz besonders stark ausgeprägt. Vielleicht hat jemand von Ihnen, der Kinder hat, schon einmal gesehen, wie diese Kinder krampfen, keuchen, husten und blau anlaufen. Dann heißt es immer seitens der Industrie: „Nein, da ist überhaupt nichts. Alles ist bestens. Alle Werte werden eingehalten.“

Ich erlebe hier, dass kontinuierlich jedes Wochenende irgendwelche Betriebe Stoffe rauslassen. Dann stinkt es in der Innenstadt so sehr, das sich einem der Magen um-dreht, dass einem die Augen tränen usw. Ich kann nicht zuordnen, welche Firma das ist, aber ich erlebe, dass sich diese Firmen nicht an das halten, was sie eigentlich vorgeben und wie es sein müsste.

Deswegen bitte ich das Regierungspräsidium Karlsru-he, das nicht in Mannheim ansässig ist und daher nicht mitbekommt, wie hier die Missstände sind, auch einmal die Bürger anzuhören. Diese Firmen - ich kann sie na-

mensmäßig nicht zuordnen - halten sich nicht an Vor-schriften, und den Nachteil haben die Menschen. Das sind vor allen Dingen die Kinder und die Schwächeren. Ich bitte Sie, sich einmal mit Ärzten und Kinderärzten zusammen-zusetzen. Es gibt Statistiken, die das eindeutig belegen. Es gibt auch Statistiken, die belegen, dass ein Mannhei-mer Bürger eine kürzere Lebenserwartung als ein Bürger in einer anderen Stadt hat.

Ich habe in der letzten Zeit mit dem GKM erlebt, dass etwas einmal so und dann wieder so erzählt wird. Ich war bei vielen Veranstaltungen und bin einfach entsetzt - das gebe ich offen zu -, wie das Ganze gehändelt wird. Ich glaube hier kein Wort, wenn die sagen, soundso wird es dann sein. Ich glaube eher, der Schadstoffausstoß wird dann sehr groß sein.

Die Gesundheit des Menschen ist eines der wichtigs-ten Güter, die ein Mensch hat. Diese Gesundheit gilt es zu schützen. Ich erwarte als Bürger der Stadt Mannheim, dass meine Gesundheit ernst genommen wird. Ich tue nämlich alles dafür, dass ich gesund bleibe - bis aufs Rauchen. Ich gebe zu, ich bin Raucher, aber ansonsten tue ich wirklich alles, was in meiner Macht steht. Ich erwarte, dass solch ein Betrieb - egal, welcher Betrieb - ebenfalls alles tut, damit die Bürger, die hier leben, ge-schützt werden.

Das betrifft aber nicht nur die Bürger, die direkt dort leben, sondern das Ganze hat auch einen Einfluss auf das weltweite Klima. Alle Bürger dieser Welt haben ein Recht auf ihre Gesundheit.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf und Herr Kriebel.

Dr. Uttendorf (Einwender): Guten Morgen! Ich wohne in Wallstadt, also quasi nahe am kritischen Aufpunkt des Kraftwerks.

Ich habe eine technische Frage. Es gibt eine Veröf-fentlichung des GKM im VGB - ich glaube, das ist vor zwei Jahren veröffentlicht worden -, worin angegeben wurde, dass aus den Blöcken 3, 4, 7 und 8, also ohne Block 6 , 330 t pro Jahr an Feinstaub auf uns niedergelassen werden. Man muss sich das einmal überlegen: Das sind immerhin acht der größten Lkw, die Sie irgendwo mieten können. Meine Frage lautet: Wie ist der prognostizierte Jahresausstoß von Block 9?

Ich weiß nur, dass anlässlich einer Vorstellung in Il-vesheim gesagt wurde, die Feinstaubemissionen betragen ein Zehntel von dem, was die alten Blöcke haben. Aber man muss ganz klar sehen: Die Technik als solche, um Staub aus dem Rauchgas zu entfernen, ist immer noch die gleiche. Auch die alten Blöcke arbeiten physikalisch an der Grenze. Denn bei einem Elektrofilter ist es wichtig, ob

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die Staubkörner mit elektrischer Ladung beladen werden können. Nur dann sind Sie in der Lage, diese Staubkörner in den Platten, die entgegengesetzt aufgeladen sind, aufzufangen.

Die Schwierigkeit ist aber: Je feiner das Staubkorn ist, umso weniger Ladungen bekommen Sie dort drauf. Deswegen ist es auch so, dass von der Feinstaubklasse PM10 eigentlich 80 % PM2,5 sind. Ich weiß nun nicht, wie Sie plötzlich auf der Bürgerversammlung in Ilvesheim erklären können, dass ein Zehntel weniger Feinstaub emittiert wird. Sagen Sie einmal, wie viel das pro Jahr ist!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben uns vorhin darauf geeinigt, dass wir nur die Werte nehmen, die im Antrag stehen. Wenn Sie alle Staubfraktionen addieren, die im Antrag stehen, kommen Sie insgesamt auf 256,8 t pro Jahr. Es sind aber auch Fraktionen aus dem Nahbereich darin, die größer als PM10 sind. Wenn Sie jetzt nur den Schornstein nehmen, der PM10 hat, dann sind es 240 t im Jahr - so, wie wir es gesagt haben: auf Basis der maximal unterstellten Werte und als maximale Emission.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das war aber nicht die Frage. In diesem Fall war die Frage, wie der Erwartungswert ist.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben uns vorhin darauf geeinigt, dass wir nicht mehr über Erwartungswerte reden. Deshalb gebe ich auch keinen Erwartungswert an.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt ist Herr Kriebel an der Reihe. - Ich kündige an, dass ich dann gerne zum Thema Immissionsprognose überge-hen würde. Ich glaube, es hat fast jeder alles gesagt. Die diffusen Quellen behandeln wir später.

(Zuruf von Herrn Gebhardt [Einwender])

- Es sind drei Themen, und die haben sich permanent wiederholt.

(Gebhardt [Einwender]: Dann verspreche ich Ihnen, dass gleich etwas Neues kommt!)

- Gut. - Erst Herr Kriebel und dann Herr Gebhardt.

Kriebel (Einwender): Ich habe eine Frage an Herrn Ehmann. Sie haben vorhin geäußert, dass im geplanten Block 9 sehr wohl Technolo-gie zum Einsatz kommt, die in Block 6 entwickelt wurde oder in Form einer neuen Technologie eingesetzt wird. Dazu lautet meine Frage: Wie weit ist die Erkenntnis? Ist diese Entwicklung Bestandteil der Hochtemperaturwerk-stoffteststrecke? Inwieweit wird z. B. in der Abgasreini-gung eine Technologie eingesetzt, die quasi ein Ergebnis dieses Testlaufs ist? Erreichen Sie dieses Ergebnis durch eine höhere Abgastemperatur?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Die Verfahrenstechnik, die wir in Block 6 einsetzen und die wir auch in Block 9 einsetzen wollen, ist insgesamt im Bereich der Rauchgasreinigung seit Mitte oder Ende der 80er-Jahre in Deutschland Stand der Technik. Sie hat den Vorteil, dass sie sich seither verfeinert hat. Die Dinge, die man am Anfang, als man das zum ersten Mal gebaut hat, nicht so genau wusste, wurden über die vielfältigen Erfahrungen optimiert, sodass man heute auf diese entsprechend niedrigen Werte kommt.

Da wir die Anlage schon seit Ende 2005 betreiben, ist ganz klar zu erkennen, dass es keinen Zusammenhang mit dieser Werkstoffteststrecke gibt, die dort in Zukunft installiert werden soll.

Verhandlungsleiterin Salchow: Nun Herr Gebhardt mit dem angekündigten Neuen.

Gebhardt (Sachbeistand): Frau Salchow, ich wollte die Diskussion jetzt nicht unter-brechen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es nicht sachdienlich ist, wenn man fünf Punkte parallel diskutiert. Deswegen habe ich mich jetzt auch ein bisschen zurück-gehalten.

Ich hatte es vorhin schon angesprochen: Aus meiner Sicht ist die Frage, ob die Schornsteinhöhe richtig berech-net worden ist, ein ganz wichtiger Punkt. Deswegen möchte ich jetzt auf diesen Punkt eingehen und die Bitte an den Vorhabensträger richten, ganz kurz darzustellen, wie man auf die Schornsteinhöhe von 169 m kommt. Ich konnte das nicht ganz nachvollziehen.

Dr. Wind (Antragstellerin): Die Schornsteinhöhenberechnung ist nach TA Luft Zif-fer 5.5 durchgeführt worden. Es sind der maximale Ab-gasvolumenstrom und die Stickoxidkonzentrationen als Halbstundenmittelwerte angesetzt worden. Für die Stick-oxide wurde vorausgesetzt, dass sie komplett als NO2 emittiert werden. Daraus ergibt sich eine berechnete Schornsteinhöhe von 169 m.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Zunächst einmal, Herr Dr. Wind, hatte ich damit meine Probleme. Ich habe versucht, das nachzuvollziehen. Sie haben ein QS-Verhältnis im Bereich von 10 000 heraus-bekommen. Das war für mich erst einmal eine merkwürdi-ge Sache.

Wenn Sie sagen, dass 100 % der Stickoxide als NO emittiert werden, dann widerspricht das erst einmal dem, was ich von anderen Verfahren und auch von anderen Anlagen her kenne. In der Regel nimmt man dafür einen NO2-Anteil von 5 oder 10 % an. - Aber lassen wir das einmal dahingestellt sein, weil das letztendlich nicht die entscheidende Frage ist!

Die entscheidende Frage ist vielmehr: Wie viel des NO wird auf dem Transportweg letztendlich in NO2 umgewan-delt? Dazu enthält die TA Luft in Nr. 5.5 einschlägige Vorgaben und spricht von 60 %. Das haben Sie nicht gemacht, und das kann ich nicht ganz nachvollziehen.

Ich erlebe es zum ersten Mal in einem solchen Ge-nehmigungsverfahren, dass es so gerechnet wurde. Herr Dr. Wind, wenn Sie tatsächlich - ich muss es noch einmal nachprüfen - mit 10 964 kg rechnen - das haben Sie ja gemacht -, dann kommen Sie auf eine Schornsteinhöhe von 200 m, aber nicht auf eine Schornsteinhöhe von 169 m. Ich konnte es zumindest nicht nachvollziehen.

Dessen ungeachtet ist diese Vorgehensweise auch unzulässig. Sehen Sie sich die Vorgaben in Nr. 5.5 der TA Luft an! Unabhängig davon, ob man 5 % NO2 ansetzt oder nicht, müssen Sie die 60 % Umwandlungsrate rechnen.

Ich habe mich sehr lange mit Herrn Rühling in Mainz auseinandergesetzt, weil ich damals die Auffassung vertreten hatte, die 60 % seien nicht in Ordnung, man müsse einen Faktor 0,92 ansetzen. Im Nachhinein muss ich Herrn Rühling Recht geben. Er hat das damals korrekt durchgeführt.

Aber genauso bin ich der Auffassung, dass man das auch hier machen muss. Dann kommt man auf eine andere Schornsteinhöhe, bzw. man kommt zunächst einmal auf ein anderes QS-Verhältnis, das deutlich darun-ter liegt. Dann ist nicht mehr die Stickoxidemission maß-geblich, sondern dann ist die Schwefeldioxidemission maßgeblich, und dann kommt man auf eine andere Schornsteinhöhe.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Wind.

Dr. Wind (Antragstellerin): Zunächst einmal möchte ich Folgendes richtig stellen: Auf der Emissionsseite wurde natürlich nicht davon ausge-

gangen, dass 100 % NO2 vorliegen, sondern es liegen 95 % NO vor. Das muss dann für die Schornsteinhöhen-berechnung in NO2 umgerechnet werden.

Aber auf der Immissionsseite - da gebe ich Ihnen Recht - habe ich 100 % NO2 und nicht diesen Umwand-lungsgrad, wie er in der TA Luft steht, angesetzt, und zwar in Anlehnung an das Genehmigungsverfahren in Karlsru-he. Dort ist das nämlich genauso gehandhabt worden. Das liegt wiederum daran, dass der Stickstoffeintrag in Baden-Württemberg besonders hoch ist. Deswegen hat man davon abgesehen, diesen Umwandlungsgrad ent-sprechend anzusetzen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Noch einmal Herr Gebhardt dazu, dann Herr Gödeke.

Gebhardt (Sachbeistand): Dann stelle ich jetzt für das Protokoll fest, dass Herr Dr. Wind bestätigt, dass die Ermittlung der Schornsteinhö-he nicht gemäß den Vorgaben der TA Luft erfolgte.

Jetzt haben wir ein Problem, denn wir bewegen uns nicht mehr innerhalb der TA Luft, sondern außerhalb der TA Luft. Aber eine Genehmigungsbehörde hat sich selbst-verständlich an die Vorgaben der TA Luft zu halten. Ich denke, auf diesem Erörterungstermin haben wir darüber zu erörtern, welche Auswirkungen durch die Anlage zu erwarten sind.

Das maßgebliche Regelwerk - ich denke, darin sind wir alle uns einig - ist die TA Luft. Deswegen müssen wir uns hier an den Vorgaben der TA Luft entlang hangeln. Wenn wir das nicht machen, müssen wir aber auch in anderen Bereichen Maßstäbe heranziehen, die nicht der TA Luft entsprechen. Ich bin der Auffassung - ich kenne das aus den Genehmigungsverfahren, an denen ich bislang beteiligt war, nicht anders -, dass man hier tat-sächlich die Vorgaben der TA Luft heranzieht.

Wenn man die Vorgaben der TA Luft heranzieht und eine Stickoxidkonzentration von 400 mg/m³ als Halbstun-denwert annimmt, dann ist nicht mehr die Stickoxidkon-zentration, sondern die Schwefeldioxidkonzentration maßgeblich, die ebenfalls als angeblicher Halbstunden-wert mit 400 mg/m³ angegeben wird. Dann kommt man unter Berücksichtigung von Bebauung und Bewuchs auf eine Schornsteinhöhe von 159 m und nicht von 169 m. - Das ist der eine Punkt, Frau Salchow.

Der andere Punkt ist Folgender: Für mich stellt sich die Frage: Warum nimmt man einen Stickoxid- oder Schwe-feldioxid-Halbstundenwert von 400 mg/m³ an? Herr Professor Dolde - egal, wer jetzt die Frage beantwortet -, mich würde interessieren: Wo in Ihrem Genehmigungsan-trag finde ich in den Formblättern den Antrag auf Halb-stundenmittelwerte und Tagesmittelwerte? Können Sie mir das zeigen?

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(Prof. Dr. Dolde [Antragstellerin]: Das kön-nen Sie doch selber lesen!)

- Ja, ich kann lesen, Herr Professor Dolde. Ich habe es aber nicht gefunden. Vielleicht habe ich es übersehen; das passiert. Die Antragsunterlagen sind sehr umfangreich. Dann muss man es auch einmal jemandem nachsehen, wenn er etwas übersieht. Ich bin da auch nicht perfekt.

Deswegen lautet meine höfliche Bitte an Sie, Herr Pro-fessor Dolde: Zeigen Sie mir doch das Formblatt im Genehmigungsantrag, wo ich diesen Halbstundenwert und diesen Tagesmittelwert finde!

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Meine höfliche Frage an Sie lautet, worauf Sie eigentlich hinauswollen. Sagen Sie einmal: Müsste der Schornstein höher sein, oder müsste er nach der TA Luft niedriger sein?

Gebhardt (Sachbeistand): Dazu kommen wir gleich.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Meine ganz höfliche Frage: Was ist das Ziel?

Gebhardt (Sachbeistand): Meines Erachtens ist der Schornstein falsch berechnet. Ich kann Ihnen die Frage auch beantworten.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Zu hoch oder zu niedrig?

Gebhardt (Sachbeistand): Zu hoch. Der Schornstein ist zu hoch. Meines Erachtens hätte eine geringere Schornsteinhöhe ermittelt werden müssen. Diese Frage hatte ich übrigens - -

(Prof. Dr. Dolde [Antragstellerin]: Leiten Sie denn daraus ab - -)

- Herr Professor Dolde, ich rede gerade, entschuldigen Sie bitte! - Ich hatte Ihnen die Frage vorhin übrigens schon beantwortet. Ich habe gesagt, wenn man mit 400 mg/m³ rechnet, kommt man auf 159 m und nicht auf 169 m.

Aber darum geht es mir jetzt nicht, sondern ich meine: Wenn ich mit 400 mg/m³ als Halbstundenwert rechne, muss ich ihn auch beantragt haben; das ist doch klar. Diesen Wert habe ich in Ihrem Antrag nicht gefunden.

Deswegen noch einmal meine höfliche Frage: Wo fin-de ich diesen Wert in den Formblättern des Antrags; denn das ist ja letztendlich maßgeblich?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Wir werden es Ihnen sagen. - Wenn Sie sagen, darauf kommt es Ihnen nicht an, heißt das dann, dass wir dar-über nicht mehr diskutieren müssen - damit wir uns vielleicht das Leben einfacher machen? Sie haben doch

gerade gesagt: „Die 159 m sind nicht mein Punkt. Ich will das mit den 400 mg/m³ wissen.“ Dann konzentrieren wir uns jetzt doch auf die 400 mg/m³! - Nur damit wir wissen, worüber wir sprechen.

Gebhardt (Sachbeistand): Wir sprechen über die Schornsteinhöhe. - Noch einmal meine Bitte: Wo stehen die 400 mg/m³?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): In der Emissionsprognose stehen sie in der Tabelle 4.2.

Gebhardt (Sachbeistand): Es ist mir völlig klar, Herr Professor Dolde, dass in der Emissionsprognose der Wert von 400 angegeben wird.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die gehört auch zum Antrag.

Gebhardt (Sachbeistand): Meine Frage war - ich wiederhole mich jetzt -: Wo steht dieser Wert in den Formblättern? Denn das ist doch der eigentliche Genehmigungsantrag. Dazu sind diese Form-blätter gedacht. Dort ist es einzutragen. Vielleicht habe ich es wirklich übersehen. Das passiert mir öfters, muss ich sagen. Aber ich finde es einfach nicht.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Wir schauen das nach. Es muss nicht in den Formblättern stehen. In den Formblättern stehen die Jahresmittelwerte. Wir brauchen noch ein paar Minuten.

An anderer Stelle steht unseres Wissens: Es gelten für die Tagesmittelwerte die Werte der 13. BImSchV. Daraus ergibt sich dann auch die 400er-Zahl für den Halbstun-denmittelwert. Der ist ja in der 13. BImSchV definiert. - Aber wir werden es noch klären und Ihnen dann sagen.

Gebhardt (Sachbeistand): Noch einmal ganz kurz, Herr Professor Dolde: Sie haben mir die Frage schon beantwortet. Deswegen brauchen wir es gar nicht genauer klären. Sie haben gesagt, in den Formblättern stehen die Jahresmittelwerte, und genau das habe auch ich so gesehen. Ich glaube, es ist in dem Formblatt 2.6. Darin stehen keine Tagesmittelwerte und auch keine Halbstundenmittelwerte.

Ich komme zu dem Ergebnis: Es ist kein Halbstun-denmittelwert und es ist auch kein Tagesmittelwert bean-tragt worden, selbst wenn in der Emissionsprognose genau das behauptet wird.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Es sind die Tagesmittelwerte der 13. BImSchV, die Halb-stundenmittelwerte der 13. BImSchV und ein Jahresmit-telwert, gebildet aus den Tagesmittelwerten des jeweiligen Kalenderjahres, beantragt worden.

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Gebhardt (Sachbeistand): Aber nicht in den Formblättern.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ob in den Formblättern oder woanders - es steht im Antrag. Ich lege mich jetzt nicht fest, auf welcher Seite. Aber lassen Sie doch Ihre Fangfragen. Der Antrag besteht aus 23 Ordnern - oder wie vielen auch immer. Das steht bestimmt darin. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, an welcher Stelle. Das werden wir klären. Es sind sicherlich die Tagesmittelwerte und die Halbstundenmittelwerte nach der 13. BImSchV.

Gebhardt (Sachbeistand): Da muss man sich natürlich fragen, was für einen Sinn Formblätter machen, wenn sie für den Antrag letztendlich nicht maßgeblich sind?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, natürlich sind die Formblätter für den Antrag maßgeblich. Aber ebenso sind alle anderen 23 Ordner bzw. Unterlagen maßgeblich. Das beginnt mit der Kurzbeschreibung und endet mit dem Glossar und dem Abkürzungsverzeichnis. Das alles ist maßgeblich.

Wir wissen, dass diese Werte beantragt worden sind. Es ist doch pure Zeitverschwendung, sie jetzt heraussu-chen zu lassen. Wir können Ihnen bestätigen, dass diese Werte beantragt worden sind.

Im Übrigen würde ich vorschlagen, dass vielleicht Herr Dr. Ahrens von der LUBW noch einmal etwas zur Berech-nung der Schornsteinhöhe sagt.

Schwaab (RP Karlsruhe): Frau Salchow, nur ein Satz dazu: Es könnte sein - ich habe die Antragsunterlagen nicht vor mir; sie stehen dort hinten -, dass man Bezug auf die 13. BImSchV genom-men hat. In der 13. BImSchV sind Tagesmittelwerte geregelt. Dann kommt der Satz, dass sämtliche Halbstun-denmittelwerte das Doppelte der Tagesmittelwerte betra-gen - bis auf Quecksilber. Vielleicht hat man es in der Form auch in den Antrag aufgenommen. Ich kann es jetzt aber nicht direkt aus dem Antrag belegen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Erst Herr Professor Dolde und dann Herr Dr. Ahrens.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Um das klarzustellen: Es steht doch darin. Das ist, wie Sie gesagt haben, wirklich Rechthaberei um der Formalien willen. Antrag Kapitel V/3, Seite 4, Rauchgas. Dort steht: Emissionsgrenzwerte für Rauchgas gemäß § 5 der 13. BImSchV, Tagesmittelwerte gemäß § 2.8 usw. Dann heißt es:

„Die Tagesmittelwerte NO 200 mg/m³ wer-den aufgrund der Auslegung der Rauchgas-

reinigungsanlage sicher eingehalten. Über die Anforderungen der 13. BImSchV hinaus verpflichtet sich die Antragstellerin […]“

- und so weiter. Dann kommt der Jahresmittelwert.

Dass der genannte Tagesmittelwert der 13. BImSchV kraft der Definition der Rechtsverordnung einem Halb-stundenmittelwert von 400 mg/m³ und damit dem Doppel-ten entspricht, weiß jeder, der zweimal in die 13. BImSchV hineingeguckt hat.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Ahrens.

Dr. Ahrens (LUBW): Ich glaube, im Moment ist es wichtig, einmal einige grund-sätzliche Ausführungen zu den Formeln der Schornstein-mindesthöhenberechnung zu machen.

Ihnen ist vielleicht aufgefallen, dass in diese Formel überhaupt keine meteorologischen Verhältnisse eingehen. Es ist völlig egal, wo ich den Schornstein baue, ob in Oberschwaben oder auf Helgoland; er ist immer gleich hoch. Diese Vorgehensweise ist historisch bedingt. Die Formeln, die zur Schornsteinmindesthöhe führen, sind sehr alt. Sie gehen auf Untersuchungen aus den 60er-Jahren zurück.

Nun kommt es: Diese Formeln sind in der ganzen Zeit bewusst nicht verändert worden. Sie stellen somit ein relativ hohes Rechtsgut dar, das einerseits eine Gleichbe-handlung aller Betreiber bedingt. Andererseits erreiche ich dadurch, dass keine örtlichen meteorologischen Verhält-nisse eingehen, dass ich nicht sozusagen in günstige meteorologische Situationen ausweiche. - So viel als Vorbemerkung.

Was bedeutet eigentlich Schornsteinmindesthöhe oder Schornsteinhöhe, wie es heute heißt? Sinn ist es, den Schutz der Nachbarschaft im Einzelfall sicherzustellen - noch einmal: den Schutz der unmittelbaren Nachbarschaft neben einer Anlage im Einzelfall! Hieraus folgt automa-tisch, dass ich hierfür z. B. keine Jahresmittelwerte ver-wenden kann. Das ist schon logisch; denn der Einzelfall ist ja der Stunden- oder Halbstundenwert - oder irgendetwas in dieser Größenordnung.

Jetzt kann man sich fragen, ob man den Tageswert oder den Stundenwert heranzieht. Das ist eine mehr philosophische Fragestellung, denke ich. - Das ist die eine Seite.

Noch einmal: Die Schornsteinmindesthöhe hat nur den Sinn, in der unmittelbaren Nachbarschaft keine unzulässi-gen, gefährlichen Immissionen auftreten zu lassen. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, können wir natürlich froh sein, wenn der Schornstein hoch wird.

Ein zweiter Punkt, den Sie angesprochen haben, Herr Gebhardt, ist Folgender: Die TA Luft enthält unsäglicher-

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weise - ich will es einmal so nennen - wahrscheinlich einen redaktionellen Fauxpas. Der S-Wert ist nämlich auf NOx ausgewiesen. Die ganzen Vorschriften davor bezie-hen sich aber - wie in der TA Luft 1986 - auf eine Um-wandlungsrate.

Dieses Vorgehen oder diese Tatsache, die nun einmal so im Raum steht, hat sehr lange in vielen Verfahren zu Unstimmigkeiten bzw. zu Fragen geführt. Diese Fragen sind erst mit dem LAI-Beschluss vom Sommer dieses Jahres ausgeräumt worden, dass der S-Wert nicht als NOx, sondern, wie Sie richtig gesagt haben, im alten Sinne als NO2 zu interpretieren ist. - So viel zur Problematik der TA Luft. Warum das so darin steht, ist nicht mehr nach-vollziehbar. Wahrscheinlich handelt es sich um ein redak-tionelles Problem.

Sie haben mit Ihren Ausführungen also im Prinzip Recht. Man muss die Umwandlungsrate wie bisher be-rechnen, diese 60 %, 5 % usw. Dann kommt man auf Werte - insofern haben Sie Recht -, die niedriger als der jetzige Schornstein sind. Wir haben uns die Mühe ge-macht, das einmal nachzurechnen.

Es wurde dann angeführt, der SO2-Wert würde den Schornstein sozusagen bestimmen. Ich habe den Wert hier: Wenn ich beim SO2 die 400 mg/m³, die wohl unstrittig sind, in beiden Fällen ansetze, würde er 111 m hoch werden. Jetzt können Sie sagen: „Ich will einen Schorn-stein von 110 m.“ - Ja, das kann man machen.

Ich denke aber, die Vorgehensweise ist in Ordnung gewesen. Allerdings hat die Unsicherheit bestanden, wie der S-Wert zu interpretieren ist. Der Länderausschuss für Immissionsschutz hat sich in diesem Sommer dazu geäußert. Ich denke, damit ist das Problem behoben. In Zukunft wird man also wieder so rechnen wie bisher.

Auch wir haben mit der vollständigen Umwandlung ge-rechnet, weil wir meinen, das ist in diesem Raum konser-vativer. Dabei kommen wir ebenfalls auf diese 168 m, je nachdem, welchen Bebauungs- und Bewuchszuschlag man ansetzt.

Ich kann die Zahlen einmal kurz nennen: Wir haben 2.741.000 m³ im Normzustand angesetzt, eine Temperatur an der Schornsteinmündung von 58 °C, einen Schorn-steindurchmesser von 8 m und dann einen relativ hohen Zuschlag für Bebauung und Bewuchs von 20 m angesetzt, den wir im Hinblick auf das Stadtgebiet Mann-heim/Ludwigshafen für gerechtfertigt halten. Das ist relativ viel, über die gesamte Fläche gemittelt, aber ich denke, es ist in Ordnung, dass man dafür etwas mehr annimmt. Dann ergibt das für Schwefeldioxid einen Schornstein von 110,6 m, also 111 m, und für Stickstoffoxide einen von 168 m.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Dr. Ahrens. - Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich muss mich bezüglich der freien Interpretation seitens der LUBW zur bislang noch gültigen TA Luft 2002 sehr in Geduld fassen. Ich muss Sie korrigieren: In der TA Luft 2002 steht ausdrücklich, dass die Politik der hohen Schornsteine vorbei ist. Ich hoffe, ich muss das jetzt nicht zitieren. Sie müssten das eigentlich kennen. - So viel erst einmal grundsätzlich.

Um an den Anfangspunkt zurückzukommen: Noch ist die TA Luft gültig. Ich weiß nicht, ob Sie schon einen Antrag gestellt haben, sie zu ändern; das ist ja möglich. Also lassen wir diese freie Interpretation einmal weg! Die TA Luft ist gültig. Herr Gebhardt hat dann genau Recht.

Es wurde darauf verwiesen, dass es in Karlsruhe ähn-lich gemacht wurde. Ich spreche Herrn Essig an, der in Karlsruhe genau die richtige Frage an die EnBW gestellt hat: Wurde die Schornsteinhöhe mit SO2 berechnet? Es muss nämlich bei der bislang noch gültigen Umwand-lungsrate, wenn Sie für beide Emissionen die gleiche Konzentration haben, mit SO2 gerechnet werden. Ich habe es umgerechnet: Der Faktor gilt dann nämlich für SO2. Bislang ist die TA Luft noch gültig. Sie können sie gerne ändern, aber noch ist sie gültig.

Von daher ist die Argumentation des Herrn Gebhardt richtig, dass die Schornsteinhöhe nach TA Luft 159 m ist. Dann gilt eben nicht, wie Sie von der LUBW gesagt haben, dass es besser ist, wenn der Schornstein höher ist. Das steht nicht in der TA Luft. Vielmehr sind die Emissio-nen entsprechend zu verringern, wenn der nach der TA Luft berechnete Schornstein nicht ausreicht. So steht es in der TA Luft. Das ist der Ausgangspunkt.

Insofern ist die Kritik von Herrn Gebhardt zu 100 % berechtigt. Die Schornsteinhöhe wurde nicht TA-Luft-konform bestimmt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dolde und dann Herr Lauritzen.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Unmittelbar dazu: Sie haben natürlich nicht alles gelesen, Herr Gödeke, was in der TA Luft steht. Erstens steht darin: Der Schornstein soll mindestens die Höhe haben, die sich nach dem Nomogramm ergibt. Zweitens steht darin: Nur wenn sich daraus dann ergibt, dass die Immissionsgrenz-werte überschritten werden, soll vorrangig reduziert werden. Wir haben keine Überschreitung der Immissions-werte. Deswegen gibt es die Reduzierung nicht.

Zweitens. Die Höhe soll über den Stand der Technik hinaus verringert werden. Das haben wir ohnehin getan, indem wir die Werte reduziert haben. Deswegen ist die tatsächliche Schornsteinhöhe der Ausbreitungsrechnung

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zugrunde zu legen und nicht die, die sich nach Ihrer Rechnung bei 159 m ergeben würde.

Gödeke (Sachbeistand): Direkte Gegenrede! Zum einen: Ob die niedrigere Schorn-steinhöhe ausreicht, haben Sie gar nicht berechnet. Sie haben mit dem höheren und damit sich verdünnenden Schornstein gerechnet. Den entsprechenden Nachweis haben Sie gar nicht geführt.

Zum Zweiten haben Sie nicht konservativ gerechnet. Sie haben durch den 10 m höheren Schornstein verdünnt. Dann haben Sie durch Erwartungswerte verdünnt. Das heißt, Sie haben doppelt verdünnt. Dann kommen Sie auf Ihre Irrelevanz. So herum wird ein Schuh daraus. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Lauritzen, Sie sind an der Reihe.

Lauritzen (Einwender): : Ich muss bekennen, dass ich Laie bin. Aber ich habe eine Frage zu diesem Gebiet. Wir befinden uns hier in der oberrheinischen Tiefebene, und diese Tiefebene ist das tiefste Tal Europas. Wird das eigentlich berücksichtigt?

Dr. Ahrens (LUBW): Ich habe Ihre Frage dahin gehend verstanden, ob bei der Schornsteinhöhenberechnung der Einfluss der Randhö-hen, also Odenwald und Pfälzer Wald, bzw. die Tallage berücksichtigt worden ist. Hierzu gibt es Verfahren in der TA Luft. Dabei sind die VDI-Richtlinien anzuwenden. Die Korrektur durch Gebäude - das haben wir besprochen - ist automatisch durchzuführen. Eine Korrektur durch eine Geländestufe muss ebenfalls vorgenommen werden, wenn sie relevant ist. Es zeigt sich, dass das Rheintal hier so breit ist, dass das nicht zum Tragen kommt. Das kann man durch diese Kurven nachvollziehen. Eine Korrektur der Randhöhen wird also nicht benötigt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner und Herr Gebhardt.

Rahner (Rechtsbeistand): Kurz zu Herrn Professor Dolde: Ich bin der Auffassung, Herr Professor, wenn wir als Juristen Rechtsvorschriften zitieren, dann sollten wir sie auch richtig zitieren, selbst wenn wir sie zusammenfassen, wie Sie es eben gemacht haben. Die TA Luft sagt eben ausdrücklich nicht, dass es eine Mindestzahl ist, wenn nach dem Nomogramm be-rechnet wird. Das Wort „mindestens“ kommt beim Thema Schornsteinableitung nur in der Ziffer 5.5.2 vor. Dort steht: Der Schornstein soll mindestens eine Höhe von 10 m über der Flur haben. Über dieses Thema sprechen wir über-haupt nicht.

In Ziffer 5.5.3 der TA Luft, wo es dann um das Re-chenverfahren zur Bestimmung der Schornsteinhöhe geht,

steht: Die Schornsteinhöhe ist nach der Abbildung 2 zu bestimmen, und die Abbildung 2 ist genau dieses No-mogramm zur Ermittlung der Schornsteinhöhe. Das heißt, dort ist nicht von „mindestens“ die Rede, sondern dort ist die Rede davon, dass so bestimmt werden muss. Das Wort „ist“ ist gleich „muss“.

Von daher haben Sie die TA Luft eben falsch zitiert. Es war mir wichtig, darauf hinzuweisen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Herr Dr. Ahrens hat Ihnen den Hintergrund ja genannt. Die Schornsteinhöhe, die nach Nr. 5.5.2 berechnet wird, hat nichts mit der Ausbreitungsrechnung im 9-Kilometer-Radius zu tun, sondern betrifft den Nahbereich. - Punkt 1.

Punkt 2: Es ist eine Schornsteinmindesthöhe. Der VGH Baden-Württemberg hat in einem anderen Fall ausdrücklich entschieden - vielleicht überzeugt Sie das dann wenigstens -, dass der Ausbreitungsberechnung die tatsächliche Schornsteinhöhe zugrunde zu legen ist und nicht die nach der TA Luft mindestens notwendige. Ich habe das Zitat jetzt nicht auswendig im Kopf, kann es Ihnen aber gerne sagen: Es ging dabei um die Müll-verbrennung in Göppingen im Jahr 1998. Das entspricht auch dem Sinn und Zweck der Geschichte.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt und dann Herr Gödeke.

Gebhardt (Sachbeistand): Herr Professor Dolde, dann stelle ich jetzt einmal ganz spontan einen Antrag. Wenn Sie diesen Antrag hören, geht Ihnen vielleicht ein Licht auf. Wenn ich diesen Antrag gestellt habe, bin ich aber noch nicht mit meinen Ausfüh-rungen am Ende, sondern möchte weiter fortfahren.

Ich stelle hiermit den Antrag, dass die Immissions-prognose neu berechnet wird, und zwar anhand der tatsächlich geplanten Schornsteinhöhe, genauso wie es Herr Professor Dolde gerade ausgeführt hat. In diesem Punkt bin ich mir mit Herrn Professor Dolde einig, dass eine Emissionsprognose anhand des tatsächlich geplan-ten Schornsteins durchzuführen ist. Das ist hier die Schornsteinhöhe 180 m und nicht 169 m.

Ich bin aber abweichend von Herrn Professor Dolde der Auffassung, dass eine zweite Berechnung durchzufüh-ren ist. Diese Berechnung ist anhand der Vorgaben der TA Luft durchzuführen, d. h. anhand einer Schornsteinhö-he, die nach den Vorgaben der TA Luft bestimmt wurde. Das ist auch gängige Genehmigungspraxis. - Oder sagen wir einmal nicht Genehmigungspraxis, weil so etwas nicht die Genehmigungsbehörde durchführen muss. Vielmehr hat das der Vorhabensträger durchzuführen.

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Ich möchte einige Beispiele nennen, wo das in der Vergangenheit so gemacht wurde, entweder weil es vom Vorhabensträger so in das Verfahren eingebracht wurde oder weil es die Genehmigungsbehörde gefordert hat. Das sind insbesondere Abfallverbrennungsanlagen. - Bei Kohlekraftwerken haben wir sehr häufig die Situation, dass wir einen Kühlturm haben und dass die Abgase über einen Kühlturm abgeleitet werden. - Dann haben wir natürlich die Diskussion, wie wir sie hier jetzt führen, nicht.

Nur als Beispiel: Im Verfahren für die Abfallverbren-nungsanlage Ettringen, Korbach oder auch Leppersdorf hat die Firma Müller-BBM es genauso gemacht, dass zwei Ausbreitungsrechnungen durchgeführt wurden, zum einen für die Schornsteinhöhe nach TA Luft und zum anderen für die beantragte Schornsteinhöhe.

Im Verfahren Witzenhausen hat es die Firma IMA Richter & Röckle gemacht, ebenso im Verfahren Pader-born. Dort - daran kann ich mich noch sehr gut erinnern; ich war beteiligt - wurde das von der Genehmigungs-behörde, der Bezirksregierung Detmold, gefordert.

Eine Ausbreitungsrechnung auf der Basis von zwei verschiedenen Schornsteinhöhen ist meines Erachtens gerade in diesem Verfahren ganz zwingend notwendig, weil beide Ausbreitungsrechnungen durchaus Erkenntnis-se bringen können, die für dieses Verfahren sehr wichtig sind. Eine Ausbreitungsrechnung nach einer Schornstein-höhe, wie sie geplant ist - danach hätten wir in diesem Fall 180 m - hätte unter Umständen - darüber werden wir später diskutieren; ich möchte dieses Fass jetzt noch nicht aufmachen - zur Folge, dass die Abgasfahne nicht mehr in nord-südlicher Richtung abgeweht wird und sich ausbrei-tet. Vielmehr würde dann auch die überregionale, in Deutschland vorherrschende Südwest-Strömung einen ganz massiven Einfluss gewinnen. Dadurch werden dann auch die östlichen Hänge des Rheintals betroffen sein.

Ich möchte dieses Fass jetzt nicht aufmachen. Wir werden darüber später unter dem Punkt Meteorologie noch diskutieren. Aber ich halte es in diesem Zusammen-hang für sehr wichtig, es schon einmal zu erwähnen.

Jetzt komme ich wieder zur niedrigeren Schornstein-höhe. Der Vorhabensträger hat 169 m errechnet und hat damit gerechnet. Herr Ahrens hat ebenfalls eine Rech-nung vorgelegt, die von der des Vorhabensträgers dahin gehend abweichend, dass ein anderer Massenstrom und ein anderes QS-Verhältnis für Stickoxide herangezogen wurden. Er kommt aber bis auf den Meter genau zum exakt gleichen Ergebnis. Das habe ich nicht verstanden.

Herr Ahrens, Sie kommen auf 169 m; der Vorhabens-träger kommt, obwohl er 100 % NO2 rechnet und diese Umwandlungsrate von 60 %, wie sie in der TA Luft vorge-schrieben ist, nicht berücksichtigt, auf exakt dieselbe Schornsteinhöhe. Also, irgendjemand muss ja falsch gerechnet haben. Insofern ist das für mich nicht nachvoll-ziehbar.

Ich kann es noch einmal sagen: Wir hatten im Prinzip im Fall Mainz dieselbe Diskussion. Da musste ich mich, wie gesagt, letztendlich von Herrn Rühling überzeugen lassen, dass das Schwefeldioxid maßgeblich ist und dass die Schornsteinhöhe über das Schwefeldioxid zu berech-nen ist. Da komme ich auf einen deutlich niedrigeren Wert, der übrigens deutlich höher als der ist, den Sie ausge-rechnet haben. Ich komme nicht auf 111 m, sondern auf 159 m.

Wenn man jetzt sagen würde, die 111 m sind korrekt, muss natürlich die gebäudebedingte Schornsteinhöhe berücksichtigt werden, und das wären dann 133 m. Das hat der Antragsteller übrigens ausnahmsweise einmal richtig ausgerechnet. Da konnte ich seine Ausführungen durchaus nachvollziehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ahrens, möchten Sie darauf erwidern?

Dr. Ahrens (LUBW): Ich hatte die Parameter, mit denen ich gerechnet habe, vorgelesen. Vielleicht ging es etwas zu schnell. Man sollte das einmal gegenüberstellen. Ich glaube, dass die Diskre-panz, die Sie ansprechen, wahrscheinlich aus der Höhe von Bebauung und Bewuchs resultiert. Ich kann das nicht nachvollziehen. Es ergeben sich bei den genannten Parametern einfach die 168,5 m.

Die Rauchgasmenge war 2.741.000 m³, die Abgas-temperatur 58 °C, der Schornsteindurchmesser 8 m, Bebauung und Bewuchs 20 m. Dann ergeben sich aus dem Nomogramm erstens 160 m, und durch die Korrektur von Bebauung und Bewuchs kommt man auf 168 m. So sind das Nomogramm und die Formel dazu; ich kann es nicht ändern.

Gebhardt (Sachbeistand): Eine ganz kurze Nachfrage dazu. Ich habe mit denselben Daten gerechnet, aber ich kam aufgrund der Bildung des QS-Verhältnisses bei Schwefeldioxid auf einen anderen Wert. Das ist mein Problem. Ich komme auf ein QS-Verhältnis von 6.798. - Moment, jetzt muss ich noch einmal nachsehen, damit ich hier nichts durcheinan-derbringe. Beim Schwefeldioxid kam ich auf 7.831. Das ist mein Problem. Ich habe gar nicht mit NOx gerechnet, sondern mit etwas anderem. Sonst waren die Zahlen alle exakt gleich. Ich bin der Meinung, man müsste anders rechnen, aber ich habe auch mit den 400 mg/m³ gerech-net und komme dann auf die 6.798.

Könnten Sie mir den betreffenden Wert noch nennen? Vielleicht liegt darin die Diskrepanz zwischen unseren beiden Berechnungen begründet.

Dr. Ahrens (LUBW): Der S-Wert ist nach meiner Rechnung 0,14 und der S-Wert für Stickoxide 0,1, wie es hinten steht. Daraus ergeben sich diese Werte.

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Gebhardt (Sachbeistand): Ich möchte nur noch einmal nach dem QS-Verhältnis fragen. Vielleicht können wir den Rest nachher in der Pause bilateral machen; das ist kein Problem. Ich will jetzt auch nicht darauf herumreiten, aber ich kann mir vorstel-len, dass darin die Diskrepanz zwischen unseren Aussa-gen begründet liegt.

Wie gesagt, in Mainz musste ich mich vom Gegenteil überzeugen lassen. Da habe ich so argumentiert wie Sie und musste mich eines Besseren belehren lassen. Des-wegen lasse ich mich jetzt ungern wieder eines Besseren belehren. Irgendetwas muss ja stimmen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde, Herr Schwaab hätte noch einmal eine Frage an Sie.

(Gödeke [Sachbeistand]: Können wir der Reihenfolge nach gehen?)

- Zu diesem Punkt haben wir hier oben eine Frage an Herrn Professor Dolde.

Schwaab (RP Karlsruhe): Herr Professor Dolde, Sie haben den Unterschied zwi-schen errechneter Schornsteinhöhe nach TA Luft und der sogenannten tatsächlichen Schornsteinhöhe dargelegt. Jetzt würde mich natürlich interessieren - Sie haben auf Urteile abgehoben -, wie man eigentlich zu der tatsächli-chen Schornsteinhöhe kommt. Denn im Moment haben wir ja keinen Schornstein. Es gibt also keine tatsächliche Schornsteinhöhe. Wir haben zwar einen Altbestand, aber keinen Schornstein, die sich irgendwie auf Block 9 be-zieht.

Jetzt frage ich mich auch: Was ist eigentlich der Grund dafür, von den 190 auf die 180 m zu gehen, mit denen dann die Immissionsprognose gerechnet wurde?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die Immissionsprognose wurde mit 169 m gerechnet, wenn ich richtig informiert bin. Die tatsächlich geplante Höhe ist 180 m. Die Rechnung, bezogen auf 169 m, haben wir deshalb gemacht, weil Sie in Karlsruhe primär auf die nach TA Luft notwendige Schornsteinhöhe abge-stellt haben, und das ist der konservativere Weg. Bei einer höheren Schornsteinhöhe kommt weniger Zusatzbelas-tung heraus. Deswegen haben wir die 169 m genommen.

Schwaab (RP Karlsruhe): Gut. Aber das beantwortet noch nicht die Frage, wie Sie auf eine tatsächliche Schornsteinhöhe von 180 m kom-men.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die ist so beantragt. Wollen Sie jetzt wissen, welche Überlegungen der Antragsteller hatte? – Okay. Das wird Herr Ehmann beantworten, warum er die 180 m nimmt.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben aus städtebaulichen Gesichtspunkten diese 180 m gewählt. Das haben wir im Antrag auch so ge-schrieben. Die Schornsteine von Block 7 und von Block 8, die direkt neben dem Block 9 stehen, haben eine Schorn-steinhöhe von 200 m. Der Block 5/6, der bei uns auf der westlichen Seite steht, hat eine Schornsteinhöhe von 180 m. Wir haben also den niedrigsten Schornstein genommen. Um aber städtebaulich eine vernünftige Optik zu haben, sollte der Schornstein nicht deutlich niedriger sein, 110 m oder etwas Ähnliches. Deshalb sind wir auf die niedrigste Höhe, d. h. auf die 180 m, gegangen, die dort aus unserer Sicht vertretbar ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich kann bestätigen, was Herr Gebhardt gesagt hat. In Paderborn - das hat Herr Gebhardt noch vergessen - hat auch das Landesumweltamt für Natur- und Verbraucher-schutz, vergleichbar mit der LUBW, von Anfang an seit dem Scopingtermin die Forderung gestellt, die Ausbrei-tungsrechnung mit dem Schornstein nach TA Luft zu machen. Es wurde ein sogenannter tatsächlicher Schorn-stein - es ist ja kein tatsächlicher Schornstein; wie Herr Schwaab gesagt hat, gibt es den Schornstein gar nicht - in einer größeren Höhe beantragt. Am Ende musste mit beiden Schornsteinen eine Ausbreitungsrechnung ge-macht werden.

Im Übrigen, Herr Professor Dolde, sprechen Sie des Öfteren von Karlsruhe. Im Genehmigungsbescheid ent-spricht die tatsächliche Bauhöhe - dort kann man von „tatsächlich“ sprechen, denn die Anlage ist im Bau - der beantragten. Aber im Genehmigungsbescheid steht auch, dass die LUBW bestätigt hat, dass die Schornsteinhöhe nach TA Luft lediglich 184 m und nicht 230 m ist.

Es musste auch eine neue Prognose mit der tatsächli-chen Schornsteinhöhe nach TA Luft gemacht werden. Dort waren dann die halbierten Grenzwerte gar nicht mehr freiwillig. Mit dem Schornstein nach TA Luft hätte man im Hardtwald die Naturschutzimmissionswerte nicht mehr einhalten können.

Insofern ist ein höherer Schornstein durchaus beantragbar. Aber die Prognose muss sich dann auf den Schornstein nach TA Luft und wie in Paderborn dann auch auf den tatsächlichen beziehen, damit man beides sieht. Zum einen muss die Prognose also die Mindestvorausset-zungen nach TA Luft erfüllen, und zum anderen ist es natürlich auch wichtig zu wissen, wie die tatsächlichen Verhältnisse mit dem - wenn das dann genehmigt werden sollte – fertig gestellten Schornstein aussehen.

Daher wiederhole ich den Antrag, eine Ausbreitungs-rechnung mit beiden Größen vorzunehmen, im Prinzip wie

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in Karlsruhe, wie in Paderborn und wie von vielen anderen Genehmigungsbehörden auch bestätigt. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir sind jetzt doch schon mittendrin im Thema Ausbrei-tungsberechnung der Immissionsprognose. An dieser Stelle würde ich gerne weitermachen.

Es wurde insbesondere auch die Wetterdatenberück-sichtigung angemahnt und gerügt. Deswegen haben wir heute auch einen Vertreter vom DWD hier. Wir könnten jetzt vielleicht diesen Punkt diskutieren. - Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Nur ganz kurz: Ich würde zumindest gerne noch einen Antrag stellen. Für mich ist der Punkt noch nicht ganz abgeschlossen. Aber das verwundert mich jetzt ein bisschen, Frau Salchow. Die Meteorologie ist unter 5.1.6.1 gefasst, also ganz hinten. Wir können jetzt aber gerne springen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das liegt daran, dass Sie alle gemeinsam mit der Ausbrei-tungsberechnung angefangen haben.

(Gebhardt [Sachbeistand]: Nein!)

Dann machen wir jetzt doch damit weiter und springen nicht auf die diffusen Quellen oder das Kohleband zurück! Das können wir hinterher noch machen.

Gebhardt (Sachbeistand): Das können wir hinterher machen; das ist völlig richtig, Frau Salchow. Ich habe gar nichts dagegen. Mir geht es nur darum, dass wir einen Punkt vernünftig abschließen. Dann ist er auch gut und wirklich abgeschlossen.

Wir sind immer noch bei dem Punkt Emissionen aus dem Schornstein. Ich glaube, dieser Punkt - zumindest habe ich Herrn Gödeke vorhin im Gespräch so verstan-den - ist noch nicht abgeschlossen. Deswegen möchte ich darum bitten, dass wir jetzt erst einmal den Punkt Emissi-onen aus dem Schornstein abschließen. Wir können ja die Meteorologie anschließend behandeln. Das halte ich auch für sinnvoll, Frau Salchow. Mir geht es jetzt darum, erst einmal den Diskussionspunkt Schornsteinhöhe abzu-schließen und dann generell noch einmal zu den Emissio-nen aus dem Schornstein generell, unabhängig von der Schornsteinhöhe, zu kommen. Dann können wir aus meiner Sicht in Ihrem Sinne weitermachen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Okay.

Gebhardt (Sachbeistand): Herr Ahrens, ich muss Sie jetzt doch noch einmal fragen, weil ich es mir vorhin nicht notiert habe: Haben Sie vorhin

von einem Abgasvolumenstrom von 2,3 Millionen m³ gesprochen, den Sie Ihren Rechnungen zugrunde gelegt haben?

(Ahrens [LUBW]: 2,7!)

- Okay, dann hat sich das geklärt. Damit habe auch ich gerechnet. Ich glaube, alles andere können wir nachher bilateral klären. Wir müssen ja irgendwie auf dasselbe QS-Verhältnis kommen. Wenn wir alle anderen Parameter gleich hoch angesetzt haben, müssen wir auch auf den-selben Wert kommen; das ist klar. Ich denke, das lässt sich hier jetzt nicht im großen Rahmen klären.

Ich würde, was die Schornsteinhöhe betrifft, noch ein-mal, um auch meinen Beitrag abzuschließen, einen zusammenfassenden Antrag stellen:

Ich stelle hiermit den Antrag für den BUND, festzustel-len, dass aus unserer Sicht die der Immissionsprognose zugrunde gelegte Schornsteinhöhe fehlerhaft ist. Die 169 m sind aus unserer Sicht nicht der Wert, der entspre-chend den Vorgaben der TA Luft zu ermitteln ist, wenn man einen Halbstundenwert von 400 g/m³ ansetzt. Wir zweifeln ganz massiv an, dass dieser Ansatz gerechtfertigt ist. Man kommt dann auf eine Schornsteinhöhe von 159 m.

Entsprechend hätte man in der Emissionsprognose mit diesem Wert rechnen müssen und nicht mit den 169 m. Das hätte zur Folge, dass eine geringere Verteilung der freigesetzten Schadstoffe in der Atmosphäre und entspre-chend höhere Zusatzbelastungen vorliegen würden.

Um das noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, wieder-hole ich meinen Antrag, den ich vorhin gestellt habe, und zwar eine zweite Berechnung mit einer Schornsteinhöhe von 180 m, wie sie geplant ist, durchzuführen, um auch die Auswirkungen in größeren Entfernungen von der Anlage ausreichend berücksichtigen zu können.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

5.1.5 Kohlequalität

Gödeke (Sachbeistand): Bezüglich der Emissionen hatten wir u. a. die Unplausibili-tät der Schwermetallemissionen eingewendet, und zwar auch im Zusammenhang mit den im Antrag angegebenen Werten zur Kohle.

Es gibt für Kohlekraftwerke mit Trockenfeuerung und dem beantragten Rauchgasreinigungssystem Untersu-chungen, bei denen entsprechende Transferfaktoren der Schwermetalle von der Kohle in das Abgas ermittelt wurden. Wenn ich diese Transferfaktoren benutze und die Kohlen vergleiche, dann sind die Werte unplausibel.

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Darüber sollten wir schon noch einmal sprechen. So einfach geben wir uns mit Erwartungswerten nicht zufrie-den. Dann müssten Sie nämlich die Kohle Ihrer Erwartung entsprechend verändern.

Herr Gebhardt hat dazu eine Stoffflussanalyse durch-geführt. Ich wollte dieses Thema erst einmal ansprechen. Ich selbst habe auch einzelne Parameter überprüft, die unplausibel sind. - Danke schön.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben bei den Schwermetallen Werte zugrunde gelegt, die in den letzten Jahren an Kohlen, die bei uns eingesetzt worden sind und die wir auch in Zukunft einset-zen werden, ermittelt worden sind. Wir nehmen von allen Kohlen, die bei uns angeliefert werden, Proben. Diese Proben haben wir dann am Jahresende unter anderem auch auf Schwermetalle untersuchen lassen und haben dadurch jetzt relativ breite und aus unserer Sicht stabile Informationen über mehrere Jahre, wie sich bei den verschiedenen Kohlen, die vorrangig bei uns eingesetzt werden, die Schwermetalle verhalten.

Wir halten es für richtiger, dass wir nicht auf irgend-welche Literaturwerte zurückgreifen. Auch die Werte, die vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirt-schaft und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen in der entsprechenden Studie verwendet worden sind, sind schlussendlich in Gesamtdeutschland gesammelt worden. Wenn man unsere Werte z. B. mit den Werten aus Nord-rhein-Westfalen vergleicht, stellt man fest, dass bei den meisten Analysewerten die von uns in der Ausbreitungs-rechnung zugrunde gelegten Schwermetallgehalte sogar höher sind. Wir haben insgesamt nur vier Schwermetalle, bei denen unsere Werte unter denen aus Nordrhein-Westfalen liegen.

Wir haben bei den von uns errechneten Analysewerten die Transferfaktoren aus Nordrhein-Westfalen verwendet, um die Emissionen über das Rauchgas und über die Flugasche zu ermitteln. Von daher haben wir uns bei den Transferfaktoren an das gehalten, was üblich ist. Dazu gibt es sonst auch nicht allzu viele Unterlagen.

Ich wollte noch Folgendes hinzufügen: Die Werte an Gehalten, die wir bei uns über die Jahre analysiert haben, haben wir aus Sicherheitsgründen verdoppelt. Wir haben den Faktor 2 genommen, um Schwankungen, die sich ganz natürlich ergeben, aufzunehmen. Kohle ist ein Naturprodukt; es kommen nicht immer die gleichen Werte heraus: Es verschieben sich natürlich über die Jahre in einem gewissen Bereich auch die Prozentsätze, zu denen wir Kohlen aus den einzelnen Ländern beziehen und beziehen können. Um all diese Schwankungen aufzu-nehmen und gegebenenfalls abzupuffern, haben wir den Wert 2 eingesetzt. Daraus ergibt sich u. a. der Effekt, dass wir sehr oft höher als die Werte aus Nordrhein-Westfalen liegen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke und dann Herr Gebhardt.

Gödeke (Sachbeistand): Direkt dazu: In meiner Einwendung bzw. in der BUND-Einwendung sind Werte gegenübergestellt. Die Werte - unverdoppelt - von derzeit gängigen Kohlen sind höher als das Doppelte von dem, was Sie angeben.

Ich möchte erst einmal mit einigen Dingen aufräumen. Sie haben historische Analysewerte - das kann man auch als Literaturdaten bezeichnen - ab 1994. Wir haben jetzt 2008. Diese Kohle ist längst verbrannt; diese Kohlevor-kommen gibt es gar nicht. Sie müssen mit den aktuellen und von Ihnen beantragten Importkohlen rechnen. Die Werte sind unplausibel.

Sie haben auch nicht zugeordnet, zu welcher Kohle Sie welche Werte haben. Ich war beim Genehmigungsver-fahren in Lünen bei Trianel. Dort hat der Antragsteller zu den verschiedenen Konvenienzen, d. h. Herkunftsländern, entsprechende Analysen vorgelegt. Das haben Sie nicht gemacht. Sie haben dem Antrag einen Mittelwert von 15 Jahren zum großen Teil von Kohlen, die es in der Form überhaupt nicht mehr gibt, zugrunde gelegt. Zudem sind die Werte unplausibel niedrig.

Deshalb beantragen wir, dass die tatsächlichen Ana-lysedaten, die Ihren Mittelwerten zugrunde liegen, den Umweltverbänden zur Prüfung zur Verfügung gestellt werden. Diese Daten sind nicht nachprüfbar. Sie schrei-ben von irgendeinem Mittelwert von 14 Jahren. Welche Anzahl von Proben in welchem Jahr genommen wurde, ist aber auch entscheidend. Früher wurde schon aus Kosten-gründen besser und öfter untersucht. Das heißt, der Schwerpunkt bzw. das Gros der Proben muss auf den letzten Jahren liegen, um plausible Werte zu erhalten.

Es wird angezweifelt, dass diese Werte anwendbar sind. Daher ist das auch im Vergleich mit anderen Ge-nehmigungsverfahren zu überprüfen. Sie bekommen keine extra für GKM abgebaute Kohle. Die Kohle, die im Handel ist, verwenden andere auch. Von daher sind auch Kohlen zu bewerten, wie sie z. B. auch bei E.ON Datteln beantragt sind. Es gibt auf dem Weltmarkt keine anderen Kohlen als die, die andere auch bekommen. Auch Sie werden sich nach preislichen Gesichtspunkten richten und jetzt nicht in Ibbenbüren anfragen, ob Sie dort noch deutsche Steinkohle bekommen.

Daher stelle ich den Antrag, dass die Umweltverbän-de die Originaldaten, d. h. die Datengrundlage für Ihre Angaben, zwecks Plausibilitätsprüfung zur Verfügung gestellt bekommen und dass auch die Behörde diese Daten zur Prüfung erhält.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben - ich denke, das steht auch so darin - seit 1994 Analysen durchgeführt. Das liegt primär daran, dass wir seit dem Zeitraum auch hier in Süddeutschland im Großen und Ganzen Importkohle verbrennen. Bis zum Jahr 1995 galt der sogenannte Jahrhundertvertrag, sodass vor allem in Süddeutschland deutsche Steinkohle verbrannt worden ist. Da war es nie ein Thema, umfangreiche Analysen zu machen, weil es immer die gleichen Kohlen waren. Mit dem Wechsel auf die Importkohlen haben wir begonnen, diese Analysen durchzuführen.

Wir haben z. B. im Jahr 2007 298 Proben durchge-führt. 2006 haben wir 390 Proben, 2005 287 Kohleproben und 2004 261 Kohleproben genommen. Das heißt, der Schwerpunkt der Analysen liegt eindeutig auf den letzten Jahren. Das sind Kohlen, die bei uns tatsächlich einge-setzt werden.

Es ist ganz klar - Sie haben das angesprochen -: Zum einen kaufen wir Kohlen, die bei unseren Anlagen ein-setzbar sind. Als Zweites ist natürlich auch der Preis maßgebend. Insofern ergibt sich automatisch, dass manche Kohlen bei uns nicht direkt eingesetzt werden, sondern dass sie eher an anderen Standorten eingesetzt werden. Vom Transportweg her ist Rotterdam für uns der entsprechende Hafen, da wir am Rhein liegen. Damit kommen bestimmte Kohlen bei uns nicht so günstig an, wie sie an anderen Standorten in Deutschland ankommen.

Insofern ergibt sich bei uns ein Schwergewicht, dass wir hauptsächlich Kohlen aus Südafrika, Russland und Kolumbien einsetzen, etwas weniger aus Indonesien. Aber immer wieder setzen wir in kleinen Mengen, um verschie-dene neue Kohlen zu analysieren und in unseren Anlagen zu fahren, auch Kohlen z. B. aus Australien, Kanada, Polen oder China ein. Dadurch verschiebt sich gegebe-nenfalls das Verhältnis.

Wir haben also nicht die Mittelwerte, die sich für ganz Deutschland ergeben, zugrunde gelegt, sondern die Werte, die sich für unsere Kohlen ergeben. Wir haben einen entsprechenden Vergleich durchgeführt, indem wir die Werte, die sich aus den Jahren 2005, 2006 und 2007 ergeben, direkt mit unseren Werten und mit den mittleren Gehalten gemäß Leitfaden verglichen haben. Das zeigt ganz klar, dass wir deutlich unter den Werten sowohl des Leitfadens als auch dessen liegen, was wir inzwischen angesetzt haben, und dass wir mit der Rechnung, die wir auf der Schwermetallseite machen, aus unserer Sicht eindeutig auf der sicheren Seite sind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand):

Zunächst einmal geht es bei den von Ihnen verwendeten Analysen nicht um GKM-Daten. In der Emissionsprognose des TÜV, die in Ihrem Auftrag erstellt wurde, steht, dass ähnliche, vergleichbare Kohlen der E.ON Ruhrkohle AG für Analysen verwendet wurden.

Jetzt haben wir aber folgendes Problem: Ich habe die Daten von E.ON angegeben, die ich aus Antragsdaten kenne. Im Übrigen ist die Diskussion im Moment obsolet. Sie können jetzt alles Mögliche noch sagen. Sie haben die Daten nicht vorgelegt. Ich habe dazu einen Antrag gestellt. Über den Antrag zu diskutieren, ist obsolet.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Herr Gödeke, Sie sollten sauber lesen. Ich lese aus Seite 14 der Immissionsprognose vor:

„Basis für die Berechnung ist der Schwer-metallgehalt der Steinkohle. Hierüber liegen dem Betreiber langjährige Analysen vor. Insgesamt wurden seit 1994 durch Labore der E.ON und der RAG 867 Einzelproben der von GKM eingesetzten Kohlen analy-siert.“

Es war GKM-Kohle, die im dortigen Labor analysiert wurde. So steht es darin.

Gödeke (Sachbeistand): Und GKM hat die Kohle selbst hergestellt oder abgebaut? Der Punkt ist, dass die Daten nicht vergleichbar sind. Dazu habe ich auch einen Antrag gestellt. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. - Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich schließe mich den Ausführungen von Herrn Gödeke inhaltlich vollständig an. Ich möchte nur ergänzen und zu bedenken geben, was man im Rahmen einer Immissions-prognose immer beachten sollte: Man muss hier einen konservativen Ansatz wählen. Wenn man zunächst einmal mit Mittelwerten rechnet, dann ist das meines Erachtens kein konservativer Ansatz.

Diesen konservativen Ansatz hat damals die Studie des LANUV in Nordrhein-Westfalen verfolgt, indem im Prinzip zwei Vorgehensweisen gewählt wurden. Zum einen wurden Mittelwerte herangezogen, und zum ande-ren wurden Maximalwerte herangezogen. Ich bin der Auffassung, ein konservativer Ansatz besteht darin, tatsächlich auch Maximalwerte heranzuziehen. Das hat man damals in Nordrhein-Westfalen bewusst so gemacht. Diese Vorgehensweise ist meines Erachtens auch sinn-voll.

Deswegen hätte man hier denselben Weg beschreiten müssen. Das wird in anderen Verfahren auch so gemacht. Insofern ist die Kritik von Herrn Gödeke absolut berechtigt.

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Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, die Bilanzie-rung aus Nordrhein-Westfalen nachzuvollziehen. So schwierig ist es ja nicht, diese Berechnung in Excel nachzuvollziehen. Ich bin dann zu entsprechenden Zahlen gekommen. Wenn man beispielsweise im Gegensatz zu dem, wie es die GKM beantragt hat, die Maximalkonzent-ration in der Kohle heranzieht, wie es in Nordrhein-Westfalen berechnet wurde, würde man zu ganz anderen Emissionskonzentrationen kommen.

Ich nenne jetzt nur zwei Beispiele, weil es daran be-sonders deutlich wird. Ich nenne das Beispiel Blei. Da würde man zu einer zehnfach höheren Emissionskonzent-ration kommen. Anstatt auf 8 µg/m³ wird man auf 83 µg/m³ kommen. Beim Cadmium - das ist ein ganz wichtiger Schadstoff, weil er krebserregend ist - würde man nicht auf 2 µg/m³, sondern auf 16 µg/m³ kommen. Dann hätte man immissionsseitig, was die Zusatzbelastung betrifft, natürlich ebenfalls ganz andere Werte, die es entspre-chend zu bewerten gälte. Das können wir jetzt nicht, weil das nicht gemacht wurde.

Deswegen schließe ich mich dem Antrag von Herrn Gödeke an und ergänze diesen Antrag dahingehend, dass auch aus diesem Grund die Emissionsprognose neu zu erstellen ist und dass ein wesentlich konservativerer Ansatz als der vom GKM zu wählen ist, in dem die Schwermetallemissionen, die als Emissionskonzentration am Schornstein angesetzt wurden, und in dem die in der Studie des Leitfadens des LANUV zur Mitverbrennung von Abfällen in Kohlekraftwerken herangezogenen Kohlewerte bezüglich des maximalen Kohlegehalts heranzuziehen sind.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Essig (RP Karlsruhe): Herr Gebhardt, ich habe eine kurze Nachfrage: Mit wel-chen Werten haben Sie jetzt gerechnet, mit den hohen Werten oder mit irgendwelchen Kraftwerksgenehmigungs-daten? Können Sie das noch einmal sagen?

Gebhardt (Sachbeistand): Selbstverständlich. Ich habe mit allen gerechnet. Ich habe sowohl mit dem gerechnet, was die GKM herangezogen hat, als auch mit den mittleren Gehalten aus dem Leitfa-den Nordrhein-Westfalen. Ich komme dann zu einem ähnlichen Ergebnis wie die GKM. Sprich: Man ist zum Teil darunter, aber zum Teil auch deutlich höher, beispielswei-se beim Blei.

Dann habe ich noch mit den hohen Gehalten gerech-net. Diese beiden Beispiele, die ich gerade zu Protokoll gegeben habe, Cadmium und Blei, wurden im Ergebnis mit den hohen Gehalten und nicht mit den mittleren Gehalten gerechnet. - So viel noch einmal zur Klarstel-lung.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. - Nachdem wir jetzt die ganze Zeit über die Kohle gesprochen haben, würde ich vorschlagen, dass wir in diesem Zusammenhang jetzt auch über das Thema Radioaktivität sprechen. Gibt es dazu Wortmeldungen? - Es ist gerügt worden, dass die radioaktiven Stoffe in der Kohle in die Immissionsprognose aufzunehmen seien. - Herr Uttendorf und Herr Gödeke.

Dr. Uttendorf (Einwender): Es gibt ein radiologisches Gutachten, das die Radioaktivi-tät der Kohle - ich glaube, hauptsächlich die der polni-schen Kohle - betrachtet. Den meisten unbedarften Bürgern ist nicht bekannt, dass ein Kernkraftwerk im Betrieb weniger Radioaktivität als ein Kohlekraftwerk abgibt. Das liegt einfach daran, dass in jedem Stoff Uran und andere radioaktive Stoffe enthalten sind - wenn auch in sehr winzigen Mengen -, die in der Kohle noch konzent-rierter sind.

Das radiologische Gutachten sagt auch aus, dass der Verstärkungsfaktor von Kohle zu Flugasche etwa 10 ist.

Das Problem bei diesem Gutachten besteht darin, dass es sich auf das Emissionsgutachten bezieht, dass es also sagt, es würde die Beurteilung nach der Strahlen-schutzverordnung vornehmen.

Dann gibt es noch diese Anwendungsvorschrift AVV zu § 47 der Strahlenschutzverordnung, wo beschrieben wird, dass die Beta-Emissionen, die Beta-Submersionen, die Gamma-Submersionen und die Inhalation betrachtet werden. Etwas weiter unten steht allerdings, dass die Strahlenschutzverordnung für Kohle nicht in Frage kom-me. Das ist schon einmal ein Widerspruch.

Dann gibt es einen weiteren Widerspruch. Die Strah-lenschutzverordnung ist eigentlich vornehmlich für Kern-kraftwerke gemacht. Das sieht man daran, dass in den Anhängen - vor allen Dingen, wenn man den Feinstaub sieht - Strontium und Cäsium genannt sind. Uran ist darin jedoch nicht berücksichtigt. Wir emittieren aber Uran und Thorium, und zwar in nicht geringen Mengen. Nach dem alten VGB-Gutachten mit 330 t pro Jahr würde das bedeu-ten, dass wir in etwa 10 kg Uran und 24 kg Thorium emittieren.

Das Problem bei dem radiologischen Gutachten be-steht darin, dass dafür eigentlich keine Berechnungen gemacht wurden. Es sind überhaupt keine Berechnungen nachvollziehbar. Es sind die entsprechenden Formeln, die in der Anwendungsvorschrift aufgeführt sind, nicht nach-vollziehbar.

Aber viel wesentlicher ist, dass die Alphastrahler Uran und Thorium, wie ich es sehe, überhaupt nicht in Rech-nung gestellt werden. Das Problem dabei ist, dass Alpha-strahler eigentlich sehr leicht abschirmbar sind; selbst ein Blatt Papier würde ausreichen. Aber wenn ein Alphastrah-ler in die Lunge kommt und sich über Feinstaub auch noch

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darin festsetzt, dann ist der Schadenseffekt etwa 20-mal größer als bei der Gamma- und Beta-Strahlung. Das heißt, es gibt in meiner Lunge eine Aufkumulierung von Uran und Thorium.

Im Gutachten wird allenfalls noch Radon betrachtet. Auch das ist ein Zerfallsprodukt und ein Alphastrahler. Aber Radon ist erst einmal ein Gas. Dann konzentriert sich das Gutachten nur noch darauf, dass die natürliche Strahlung in einem bestimmten Umfang von Radon beeinflusst wird. Ich glaube, Radon trägt zu zwei Dritteln zur natürlichen Strahlung bei.

Meines Erachtens ist dieses Gutachten nicht vollstän-dig. Es zeigt nicht, wie wirksam die radioaktive Belastung durch Inhalation wird.

Ich bin der Meinung, dieser Fall muss mit beachtet werden, weil wir hier einen anderen Mechanismus als in einem Kernkraftwerk haben, wo wir es nur mit Beta- und Gamma-Strahlen zu tun haben. Dort werden mit Sicher-heit nicht 10 kg Uran oder 25 kg Thorium in die Luft geblasen. Das kann ich mir bei einem Kernkraftwerk nicht vorstellen. Deswegen ist das gar nicht vergleichbar. Aus diesem Grund ist dieses Gutachten meines Erachtens so nicht akzeptabel.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Ein-wendern - Gödeke [Sachbeistand]: Ich habe noch eine Wortmeldung gehabt!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja, Herr Gödeke. Ich wollte der Antragstellerin nur Gele-genheit geben, mir mitzuteilen, ob sie sich gleich dazu äußern möchte.

(Gödeke [Sachbeistand]: Ich wollte nur den Vorschlag zu machen, das nach der Mit-tagspause zu besprechen, weil die Diskus-sion über dieses Thema doch sicherlich ausführlich wird!)

- Nein, das Thema Radioaktivität behandeln wir noch vor der Mittagspause. Wir haben gestern auch bis 13.20 Uhr getagt. Jetzt bleiben wir dabei.

(Gödeke [Sachbeistand]: Also schön!)

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben ein Gutachten erstellen lassen, das alle poten-ziellen Emissionen, die sich aus der Kohle ergeben können, und zwar sowohl die direkte Strahlung, die sich gegebenenfalls aus der Kohlehalde ergibt, als auch alles, was durch Einnahme, durch Inkubation entsteht, berück-sichtigt. Da hinterher auch die Flugasche darin ist, sind all diese Werte eingesetzt worden.

Als Basis für die einzelnen Strahlen in Kohlen hat der Gutachter die Kohle aus Polen genommen, da dies die ungünstigste Kohle ist. Das heißt, der Gutachter hat auch an der Stelle eindeutig wieder die negativsten Werte

genommen. Er kommt im Endergebnis darauf, dass wir um drei Zehnerpotenzen, also um den Faktor 1000, an der ungünstigsten Stelle unter dem liegen, was die normale mittlere Belastung für einen Bundesbürger ist.

Das zeigt aus unserer Sicht, dass die radioaktive Be-lastung, die gegebenenfalls durch diesen Kraftwerksblock entsteht, so niedrig ist, dass wirklich nicht damit zu rech-nen ist, dass dadurch jemand gefährdet wird oder zusätz-lich mehr gefährdet wird, als es durch die natürliche Strahlenexposition ohnehin der Fall ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf noch einmal dazu.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das war eigentlich nicht die Frage. Das radiologische Gutachten hat im Prinzip nur Beta- und Gammastrahlen beurteilt, wobei an den Beurteilungspunkten 1 bis 7 noch nicht ganz klar ist, ob das Verhältnis zwischen der Kohle mit ihren radioaktiven Bestandteilen und der aufkonzent-rierten Flugasche berücksichtigt wird. Das alles ist nicht nachvollziehbar.

Meine Frage war hauptsächlich, wie es mit dem Uran aussieht. Nach meiner Ansicht ist dazu im Gutachten nichts gemacht worden, sondern bei den Alphastrahlern betrachtet man erst einmal nur Radon, das sowieso ausgeatmet wird. Es bleibt ja nicht in der Lunge; es wird ja wieder ausgeatmet. Das betrachtet man im Rahmen der natürlichen Strahlung, wo doch jedermann weiß, wie groß die natürliche Strahlung ist. Sie ist im Schwarzwald dreimal so hoch wie hier. Aber wie gesagt: Es gibt keine konkrete Aussage dazu. Diesbezüglich verlange ich, bitte schön, eine Nachbesserung.

Es gibt einen weiteren Punkt, den ich noch anspre-chen möchte: Wer legt eigentlich diese Beurteilungspunk-te fest? Sie liegen alle, wie ich sie sehe, außerhalb des kritischen Aufpunktes, der bei Feudenheim liegt. Wieso ist denn dort kein Beurteilungspunkt? Da müsste doch mindestens einer sein.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ich antworte kurz. Zuerst zum Letzten: Der, wie Sie sagen, kritische Aufpunkt, den wir nicht als kritisch ansehen, ist der Punkt der maximalen Schornsteinemission. Wir liegen dort bei sehr niedrigen Werten. Deshalb ist er nicht kri-tisch. Aber es gibt irgendwo ein Maximum, und dieses Maximum ist das von Schornsteinen. Für die Radioaktivi-tät ist jedoch der Nahbereich direkt um das Kraftwerk maßgebender, weil die Werte dort höher sind. Deshalb ist dieser Bereich berechnet worden.

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Sie hatten vorher gesagt, es seien keine Angaben ge-macht. Im Gutachten sind in der Tabelle 2.1 - das ist auf Seite 2 - die gesamten Staubniederschlagswerte genannt, die an den einzelnen Punkten zugrunde gelegt wurden. Es ist auch eine Aufteilung nach Flugasche und Steinkohle vorgenommen worden.

In der Tabelle 2.3 sind die Werte für Uran, Thorium und K-40 angegeben, die der gesamten Rechnung zugrunde gelegt worden sind. Auch das Uran ist also in der Rechnung berücksichtigt worden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. - Auch uns liegt das Thema Radioaktivität natürlich sehr am Herzen. Deswegen haben wir eine Stellungnahme der LUBW herbeigeführt, die uns schriftlich vorliegt. Ich möchte jetzt Herrn Schüller bitten - ich über-lasse es Ihnen, wie breit Sie es anlegen wollen -, aus dieser Stellungnahme zu zitieren oder sie in Gänze vorzutragen.

Schüller (RP Karlsruhe): Vor meiner Tätigkeit im Regierungspräsidium Karlsruhe war ich langjährig bei der Gewerbeaufsicht in Mannheim im Bereich Strahlenschutz tätig, zwischendurch auch beim Umweltministerium und für den Bereich Röntgen im Sozialministerium.

Mir ist auch der TÜV Nord als Sachverständiger in Strahlenschutzfragen bekannt. Der Bericht des TÜV Nord wurde von der LUBW überprüft und bestätigt. Dieser Bericht des TÜV Nord ist abdeckend, nachvollziehbar und plausibel.

Man muss dazu wissen, dass es sich hierbei um natür-lich radioaktive Stoffe handelt. Diese natürlichen radioakti-ven Stoffe fallen streng genommen nicht in den Geltungs-bereich der Strahlenschutzverordnung. Man hat hilfswei-se, um überhaupt eine Berechnung bzw. Abschätzung machen zu können, die AVV zu § 47 der Strahlenschutz-verordnung herangezogen. Das ist meines Erachtens nicht zu beanstanden.

Man hat dann einen Vergleich mit der durchschnittli-chen natürlichen Strahlenbelastung durchgeführt, die auf die Bevölkerung einwirkt. Sie liegt im Mittel bei 2,1 mSv. Dem gegenübergestellt ist bei modernen Kohlekraftwer-ken mit einer effizienten Flugascherückhaltung, wie wir sie hier haben, von einer Dosisbelastung von 2 µSv pro Jahr, also einem Tausendstel dieses Wertes der natürlichen Strahlenexposition, auszugehen.

Dieser Wert von 2 µSv ist durch einen Bericht des UNSCEAR bestätigt. Das ist eine Institution der Vereinten Nationen, also ein wissenschaftliches Komitee. Die haben einmal alle Energieträger zusammengestellt. Ganz er-staunlich ist dabei, dass wir auch bei Erdöl, bei Erdgas oder bei sonstigen fossilen Energieträgern immer mit einer

Individualdosis von ca. 1 bis 2 Mikrosievert pro Jahr zu rechnen haben.

Was die spezielle Frage zu den Alphastrahlern angeht, ist die Aussage richtig, dass in den Kohlen zum Teil Alphastrahler enthalten sind. Die Alphastrahler-Aerosole, die aus dem Steinkohlekraftwerk herauskommen, sind sehr niedrig. Aber die Dosisabschätzung beinhaltet diese Alphastrahler-Aerosole. - So weit die Ausführungen der LUBW.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. - Herr Gödeke, eine direkte Frage dazu?

Gödeke (Sachbeistand): Es wäre natürlich schön, wenn wir das auch noch schrift-lich bekommen würden. - Ich habe aber eine Frage zu dieser Bewertung.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, ich will Sie jetzt nicht unterbrechen, aber entweder ist es noch unterwegs, oder Sie haben es schon.

Gödeke (Sachbeistand): Darf ich trotzdem fortfahren? Jetzt muss ich noch einmal neu anfangen. Ich denke aber, das ist nicht mir anzurech-nen.

Noch einmal: Welche Gehalte an Uran und Thorium in Kohle haben Sie zugrunde gelegt, in Milligramm pro Kilogramm gerechnet? Dann haben wir einen Vergleich. Uns liegen Daten vor. In dem TÜV-Gutachten sind leider keine Mengenangaben, sondern Angaben in Becquerel gemacht. Daher können wir auch nicht nachprüfen, welche Art der Strahlung überhaupt berücksichtigt wurde. Das wurde bereits angesprochen. Welche Mengen, Milligramm pro Kilogramm, wurden bei der TÜV-Berechnung und bei der Bewertung des LUBW zugrunde gelegt?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schüller, ich glaube, als Überträger der Botschaft brauchen Sie das, glaube ich, nicht zu beantworten. Ist der Herr vom TÜV, Ihr Sachverständiger, anwesend? - Nein. Das ist schlecht. Herr Schüller, ich glaube, Sie können wieder Platz nehmen. - Herr Dr. Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Zur Klarstellung: Es geht darum, inwieweit das Uran als Feinstaub in die Lunge kommt und dort verbleibt. Es geht nicht darum, dass man es wie Aerosol wieder ausatmet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Bitte.

Rigot (Einwenderin): Ich habe mit dem Punkt, den ich als Einwendung einbrin-gen möchte, ein bisschen gewartet, weil hier sehr viele

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technische Fragen behandelt wurden: Emissionswerte, Thema Kohlequalität, Herkunft der Kohle und Radioaktivi-tät.

Mein Punkt betrifft noch einmal das Thema Herkunft der Kohle. Für mich hat der Punkt Qualität auch mit einer sozialen Frage zu tun. Ich möchte sie jetzt gerne einbrin-gen, weil der Punkt doch irgendwie hierher passt, auch wenn es „Kohlequalität“ heißt und wenn diese technischen Dinge gefragt werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Die Herkunft ist durchaus in der Tagesordnung vorgese-hen. Es passt jetzt.

Rigot (Einwenderin): Ich habe gehört - das ist gerade noch einmal bestätigt worden -, dass ein Teil der Kohle aus Kolumbien kommt. Dazu muss man wissen, dass Kolumbien ein Land ist, in dem sehr viele Menschenrechtsverletzungen geschehen. Es ist das Land, in dem laut Amnesty-Dokumentation die meisten Gewerkschafter umgebracht werden und in dem Straffreiheit herrscht.

Dort, wo die Kohle abgebaut wird, werden Menschen vertrieben. Es wird Militär eingesetzt, wenn sich die Leute dagegen wehren. Es findet keine Entschädigung der Menschen statt, die ihr Wohngebiet und ihre landwirt-schaftlichen Flächen verlassen müssen. Das heißt, die Menschen sind obdachlos und wissen nicht mehr weiter.

Man muss wissen, wenn man die Kohle aus Kolum-bien bezieht, dass an dieser Kohle Blut klebt. Wenn man die Kohle dorther bezieht, muss man auch dafür Sorge tragen, dass so etwas nicht mehr passiert. Für mich ist klar: Die Kohle ist deswegen so billig, weil sie eben mit Menschenrechtsverletzungen, mit Niedriglöhnen, mit Morden an Gewerkschaftern usw. billig erkauft worden ist. Kolumbien ist ein Land, das, was die Menschenrechtsba-sis betrifft, ganz unten liegt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, ich nehme an, Sie wollen direkt dazu sprechen. Anschließend hat Herr Gödeke das Wort.

Ehmann (Antragstellerin): Wir kaufen Kohle aus Kolumbien. Unsere Mitarbeiter, die für den Kohleeinkauf zuständig sind, sind vor Ort gewe-sen, und zwar nicht nur ein Mal. Sie haben sich in den Zechen, in denen wir Kohle kaufen, über die örtlichen Verhältnisse erkundigt. Wir kaufen nur Kohle von Zechen, die z. B. die Gewerkschaften akzeptieren und wo be-stimmte Mindeststandards eingehalten werden. Deshalb halten wir es für vertretbar, dass wir diese Kohlen kaufen.

Sollte von Ihnen jemand ganz konkrete Beispiele wis-sen, wo die Menschenrechte verletzt werden, sind wir

gerne bereit, diese Informationen entgegenzunehmen, wenn Sie sie uns geben. Dann werden wir überprüfen, ob das für die Zechen zutrifft, von denen wir beschaffen. Sollte es dort zutreffen, werden wir von den Zechen keine Kohle mehr kaufen.

Wir bitten darum, dass Sie uns dazu konkrete Anga-ben machen und nicht nur pauschal sagen: In Kolumbien werden die Menschenrechte verletzt. Ich bitte Sie, uns konkrete Angaben zu machen, bei welchen Zechen bzw. bei welchen Unternehmen das der Fall ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass Frau Rigot jetzt noch einmal direkt dazu sprechen möchte.

(Gödeke [Sachbeistand]: Ja, gerne!)

Rigot (Einwenderin): Wir haben Gewerkschafter eingeladen, die uns berichtet haben, dass es in den allermeisten Zechen so aussieht, wie ich es gerade beschrieben habe. Wir forschen noch einmal nach, aber wir haben einfach die Befürchtung, dass die Kontrollen, die stattfinden, nicht neutral sind, sondern dass sie gefärbt sind.

Ich erinnere noch einmal daran, dass die Stadt Mann-heim zwar zu einem geringen Prozentsatz, aber immerhin noch an dem Kohlekraftwerk beteiligt ist. Im Juli ist im Gemeinderat ein Beschluss über das nachhaltige Be-schaffungswesen gefasst worden. Das heißt, dass für Beschaffungen, die im öffentlichen Bereich liegen, die ILO-Rechtsnormen eingehalten werden müssen. Ich meine, dieser Beschluss im Gemeinderat muss bedacht werden.

Wir werden uns weiter darum kümmern. Aber soweit wir informiert sind und wie uns auch von anderen Men-schenrechtsgruppen bestätigt wurde, ist es in Kolumbien in den Zechen fast ausnahmslos genau so, wie ich es beschrieben habe.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Gödeke (Sachbeistand): Mittlerweile habe ich die Stellungnahme der LUBW be-kommen. Leider ist es dort ähnlich: Es gibt nur Angaben zur Strahlungsdosis. Das heißt, selbst wenn der Autor der Stellungnahme heute hier wäre, könnte er die Frage, die ich gestellt habe, vermutlich nicht beantworten.

Deswegen werde ich Folgendes machen: Uns liegen Daten aus einer Anfrage an eine Überwachungsbehörde in Nordrhein-Westfalen vor. Sie haben uns Daten von Kohlen gegeben, die aktuell verfeuert werden und bei denen Uran und Thorium in Milligramm pro Kilogramm angegeben sind. Die Kohlen sind jeweils zugeordnet, also verschiedene Herkünfte und Datenquellen. Es wird bean-

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tragt, dass anhand dieser Daten eine neue Prognose erstellt wird. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern – Herr Gödeke übergibt der Verhandlungsleitung die Übersicht „Zu-sammenstellung in Kohlen vorkommender Spurenelementgehalte in mg/kg“ – Anlage 4, S. 279)

Verhandlungsleiterin Salchow: Als Nächster hat sich Herr Buck gemeldet.

Buck (Einwender): Ich möchte noch etwas zu der Herkunft der Kohle loswer-den. Ich zweifle Ihre Worte von vorhin sehr stark an, dass Ihre Kohle von Zechen kommt, in denen die Rechte der Gewerkschaften eingehalten werden. Dann legen Sie Ihr Quellenmaterial hier vor, wenn es das denn überhaupt gibt!

Nach meinen Informationen gibt es keine einzige Koh-lenzeche in Kolumbien, in der die gewerkschaftlichen Rechte eingehalten werden. Bei jeder Demonstration, bei jedem Streik, bei dem es in Kolumbien um kürzere Ar-beitszeiten und um mehr Rechte geht, geht man als Gewerkschafter das Risiko ein, erschossen zu werden.

Es geht noch weiter. Sie scheinen über die Situation in dem Land unzureichend informiert zu sein, bzw. Ihre Informationen scheinen aus lauter gefärbten Quellen zu stammen. Die Todesschwadronen, die es dort gibt, und die Regierung Uribe gehen Hand in Hand. Der Cousin von Präsident Uribe hat einen sehr hohen Posten bei den Todesschwadronen. Nun sind zwar ein paar von denen in den USA verurteilt worden, aber nicht wegen des Men-schenbluts, das an ihnen klebte, sondern wegen ein paar Drogendelikten.

Allein dieser Fakt beweist, wie wenig Menschenleben in Kolumbien zählen, nämlich nichts. Jedes Geschäft mit diesem Land unterstützt ein menschenverachtendes Regime. Ihnen allen müsste spätestens jetzt die Schamrö-te ins Gesicht steigen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. - Zunächst hatte sich Herr Bannasch gemeldet, wobei ich jetzt nicht weiß, ob es zum Thema Uran oder zum Thema Herkunft ist.

(Rigot [Einwenderin]: Ich habe noch eine kurze Frage zum Thema Herkunft aus Ko-lumbien!)

- Der Reihenfolge nach wären jetzt zunächst Herr Bann-asch, Frau McCloskey, Herr Mengel und Frau Risch an der Reihe.

Bannasch (Einwender): Ich habe ein paar kurze Sätze zum Thema Herkunft der Kohle. Vielleicht ist mir etwas nicht bekannt. Das Einzige, was wir bisher an Aussagen des GKM dazu haben, stammt aus den Antworten zum Fragenkatalog und aus dem, was Sie eben gesagt haben: „Wir waren da, haben geguckt und haben nichts Bedenkliches gefunden.“

Sie haben es jetzt an uns weitergegeben: Wir sollen Ihnen sagen, wo Probleme sind, und Sie würden es dann überprüfen. Haben Sie denn ein bisschen mehr offenge-legt, die genaue Bezeichnung der Zechen, von denen Sie die Kohle beziehen? - Das ist die eine Frage.

Die andere Frage lautet: In welcher Form und wie oft führen Sie Überprüfungen und Kontrollen durch? Anhand welcher Kriterien? Vielleicht habe ich etwas übersehen. Mir ist bisher nichts bekannt, außer dem lapidaren Satz: „Wir waren dort und haben nichts gefunden.“ Sind Sie bereit, wenn Sie noch nichts dazu offengelegt haben, es detailliert offenzulegen?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ich kann es vom Grundsatz her nur wiederholen: Wir schauen uns die Dinge regelmäßig an. Wir haben die Zechen, von denen wir Kohle beziehen, angeschaut. Wir haben keine generelle Aussage zu Kolumbien. Wenn Sie konkretere Dinge wissen, dann können Sie uns wirklich konkret ansprechen.

Ansonsten ist dieses Thema nicht Bestandteil des im-missionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Auch die Behörde, das RP, hat dieses Thema nicht zu prüfen. Ich denke, wir sollten einmal wieder zu den Fach-themen zurückkommen und diese weiterbehandeln.

Bannasch (Einwender): Das heißt, Sie sind nicht bereit, dazu detaillierte Aussagen zu machen. Es ist mir bewusst, dass das nicht Teil des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens ist. Aber Sie sind nicht bereit, Aussagen dazu zu machen. Dann müssen Sie es weiterhin so hinnehmen, dass von unserer Seite angenommen wird, dass es dort nicht zwingend mit rechten Dingen zugeht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey.

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McCloskey (Einwenderin): Ich möchte zuerst eine Frage an den Herrn, der eben von GKM gesprochen hat, stellen, und zwar: Aus welchen Zechen in Kolumbien beziehen Sie denn diese Kohle? Würden Sie uns jetzt hier vor Ort ein paar Namen oder alle Namen nennen? Sie haben von vier Zechen gespro-chen. Habe ich das richtig verstanden? - Gut, er wird nichts dazu sagen; er will nicht. Über dieses Thema ist nämlich schon mit GKM - sogar schon mit Herrn Czychon, also mit dem Vorstand - gesprochen worden.

Ich sage es jetzt einmal aus meiner Sicht: Die Leute ignorieren wirklich, was im Vorfeld geschieht. Wie Frau Rigot gesagt hat, waren Gewerkschafter da. Damals waren auch Betriebsräte des GKM dort. Die haben gehört, was diese Gewerkschafter berichtet haben, wie die Menschen dort behandelt werden. Die Indianer werden zum Teil vertrieben. Dazu wurde auch ein Film gezeigt. Entweder gehen sie, oder sie werden umgebracht.

Die Gewerkschafter haben über die Arbeiter berichtet. Dort gibt es keine Sicherheitsvorkehrungen. Bei uns ist es so: Wenn Kohle abgebaut wird, haben die Arbeiter ir-gendwelche Sicherheitsmasken auf, damit sie das nicht einatmen. Ich habe damals z. B. notiert, dass in der einen Mine 3800 Menschen arbeiten. Davon sind 793 aufgrund der Arbeitsbedingungen schwerstkrank. Sie bekommen muskuläre Krankheiten, haben Atemwegserkrankungen oder Augen-, Nasen-, Ohren- und Verdauungssystem-probleme. Sie haben alles Mögliche und sterben sehr jung. Das haben die Betriebsräte der GKM auch gehört.

Jetzt wurden die Menschen dort natürlich auch gefragt - das war schlau -: „Sollen wir bei euch keine Kohle mehr kaufen?“ Dazu muss man wissen, dass dort viele Men-schen gar keine Möglichkeit haben, irgendeine andere Arbeit aufzunehmen. Also haben sie gesagt: „Nein, bitte kein Boykott. Aber bitte drängt darauf, dass wir es ge-sundheitlich wie in Deutschland haben und dass es entsprechende Arbeitssicherheitsbedingungen geben wird! Drängt darauf, dass wir gesundheitliche Betreuung usw. bekommen!“

Bei den Nachfolgegesprächen hat das GKM immer nur behauptet - ich sage es Ihnen, weil Sie nicht dabei waren -: „Die wollen ja, dass wir die Kohle kaufen.“ Sie haben aber mit keinem Wort erwähnt, was auch sonst noch zum Thema Arbeitssicherheit, Gesundheit usw. gesagt wurde. Wir haben das schriftlich vorliegen.

Es ist eine Tragödie, was sich dort abspielt. Das GKM ist darüber informiert. Das wollte ich an dieser Stelle betonen, weil es eben so angeklungen ist, als sei alles bestens.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Bevor wir in die Mittagspause eintreten, möchte ich die Rednerliste zu diesem Thema schließen. Auf der Redner-liste stehen noch Herr Mengel, Frau Risch und Herr Gödeke.

Mengel (Einwender): Mein Name ist Klaus Mengel. Ich bin NABU- und BUND-Mitglied. Ich war früher Toxikologe. Deswegen muss ich noch eine kleine Ergänzung machen. Ich muss gestehen, dass ich nicht die ganze Zeit hier war; vielleicht ist einiges dazu gesagt worden. Ich möchte aber einen kleinen Nachtrag zum Thema Gesundheit machen.

Daran, ob man alle Schäden, die in mancher Hinsicht heutzutage schlimm sind, z. B. Asthma, Pseudokrupp, Allergien usw. bei Kindern, dem geplanten Kraftwerk anhängen kann, habe ich doch gewisse Zweifel.

Gestern Abend gab es einen sehr interessanten Vor-trag im Klinikum für Ärzte zur Fortbildung. Dort wurde dargelegt, dass sich der Pollenflug gewaltig geändert hat, zum einen aufgrund der Klimaveränderung. Alles blüht früher oder hört später auf zu blühen. Obendrein werden Pollen aufgrund von geänderten Windverhältnissen sogar zur Zugspitze hochgeweht bzw. bis nach Island geweht. Birkenpollen auf Island - was suchen die da?

Es sind also gewaltige Veränderungen im Gange. Das sind Sünden der Vergangenheit, die uns heute voll pa-cken. Ich hätte aber gewisse Bedenken, das alles nun auf dieses geplante Kraftwerk zu fokussieren.

Auf eines möchte ich noch hinweisen: Früher sind Giftstoffe verbreitet worden, die meines Erachtens noch viel schlimmer als das sind, was mit den Schwermetallen heute erörtert wurde. Diese chlorierten organischen Verbindungen, die womöglich für die nächsten 100 oder 200 Jahre nicht aus der Welt zu schaffen sind, weil sie nicht abbaubar sind, speichern sich im Fettgewebe bzw. verändern das Hormonmuster bei ganz vielen Menschen. Das sind schreckliche Giftstoffe.

Aber bitte, das hat jetzt mit diesem Kraftwerk unmittel-bar nichts zu tun. Ich will nur darauf hinweisen, dass es auch viele andere Ursachen für Gesundheitsschäden gibt. Ich halte es für ganz wichtig, dass wir das jetzt nicht alles auf dieses Kraftwerk fokussieren.

Eine grundsätzliche Frage habe ich allerdings: Warum muss Block 9 so groß sein? Diese Frage hat mir nie einer beantwortet.

Noch eine zusätzliche Frage: Ich habe vorhin heraus-gehört, dass die Filtertechnik von 1980 oder von Ende der 80er-Jahre ist. Gibt es da denn keine Verbesserungen? Man kann sich nicht auf den Lorbeeren von gestern ausruhen.

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Was diese Schwermetalle angeht, so weiß noch jeder aus dem Schulunterricht, dass Schwermetalle ausfällbar sind. Kann das nicht verbessert werden?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann, ich nehme an, dass Sie dazu etwas sagen möchten.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben keine Filtertechnik, die schon 20 Jahre alt ist, sondern ich habe gesagt, das ist die Basis. Elektrofilter haben wir schon länger, aber Rauchgasentschwefelungs-anlagen und Rauchgasentstickungsanlagen hat man seit Beginn der 80er-Jahre gebaut. Die Anlagen hat man seither weiterentwickelt und hat sie zu einem hohen Stand gebracht.

Daraus wollte ich eigentlich nur die Aussage ableiten, dass wir deshalb sicher sein können, dass wir eine hoch verfügbare und eine qualitativ wirklich hochwertige Rauch-gasreinigungsanlage haben, die diese Anforderungen erfüllt, und dass wir nicht solche Probleme bekommen, wie wir sie Mitte der 80er-Jahre hatten, wo nicht alle Verfahren am Schluss das gebracht haben, was man ursprünglich von ihnen erwartet hatte.

Heute stehen wir auf einer stabilen Basis. Wenn Sie in der dazugehörigen Unterlage nachschauen, die den Stand der Technik dokumentiert und die vom Bundesumweltmi-nisterium veröffentlicht wird bzw. dort auf der Homepage zu finden ist, können Sie erkennen, dass diese Anlagen für die Großkraftwerke wirklich Stand der Technik sind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Risch und Herr Gödeke. Dann treten wir bis ca. 15 Uhr in eine Mittagspause ein.

Risch (Einwenderin): : Mein Redebeitrag betrifft noch einmal die Kohle aus Kolumbien. Der Schweizer Minenkonzern Xstrata Plc, vorher Glencore AG, besitzt ein Drittel des kolumbiani-schen Konzerns Carbones del Cerrejón im Department La Guajira - mit 69 000 ha der weltweit größte Kohlenpott im Tagebau. Wenn die GKM Kohle aus Kolumbien bezieht, dann wird sie wahrscheinlich an diesem Riesenkonzern nicht vorbeikommen.

Ich finde es schade, dass sich die GKM weigert, zu sagen, woher sie die Kohle hat. Wir können sie leider nicht dazu zwingen, es zu sagen. Aber wir müssen deshalb annehmen, dass hier in Mannheim Kohle verheizt wird, die aus unsauberen Quellen kommt. Es liegt an der GKM, uns das Gegenteil zu beweisen, und nicht umgekehrt. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke hat das Schlusswort für den späten Vormit-tag.

Gödeke (Sachbeistand): Zunächst noch eine kurze Anmerkung zur Rauchgasreini-gung, zu den Schwermetallen und zum Abfiltern. Es gibt durchaus Möglichkeiten, die Emissionen weiter zu senken. In den USA stellt die Firma Gore, die für Gewebefilter bekannt ist, Gewebefilter her, die auch Abgasmengen, wie sie bei solchen großdimensionierten Kohlekraftwerken vorkommen, filtern können. Damit kann man die Staub-werte erheblich weiter senken. Da - abgesehen von Quecksilber - die meisten Schwermetalle staubgebunden sind, stellt dies durchaus eine Möglichkeit dar.

Diese Möglichkeit wurde zum Thema Verfahrensalter-nativen nicht geprüft. Daher wird beantragt, dass eine entsprechende Prüfung vorgelegt wird, in der nicht von wie auch immer verbesserten Elektrofiltern alter Generati-on ausgegangen wird, sondern in der eine Rauchgasreini-gung mit Gewebefiltern als Alternative geprüft wird, insbesondere wegen der erheblichen Belastung des Ballungsraums Mannheim mit Luftschadstoffen, insbeson-dere mit staubgebundenen Luftschadstoffen. - So viel zu diesem Thema.

Dann komme ich noch einmal auf das Thema Radio-aktivität zurück. Auch ich habe mich zu diesem Thema ein wenig kundig gemacht. Es gibt eine Publikation der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, die Aussagen zu Radioaktivitätsemissionen über Flugaschen und Kohlekraftwerkskamine trifft. Ich möchte das jetzt nicht im Einzelnen zitieren, sondern werde es Ihnen als Unterlage einreichen. (Anlage 5, S.281 ff.)

Eine Aussage in Bezug auf das Thema Abfälle ist je-doch wichtig. Es werden sehr viele Schadstoffe aus dem Rauchgas abgefiltert, die dann als Flugasche anfallen. Diese Flugasche ist auch ebenfalls durch diese radioakti-ven Stoffe belastet. Leider fällt das in Deutschland nicht unter das Strahlenschutzgesetz. Das ist sozusagen - ich sage es einmal in Bezug auf Radioaktivität - ebenso wie z. B. Krankenhausabfälle ein mehr oder weniger rechts-freier Raum.

Ungeachtet dessen hat eine Genehmigungsbehörde durchaus die Möglichkeit, über gesetzliche Vorgaben hinaus tätig zu werden, wenn ein entsprechendes Erfor-dernis gesehen wird. Deswegen reiche ich diese Unterla-ge ein, die ich für durchaus aussagekräftig halte, und stelle den Antrag, das in der Form zu berücksichtigen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Eine kurze Entgegnung von Herrn Ehmann.

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Ehmann (Antragstellerin): Herr Gödeke hatte zuvor nach den Werten gefragt, wie viel Milligramm je Kilogramm Thorium und Uran in der Kohle seien. Die uns vorliegenden Analysen weisen nach, dass die Werte unterhalb der Nachweisgrenze von 2 mg/kg liegen, und zwar bezogen auf feuchte Kohle.

Auch im Leitfaden ist das immer für trockene und feuchte Kohle angegeben. Für die Kohle hier wurde also analysiert - so feucht, wie angeliefert -: unterhalb der Nachweisgrenze von 2 mg/kg.

Gödeke (Sachbeistand): Direkt dazu: Ich habe die Daten bereits eingereicht. Sie liegen bei verschiedenen Kohlen sehr weit darüber. Ich selbst bin in einem analytischen Labor tätig gewesen. Wenn ich vor 30 Jahren eine Analyse für irgendein Schwermetall mit einer Analysegenauigkeit, wie Sie sie jetzt als Nachweisgrenze angeben, abgeliefert hätte, hätte ich überhaupt keinen Gesellenbrief bekommen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Uttendorf, wenn es ganz schnell geht.

Dr. Uttendorf (Einwender): Nur ein Satz: Es gibt in dem Gutachten zumindest für Thorium und Uran sehr wohl Werte, zu denen aber nichts von der Nachweisgrenze berichtet wird. Aufgrund dieser Basis habe ich die 10 kg Uran, die ausschließlich für Block 6 in der Veröffentlichung des GKM aufgeführt waren, hochgerechnet. Es sind also durchaus Werte darin. Insofern muss man sagen, dass das mit Nachweisgrenzen gar nichts zu tun hat.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir treffen uns um 15.10 Uhr wieder.

Mittagspause von 13.37 bis 15.13 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Bevor wir in den Tagesordnungspunkt „Immissionsprog-nose“ einsteigen, möchte Herr Gottstein eine Erklärung zu Protokoll geben.

Gottstein (BUND): Vielen Dank, Frau Salchow, dass Sie mir die Möglichkeit geben, noch eine kleine Bemerkung zu machen.

Ich hatte vorhin angeregt, dass man einmal nach-schaut, ob die Dioxinwerte erhoben worden sind. Ich hatte den BUND-Landesverband beauftragt, auf die Schnelle einmal nachzufragen, ob es so etwas gibt. Er ist auch fündig geworden.

Die Dioxindaten werden in Baden-Württemberg erho-ben und im Emissionskataster veröffentlicht, allerdings leider großräumig. Ich hatte gehofft, dass es kleinräumig ist, und habe es mit Kehl verwechselt; das ist damals kleinräumiger erhoben worden.

Aber von der LUBW kam der wichtige Hinweis, dass die Daten für Großanlagen alle vier Jahre erhoben werden und auch an die LUBW gemeldet werden müssen. In 2008 sollen die Daten wieder eingereicht werden. Es liegen also einige Daten vor, die man in das Ganze mit einbringen könnte.

Nach Aussage der LUBW werden auch die Dioxine erhoben. Das wäre natürlich eine Möglichkeit, auf diese Daten zurückzugreifen, sie einfließen zu lassen und hochzurechnen, was letztendlich für dieses Gebiet he-rauskommt und ob eventuell noch eine Zusatzbelastung durch das Kraftwerk vorhanden ist. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben schon eine Wortmeldung. Ich bitte Sie um Verständnis - ich bin darum gebeten worden, und dem möchte ich gerne nachkommen -, dass zunächst einmal, wenn wir jetzt in den Tagesordnungspunkt „Immissions-prognose“ eintreten, der Antragsteller die Möglichkeit erhält, das Thema aus seiner Sicht kurz im Zusammen-hang darzustellen. Anschließend treten wir dann in die Diskussion ein.

Gebhardt (Sachbeistand): Es handelt sich nur noch um einen Nachtrag. Wir hatten vorhin über die Schornsteinhöhe gesprochen. Ich hatte, Frau Salchow, in der Pause die Gelegenheit, das mit Herrn Ahrens zu klären. Ich möchte das Ergebnis dieses Gesprächs zu Protokoll geben. Mir geht es nicht darum, noch einmal in die Diskussion einzusteigen. Es macht ja keinen Sinn, wenn wir das Fass später noch einmal aufmachen. Bitte geben Sie mir kurz für 2 Minuten die Gelegenheit, das Ergebnis vorzutragen. Wenn Herr Ahrens das gegebenenfalls, wenn wir uns dann doch nicht ganz richtig verstanden haben, noch einmal korrigieren möchte, wäre es sinnvoll, wenn er noch einmal Gelegen-heit erhielte, das Wort zu ergreifen.

Wir haben uns zu Beginn der Mittagspause noch ein-mal kurz verständigt und - so denke ich - das eine oder andere Missverständnis ausräumen können. Herr Ahrens hat noch einmal ausgeführt, dass er versucht hat, den Rechengang der GKM nachzuvollziehen. Das heißt, er hat für die Schornsteinhöhenermittlung mit denselben Para-metern gerechnet und ist dann auch zu demselben Er-gebnis gekommen, nämlich zu den 169 m Schornsteinhö-he - das hatten wir bereits geklärt -, allerdings ohne den Umwandlungsgrad der nach Nr. 5.5.3 der TA Luft für Stickoxide, d. h. diese 60 %, zu berücksichtigen. Deswe-gen ist er auch zum selben Ergebnis gekommen.

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Er hat dann aber vorhin im Gespräch auch ausgeführt, dass die LAI im Sommer die Entscheidung getroffen hat, dass eine solche Vorgehensweise nicht den Vorgaben der TA Luft entspricht. Das heißt, dieser Umwandlungsgrad von 60 % ist sehr wohl zu berücksichtigen. Das bedeutet, die GKM hat ihre Berechnungen nicht TA-Luft-konform durchgeführt. - Das ist das erste Ergebnis.

Das zweite Ergebnis: Wenn man jetzt TA-Luft-konform rechnet und diesen Umwandlungsgrad von 60 % berück-sichtigt, wäre letztendlich das Schwefeldioxid maßgeblich. Herr Ahrens hatte bereits ausgeführt, man würde dann zu einer Schornsteinhöhe von 110 oder 111 m kommen. In diesem Fall wäre aber nicht mehr die über das No-mogramm zu ermittelnde Schornsteinhöhe maßgeblich, sondern es wäre die über die Gebäudehöhe zu ermitteln-de Schornsteinhöhe maßgeblich. Diese hat der Vorha-bensträger rechnerisch ermittelt. Ich habe diesen Wert von 133 m bestätigen können. Das ist der Wert, der aus meiner Sicht nach diesem klärenden Gespräch letztend-lich maßgeblich ist.

Deswegen muss ich meinen Antrag von vorhin korri-gieren. Ich beantrage hiermit, dass die Immissionsprog-nose neu zu erstellen ist, zum einen mit einer Ausbrei-tungsberechnung auf Basis eines Schornsteins von 180 m, wie es im Antrag steht und auch tatsächlich als Bauhöhe beantragt wurde, und zum anderen mit einem Schornstein nach TA Luft mit einer Höhe von 133 m. - So viel noch einmal von meiner Seite aus. Wenn ich etwas Falsches gesagt habe, möge Herr Ahrens das doch bitte richtig stellen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ahrens, möchten Sie noch etwas dazu sagen?

Dr. Ahrens (LUBW): Wie ich vorhin schon ausgeführt hatte, gab es zwei Berechnungsmethoden, die sich durch ein redaktionelles Problem in der TA Luft unterschieden haben. In Zukunft wird man so, wie es Herr Gebhardt gesagt hat, rechnen, also mit dem, was in der TA Luft konkret unter dem Punkt 5.5.3 aufgeführt ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön.

5.1.6 Immissionen

5.1.6.1 Immissionsprognose

Jetzt erhält der Antragsteller Gelegenheit, die Immissi-onsprognose im Zusammenhang darzustellen.

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich werde die Vorgehensweise und die Ergebnisse der Immissionsprognose kurz vorstellen.

(Schaubild: Emissionen – Anlage 6-1, S. 293)

Zunächst sind die Emissionswerte festzulegen. Über die Schornsteinemissionen haben wir eben schon gespro-chen. Außer den Schornsteinemissionen sind sonstige geführte Quellen zu berücksichtigen, darunter vor allem Silos und sonstige Entstaubungsanlagen, die noch auf dem Gelände vorhanden sind. Ferner sind die diffusen Staubemissionen zu berücksichtigen, die in Form von Kohleumschlag und Kohlelagerung auftreten. Was wir noch zusätzlich berücksichtigt haben, sind die Verkehrs-emissionen aufgrund von Lkw-Verkehr und Emissionen durch die anliefernden Schiffe.

(Schaubild: Emissionsdaten Schornstein – Anlage 6-2, S. 294)

Auf der nächsten Folie habe ich kurz die Schornstein-emissionen dargestellt, zum einen die in der 13. BImSchV festgelegten Stoffe. Der Betreiber verpflichtet sich dazu, halbe 13.-BImSchV-Werte für Staub, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Schwefeldioxid und Quecksilber einzuhalten. Bei der Ausbreitungsrechnung wurden die entsprechen-den Jahresmittelwerte angesetzt.

Über die Schwermetalle haben wir schon gesprochen: doppelte Analysenwerte aus Analysen des Großkraft-werks.

Es wurde eine Auslastung von 116 % mit 8760 Stunden im Ganzjahresbetrieb angesetzt.

Bezüglich der Schornsteinhöhe wurde nicht die ge-plante Bauhöhe von 180 m angesetzt, sondern die nach TA Luft berechnete Höhe von 169 m, sodass wir dort auf der konservativen Seite sind, weil dadurch im Endeffekt höhere Immissionen berechnet werden, als tatsächlich auftreten werden.

(Schaubild: Diffuse Emissionen - Anlage 6-3, S. 294)

Auf der nächsten Folie habe ich kurz dargestellt, wie die diffusen Staubemissionen abgeschätzt wurden, und zwar entsprechend der VDI-Richtlinie 3790. Es gibt diffuse Emissionen im Bereich der Schiffsentladung, beim Abwurf auf die Halde und bei der Haldenabwehung. Wenn die Kohle wieder von der Halde abgezogen wird, ist es ein sogenannter Portalkratzer.

Die diffusen Emissionen über diese VDI-Richtlinie zu bestimmen, bedeutet eine ganz grobe Abschätzung. Es gibt nur ganz wenige Daten dazu und es ist unklar, ob das überhaupt stimmt bzw. wie der Fehlerbereich einzuschät-zen ist.

(Schaubild: Ausbreitungsrechnung – Anlage 6-4, S. 295)

Auf der nächsten Folie ist die Ausbreitungsrechnung dargestellt. Die Ausbreitungsrechnung selbst wurde mit dem Rechenmodell AUSTAL2000 nach TA Luft durchge-

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führt. Die Berechnungsmethode ist im Anhang der TA Luft entsprechend dargestellt. Das AUSTAL2000 stellt eine entsprechende Umsetzung dieser Rechenmethode dar.

Als Wetterdaten wurde von der DWD-Messstation Mannheim-Vogelstang eine Ausbreitungsklassenzeitreihe eingesetzt. Dazu liegt vom Deutschen Wetterdienst eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit dieser Daten auf den Standort vor. Der Deutsche Wetterdienst hat als repräsentative Zeitreihe die aus dem Jahr 2002 empfoh-len, die wir dann auch verwendet haben.

Das Rechengebiet ist normalerweise die 50fache Schornsteinhöhe. Das entspräche einem Radius von 9 km. Wir haben das auf 20 mal 20 km etwas erweitert. In diesem Gebiet wurde auch eine flächendeckende Berech-nung durchgeführt. Das heißt, für jeden Punkt in diesem Gebiet liegen entsprechende Rechenwerte vor.

(Schaubild: Beurteilungspunkte – Anlage 6-5, S. 295)

Im Nahbereich wurden zusätzliche Beurteilungspunkte festgelegt, und zwar an der nächstgelegenen geschlosse-nen Wohnbebauung, um zu sehen, ob in dem Bereich dort die Immissionszusatzbelastung tatsächlich unterhalb der Irrelevanzgrenzen liegt. Das ist ein erster Schritt. Zuerst ist der Ermittlungsumfang festzulegen. Wenn die Immissi-onszusatzbelastung unterhalb der Irrelevanzgrenzen liegt, kann auf eine Bestimmung der Vorbelastung verzichtet werden.

In der Umweltzone der Stadt Mannheim wurden schon in der Vergangenheit Überschreitungen festgestellt. Dort wurden deshalb noch einmal separate Beurteilungspunkte festgelegt, und zwar an den Messstationen der LUBW.

(Schaubild: Lage der Beurteilungspunkte – Anlage 6-6, S. 296)

Auf der nächsten Folie ist die Lage der Beurteilungs-punkte dargestellt. Unten rechts sieht man die Anlage. Die Beurteilungspunkte 1 und 2 liegen in der Umweltzone der Stadt Mannheim. Die Beurteilungspunkte an der nächsten Wohnbebauung sind die Punkte 4, 5, 6 und 7, die man unten in der Nähe der Anlage sieht. Der Beurteilungspunkt 3 ist die Messstation Mannheim-Süd, auch von der LUBW.

(Schaubild: Zusatzbelastung im Nahbereich – Anlage 6-7, S. 296)

Das Ergebnis der Ausbreitungsrechnung im Nahbe-reich kann man folgendermaßen zusammenfassen: Im Nahbereich ist die Zusatzbelastung bei der nächstgelege-nen geschlossenen Wohnbebauung irrelevant. Im Gebiet zwischen der nächstgelegenen Wohnbebauung und dem Block 9 gibt es Überschreitungen der Irrelevanzgrenzen für die Schadstoffe Schwebstaub, Staubniederschlag, NO2 und SO2. Hierbei handelt es sich um einen Bereich im Abstand von 200 bis 300 m um den neuen Block 9 bzw. um die Kohlehalde. Auf dieser Fläche sind Gewerbe- und

Industrieflächen, d. h. Flächen, wo sich Menschen nur vorübergehend aufhalten.

Anhand der Vorbelastungswerte der Messstation Mannheim-Süd lässt sich aber auch für diese Flächen zeigen, dass die Gesamtbelastung unterhalb vom Immis-sionswert der TA Luft liegt.

Am nördlichen Rand dieses Gebiets liegt in dem Ge-werbe- und Industriegebiet noch ein einzelnes Wohnhaus. Das haben wir erst entdeckt, nachdem die anderen Beurteilungspunkte schon festgelegt waren. Für dieses einzelne Wohnhaus wurden die Ergebnisse noch einmal separat ausgewiesen. An dem Wohnhaus ist die einzige Komponente, die nicht unterhalb der Irrelevanzgrenze liegt, Schwebstaub. An dem Wohnhaus liegt die Gesamt-belastung, d. h. Vorbelastung plus Zusatzbelastung, allerdings unterhalb des Immissionswerts und ist von daher nicht zu beanstanden.

(Schaubild: Schwebstaub [PM10] Nahbe-reich – Anlage 6-8, S. 297)

Die grafische Darstellung zeigt die Verteilung von Schwebstaub im Nahbereich. Die höchste Belastung ist natürlich im Bereich der Anlage festzustellen. Alles, was rot ist, liegt oberhalb der Irrelevanzgrenze. Alles, was grün und blau ist, ist dann schon irrelevant, liegt also unterhalb von 3 % des Immissionsjahreswerts. Ich muss dazu sagen, dass der Immissionsjahreswert bei 40 µg/m³ liegt und wir dort unterhalb von 1,2 µg/m³ liegen.

(Schaubild: Ergebnisse außerhalb Nahbe-reich – Anlage 6-9, S. 297)

Die maximale Zusatzbelastung im sonstigen Rechen-gebiet außerhalb des Nahbereichs liegt ungefähr 5 km nordnordöstlich von Block 9. An diesem Punkt sind alle Schadstoffe unterhalb der Irrelevanzgrenze, sodass im restlichen Rechengebiet - abgesehen von diesem Punkt - natürlich auch irrelevante Zusatzbelastungen vorliegen.

(Schaubild: Schwebstaub im Rechengebiet – Anlage 6-10, S. 298)

Diese Darstellung zeigt das noch einmal. Die maxima-le Zusatzbelastung liegt dort oberhalb der Anlage. Das gilt jetzt für Schwebstaub. In 99,9 % des Rechengebiets ist folglich Irrelevanz festzustellen.

(Schaubild: Umweltzone – Anlage 6-11, S. 298)

In der Umweltzone sind in der Vergangenheit Über-schreitungen der Immissionswerte für Schwebstaub und Stickstoffdioxid festgestellt worden. Hier muss ein strenge-res Irrelevanzkriterium angewandt werden, und zwar nicht nur 3 %, sondern 1 % vom Immissionswert. Das muss dann entsprechend nachgewiesen werden, um sagen zu können, dass auch dort Irrelevanz festzuhalten ist.

Das Ergebnis der Immissionsprognose zeigt, dass die Zusatzbelastung sowohl für Schwebstaub als auch für

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Stickstoffdioxid in der Umweltzone unterhalb von 1 % liegt, sodass wir sagen können, dass sie dort irrelevant ist.

(Schaubild: Fazit – Anlage 6-12, S. 299)

Als Fazit lässt sich Folgendes feststellen: Durch die Luftverunreinigungen, die von Block 9 ausgehen, kommt es zu keinen schädlichen Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und für die Nachbarschaft.

Ich denke, weitere Punkte können wir im Rahmen der nun folgenden Diskussion klären.

Verhandlungsleiterin Salchow: Bevor wir jetzt die Rednerliste eröffnen, noch eine Infor-mation: Die Herren vom Deutschen Wetterdienst stehen uns nur heute etwa in den nächsten zwei Stunden zur Verfügung. Ich bitte daher darum, möglichst die Dinge, die mit den meteorologischen Daten zu tun haben, in den Fokus zu nehmen. Wir werden ohnehin lange über dieses Thema reden, sodass es im Grunde genommen egal ist, in welcher Reihenfolge wir die Themen behandeln. Ich bitte aber doch darum, die Meteorologie vorzuziehen. - Herr Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Zunächst habe ich noch eine ganz kurze Anmerkung zum radiologischen Gutachten. Man hat mir gesagt, ich hätte einen verfahrenstechnischen Fehler begangen, indem ich keinen Antrag gestellt hätte.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es ist alles im Protokoll. Was wir brauchen, sind die Namen und eine deutliche Aussprache.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich hätte den Antrag gestellt, dass man das Gutachten noch einmal überarbeitet, auch im Hinblick darauf, dass eine Akkumulation des Urans durch den Feinstaub in der Lunge zustande kommt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das werden wir auf jeden Fall tun.

Dr. Uttendorf (Einwender): Soll ich gleich mit der Immissionsprognose weitermachen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja, wenn Sie etwas dazu haben. Meine Bitte war, die Meteorologie jetzt in den Fokus zu nehmen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ja, das spielt dabei eine Rolle. - Ich wohne in Wallstadt. Ich hatte im Frühjahr dieses Jahres mehrere nostalgische Erlebnisse, indem ich bei offenem Fenster plötzlich feststellte, dass es nach verbrannter Steinkohle roch. - Ich kenne das noch aus den 50er-Jahren. Damals gab es den Hausbrand noch. Wenn man morgens aus dem Haus

kam, konnte man riechen, ob Braunkohle, d. h. Brikett, oder Anthrazit verbrannt worden ist. - Ich frage mich allerdings, wie so etwas zustande kommt. Habe ich jetzt sozusagen einen direkten Lungenzug aus dem Schorn-stein von Block 3, 4, 7 oder 8 genommen?

Ich habe mir die Mühe gemacht, eine Aufnahme des Profils zu machen. Natürlich kann ich nicht die Staubemis-sionen messen, aber ich kann als Tracer die Immission von Kalium benutzen. Ich habe mir also die Mühe ge-macht und habe verschiedene Messreihen erstellt, die man nachvollziehen kann; ich kann sie Ihnen gerne geben. In diesen Messreihen habe ich untersucht, wie die Höhe des akkumulierten Kaliumgehalts ist; denn ich kann nur Beta- und Gammastrahlen messen.

(Herr Dr. Uttendorf stellt der Verhandlungslei-tung die Übersicht „Radioaktivität rund ums GKM“ zur Verfügung – Anlage 7, S. 301)

Dabei ist als Ergebnis herausgekommen, dass der Ka-liumgehalt - wenn ich radial vom Karlstern als Ausgangs-punkt nach Wallstadt hinübergehe - ansteigt. Wenn ich in Richtung des GKM weitergehe, fällt er wieder ab und wird auf der Plinaustraße, also direkt neben dem GKM, wegen der Kohlehalden wieder ansteigen. Auf dem 6-km-Ring, wenn man bei Wallstadt oder bei Neckarstadt anfängt - Neckarstadt und Wallstadt sind ungefähr gleich -, geht es hinunter nach Suebenheim, nach Dossenwald und zum Schluss nach Brühl zur Kollerfähre.

Diese Messergebnisse wurden immer auf gewachse-nem Boden erzielt, auf nicht bewirtschaftetem Boden, damit keine Dünger hineinkommen. Auch Überschwem-mungen wurden ausgenommen. Die Messpunkte habe ich immer so hoch gelegt, dass das Gelände an der Stelle nicht überschwemmt werden kann. Die Ergebnisse bestä-tigen ungefähr die Rechnung von AUSTAL2000, die angestellt wurde. - So weit, so gut.

Aber ich habe auch Messungen hinter der A 6 ge-macht. – Damit kommen wir dann zum Meteorologi-schen. - Denn merkwürdigerweise sind die Werte hinter der A 6 - in dem Fall in Viernheim, Neuzenlache in Rich-tung Weinheim oder in Richtung Heidelberg über die Schwabenheimer Schleuse - signifikant höher. Wie ist das möglich?

Wenn man einmal das meteorologische Gutachten be-trachtet, kommt der Gutachter - das ist der Deutsche Wetterdienst - zu dem Schluss, dass es bei klarem Him-mel sozusagen eine Temperaturabsenkung der Luft gibt. Die Luft fließt gewissermaßen von der Bergstraße aus 200 m hinunter und bildet einen See.

Das heißt, gleichzeitig wird auch der ganze darin ent-haltene Staub mit heruntergenommen. Das hat zur Folge, dass das AUSTAL eigentlich nicht alles erfasst. Der gewählte Berechnungsbereich müsste viel höher sein. Die TA Luft lässt über eine Öffnungsklausel auch zu, dass bei

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besonderen Bedingungen der Berechnungsbereich zu erweitern ist. Eine Tallage mit sehr hohen Rändern, wie wir sie hier haben, ist eine solche besondere Bedingung.

Insofern beantrage ich, dass Sie den Berechnungsbe-reich erweitern und auch diese Effekte mit hineinrechnen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Lehmann.

Lehmann (Einwender): Ich möchte in diesem Zusammenhang den Antrag stellen, dass Sie Filter aus Gewebe verwenden – am besten von der Firma Gore in Pittsburgh, Pennsylvania –, wie von Herrn Gödeke vorgeschlagen worden ist. Ich selbst habe Lungenprobleme, und ich befürchte, dass sowohl der Staub, der Feinstaub, der Ultrafeinstaub als auch die Schwermetallemissionen durch das neue Kraftwerk so weit verstärkt werden, dass es zu erheblichen Schwierig-keiten – nicht nur bei mir, auch bei anderen Bewohnern der Region – kommt. Insbesondere bei Inversionswetter-lagen ist die ganze nördliche Rheinebene davon betroffen. Nehmen Sie das bitte zu Protokoll!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke und dann Herr Block.

Gödeke (Sachbeistand): Ich hätte ohnehin vorgeschlagen, dass wir das Thema Wetter vorziehen, weil ich eben erfahren habe, dass der DWD heute nur begrenzte Zeit da sein kann.

Wir hatten in unserer Stellungnahme bzw. Einwendung u. a. die qualifizierte Prüfung kritisiert. Aus dem Klimaatlas für Baden-Württemberg, den der DWD gemeinsam mit der LUBW aufgestellt hat, geht hervor, dass nicht nur in Karlsruhe, sondern auch in Mannheim an mehr als 225 Tagen im Jahr Inversion herrscht. Ich konnte das heute auf der Fahrt hierher auch sehen: Ca. 60 m über den Schornsteinen des Kraftwerks war die Sperrschicht.

(Klimaatlas Baden-Württemberg, Minimum-temperaturinversionshäufigkeit, Bezugszeit-raum 1981 – 2000 – Anlage 8, S. 302)

In der qualifizierten Prüfung steht aber etwas ganz an-deres. Zunächst einmal steht da das Übliche, was zu einer Prognose des Deutschen Wetterdienstes gehört: dass und wie Kaltluftflüsse und –abflüsse entstehen; das ist meteo-rologisch auch richtig. Dann steht dort aber konkret - ich zitiere wörtlich -:

„Der Kaltluftfluss vom Pfälzer Bergland und vom Odenwald her ist am Standort in Rheinnähe nicht mehr ausgeprägt, weil er

durch die Städtebebauung von Ludwigs-hafen und Mannheim stark abgebremst wird und sich deltaartig verteilt. Er trägt aber we-sentlich dazu bei, dass sich in Strahlungs-nächten Kaltluft im Rheingraben sammelt und eine mehrere Dekameter hohe Kaltluft-schicht aufbaut.“

- Insoweit ist das richtig mit der mehrere hundert Meter hohen Kaltluftschicht; die konnte man auch heute Morgen beobachten.

Dann steht da aber – das ist völlig unverständlich, und deswegen hatten wir gefragt, inwieweit der Deutsche Wetterdienst für die Antragsteller oder Anteilseigner schon einmal tätig war -:

„Kaltluftflüsse werden im Bereich des Standorts keine besondere Rolle spielen.“

In Anbetracht dessen, dass sich eine mehrere Deka-meter hohe Kaltluftschicht aufbaut, in Anbetracht dessen, dass der Klimaatlas Baden-Württemberg aussagt, dass es mehr als 225 Inversionstage gibt - auch in Mannheim -, ist diese Aussage wertend und nach unserer Auffassung nicht haltbar. Das ist der Grund für unsere entsprechende Kritik in der Stellungnahme.

Die Frage ist jetzt: Was wurde da bewertet? Wurde dort etwas verwechselt? Oder wie ist das zu verstehen, dass dort völlig widersprüchliche Angaben in direkt auf-einanderfolgenden Sätzen stehen?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Wir müssen zwei Begriffe auseinanderhalten: einmal, was der Herr Gödeke sagte: Kaltluftsee und Kaltluftfluss.

Kaltluftseen haben wir in der Tat hier in der Rheinebe-ne, in dem 30 km breiten Graben. Kaltluftseen entstehen quasi lokal vor Ort und wachsen über Nacht an; das ist eine stagnierende Luftmasse.

Kaltluftflüsse heißt, es fließt, es bewegt sich, es weht ein Wind, es existiert eine Strömung. Solche Kaltluftflüsse sind hier in der Rheinebene im Repräsentationsbereich um den Standort in der Tat nicht zu erwarten. Man kennt diese Kaltluftflüsse z. B. aus dem Neckartal heraus in das Rheintal: Wenn man in Heidelberg auf der Neckarbrücke steht und das Flattern der Fahnen oder Flaggen beobach-tet, kann man an solchen Tagen erleben, dass sich die Windrichtung umkehrt, dass es über Tag das Neckartal einwärts und zur Nacht das Neckartal auswärts weht.

Diese Kaltluftflüsse sind auch im Rheingraben unter-sucht worden. Man kennt das vom Schuttertal bei Rastatt. Man weiß, dass sich solche Kaltluftflüsse bis in die Rhein-ebene ergießen, sich fächerförmig ausbreiten und von den Seitenflächen im besten Fall frische Luft, im anderen Fall vielleicht auch schadstoffbelastete Luft transportieren.

Hier in Mannheim sind an der repräsentativen Wind-messstelle – die haben wir Gott sei Dank 8 km nord-

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nordöstlich vom geplanten Standort - diese Kaltluftflüsse in der relevanten Höhe, 10 m über Grund, nicht mehr nachweisbar. Wir kennen Windrosen – z. B. bei Weinheim von der LUBW, auch bei Heidelberg – mit ausgeprägtem Windrosenzeiger in der Richtung drei Uhr. Dort kann man nachweisen, dass es aus Richtung Osten wirklich diese Kaltluftflüsse aus diesen Seitenregionen gibt.

Wenn Sie sich die Windrose von Mannheim anschau-en, erkennen Sie, dass die Winde überwiegend mit einem Maximum aus Süd bis Südsüdwest und Nord bis Nord-nordwest wehen und dass die östlichen und westlichen Häufigkeitsverteilungen an dieser Windrose eher minimal vertreten sind. Insofern haben wir nicht diesen Einfluss von einem seitlichen Talrandwind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, direkt dazu.

Gödeke (Sachbeistand): Sie haben den Sachverhalt als solchen ja recht anschau-lich erläutert. Es ist insoweit auch nachvollziehbar, dass Kaltluftflüsse an einem Hang die Windrichtung beeinflus-sen können. Bezüglich der Auswirkungen der Immissionen ging es uns in der Kernaussage unserer Stellungnahme um die Anzahl der Inversionstage. Denn deren Auswir-kungen sind unabhängig von der Windrichtung unter dieser sozusagen „Glocke“. Aus dieser Glocke kann mehr oder weniger nichts weg.

Unser Kritikpunkt war im Prinzip, dass uns im Antrag und in der QPR die Aussage fehlte, dass Inversionswetter-lagen vorherrschend sind und Auswirkungen haben. Das muss dann in einer Prognose auch berücksichtigt werden. Das war der Kernpunkt für uns.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Garve.

Garve (Deutscher Wetterdienst): Die zweite Frage war mir nicht entfallen, aber ich hatte sie weit zurückgestellt.

Die Inversionsstatistik mit diesen 225 Tagen bzw. In-versionsfällen pro Jahr ist auch uns natürlich bekannt. Sie stammt aus dem Klimaatlas Baden-Württemberg und bezieht sich auf eine statistische Untersuchung aus dem Bezugszeitraum 1981 bis 2000. Diese Daten stehen auch gar nicht zur Diskussion. Sie sind im Rheingraben richtig. Je höher in Baden-Württemberg die Topographien sind, umso mehr nimmt diese Häufigkeit ab.

Diese Minimumtemperaturinversionsstatistik ist aber keine ausreichende Datenbasis für eine Immissions-berechnung nach der TA Luft 2002. Denn sie hat allein die Häufigkeit von solchen Fällen zum Inhalt, also 225 Fälle pro Jahr. Um eine Ausbreitungssituation nach TA Luft 2002 rechnerisch zu simulieren, müsste ich sie mit die Ausbreitungsrechnung bestimmenden meteorologischen

Größen verknüpfen. Ich müsste sie also mit Windrichtung, mit Windgeschwindigkeit und mit Turbulenzparametern verknüpfen.

Gerade das bietet diese Häufigkeitsstatistik AKS, d. h. eine Häufigkeitsverteilung von Windrichtung, Windge-schwindigkeit, Ausbreitungsklasse oder die stundenfeine Zeitreihe, die hier verwendet worden ist, nämlich dass man für jeden stündlichen Wert eine Kombination von Ausbreitungsklasse, Windrichtung und Windgeschwindig-keit zur Verfügung hat.

In diesen Ausbreitungsklassen, die Sie alle kennen, durchnummeriert von 1 bis 5, beinhalten die Klassen 1 und 2 die Inversionswetterlagen. Da wir aus dem zehnjäh-rigen Zeitraum für diese AKTerm, die hier verwendet worden ist, ein repräsentatives Jahr ermittelt haben, sind diese Ausbreitungsklassen 1 und 2 sehr sicher enthalten. Ich habe es mal durchgezählt. Die Klassen 1 und 2 kommen mit einer Häufigkeit von etwa 42 % der Jahres-stunden vor. Das sind jetzt über den Daumen gerechnet - ich will es nicht genau machen – ca. 3600 Stunden. In 3600 Stunden dieses repräsentativen Jahres ist also mit stabilen Wetterbedingungen zu rechnen. Insofern sind diese Inversionswetterlagen in Ausbreitungsklassen 1 und 2 voll berücksichtigt.

Ich kann die Inversionsstatistik, die Sie angeführt ha-ben, auch nicht in dieses Partikelmodell einbauen. Nach TA Luft ist es erforderlich, eine solche AKTerm oder AKS bereitzustellen, um damit die Immissionsprognose errech-nen zu können.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, direkt dazu.

Gödeke (Sachbeistand): Direkt dazu: Zunächst einmal wurde eingangs Ihres Statements gerade ein bisschen der Eindruck erweckt, das gelte nur für das Rheintal. Ich muss dazu betonen: Wir sind hier im Rheintal. Also trifft das zu.

Der zweite Teil in Ihrer Ausführung ist insofern etwas schwierig nachzuvollziehen, weil das Rechengebiet so klein ist, dass nicht das komplette Rheintal erfasst wird. Das heißt, es wird dann ein Ausschnitt betrachtet, in dem z. B. diese Kaltluftflüsse am Hang nicht dabei sind. Inso-fern haben wir hier eine erhebliche Unsicherheit.

Es wurden mehrere Wetterstationen datenmäßig he-rangezogen, und es zeigte sich, dass sie alle - auf Deutsch gesagt – grottenunterschiedlich sind. Von daher ist es aus meiner Sicht zwingend erforderlich, am Vorha-bensstandort Wetterdaten zu erheben, weil das Gebiet derart strukturiert ist, dass solche Allgemeinaussagen zu den Windrichtungen nicht mehr zutreffen. Alle diese Wetterstationsorte sind im Verhältnis zur Breite des Rheintals eigentlich nicht sehr weit voneinander entfernt.

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Insofern mag es formal so aussehen, als sei das anwend-bar.

Im Übrigen meine ich - da trete ich Ihnen, glaube ich, gar nicht zu nahe -, dass eine QPR immer nur die Aus-wahl des kleinsten von mehreren Übeln ist. Als Deutscher Wetterdienst werden Sie wohl bestätigen, dass immer die Wetterdaten von vor Ort am besten sind. Von daher haben Sie versucht, von den angebotenen Daten die zutreffend-sten herauszusuchen. Das ist insofern auch korrekt.

Allerdings fehlen uns Angaben zur Inversionshäufig-keit. Zur Inversionsdauer ist ebenfalls keine Aussage gemacht. Anhand eines begrenzten Untersuchungsge-biets lässt sich dann eine rechnerische Aussage nicht machen, weil die topographischen Oberflächen, die die Inversionen mit verursachen, im Rechengebiet gar nicht vorhanden sind.

Garve (Deutscher Wetterdienst): Das sind zwei verschiedene Dinge. Zum einen: Mit Blick auf die Kaltluftflüsse haben wir die Situation, dass wir gerade nicht am Rand des Rheingrabens liegen. Sonst wäre in der Immissionsprognose wahrscheinlich zu berücksichtigen - es ist aber nicht die Aufgabe des Wet-terdienstes, das zu entscheiden -, dass man dann die Randflüsse mit beurteilt. Wir liegen nun genau mittendrin. In dem Rechengebiet, das jetzt vorgegeben ist, innerhalb dieser 9 km, sind diese Inversionen in der Tat nicht von Relevanz.

Als Zweites zum Hinweis zu den Windrosen: Die QPR geht nach einem standardisierten Verfahren vor, indem geprüft wird, welche der zur Verfügung stehenden Wind-richtungsverteilungen geeignet sind, die meteorologischen Bedingungen am Standort abzubilden. Ich werde mich davor hüten, eine Windrose zu empfehlen, die möglicher-weise einen lokalen Einfluss hat. – Sie sagten doch, wir hätten so viele Wetterstationen im Umkreis gehabt. Stimmt! Die sind aber alle im Stadtgebiet aufgestellt und teilweise von den Landesämtern für Umweltschutz instal-liert, wo man wahrscheinlich den Schwerpunkt auf Schad-stoffmessung legt und weniger auf die Windregistrierung, die möglicherweise übergeordnet sein soll.

Wir haben das Glück, hier in Mannheim innerhalb ei-nes repräsentativen Umkreises, in nur 8 km Entfernung, eine Station zu haben, die das übergeordnete, ungestörte Windfeld im Wesentlichen über eine langjährige Statistik in dieser Rheinebene wiedergibt.

Gödeke (Sachbeistand): Direkt dazu noch einmal: Sie haben mich wahrscheinlich missverstanden, was ich mit den Kaltluftflüssen außerhalb des Rechengebietes im Bezug auf die Inversionshäufigkeit und Inversionsstärke gemeint habe. Dieser Kaltluftsee könnte sich ja ohne Kaltluftflüsse nicht bilden. - Ich versu-che das einmal etwas volkstümlich zu erklären. - Die Art,

wie sich dieser Kaltluftsee ausbildet, ist von den Rand-bedingungen abhängig.

Von daher ließe sich bei einem Rechengebiet, das den Rand und die Kaltluftflüsse mit erfasst, eine viel konkrete-re Aussage über Inversionen machen. Das heißt, das Rechengebiet - das wird hiermit jetzt beantragt -, muss zumindest den kompletten Rheingraben umfassen, um diese Kaltluftflüsse und somit auch die Inversionsmöglich-keiten mit zu erfassen. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir nehmen diesen Antrag zu Protokoll. Herr Bläsing.

Bläsing (Deutscher Wetterdienst): Herr Gödeke, es ist völlig richtig, was Sie sagen: Die Kaltluftflüsse von den Rändern – Pfälzer Bergland, Oden-wald – sorgen natürlich mit für dieses Kaltluftsammel-gebiet im Oberrheingraben - neben der örtlichen Ausstrah-lung hier vor Ort. Das ist völlig korrekt. Das führt zu der Entstehung dieses Kaltluftsammelgebietes. Das haben Sie richtig geschildert, das sehe auch ich so.

Dieses nächtliche Kaltluftsammelgebiet wird durch die Inversionshäufigkeit wiedergegeben, die Sie aus dem Klimaatlas entnehmen können. Ich möchte dazu erläutern, dass die Inversionshäufigkeit im Klimaatlas, wie Herr Garve es richtig sagte, auf der Minimumtemperaturinver-sion beruht. Die Minimumtemperatur entsteht in den Morgenstunden. Das ist eine Momentaufnahme aus den je nach Jahreszeit frühen oder späten Morgenstunden.

Die TA Luft und die Ausbreitungsrechnung erfordern aber Stundenwerte der Ausbreitungsklassen und der Windrichtungsverteilung über den ganzen Tag hinweg. Wir können also eine Momentaufnahme nicht auf den ganzen Tag extrapolieren, auch weil diese Minimumtemperatur-inversion im Tagesverlauf in über drei Viertel der Fälle wieder weggeheizt wird. Insofern würde ich völlig falsche Werte in die Ausbreitungsrechnung bringen, wenn ich nur das für die Inversion zu Grunde legen würde.

Außerdem ist im Punkt 8.5 des Anhangs 3 der TA Luft in der Mischungsschichthöhe begründet, wie hoch die Inversionen bei den stabilen Klassen über dem Untersu-chungsgebiet sind. Sie wissen ganz genau - Sie kennen sich da ja gut aus -, dass das ganz weit heruntergehen kann und von den meteorologischen Verhältnissen in der Mischungsschichthöhe abhängt, die im Punkt 8.5 erwähnt sind. – Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, wenn es noch - -

Gödeke (Sachbeistand): Ich wollte noch sagen: Der Antrag bleibt weiterhin gestellt. Im Prinzip hat das, was Sie jetzt erläutert haben, zu

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meinem Antrag nicht erhellend beigetragen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Bei jedem Erörterungstermin, den ich bisher erlebt habe, waren die Ausbreitungsberechnungen ein leidiges Thema. Ich habe vor 40 Jahren Mathematik studiert. An der Universität gab es diesen Papst Fiedler, für den ich Ausbreitungsberechnungen mit durchgeführt habe.

Ich weiß als Mathematiker: Das Unsicherste, was es überhaupt gibt, ist die Meteorologie. Bei all den Parame-tern wird mir speiübel, wenn ich bedenke, was da für bestimmte Höhen unter den Prämissen x berechnet wird. Auf jeden Fall hat da nichts gestimmt.

Fiedler sagte einmal den berühmten Satz - er ist ja der Papst in diesem Bereich -: Der Rhein ist ein dummes Objekt; er versaut uns jede Rechnung. Er hat Philippsburg und weiß der Teufel was noch berechnet - jedes Atom-kraftwerk!

Außerdem hat er noch ganz andere Sachen berech-net, nämlich was passiert, wenn das Ding hochgeht. Er hat gesagt: Dieser blöde Rhein versaut uns die ganze Rechnung. Denn der Rhein ist mal kälter, mal wärmer, die Umgebungstemperatur ist mal so und so und dies und das. Es kam immer etwas ganz anderes heraus, als die Windmesser auf ihren Türmen eigentlich berechnet hatten, weil der Rhein – und die Kraftwerke liegen hier am Rhein – dumme Sachen macht.

Deswegen vermisse ich Vor-Ort-Messungen. Es kann nur vor Ort gemessen werden, und zwar auf den „Fiedle-ren Höhen“: von 0 bis 210 m. Dann können Sie sagen, was da im Abstand von 100 m, 500 m und 1000 m pas-siert.

Die Grundlage kann nicht das Jahr 2002 sein. Warum überhaupt 2002? - Das kann es doch nicht sein; das ist doch nur ein Ausschnitt. Das ist doch kein Kriterium, um wirklich etwas abzubilden. Das ist doch - wie Herr Dolde es nennt - „irrelevant“.

Es geht nicht um irgendwelche mathematischen Mo-delle, sondern es geht um Schadstoffe, von denen die Menschen wirklich betroffen sind. Darum müssen wir alles tun, damit diese sogenannte Irrelevanzgrenze überhaupt in unser Bewusstsein hineinkommt.

Ich darf jetzt einmal die Chefin des Gesundheitsamtes in Karlsruhe zitieren, weil mir es auf den Senkel geht, wenn man hier nie Klartext redet:

„In unserer Stellungnahme zu diesem Ver-fahren“

- es geht um das Verfahren RDK 8 in Karlsruhe -

„haben wir die Tatsache erwähnt, dass es Schwellenwerte, unterhalb derer eine Wir-kung nicht zu erwarten ist, beim Feinstaub nicht gibt, weder im Hinblick auf die Sterb-lichkeit noch im Hinblick auf die Entstehung von Krankheiten. Es gibt Schätzungen und Untersuchungen vom Professor Wichmann, der der bekannteste Epidemiologe in Deutschland ist. Er hat errechnet, dass in Deutschland letztlich ca. 10 000 bis 19 000 Menschen an Feinstaub jährlich versterben.

Die Lebenserwartung aller Deutschen sinkt nach seinen Schätzungen wegen der Fein-staubbelastung um neun Monate. Davon gehen allerdings ein bis drei Monate auch auf das Konto des Dieselsmog. Das heißt aber auch, dass die Lebenserwartung im Wesentlichen durch die anderen Feinstaub-arten reduziert wird.

- Ende des Zitats. - Jetzt kommen Sie mit Irrelevanz!

Wir haben 800 verschiedene Arten von Stäuben. Wel-che Kerngröße bei den Stäuben nehmen Sie für Ihre Ausbreitungsberechnungen an? Diese Stäube gehen in den Mikrobereich. Wenn ich PM 10 höre, wird es mir schlecht. Wie hoch, Herr Ehmann, sind die Anteile der PM-Stäube größer 10, 5 bis kleiner 10 und 0 bis kleiner 5? - Ich sage es Ihnen: 80 % der Stäube sind kleiner als PM 5, d. h. kleiner als 5 μm. Sie sind alle lungengängig.

Das liegt an Ihrer modernen Methode, Kohle zu verbrennen! Das kann man einerseits aus Effizienzgrün-den gutheißen. Das heißt aber für die Ausbreitungsbe-rechnungen letztendlich auch, dass es bei den Immissio-nen keinen Schwellenwert für den Feinstaub gibt.

Vorhin haben Sie über Radioaktivität geredet. Ich möchte Sie einmal mit einem Thorium-Element von nur einem Millimeter Größe in Ihrer Lunge sehen. Fröhliche Ostern! Sie haben dann in 20 Jahren Lungenkrebs; da können Sie machen, was Sie wollen. Und es ist nur ein Teilchen, ein Teilchen Beta-Strahler! – Ich rede nicht von Alpha-Strahlern, ich rede nur von Beta-Strahlern, die in Kohle enthalten sind.

Nehmen Sie als Beispiel Uran 235. Dieser Beta-Strahler strahlt beim Menschen auf 10 000 Zellen. Die reparieren sich laut Mediziner – ich bin keiner - bis zu 10 000-mal. Aber dann sind sie fertig. Aber das Ding strahlt noch 25 000 Jahre. - Dann kommen Sie mir hier mit Irrelevanz, dann kommen Sie mit Ausbreitungsberech-nungen, die nicht richtig sind!

Dann stelle jetzt ich eine Forderung. Ich habe vorhin mitbekommen: 169 m - was auch wir berechnet haben. Neue Berechnung: 133 m. Das heißt, die Berechnungen werden immer so gemacht, dass die Irrelevanz gegeben ist. Ihre Berechnungen beruhen ja auf den 169 m. Oder ist

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das falsch? Ich möchte von Ihnen eine Berechnung auf 133 m haben. Wenn Sie 133 m nehmen, sind Sie bei einigen Stoffen garantiert oberhalb der Irrelevanzgrenze. Damit können wir das Verfahren hier eigentlich beenden. Oder Sie legen uns jetzt die Berechnungen für 133 m vor.

Wenn Sie das nicht gemacht haben und wenn der Fachmann bestätigt, dass die Höhe richtig ist, dann liegen Sie falsch. Wenn Sie aber falsch liegen, müssen wir die Geschichte hier eigentlich beenden.

Sie sagen dann: Es gibt nur ein Gewerbegebiet oder irgendein anderes Gebiet, das von PM 10 betroffen ist. Ich sage Ihnen: Bei einer Höhe von 133 m sind mehr betrof-fen. Vielleicht ist dann das ganze Wohngebiet von dieser Irrelevanz betroffen. Wenn Sie dann den inneren Bereich von einem Prozent in der Innenstadt von Mannheim nehmen, sage ich Ihnen voraus, dass Sie auch da einen Treffer landen. Dann können Sie die Anlage eigentlich jetzt schon vergessen.

Genau das ist der Trick dieser Rechnereien, die Sie hier ständig machen. Die Grundlage sind immer Rechne-reien. Die gesamte Immissionsprognose besteht aus diesen Rechnereien. Aber die bezweifele ich genauso wie Gödeke. Da werden vielerlei Sachtricks versucht.

Sie vom Regierungspräsidium fahren doch selber hier vorbei; Sie sehen doch die Emissionsfahnen! Sie müssten doch selber ein Interesse haben, dass hier kontinuierlich gemessen wird. Warum gibt es hier keine Messstation? Das kann doch gar nicht wahr sein!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich habe gehört, dass Sie kein Dioxin messen. Dabei haben Sie eine Müllverbrennungsanlage. Von Karlsruhe bekommen Sie 80 000 t! Da würden wir Karlsruher aber Zoff machen ohne Ende. Wir haben in Karlsruhe Müll-verbrennungsanlagen wegen des Dioxins verhindert, indem wir gesagt haben: Wie hoch ist die Vorbelastung? Wir haben schon eine Raffinerie.

Es gibt dasselbe Spiel drüben in Ludwigshafen. Wie ist denn die Ausbreitungsrichtung der Emissionen? Ich denke, die ist Südwest. – Ich habe gerade gelernt: Die ist immer Südwest hier bei uns, selbstverständlich. Diese Kraftwerke stehen immer falsch. Und Ludwigshafen steht noch falscher. Da haben sie Dioxin.

Sie haben hier keine Ist-Messung für Dioxin und gehen dann in dieses Verfahren! Ich glaube, ich spinne! Das kann doch nicht wahr sein! Sie müssen eine Ist-Messung haben. Das RP muss eine Ist-Messung verlangen, und zwar über ein Jahr - mindestens! Sie können nicht den Tag x nehmen und sagen: Das ist ein repräsentativer Tag. Sie müssen einen Tag nehmen, wo bei der BASF viel-leicht etwas schiefgelaufen ist, wo bei der Müllverbren-nungsanlage vielleicht ein Riss in der Filteranlage aufge-treten ist.

Dann wollen wir einmal sehen, wie die Werte hier sind und ob Sie dann noch sagen, Herr Dr. Wind: irrelevant. Ich würde sagen: nach Gesetz oder nach meinen Rechnun-gen vielleicht irrelevant. Das würde die Sache ein biss-chen eingrenzen. Aber sich hier hinzustellen und einfach zu sagen: „irrelevant“ – ich hab es Ihnen zitiert -, das halte ich für eine Frechheit.

Jetzt hätte ich gerne noch gewusst – es ist ja eine Vertreterin von der Gesundheitsbehörde der Stadt Mann-heim hier -: Sehen Sie das genauso wie die Frau Schmid-Adelmann vom Regierungspräsidium Karlsruhe, oder sehen Sie das anders?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Engler-Thümmel, Fachbereich Gesundheit, Stadt Mann-heim. - Die Wirkung ist bekannt und wird auch gar nicht bestritten.

Ich betrachte das hier von der anderen Seite, und zwar von der Wirkungsseite auf die Bevölkerung. In Mannheim nehmen wir an dem Projekt „Beobachtungs-gesundheitsamt“ teil, das seit 1992 die interne Belastung bei den Viertklässlern misst. Das ist die eine Schiene, über die wir beurteilen. Die andere Schiene ist auch Ihnen bekannt: Das sind Sterberaten bzw. Mortalitätsraten.

Ich will jetzt nur aus dem Beobachtungsgesundheits-amt berichten. Es geht jetzt um Belastungen im Blut von Kindern. Dort wurden Dioxin und PCBs gemessen. Dazu kann man sagen, dass über die Jahre die interne Belas-tung der Kinder heruntergegangen ist.

Es wurden dort ein ländliches Gebiet – Aulendorf -, ein mittleres Gebiet, das etwas mehr belastet ist – Kehl -, und ein städtisches Gebiet – Mannheim - verglichen. Was Dioxin angeht, lag Mannheim – das kommt für Sie viel-leicht überraschend - bei diesen drei Gebieten immer an der untersten Grenze. Seit 1992 wurde immer im Abstand von zwei bis drei Jahren gemessen. Die Belastung ist insgesamt zurückgegangen. - Das zum Dioxin.

Es wurde auch schon über die Atemwegserkrankun-gen gesprochen. Das, was man hier im Bereich der Beobachtungsgesundheitsämter gesehen hat, ist vielleicht für viele ebenfalls überraschend: Die Zahl der Atemwegs-erkrankungen ist zwischen dem ländlichen und dem städtischen Gebiet nicht unterschiedlich gewesen. Die Allergiehäufigkeit war im ländlichen Gebiet deutlich höher als im städtischen Gebiet.

Insofern – ich will jetzt nicht behaupten, dass wir hier in einem Luftkurort leben – ist die Belastung so, wie wir sie in Deutschland allgemein in städtischen Gebieten beo-bachten.

Bei dem, was wir von der Wirkungsseite her wissen, kommt es mir ein bisschen so vor, als wolle man mit den

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Äußerungen, die hier getan werden, etwas Angst machen. Die Wirkungen lassen sich anhand der Untersuchungen nicht bestätigen.

(Block [BUND]: Die Toten sind also erfun-den, oder was?)

- Nein, die Toten sind natürlich nicht erfunden. Aber wir haben in Baden-Württemberg tatsächlich die höchste Lebenserwartung in Deutschland überhaupt. Wir haben in Mannheim eine um zwei Jahre kürzere Lebenserwartung. Die haben wir aber auch in Stuttgart, in Karlsruhe und vielen anderen Stadtgebieten.

(Block [BUND]: Zwei Jahre im Durchschnitt! Überlegen Sie mal, was das heißt! Im Durchschnitt!)

Was man auch einmal sagen muss: Die Hauptrisiken für die Gesundheit sind tatsächlich Armut, Bewegungs-mangel und Fehlernährung. Diese Risiken sind in der Fachwelt tatsächlich unbestritten. Wenn man an diesem Punkt ansetzt, wird man wesentlich mehr erreichen.

(Herr Block [BUND] meldet sich zu Wort)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn, Herr Block, dann direkt dazu, weil der Herr Utten-dorf, Herr Gebhardt und Herr Gödeke schon länger warten.

Block (BUND): Natürlich! Aber ich meine, man kann so etwas nicht einfach stehen lassen. Warum gibt es dann eine Umwelt-zone in Mannheim? Warum haben Sie die überhaupt eingerichtet? Dann richten Sie doch lieber ein paar Jog-gingstrecken, Laufpfade oder was auch immer ein; das ist dann doch sehr viel sinnvoller. Wir müssen der Politik wohl sagen: Da wird ein X für ein U vorgemacht.

Jetzt möchte ich gerne einmal wissen: Wie belastbar sind Ihre Daten? Zwei Jahre geringere Lebenserwartung - ich weiß, dass es in Karlsruhe zweieinhalb Jahre sind –als der Durchschnitt der Bevölkerung ist immens viel. Es ist immens viel, wenn die Lebenserwartung in Karlsruhe oder Mannheim zweieinhalb Jahre niedriger ist.

Es geht hier ja nur darum, welche Alternative wir hät-ten. Wir würden Ihnen ein Kraftwerk hierhin bauen ohne diese Stäube und ohne dass hier die Lichter ausgehen, und zwar ein Gasturbinenkraftwerk. Um nichts anderes geht es uns.

Sie müssten nach meiner Ansicht eigentlich sagen: Aus gesundheitlicher Sicht ist die Minimierung von Fein-stäuben unbedingt notwendig.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Daraus ergibt sich ein Gasturbinenkraftwerk und nicht ein Kraftwerk, welches zusätzliche Feinstäube ausstößt – egal

in welcher Größenordnung; darüber streiten wir mit den Herren hier; das ist auch okay. - Das würde ich eigentlich von einer Gesundheitsbehörde erwarten, aus rein vorsorg-licher Sicht.

Aber man kann jetzt doch nicht z. B. sagen: Gewisse soziale Schichten rauchen, und deswegen haben sie selbstverständlich eine höhere Mortalität. Das ist meiner Ansicht nach nicht die richtige Herangehensweise an das Problem.

Noch einmal an die Politiker gerichtet: Dann dürften sie keine Umweltzone einrichten. Denn das, was diese 3000 oder 4000 Autos mit Dieselrußfiltern in der Innen-stadt weniger ausstoßen, kann man im Vergleich zu dem, was da oben herauskommt, vergessen.

Vielleicht hat jemand die Sendung gesehen, was beim TÜV eigentlich gemessen wird, nämlich nur, wie dreckig, wie schwarz der Dieselruß ist, aber nicht, welche Stäube hinten tatsächlich herauskommen. - Das ist wirklich nur Augenauswischerei mit Blick auf die 200 t Feinstäube, die da drüben herausgeblasen werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Uttendorf, Herr Gebhardt und Herr Gödeke.

(Gödeke [Sachbeistand]: Vielleicht sollten wir zu dem Tagesordnungspunkt zurück-kommen, bei dem wir waren! Es wird jetzt völlig gesprungen!)

Dr. Uttendorf (Einwender): Wir haben ein riesengroßes Gebiet angesprochen, und ich möchte mich einmal auf eines konzentrieren: auf die Meteorologie.

Ich habe es jetzt so verstanden, dass wir bei bestimm-ten Wetterlagen irgendwelche Kaltluftflüsse in den Rhein-graben haben. Ich habe auch erfahren, dass man für die Berechnungen diese AKTerm als Ausbreitungsklasse verwendet. Aber in dieser AKTerm ist mehr drin: Da ist z. B. auch die Schichtdicke drin. Wie haben Sie die denn gemessen?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Die Mischungsschichthöhe definiert sich aus diesen Parametern über die Ausbreitungsklasse. Sie können anhand des Anhangs 3 in der TA Luft die Mischungs-schichthöhe bestimmen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Die haben Sie nicht gemessen?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Nein, die brauche ich nicht zu messen. Im Verfahren der TA Luft ist gerade geregelt, dass das über die Ausbrei-

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tungsklassen gesteuert wird. Und die Ausbreitungsklassen werden aus den Bewölkungsklassen hergeleitet. Das ist Stand der TA Luft, mehr nicht.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das stimmt ja. Das wird ja in die AKTerm eingegeben. Aber es wird zusätzlich die Schichtdicke eingegeben. Wo kriegen Sie die her?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Eine Schichtdicke wird nicht eingegeben. Welche Schicht-decke denn?

Dr. Uttendorf (Einwender): Natürlich, die wird eingegeben! Soll ich es Ihnen zeigen?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Aus dieser AKTerm oder AKS und weiteren abgeleiteten Größen, die in der TA Luft stehen, werden für dieses Partikelmodell die benötigten Grenzschichtprofile gestrickt. Darin haben Sie alle relevanten Größen. Sie brauchen aus dem Anhang 3 der TA Luft die Nr. 8.2, die Windrichtung in 100 m Höhe, Sie brauchen die Nr. 8.3, die Monin-Obukhov-Länge, 8.4, die Mischungsschichthöhe, 8.5, die Rauhigkeitslänge, und 8.6, die Verdrängungshöhe. Dann können Sie praktisch die benötigten Grenzschichten - -

Dr. Uttendorf (Einwender): Und die Verdrängungshöhe messen Sie nicht?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Nein, die wird aus der Rauhigkeit berechnet. Das ist Verfahrensvorgabe in diesem Emissionsprogramm. Dann können Sie die benötigten Grenzschichtprofile für Ihr AUSTAL2000 oder das angeschlossene Modell praktisch ermitteln.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay, lassen wir es mal so. - Jetzt zu Ihrer Berechnung mit WinAUSTAL - da muss ich etwas tiefer gehen -: Wenn Sie solche Berechnungen machen, dann müssen Sie die vier Navier-Stokes-Gleichungen lösen, nämlich die Diffe-renzialgleichungen zur Erhaltung der Masse, des Impul-ses, der Energie und der Stoffe. Die können Sie allerdings nicht analytisch lösen, sondern Sie müssen das numerisch machen.

Das macht man so - wie auch in WinAUSTAL -, dass man ein Netz ausbreitet und dann linear den Inhalt der Netze berechnet. Man sagt: Der Ausgang einer Netzma-sche ist der Eingang der nächsten Netzmasche.

Jetzt gibt es zwei Verfahren, wie ich das Ganze an-wenden kann: Wenn ich davon ausgehen kann, dass das Ganze rückwirkungsfrei ist, kann ich mit einem Finite-Differenzen-Verfahren darangehen. - Ich vermute, das WinAUSTAL arbeitet so. Aber wenn ich Kaltflüsse habe,

müsste ich eine Finite-Elemente-Methode machen. Und das kann WinAUSTAL nicht.

Garve (Deutscher Wetterdienst): Das ist jetzt eine fachliche Diskussion. Es geht hier darum, ein Genehmigungsverfahren, ich sage einmal, sachge-recht ablaufen zu lassen. Dazu macht die TA Luft Vorga-ben, mit welchen Modellen zu rechnen ist. Man kann sich lange streiten, ob die Modelle ausgereift sind oder nicht.

Übrigens noch einmal: Der Deutsche Wetterdienst macht keine Ausbreitungsrechnung. Wir liefern diesen Input in Form dieser Meteorologie für die Ausbreitungs-rechnung.

Dr. Uttendorf (Einwender): Gut, das eine bedingt das andere. Aber das Problem ist: Die TA Luft sagt zwar, so und so ist zu rechnen; aber sie hat eine Öffnungsklausel in besonderen Situationen. Und wir haben hier eine besondere Situation.

Das andere Thema, das hier noch angeschnitten wur-de, ist sozusagen die andere Sicht, wie es auch das Gesundheitsamt formuliert hat: Was hat das denn für Folgen? Dazu gibt es auch ein Gutachten von Herrn Professor Eikmann. Das ist aber, glaube ich, nicht Ge-genstand dieses Genehmigungsverfahrens. Das ist ein sehr interessantes Gutachten. Es besteht aus 225 Seiten, wovon sich zehn Seiten mit Mannheim beschäftigen. Der Rest ist nur eine leichte, lockere Diskussion mit Textbau-steinen, welche Gesetze zur Anwendung kommen, was sich historisch entwickelt hat usw. Wie gesagt, nur auf knapp zehn Seiten sagt dieses humantoxikologische Gutachten etwas zu Mannheim.

Der Gutachter beruft sich dann im Rest auf einen Herrn Gaudecker, der auch eine entsprechende Lebens-erwartung berechnet hat. In diesem Fall sagt er: Mann-heim und Karlsruhe haben drei Jahre verminderte Le-benserwartung.

Das Problem, das wir auch hier gehört haben, ist: Wir reden über Mannheim. Mannheim ist ein riesengroßes Gebiet. Bei der Ausbreitungsberechnung müssten wir über Stadtteile reden. Das ist aber nicht der Fall.

Hinzu kommt noch – ich habe das Thema schon ein-mal angeschnitten -: Wir reden von Beurteilungspunkten. Aber dummerweise haben wir gerade beim kritischen Aufpunkt keinen Beurteilungspunkt. Deswegen lautet mein Antrag, auch da einen Beurteilungspunkt hineinzuneh-men.

Ich möchte so weit gehen und beantragen, dass wir dort auch eine Messstation für Staub installieren, und zwar mit halbstündiger Festhaltung. Das ist mein Antrag.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern.)

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Wind, direkt dazu.

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich möchte noch einmal klarstellen: Am Punkt der höchs-ten Zusatzbelastung im Rechengebiet brauchen wir keinen zusätzlichen Beurteilungspunkt, weil der extra in der Ausbreitungsrechnung ausgewiesen wird. Die maxi-male Zusatzbelastung heißt da mit anderen Worten: Rundrum sind alle Werte niedriger. Selbst an diesem maximalen Punkt sind alle Schadstoffe irrelevant.

Dr. Uttendorf (Einwender): Darf ich etwas zum Irrelevanten sagen? Sie rechnen nach TA Luft mit Jahresmittelwerten. Nehmen wir einmal ein Beispiel - vielleicht ist das zum Lachen; aber wie auch immer -: Wenn ich mir eine Zyankalikapsel verabreiche, dann erreicht das nach TA Luft wahrscheinlich nicht den Jahresmittelwert. Aber ich bin tot. - Genau diese Logik steht auch hier dahinter. Das ist ein echter Missbrauch der Statistik, was Sie machen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, Herr Gödeke, Frau McCloskey und Herr Fojkar.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich würde gerne noch einmal auf das eigentliche Ausbrei-tungsmodell zurückkommen und auf die Frage, inwieweit sich das herangezogene Ausbreitungsmodell hier eignet.

Das Problem ist offensichtlich, dass man im Rheintal sehr häufig Inversionswetterlagen hat. – Sie haben die Zahl von Herrn Gödeke bestätigt, dass es ungefähr 225 Inversionswetterlagen - wenn es 200 oder 250 sind, ist mir das letztendlich egal; jedenfalls sind es viele. Wir haben hier sehr häufig Inversionssituationen.

An dem Modell AUSTAL finde ich Folgendes ein biss-chen problematisch: Zwar wird in diesem Modell AUSTAL auch eine Inversionswetterlage eingestellt und die Mi-schungsschichthöhen sind ebenfalls drin, aber die sind nach meiner Erkenntnis in diesem Modell fest implemen-tiert. Das heißt, es sind bestimmte Mischungsschichthö-hen im Modell AUSTAL2000 vorgegeben, und die können nach meinen Kenntnissen nicht verifiziert werden - bzw. werden, wenn man es kann, in der Regel nicht verifiziert. Ich glaube, das ist auch hier nicht gemacht worden.

Das Problem ist ja, dass man meistens keine direkten Messdaten von der Mischungsschichthöhe hat. Denn diese Messungen sind sehr aufwendig. Ich kann mich an das Verfahren beim Erörterungstermin in Mainz erinnern. Da hatte man Messdaten von den Mischungsschichthö-hen, und dort musste man feststellen, dass es erhebliche Unterschiede zwischen dem gab, was bei AUSTAL

gerechnet wurde, und dem, was tatsächlich an Inversi-onshöhe - also, platt ausgedrückt: als Deckel - messtech-nisch vor Ort ermittelt wurde.

Ich bin der Auffassung, dass das Modell AUSTAL ganz erhebliche Grenzen hat. Gerade bei Ausbreitungssituatio-nen mit häufigen Inversionswetterlagen oder mit häufig niedrigen Windgeschwindigkeiten stößt es an seine Grenzen. Es gibt unter Umständen Modelle, die bei solchen Ausbreitungsbedingungen besser geeignet sind.

Ich möchte das einmal an einem Beispiel erläutern: Bei einer Inversionswetterlage, Deckel in 300 m Höhe über dem Tal, sieht jeder Laie, was passiert. Wir haben zum Beispiel im Winter bei Hochdruckwetterlage eine ganz klassische Inversionswetterlage. Was passiert in so einer Situation tatsächlich? - Man hat Smog. Es gibt eine typische Smogsituation, d. h. eine Anreicherung von Schadstoffen auch in bodennahen Schichten.

Woher kommen diese Schadstoffanreichungen? Die müssen irgendwoher kommen. - Die kommen von der Industrie, und die kommen vom Kfz-Verkehr. Man spricht auch von austauscharmen Wetterlagen. Das heißt, wir haben keine Turbulenzen in der Atmosphäre, sprich: die Schadstoffe können nicht vermischt werden und in höhere atmosphärische Schichten getragen werden. Wir haben also bei einer solchen Situation eine sehr hohe Belastung; das weiß jeder.

Was macht ein Rechenmodell wie z. B. AUSTAL in einer solchen Situation? - AUSTAL rechnet folgenderma-ßen: Wir haben wenige Turbulenzen in der Atmosphäre, und die Abgase steigen nach oben. Im Winter, wenn es kalt ist, steigt natürlich die warme Abgasfahne hoch, kommt oben an die Schicht und wird ausgetragen.

Sie können das in verschiedenen Fachpublikationen nachlesen: Die geringsten Zusatzbelastungen werden in solchen Modellen bei genau solchen Wetterlagen ermittelt. Dann frage ich mich jetzt: Muss man nicht von einem Versagen solcher Modelle sprechen, wenn Sie bei genau den Wettersituationen, in denen eigentlich die höchsten Belastungen zu erwarten sind, die niedrigsten Zusatzbe-lastungen prognostizieren? Sind dann solche Modelle hier tatsächlich sinnvoll anzuwenden?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Vielleicht einmal die Frage an die Herren vom Deut-schen Wetterdienst: Liege ich da jetzt ganz falsch mit meinen Überlegungen, oder können Sie das zumindest in Teilpunkten bestätigen?

Garve (Deutscher Wetterdienst): Die Mischungsschichthöhe ist in dem Modell nicht fest verdrahtet. Im Anhang 3 der TA Luft kann man unter der Nr. 8.5, Formel 4, nachlesen und nachrechnen, dass diese Mischungsschichthöhe variabel ist. Bei den Ausbrei-

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tungsklassen 1 und 2 liegt sie mindestens unter 800 m. Dann hängt es eben von der Mischungsschichthöhe und der Rauhigkeit ab, wie hoch ich sie simuliere. - Aber das ist ein Problem der Modellrechnung. Es ist hier jetzt nicht der Streit über AUSTAL2000 auszudiskutieren. Das wäre ein Thema für eine Fachtagung.

Gebhardt (Sachbeistand): So leicht, finde ich, sollten wir es uns nicht machen. Ich wiederhole meine Frage.

Mir geht es jetzt weniger darum – natürlich kann man sich auch darüber streiten -, inwieweit diese Mischungs-schichthöhen im Modell fest implementiert sind. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sie zu variieren. Aber nach meiner Erkenntnis sind sie in der Regel relativ starr festgelegt. Zumindest ist das im Verfahren in Mainz so dargestellt worden. - Aber darum geht es mir jetzt nicht primär.

Mir geht es primär um das Beispiel, das ich zum Schluss aufgeworfen habe: Wir haben die Ausbreitungssi-tuation einer klassischen Inversionswetterlage, und jeder Mensch sieht, dass hohe Schadstoffkonzentrationen in der Atemluft die Folge sind. Auf der anderen Seite gibt es das Phänomen, dass ein Ausbreitungsmodell bei so einer Wetterlage genau das Gegenteil prognostiziert, nämlich die geringsten Zusatzbelastungen, zumindest im Untersu-chungsgebiet. Diesen Widerspruch gilt es für mich zu klären. Deswegen noch einmal meine Frage an Sie: Sehen Sie das ähnlich? Oder widersprechen Sie mir jetzt grundsätzlich, dass es dieses Problem hier gibt?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Bläsing.

Bläsing (Deutscher Wetterdienst): Natürlich kann in Einzelfällen bei stabilen Inversionswet-terlagen das, was Sie geschildert haben, auftreten. Aber das ist nicht Aufgabe von AUSTAL2000, das für einzelne Stunden nachzuweisen.

Diese Wetterlagen zeichnen sich durch eine sehr hohe Stabilität aus. Der Austausch nach oben ist durch den Inversionsdeckel unterbunden; das hatten Sie so gesagt, und das ist auch völlig richtig. Aber genauso wenig kann sich die Abwärme, wenn sie nach oben steigt, gedeckelt wird und entlang dieser Schicht zieht, nach unten ausbrei-ten.

Das führt zu dem Phänomen, dass in Einzelfällen die Zusatzbelastungen bei solchen Wetterlagen geringer als bei guten Austauschlagen sein können, wo die Abgasfah-ne auch mal nach unten aufschlägt. Das ist unstrittig, das ist sogar in Meyers Lexikon der Meteorologie in der Abbildung über Ausbreitungsfahnen zu sehen. Da kann man sehr schön erkennen, dass in labilen Fällen, wo es an sich aufgrund einer guten Durchmischung nur geringe Zusatzbelastungen gibt, an einzelnen Punkten für ganz

kurze Zeit durchaus sehr hohe Konzentrationen auftreten können.

Was Sie geschildert haben, ist genau das Gegenteil. Die Schicht ist stabil, und die Abwärme bleibt oben. Sie kann nicht nach oben ausweichen, aber genauso wenig nach unten absinken.

Verhandlungsleiterin Salchow: So interessant die Fachdiskussion auch ist, Herr Geb-hardt - -

Gebhardt (Sachbeistand): Noch eine Anmerkung dazu: Nichtsdestotrotz ist das natürlich ein Problem: Die Leute hier schütteln natürlich den Kopf, wenn Sie sagen: Dieses Modell sagt insbeson-dere bei solchen austauscharmen Wetterlagen sehr niedrige Zusatzbelastungen voraus. Die Eignung des Modells AUSTAL2000 ist doch grundsätzlich anerkannt; das ist klar.

Verhandlungsleiterin Salchow: So ist es.

Gebhardt (Sachbeistand): Fast jeder rechnet mit AUSTAL2000. Trotzdem möchte ich es für diese spezielle Situation und für diese speziellen meteorologischen Verhältnisse, die wir hier vorliegen haben, in Frage stellen. Ich möchte, um das zu begrün-den, ein weiteres Beispiel nennen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr - -

Gebhardt (Sachbeistand): Es ist mir aber sehr wichtig. Frau Salchow, das ist jetzt wirklich sehr wichtig.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es bleibt Ihnen unbenommen, das Modell in Frage zu stellen: Das wird ins Protokoll aufgenommen. Wir können das Problem heute weder mit den Herren vom meteorolo-gischen Dienst noch vielleicht mit dem Herrn Ahrens von der LUBW in einer für Sie befriedigenden Form lösen. Da nützen auch weitere Beispiele nichts. Wir haben es verstanden, was Sie uns herüberbringen wollen.

Gebhardt (Sachbeistand): Frau Salchow, es geht mir doch gar nicht darum, dass wir heute irgendein Problem lösen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja, den Eindruck habe ich auch.

Gebhardt (Sachbeistand): Nein, nein! Der Erörterungstermin ist auch dazu da, für die Genehmigungsbehörde einen Erkenntnisgewinn zu bringen. Genau dazu möchte ich hier beitragen. Deswe-

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gen möchte ich darum bitten, dass ich noch zu Ende ausführen kann.

Es gab Untersuchungen an der Universität in Graz, wo verschiedene Modelle, unter anderem auch AUSTAL, LASAT und noch ein drittes Modell von dem Modellent-wickler Schorling - AIR.LAG nannte sich dieses Modell; es heißt jetzt anders –, untersucht wurden. Man hat sozusa-gen anhand von bestimmten vorgegebenen Datensätzen Validierungsuntersuchungen durchgeführt.

Diese Studie hatte zum Ergebnis, dass man in der Re-gel – so empfehlen es diejenigen, die die Studie gemacht und geleitet haben – AUSTAL nehmen sollte, weil AUSTAL den tatsächlichen Gegebenheiten am nächsten kommt. Allerdings wird diese Empfehlung nicht für be-stimmte meteorologische Situationen ausgesprochen, insbesondere nicht für stabile Wetterlagen, insbesondere nicht für geringe Windgeschwindigkeiten. Genau diese Situationen haben wir hier relativ häufig, und genau für diese Fälle wird die Anwendung des Modells nicht emp-fohlen.

Vielmehr wird dann ein anderes Modell empfohlen: das Modell AIR.LAG von einem Modellentwickler Schor-ling aus der Nähe von München, weil dieses Modell in speziell diesen Ausbreitungssituationen bessere Ergeb-nisse gebracht hat.

Es ist mir ganz wichtig, das hier mit einzuführen. Ich weiß nicht, inwieweit, Frau Salchow, Sie darüber schon informiert sind. Das wird im Moment rauf und runter diskutiert.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ist dieses Modell bereits zugelassen? AUSTAL ist - -

Gebhardt (Sachbeistand): Was heißt hier zugelassen? AUSTAL entspricht den Anforderungen von der TA Luft, -

Verhandlungsleiterin Salchow: So ist es.

Gebhardt (Sachbeistand): - und es ist eine Validierung nach TA Luft durchgeführt worden. Zu dem Modell AIR.LAG liegt derzeit noch keine Validierung nach TA Luft vor. Aber wir können doch nicht deswegen wissenschaftliche Erkenntnisse in den Müllei-mer werfen und sagen: In allen Fällen muss AUSTAL angewendet werden, wenngleich Studien belegen, dass es in besonderen Situationen nicht zweckmäßig und nicht zielgerichtet ist, dieses Modell anzuwenden. - Das ist mir ganz wichtig, dass das ins Protokoll kommt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir werden das ins Protokoll hereinnehmen. Ich bitte Herrn Ahrens, wenn Sie möchten, dazu noch etwas zu sagen.

Dr. Ahrens (LUBW): Dieses Problem Graz! Sie verschweigen hier ziemlich viel. AUSTAL hat am besten abgeschnitten. Jedes Modell hat seine Fehler, jedes Modell hat seine Anwendungsgrenzen. Das Modell des Herrn Schorling rechnet Werte, die noch nie jemand nachgemessen hat, die nicht nachvollziehbar sind, die vollkommen absurd sind. Das haben Sie hier verschwiegen.

(Gebhardt [Sachbeistand]: Also, da muss ich jetzt einmal - -)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir führen jetzt keine Fachdiskussion, Herr Gebhardt. Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt jetzt abschließen. Wir sprechen jetzt nicht über Modelle der Berechnung, sondern wir reden über diesen Genehmigungsantrag. - Bitte, Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte wieder zur Stellungnahme des BUND und auf den Deutschen Wetterdienst zurückkommen.

Die QPR sollte ja für verschiedene Höhen gelten. Wir hatten auch eingewendet, dass es etwas schwierig ist, dazu Aussagen zu machen. Das Thema der Windrichtung und Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen war heute schon ansatzweise angerissen worden. Ich habe erläuternd dazu von Karlsruhe gesprochen, wo es einen hohen Messturm gibt, der in verschiedenen Höhen in Echtzeit Windrichtung und Windgeschwindigkeit misst. Da ist für konkrete Zeitpunkte keine Übereinstimmung oder Gesetzmäßigkeit erkennbar. Da geht der Wind mal in die eine Richtung, mal in die andere. Es ist kein direkter Bezug von Windrichtung und Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe zu anderen Zeitpunkten feststellbar.

Deswegen halte ich es für schwierig, dazu eine Aus-sage zu machen, ausgehend von so weit entfernten Wettermessstationen, von denen keine eine Messung in verschiedenen Höhen bis zur Kaminhöhe hat. Man kann nicht davon ausgehen, dass man nachvollziehbare Immis-sionswerte in der Rechnung bekommt, wenn man eine derart unsichere Datenlage hat.

Dazu hab ich noch die Frage: Wie kommt man - auch in Anbetracht der Kenntnis dieser Forschungsergebnisse aus Karlsruhe im Rheintal - seitens des Deutschen Wet-terdienstes zu einer belastbaren Aussage zu der Windrich-tung, der Windgeschwindigkeit und den Ausbreitungsklas-sen in verschiedenen Höhen? Die QPR soll ja – wenn ich es richtig verstanden habe – auch für verschiedene Höhen gelten.

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Noch einmal: Es gibt in Mannheim genauso wie in Karlsruhe besondere Verhältnisse. Sie haben im Prinzip anfangs selbst angesprochen, dass die Wetterstationen innerhalb Mannheims bzw. Ludwigshafens nicht miteinan-der vergleichbar sind. Wie kann man dann, wenn es da schon so große Unterschiede gibt und wenn zusätzlich an dem Ort keine Messdaten zu Windrichtung und Windge-schwindigkeit zur Verfügung stehen, Aussagen zu der Windrichtung und zu Windgeschwindigkeiten in einer Höhe machen? Ich kann nicht so ganz nachvollziehen, wie man da eine belastbare Aussage machen will.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Bläsing.

Bläsing (Deutscher Wetterdienst): Herr Gödeke, die von uns vorgelegte QPR ist zunächst einmal für die bodennahen Quellen bis 76 m – wenn ich mich recht entsinne – gültig. Die Wetterstation Mannheim steht repräsentativ und frei und ist eben nicht gestört, wie es bei einer Messung am Standort der Fall wäre.

Die Idee der Ausbreitungsrechnung ist ja die, dass ei-ne ungestörte Messung für das gesamte Gebiet repräsen-tativ ist. Das ist im Fall der Wetterstation Mannheim, wo der Mast auf freiem Feld steht, auch wirklich so. Davon wird auf das gestörte Gelände mit den entsprechenden, von der TA Luft vorgeschriebenen Modellen herunterge-rechnet, um die Umströmung der Gebäude usw. darzu-stellen. Das hat die Ausbreitungsrechnung zu liefern. - Das ist das eine, was wir gemacht haben.

Unabhängig davon gibt es weitergehende Hinweise darauf, dass die Strömung im Rheingraben nicht nur am Boden stark kanalisiert ist. Deshalb haben wir sehr identi-sche Messreihen. Es ist zwar richtig, dass im Stadtgebiet von Mannheim durch die Störungen an unterschiedlichen Punkten auch unterschiedliche Messreihen entstehen können. Aber insgesamt existiert im Oberrheingraben im ungestörten Gelände eine stark gebündelte Strömung, die durch die Kanalisierung hervorgerufen wird. Diese gilt auch für größere Höhen, wie das in Veröffentlichungen von z. B. Professor Fiedler und Professor Wippermann dargestellt worden ist.

Es gab Ende der Siebzigerjahre Radiosondenaufstiege im Rheintal, die gezeigt haben, dass die Kanalisierung in Abhängigkeit von der Schichtung sogar bis über das doppelte der begrenzenden Randhöhen hinausgehen kann. Zusätzlich sind Windrosen vorgelegt worden, die mit einem synthetischen Modell für ganz Baden-Württemberg gerechnet wurden. Die sind aber nicht von uns erstellt worden, sondern die sind uns vorgelegt worden. Sie zeigen, dass die Kanalisierung der Strömung auch nach diesem Modell hier im Rheintal greift und für die Ausbrei-tungsrechnung in größeren Höhen offensichtlich zu Grunde gelegt wurden.

Gödeke (Sachbeistand): Direkt dazu: Ich habe genau das kritisiert, dass an dem Vorhabensstandort diese sogenannten ungestörten Verhältnisse eben nicht so herrschen wie an der DWD-Messstation. Wie können Sie dann für den Vorhabens-standort, der in diesem Stadtgebiet liegt, wo von der DWD-Messstation völlig abweichende Verhältnisse sind - wie man an den Messstationen im Stadtgebiet erkennen kann -, eine belastbare Aussage machen? Das war die Frage.

Die Frage war nicht, ob die DWD-Station an der richti-gen Stelle steht. Es geht um die Windrichtung und Wind-geschwindigkeit in den verschiedenen Höhen, die für den Standort der Anlage gelten – nicht für den Standort Ihrer Wetterstation. Genau das fordern wir doch, dass eine Wetterstation an dem Standort der Anlage ist. Dann kann man auch eine belastbare Aussage machen. Die Frage war nicht, ob Ihre Wetterstation als DWD-Messstation an der richtigen Stelle ist. Diese Frage habe ich gar nicht gestellt. Vielmehr geht es um den Kamin des Kraftwerks bzw. die niedrigen Quellen des Kraftwerks.

Ich hatte weiterhin bereits angesprochen: Es kann ge-rade nicht mit einer synthetischen Windrose für Standorte wie Mannheim oder Karlsruhe Aussagen machen. In Karlsruhe sind die Messungen direkt vorgenommen worden. Da konnte das überprüft werden. Es ist festzustel-len, dass, wenn man die Echtzeitdaten, die gleichzeitigen Daten vergleicht, eben keine Übereinstimmung mit dem sozusagen synthetischen Modell vorhanden ist.

Das heißt, die Forderung bleibt nach wie vor - das wird hiermit auch beantragt -, dass eine neue Prognose mit Wetterdaten von vor Ort erstellt wird. - Die Planung läuft durchaus schon ein bisschen länger. Man hätte also schon Wetterdaten erheben und mit den umliegenden Stationen vergleichen können. Dann hätte man gesehen, welche Station tatsächlich am besten zutrifft. So ist das aus meiner Sicht, insbesondere wenn man die besonde-ren Verhältnisse in Mannheim berücksichtigt, ein Lotterie-Spiel.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, wir nehmen diesen Antrag ins Protokoll auf. Ich glaube, für die beiden Herren wird es Zeit. – Sind Sie noch ein bisschen da? – Gut.

Dann können wir in der Rednerliste fortschreiten. Jetzt wäre erst einmal Frau McCloskey dran und dann Herr Fojkar.

McCloskey (Einwenderin): Zu der Aussage von der Dame vom Gesundheitsamt: Ich bin entsetzt. Das mag seine Richtigkeit für zehnjährige Kinder haben. Es gibt aber auch Kleinkinder, Säuglinge usw. Die Kinderärzte – ich hatte es vorhin schon gesagt –

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hier in Mannheim und Umgebung sagen ganz eindeutig - die Kinderkliniken bestätigen dies auch -, dass hier z. B. Pseudokrupp und andere Krankheiten ganz stark verbrei-tet sind und ursächlich auf die Belastungen hier in dieser Region zurückzuführen sind. - Ich bin kein Arzt; ich kann das natürlich nicht bestätigen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey, dieses Thema kommt bei „Auswirkun-gen“. Ich möchte vorher noch diejenigen, die an die Meteorologen eine Frage haben - vielleicht Herr Fojkar und Herr Raufelder -, drannehmen. Ich komme dann beim nächsten Tagesordnungspunkt, bei den Auswirkungen, auf Sie zurück. Sie sind nicht vergessen.

(McCloskey [Einwenderin]: Gut, alles klar!)

Herr Fojkar.

Fojkar (Einwender): Als betroffener Bürger, der in Feudenheim lebt - das ist, wie schon mehrfach erwähnt, wohl eine kritische Entfer-nung zum Großkraftwerk -, möchte ich jetzt nach der fachlichen Diskussion feststellen, dass ich mir ein biss-chen die Claudia Kleinert nach den Tagesthemen herwün-sche. Sie kann mir nämlich zumindest sagen, wie sich laut ihrer Modellrechnungen in den nächsten Tagen die Temperatur um eine Großstadt herum entwickeln wird.

So wünsche ich mir als Bürger eine Aussage darüber, mit welchen Werten - von bis - ich zu rechnen habe, und nicht, dass im Durchschnitt die sogenannten Irrelevanz-grenzen nicht überschritten werden. Meines Erachtens ist bei den Prognosen im Grunde genommen nur zu sagen: Na ja, wenn die Irrelevanzgrenzen nicht überschritten werden, haben wir ja epidemiologisch nichts zu befürch-ten. - Dazu möchte ich nachher als Arzt noch einmal Stellung beziehen. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Raufelder.

Raufelder (Einwender): In Mannheim haben wir schon öfter Klimadaten und Prognosen aus anderen Projekten mitbekommen. Deswe-gen hat es mich sehr verwundert, dass man bei den gestörten Verhältnissen in Mannheim, wo diese Luftströ-me immer wieder unterbrochen werden, vor Ort keine Echtmessungen gemacht hat. Ich glaube, das wäre der richtige Weg gewesen, um diese Inversionswetterlagen richtig zu bewerten. - Das macht man übrigens schon bei den Prognosen, die bei der BImSchV zugelassen sind.

Deswegen bitte ich noch einmal um die Unterstützung des Antrages vom BUND, dass man die Messergebnisse vor Ort noch einmal nachmisst, dass man auch die Inver-

sionstage noch einmal deutlich herausarbeitet, weil das gerade für den Standort Neckarau, aber auch für Altrip wichtig ist. Wir haben in Altrip einmal eine Untersuchung mitbekommen, dass es dort große Probleme gibt, weil große Inversionsschwaden auf diesen Altriper Stadtteil niedergehen.

Daher wäre es ganz gut, wenn man diese Messungen noch einmal nachprüfen würde und letztendlich auch für diese Bereiche Prognosewerte ermitteln könnte, wie man sie schon von anderen Untersuchungen hat. Es gibt ja Untersuchungen aus dem Maßnahmenkatalog des Luft-reinhalteplans, die man mit einbeziehen könnte. Ich glaube, das wäre ganz wichtig. So etwas ist in dieser Form noch nicht passiert, und das wäre mein ganz großer Wunsch. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, wir werden das dem Protokoll entsprechend dann abarbeiten. - Herr Dr. Uttendorf, Herr Gebhardt und dann Herr Rahner.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich habe nur eine kurze Frage: Soweit ich mich erinnere, war im Antrag eine Windrose, wobei die Hauptrichtung des Windes Nordsüd mit Ausprägung in Süd-Richtung war. Aber die WinAUSTAL-Berechnungen zeigen, dass sich die Abgasfahne völlig gedreht hat und jetzt in Nord-nordost-Richtung weht. Wie ist das möglich? Liegt das an der Corioliskraft oder woran auch immer? Ich weiß es nicht. Es klingt mir aber unlogisch. Auf einmal gibt es praktisch einen 180-Grad-Schwenk.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Bläsing und Herr Dr. Wind.

Bläsing (Deutscher Wetterdienst): Das ist Sache der Ausbreitungsrechnung.

(Heiterkeit und Beifall bei den Einwenderin-nen und Einwendern)

- Ich sage noch einmal: Wir haben AUSTAL2000 nicht angewandt.

Dr. Wind (Antragstellerin): Diese leichte Rechtsdrehung im Vergleich zwischen Windrose und Ausbreitung ist im Modell AUSTAL2000 bzw. im Anhang 3 der TA Luft hinterlegt. Da ist eine Rechtsdrehung entsprechend der Wirkung der Corio-liskraft vorgesehen. Darüber bekommt man dann diese leichte Rechtsdrehung. Das erkennen Sie auch, wenn Sie die Windrose mit den entsprechenden Grafiken in der Immissionsprognose vergleichen.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich würde gerne ganz kurz noch einmal auf die beiden Stellungnahmen von Herrn Dr. Bigalke und auch von Herrn Rühling zu der Frage eingehen: Welche Windver-hältnisse und Ausbreitungsverhältnisse haben wir eigent-lich über dem Rheintal? Können die großräumigen Aus-breitungsverhältnisse, also insbesondere die Südwest-Strömung, die man in Deutschland generell hat, die Abgasausbreitung hier im Rheintal beeinflussen oder können Sie das nicht, und welche anderen Effekte spielen hier noch eine Rolle?

Beide Stellungnahmen kommen ja zu dem Ergebnis, dass es keine Beeinflussungen gibt. Das war aber für mich nicht ganz nachvollziehbar. Insbesondere die Aus-führungen vom Herrn Bigalke waren für mich nicht so ganz nachvollziehbar. Er sagt einerseits, wir könnten ab einer Höhe von 171 m eigentlich nicht viel sagen, weil uns darüber die Daten fehlten. Deswegen bemüht er syntheti-sche Windrosen von Neckargemünd, um damit zu bestäti-gen, dass bei einer solchen Tallage – Neckargemünd liegt nicht im Rheintal, aber in einem anderen Tal – erst ab einer bestimmten Höhe ein Einfluss eines überregionalen Windfeldes vorhanden ist.

Wenn ich mir diese synthetischen Windrosen an-schaue, stelle ich fest, dass ein Einfluss des überregiona-len Windfeldes bereits da zu erkennen ist, wo die niedrige-ren Bereiche der Höhenzüge beginnen. Das wäre also für Neckargemünd in einer Höhe über dem Boden von ca. 121 m. Im Rheintal wären wir dann irgendwo in einem Bereich von 200 m. - So verstehe ich diese synthetischen Windrosen vom Herrn Bigalke.

Das würde aber nach meiner Auffassung bedeuten: Wenn ich jetzt einen 180 m hohen Schornstein mit einer Abgasfahnenüberhöhung und einer thermischen Überhö-hung von, sagen wir einmal: 50 m habe, dann sind wir bereits in dem Bereich, wo die Abgasfahne schon von dieser südwestlichen Strömung beeinflusst wird. Das sehe ich in dieser Immissionsprognose aber nicht abgebildet.

Der Hintergrund ist, dass ich die Befürchtung habe, es könnte durchaus passieren, dass hier die westlichen und südwestlichen Strömungen sehr wohl einen Einfluss haben und dazu führen, dass die Abgasfahne Richtung Nordosten abgedrängt wird, dort auf die Berghänge trifft und zu entsprechenden Zusatzbelastungen führt, die so nicht dokumentiert werden. Die wären zwar außerhalb des Untersuchungsgebietes - gar keine Frage -, aber sie sind ja trotzdem da. Deswegen kann ich, wie gesagt, die Ausführungen von Herrn Rühling bzw. Herrn Bigalke nicht so ganz nachvollziehen.

Ich möchte noch hinzufügen, dass es in den 80er- o-der 90er-Jahren eine Untersuchung von einem Herrn Professor Groß zu den meteorologischen Ausbreitungs-

bedingungen im Rheintal gegeben hat. Da wurde einer-seits diese Nordsüd-Strömung festgestellt, andererseits auch, bedingt durch die übergeordneten Winde, eine Art Rotor, der ins Rheintal hinuntergeht. Das leuchtet auch ein. Diesen Rotor sehe ich allerdings bislang in diesen Berechnungen überhaupt noch nicht berücksichtigt.

Rau (Antragstellerin): Mein Name ist Rau für die Arbeitsgemeinschaft Bigal-ke/Ingeneurbüro Rau. - Herr Gebhardt, Sie haben einen Punkt nicht richtig verstanden. Ich versuche einmal, das ein bisschen zu erläutern.

Wie Herr Dr. Bläsing vorhin sagte, bestand die Aufga-be unserer Arbeitsgemeinschaft tatsächlich darin, zu prüfen, wie sich der Wind mit der Höhe entwickelt, weil Messungen der DWD-Station nur in 10 m Höhe vorliegen. Wir haben in Mannheim nicht die Datenlage wie bei-spielsweise in Karlsruhe, was auch schon erwähnt wurde, und keinen Messmast, von dem detaillierte Windinformati-onen über größere Höhen vorliegen.

Es gibt aber, wie Herr Dr. Bläsing vorhin ansprach, synthetische Windfeldberechnungen, die im Auftrag der LUBW in den Jahren 2002 bis 2007 für Baden-Württemberg insgesamt durchgeführt wurden. Das sind sehr komplexe Modellrechnungen unter Verwendung von zehnjährigen Höhenwinddaten und unter Berücksichtigung der Topographie, der thermischen Situation und der Rauhigkeitsstruktur im bodennahen Bereich. Daraus sind in einem 500-Meter-Raster, für ganz Baden-Württemberg verfügbar - die Daten sind auch im Internet verfügbar -, Windstatistiken erstellt worden - alle 500 m, also quasi 160 000 in Baden-Württemberg.

Diese Daten wurden herangezogen und jetzt für unter-schiedliche Höhen ausgewertet. Die Aufgabe bestand damals darin, bodennahe Windstatistiken in 10 m Höhe zu erzeugen, weil das sehr häufige Anwendungsfälle sind. Wir konnten das allerdings nur bis in eine Höhe von 180 m machen, wie Sie richtig gesagt haben, weil die Daten der größeren Höhen damals nicht abgespeichert wurden, da die Aufgabe eine andere war. Deswegen waren wir gezwungen, mit diesem Datenmaterial zu arbeiten.

Der erste Schritt war, dass wir quasi für zehn, zwölf Höhen – ich glaube, in 20-m-Schritten – die Statistiken berechnet haben. Sie sehen im Rheintal ganz deutlich die durch die Randhöhen - 200 bis 400 m über dem Rheintal - ausgeprägte Kanalisierung in Nord-Süd-Richtung. Natür-lich gibt es auch gewisse Anteile in Ost-West-Richtung. Das ersehen Sie aus den Windstatistiken. Sie sehen sehr schön die leichte coriolisbedingte Drehung bei den oberen Höhen: 170, 180 m - ungefähr 20, 25 Grad im Mittel.

Die Aufgabe war darzustellen, wie sich die Sache mit der Höhe entwickelt. Wir waren, wie gesagt, auf 180 m begrenzt. Deshalb wurde einfach als Beispiel die Neckar-gemünd-Situation gezeigt - ein viel engeres Tal mit unge-fähr 120 bis 130 m niedrigeren Randhöhen im Vergleich

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zum Talgrund. Da sieht man, dass zunächst eine talparal-lele Ausrichtung vorhanden ist, dann oberhalb des Tales aber langsam in die andere Richtung ausgeschwenkt wird.

Wir können auf Grund dieser synthetischen Windsta-tistiken nur sagen: Mit hoher Wahrscheinlichkeit und auf Grund unserer Erfahrung scheint eine starke Kanalisie-rung des Rheintals bis in eine Höhe von ca. 300 m über Talgrund ausgeprägt zu sein.

Es wurde deswegen im Nachklang zu dieser Untersu-chung noch eine Stellungnahme vom Ingenieurbüro Lohmeyer erstellt. Ich übergebe jetzt am besten an Herrn Rühling, damit er noch ein paar Worte dazu sagt.

Rühling (Antragstellerin): Unsere Aufgabe bestand darin, im Anschluss an diese Untersuchung, die auf Rechenergebnissen basiert, an-hand von Messdaten bzw. Untersuchungen, die in der Vergangenheit im Rheintal schon gelaufen waren, eine Aussage zur Höhe der Übergangszone zwischen der kanalisierten Strömung im Rheintal und der freien Strö-mung in der freien Atmosphäre abzuleiten.

Wir haben dafür zum einen die schon angesprochenen Daten vom Messmast beim Forschungszentrum Karlsruhe ausgewertet. Es zeigt sich für die Karlsruher Verhältnisse – das ist besonders wichtig -, dass die Unterschiede zwischen bodennahen Messungen und Messungen in 200 m Höhe über Grund sehr gering sind. Das heißt, dass in Karlsruhe mindestens bis 200 m über Grund die Kanali-sierung voll greift.

Das ist deshalb wichtig, weil bei Karlsruhe die östliche Begrenzung des Rheintals mit dem Kraichgau sehr niedrig ist. Das bedeutet, die Messungen in Karlsruhe zeigen eigentlich, dass mindestens bis in die Höhe der Randhö-hen die Kanalisierung durchgreift.

Herr Bläsing hat in seiner Stellungnahme schon ge-sagt: Es gibt ältere Untersuchungen des Meteorologischen Instituts in Karlsruhe, die in einer sehr umfassenden Messserie Vertikalaufstiege quer über das ganze Rheintal betrachtet haben. Diese Untersuchungen stammen vom Ende der 70er-Jahre. Damals wurde anhand konkreter Messungen festgestellt, dass diese Kanalisierung bei bestimmten Situationen deutlich über die Randhöhen hinaus ausgreift. Das heißt, es gibt eine kanalisierte Strömung bis zum Doppelten der Randhöhen, also bis zu 1000, 1200 m über NN.

Das bedeutet, dass der Ausbreitungspfad bei einem 180 m hohen Kamin praktisch weitestgehend in der kanalisierten Strömung stattfindet. Es gibt, wenn über-haupt, nur wenige Strömungen außerhalb der kanalisier-ten Strömung. Deshalb sind innerhalb der Anwendung des Modells AUSTAL2000 keine Unterschiede zu erwarten, wenn man annimmt, dass die 180 m Freisetzungshöhe plus Fahnenüberhöhung nicht wesentlich aus der kanali-sierten Strömung hinausgreift.

Es ist auch zu berücksichtigen: Wir bewerten ja bo-dennahe Zusatzbelastungen. Das heißt, es geht immer darum, was beim Rezeptor Mensch, Pflanze, Tier an-kommt. Die Ausbreitung der Schadstoffe erfolgt also innerhalb des Rheintals immer in der kanalisierten Strö-mung.

Die Situation, die Herr Gebhardt angesprochen hat, nämlich die Fahne könnte hochsteigen, sich drehen und dann praktisch Hangbereiche beaufschlagen, wird so nicht greifen, weil diese kanalisierte Strömung mindestens bis zu den Randhöhen reicht. Die Drehung erfolgt dann also erst oberhalb der Randhöhen. Deshalb ist eine Beauf-schlagung der Randhöhen sehr unwahrscheinlich, und die Auswirkungen sind praktisch nicht zu bewerten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Nun Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich würde das Thema wechseln. Deshalb wäre es mir lieber, wenn man Herrn Gebhardt vorlassen würde.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, dann wäre aber erst einmal der Herr dran, der vorhin neben Frau Risch saß.

Schurse (Einwender): Mein Name ist Thorsten Schurse. Ich bin Individual- und Sammeleinwender unter anderem von AKKU, dem Ar-beitskreis Klima und Umwelt von Sozialdemokraten in Mannheim.

Ich möchte auf die Schwadenbildung eingehen. In der allgemeinverständlichen Kurzbeschreibung wird ausge-führt, dass die Häufigkeit der Schwadenbildung durch den Betrieb der Nasszellenkühler auch unter extremen Bedin-gungen als niedrig einzustufen sei. Die Auswirkungen seien daher als unerheblich einzustufen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schurse, wir haben eben Herrn Rahner hintange-stellt, weil er freundlicherweise angekündigt hat, dass er das Thema wechselt. Sie sind jetzt ebenfalls bei einem ganz anderen Thema.

(Schurse [Einwender]: Na ja, das ist zumin-dest meteorologisch!)

- Dann würde ich doch sagen, dass wir zunächst Herrn Gebhardt zu diesem Thema nehmen und dann Sie.

(Schurse [Einwender]: Das können wir ger-ne machen!)

Gebhardt (Sachbeistand): Herr Rau, ich glaube schon, dass ich Ihre Ausführung richtig verstanden habe. Sie haben in Ihren Ausführungen letztendlich genau das wiederholt, was Sie auch in Ihrem

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Bericht stehen haben. Das ist ja auch nachvollziehbar. Aber vielleicht haben Sie mich ja nicht richtig verstanden. Ich versuche noch einmal, deutlich zu machen, was ich meinte.

Für das Rheintal haben Sie synthetische Windrosen vorgelegt, die leider nur bis einer Höhe von 171 m gehen. Wir haben Schornsteinmündungen von tatsächlich 180 m; mit Abgasfahnenüberhöhung sind wir im Bereich von 230 m. Das ist also ein bisschen problematisch. Hier kommen wir mit diesen Daten nicht richtig weiter.

Deswegen haben Sie jetzt, um einfach einen Analo-gieschluss zu ziehen – so habe ich Sie verstanden -, dieses Beispiel Neckargemünd gebracht. Wenn ich mir die synthetischen Windrosen dieses Beispiels Neckargemünd anschaue, sehe ich diese Drehung schon im Bereich der Randhöhen. Ich meine die Windrose auf der rechten Seite zur Höhe 112 m. Da fängt doch die Drehung dieser Windrose schon an.

Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass das dem, was der Herr Rühling gesagt hat, widerspricht. Herr Rühling hat ja erklärt, in dieser Höhe könnten wir diesen Einfluss noch nicht beobachten, wir hätten noch weit über 200 m – so habe ich Sie verstanden, Herr Rühling -, diese Nord-Süd-Strömung. Mir ist aufgefallen, dass sich das in keiner Weise mit den synthetischen Windrosen aus Neckargemünd deckt. - Das ist der erste Punkt. Das kam mir einfach komisch vor. Da widersprechen Sie sich.

Herr Rühling, Sie sagten weiterhin: Selbst wenn sich der Wind nach Westen drehte, wären die Schadstoffe so weit oben über den Randhöhen, dass dort keine Schad-stoffe mehr auftreffen könnten. Wir wissen beide, dass man das nicht so einfach sehen kann. Denn wenn das so wäre, dann wären im ganzen Untersuchungsgebiet überhaupt keine Zusatzbelastungen zu erwarten. Dann wären wir bei null. Wir wissen beide, dass das nicht stimmt.

Dieses Modell wie auch andere Modelle prognostizie-ren doch Zusatzbelastungen. Insofern - es tut mir leid, Herr Rühling – kann ich dieses Argument nicht akzeptie-ren. Ich bin mir sicher: Wenn etwas ankommt und wir eine West-Drehung haben, kommt das zunächst an den Randhöhen an und nicht unten. Da sind wir uns vielleicht auch einig. - Wenn etwas ankommt, dann an den Rand-höhen.

Rau (Antragstellerin): Herr Gebhardt, Sie sehen das schon richtig mit den Grafiken. Die Problematik ist immer: Wenn man sich bemüht, etwas zu verdeutlichen, kann das dann auch zu Missverständnissen führen.

Es gab gar keine Notwendigkeit, die Neckargemünder Situation hier darzustellen. Das diente dazu, die Sensibili-tät dieser synthetischen Windstatistiken aufzuzeigen, wie sich das tatsächlich auf den Untergrund auswirkt. Die

Situation ist insofern natürlich abweichend, weil es sich bei diesem Tal um ein kleines, schmales Tal handelt. Deswe-gen ist das natürlich mit der Kanalisierungswirkung im Rheintal nicht vergleichbar. Es sollte lediglich zeigen - wie es im Text auch drinsteht -, dass diese synthetischen Windfeldberechnungen sich eigentlich als sehr sensibel erweisen.

Wir konnten leider beim Rheintal nicht höher gehen. Deswegen war noch die Stellungnahme von Herrn Rühling gewünscht, um aus anderen Daten mit sehr hoher Wahr-scheinlichkeit abzuleiten, dass wir in den meisten Fällen, auch bis in Höhen von 250 oder 300 m, tatsächlich eine sehr starke Kanalisierung in Nord-Süd-Richtung haben.

Herr Rühling hatte auch schon angesprochen: Mit die-ser sehr starken Nord-Süd-Ausrichtung, mit dieser schma-leren Fahne – da werden Sie mir Recht geben –, errech-nen wir eher höhere Konzentrationen, also eher einen konservativen Fall. Denn wenn bei geringer Windge-schwindigkeit die Fahne sehr hoch geht und in 400 bis 500 m in die Südwest- oder West-Strömung kommt, schlägt das natürlich irgendwo anders auf. Das trägt dann nicht direkt zum Jahresmittel bei. Von daher ist die Situati-on, dass diese stark kanalisierte Windstatistik auf die Berechnung des Jahresmittelwertes angewandt wird, eher konservativ zu sehen.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich glaube, Sie haben mich immer noch nicht so ganz verstanden: Wenn wir eine Höhe von 500 m betrachten, gebe ich Ihnen vollkommen Recht, Herr Rau. Aber ich bin der Auffassung, dass die Abgasfahne schon wesentlich früher rüberdriften kann. - Aber da sind wir unterschiedli-cher Meinung; das müssen wir hier nicht weiter ausdisku-tieren.

Frau Salchow, ich möchte aber noch einmal zum Aus-druck bringen, dass wir diese besondere Problematik haben, wenn die Fahne auf die Hänge trifft. Das wissen wir auch von anderen Standorten: Die Hänge sind oft am meisten geschädigt. Man braucht sich nur die Waldscha-densberichte anzugucken. Das bekommen immer oben die Hänge ab. So wird das auch hier sein. - Das wollte ich noch einmal ergänzend hinzufügen. Aber jetzt ist für mich der Punkt endgültig abgeschlossen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Gebhardt. – Herr Rahner, ich weiß nicht, zu welchem Thema Sie jetzt übergehen wollten. Aber Herr Schurse hat zu einem Thema übergeleitet, das an sich wesentlich später kommt, nämlich die Schwaden-bildung und damit einhergehend auch die Keimbildung.

Ich habe eben erfahren, dass Herr Professor Werner uns nur bis 18 Uhr zur Verfügung stehen wird. Deswegen meine Bitte - wir haben schon die bodennahen Emissio-nen hintangestellt -, dass wir uns jetzt auch die Auswir-kungen und die Gesamtbelastung aufheben.

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Herr Schurse hat zum Thema Schwadenbildung, Keimbildung und Kühlsystem übergeleitet. Ich wäre von mir aus nicht auf die Idee gekommen, aber vielleicht sollten wir das jetzt behandeln, damit wir noch von der Anwesenheit von Professor Werner profitieren. Das ist ein bisschen sprunghaft. Aber wir sollten es so machen, ehe uns jetzt - wie der Deutsche Wetterdienst - auch Herr Professor Werner noch davonspringt.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich habe kein Problem, das Spezialthema jetzt vorzuzie-hen. Ich möchte noch etwas zum Thema Immissionsprog-nose sagen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann wäre jetzt also Herr Schurse mit der Schwadenbil-dung dran.

5.2 Kühlsystem (Betriebsdauer, Schwaden- und Keimbildung)

Schurse (Einwender): Gut, dann lege ich noch einmal los. Es wird bisher ausge-führt, die Häufigkeit der Schwadenbildung sei auch unter extremen Bedingungen als niedrig einzustufen. Daher seien die Auswirkungen als unerheblich anzusehen. Dabei wird jedoch nicht untersucht, wie es sich künftig verhält, wenn die derzeit noch als extrem gering eingestuften Bedingungen in Zukunft gehäuft auftreten, wovon wir wegen der derzeitigen anthropogenen Klimaänderung bekanntlich ausgehen müssen. Für die Genehmigungsfä-higkeit des beantragten Baus ist es jedoch zwingend nötig, diese Untersuchung durchzuführen. Ansonsten kann ja die künftige Erheblichkeit der Schwadenbildung nicht eingeschätzt werden.

Dr. Kortner (Antragstellerin): Wir haben dem Effekt des Klimawandels insoweit Rech-nung getragen, als dass wir bei der Prognose der zukünf-tigen Häufigkeiten an Schwadenereignissen neben dem bezüglich der Ausbreitungsbedingungen repräsentativen Jahr 2002 auch das bezüglich der Einsatzdauer der Nasszellenkühler extreme Jahr 2003 betrachtet haben.

Wir haben einen hypothetischen Betrieb, als wenn die Nasszellenkühler dort schon betrieben worden wären, von 2176 Stunden im Jahr vorausgesetzt und die Betrachtung dann auf die Gesamtbetriebsdauer der Nasszellenkühler von 3000 Stunden pro Jahr ausgedehnt. Das umfasst letzten Endes die beantragte Höchstbetriebsdauer der Nasszellenkühler. Für alle diese Betriebsdauern haben wir schließlich die geringen Häufigkeiten an sichtbaren Schwaden sowohl im bodennahen als auch in höheren Luftschichten nachgewiesen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchte noch jemand zum Thema Schwadenbildung, Kühlsystem und Keimbildung etwas sagen? – Herr Utten-dorf und Herr Gödeke.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich habe eine Frage zur Keimbildung. Wir haben in dem Gutachten bzw. dem Fachbericht erfahren, dass die Zellenkühler mit Rheinwasser gekühlt werden, also in Form einer Durchlaufkühlung. Meine erste Frage: Wie verhindert man, dass es zur Muschelbildung und Algenbil-dung kommt? Werden da irgendwelche Mittel oder was auch immer hinzugefügt?

Das Zweite ist: Ich habe erfahren, dass diese Kühler nicht das ganze Jahr laufen, sondern nur dann, wenn Not am Mann ist. Es kann durchaus sein, dass die morgens hochgefahren und abends wieder heruntergefahren werden. Das Problem dabei ist, dass die Zellenkühler in dem Augenblick, wo sie still stehen, Brutstätten für Keime sind. Das heißt, beim Start des Zellenkühlers gibt es einen echten Ausschub an Keimen. Darauf möchte ich bitte eine Antwort haben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Zu Ihrer ersten Frage: Es werden keinerlei Zusätze hinzugefügt. Wir haben auch heute schon Erfahrungen mit dem Rheinwasser, das wir durch die Kondensatoren leiten. Wir haben bei uns keine solchen Probleme mit Muschelbildung, dass zu erwarten wäre, dass wir mit irgendwelchen Stoffen darangehen müssten. Es ist ganz klar: Da wir das Wasser wieder in den Fluss einleiten, ist das auch gar nicht möglich und zulässig.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Nasszellenkühler werden nicht so intermittierend gefahren, wie Sie das angespro-chen haben. Wenn wir von der Durchlaufkühlung auf die Ablaufkühlung umschalten, werden die Nasszellenkühler kontinuierlich so lange weitergefahren, bis im Herbst, wenn die Temperaturen des Flusses zurückgehen, wieder der Umschaltpunkt unterschritten wird.

Daraus ergibt sich, wie Herr Kortner schon gesagt hat, eine entsprechende Betriebszeit. Wenn man die Mittelwer-te der Jahre 2000 bis 2007 betrachtet, ergeben sich weniger als 1000 Betriebsstunden im Jahresmittel. Im Extremjahr 2003 – die Zahl hat der Herr Kortner ebenfalls genannt – hatten wir knapp 2200 Stunden.

(Dr. Uttendorf [Einwender]: Darf ich dazu noch etwas fragen?)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja.

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Dr. Uttendorf (Einwender): Sie haben uns nicht gesagt, wie oft Sie im Jahr die Kühler anfahren. Sie sagen, wie viele Betriebsstunden Sie haben, aber nicht, wie oft Sie rauf- und runterfahren.

Ehmann (Antragstellerin): Ich habe gerade versucht zu sagen, dass wir nicht rauf- und runterfahren,

(Dr. Uttendorf [Einwender]: Sie haben doch 1000 Betriebsstunden! Also mindestens einmal im Jahr müssen Sie doch herunter-fahren!)

sondern dass wir spätestens ab einer Rheinwassertempe-ratur von 24 °C die Nasszellenkühler in Betrieb nehmen. Dann bleiben sie so lange im Betrieb, bis die 24 °C Rheinwassertemperatur vor Entnahme durch GKM wieder unterschritten sind bzw. bis wir die Einleitbedingungen erfüllen können

Dr. Uttendorf (Einwender): Aber die Frage haben Sie immer noch nicht beantwortet: Wir oft passiert so etwas im Jahr?

Ehmann (Antragstellerin): Das passiert einmal im Jahr, weil wir einmal im Jahr die Nasszellenkühler in Betrieb nehmen und sie dann norma-lerweise nicht abstellen. Wir müssen auch das Wasser nicht unbedingt abstellen, wenn wir den Block für kurze Zeit außer Betrieb nehmen. Wenn wir den Block allerdings aufgrund einer Störung beispielsweise eine Woche außer Betrieb nehmen müssten, würde man natürlich die Nass-zellenkühler nicht durchlaufen lassen und das Kühlwasser nicht weiterfahren. Dann würde das abgestellt.

Aber da wir davon ausgehen, dass der Block auch den größten Teil des Sommers mit Teillast in Betrieb sein wird - außer wenn wir gegebenenfalls im Sommer die Revision machen -, wird da nicht regelmäßig an- und abgeschaltet. Das wird sich - wenn überhaupt - auf wenige Male be-schränken und, wie ich gesagt habe, nur dann, wenn der Block längere Zeit außer Betrieb ist.

Dr. Uttendorf (Einwender): Dann noch einmal zur Reinigung dieses Hauptkühlwas-sersystems: Sie haben das Beispiel des Kondensators gebracht. Sie haben doch bestimmt eine Taprogge-Anlage, sodass diese Rohre automatisch durch diese Bällchen gereinigt werden.

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben natürlich eine Taprogge-Anlage – Taprogge ist ein Hersteller -, also im Prinzip eine Schwammkugelreini-gungsanlage. Die wird aber im Kondensator eingesetzt, weil durch diese Schicht, die sich innen bildet - sie besteht aus biologischen und anderen Produkten -, der Wärme-übergang verhindert wird. Wir haben einen Wärmedurch-

gang im Kondensator durch die Rohre. Deshalb muss man diese Schmutzschicht abbauen.

Der Wärmeübergang im Kühlturm wird auf ganz ande-re Weise erzeugt, nämlich indem ich das Wasser von oben nach unten herunterregnen lasse und über die Verteileinrichtung, die eine große Oberfläche schafft, das Wasser verdampfen lasse. Dadurch kühlt sich das Ganze ab.

Das heißt, diesen Effekt, den Sie beim Kondensator haben, nämlich dass durch einen leichten Belag auf den Rohren die Kühlwirkung zurückgeht, haben Sie in den Nasszellenkühlern überhaupt nicht. Deshalb müssen Sie dort auch nicht wie in einer Taprogge-Anlage eine Reini-gung vornehmen, um den Wärmeübergang zu erhalten.

Dr. Uttendorf (Einwender): Noch einmal: Darum geht es nicht. Es geht darum, dass die Rieselflächen, wo das Wasser teilweise verdampft und an die Luft abgegeben wird, doch einmal gesäubert werden müssen. Oder etwa nicht? Auch da setzt sich doch automatisch etwas an, genauso wie an den Rohren, die Sie natürlich ständig mit der Taprogge-Anlage blank putzen. Oder wird das nur einmal im Jahr gemacht, wenn die Anlagen außer Betrieb sind?

Ehmann (Antragstellerin): Diese Elemente kann man gegebenenfalls reinigen. Es ist ganz klar, dass natürlich auch der Nasszellenkühler und die gesamte Anlage, wenn wir sie zum ersten Mal in Betrieb nehmen oder wenn sie den ganzen Winter über gestanden ist, gereinigt werden müssen. Wir nehmen dann alles, was dort an Blättern und sonstigem Schmutz drin ist, heraus, bevor wir die Anlage wieder mit Wasser beaufschlagen. Sie müssen diese Pakete aber nicht reinigen, um den Wärmeübergang aufrechtzuerhalten,

(Dr. Uttendorf [Einwender]: Das ist klar!)

sondern können sie weiter betreiben.

Dann werden diese Pakete typischerweise auch nicht irgendwie ausgebaut und gereinigt. Das ist eine Vielzahl von Paketen, die aufeinandergeschichtet sind. Die werden eingebaut und bleiben im Kühlturm drin, bis ihr Lebensen-de aus mechanischen oder sonstigen Gründen erreicht ist.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das Problem, das ich anfangs angesprochen habe, ist, dass sich gerade in solchen engen Räumen Keime bilden können. Wenn die Anlagen längere Zeit still gestanden haben, entwickeln sich da wahre Brutnester. Gibt es dazu irgendwelche Aussagen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Dazu könnte vielleicht Herr Professor Werner etwas sagen.

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Prof. Dr. Werner (Antragstellerin): Ich glaube, es ist gut, wenn man einige Fragen einmal klar beantwortet. Das Problem ist ja, dass es ein Ablaufbetrieb ist. Das heißt, es gibt keinen Kreislauf. Wir haben also keine besondere Wasserkonditionierung, sondern dieses Wasser gelangt, ich sage einmal: zufällig aus dem Rhein in den Kondensator und von dort dann in den Nasszellen-kühler.

Jede Wasserstelle, die irgendwo stagniert, kann zu Keimvermehrungen führen - erst recht bei der organischen Belastung des Rheins mit Mikroorganismen. Dies kann durch andere biologische Vorgänge verstärkt werden; das ist bekannt. Die angesprochene Taprogge-Methode hat mit dem Kühlturm überhaupt nichts zu tun. Das betrifft nur die Reinigung des Kondensators.

Das Wesentliche ist - das haben Sie ganz richtig ge-sagt -: Es muss fallweise nach Bedarf zu einer Reinigung kommen, damit sich auf den Oberflächen keine Beläge bilden. Diese Oberflächen sind vor allem dann wichtig, wenn es zur Austrocknung kommt, also wenn der Kühl-turm nicht bedient wird und die biologischen Materialien dann die Gänge bzw. die Oberflächen in der Regenzone belegen können. Genau das soll verhindert werden.

Das ist aber primär eine Frage der Mechanik über den Wasserstrom und sonst gar nichts. Das heißt, der Was-serstrom muss so stark sein, dass er die Beläge insbe-sondere im Rahmen der Reinigung tatsächlich wegbe-kommt.

Das, was in den Einsprüchen genannt wird, ist dezi-diert nicht der Fall. Es kann kein Einsatz von Bioziden, Desinfektionsmitteln, Algiziden oder was auch immer in Frage kommen, weil diese dann direkt in den Rhein hineingelangen würden. Mit anderen Worten: Wenn bei der Reinigung ein Zusatz von Reinigungsmitteln oder Bioziden erforderlich ist, muss er in einer Schaltung laufen, damit dieses Wasser nicht in den Rhein gelangt. Das ist eine wesentliche Voraussetzung. Dieses Prinzip gilt für alle Kühltürme am Neckar, am Rhein und sonst wo.

Hier wurde von Erfahrungen gesprochen. Es gibt an-dere Standorte am Rhein – auch das muss man sagen -, wo es bei der vorliegenden Wasserqualität im Rhein nicht zu biologischen Belägen kommt. Das gilt auch für den Ablaufbetrieb; das ist das Wesentliche. Das heißt, die Problematik liegt immer in der Kombination der Konstruk-tion mit der entsprechenden Betriebsart. Es gibt also Erfahrungen, die derzeit keine besonderen Beläge bei einem derartigen Ablaufbetrieb zeigen.

Einen wesentlichen Punkt haben Sie angesprochen: Man muss durch die Konstruktion alles verhindern, was bei Stillstand zu einer Stagnation führen könnte. Das sind ganz wichtige Details in der Konstruktion der Anlage. Daher unterstütze ich: Die Anlage soll um Gottes willen planerisch möglichst lange entweder im Betrieb oder im

Nichtbetrieb laufen, um eben viele dieser Probleme zu reduzieren.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass wie bei jeder Kühlanlage einmal jährlich eine Reinigung der Gesamtan-lage erforderlich ist - ganz wurscht, in welchem Betrieb sie gefahren wird. Ich habe auch die Prämissen gesagt, unter welchen Bedingungen allenfalls Chemikalien eingesetzt werden können, solange der Rhein nicht belastet wird.

Auch die anderen Äußerungen, die so unterschwellig immer kommen - Legionellen fliegen irgendwo heraus -, sind dezidiert falsch.

(Dr. Uttendorf [Einwender]: Die Temperatur ist dafür viel zu niedrig!)

- Die Temperatur alleine ist es nicht, sondern Sie brau-chen auch ausreichend Nährstoffe. Bei erhöhter Tempera-tur gibt es einen rascheren Zellstoffwechsel und damit häufigere Vermehrung. Aber die Temperatur alleine macht gar nichts.

Um deutlich zu machen, wie wenig problematisch das ist: Bei einem Ablaufbetrieb, also vom Rhein über den Kondensator über den Zellenkühler, geht man von etwa sieben bis zehn Minuten Durchlaufzeit aus. In den sieben bis zehn Minuten geschieht in Bezug auf eine Keimver-mehrung überhaupt nichts.

Das heißt, das eigentliche Problem liegt im Konstrukti-onsbereich, wie Sie richtig angenommen haben. Wir müssen alles verhindern - da bemühe ich mich mitzuspre-chen -, dass wir nicht Konstruktionsdetails vorliegen haben, wo es zur Stagnation kommt. - Ist das so verständ-lich?

Dr. Uttendorf (Einwender): Ja, das ist verstanden. Nur haben wir ja gelernt: Eine Taprogge-Anlage wird deswegen eingesetzt, weil Beläge entstehen. Die entstehen genauso gut an den Rieselein-bauten.

Prof. Dr. Werner (Antragstellerin): Allerdings haben wir dort nicht derartig enge Röhren, dass es da drinnen zur Reinigung kommt. Wir erreichen we-sentlich mehr durch die mechanische Wirkung des Was-sers, das auf die Höhe hinaufgebracht wird, dann verteilt wird und schließlich in der Regenzone herunterkommt.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich beantrage, dass der Zellenkühltrakt, bevor er nach längerem Stillstand wieder in Betrieb genommen wird, gereinigt wird oder dass nachgewiesen wird, dass sich keine Nester bilden können.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Verhandlungsleiterin Salchow: Danke, Herr Uttendorf, wir nehmen das ins Protokoll auf. - Jetzt Herr Gödeke, Herr Block und die Dame hinter Herrn Gödeke mit dem dunklen Pullover.

Gödeke (Sachbeistand): Ich war schon an Genehmigungsverfahren mehrerer Kohlekraftwerke beteiligt. Da ging es ebenfalls um Küh-lung und um Keimemissionen über die Schwaden.

Dazu hat das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, das seit 2007 Landesamt für Natur, Umwelt und Verbrau-cherschutz heißt, eine Stellungnahme abgegeben, weil dort ein Gutachten über Keimemissionen vorgelegt wurde, das nicht so ganz nachvollziehbar war. Ich zitiere einmal aus der Stellungnahme. Das Gutachten selbst hat Legio-nellenemissionen mehr oder weniger als irrelevant be-trachtet. Dabei wurden Ausbreitungsrechnungen gemacht. Das LANUV NRW schreibt dazu:

„Diese Einschätzung kann so von hier nicht geteilt werden. Das Vorkommen von Legio-nellen in Kühlwässern ist nicht grundsätzlich auszuschließen. In der Dissertation von Pleischl (Bonn 2004) wird zum Beispiel be-richtet:

‚Bei den Erstuntersuchungen konnten in sechs von zwölf Kühltürmen (gleich 50 %) und in 13 der 15 Rückkühlwerke (gleich 87 %) Legionellenkontaminationen nachge-wiesen werden.’

Es wird daher empfohlen, nach gegebenen-falls erfolgter Inbetriebnahme des Kraft-werks das Kühlwasser des Kühlturms re-gelmäßig (z. B. halbjährlich) auf Legionellen untersuchen zu lassen.“

Daher beantrage ich für den BUND, dass auch ein Gutachten über die Keimausbreitung erstellt wird, das im Ergebnis Vorgaben macht, wie eine Keimausbreitung über Schwaden verhindert werden kann. Wenn es die Möglich-keit gibt, hier Kopien zu machen, würde ich Ihnen die Stellungnahme dann gerne in Kopie zur Verfügung stellen. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Direkt dazu, Herr Professor Werner.

Prof. Dr. Werner (Antragstellerin): Es ist bekannt und wurde von uns auch breit publiziert, dass in Oberflächengewässern und damit auch im Rhein Legionellen vorkommen; das ist gar keine Frage. Darum ist selbstverständlich damit zu rechnen, dass im Kühlwas-ser unter normalen Bedingungen auch diese Legionellen nachweisbar sind.

Die problematischen Fragen sind doch: In welchen Mengen wird dies emittiert und über welche Mechanis-men? Kann es in einem bestimmten System von Kühltür-men zu Keimvermehrungen von Legionellen kommen? - Das habe ich in keiner Weise ausgeschlossen. Wir haben auch publiziert, dass es besondere Probleme geben kann. Aber man darf das in keiner Weise so verallgemeinern, dass es da prinzipiell zum Ausstoß von Legionellen kommt.

Ganz wesentlich ist: Natürlich muss ich die Emissio-nen aus einem Kühlturm quantifizieren - sei es aus einem Naturzugnasskühlturm, sei es aus einer derartigen Anlage mit saugenden Ventilatoren. Ich muss dann auch den Mut haben, aus diesen Größenordnungen die Transmission auszurechnen, um eine Aussage zur Emission treffen zu können. Das wollte ich noch richtigstellen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Herr Professor Werner, ich danke Ihnen für Ihr Gutachten und das, was Sie dem Antragsteller empfohlen haben.

Ich stelle folgenden Antrag an das Regierungspräsidi-um: Vor allen Dingen bei den Schalldämpferkulissen ist darauf zu achten, dass keine feuchten Kammern entste-hen. Das heißt, die Tragekonstruktion ist so zu machen, dass nirgendwo solche Quellen auftreten können.

Sie von Antragstellerseite haben schon gesagt, dass Sie selbstverständlich auf kontinuierlichen Betrieb Wert legen. Dies unterstützen auch wir. Selbstverständlich sind wir der gleichen Ansicht wie Sie, Herr Professor Werner, dass bei der Reinigung hauptsächlich mechanische Verfahren benutzt werden und auf Chemie so weit wie möglich entweder verzichtet wird oder diese Chemie dem Abwasserbereich der Anlage zugeführt wird. Das ist ein Antrag.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir nehmen das zu Protokoll. - Herr Professor Werner.

Prof. Dr. Werner (Antragstellerin): Wir haben Erfahrungen von anderen Kühltürmen über die Problematik der Schalldämpfer. Ich finde solche Erfahrun-gen außerordentlich wichtig, insbesondere wenn die Schalldämpfer im Schwadenbereich angeordnet sind, weil sie dann in idealen Bedingungen und Temperaturen feuchter sind.

Wir wissen, wie derartige Konstruktionen aufzubauen sind, um zu verhindern, dass es in den Schalldämpferku-lissen zu Keimvermehrungen kommt. Die haben zusätzlich das Problem, dass sie meist direkt der Sonneneinstrah-lung ausgesetzt sind. Es gibt dazu also Erfahrungen.

Darum habe ich ganz klar gesagt: Wir müssen bei der Konstruktion mitreden, um Probleme in der Konstruktion

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zu verhindern. Das betrifft die Oberflächenmaterialien und natürlich, wie ich gesagt habe, die Betriebsarten. Selbst-verständlich muss man dann regelmäßige Inspektionen und Kontrollen zum mikrobiologischen Gehalt durchfüh-ren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Da der Professor Werner über besondere Erfahrungen in dem Bereich verfügt, haben wir uns sein Wissen und seine Erfahrungen durch sein Gutachten auch zunutze gemacht. Wir beabsichtigen auch, diese Erfahrungen und diese Kenntnisse bei der Konstruktion einzusetzen, um dieses potenzielle Problematik zu minimieren. Sie sollten klar zur Kenntnis nehmen, dass wir all diese Dinge, die potenziell passieren könnten, entsprechend selber be-rücksichtigen möchten und dass wir die Absicht haben, diese Dinge auch umzusetzen.

Dazu gehört auch - Herr Block, ich hatte es vorher ge-sagt -, dass eine solche Anlage gereinigt wird, bevor sie in Betrieb genommen wird, und dass wir sie kontinuierlich durchfahren. Das alles hatten wir in unserem Antrag schon beschrieben. Insofern haben wir das, was Sie beantragt haben, eigentlich schon von uns aus vorgege-ben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt wäre die Dame hinter Herrn Gödeke dran.

Pawelek (Einwenderin): Mein Name ist Tatjana Pawelek. - Ich habe nicht viel Zeit; ich muss gleich wieder gehen. Ich habe erst heute Morgen erfahren, dass man um 17 Uhr noch einmal Einwendun-gen erheben kann. Aber da ich berufstätig bin, geht es nicht anders, und ich muss jetzt auch wieder weg.

Ich wollte nur sagen, dass ich Asthma habe und dass ich eine Verschlimmerung meiner Symptome befürchte.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. Wir haben das jetzt zu Protokoll genom-men. Soweit ich mich erinnere, hatten Sie auch eine schriftliche Einwendung erhoben. - Herr Rahner, jetzt sind Sie dran.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich habe noch eine Anmerkung zu Punkt 5.1.6.1, Immissi-onsprognose. Auch bei der Immissionsprognose ist das Thema Anlagenbegriff natürlich von durchschlagender Bedeutung. Denn es ist darüber zu entscheiden, in wel-chem Umfang die Anlage der GKM bei der Immissions-prognose zu Grunde zu legen ist. Es macht einen riesigen

Unterschied aus, ob man nur den Block 9 betrachtet oder die Gesamtanlage.

Vor diesem Hintergrund betone ich an dieser Stelle noch einmal die Forderung des BUND und anderer, auch eine Immissionsprognose für die Gesamtanlage vorzule-gen, um eine Gesamtbewertung insgesamt vornehmen zu können.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Rahner. Den gleichen Antrag hatten wir schon bei der UVU und jetzt natürlich konsequenter-weise auch bei der Immissionsprognose. - Herr Schurse, Herr Block und Frau McCloskey.

Schurse (Einwender): Wenn ich den Herrn Professor Werner richtig verstanden habe, hätten wir eine ganze Menge von Problemen durch Keimbildung, Legionellen usw. nicht mehr, wenn wir ein geschlossenes Kühlsystem mit einem Kühlturm installie-ren würden. Das hätte auch den Vorteil, dass man bei heißeren Sommern, die künftig häufiger vorkommen werden, nicht mehr so häufig das Kohlekraftwerk abschal-ten müsste. Das läge doch mit Sicherheit im Sinne des Betreibers.

Deswegen möchte ich beantragen, dass zur Auflage gemacht wird, dass ein Kühlturm mit geschlossenem System installiert wird. Ich lese dazu in den Unterlagen nur, dass ein solcher Kühlturm Auswirkungen auf das Stadtbild habe. Es wird nicht dargestellt, welche Auswir-kungen er hätte.

Meiner Meinung nach wären die Auswirkungen sehr positiv. Er kann aus mehreren Richtungen die Aussicht auf die eintönigen bestehenden Blöcke und den geplanten Block des Großkraftwerks verdecken und hat im Gegen-satz zu diesem quasi organische Form, die durch geeigne-te Architektenplanung noch verbessert werden könnte. Auch Stromleitungen und deren Masten könnten optisch hinter einem geeignet platzierten Kühlturm verschwinden. An anderen Standorten von neueren Kohlekraftwerken, z. B. in Duisburg-Walsum, sind ebenso hohe oder noch höhere Kühltürme gebaut worden.

Die starke Kühlungswirkung ist, wie gesagt, voraus-sichtlich notwendig, um die Anlage in den künftigen Sommern nicht häufig abschalten zu müssen oder um nicht den Rhein zu überhitzen. Negative Auswirkungen auf das Stadtbild sind, wie dargelegt, nicht zu befürchten.

Deswegen sollte der Kühlturm so, wie beschrieben, vorgesehen werden. Er kann auch außerhalb des derzeit bestehenden Werksgeländes oder sogar auf der anderen Rheinseite gebaut werden. Die Wasserzu- und –abfuhr durch geeignet zu verlegende Rohrleitungen stellt kein Problem dar. Ich beantrage einen solchen Kühlturm.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Sie hatten das schon schriftlich vorgetragen, und wir nehmen es jetzt auch zu Protokoll. Aber ich befürchte, dass sich die Altriper bedanken würden, wenn wir ihnen dort einen Kühlturm hinsetzten.

(Schurse [Einwender]: Wir bedanken uns hier ja auch!)

Jetzt Herr Block und dann Frau McCloskey.

Block (BUND): Ich habe vorhin etwas vergessen: Herr Ehmann, Sie haben 24 Grad erwähnt. Ich betrachte es nicht als der Wahrheit letzter Schluss, die Nasszellen bei 24 °C Rhein-temperatur wieder anzuwerfen. Das ist nicht der Wahrheit letzter Schluss. Das ist die persönliche Meinung der Antragstellerin. Wir wollen das nicht. - Das nur zur Klar-stellung. - Kommt das nachher noch einmal bei Wasser? - Gut.

Noch einmal dazu, was gerade zum Kühlturm gesagt wurde - wir haben auch gestern davon gesprochen -: Von der Emissionsseite und von der Immissionsseite her ist das tatsächlich die bessere Kühlung; das ist eindeutig. Der Transport über einen Nasskühler ist tausendmal besser als das, was im Augenblick geplant ist. Ich meine, über die optische Seite brauchen wir uns nicht zu unterhalten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey.

McCloskey (Einwenderin): Noch einmal zu der Aussage der Frau vom Gesundheits-amt: Sie sagte vorhin - so habe ich das verstanden -, dass Viertklässler seit 2002, glaube ich, hier untersucht werden und dass bei denen in der Stadt Mannheim die Werte eigentlich besser seien als bei denen im Umland.

Ich vermisse aber Angaben zu Kleinkindern und Säug-lingen. Man weiß genau, dass diese noch nicht so stabil sind wie ein zehnjähriges Kind. Ein Viertklässler ist meist stabiler als ein zwei- oder dreijähriges Kind oder ein Säugling, auch meist stabiler als eine ältere Person.

Das Problem hier ist - das werden die Kinderärzte be-stätigen; ich möchte es jetzt einfach noch einmal anfüh-ren -, dass hier in der Stadt Mannheim und in der Umge-bung Pseudokrupp und andere Krankheiten sehr stark vertreten sind. Die Ärzte und Kliniken – wer immer damit zu tun hat – sagen: Das hängt mit der starken Konzentra-tion von Schadstoffen hier in Mannheim und in der Umge-bung zusammen. Das kommt nicht von einzelnen Firmen, sondern das akkumuliert sich. Das sind ganz viele Betrie-be, die hier Schadstoffe in die Atmosphäre, in die Luft abgeben. Sie kommen dann teilweise hier wieder herun-ter; die Menschen atmen sie ein; es kommt zum Kontakt

mit der Haut usw. Gerade Kleinkinder und ältere Men-schen sind da sehr gefährdet.

Ich möchte deshalb noch einmal an die GKM und an das Regierungspräsidium appellieren: Wenn man solche Schadstoffausstöße vermeiden kann, wenn man z. B. ein anderes Werk bauen kann oder mit Filtern oder anderen Dingen erreichen kann, dass keine Schadstoffe in die Luft gelangen, wodurch den Menschen dann Leiden erspart bleiben, dann müssten alle Möglichkeiten, die heute bekannt und umsetzbar sind, genutzt werden. Dazu müsste es auch entsprechende Auflagen geben.

Denn die Menschen leiden. Jeder, der Kinder mit sol-chen Krankheiten kennt, weiß, wie furchtbar das für das betroffene Kind bzw. die betroffene Person ist. Es ist auch schlimm für die ganze Familie und für das ganze Umfeld. Das sollte so nicht sein.

Deswegen muss alles, was machbar ist, gemacht wer-den, damit diese Schadstoffe nicht in Berührung mit den Menschen kommen. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt wurde auf den Tagesordnungspunkt Auswirkungen übergeleitet; das hatte sich vorhin in Ihrer Frage schon angedeutet. Darum würde ich sagen, dass wir mit diesem Tagesordnungspunkt fortfahren, aber nicht die diffusen Quellen vergessen. Die Auswirkungen müssen natürlich auch im Zusammenhang mit der Gesamtbelastung gese-hen werden.

(Rahner [Sachbeistand]: Vorschlag zur Gü-te: Können wir nicht erst die gefassten Quel-len fertig machen, dann die diffusen Quellen und dann die Auswirkungen? Das würde ich persönlich favorisieren!)

- Ich fände das auch besser. Aber dann steht Frau Mc-Closkey zum zweiten Mal mit Ihrer Frage so ganz alleine da.

(Gödeke [Sachbeistand]: Wir waren jetzt nur deswegen gesprungen, weil der Professor Werner weg wollte! Deswegen hatten wir ein Thema vorgezogen! Das andere hatten wir praktisch nur unterbrochen.)

- Dann erörtern wir erst die diffusen Quellen. Frau Mc-Closkey, ich bitte Sie darum, sich noch ein bisschen mit Ihrer Antwort zu gedulden. Ich nehme an, dass die Dame vom Gesundheitsamt dazu noch Stellung nehmen wird.

Dann gehen wir jetzt zu den diffusen Quellen. Das ist uns persönlich auch lieber. Aber ich wollte Frau McClos-key entgegenkommen.

(Gödeke [Sachbeistand]: Wir waren noch bei den gefassten Quellen)

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- Die hatten wir fertig.

Gödeke (Sachbeistand): Eben nicht! Sie haben gesagt, wir müssten zunächst unbedingt über Keime sprechen, weil es eine zeitliche Begrenzung gebe. Das Thema war aber noch nicht fertig. Wir haben uns darauf eingelassen, die Tagesordnung umzustellen. Das Thema ist aber noch nicht ausdiskutiert.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, ein Missverständnis! Wir waren mit dem Schornstein fertig. Aber es gibt ja noch andere gefasste Quellen.

Gödeke (Sachbeistand): Wir waren mit dem Schornstein noch nicht fertig. Wir haben nicht über die Korngrößenverteilung gesprochen. Sie hat nämlich eine erhebliche Auswirkung auf die Prognose.

Wir haben aus Nordrhein-Westfalen vom Landesum-weltamt, das ja die meisten Kohlekraftwerke in ganz Deutschland betreut, Aussagen, die der Korngrößenvertei-lung, die hier in der Prognose verwendet wurde, wider-sprechen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt für die Ausbreitungsrechnung. - Im Prinzip ist das hiermit sozu-sagen vorgebracht. Es ist in der Unterlage, die Sie morgen als Kopie bekommen, mit drin.

(Stellungnahme des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen vom 11.01.2006 – Anlage 9, S. 303 ff.)

Es wird deswegen beantragt – wir haben schon mehr-fach eine neue Prognose beantragt –, in der neuen Prognose eine Korngröße zu berücksichtigen, die fundiert ist. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow:

Ich gehe einmal davon aus, dass sich alle vorliegen-den Wortmeldungen auf das Gesundheitsthema beziehen. Deswegen müssten wir jetzt wieder von vorne anfangen. - Herr Gebhardt.

(Block [BUND]: Wo sind wir denn jetzt? -Gödeke [Sachbeistand]: Wir springen jetzt sehr in der Tagesordnung!)

- Herr Gödeke, ich hatte mit Herrn Rahner vereinbart, dass wir wegen Herrn Werner einen Tagesordnungspunkt vorziehen. Er hatte darum gebeten, dass wir die diffusen Quellen betrachten. Jetzt wollen Sie noch einmal zurück zu den gefassten Quellen. Mir ist das völlig egal. Wir machen alles, und zwar heute. Meinetwegen erörtern wir die gefassten Quellen zu Ende, dann die diffusen und dann die gesundheitlichen Auswirkungen.

(Gödeke [Sachbeistand]: Es ist ja gar nicht klar, was Thema ist oder nicht, wenn man dauernd in der Tagesordnung springt!)

- Das ist kein Problem. Die Wortmeldungen beziehen sich allerdings meistens auf das zuletzt angesprochene The-ma, sodass wir jetzt eine neue Rednerliste machen müssen.

Jetzt machen wir also mit den gefassten Quellen wei-ter. Dazu wollte Herr Gebhardt als Erster etwas sagen.

Gebhardt (Sachbeistand): Zunächst einmal noch kurz in Ergänzung zu Herrn Göde-ke: Sie gehen bei Ihrer Korngrößenverteilung am Schorn-stein von Messergebnissen aus, die Sie – glaube ich – am Block 6 gewonnen haben. Mich interessiert natürlich, wie diese Ergebnisse aussehen. Ich würde das gerne nach-vollziehen.

Deswegen möchte ich hier den Antrag stellen, dass diese Messergebnisse der Genehmigungsbehörde und über die Genehmigungsbehörde auch uns relativ zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Frau Salchow, meinen Sie, dass das möglich ist? – Ja, gut. Herr Ehmann, meinen Sie, dass es von Seiten des Vorhabensträgers möglich ist, dass uns diese Daten zur Verfügung gestellt werden?

Ehmann (Antragstellerin): Wenn das Regierungspräsidium diese Messungen haben möchte, dann geben wir sie an das Regierungspräsidium. Die sind dann auch in der Lage, das an Sie weiter-zugeben.

Gebhardt (Sachbeistand): Gut, herzlichen Dank. Dann wäre der Punkt zu Ende.

Ein weiterer, ich denke einmal, relativ kleiner Punkt ist die Frage nach den niedrigen gefassten Quellen. Da habe ich eigentlich nur eine Frage an den Vorhabensträger nach den Ecktürmen: Haben Sie vor, an den Ecktürmen abzusaugen? Denn da wird die Kohle von einem Band auf das andere übergeben. Die Kohle wird da wahrscheinlich eine gewisse Fallhöhe haben; da wird es stauben. Ich kenne von anderen Verfahren für Kohlekraftwerke, dass man da eine Absaugung vornimmt. Wie ist da Ihre Pla-nung?

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben an der Stelle vor, diese Übergabe möglichst geschlossen auszuführen. Wir möchten im Eckturm nicht speziell bei der Übergabe absaugen. Außen herum ist noch der geschlossene Eckturm als solcher. Deshalb gehen wir an der Stelle nicht davon aus, dass Emissionen nach außen entstehen.

Gebhardt (Sachbeistand): Ganz kurz noch dazu: Wie gesagt, ich kenne das so, dass der Eckturm ebenfalls abgesaugt wird. Ich denke, es ist

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unstrittig, dass dort erhebliche Emissionen entstehen. In einem festen Gebäude treten diese nicht nach außen, das ist klar. Insofern: Kapselung mit oder ohne Absaugung auf jeden Fall ja!

Für mich stellt sich die Frage: Haben wir nicht unter Umständen ein massives Problem im Hinblick auf Explo-sionsgefahr, wenn hier erhebliche Staubmengen nicht abgesaugt werden, sondern sich einfach irgendwo abla-gern?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ich habe versucht zu sagen, dass wir anstreben, die Übergabe zu kapseln, geschlossen auszuführen. Es gibt auch noch die Möglichkeit, dass man, wenn sich dort wirklich sehr viel Staub entwickeln würde, diesen z. B. durch eine Wassereindüsung niederschlägt. Wir halten das gegenüber einer Absaugung für den besseren Weg.

Das Problem, das Sie angesprochen haben, haben Sie auch, wenn Sie den Kohlenstaub absaugen. Auch bei dem Staubsaugerfilter müssen Sie den Explosionsschutz entsprechend berücksichtigen.

Wir halten also eine mechanische Kapselung für die insgesamt bessere Lösung, vor allem auch unter betriebli-chen Aspekten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt und dann Herr Gödeke.

Gebhardt (Sachbeistand): Gut, dann wäre für mich auch dieser Punkt abgeschlos-sen. Von mir aus könnten wir jetzt zu den diffusen Emissi-onen kommen. - Herr Gödeke, haben Sie jetzt noch etwas anderes, oder würden auch Sie gerne zu den diffusen Emissionen sprechen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke?

Gödeke (Sachbeistand): Auch zu den diffusen Emissionen, also Kohlehalde usw.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, wunderbar.

5.1.4 Emissionen aus diffusen Quellen

Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.

Gebhardt (Sachbeistand): Vorweg: Dieses Thema ist meines Erachtens ganz wich-tig; das weiß ich auch von anderen Verfahren. Die Vorha-bensträgerin hat vorhin zu diesem Themenkomplex einleitend dargestellt, dass die Zusatzbelastungen insbe-

sondere im Nahbereich unter Umständen problematisch sind und dass in diesem Gewerbegebiet im direkten Umfeld der Kohlehalden die Irrelevanzschwellen zum Teil überschritten werden. Deswegen ist das natürlich ein ganz wichtiger Punkt. Das möchte ich vorausschicken. Man sollte diesen Punkt mit der erforderlichen Tiefe erörtern.

Wir müssen mehrere Teilaspekte des Themas bespre-chen. Deswegen, Frau Salchow, sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich mich jetzt nicht nur einmal melde. Ich möchte das nicht einfach herunterrattern, um dann schnell zu den Auswirkungen kommen zu können. Dafür ist dieser Punkt einfach zu wichtig.

Der erste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Zutrimmung. Die Zutrimmung kennen wahrscheinlich die wenigsten hier im Saal, die sich mit solchen Fragen normalerweise nicht auseinandersetzen.

Wenn ein Kohleschiff entladen wird, bleibt unten im-mer ein Rest übrig. Den kann der Greifer einfach nicht vernünftig aufnehmen; das ist klar. Ab einer bestimmten Schicht im Kohletransportschiff, im Binnenschiff, ist ein Abgreifen nicht mehr möglich, und dann muss zugetrimmt werden. Das heißt, es wird mit einem kleinen Minibagger zusammengeschoben. Dieser Vorgang ist sehr staubin-tensiv.

Es wurde hier mit Zutrimmung gerechnet. Das ist mei-nes Erachtens auch vernünftig und richtig. Die Frage ist nur, wie viel Prozent der Kohle mit Zutrimmung entladen werden muss. Dafür wurde meines Erachtens ein viel zu geringer Wert angenommen, nämlich 5 %. Ich weiß von anderen Verfahren, insbesondere aus Nordrhein-Westfalen - Herr Gödeke wird mir das bestätigen -, dass man da 30 % angenommen hat.

Es ist natürlich ein wesentlicher Unterschied, ob ich mit 5 % Zutrimmung oder mit 30 % Zutrimmung rechne. Da kommen ganz andere Emissionsmassenströme heraus, die freigesetzt werden. Deswegen bin ich der Auffassung, dass 5 % viel zu wenig sind. Vielleicht mag sich dazu einmal der Vorhabensleiter äußern.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Sie haben richtig gesagt: Da wird ein kleiner Bobcat - so nennen wir das - eingesetzt. Das ist kein Bagger, sondern ein kleiner Radlader, der das schiebt. Die 30 %, die Sie genannt haben, kann der gar nicht schieben. Dafür ist er viel zu klein.

Die übliche Technik ist Folgende: Am Anfang, wenn das Schiff voll ist, können Sie mit dem Greifer natürlich voll hineingreifen. Später wird mit dem Greifer einmal nachgefasst. Das heißt, die Greiferschaufel füllt sich nur halb, dann wird die Greiferschaufel umgesetzt und noch ein zweites Mal nachgefasst. Die Bodendecke, der Rest,

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die letzten 20 bis 30 cm werden durch den Bobcat gege-benenfalls zugeschoben. Das ergibt die genannte Menge, die wir zutrimmen.

(Herr Gebhardt [Sachbeistand] meldet sich erneut zu Wort)

Verhandlungsleiterin Salchow: Eigentlich ist jetzt Herr Block dran - es sei denn, es geht direkt dazu.

Gebhardt (Sachbeistand): Direkt dazu. - Ich frage mich dann schon: Wie kommen bei anderen Verfahren solche Werte zustande, dass man da nicht mit 5 %, sondern mit 30 % Zutrimmung rechnet?

Ich frage mich: Sind 5 % wirklich ausreichend? Das sind riesige Schaufeln und keine kleinen Dinger; die haben eine enorme Dimension. Schon bei 1 m oder 70 bis 80 cm Kohleschicht habe ich unter Umständen das Problem, dass die Schaufel nicht mehr voll wird. Die Binnenschiffe sind nicht so tief. Sie haben nur 2 bis 3 m und nicht 5 oder 6 m Tiefe. Insofern halte ich den Wert von 5 % hier für unrealistisch.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Worauf andere Unternehmen ihre Zahlen basieren, wissen wir nicht. Die Schaufeln sind, wie sie gesagt haben, nicht sehr klein. Eine Schaufel fasst zwischen 12 und 15 m³. Die Schaufel greift aber sehr weit aus. Wenn sie auf-macht, ist sie mehr als doppelt so breit und schiebt damit sehr viel Kohle zusammen. Deshalb füllt sich, wie ich gesagt habe, die Schaufel auch bei relativ niedrigem Kohlestand noch mindestens bis zur Hälfte. Wenn man dann ein zweites Mal nachgreift, ist die Schaufel so voll, dass es noch günstiger ist, als mit dem Bobcat zu arbei-ten.

Der Bobcat ist leicht. Er kann nur relativ kleine Schichtdicken schieben. Wenn Sie einen halben Meter Schichtdicke hätten und das einen Meter vorschieben würden, dann hätten Sie schon die doppelte Höhe. Man kann mit dem Bobcat aber nur sehr kleine Schichtdicken zusammenschieben. Er ist nichts anderes als ein besserer Besen, wie Sie ihn auch zum Straßenkehren nehmen. - In das Schiff geht natürlich keiner mit einem Besen hinein, sondern die schieben das mit dem kleinen Gerät zusam-men.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt und dann Herr Block.

Gebhardt (Sachbeistand): Dann rechnen wir das doch einmal: Sie haben gerade 30 cm angegeben. Wenn 30 cm 5 % entsprechen, dann

sind 6 m 100 %. Die Schiffe haben aber keine sechs Meter Tiefe. - Irgendwie passt das alles nicht, Herr Eh-mann.

Ich bin der Auffassung, dass diese 5 % deutlich zu niedrig gegriffen sind. Man hätte hier mit einem wesentlich höheren Wert rechnen müssen. Ich kann Ihre Argumenta-tion mit dem Bobcat nachvollziehen, dass vielleicht keine 30 % Zutrimmung erforderlich sind. Aber 5 % sind meines Erachtens viel zu gering.

Ich möchte zu diesem Punkt den Antrag an die Ge-nehmigungsbehörde stellen, dass sie die Fachbehörden beauftragt, dass dieser Wert geprüft wird. Denn das ist schon sehr wichtig.

Bei einer Entladung mit Zutrimmung wird ein Vielfa-ches einer Entladung ohne Zutrimmung emittiert. Ich kann das mit Zahlen belegen; das ist nicht so schwierig. Des-wegen ist das ein wesentlicher Eingangsparameter in der Immissionsprognose. Ich habe den Eindruck, dass hier das Ganze bewusst zu niedrig angesetzt wurde. Das ist mein ganz persönlicher Eindruck.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Wir haben in Karlsruhe versucht, die Einhausung des Kohlelagers zu erreichen. Ich habe mich dann überzeugen lassen, dass dieses aus brandschutzrechtlichen Gründen überhaupt nicht möglich und nicht denkbar ist. Bei der Größenordnung, wie sie hier vorliegt, ist das wahrschein-lich völlig undenkbar.

Deswegen sind aber die meteorologischen Bedingun-gen so entscheidend. Ich denke, dass die Benässung dieser Bandanlagen nicht - wie in Karlsruhe – erst bei einem Wind von 7,5 m/s, sondern schon bei 5 m/s einge-schaltet wird. Wenn Sie das einmal in Kilometer pro Stunde umrechnen, merken Sie, dass das schon ein ganz schönes Lüftchen ist.

Von Ihnen wurde auch festgelegt, dass die Bereg-nungsanlagen einzuschalten sind, wenn es sieben Tage lang nicht geregnet hat und die genannte Windstärke eintritt. Ich finde, schon wenn es drei Tage nicht regnet, ist bei den klimatischen Bedingungen, die wir heute im Sommer haben, diese Kohle völlig trocken. Ich denke, dann staubt sie. Deswegen können Sie nicht diese sieben Tage nehmen.

Ich beantrage, dass nach drei Tagen Trockenheit und 5 m/s Windgeschwindigkeit die Beregnungsanlagen einzuschalten sind. Sonst ist die Staubentwicklung zu groß.

Sie haben in Karlsruhe eine Entladung bei 20 m/s Windgeschwindigkeit verboten. Sie müssen sich einmal die Windverteilung hier in Mannheim ansehen; sie ist ja in

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den Unterlagen zu finden. Sie erkennen dann, dass nur an ganz wenigen Tagen keine Entladung mehr stattfinden darf. Ich finde, das ist viel zu hoch gegriffen. Das sind schon sturmartige Windgeschwindigkeiten, über 80 km/h. Das kann nicht sein.

Sie müssten vielmehr sagen: Bei 10 m/s - ich finde, das ist ein vernünftiger Wert - ist eine Entladung nicht mehr möglich, weil dann die Staubentwicklung in diesem Bereich und bei den Mengen riesig groß ist. Außerdem kommen bei uns in Mannheim Windgeschwindigkeiten über 10 m/s nicht so häufig vor. - Deswegen meine drei Anträge hierzu.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke, Herr Block, wir werden das ins Protokoll aufneh-men. – Erst Herr Rahner und dann Herr Gödeke.

Rahner (Rechtsbeistand): Von der Aussage eben zur Einhausung des Kohlelagers bin ich etwas überrascht worden. Ich will dem deutlich widersprechen. Nach meinem Kenntnisstand gibt es mindestens zwei Großkohlekraftwerke in Deutschland, wo die Kohlelager eingehaust sind bzw. werden: zum einen das Kraftwerk in Lünen. Dort hat der Antragsteller von Anfang an geschlossene Kohlelager beantragt. Das zweite ist das Kraftwerk Staudinger in Hessen. Dort hat E.ON öffentlich auch der Landesregierung verbindlich zugesagt, dass die Kohlelager eingehaust werden. Von daher ist dieses Thema auch hier mit Blick auf die diffusen Emissi-onen von erheblicher Relevanz. Es kann nicht einfach vom Tisch geschoben werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich kann die Aussage zu Lünen nur bestätigen. Ich bin da auch im Verfahren beteiligt. Dort sind Kohlesilos beantragt worden. Das ist eine ähnliche Größenordnung. Ich glaube, dort sind es 1750 MW Feuerungswärmeleistung.

Ich wollte aber noch einmal auf die Schiffsentladung als solche und auf die diffusen Emissionen zurückkom-men. Dazu haben wir auch Aussagen vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Es gibt mehrere Schiffsentladevarianten. Ich will gar nicht auf den Bobcat zurückkommen, sondern auf die Entladung als solche mit einem Greifer.

Eine solche Entladung verursacht erhebliche Emissio-nen. Deswegen wäre als emissionsmindernde Maßnahme eine CONTI-Entladung mit einem Becherwerk möglich. - Das ist, glaube ich, beim Kraftwerk Datteln von der

Genehmigungsbehörde vorgeschrieben worden. - Das wird hiermit auch beantragt. Eine CONTI-Entladung mit einem Becherwerk bewirkt nach Aussage des Landesam-tes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen eine Emissionsminderung von rund 90 % und verursacht keinen unzumutbaren finanziellen Aufwand. Von daher wird das hier beantragt.

Das gibt zwei Kriterien, warum so etwas vorgeschrie-ben werden kann, nämlich a) wenn es technisch möglich und wirkungsvoll ist, und b) wenn es wirtschaftlich zumut-bar ist. Beide Punkte sind erfüllt. Deswegen gab es in Nordrhein-Westfalen diese Genehmigungsauflage. Das wird hiermit also beantragt.

Für die Übergabe in den Ecktürmen wird weiterhin be-antragt, dass dort mit Filterung abgesaugt wird. Bei den Dimensionen, die dort umgeschlagen werden, und bei dem ökonomischen Erlös, der für das Kraftwerk heraus-springt, ist es zumutbar, an dieser Stelle die Emissionen zu mindern. Deswegen wird auch das so beantragt.

Ein weiterer Punkt ist die Kohlehalde als solche. Da halten wir die Berechnungsgrundlagen für fehlerhaft, nämlich dass die Kohle als „nicht wahrnehmbar staubend“ berechnet wurde. Die Behörden in Nordrhein-Westfalen gehen von einem 50%igen Ansatz aus: 50 % nicht wahr-nehmbar staubend, 50 % schwach staubend. Von daher sind die Eingangsdaten der Kohlehalde und somit die Auswirkungen aus unserer Sicht unterbewertend berech-net worden.

Deshalb wird beantragt, diesen Teil der Prognose da-hin gehend neu durchzuführen, dass realitätsnahe Emis-sionen von der Kohlehalde, wenn sie schon nicht einge-haust wird, berechnet werden. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann dazu.

Ehmann (Antragstellerin): Die Berechnung der diffusen Emissionen – das hat Herr Dr. Wind schon angesprochen – wird im Allgemeinen nach der VDI-Richtlinie 3790 durchgeführt. Um genaue Daten und Informationen zu bekommen, haben wir im Jahre 2007 eine Immissionsmessung an der bei uns bestehen-den Kohlehalde durchführen lassen. Es ist dort von Februar bis Ende September gemessen worden.

Es sind direkt im Nahbereich Immissionen gemessen worden, und zwar zum einen der Staubniederschlag und zum anderen der Schwebstaub. Diese Messungen haben ergeben, dass wir direkt im Nahbereich genau die glei-chen Werte gemessen haben wie an den Referenzmess-stellen. Als Referenzmessstellen sind die drei LUBW-Messstellen genommen worden, die heute schon ange-sprochen worden sind, also Mannheim-Mitte, im Süden

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von Mannheim und zusätzlich noch Messstellen in Lud-wigshafen. Außerdem haben wir noch zwei BASF-Messstellen verwendet.

Es hat sich gezeigt, dass über die gesamte Zeit die Messwerte immer parallel verlaufen sind und dass sich die Abweichungen innerhalb der Fehlergrenzen der Messun-gen bewegt haben. Deshalb kam als Ergebnis dieser lange durchgeführten Messungen heraus, dass wir keine merkliche Feinstaubbelastung nachweisen konnten, die aus der Kohlehalde resultiert.

Ein Ereignis war eindeutig dem Kohleumschlag zuzu-ordnen, wo wir sehr trockene Kohle gelagert hatten, die schon sehr trocken angeliefert worden ist, und wo wir hohe Windgeschwindigkeiten hatten. Ansonsten konnten weder zur Haldenabwehung noch zum Umschlag mit dem Greifer irgendwelche Werte gemessen werden.

Die Bedingungen damals waren sehr ungünstig. Es war in verschiedenen Monaten im Frühjahr sehr warm. Man hatte absichtlich keinerlei Beregnungen und Bedü-sungen der Halde vorgenommen, um die ungünstigen Bedingungen zu erhalten. Es hatte in der Zeit weit über einen Monat lang nicht geregnet. Trotzdem haben wir diese niedrigen Werte erhalten, die für uns eindeutig der Nachweis sind, dass die Ansätze der VDI-Richtlinie mit der Realität nichts zu tun haben.

Deshalb sind wir der Meinung, dass man weiterhin of-fene Kohlelager bauen kann. Es ist technisch sicherlich möglich, geschlossene Läger zu bauen. Es gibt verschie-dene Gründe, weshalb die mancherorts errichtet werden. Ein geschlossenes Lager ist aber aus unserer Sicht auf Grund der sehr geringen Staubemissionen, die wir an unserem bestehenden Lager gemessen haben - mit sehr viel ungünstigeren Betriebsverhältnissen, als sie das neue Lager haben wird -, auch wirtschaftlich nicht vertretbar. Wenn wir an dem alten Lager schon so geringe Werte messen, sind am neuen Lager erst recht noch niedrigere Werte zu erwarten. Insofern halten wir ein geschlossenes Lager für wirtschaftlich nicht vertretbar.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block, Herr Gottstein, Herr Gebhardt und Herr Gödeke.

(Gödeke [Sachbeistand] Ich hätte schon gerne noch eine direkte Gegenrede, weil - -)

- Der Herr Block wahrscheinlich auch.

Block (BUND): Herr Ehmann, dass, was Sie gesagt haben, widerspricht den Aussagen, die wir in Karlsruhe gehört haben. Dort wurde zur gleichen Zeit ein Blockheizkraftwerk genehmigt - eingehaust, bei einer Papierfabrik, 350 MW. Uns wurde bei der Energie Baden-Württemberg gesagt, das Lager sei viel zu groß und zu gefährlich.

Wenn das also eindeutig geht, können wirtschaftliche Gründe dafür nicht maßgebend sein. Ich beantrage selbstverständlich die Einhausung des Kohlelagers.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt kommt Herr Gottstein, dann Herr Gebhardt, dann Herr Gödeke.

Gottstein (BUND): Ich habe noch eine Nachfrage zu der Trimmung. Herr Ehmann, wissen Sie, wie hoch der Laderaum der Schiffe von der Oberkante Ladeluke bis zum Schiffsboden herun-ter ist? Ich gehe davon aus, dass kein Schiff 4 bis 6 m Ladetiefe hat. - Bei 5 % und 20 cm übrigbleibender Rest sind das 20 cm mal 20 gleich 4 m bzw. 30 cm mal 20 gleich 6 m. – Rein optisch schätze ich die Ladetiefe auf zweieinhalb bis maximal drei Meter. Deswegen die Frage an Sie: Wissen Sie, wie hoch der Laderaum ist? Ich gehe auch davon aus, dass die Kohle geschlossen in den Schiffen angeliefert wird. Dann kann man einmal die 5 % überprüfen. – Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Zwei Dinge: Ich werde Ihnen jetzt aus dem Stand keine Zahl sagen; wir gucken einmal nach. Natürlich landen viele Schiffe bei uns an, und wir haben entsprechende Dokumente und Zeichnungen. Die habe ich im Augenblick allerdings nicht hier vorliegen.

Ich habe von 20 bis 30 cm gesprochen. Es ist ganz klar: Die Kohleschicht, in die Sie mit dem Greifer hinein-greifen, ist nicht eben, sondern sie ist an manchen Stellen dünner und an manchen Stellen auch ein bisschen dicker. Die 5 %, die wir angesetzt haben, sind der Mittelwert über die gesamte Fläche.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein, direkt dazu.

Gottstein (BUND): Könnten wir die Zahlen bis morgen haben, damit wir zur Not dieses Thema mit den 5 % noch einmal ansprechen können?

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich weiß nicht, ob wir die Zahlen bis morgen haben können. Das Verfahren wird sich sowieso noch hinziehen.

Gottstein (BUND): Frau Salchow, ein Hinweis: Ich nehme mir drei Tage Urlaub und bin unentgeltlich hier. Ich hätte die Angaben gerne morgen, damit ich das nachprüfen kann. Ich werde

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nicht dafür bezahlt, dass ich hier sitze - im Gegensatz zu den Mitarbeitern der Stadt Mannheim, die alle bezahlt werden. Sie werden bezahlt, auch der Antragsteller und die Sachverständigen werden mit Sicherheit bezahlt.

Deswegen bitte ich darum, dass man auf die Leute Rücksicht nimmt, die hier ihre Freizeit verbringen, die unentgeltlich hier sind, die ihre Freizeit opfern, die das ehrenamtlich machen. Darauf sollte man vielleicht einmal Rücksicht nehmen.

Ich habe eine ganz einfache Frage gestellt. Ich denke, mit einem Anruf morgen früh um acht oder um neun Uhr ist zu klären: Wie hoch sind denn die Schiffe, und wie hoch ist die Ladekante? Das ist eine ganz einfache Frage. Es ist nichts Kompliziertes dabei, wo man viel wälzen müsste.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich gehe davon aus, dass das GKM so schnell wie mög-lich diese Unterlagen zur Verfügung stellt. Aber ich kann Ihnen für einen Dritten nicht zusagen, dass das morgen früh um zehn Uhr – das ist ja unser Beginn – vorliegt.

(Block [BUND]: Wir entern ein Schiff!)

- Machen Sie das, Herr Block. - Ich nehme an, dass das morgen im Laufe des Vormittags machbar ist. - Herr Gebhardt und dann Herr Gödeke.

Gebhardt (Sachbeistand): Herr Ehmann, Sie haben einerseits von irgendwelchen Messungen an Kohlehalden gesprochen und andererseits davon, dass natürlich die VDI 3790 in so einem Genehmi-gungsverfahren anzuwenden ist.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass Sie sich hier wiederholt auf irgendwelche Messungen beziehen - das wird wahrscheinlich nicht das letzte Mal sein –, die nicht Gegenstand dieses Antrags sind. Ich würde mir wünschen, dass solche Messungen, wenn Sie sich darauf beziehen, in Ihrem Antrag in irgendeiner Form als Anlage enthalten sind, damit das für die Einwender und Betroffe-nen nachvollziehbar ist. Sie können erzählen, was Sie wollen: Solange es nicht im Genehmigungsantrag enthal-ten ist, ist das heiße Luft, Herr Ehmann. Insofern bin ich der Auffassung, Sie sollten das in Zukunft lassen. Entwe-der sind solche Sachen dem Antrag beigefügt, oder wir lassen sie außen vor.

In einem Punkt gebe ich Ihnen Recht, Herr Ehmann: Wir haben die Zusatzbelastungen insbesondere durch Staubemissionen anhand der VDI 3790 zu berechnen. Ich finde, daran sollten wir uns auch halten. Das ist etwas ganz Konkretes, über das wir hier erörtern und diskutieren können.

Daran schließt sich meine nächste Frage an, nämlich ob tatsächlich alle Emissionsquellen in diesem Umschlag-prozess berechnet worden sind. Ich vermisse eine Quelle, und zwar den Trichter, der abgesaugt wird, wo die Kohle

von dem Greifer hineingeworfen wird. Von dem Trichter geht sie dann auf das Band. Dazu habe ich nichts gefun-den. Ich weiß von anderen Verfahren, dass das so ge-macht wird. Wo finde ich diese Quelle in Ihren Unterla-gen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Wind.

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich nehme an, Sie meinen die Quelle, wo der Schiffsentla-der den Greifer aufmacht und die Kohle in den Trichter hineinschmeißt. Dieser Trichter ist dreiseitig eingehaust und von oben auch noch zugemacht. Nur die Seite, wo der Greifer mit der Schiene hereinfährt, ist offen. Deswe-gen haben wir das nicht berücksichtigt. Das ist praktisch von vier Seiten eingehaust, und es wird zusätzlich noch abgesaugt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Das ist nicht als diffuse Quelle berücksichtigt. Aber der Abluftfilter ist da natürlich berücksichtigt. Sie können das nachschauen: Das ist die Quelle F.1.9.2. Sie ist auch in der Immissionsprognose mit den entsprechenden Emissi-onen, die durch den Betrieb des Abluftfilters entstehen, enthalten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt und dann direkt Herr Gödeke.

Gebhardt (Sachbeistand): Direkt eine Nachfrage dazu: Diese Quelle habe ich in Ihren Unterlagen schon gefunden. Mir geht es aber darum, diesen Trichter zusätzlich als diffuse Quelle zu berücksichtigen. Das ist Stand der Technik und allgemein übliche wissenschaftliche Verfahrensweise. Deswegen ist in der VDI 3790 dieses, ich sage einmal: Modul enthalten. Zumindest gibt es da Faktoren für abgesaugte Trichter zur Berechnung diffuser Emissionen.

Deswegen bin ich der Auffassung, man sollte das nach den Vorgaben der VDI 3790 entsprechend als Emissions-quelle berücksichtigen. Meine Frage an die Fachbehör-den: Wie bewerten Sie das?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Kemper.

Dr. Kemper (LUBW): Der Punkt ist auch mir aufgefallen. Ich habe ihn vermisst. Es heißt „abgesaugter Trichter“. Inwieweit jetzt ein mehr-seitig eingehauster und weiter geschlossener Trichter unter die Regelung fällt oder ob man da eine besondere Regelung oder besondere Berechnung anwenden müsste, ist mir jetzt nicht bekannt. Die Angaben sind pauschal.

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Wenn das nicht in das eine und nicht in das andere fällt, hat man ein gewisses Problem mit der VDI 3790, da dort nur spezielle Fälle angegeben werden.

(Gebhardt [Sachbeistand]: Was heißt das jetzt?)

- Das heißt eigentlich: Wenn ich konservativ rechne, dann könnte ich den gut abgesaugten Trichter rechnen.

Gebhardt (Sachbeistand): Gut, sehr gut. Herzlichen Dank. Genau das wollte ich in Erfahrung bringen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann noch dazu.

Ehmann (Antragstellerin): Ein abgesaugter Trichter ist in meiner Vorstellung ein Trichter, an dem seitlich die Absaugung angebracht ist. Wenn ich den Trichter insgesamt quasi einhause, wenn ich nur diese wenigen offenen Stellen habe, wie Herr Dr. Wind sie beschrieben hat, und dann Luft absauge, stelle ich durch die Absaugmenge sicher, dass keine Emission nach außen geht, sondern dass an der offenen Stelle die Luft im Prinzip nach innen strömt. Dann gibt es keine diffusen Emissionen mehr.

Wenn man aber die Werte berechnet, die eben in der Stellungnahme von der LUBW genannt worden sind, kommt man nahezu zu dem gleichen Ergebnis. Ich glaube - ich zitiere jetzt aus dem Kopf; ich bin mir nicht absolut sicher -, bei der LUBW sind 905 kg per anno dabei he-rausgekommen.

Die Zahl, die wir errechnet haben, ergibt sich dadurch, dass wir unterstellt haben, dass das Filter über die kom-plette Betriebszeit läuft und dass in dem Filter 10 mg Emissionen entstehen. – Das ist allerdings nicht realis-tisch, weil der Staub eigentlich nur dann, wenn ich die Schaufel aufmache, direkt anfällt. In der Zwischenzeit, wenn da kein Staubanfall ist, wird die Emission sicherlich geringer sein.

Wir kommen dann nahezu zu der gleichen Zahl: etwa 880 kg per anno – ich müsste noch einmal genau in meine Unterlagen gucken -, also knapp unterhalb der 905. Der Unterschied zwischen den beiden Rechenarten ist ver-nachlässigbar.

Das heißt aus meiner Sicht ganz klar: In der Praxis wird durch unser Filter sehr viel weniger Staub anfallen, als wenn ich nur ein offenes Filter absauge. Aber rein rechnerisch mit Blick auf die Immissionsprognose haben wir im Prinzip die gleiche Emission.

Verhandlungsleiterin Salchow: Her Gödeke und dann Herr Gebhardt.

Gödeke (Sachbeistand): Ganz kurz zu diesem Thema: Dazu sagen die Behörden in Nordrhein-Westfalen – das ist im Prinzip mit meinem Antrag auf ein eingehaustes Becherwerk bereits abge-handelt -, dass damit auch die Emissionen aus schlecht schließenden Greifern und Aufwirbelungen im Trichter verhindert werden. Von daher halten wir das ohnehin für eine wichtige emissionsmindernde Maßnahme.

Zu der Einlassung von Herrn Ehmann, es seien Mes-sungen gemacht werden: Die Messungen sind a) nicht Antragsgegenstand, und sie sind b) nicht verifiziert; sie sind von niemandem nachprüfbar. Sie wurden nicht vorgelegt.

Es gibt auch aus Nordrhein-Westfalen Daten zu Kohle-lagern, die im Europäischen Emissionsregister nachvoll-ziehbar sind. Dort sind sehr wohl Abwehungen, und zwar Massenstrommengen, angegeben. Die Daten bestätigen im Prinzip, das die VDI gar nicht so schlecht ist.

Von daher ist klar – das sagen auch die Behörden in Nordrhein-Westfalen, und die haben Erfahrung mit Kohle-lagern -, dass 50 % als kaum wahrnehmbar staubend und 50 % als schwach staubend zu berechnen sind. Darum muss eine entsprechende neue Prognose gemacht werden. Mit irgendwelchen mündlichen Aussagen hier, die nicht Antragsgegenstand sind, können Sie das nicht entkräften. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich kann das nur unterstützen, was Herr Gödeke gesagt hat. Ich sehe das ebenfalls so, und da sollten wir noch einmal in die VDI 3790 hineingucken.

Im Anhang wird ja klassifiziert, wie beispielsweise Koh-le im Hinblick auf das Staubfreisetzungsverhalten einzu-stufen ist. Da werden Kohlen als „nicht wahrnehmbar staubend“, aber auch als „schwach staubend“ eingestuft. Das war letztendlich der Grund, warum die Fachbehörden in Nordrhein-Westfalen die Berechnung auf diese Art vorgenommen haben, nämlich 50 % nicht wahrnehmbar staubend und 50 % schwach staubend.

Insgesamt – das möchte ich hier noch einmal verdeut-lichen – ist nach unserer Auffassung an verschiedenen Punkten nicht ausreichend konservativ gerechnet worden. Das betrifft einmal – ich fasse jetzt zusammen – die Zutrimmung, das betrifft die Frage, ob der Trichter berück-sichtigt wurde oder nicht, und dann natürlich die Frage: Ist die Kohle als „nicht wahrnehmbar staubend“ oder als „schwach staubend“ einzustufen?

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Ich habe mir die Mühe gemacht und einmal nach VDI 3790 gerechnet. Ich möchte hier nur beispielhaft darstellen, auf welche Ergebnisse ich komme: Wenn man die Berechnung des TÜV heranzieht, kommt man insge-samt auf eine Emissionsfracht von 10 804 kg pro Jahr, also, grob gerechnet: 10 t pro Jahr. Wenn man den Abwurf in den Trichter mit einrechnet, das sind immerhin 3 t pro Jahr. - Da komme ich auf andere Zahlen als die Fachbehörde. - Dann kommt man schon auf 13,9 t, also fast 14 t pro Jahr.

Wenn man jetzt annähme, das Ganze wäre nicht wahrnehmbar staubend, sondern schwach staubend, käme man auf das Dreifache. Ich sage jetzt nicht: Man muss hier komplett mit schwach staubend rechnen. Ich sage nur: Dann käme man auf das Dreifache.

Wenn man dann den Mittelwert bildet, ist man irgend-wo bei 25 t pro Jahr und nicht bei 10 t pro Jahr. Das ist ein erheblicher Unterschied. Deswegen ist mir das auch so wichtig, es für das Protokoll festzuhalten.

Meines Erachtens wurde hier nicht ausreichend ge-rechnet. Darum bin ich der Auffassung, dass neu gerech-net werden muss. Ich stelle deswegen hier den Antrag: Die Immissionsprognose ist auch in diesem Punkt neu zu berechnen, und es ist eine konservative Herangehenswei-se zu wählen, wie es in der VDI 3790 vorgeschrieben ist. Punkt!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Wind.

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich finde schon, dass wir diese Immissionsmessungen im Bereich der Halde 1, also der bestehenden Kohlehalde, berücksichtigen müssen – gerade weil Sie uns hier jetzt vorwerfen, wir hätten nicht konservativ gerechnet. Denn anhand dieser Immissionsmessungen sieht man, dass das der Fall war.

(Schaubild: Schwebstaub [PM10] – Anlage 10, S. 317)

Ich habe hier in der Tabelle diese Messwerte zusam-mengestellt. Die zweite Spalte von rechts zeigt in den ersten drei Reihen die Immissionsmesswerte im Bereich der Halde. Die waren rings um die Halde angeordnet. Direkt darunter sind die LUBW-Messstellen mit den Messwerten, die zeitgleich gemessen worden sind. Wie Sie sehen, ist da kein Einfluss festzustellen.

Interessant ist jetzt die rechte Spalte. Ich habe nämlich die VDI 3790 genommen, habe genau den gleichen Ansatz wie in der Immissionsprognose für den Block 9 gemacht, und habe die Emissionen für die Halde 1 be-rechnet. Ich bin dann mit diesen Emissionen in die Aus-breitungsrechnung hineingegangen. Dann bekomme ich

hier eine Zusatzbelastung im Bereich der Halde 1 zwi-schen 16,5 und 46,7 µg/m³, d. h. eine ganz deutliche Zusatzbelastung, während die reellen Messungen eine Zusatzbelastung von Null zeigen. Daran sieht man, dass wir bei der Bestimmung der diffusen Emissionen sehr konservativ gearbeitet haben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich sehe hier keine Messungen. Da sind weder eine Mess-methode noch etwas anderes angegeben. Sie sprechen von Messungen, die nicht Antragsgegenstand sind. Legen Sie den Messbericht vor, dann können wir das prüfen! Ansonsten können Sie nur spekulieren.

Sie behaupten jetzt einfach etwas, was niemand hier im Saal nachprüfen kann, auch die Genehmigungsbehör-de nicht. Sie behaupten das jetzt einfach. Das geht nicht. Diese Messung ist nicht Antragsgegenstand. Wir sprechen über den Antrag. Sie können jetzt alle möglichen Power-point-Präsentationen auflegen, aber wir können es nicht prüfen!

(Prof. Dr. Dolde [Antragstellerin]: Glauben Sie, dass wir alles prüfen können, was Sie hier heute behauptet haben? – Buh-Rufe von den Einwenderinnen und Einwendern)

- Wenn ich etwas sage, was Sie widerlegen können, dann werden Sie sehr deutlich. Sie tun das, und das Recht nehmen wir uns auch. Wenn ich mir selber widerspreche, was mir ja mehrmals passiert ist, sprechen Sie das sofort an. Wir nehmen uns das Recht, das ebenfalls zu tun.

Der TÜV hat hier Messungen angesprochen, die nicht Antragsgegenstand sind und die – ich wiederhole das –nicht überprüfbar sind, bevor nicht der Messbericht zum Antragsgegenstand gemacht worden ist. Sie können gerne einen neuen Genehmigungsantrag mit diesem Messbericht stellen. Dann können wir darüber sprechen. - Danke schön.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Antragsgegenstand ist die Berechnung nach VDI. Sie haben angeführt, die Berechnung sei nicht konservativ genug. Um diesen Einwand auszuräumen, hat Herr Wind auf die Messungen zurückgegriffen.

Antragsgegenstand ist und bleibt die VDI. Wenn das Regierungspräsidium die Messungen wünscht, werden wir das dem Regierungspräsidium vorlegen. Dann wird es entscheiden, was es damit macht.

(Block [BUND]: Genau das will er!)

Gödeke (Sachbeistand): Direkte Gegenrede: Genau das haben wir gesagt: An-tragsgegenstand ist die VDI, und dazu gibt es Erfahrungen

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von anderen Behörden - Erfahrungen, die in Genehmi-gungsverfahren bereits verwendet wurden. Genau das haben wir beantragt, nämlich dass eine entsprechende Rechnung gemacht wird. Nichts anderes haben wir gesagt.

Der Antrag ist bereits gestellt; darüber brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Ein Antrag ist ein Antrag. Sie können gerne einen Gegenantrag stellen - das bleibt Ihnen unbenommen -, wenn Sie Einwände haben. Wir haben einen Antrag gestellt, und der ist begründet. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, zu Ihrer Information: In ganz anderem Kontext ist uns dieser TÜV-Messbericht vorgelegt worden, und zwar im Zusammenhang mit der Erstellung der Luftreinhaltepläne, Teilplan Mannheim. Deswegen war uns das – natürlich aus einem ganz anderen Kontext heraus – durchaus bekannt. Aber es stimmt: Das ist nicht Gegenstand dieses Genehmigungsantrags. Das gehört sozusagen zu unserem behördlichen Hintergrundwissen.

(Block [BUND]: Wir würden es aber eben-falls gerne wissen! Auch er würde es gerne wissen! Wir Bürger haben doch ein Recht darauf zu wissen, was das ist! Das ist doch einfach!)

- Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder sagt das GKM: Wir legen das offen. Oder Sie beantragen bei uns Akteneinsicht. Das sind keine geheimen Unterlagen. – Herr Block.

Block (BUND): Es ist klar, dass Herr Gödeke und ich da hingehen und das angucken. Aber ich verstehe das Problem nicht. Da ist ein Antrag gestellt, und Sie bearbeiten den Antrag und sagen, Sie wüssten das schon. Wunderbar! Ich finde es uns gegenüber ein bisschen unfair, dass das nicht drin ist oder dass Sie uns nicht gesagt haben, dass Sie das schon wissen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block, das Thema kommt heute zum ersten Mal auf. Deswegen haben wir es Ihnen in diesem Moment gesagt, das wir das haben. Das war der frühestmögliche Zeit-punkt.

Block (BUND): Gut. Da haben Sie ihn beinahe ins Messer laufen lassen und haben dann gesagt: Jetzt ziehe ich das Messer heraus, wir wissen das ja schon.

Essig (RP Karlsruhe): Herr Block, noch eine kurze Bemerkung zu diesen Mes-sungen und zum Hintergrund: Wir haben den Luftrein-halteaktionsplan Mannheim erstellt, der vor zwei Jahren veröffentlicht wurde. Eine der Maßnahmen war, dass das Regierungspräsidium und die Stadt Mannheim für Betrie-be in eigener Zuständigkeit prüfen, wie Staubemissionen und -immissionen, die durch Umschlag und Lagerung staubender Güter entstehen, möglichst verhindert werden können.

Da wir bekanntlich für das Großkraftwerk Mannheim zuständig sind, hat uns auf Grund der Größe der beste-henden Kohlehalden interessiert: Was tut sich da eigent-lich? Wie wirken sich die Lagerung und der Umschlag von Kohle auf die Umweltzone der Stadt Mannheim aus?

Deswegen haben wir die Grosskraftwerk Mannheim AG gebeten, für diese spezielle Frage Messungen durch-zuführen, damit man endlich einmal eine belastbare Datengrundlage hat, die es vorher in dieser Art aus unserer Sicht und nach unserer Kenntnis noch nicht gegeben hat. Deswegen wurde dieser Bericht erstellt. Der Bericht wurde erst im April/Mai dieses Jahres vorgelegt. Da waren die Antragsunterlagen zum Großteil schon erstellt.

Dann gab es von uns noch Nachforderungen in Bezug auf diesen Messbericht, wo wir aufgrund einiger Unklar-heiten gesagt haben: Nein, den können wir so noch nicht akzeptieren; da fehlt noch diese und jene Betrachtung, z. B. Kurzzeitwertbetrachtungen. Wir haben daraufhin gesagt: nacharbeiten! Diese Nacharbeit kam erst im September. Vermutlich deswegen konnte dieser Bericht - aus verständlichem Grund – nicht mehr in den Antrag eingearbeitet werden. Aber noch einmal: Der Bericht liegt bei uns, und Sie können ihn jederzeit einsehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ganz kurz dazu - auch Frau Salchow hat es ja schon gesagt -: Das ist nicht Antragsgegenstand. Dann hätte man das Ganze halt schneller machen müssen oder hätte den Antrag auf Genehmigung des Kraftwerks später stellen müssen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn es jetzt zu den diffusen Quellen keine Wortmeldun-gen mehr gibt - ich nehme an, Herr Gebhardt, Sie haben noch eine -, würde ich gerne zu dem wirklich sehr weitrei-chenden Tagesordnungspunkt „Auswirkungen“ - sowohl auf den Menschen als auch auf Vegetation, Pflanzen und Böden - übergehen.

(Gödeke [Sachbeistand]: Können wir eine kurze Pause machen, Frau Salchow?)

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- Wir können gerne zehn Minuten Pause machen.

Gebhardt (Sachbeistand): Dem möchte auch ich mich anschließen. Wir sitzen hier jetzt schon über drei Stunden. Es ist wirklich langsam geboten, denke ich, eine Viertelstunde Pause zu machen. Dann kann man wieder ein bisschen erfrischt weiterma-chen.

Ich habe noch einen Punkt, und zwar die Lkw-Emissionen. Auch das sind letztendlich diffuse Emissio-nen, die dort mit hineinspielen. Grundsätzlich finde ich den Ansatz ganz gut, dass man hier zumindest teilweise mit dem EPA-Ansatz gerechnet hat. Darüber habe ich mich zunächst einmal gefreut. Denn ich halte das für einen sehr vernünftigen Ansatz.

Als ich mir dann aber die Detailanforderungen bzw. die Detailrandbedingungen angeschaut habe, musste ich feststellen: So kann es doch eigentlich nicht gehen. Man wählt einen vernünftigen Ansatz, nimmt aber dann Rand-bedingungen, die meines Erachtens nicht zielführend sind.

Man ist hier z. B. davon ausgegangen, dass die Staubbeladung der Straße relativ gering ist. Das mag bei einer Anlage mit eingehaustem Kohlelager vielleicht der Fall sein, aber nicht bei einer Anlage, wo Kohle nicht nur offen unter erheblicher Staubentwicklung umgeschlagen wird, sondern Kohle auch offen gelagert wird. Ich bin der Auffassung, dass man hier deswegen mit Straßenverhält-nissen zu rechnen hat, die eine größere Staubbelastung aufweisen.

Weiterhin wurde für Nutzfahrzeuge ein mittleres Ge-wicht von 9 t angenommen, wenn ich das richtig gelesen habe. Die Transportfahrzeuge, die hier an- und abfahren, sind bestimmt keine Neuntonner oder Siebeneinhalbton-ner. Das sind große Lkw. Insofern halte ich diesen Ansatz in keiner Weise für fachlich geboten. Hier müssten we-sentlich größere Fahrzeuge angesetzt werden.

Auch dass 120 Regentage herangezogen wurden, hal-te ich für äußerst fragwürdig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jeden dritten Tag in Mannheim regnet. Dort, wo ich herkomme – ich wohne zwischen Marburg und Gie-ßen – regnet es nicht jeden dritten Tag.

Ich kenne andere Berechnungen von Emissionsfakto-ren nach der EPA-Methode. Da kommt man auf Immissi-onsfaktoren im Bereich von 70 bis 100 g pro Kilometer. Der Antragsteller rechnet hier mit 7 g pro Kilometer. Hier vermisse ich ebenfalls einen konservativen Ansatz. Auch aus diesem Grund bin ich der Auffassung, dass die Eingangsparameter in der Immissionsprognose modifiziert werden müssen und die Prognose neu zu rechnen ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn die Antragstellerin dazu jetzt nichts sagen möchte, wäre der Herr Block dran. Vielleicht kann man das dann zusammenfassen.

Block (BUND): In Karlsruhe fiel uns auf, dass die Fahrzeuge, die aus der Kesselascheanlage kommen, ziemlich verstaubt sind. Das heißt, die Entwicklung von Staubemissionen ist bei den Lkws wesentlich höher als bei normalen Lkws. Deswegen ist unsere Forderung, dass dort eine Reifenwaschanlage für solche Fahrzeuge, die das Aschelager verlassen, eingebaut wird und dass das Aschelager selbstverständ-lich auch eingehaust ist.

(Herr Gödeke [Sachbeistand] meldet sich zu Wort)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, ich denke, Sie wollten eine Pause machen.

Gödeke (Sachbeistand): Nur ein ergänzender Antrag: Es wird beantragt, dass festgelegt wird, dass die GKM mit Lkw-Lieferanten Liefer-verträge abschließt, die ausschließlich Fahrzeuge mit der höchsten EU-Norm zulassen. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Okay, das nehmen wir ins Protokoll. - Herr Dr. Wind.

Dr. Wind (Antragstellerin): Dieses EPA-Modell ist ein sehr konservatives Modell. Wir haben da mit „sauberen“ Straßen gerechnet, weil entspre-chende Vorkehrungen auf dem Gelände von GKM getrof-fen sind: regelmäßige Reinigung, Straßeninstandhaltung usw. Deshalb kann man davon ausgehen, dass die Straßen entsprechend einzustufen sind.

Die Einstufung der Lkw-Größe bedingt sich einfach aus dem Modell, wo keine größeren Lkws vorgesehen sind. – Danke.

Pause von 18.33 bis 18.48 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich bitte Sie, wieder Ihre Plätze einzunehmen. Wir machen weiter mit dem Tagesordnungspunkt

5.1.6.2 Auswirkungen/Gesamtbelastung

Zur Einführung in das Thema bitte ich den Herrn Horn von der LUBW um einen kleinen Vortrag.

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Horn (LUBW): Wir haben im Rahmen der Erstellung des Luftreinhalte- und Aktionsplanes in Mannheim eine Ursachenanalyse für die Überschreitungspunkte in Mannheim erstellt. Das waren im Jahr 2006 die Überschreitungspunkte Mann-heim-Straße der Verkehrsmessstation und der Messpunkt Luisenring. An beiden Stellen wurde der Tagesmittelwert von PM10 in Höhe von 50 μg/m³ an 43 Tagen überschrit-ten. Im Jahr 2007 gab es keine Überschreitungen bei PM10.

(Schaubild: Verursacheranteile PM10 im Jahr 2006 – Anlage11-1, S. 319)

Warum macht man diese Ursachenanalyse? - Die Ur-sachenanalyse wird erstellt, um zu sehen, welche Emitten-tengruppen mit welchem Anteil zur Emissionsbelastung beitragen, damit dann verursachergerechte Maßnahmen ergriffen werden können.

Sie sehen hier bei PM10, dass der großräumige Hin-tergrund bereits einen sehr großen Anteil darstellt. Er wird durch die vier ländlichen Messstationen in Baden-Württemberg repräsentiert. In diesem Fall wird fast die Hälfte der Immissionsbelastung durch den großräumigen Hintergrund hervorgerufen. Etwa ein Viertel wird durch die Stadt Mannheim selbst hervorgerufen und ein weiteres Viertel durch die lokale Belastung. In beiden Fällen ist der Anteil der Industrie bei der lokalen Belastung kleiner als 1 %, im städtischen Hintergrund etwa 12 %.

Beim Straßenverkehr wird noch in Abgasemissionen und Auf- und Abwirbelungsemissionen unterschieden, verursacht durch Reifen- und Bremsenabrieb, Straßenab-rieb und Aufwirbelung von Straßenstaub.

(Schaubild: Verursacheranteile NO2 im Jahr 2006 - Anlage 11-2, S. 319)

Bei NO2 sieht die ganze Sache etwas anders aus. Hier ist der großräumige Hintergrund wesentlich kleiner. Er wird wieder durch die vier ländlichen Messstationen repräsentiert. Der lokale Anteil ist hier wesentlich größer, in beiden Fällen etwa 40 %.

Der Industrieanteil beim lokalen Anteil ist größer - wo-bei man sagen muss, dass da alle industriellen Quellen von erklärungspflichtigen Anlagen enthalten sind, also nicht nur das Großkraftwerk Mannheim. Beim städtischen Hintergrund beträgt der Anteil der Industrie an den 27 % für die genannten Quellengruppen etwa 5 %. Der Stra-ßenverkehr ist hier sehr stark dominierend, sowohl im städtischen Hintergrund als auch bei der lokalen Belas-tung.

(Schaubild: Spotmessungen in Mannheim 2005 bis 2008 - Anlage 11-3, S. 320)

Hier noch einmal eine Übersicht über die Messungen in Mannheim von 2005 bis 2008. Am Messpunkt Luisen-ring und am Messpunkt Mannheim-Straße, also an den

beiden verkehrsnahen Spotmesspunkten, gab es in den Jahren 2005 und 2006 Überschreitungen des Kurzzeit-grenzwertes von PM10. Der darf maximal an 35 Tagen überschritten werden. Er wurde aber an 43 bzw. 51 Tagen in 2006 überschritten. Der Jahresmittelwert wurde ein-gehalten.

Überschritten wurde auch der Jahresgrenzwert von NO2. Der Grenzwert gilt ja erst im Jahr 2010 und beträgt dann 40 μg/m³. Im Moment gilt noch ein Emissionsgrenz-wert plus Toleranzmarge, die jedes Jahr um 2 μg/m³ abnimmt.

Im Jahr 2007 gab es bei PM10 keine Überschreitun-gen mehr. Es gab 26 Überschreitungstage am Messpunkt Mannheim-Straße. Am Messpunkt Luisenring wurde im Jahr 2007 nicht mehr gemessen.

Im Jahr 2008 haben wir bis jetzt, also bis zum 16.11.2008, neun Überschreitungstage, sodass hier ebenfalls nicht damit zu rechnen ist, dass der Tagesmit-telwert an mehr als 35 Tagen überschritten wird.

(Schaubild: Luftmessnetz in Mannheim 2005 bis 2007 - Anlage 11-4, S. 320)

Hier noch die Messstationen des Luftmessnetzes in Mannheim in den Jahren von 2005 bis 2007. Wir sehen, dass die Tagesgrenzwerte von PM10 überall eingehalten wurden. Auch die Jahresgrenzwerte von PM10 wurden nicht überschritten.

Die Jahresgrenzwerte von NO2 - die sind hier nicht aufgeführt - lagen zwischen 30 μg/m³ und 34 μg/m³. Also auch da wurde der ab dem Jahr 2010 geltende Jahres-grenzwert von 40 μg/m³ überall eingehalten. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Horn. - Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich habe eine Rückfrage zu den ersten Schaubildern, die Sie gezeigt haben, diese Kuchendiagramme. Mir ist nicht eingängig, wie Sie das ermitteln. Können Sie das ein bisschen erläutern?

(Schaubild: Verursacheranteile PM10 im Jahr 2006 – Anlage 11-1, S. 319)

Horn (LUBW): Der großräumige Hintergrund wird durch die vier ländli-chen Messstationen in Baden-Württemberg repräsentiert. Hier wurden bei PM10 etwa 16 μg/m³ gemessen. Insge-samt wurde am Messpunkt Mannheim-Straße ein Jahres-mittelwert von 33 μg/m³ gemessen, am Messpunkt Luisen-ring 35 μg/m³. Deshalb ergeben diese 16 μg/m³ in einem Fall 49 %, im anderen Fall 46 %.

Der Gesamthintergrund wird durch die drei städtischen Hintergrundmessstationen in Mannheim repräsentiert. Da

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

wird der Mittelwert aus diesen drei Messstationen ge-nommen, die ich Ihnen gerade gezeigt habe. Das waren im Jahr 2006 25 μg/m³.

Der Anteil, der als Immissionsbelastung nur durch die Stadt hervorgerufen wird, ist die Differenz von diesen 25 μg/m³ minus 16 μg/m³. Das sind die 9 μg/m³. Der lokale Anteil wird wiederum durch die Differenz an den Spot-messstellen bestimmt, also 33 μg/m³ minus 25 μg/m³ durch die städtischen Hintergrundmessstellen.

Die Aufteilung, welche Emittentengruppen jetzt in wel-cher Höhe beteiligt sind, wird bei Industrie und Gewerbe sowie beim lokalen Anteil mit einer AUSTAL2000-Rechnung ermittelt, weil man hier die beiden konkreten Aufpunkte, die beiden Messstellen hat. In den anderen Fällen wird die Aufteilung durch die Emissionsanteile, die man kennt, errechnet. Bei uns, der LUBW, sind die klein-räumigen Immissionskataster für all diese Quellgruppen geführt, sodass wir die Immissionsanteile sowohl im städtischen Bereich als auch lokal in direkter Umgebung des Messpunktes kleinräumig vorliegen haben.

Dabei wird die Emissionshöhe natürlich berücksichtigt. Es ist klar, dass bei einem Kraftwerk mit 200 m Schorn-steinhöhe die ganzen Emissionen nicht in der Stadt selber bleiben, sondern auch nach außen getragen werden. Ein Teil ist im großräumigen Hintergrund zu finden, ein Teil im städtischen Hintergrund und ein Teil bei der lokalen Belastung. Sicherlich wird ein Teil auch so weit herausge-tragen, dass er als Ferntransport irgendwo anders herun-terkommt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block und dann Herr Dr. Uttendorf.

Block (BUND): Messen Sie korrekt in 2,45 m Höhe? - Können Sie noch die Messeinrichtungen Ihrer Messstationen definieren: 2,45 oder 2,40 m oder was?

Horn (LUBW): Das kann ich Ihnen nicht genau sagen.

Block (BUND): Das ist aber schon interessant. Ich habe immer das Problem, wenn ich solche Kuchendiagramme sehe: Sie schmecken heraus, welches Cadmium aus einem PKW kommt und welches aus einem Kraftwerk kommt. Haben Sie eine empfindliche Zunge?

Horn (LUBW): Nein, nein, das schmecken wir nicht heraus.

Block (BUND): Sondern? Woher wissen Sie, welche Schwermetalle im Filter oder an Ihrem Messpunkt vom Autoverkehr oder von Kleinfeuerungsanlagen kommen?

Horn (LUBW): Ich habe gesagt, das wird über die Emissionsanteile ermittelt. Wir haben die Emissionen kleinräumig für den Verkehr, für die Industrie, für Gewerbe, für den Offroad-Bereich und für die sonstigen Quellen ermittelt. Sonst müsste man in jedem Fall eine Staubanalyse auf Staubin-haltsstoffe machen.

Block (BUND): Ja, natürlich! Das ist meine Frage: Haben Sie die ge-macht? Haben Sie abgeglichen, wie Ihre rein rechneri-schen Ergebnisse mit der Wirklichkeit übereinstimmen?

Horn (LUBW): Im Jahr 2006 wurden für drei Messstationen Staubinhalts-stoffe ermittelt.

Block (BUND): Und wie waren die Ergebnisse?

Horn (LUBW): Die Ergebnisse stimmen relativ gut mit diesen berechne-ten Ergebnissen überein.

Block (BUND): Was heißt „relativ“? Relativ ist relativ!

Horn (LUBW): Sie sehen z. B. dem organischen Material oder dem elementaren Kohlenstoff, den Sie in der Staubanalyse finden, nicht unbedingt an, ob der aus der Industrie, aus dem Reifenabrieb oder aus einer Kleinfeuerungsanlage kommt. Das wissen Sie nicht.

Block (BUND): Genau das ist das Problem! Sie sehen auch einem Cad-mium-Teilchen nicht an, woher es kommt, ob es z. B. aus einem Kat kommt. Ich nehme Ihnen einfach nicht ab, dass diese Angaben hier einigermaßen plausibel sein sollen.

Das gilt genauso für das Gesamthintergrundniveau von 76 % des Reinluftgebiets. Im „Reinluftgebiet“ landen doch letztendlich wieder nur die Emissionen von den Kraftwerken hier. Woher soll denn bei uns oben im Schwarzwald der Dreck sonst herkommen? Doch nicht von den Kleinfeuerungsanlagen vor Ort! Er kommt viel-mehr aus Karlsruhe oder Mannheim oder weiß der Ku-ckuck woher.

Das heißt, diesen Gesamthintergrund müsste man ei-gentlich als Parameter beachten. Ich verstehe es einfach nicht, dass man so etwas immer wieder hier hingestellt bekommt. - Das ist meine erste Feststellung.

Die zweite Feststellung ist - wenn Sie bitte einmal zwei Folien weitergehen -:

(Schaubild: Spotmessungen in Mannheim 2005 bis 2008 – Anlage 11-3, S. 320)

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Woher kommt dieser plötzliche Rückgang? Wie oft reini-gen Sie neuerdings die Straßen dort? Wie häufig wurde 2005 diese Straße am Messpunkt Mannheim-Straße von der Straßenreinigung gesäubert? Wie oft wurde sie im Jahr 2006 gereinigt, wie oft im Jahr 2007 und wie oft im Jahr 2008? In welchen Intervallen?

In Karlsruhe haben die Feinstäube drastisch abge-nommen, seitdem einmal am Tag morgens um 7 Uhr oder abends um 19 Uhr die Waschwagen an den Messstellen vorbeifahren. Da messen Sie nichts mehr - wenigstens nichts vom Autoverkehr! - Diese Fragen hätte ich gerne beantwortet. Das Regierungspräsidium sollte auch einmal der Frage nachgehen, ob die Städte nicht allmählich beginnen, mit den Statistiken zu tricksen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah.

Krah (Stadt Mannheim): Selbstverständlich hat auch die Stadt Mannheim gereinigt. Auch wir haben die Information bekommen, dass durch die Reinigung der Straßen die Staubmenge infolge von Abrieb von Straßen, Kupplungen und Bremsen sowie aus dem Kat heraus wesentlich beeinflusst werden kann.

Wir haben entsprechend gereinigt, und wir haben das mit anderen Städten abgeglichen, die so etwas ebenfalls gemacht haben. Ich kann Ihnen sagen: Diese Reinigungs-aktionen bringen äußerst wenig.

Darum kann ich das, was Sie gesagt haben, nicht nachvollziehen. Zu den Karlsruher Werten werde ich mich gerne noch mit dem Herrn Hacker von Karlsruhe in Verbindung setzen.

Wir sehen das so, dass diese Reinigungsaktionen fast nur psychologisch für die Bevölkerung zu sehen sind, um zu zeigen, dass hier etwas getan wird. Aber das Ergebnis der Reinigung, die bei uns jeden Tag morgens um 6 Uhr gemacht wurde, war sehr gering.

Block (BUND): Entschuldigung! Ab wann haben Sie das gemacht: seit 2005 oder schon immer? Denn das beweist, dass das etwas bringt.

Krah (Stadt Mannheim): Ende 2005, Anfang 2006. - Die Veränderungen sind nicht auf die Einrichtung einer Umweltzone in Mannheim, sondern auf die Meteorologie zurückzuführen. - Dazu kann aber der Kollege von der LUBW noch mehr sagen. -Das ist das Entscheidende in diesem Bereich. Die meteo-rologischen Ausbreitungsbedingungen, sprich: die Aus-breitungen von den Schadstoffen, sind das entscheidende

Merkmal. Aber das kann der Kollege besser erläutern; ich ziehe mich da zurück.

Horn (LUBW): Wie der Herr Krah schon sagte, sind die Verringerungen auf die günstigen meteorologischen Bedingungen zurück-zuführen, also wenig austauscharme Wetterlagen, wenig Inversionswetterlagen im Jahr 2007 und bisher auch im Jahr 2008. Sie sehen an den NO2-Werten, dass sich die Immissionen kaum verändert haben; sie sind annähernd gleich geblieben, auch im Jahr 2007. Bei PM10 ist der starke Rückgang eindeutig auf die meteorologischen Bedingungen zurückzuführen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Uttendorf, Herr Fojkar und dann Herr Rahner.

Dr. Uttendorf (Einwender): Um auf das Letzte noch einmal einzugehen: Heißt das mit anderen Worten, dass diese Umweltschutzzonen für die Katz waren? Wir wissen nach neuesten Erkenntnissen, dass nicht der Berufsverkehr morgens zum Hochschnellen der Werte führt, sondern die Sonneneinstrahlung. Ist das insofern alles vergebliche Liebesmühe? - Darauf kommen wir gleich noch zurück.

Meine Frage ist: Wie viele von diesen gemessenen Werten in den Kreisbildern sind Verbrennungswerte, also Stäube aus der Verbrennung, die sozusagen frei in der Luft schweben, und wie viele davon sind quasi durch Aufwirbelung von Abrieb, Bremsbelägen usw., gekom-men?

Der Hintergrund ist Folgender: Wenn Sie etwas verbrennen, dann gibt es so etwas wie den Popcorneffekt: Die Schadstoffe bekommen auf einmal durch die Hitze eine große Oberfläche und sind dann natürlich auch sehr aggressiv. Wenn sie auf den Boden zurückfallen, werden sie sich irgendwie neutralisieren. Das heißt, wenn Sie heute durch Ihr Wohnzimmer laufen, werden Sie wahr-scheinlich mehr Stäube aufwirbeln, als in Ihrer Statistik aufgeführt sind. Aber die sind völlig ungefährlich.

Aber das, was wir vom GKM sozusagen im Freiflug innerhalb von 20 Minuten direkt aus dem Kamin bekom-men, hat eine ganz andere Qualität, obwohl das ebenfalls PM10 ist.

Können Sie etwas dazu sagen? Können Sie sagen, wie viel davon aus echter Verbrennung stammt und was nur Staub ist, der auf der Straße hoch gewirbelt wird?

Horn (LUBW): Sie sehen ja: Beim Straßenverkehr wird zwischen den Immissionen unterschieden, die durch den Auspuff oder durch Aufwirbelungs- und Abriebsprozesse hervorgerufen werden. Sie sehen, dass beim Straßenverkehr mehr Immissionen durch Aufwirbelungs- und Abriebsprozesse

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als durch die Auspuffemissionen entstehen. Das ist hier in der Grafik dargestellt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Fojkar.

Fojkar (Einwender): Ich stelle die Frage, wie Sie zu einer so genauen Kuchen-verteilung kommen. Vorher haben Sie doch gesagt, das Ganze beruhe letztlich auf Emissionsrechnungen. Ich kann nicht verstehen, wie Sie dann zu einer so differen-zierten Aussage im Prozentbereich kommen können. Das kann ich nicht nachvollziehen.

Horn (LUBW): Wie schon gesagt, geht das über die Emissionsanteile. Die Emissionen im Straßenverkehr sind berechnet. Bei den Industrieanlagen sind die Betreiber erklärungspflich-tig; sie müssen ihre Emissionen melden. Bei den Klein-feuerungsanlagen sind die Emissionen ebenfalls berech-net. Die Anteile in der Stadt werden von verschiedenen Quellengruppen hervorgerufen, und die Anteile lokal um den Messpunkt herum werden ebenfalls von verschiede-nen Emittentengruppen hervorgerufen.

Bei den Daten gibt es natürlich Unsicherheiten; das ist ganz klar. Das sind orientierende Berechnungen, um einfach zu sehen: Wie sind die Verhältnisse bei den Emittentengruppen, die die Immissionsbelastung hervorru-fen? Es geht bei der Ursachenanalyse nur darum, heraus-zufinden, welche Emittentengruppen in welchem Verhält-nis zur Immissionsbelastung beitragen, damit Maßnahmen verursachergerecht ergriffen werden können. Man muss diese Ursachenanalyse im Rahmen eines Luftreinhalte-/Aktionsplanes durchführen, um solche Maßnahmen verursachergerecht ergreifen zu können.

Fojkar (Einwender): Das finde ich vollkommen richtig. Ich hätte aber gerne qualitative Daten und nicht nur quantitative Berechnungen.

Als Zweites erstaunt mich, dass der Gesamthinter-grund sozusagen als Black Box genommen wird. Da wird nicht mehr differenziert. Ich möchte salopp sagen: Die größten Dreckschleudern eines Bezirks sind hauptsächlich für den Gesamthintergrund eines anderen Bezirks verant-wortlich und bilden den größten Teil dieses Kuchens. Das schieben wir dann hin und her.

Horn (LUBW): Ich muss nochmals sagen, dass diese Ursachenanalyse gemacht wird, um Maßnahmen verursachergerecht ergreifen zu können. Maßnahmen einer Stadt wie in Mannheim werden sich immer auf den lokalen Bereich oder maximal auf den städtischen Hintergrund beziehen, aber niemals auf den großräumigen Hintergrund. Deshalb macht es keinen Sinn, den großräumigen Hintergrund nach Quellengruppen aufzuteilen.

Fojkar (Einwender): Ich möchte trotzdem für das Protokoll feststellen, dass es sich hier hauptsächlich um Berechnungen handelt und nicht um Messungen. Der Bürger könnte leicht missver-stehen, dass hier qualitative Messungen vorliegen. - So weit habe ich Sie verstanden. Danke.

Horn (LUBW): Noch einmal dazu: Der lokale Anteil ist durch die Messun-gen verifiziert. Die Anteile im großräumigen Hintergrund sind bestimmt. Die Aufteilung nach Quellengruppen wird über Berechnungen gemacht. Aber die Anteile sind durch die Messungen bestimmt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block und dann Herr Gödeke.

Block (BUND): Ich hatte in einem anderen Zusammenhang die Antrag-stellerin gefragt, wie hoch der Anteil ihrer Schadstoffemis-sionen beim Feinstaub PM10, PM5 bis PM10 oder kleiner PM5 ist. Die Zahlen könnten Sie mir doch nennen. Wenn Sie sie mir nicht nennen, bitte ich das Regierungspräsidi-um, die Zahlen vom RDK 8 zu nehmen. Da waren 84 % kleiner als PM5.

Das heißt, dieses moderne Kraftwerk ist bei PM10 so-zusagen gar nicht abbildbar. Das müsste herausgerechnet werden. Haben Sie Untersuchungen angestellt, wie sich PM10 als Höchstwert nach unten hin auswirkt? Wie viel ist davon PM2,5? Das müssten Sie doch auch untersucht haben.

Horn (LUBW): An einigen Messstationen wurden Messungen von PM10 und PM2,5 gemacht: Der Anteil von PM2,5 beträgt etwa 70 bis 80 % von PM10.

Block (BUND): Jetzt frage ich Sie: Wer emittiert PM2,5?

Horn (LUBW): An den straßennahen Messpunkten ist es hauptsächlich der Kraftfahrzeugverkehr. Je kleiner die Partikel sind, desto mehr kommen direkt aus dem Auspuff: Dieselruß-emissionen aus dem Kraftfahrzeugverkehr.

Block (BUND): Dann die Frage an Antragstellerin, wie hoch bei Ihnen die Werte in diesem Bereich sind.

Dr. Wind (Antragstellerin): Wir haben beim Dampferzeuger 74 % kleiner 2,5 und 26 % zwischen 2,5 und 10 angesetzt, bei den Gewebefil-tern 40 % kleiner 2,5 und 60 % zwischen 2,5 und 10 und bei den diffusen Emissionen 5 % kleiner 2,5, 30 % zwi-schen 2,5 und 10 und der Rest größer 10.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Zunächst einmal zu den letzten Angaben: Hierzu haben wir vom LANUV NRW andere Angaben, nämlich dass für Kohlekraftwerke auch Staubverteilungen der Staubklas-se 3 zu bewerten sind. Da wird in den Genehmigungsver-fahren ein anderes Verhältnis vorausgesetzt, wodurch sich dann in der Prognose und im Ergebnis andere Werte und andere Immissionsorte ergeben. Es ist schon für einen Laien nachvollziehbar, dass größere und schwerere Partikel näher am Schornstein herunterkommen als leichte.

Wir haben ja schon mehrfach eine neue Immissions-prognose beantragt. In diesem Zusammenhang wird auch beantragt, dass dabei eine Korngröße berücksichtigt wird, wie sie für andere vergleichbare Kraftwerke nachvollzieh-bar ist.

Ich habe zu den Aussagen der LUBW zu den meteoro-logischen Einflüssen einen erheblichen Einwand. Ich habe hier einen LUBW-Bericht, in dem Spotmessstellen - bezogen auf eine Hundertprozentbasis von 2004 bis 2006 - angegeben sind, bei denen die Entwicklungen eine grundsätzlich ansteigende Tendenz von PM10 zeigen. Die Entwicklungen sind aber nicht in sich kongruent, d. h. die verlaufen nicht parallel. Vielmehr gibt es eine Mess-stelle, an der der Wert bis 2005 zunächst ansteigt und dann abfällt.

Ich kann diese meteorologischen Einflüsse als Ein-wand nicht nachvollziehen. Das hat auch etwas mit Maßnahmen zu tun. Man bräuchte diese Messungen nicht mehr zu machen, wenn man hinterher sagt: Die Tenden-zen sind meteorologisch bedingt. Dieses Argument kann ich nicht akzeptieren.

Auch zu den Anteilen der verschiedenen Verursacher-gruppen an den PM10- und PM2,5-Partikeln sind noch detailliertere Aussagen zu machen. Die Angaben, die in diesem Kreiskuchen angegeben sind, kann ich nicht nachvollziehen. Wenn eine bestimmte Belastung z. B. durch das Großkraftwerk nicht in erster Linie Mannheim, sondern einen Nachbarkreis trifft - wie Sie sagen -, dann kann es doch wohl nicht sein, dass deswegen keine Maßnahmen durchgeführt werden!

Sie machen ja Untersuchungen für das Land Baden-Württemberg. Das heißt, auch der Nachbarkreis, der betroffen ist, muss doch geschützt werden. Wenn der dann eine Überbelastung z. B. aus Mannheim bekommt, müssen nach dem Verursacherprinzip in Mannheim Maßnahmen ergriffen werden, um den entsprechenden Landkreis zu schützen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Da haben Sie als Land Baden-Württemberg und als Behörde des Landes Baden-Württemberg eine Verantwor-tung. Da können Sie doch nicht sagen: „Die industriellen Emittenten aus Mannheim wirken sich nicht so stark in Mannheim aus; da brauchen wir nichts zu machen.“ - Das kann ja wohl nicht sein! Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block.

Block (BUND): Die EU ist im Augenblick dabei, die PM10-Werte durch PM2,5-Messungen zu ergänzen. Wir müssen damit rechnen, dass dafür demnächst ein Schwellenwert einge-führt wird. - Sonst bräuchte man das nicht zu messen.

Dieses wird bedeuten, dass die Kraftwerke der moder-nen Art als Hauptverursacher wenigstens bezüglich des Hintergrunds zu sehen sind. - Wir brauchen jetzt nicht darüber zu streiten, von wem welche Emissionen in Mannheim-Mitte ankommen. Ich glaube, das ist müßig. Das werden wir nie herauskriegen.

Dieses Thema ist aber wichtig für den Grenzwert, den Sie hier für Feinstäube festsetzen. Es kann nicht sein, dass hier nicht das Optimum an Filtern eingesetzt wird, dass aus wirtschaftlichen Gründen technisch Machbares nicht angepackt wird.

10 mg/m³ als Höchstgrenze für Feinstaub ist über-haupt kein technisches Problem. Das muss in die Geneh-migung hinein, egal was in Mannheim-Mitte wirklich ankommt. Dann kommen die Feinstäube in Heidelberg oder sonst wo an. Aber auch da dürfen die Feinstäube nicht ankommen. Deswegen sind 10 mg/m³ das Maxi-mum. Das ist technisch möglich und sicherlich auch finanziell darstellbar. Es kann nicht sein, dass eine Ge-nehmigungsbehörde hinter dem Stand der Technik bleibt. - Ich habe gar nicht von „fortschrittlicher Technik“ geredet. Sonst hätte ich gesagt: 1 mg/m³.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin):

Ich wollte Ihnen nur den kleinen Hinweis geben, Herr Block, dass just dieser Wert von GKM als Emissionsbe-grenzung beantragt wird. Also brauchen uns darüber nicht aufzuregen.

Block (BUND): Hatte ich 10 mg gesagt?- 5!

(Heiterkeit bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Es muss halt immer die Hälfte von dem sein, was bean-tragt wird!

Block (BUND): Nein! Herr Professor Dolde, ich habe gestern Abend die Werte für Feinstäube vorgelesen. - Ich habe sie jetzt hier aus dem Kopf gesagt. - Die kann man im Protokoll nach-lesen. Das habe ich beantragt: halbierte Werte von Karls-ruhe.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es waren die halben Karlsruher Werte, genau.

Schwaab (RP Karlsruhe): Herr Block, darf ich kurz darauf hinweisen, dass es keinen Emissionswert für Feinstaub, sondern nur einen Emissi-onswert für Gesamtstaub gibt!

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es weitere Wortmeldungen zu den Auswirkungen und zur Gesamtbelastung? - Herr Gödeke, Herr Rahner und Herr Fojkar.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte noch einmal auf den Fein- und Feinststaub-anteil aus Gewerbe und Industrie zurückkommen. Im LUBW-Bericht 73-02/2006 ist für Mannheim-Stadt für die Quellengruppe Industrie und Gewerbe nach den Emissi-onserklärungen der Betreiber von 2004 angegeben: PM10 443 t pro Jahr, PM2,5 279 t pro Jahr. Das heißt, der Anteil an PM2,5, also an dem erheblich lungengängigeren Feinstaub, ist bei der Quellengruppe Industrie erheblich hoch. Bei anderen Quellengruppen ist der Anteil nicht so hoch. Das liegt, wie heute schon gesagt wurde, an der besonderen Feuerungstechnik, z. B. Staubbrenner.

Es gibt eine Untersuchung des Forschungszentrums Karlsruhe zur Partikelbildung bei der Verbrennung, die belegt, dass auch Nanopartikel entstehen. Die sind praktisch in der PM2,5-Fraktion mit drin.

Von daher ist eine Feinstaub- und Feinststaubbegren-zung insbesondere bei der Industrie angezeigt, weil gerade dort der Feinststaubanteil im Vergleich z. B. zu Kleinfeuerungsanlagen sehr hoch ist. Da ist zwar die Gesamtstaubmenge durchaus erheblich, aber der Anteil an Fein- und Feinststäuben geringer. Das heißt, die gesundheitsgefährdende Belastung durch die Industrie ist sehr viel größer.

Das ist aus den farbigen Tortenangaben der LUBW nicht hervorgegangen. Diese Präsentation hat das Prob-lem eher verdeckt. Sicherlich ist Ihnen das auch klar. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner und Herr Fojkar.

Rahner (Rechtsbeistand): Mein Ansatzpunkt ist der bestehende Luftreinhalte-/Aktionsplan für Mannheim aus dem Jahr 2006. Dort sind auch Prognosen z. B. für das Jahr 2007 enthalten. Darin steht, dass zu erwarten ist, dass im Jahr 2007 an allen Messstationen der NO2-Wert, also der Grenzwert plus die Toleranzmarge, sicher eingehalten wird. Bei PM10 ist das unsicher.

Jetzt haben wir bei der Präsentation der LUBW gese-hen, dass in den letzten zwei Jahren der Grenzwert für PM10 eingehalten worden ist und vermutlich auch dieses Jahr eingehalten wird. Dagegen hat es für NO2 an der Messstelle Mannheim-Straße deutliche Überschreitungen gegeben. Ich gehe davon aus, dass das auch in diesem Jahr so sein wird.

Von daher geht der Luftreinhalteplan Mannheim offen-sichtlich von zu optimistischen Grundannahmen aus - vor allem, wenn man bedenkt, dass der PM10-Wert, wie Sie eben ausgeführt haben, mit der ungewöhnlichen Wetterla-ge zu tun hat. Man muss in den kommenden Jahren durchaus mit Überschreitungen rechnen. - Sie nicken. Wir sind uns an dieser Stelle also einig.

Die Überschreitung dieser Werte an dieser Messstelle bedeutet doch für die staatlichen Stellen, dass sie daran arbeiten müssen, dass die gesetzlichen Luftqualitätswerte - 22. BImSchV plus EU-Richtlinie, die man an dieser Stelle zusammen sehen muss - eingehalten werden. Da gibt es eine staatliche Verpflichtung.

Da ein solcher Wert ausdrücklich den Gesundheits-schutz betrifft -, das steht entsprechend bei den gesetzli-chen Vorschriften -, haben wir auch einen drittschützen-den Ansatz und eine besondere Begründung, warum man an dem Thema dranbleiben muss. Gesundheitsschutz ist ein außerordentlich hohes Gut.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie das realisiert wird. Natürlich muss es aktive Maßnahmen geben. Es werden Maßnahmen im Luftreinhalteplan angeführt. Diese reichen aber offensichtlich nicht aus. Denn sonst wären die Prognosen für 2007 im Vergleich zur Realität nicht so falsch gewesen.

Für mich ist das Problem hier im Genehmigungsver-fahren, dass durch das Großkraftwerk eine Zusatzbelas-tung noch obendrauf kommen soll - und das, obwohl es vor allem beim NO2 bereits einen deutlichen Verstoß gegen die Qualitätsgrenzwerte der 22. BImSchV und der EU-Luftreinhalterichtlinie gibt.

Die Antragstellerin sagt nun, das sei unbeachtlich, weil die Zusatzbelastung unter 1 % des Grenzwertes liege. Wir auf Einwenderseite bezweifeln diese Berechnung aus den Gründen, die wir vorher ausführlich diskutiert haben.

Selbst wenn man das so akzeptieren würde - was wir nicht tun; aber gedanklich kann man das einmal anneh-men -, stellt sich natürlich die Frage: Wieso soll 1 %

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Zusatzbelastung in einer Situation, wo es schon eine Gesetzesverletzung gibt, überhaupt noch zulässig sein? Warum nicht 0,5 %, warum nicht 0,3 % oder 0,1 %?

Es muss aus Verhältnismäßigkeitserwägungen eine Bagatellschwelle geben. Die Frage ist nur: Wo ist sie anzusetzen? - Ich habe eine Literaturstelle in der Fest-schrift für Rehbinder mit einem Aufsatz eines Herrn Professor Backes gefunden. Er belegt dort mit Angabe von Fundstellen, dass in den Niederlanden das Oberste Verwaltungsgericht die Bagatellschwelle bei 0,1 µg/m³ ansetzt, also außerordentlich niedrig - das gebe ich zu - und unter Anwendung derselben EU-Richtlinie, die auch wir hier anzuwenden haben.

Wenn ich diesen Maßstab bei der Auslegung des EU-Rechtes ansetze, haben wir nach den eigenen Angaben der Antragstellerin eine unzulässig hohe Zusatzbelastung. Die Antragstellerin geht nach ihren eigenen Unterlagen bei NO2 von 0,214 µg/m³ Emissionszusatzbelastung aus. Das ist aus meiner Sicht eine absolut unzulässige Erhöhung des Immissionsniveaus bei einer bestehenden Überlas-tung. - Das Entscheidende ist, dass wir bereits eine Gesetzesverletzung haben.

Deshalb ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes ausdrücklich zu fordern, dass die Bagatellschwelle für Zuatzbelastungen extrem niedrig anzusetzen ist, um zum einen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans nicht zu konterkarieren und um zum anderen das bestehende Gesundheitsrisiko für die Anwohner nicht weiter unzumut-bar zu erhöhen.

Ich meine, dass auch die staatlichen Behörden in einer Art Garantenstellung daran gebunden sind, sich so zu verhalten. Ich halte es in dieser Situation für immissions-schutzrechtlich sehr problematisch, dass wir im Einwir-kungsbereich der Anlage diese Grenzwertverletzungen haben.

Es ist auch nicht absehbar, dass sie sich auflösen. Für die nächsten Jahre ist nicht damit zu rechnen, dass die ab 2010 geltenden 40 µg/m³ unterschritten werden können. Ich habe nichts gehört und nichts gelesen, was in diese Richtung deutet.

Deswegen bin ich der Auffassung, dass der Genehmi-gungsantrag in der hier vorliegenden Form nicht genehmi-gungsfähig ist, weil er die gesetzeswidrige Situation in der Kernstadt von Mannheim weiter verschärfen würde. Das steht als absolutes Genehmigungshindernis diesem Antrag entgegen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde und dann Herr Fojkar.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich bin Ihnen dankbar, das Sie zum eigentlichen Thema zurückgekehrt sind, nämlich zur Frage: Was ist eigentlich Beurteilungsgegenstand unserer Diskussion und der Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe?

Beurteilungsgegenstand sind der Block 9 und die Fra-ge: Was verursacht Block 9? Wir haben in der TA Luft eine Bestimmung, die sagt: Eine Zusatzbelastung von bis zu 3 % ist irrelevant. Vorausgesetzt ist die Sicherstellung weiterer emissionsreduzierender Maßnahmen.

Der LAI hat in seinem Beschluss aus dem Jahr 2004 zur Umweltzone gesagt: Ich setze dort 1 % an. Wenn die Zusatzbelastung nicht größer als 1 % ist, ist es unverhält-nismäßig, weitere Reduktionen zu verlangen, weil sie nämlich nichts bewirken. Denn eine Zusatzbelastung von 1 % ist nicht kausal für schädliche Umwelteinwirkungen und verlangt deshalb nach keiner weiteren Verringerung. - Das ist der Hintergrund. Das sind die Rechtsregeln, die in der TA Luft verbindlich niedergelegt sind, und das ist die bundesweit übliche Interpretation des LAI im Bereich von Umweltzonen.

Dieser Wert von 1 % ist hier unterschritten. Deswegen sehen wir kein Genehmigungshindernis. Dass Sie das anders sehen, weiß ich. Aber wir sehen es so. Und so wird es überall auch gehandhabt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Fojkar.

Fojkar (Einwender): Ich möchte ebenfalls auf den Gesundheitsschutz abheben und darauf, was durch den Block 9 an zusätzlichen Belastungen auftauchen wird.

Wir hatten vorher schon vom Quecksilber gesprochen. Herr Ehmann hat zu Recht darauf hingewiesen, dass natürlich kein Methylquecksilber emittiert wird. Aber es ist unstrittig, dass aus dem gasförmigen Quecksilber, das herabregnet, sehr viel Methylquecksilber resultiert, wel-ches dann die besagten Akkumulationseffekte im aquati-schen System - wie es so schön heißt - hervorruft.

Aus medizinischer Sicht gebe ich zu bedenken, dass es keinerlei Irrelevanzen geben kann. Denn die Akkumula-tionseffekte schlagen immer auf uns zurück.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Zum Quecksilber, aber auch zur Feinstaubproblematik vor allem bei den kleinen Partikelgrößen habe ich noch eine Frage an den Fachbereich Gesundheit.

Ich habe vorhin nur so am Rande gehört, dass auch die Kollegin vom Fachbereich Gesundheit davon ausgeht, dass die Partikelgrößen krankheitsförderlich wirken. Sie bestätigt damit ihre Karlsruher Kollegin. Meine Frage geht aber in eine methodische Richtung: Sind die Erkenntnisse,

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die Ihnen vorliegen, so belastbar, dass Sie entsprechende epidemiologische Aussagen treffen können?

Was die Feinstäube und kardiovaskuläre Ereignisse durch Feinstaubbelastung angeht, sind wir inzwischen schon auf einer relativ sicheren Basis - siehe „New Eng-land Journal of Medicine“ vor drei Monaten, die große epidemiologische Studie in England, und zwei Sonderstu-dien in Amerika.

Haben Sie das Gefühl, dass das, was Sie zur Beurtei-lung zur Verfügung hatten, reicht, um tatsächlich belastba-re Aussagen machen zu können, die einem Erkenntnis-gewinn für die Genehmigungsbehörde dienen können? Oder geben Sie eigentlich eher Ihre aus epidemiologi-scher Sicht eigene Meinung aufgrund Ihrer Erhebungen wieder? Das würde mich schon interessieren. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Dr. Engler-Thümmel.

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Wir beurteilen natürlich nicht nach unserer eigenen Meinung. Unsere Beurteilungsgrundlagen sind die Veröf-fentlichungen in der medizinischen Literatur, bezüglich der Mortalität und Morbidität die Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes und dann die Studie, die ich vorher erwähnt habe.

Das ist nicht etwa eine Studie des Gesundheitsamtes Mannheim, sondern das ist eine Studie des Landes-gesundheitsamtes, aus der ich die Ergebnisse referiert habe. Wir haben also diese Studie nicht selber durchge-führt.

Es ist völlig unstrittig, dass feine und ultrafeine Partikel krank machen. Das wollte ich in keinster Weise in Abrede stellen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Fojkar (Einwender): Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass Sie das sagen. Aber inwieweit haben tatsächlich Ihre eigenen Erkenntnisse zu den Erhebungen des Landesgesund-heitsamtes mit Blick auf die beiden Themen, die ich angesprochen habe, nämlich Quecksilber und Feinstäube, beigetragen?

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Zum Quecksilber kann ich sagen: Auch das ist untersucht worden, allerdings in Mischproben. Dazu gibt es im Übrigen seit 1992 über die Jahre hinweg Untersuchungen, die zeigen, dass die interne Quecksilberbelastung gesun-ken ist. Wir wissen auch, dass die Aufnahme von Queck-silber im Wesentlichen über die Nahrung und - früher noch viel mehr - über Amalgamfüllungen erfolgt. Diese Belas-tung ist deutlich zurückgegangen.

Fojkar (Einwender): Gott sei Dank haben wir in diesem Bereich seit den 90er-Jahren, zwischen 1990 und 2000, eine deutliche Vermin-derung in Europa gehabt. Weltweit haben wir allerdings eine Steigerung, die auf uns wieder zurückschlagen wird. Die zur Genehmigung anstehenden Zahlen bedeuten doch, dass wieder mehr Quecksilber emittiert wird. Bitte sagen Sie uns Ihre Meinung hinsichtlich dieses Vorha-bens!

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Da richte ich mich natürlich nach dem Ergebnis der Prognose: Ich habe unterstellt, dass diese Prognose so zutrifft. Insofern bin ich nicht von einer großen Zusatz-belastung ausgegangen.

Fojkar (Einwender): Wenn ich jetzt aber an die Maximalgrenzen gehe, be-komme ich rein rechnerisch eine Zunahme der Belastung im schon höheren Kilogrammbereich. Da frage ich mich: Wie können Sie sagen, dass mehrere Kilogramm keine zusätzliche Belastung bedeuten?

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Ich bin natürlich von der Immission ausgegangen - nicht von der Emission - und von den Ergebnissen der Immissi-onsprognose.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Uttendorf, Frau McCloskey und Herr Block.

Dr. Uttendorf (Einwender): Sie sagen, Ihre Statistiken über Mortalität und Morbidität wurden von Stuttgart oder sonst woher vorgegeben. Was war die Basis für diese Statistiken? Waren das melde-pflichtige Ereignisse, waren es repräsentative Proben, oder sind es freiwillige Ärztemeldungen?

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Das sind die gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen zu den Todesursachen. Das ist die Todesursachenstatistik des Statistischen Landesamtes.

Dr. Uttendorf (Einwender): Und über Morbidität?

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Zur Morbidität haben wir eine belastbare Statistik eigent-lich nur aus der Krankenhausstatistik. Die Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, ihre Diagnosen pro Fall, also nicht pro Patient, zu melden. Die kann man miteinander vergleichen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Wenn ein Patient sich bei einem lokalen Arzt behandeln lässt und nicht ins Krankenhaus kommt, bekommen Sie das dann mit?

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Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Nein, dazu gibt es tatsächlich keine statistischen Unterla-gen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay. Wie denn auch? - Was erfassen Sie bei der Morbi-dität: Krebs oder Kreislauferkrankungen? Gibt es irgend-welche Klassen, die Sie erfassen?

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Das Statistische Landesamt ordnet nach der ICD 10. Das ist eine Diagnosenzuordnung, die in ganz Deutschland angewandt wird. Insofern kann man das deutschlandweit vergleichen. Danach wird auch sonst klassifiziert.

Dr. Uttendorf (Einwender): Jetzt habe ich im Zusammenhang mit Block 9 oder dem GKM das Problem gesehen, dass von der Ausbreitungs-rechnung nicht Mannheim insgesamt betroffen ist, son-dern dass nur bestimmte Stadtteile wie z. B. Feudenheim oder Käfertal betroffen sind. Gibt es dort Differenzierun-gen, oder ist da Gesamt-Mannheim in einem Topf?

Dr. Engler-Thümmel (Stadt Mannheim): Das ist Gesamt-Mannheim.

Dr. Uttendorf (Einwender): Dann ist das zumindest mit Blick auf das GKM nicht aussagekräftig. Ich weiß nicht, wie wir da weiterkommen können. Ich würde den Antrag stellen, dass wir das stadtteilmäßig aufgeschlüsselt haben wollen. Der Antrag ist natürlich nicht sehr sinnvoll, weil das nicht geht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Stellen Sie doch einen Antrag! Wir werden uns damit auseinandersetzen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay. Ich stelle also den Antrag, dass die Morbidität und Mortalität stadtteilbezogen untersucht werden. Es gibt dieses GUK-Gutachten von Herrn Professor Eikmann. Er bezieht sich genau darauf. Er bezieht sich auf einen Herrn Gaudecker, der entsprechende Statistiken geführt hat und festgestellt hat, dass die Menschen in Mannheim und Karlsruhe drei Jahre früher sterben. Er hat das alles in eine Nebelwolke hineingepackt mit „sozioökonomischen Effekten“ - was auch immer das bedeutet. Für den Rest gab es dann von Herrn Professor Eikmann eine globale Abschätzung. Für Block 9 haben wir ja nur theoretische Werte. - Also, wie gesagt, ich beantrage, dass wir die Daten stadtteilbezogen bekommen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut. Das nehmen wir zu Protokoll. - Jetzt Frau McCloskey.

McCloskey: Ich möchte noch etwas zu den Belastungen sagen. Ich wohne in Mannheim in G 7, Innenstadt. Wenn ich in den fünften Stock unseres Hauses gehe, kann ich erkennen, wenn die BASF - sie liegt gegenüber - abfackelt. - Das hat jetzt nichts mit der Belastung durch das GKM zu tun. - Dort wird immer wieder abgefackelt. Das hat einen Grund.

Dann sieht man bei uns plötzlich einen weißen Mess-wagen kommen. Aus dem Messwagen steigen Männer in Schutzanzügen aus, die wie Astronauten aussehen. - Das ist im Quadrat F 7. - Die stehen meist an der Ecke. Wenn man sie fragt, was los sei, bekommt man keine Antwort. Es heißt immer nur: alles bestens. Aber die Leute merken, dass nicht alles bestens ist.

Vor allen Dingen merken es die Kinder, dass da etwas nicht stimmt. Das passiert nicht jeden Tag, aber immer wieder. Man liest dann ein paar Tage später im „Mann-heimer Morgen“ - im Radio wird es nicht gesendet -, dass die BASF wieder einen kleinen Störfall hatte. - Aber es ist nicht nur die BASF. Irgendeine Firma hatte wieder einmal ein Problem. Das wird dann ein paar Tage später veröf-fentlicht. Tagelang war den Leuten dann schlecht, manchmal bis zum Brechreiz. - Ich mache hier keine Show. Es ist einfach unverschämt und unzumutbar. Es heißt immer wieder: Der Bürger braucht sich keine Sorgen zu machen, es ist überhaupt nichts los.

Das habe ich damals auch in Griesheim erlebt. Auch in Griesheim hieß es, dass überhaupt nichts passiert sei. Dann kamen sie ebenfalls in den Schutzanzügen. Später musste der Boden abgetragen werden. Das Gleiche war schon in Ludwigshafen der Fall. Immer wieder wird dann gesagt, für den Bürger bestehe kein Grund zu Sorge usw.

Ich will damit sagen: Seit ich in Mannheim bin, sind immer wieder Vorfälle aufgetreten. Hier sind Schadstoffe in der Luft, die die Menschen beeinflussen und die vor allen Dingen Auswirkungen auf diejenigen Menschen haben, deren Immunsystem nicht kräftig ist. Das betrifft insbesondere die Kinder, die Älteren und die Leute, die bereits eine Krankheit haben.

Jetzt soll noch einmal etwas dazukommen. Wir haben das Problem doch schon. Es ist nicht klein. Die Herren sagen zwar, das sei alles irrelevant. Aber ich glaube das nicht. Gerade wenn ein Betreiber das sagt, kann ich das nicht glauben. Es tut mir leid! Normalerweise möchte ich Leuten glauben. Aber ich habe den Glauben verloren.

Es gibt doch andere Techniken. Man kann ganz viel machen. Man könnte auch die CO2-Belastung herunter-fahren, indem man ein anderes Werk dahin stellt. Es könnte z. B. mit Gas und Dampf betrieben werden. Es gibt andere Möglichkeiten.

Wenn überhaupt etwas gebaut werden muss, sollten der Mensch und seine Gesundheit in den Vordergrund gestellt werden. Das ist ganz wichtig.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Es sollten aber nicht irgendwelche wirtschaftlichen Aspek-te in den Vordergrund gestellt werden. Ich finde, das Ökologische, der Mensch, die Gesundheit und auch die sozialen Aspekte - heute früh wurde schon der Fall in Kolumbien erörtert - müssten endlich in den Vordergrund gestellt werden. Das ist mein Wunsch.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt wäre eigentlich Herr Block dran und dann Herr Rahner wieder. - Herr Professor Dolde, wollten Sie noch etwas sagen?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich möchte nur vorschlagen, dass Professor Eikmann zu den medizinischen Fragen mit Blick auf das, was durch Block 9 dazukommt, eine Aussage macht. Das ist mein Vorschlag, nachdem das gerade angesprochen wurde.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja, selbstverständlich. Ich wollte bloß noch ein paar Fragen sammeln. Aber ich nehme an, dass Herr Block damit einverstanden ist. Oder wollen Sie vorher noch etwas sagen?

(Block [BUND]: Ich würde das schon gerne hören!)

- Okay. Dann machen wir das so.

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Meine Damen und Herren, das Gutachten, das wir erstellt haben, ist ja bekannt. Es wurde schon mehrfach ange-sprochen. Bei dem, was wir bisher diskutiert haben, ging es darum, wie hoch die Vorbelastung hier in Mannheim ist, wie das zu interpretieren ist, auf welchen Daten das basiert usw. Das ist natürlich methodisch interessant.

Entscheidend ist die Frage, ob die Errichtung von Block 9 tatsächlich eine erhebliche Mehrbelastung bedeu-tet, sodass man sagen müsste: Die Exposition, die Aus-gesetztheit der Anwohner gegenüber dem jetzigen Zu-stand ist deutlich erhöht. Oder ändert sich praktisch nichts? Das ist die Kernfrage, die hier im Raum steht.

Wenn man sich auf die Immissionsprognose stützt - wir haben sie geprüft und fanden sie aus unserer Sicht sehr plausibel -, kann man natürlich sagen: Es ändert sich an dem jetzigen Zustand eigentlich nichts.

Wir haben aber in verschiedenen Beiträgen gehört, dass die Werte der Stickoxide zu hoch sind und dass auch die Werte der Feinstäube, also PM10 und PM2,5, in einem Bereich liegen, dass man sagen müsste: Das muss auf Dauer sicherlich geändert werden. Wir haben zwar bei den Feinstäuben keine Grenzwerte aus toxikologischer

Sicht, aber wir müssen sicherlich versuchen, das Niveau deutlich zu senken. Auch deshalb hat man die Umweltzo-ne hier in Mannheim eingerichtet.

Ebenso sollte bei den Stickoxiden kurz- oder mittelfris-tig eine deutliche Senkung der Konzentration über die gesetzlichen Grenzwerte hinaus erreicht werden. Das fordern wir als Umweltmediziner aus präventivmedizini-scher Sicht seit langem. Auch ich stehe natürlich voll dahinter.

Die Frage ist natürlich, wie wir das erreichen können. Wenn jetzt der Block 9 nicht gebaut wird - wie Sie es sagen -, ändert sich an der Situation praktisch nichts; sie bleibt unverändert. Wenn ich kurzfristig oder mittelfristig etwas erreichen will, muss ich einmal gucken - dabei kann ich auf diese Tortenangaben zurückgreifen -: Wo kann ich relativ rasch tatsächlich die Exposition vermindern? Das ist ganz eindeutig beim Kraftfahrzeugverkehr, beim Hausbrand und z. B. bei den Einzelbrandanlagen der Fall. Da würde ich tatsächlich einen Effekt erreichen.

Aber ob der Block 9 gebaut wird oder nicht, ist ohne Effekt. Deshalb kann man hier in der Diskussion auch nicht anführen, dass weitere Emissionen verhindert werden sollten. Das hätte keinen Effekt.

Von methodischer Seite muss man natürlich darauf hinweisen, dass die Irrelevanz nach TA Luft nicht direkt etwas mit der Wirkung zu tun hat. Das ist nicht mit medizi-nischer Irrelevanz zu vergleichen. Da gibt es ein ganz anderes Verfahren und ein ganz anderes Herangehen.

Aber es gibt natürlich einen Hinweis darauf, ob sich an der vorhandenen Situation etwas ändert oder nicht. Dafür ist das schon wichtig. Aber selbst wenn man die Irrele-vanzgrenze überschreitet, muss man natürlich immer gucken: Wo liegen die Werte bezogen auf Grenzwerte oder Richtwerte oder Zielwerte, die wirkungsgemäß abgeleitet sind oder gesetzlich vorgegeben sind?

Wenn man sich einmal die Vorbelastungen in Mann-heim anguckt, muss man feststellen, dass die Konzentra-tionen in einem Bereich liegen, der für Städte dieser Größenordnung ganz üblich ist. Die finden Sie in Frankfurt genauso wie in Köln oder Berlin.

Es ist natürlich so, dass wir in keinem einzigen Fall - mit Ausnahme der Stickoxide und mit Ausnahme der Feinstäube - wirkungsmäßig einen Bereich erreichen, wo man sagen müsste: Hier muss irgendetwas getan werden. Wir liegen ganz deutlich darunter und haben keine höhere Belastung als vorher. - So viel ganz kurz dazu, was ich hier noch vermitteln wollte. Details kann man in diesem sehr umfangreichen Gutachten nachlesen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block, Herr Rahner, Frau Rigot, Herr Gödeke, Herr Fojkar und Herr Schurse.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Block (BUND): Herr Professor Eikmann, auch ich habe das gelesen. Mich verwundert es nicht, dass Sie so argumentieren. Das wird natürlich klar, wenn ich jetzt bedenke, welche Methodik und Power Sie zur Verfügung haben im Vergleich zum Gesundheitsamt der Stadt Mannheim. - Ich weiß nicht, wie viele Beschäftigte Sie haben. Sie können gar keine eigenen Untersuchungen anstellen. Sie sind außerdem genauso "embedded", wie auch er "embedded" ist.

Deswegen würden wir uns wirklich einmal wünschen, dass hier ein Gutachter auftritt, der nicht von der Antrag-stellerin bezahlt ist wie in diesem Fall, sondern vom Regierungspräsidium, von uns Bürgern, und der sagt, dass es nicht wahr sein kann, dass 200 t Stäube keine Wirkung haben.

Ich habe am Anfang der Diskussion bereits gesagt - darauf muss ich zurückkommen -: Ich sehe die ganze Anlage. Die gesamte Anlage, nicht nur der Block 9, ist eine unglaubliche Belastung für diese Stadt. Es wäre ein guter Beitrag, wenn wir - Gesundheitsamt, wir Einwender - uns darauf einigen könnten, dass die Gesamtanlage so minimiert wird, wie Sie es beantragt haben.

Bei dem neuen Block wird versucht, noch zu handeln - Kuhhandel bis zum Es-geht-nicht-mehr -, obwohl es nur um eines geht: Es geht um die Gesundheit der Menschen. Diese Menschen tragen schon durch BASF und die bestehenden Kraftwerke in erheblichem Umfang zur Energieversorgung dieses Landes bei. Jetzt bekommen sie auch noch das Gesundheitsrisiko oben drauf.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dann habe ich Ihnen gesagt, dass die Immissions-prognose nicht stimmt. Jetzt sage ich nicht, was wir berechnet haben, Herr Dolde; denn unsere Zahlen sind ja sowieso falsch; das ist klar. Wir können doch nicht rech-nen, wir haben es nicht studiert. Wir sind ja nur doof.

Der Witz ist: Er hat vorhin die 133 m Schornsteinhöhe bestätigt. Damit ist die gesamte Immissionsprognose falsch. Mit diesem Wert müssen Sie das berechnen! Vielleicht kommen Sie dann sogar an Ihren Irrelevanzwert heran, oder Sie überschreiten ihn sogar! Vielleicht ist diese Anlage tatsächlich nicht genehmigungsfähig.

Herr Eikmann, Sie sagten, der neue Block trage nichts zur Belastung bei. Das würde ich nicht sagen. Er trägt etwas dazu bei. Ich weiß nicht wie viel. Ich kann sagen: Die Belastung ist vielleicht gemäß Gesetzgeber irrelevant - wie es der Herr Dolde immer sagt. Das kann ich verste-hen. Aber dass ein Mediziner so etwas über 200 t Fein-staub sagt, verstehe ich nicht. Da sind z. B. Quecksilber, Thallium, Antimon, Arsen, Blei, Chrom, Kobalt, Kupfer, Mangan, Nickel und Zinn drin, und das kommt da oben heraus.

Sie da oben müssen die Grenzwerte für die Kohle fest-legen, wie viel z. B. von den Schwermetallen drin sein darf. Die sind alle lungengängig. Ich weiß nicht, was Kobalt in unserem Körper anrichtet. Ich weiß auch nicht, was Chrom - davon gibt es sechs verschiedene Arten - anrichtet. Wir reden hier tatsächlich von Gesamtstaub.

Der Gesetzgeber müsste sich einmal überlegen, was das bedeutet, dass aus der Müllverbrennungsanlage Chrom 6 herauskommt. Das ist hochgiftig. Jeder weiß, dass das in unseren Polstermöbeln drin ist, die dort drüben verbrannt werden. Dazu kommt noch Ihr Chrom. Ich weiß nicht, welches das ist: Chrom 4 oder Chrom 3 - was weiß ich?

Darum bitten wir Bürgerinnen und Bürger, auch die Fachleute, Sie händeringend: Helft uns! Heft uns wenigs-tens, indem Sie mit Blick auf die geringere Belastung ein Gasturbinenkraftwerk bauen! Wir reden von Mannheim. Wir reden nicht von der Welt.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wenn es aus wirtschaftlichen Gründen oder aus ener-giepolitischen Gründen notwendig ist, für eine Übergangs-zeit ein Kraftwerk zu bauen, weil Sie nicht unsere Vor-schläge aufgreifen, verstärkt regenerative Energien zu nutzen, dann baut wenigstens ein Gasturbinenkraftwerk! Dann brauchen wir uns nicht über Feinstäube zu unterhal-ten.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dann haben wir aber noch das NOX-Problem; Sie ha-ben es angesprochen. Das NOX-Problem hätte ich auch mit Gas. Dann müsste ich vor die Bürger hintreten und müsste sagen: Ich lasse die Hosen runter! Aber ich sage euch ehrlich: Wir haben diese beschissenen Ozonwerte. Ich muss den Kindern unter Umständen verbieten, im Sommer Sport zu betreiben. Ich hab das Problem mit den Werten im Boden.

Wir haben die Critical Loads in Karlsruhe geprüft. Sie waren in der Pfalz überschritten. Ich weiß nicht, wie es hier im Kreis ist. Aber mit Blick auf diese Anlagen gehe ich jede Wette ein, dass alle Wälder in der Umgebung sozu-sagen am Verrecken sind, weil sie übersäuern. Das können wir nicht wollen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Aber aus Gründen der Industriesicherheit würde ich den Bürgern offenen Wein einschenken und sagen: Das ist der Preis dafür, dass ihr Fernsehen guckt und dass ihr weiß der Kuckuck was macht. Aber dann sage ich das ehrlich und sage nicht: Es passiert nichts; die Belastung wird nicht zunehmen.

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Die Leute müssen eine Plakette kaufen. Manche kön-nen sich kein neues Auto kaufen. Die können nicht mehr in die Stadt hineinfahren. Das sind „arme Schweine“. Denen drückt man das vom Gesetzgeber auf.

Wir wissen, was technisch geht. Auch wir haben Fach-leute, die sagen: Das geht und das geht nicht. Und dann bitten wir Sie händeringend aus nur einem einzigen Grund: Das ist die Gesundheit der Menschen, und das ist von mir aus noch der Naturschutz, der Schutz von Flora und Fauna.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Herr Eikmann, deswegen verstehe ich nicht, warum Sie dann sagen: Es gibt keine Zusatzbelastung, wenn das Kraftwerk gebaut wird. Es sei wurscht, ob es gebaut wird oder nicht. Eine solche Aussage ist für mich unverständ-lich. Da fehlen mir wirklich die Worte.

Finden Sie irgendwo in dem Abrieb aus einem Auto oder einem Heizbrand radioaktives Material? Aber Sie finden in Ihrem Staub Thorium und finden dort Uran - garantiert! Und woher kommt das?

Selbst wenn das 0,01 % zusätzlich ist! Ich wünsche niemandem hier in diesem Raum auch nur 1 µg von Uran 235 in seiner Lunge. Aber das bekommt er auch durch dieses Kraftwerk. Ich sage nicht „nur“, aber „auch“. Das kann man vermeiden, indem man das Ding nicht baut und die Altanlagen auf den Stand von Block 9 nachrüstet.

Sie da oben haben die Aufgabe, zu versuchen, die Gesamtanlage, wenn wir diese verdammte Anlage schon nicht verhindern können, auf einen fortschrittlichen Stand zu bringen. Das bedeutet die Halbierung der Werte von Karlsruhe. Dann wäre zwar für diese Region nichts ge-wonnen - es gäbe immer noch die Probleme mit NOX -, aber das wäre ehrlicher und man könnte den Leuten sagen: Wir haben alles versucht, auch als Ingenieure.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich möchte Ihnen nicht im Theater begegnen. Ich habe einmal zu der Frau eines Chefs der Energie Baden-Württemberg gesagt: Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man mit einem verheiratet ist, der uns gerade ein Kohle-kraftwerk reingedrückt hat? Die Frau verließ dann sehr schnell das Theater.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Ein-wendern - Kruse: Warum bauen Sie denn kein Gaskraftwerk?)

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Herr Block, darf ich dazu erwidern: Das war eine sehr anschauliche Darstellung. Sie wissen auch, dass ich Sie aufgrund meiner Erfahrungen in anderen Verfahren schätze. Ich tue mich schwer, wenn Sie uns permanent in eine Ecke stellen, als ob wir die Gesundheit der Menschen

oder die Sorgen der Menschen außer Acht lassen. Das tun wir mitnichten.

Ich selbst bin Familienvater von zwei Töchtern und habe eine Frau. So ist es bei vielen hier im Raum. Uns allen macht die Gesundheit unserer Verwandten genauso viel Sorgen wie Ihnen. Wir haben nur unterschiedliche Standpunkte, Herr Block.

Sie sagen, wir täten nichts. Nur am Rande: Block 3 und 4 werden stillgelegt. Auf der anderen Seite haben wir versucht, unseren Standpunkt dahin gehend zu vertreten, dass wir uns nach gesetzlichen Werten, nach Normen richten, die gegenwärtig gültig sind und die den Schutz der Gesundheit des Menschen mit einbeziehen.

Wir haben vorhin in der Darstellung von Herrn Wind dargelegt - ich muss es leider wieder sagen -, dass es Auswirkungen beim Staub nur direkt um die Anlage herum gibt. Das ist unser Standpunkt.

Wir haben einen Antrag gestellt, der sich innerhalb der gesetzlichen Normen und Regeln bewegt. Wir alle legen hier auf diesem Erörterungstermin großen Wert drauf, Ihre Sorgen und Ängste ernst zu nehmen. Ich kann sie auch durchaus nachvollziehen. Dafür ist der Erörterungstermin auch da.

Das Regierungspräsidium wird entscheiden, ob dieser Antrag rechtmäßig und genehmigungsfähig ist. Ich denke, die andere Diskussion könnten wir eigentlich beenden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann kommen jetzt zunächst Herr Rahner und dann Frau Rigot.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich möchte Ihnen ein paar Sätze zu den aus meiner Sicht entscheidenden rechtlichen Grundlagen in diesem Ge-nehmigungsverfahren vorlesen. Die Luftreinhalterichtlinien der Europäischen Union geben hier unstreitig den Rah-men für das Immissionsschutzrecht ab, das die Bundesre-publik Deutschland erlassen und anwenden darf.

Dazu gehören natürlich auch die TA Luft und anderes. Professor Dolde hat vorhin zu Recht zitiert, dass in der TA Luft eine Irrelevanzschwelle von 3 % enthalten ist und der Länderausschuss für Immissionsschutz 1 % Irrele-vanzschwelle für zulässig erklärt hat.

Mein Problem ist jetzt: Für die Sondersituation der be-stehenden Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte enthält das Luftreinhalterecht der Europäischen Union keinerlei Ausnahmevorschriften. Eine wie auch immer geartete Irrelevanzschwelle ist europarechtlich nicht existent.

Ich möchte, um das zu untermauern, aus der Luftrein-halterichtlinie zitieren. Ich verwende hier die Neufassung, die im Jahr 2008 beschlossen worden ist. In den früheren Fassungen ist ebenfalls ein fast identischer Wortlaut

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

enthalten. In der Luftreinhalterichtlinie von 2008 steht in Art. 13:

„Die Mitgliedsstaaten stellen sicher, dass ü-berall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für […] PM 10 […] die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten.“

Für Stickstoffdioxid wird es noch etwas verbindlicher formuliert. Dafür gibt es nämlich kein Schlupfloch mehr. Dazu steht in der Richtlinie:

„Die […] festgelegten Grenzwerte für Stick-stoffdioxid und Benzol dürfen von dem dort festgelegten Zeitpunkt an“

- das ist der 01.01.2010 -

„nicht mehr überschritten werden.“

- „dürfen […] nicht mehr überschritten werden.“ - Da sehe ich überhaupt kein Schlupfloch mehr für eine wie auch immer geartete Irrelevanzschwelle.

Deswegen bin ich der Auffassung, dass sich der An-trag hier gerade nicht innerhalb des gesetzlichen Rah-mens bewegt, weil er eine messtechnisch nachweisbare Zusatzbelastung, die auch berechnet wird, für die Mann-heimer Innenstadt bedeutet und damit der Verpflichtung zur Reduzierung der Luftbelastung bei PM10 und NO2 in der Mannheimer Innenstadt diametral entgegensteht.

Die Berufung auf in Deutschland in der Tat übliche Ir-relevanzschwellen halte ich für den Fall einer bestehen-den Grenzwertverletzung europarechtlich nicht für ge-deckt, weil das Europarecht keinerlei Irrelevanzschwellen kennt. An dieser Stelle muss das bundesdeutsche Recht korrigiert werden, bzw. die Verwaltungspraxis ist aufgefor-dert, sich europarechtskonform zu verhalten.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Rigot und Herr Gödeke.

Rigot (Einwenderin): Ich bin immer noch etwas schockiert über die Aussage, dass der Bau von Block 9 überhaupt keine Folgen haben soll. Eine solche Diskussion wird vermutlich an allen Standorten laufen, wo Kohlekraftwerke gebaut werden sollen. Da sind die Schadstoffe, die hinzukommen, wahr-scheinlich überall irrelevant. Das glaube ich aber nicht; ich fühle mich belogen.

Ich frage mich ernsthaft: Wer kommt denn für die Fol-gekosten der Gesundheitsbeeinträchtigungen der Men-schen auf? Wer kommt für die Folgekosten der Klimaver-änderung auf? Wer kommt für die Folgekosten der Men-schenrechtsverletzungen in Kolumbien, aber auch in Russland und in anderen Ländern, wo die Kohle bezogen wird, auf? Bezahlt das das GKM?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Oder teilen sich die Menschen hier und dort die Kosten? Das ist für mich wirklich eine wichtige Frage. - Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist: Ich gehe noch einmal auf die Schadstoffe ein. Ich habe gehört, dass die Quecksilber-Belastung heruntergegangen ist und dass auch die Dioxin-Belastung weniger geworden ist. Das ist gut, das ist toll. Ich finde aber, wir sollten uns darauf nicht ausruhen. Es darf nicht noch mehr dazukommen. Wir müssen mit den Werten weiter herunter und nicht hoch.

Deswegen finde ich: Der Block 9 darf nicht gebaut werden. Denn dieser Block läuft dann noch 40 Jahre lang. Das heißt, 40 Jahre lang kommt noch mehr Belastung hinzu. Was sind denn dann die Langzeitfolgen für die Gesundheit und für das Wasser? Das Quecksilber gelangt ja in die Meere und in die Flüsse. Es kommt in die Böden und in die Nahrungsmittelkette. Welche Folgen hat das in 40 Jahren? - Das ist für mich die nächste Frage.

Ich finde, Block 9 darf nicht gebaut werden, weil end-lich den Alternativen ein Weg geöffnet werden muss. Unser Ziel muss 100 % oder nahezu 100 % alternativ sein. Auch die Gaskraftwerke sind nur eine Übergangslö-sung.

Wenn das Ding schon gebaut werden muss, dann fin-de ich, dass es mit der bestmöglichen Filtertechnik aus-gestattet werden muss. Da will ich nicht um Prozente handeln. Was möglich ist, muss von uns beantragt wer-den. Damit muss sich dann auch die Zulassungsbehörde beschäftigen. Es geht nicht darum, ob noch 5 % oder 10 % hinzukommen, sondern das, was möglich ist, muss gemacht werden. Anders geht es nicht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich hatte schon vor längerer Zeit eine Wortmeldung. Meine Frage geht noch einmal an das Gesundheitsamt.

Sie haben gesagt, dass Sie nur von den Werten der vorgelegten Prognose ausgegangen sind. Die Frage ist dann: Wie lautete Ihre Aussage, wenn unsere, ich denke, berechtigte Kritik zutreffend ist und die Prognose nicht stimmt, wenn beispielsweise für Quecksilber der doppelte Wert anzunehmen ist? Machen Sie dann noch dieselbe Aussage?

Ich möchte etwas Grundsätzliches zu dem Schriftsatz von Herrn Professor Eikmann sagen. Vorne steht drauf: „Umweltmedizinisch-humantoxikologische Bewertung der Immissionssituation nach der geplanten Errichtung des

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Steinkohleblocks 9“. Diesen Anspruch erfüllt dieses Papier nicht. Ich kann das auch begründen.

Sie haben Ihre Bewertungsgrundlagen in Kapitel 4 auf Seite 20 dargestellt. Ich will das jetzt nicht komplett vorlesen. Sie berufen sich allein auf die administrativen Werte. Das sind die gesetzlich vorgeschriebenen Grenz-werte. Sie machen keinerlei medizinische Aussage. Sie sagen: Wenn die Grenzwerte eingehalten sind, dann ist alles in Ordnung.

Es wurde heute schon erwähnt, dass das ganze Pa-pier 226 Seiten hat. Davon haben vielleicht zehn Seiten einen Bezug zu dem Vorhaben hier.

Zur Datenqualität ist Folgendes noch zu sagen: Wir befinden uns in einem Genehmigungsverfahren, und da gilt die Technische Anleitung Luft. Immissionsdaten, Messdaten, die älter als fünf Jahre sind, sind vom Wahr-heitsgehalt her irrelevant.

Ich nehme einmal das Beispiel von Chrom. Auf Sei-te 107 Ihres Papiers haben Sie rund 20 Werte angegeben. Davon erfüllen lediglich zwei Werte die Vorgaben der TA Luft, nämlich Wiesbaden-Süd aus dem Jahr 2007 und Bayern allgemein aus dem Jahr 2004. Alles andere ist zum Teil uralt: 1996, Kühling 1994. Ich würde mich schä-men, so etwas mit solchen veralteten Daten vorzulegen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Das zieht sich durch das komplette Papier durch. Da werden alle möglichen Äpfel mit Birnen und Kiwifrüchten verglichen. Dann steht vorne drauf: humantoxikologische Bewertung. Das Durcharbeiten des Datenmaterials ist eigentlich Zeitverschwendung. Es ist nicht vergleichbar. Es sind maximal zehn Seiten, die einen konkreten Bezug zum Vorhaben haben. Das andere sind zum Teil histori-sche Berichte. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, ich möchte zu Ihrer Information und auch zur Information derjenigen im Saal, die es vielleicht nicht wissen - das scheinen mehrere zu sein -, nur eins festhal-ten: Das Gutachten des Herrn Professor Eikmann ist nicht Bestand des Genehmigungsantrags, sondern das Gutach-ten von Herrn Professor Eikmann ist auf freiwilliger Basis vom GKM auf Wunsch des Gemeinderats der Stadt Mannheim zur Information im Gemeinderat gemacht worden.

Nachdem aber dieses Papier in der Welt war, habe ich gesagt - das nehme ich gerne auf meine Kappe; das hätten wir vielleicht besser nicht tun sollen; aber so arbeiten wir eben; Sie kennen uns ja -: Warum soll eigent-lich der Gemeinderat in Mannheim weitergehende Infor-mationen haben - das war damals noch vor der Offenla-

ge - als die potenziellen Einwender? Es ist auch deutlich als Zusatzinformation und nicht als Bestandteil des Ge-nehmigungsverfahrens gekennzeichnet.

Ich möchte diese Diskussion nicht unterbinden, und Herr Eikmann soll sich gerne noch einmal zu seinem Gutachten äußern. Ich finde, das steht ihm zu, wenn er so angegriffen wird. Aber ich bitte immer im Hinterkopf zu behalten: Das ist nicht Grundlage für unsere Entschei-dung.

Gödeke (Sachbeistand): Direkt dazu: Mir ist bekannt, dass das eine externe Unter-lage ist. Aber ich denke, es ist jetzt in diesem Verfahren aufgetaucht, und es wird damit argumentiert. Vielleicht ist es auch für die Stadt Mannheim aufschlussreich, im Rahmen dieser Veranstaltung zu diesem Papier berechtig-te Kritik zu hören. Sie können hinterher selbst einmal gemeinsam mit dem Gesundheitsamt prüfen, inwieweit die Kritik nachvollziehbar ist. Ich denke, wir sollten uns kritisch mit dem Papier auseinandersetzen, da es auf dem Tisch ist. Mir ist sehr wohl bekannt, dass das keine Antragsun-terlage ist. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Eikmann.

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Herr Gödeke, wir können gerne sachlich darüber reden. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Ich möchte aber gleich auf eine Frage von Herrn Block bzw. auf das, worüber er sich so aufgeregt hat, eingehen.

(Block [BUND]: Ich rege mich nicht auf!)

- Okay. Dann habe ich einen falschen Eindruck. Sie waren also ganz ruhig, Herr Block.

Den Einfluss von dem Gesamtkomplex können Sie na-türlich an den vorhandenen Messdaten nachvollziehen. Die Messdaten liegen in einem für Großstädte ganz üblichen Bereich. Das heißt, bei den knallharten Daten, die hier vorliegen, gibt es keinerlei Hinweis auf irgendeine besondere Belastung. Das muss man einfach dazu sagen.

Es wurde dann in der Diskussion auch von all den schlimmen Metallen gesprochen. Schauen wir uns einmal die Emissionen vom Hausbrand an! Schauen wir uns einmal die Emissionen von anderen Emittenten, wie Dieselmotorfahrzeugen oder Ähnliches, an! Dazu kann ich Ihnen genauso eine Liste von ganz schrecklichen Sub-stanzen bringen.

Entscheidend ist natürlich die Konzentration, die beim Menschen ankommt. Die Immissionsdaten zeigen ganz deutlich, dass es hier keine besondere Situation gibt, die irgendwie Anlass zur Sorge gibt. Die Werte in Mannheim liegen im üblichen Konzentrationsbereich wie auch bei anderen Städten.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Wir haben - da komme ich auf den Einwand von Herrn Gödeke zu sprechen - gerade bei den Metallen, z. B. auch bei Chrom, in den letzten Jahrzehnten einen ganz drasti-schen Rückgang gehabt, der sich ganz klar auch in den Immissionsdaten niedergeschlagen hat. Die Werte von z. B. Blei und ähnlichen Dingen sind in den letzten Jahr-zehnten drastisch heruntergegangen.

Auf die deutschen Verhältnisse bezogen, können wir deshalb sagen, dass wir - vielleicht von ein, zwei Aus-nahmen im Ruhrgebiet abgesehen - im Umweltbereich überhaupt keine Probleme mehr damit haben.

Wir müssen hier natürlich schauen, wie die verschie-denen Einflüsse sind. Das wurde vorhin so abgetan: Was haben sozioökonomische Einflüsse denn mit der Schad-stoffbelastung zu tun? - Eine ganze Menge! Da spielen ganz bestimmte Verhaltensweisen eine Rolle, wie Rau-chen im Innenraum, bestimmte Hobbys oder Ernährungs-gewohnheiten und Ähnliches.

Es gibt umfangreiche Untersuchungen vom RKI und anderen Institutionen, die ganz klar besagen, dass wir Unterschiede in den bestimmten Zwischenarealen eigent-lich nicht mehr finden. Andere Einflüsse bestimmen die Höhe der Schadstoffbelastungen, die wir bei den Men-schen heute nachweisen können.

Um das noch einmal deutlich zu machen: Wir versu-chen natürlich, möglichst aktuelle Daten heranzuziehen, Herr Gödeke. Es gibt aber teilweise keine flächendecken-den Messungen mehr. Von daher muss man auf das zurückgreifen, was an Daten noch vorhanden ist, um zu zeigen, in welchen Bereichen wir uns wie bewegen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Eigentlich wären jetzt Herr Fojkar und dann Herr Gebhardt dran.

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Genau dazu: Vielleicht ist es auch nur ein Missverständ-nis. Herr Gödeke hat vorhin erklärt, die Daten zur Vorbe-lastungsmessung dürften nicht älter als fünf Jahre sein. Soweit ich es in Erinnerung habe, ist das eine TA-Luft-Fragestellung bei der Errechnung der Gesamtbelastung. Ich weiß nicht, ob dieser Passus der TA Luft noch aktuell ist. Das gab es früher einmal. Das hat mit der Auswertung von Daten nichts zu tun, Herr Gödeke.

Wenn Sie früher eine Immissionsprognose vorgelegt haben und eine Vorbelastungsmessung haben machen müssen, durften die Daten nicht älter als fünf Jahre sein. So habe ich das noch in Erinnerung.

Gödeke (Sachbeistand): Ich bin ja persönlich angesprochen worden. Da möchte ich dann schon die Möglichkeit der direkten Gegenrede haben.

Zunächst einmal möchte ich aus der aktuell gültigen TA Luft zitieren, 4.6.3.1 - Allgemeines:

„Immissionsmessungen oder vergleichbare Feststellungen“

- das wäre zum Beispiel dieses Papier -

„über die Immissionsbelastung dürfen he-rangezogen werden, wenn sie nicht länger als 5 Jahre zurückliegen und sich die zur Beurteilung maßgeblichen Umstände in die-sem Zeitraum nicht wesentlich geändert ha-ben.“

- Das ist nicht aus der alten, sondern aus der neuen TA Luft.

Ich habe mich jetzt auf dieses Papier bezogen, und da sind diese Werte im Zusammenhang mit der Vorbelastung dargestellt. Ich kann natürlich nachvollziehen, dass es für Sie nicht einfach ist, Vergleiche zu ziehen, wenn da nur wenige Daten erhoben wurden. Dann muss man aber ehrlich in das Papier hineinschreiben: Es gibt keine aktuellen Daten, und die alten Daten sind mit aktuellen Messungen nicht vergleichbar. - Das steht da aber so nicht drin.

Das heißt, für den unbedarften Leser entsteht so der Eindruck der Vergleichbarkeit. Die Vergleichbarkeit ist aber eben nicht vorhanden. Genau deswegen ist das in der TA Luft, also in einer Verwaltungsvorschrift, so festge-legt worden, weil eben diese Daten nicht vergleichbar sind.

Im Übrigen gibt es z. B. Daten vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen. Es ist ja nicht so, dass es nach 2002 keine Daten mehr veröffentlicht hat. Es gibt aktuelle Daten vom - wie es jetzt heißt - LANUV, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. Die hätte man auch verwenden können. Die sind für jeden frei verfügbar. Von daher erwarte ich von einem solchen Papier oder einer solchen Studie, dass die aktuellsten verfügbaren Daten verwendet werden.

Zur Vorbelastung für Mannheim muss ich ganz klar sagen: Es wurden keine Vorbelastungsmessungen ge-macht. In Karlsruhe z. B. wurden sie durchgeführt. Es sind für einzelne Schwermetalle LUBW-Daten vorhanden. Aber für die Palette, die jetzt hier wie auch im Kraftwerks-genehmigungsverfahren, aber auch andernorts, vorhan-den ist, sind die Daten nicht erhoben worden.

Deswegen war eine Vorbelastungsmessung zwingend erforderlich. Das haben wir ja auch bereits beantragt. Ich kann Ihr Dilemma verstehen, dass Sie keine anderen Daten haben. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Vorwurf in Ihre Richtung. Aber es darf nicht der Eindruck erweckt werden, mit Daten aus verschiedenen Jahren könne eine Vergleichbarkeit zu Mannheim hergestellt werden.

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Nur wenn man konkrete Daten aus einem bestimmten Jahr aus Mannheim hat, kann man diese mit konkreten Daten aus anderen Gebieten vergleichen. Ansonsten hinkt der Vergleich - insbesondere wenn die Zeiträume mehr als fünf Jahre auseinanderliegen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Fojkar, Herr Gebhardt und Herr Schurse.

Fojkar (Einwender): Herr Professor Eikmann, als Arzt bin ich froh über einen Teil Ihrer ersten Einlassungen. Sie haben nämlich deutlich gemacht, weswegen viele Bürgerinnen und Bürger hier die Anhörung mit Interesse verfolgen: Medizinisch gesehen ist es unstrittig, dass es Auswirkungen gibt.

Medizinisch gesehen haben Sie im Grunde genommen Ihrem Gutachtenauftraggeber etwas ins Stammbuch geschrieben. Sie sagen nämlich: Wir alle müssten bemüht sein, Feinstäube im Sinne von Prävention und Vermei-dung von Belastungen zu reduzieren.

Nicht einverstanden bin ich allerdings damit, dass Sie einerseits sagen, wir müssten die gesetzlichen Rahmen-bedingungen ändern, aber andererseits erklären: Na ja, nach der gesetzlichen Lage und nach der TA Luft hat das eigentlich keine Auswirkungen. Das geht d’accord mit der Argumentation, die wir jetzt von der Antragstellerseite gehört haben. Insofern habe ich ein gewisses Verständnis.

Nachdem Sie schon zugegeben haben, dass bei Stickstoffen und bei Feinstäuben eigentlich etwas getan werden müsste, frage ich Sie: Wie sieht es Ihrer Meinung nach mit dem Quecksilber aus? Rechnen Sie durch den Block 9 mit vermehrter Quecksilberbelastung insgesamt?

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Ich darf einmal den letzten Satz des Gutachtens vorlesen:

„Es wird empfohlen, dafür Sorge zu tragen, die vorwiegend aus Verkehr und Hausbrand stammenden PM10- und PM2,5-Immis-sionskonzentrationen sowie die NO2-Vorbe-lastung zu reduzieren.“

Das ist der Schluss vom Gutachten. Das zeigt klar die Tendenz zur präventiv-medizinischen Bewertung auf.

Fojkar (Einwender): Dafür bin ich Ihnen auch dankbar. Ich verstehe aber nicht ganz, warum Sie die Großfeuerungsanlagen nicht mit hineinnehmen.

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Es gibt ja harte Zahlen. Wir müssen uns auf eine bestimm-te Datengrundlage beziehen. Es sind immer so viele Emotionen im Spiel. Ich verstehe das - ich bin ja selber

Arzt -, wenn so emotional reagiert wird. Aber die harten Zahlen besagen genau das, was ich vorhin schon in den Raum gestellt habe und was ich hier auch geschrieben habe: Wenn wir präventiv-medizinisch die Konzentratio-nen senken wollen, ist es irrelevant, ob dieser Block 9 gebaut wird oder nicht gebaut wird. Das hat keine Auswir-kungen. Das ist irrelevant.

Fojkar (Einwender): Über die Härte der Zahlen haben wir heute schon gestrit-ten, Herr Eikmann. Bitte zurück zur Frage, was aus Ihrer Sicht das Quecksilber angeht.

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Man kann immer alles in Frage stellen.

Quecksilber ist eigentlich von der inhalativen Belas-tung, wenn man die Gesamtbelastung nimmt, also die Gesamtzufuhr zum Körper - -

Fojkar (Einwender): Nein! Humantoxikologisch, nicht nur die inhalativen Belastungen!

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Bei der Gesamtzufuhr von Quecksilber in den Organismus haben wir an erster Stelle die Zufuhr über die Nahrungs-mittel überwiegend als Methylquecksilber, aber auch als anorganisches Quecksilber. An zweiter Stelle, wenn man das quantitativ betrachtet, haben wir die Amalgamfüllun-gen. Die direkte inhalative Zufuhr ist ganz geringfügig. Das sind wenige Prozent. Das heißt, das spielt eigentlich bei der Gesamtbewertung von Quecksilber keine Rolle.

Wir haben von der Kollegin vorhin - - -

Fojkar (Einwender): Entschuldigen Sie, Herr Professor Eikmann, wenn ich Sie unterbreche! Nochmals: Rechnen Sie mit mehr Quecksil-ber durch Block 9? - Das ist etwas, was die Bürger hier interessiert.

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Nein, damit rechnen wir nicht. Wir können das ja sehen: Die Zusatzbelastung - -

Fojkar (Einwender): Ich meine damit nicht nur die inhalative Belastung, son-dern - -

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Eine Bitte an die Diskussionsleitung, damit auch die Nichtmediziner folgen können! Das kommt mir jetzt ein bisschen wie ein Kreuzverhör vor! Es wäre für uns einfa-cher, wenn Sie ein paar Fragen stellen und Professor Eikmann sie beantwortet. Dieser Kreuzverhörsituation kann man nicht mehr folgen.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

(Zurufe von den Einwenderinnen und Ein-wendern: Wir können dem folgen! - Wir fol-gen dem im Moment!)

Fojkar (Einwender): Herr Dr. Seeliger, ich traue Ihrem Folgevermögen schon mehr zu.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich denke, Herr Dr. Seeliger, weil wir alle unsere Kinder lieben - das schreibe ich Ihnen genauso zu wie allen anderen hier im Saale -, ist es wichtig, dass die Bürger hier die Möglichkeit haben, ganz konkrete Antworten auf ganz konkrete Fragen zu bekommen, aber nicht ständig Fünfminutenreferate, in denen die Fragen nicht beantwor-tet werden.

Ich glaube, die Frage ist einfach zu beantworten: Rechnen Sie mit mehr Quecksilber durch Block 9, ja oder nein?

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Ich gebe Ihnen jetzt die Antwort darauf, hoffentlich auch klar und verständlich für die anderen. Gucken Sie auf Seite 141! Da haben wir eine Vorbelastung von 0,9 angenommen und haben eine Zusatzbelastung von 0,00012.

Fojkar (Einwender): Gut. Es gibt also eine Zusatzbelastung. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Das wurde hier schon anders behauptet. Das ist schon deutlich.

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Entschuldigung! Wir wollen jetzt nicht unfair sein.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Jetzt wird es aber unseriös. Es wurde nie behauptet, dass es keine Zusatzbelastung gibt. Es wurde immer gesagt - -

(Lebhafte Zurufe von den Einwenderinnen und Einwendern)

Fojkar (Einwender): Oh, oh! Waren Sie bei der Bürgerversammlung, Herr Professor Dolde?

Verhandlungsleiterin Salchow: Bitte nicht alle durcheinander! Jetzt ist Herr Professor Dolde dran und dann wieder der Herr Fojkar.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Es ist indiskutabel, hier solche Fragen zu stellen, die völlig neben der Sache liegen. Sie wollen den Sachverständigen

nur vorführen. Kein Mensch hat in den letzten zwei Tagen gesagt, dass es keine Zusatzbelastung gibt.

(Fojkar [Einwender]: Danke, Herr Professor Dolde, dass auch Sie zustimmen! - Gödeke [Sachbeistand]: Das hat Professor Eikmann in den letzten fünf Minuten doch dreimal be-hauptet! - Weitere Zurufe von den Einwen-derinnen und Einwendern)

- Nein! Wenn Sie ganz genau wissen, dass es anders ist und dass es anders im Gutachten drinsteht, dann sparen Sie sich die Frage! Sie wollen nur etwas herauslocken und den Sachverständigen aufs Glatteis führen! Das ist nicht in Ordnung.

(Block [BUND]: Er ist habilitiert! Also kann er da für sich selber reden! - Weitere Zurufe von den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Block, Herr Eikmann ist gerade dabei, für sich selbst zu reden. Lassen Sie ihn!

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Das tut er auch. Ich kann trotzdem über die Art und Weise des Vorgehens hier meine Meinung sagen. Das werden Sie mir noch zugestehen!

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Eikmann und kein anderer! Machen Sie bitte die Mikrofone aus!

Prof. Dr. Eikmann (Antragstellerin): Noch einmal, Herr Kollege, um das deutlich zu machen: Wir haben eine Vorbelastung von 0,9, und da können Sie jetzt einige Nullen anhängen. Das ändert sich von 0,90000 auf 0,90012. Das heißt, es ändert sich praktisch überhaupt nichts. Das ist ein rein hypothetischer Wert. Der Wert bleibt identisch.

Deshalb kann man auch nicht sagen, dass sich die Vorbelastung in irgendeiner Art und Weise ändert. Bei den errechneten Daten ist das tatsächlich absurd; das muss man deutlich sagen. Deshalb ist die Aussage, dass hier die Vorbelastung praktisch gleich bleibt, genau richtig.

(Fojkar [Einwender]: Jetzt verstehe ich aber die Aussage von Herrn Professor Dolde nicht, muss ich ehrlich sagen! Die Logik ka-piere ich nicht!)

- Ich finde es nicht fair, mich dauernd zu unterbrechen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann lassen wir das jetzt hier so stehen. Ich erteile das Wort Herrn Gebhardt, der schon lange darauf wartet.

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Gebhardt (Sachbeistand): Ich wollte mich jetzt in diesen Streit nicht einmischen. Ich möchte nun ein anderes Thema ansprechen.

(Block [BUND]: Wir sind jetzt noch bei Ge-sundheit!)

- Das ist klar. Auch ich bin noch bei der Bewertung der Zusatzbelastung - gar keine Frage! Aber ich wollte diese für mich interessante und erfrischende Diskussion jetzt nicht unterbrechen.

(Lachen bei einigen Einwenderinnen und Einwendern)

Meine Frage zielt auf die Bewertung der Zusatzbelas-tungen im Nahbereich, insbesondere auf die Kurzzeitbe-lastungen. Das ist, finde ich, ein sehr wichtiger Punkt.

Sie haben es vielleicht schon erkannt: Mein Stecken-pferd sind ein bisschen die diffusen Emissionen. Damit habe ich mich vorhin schon intensiv auseinandergesetzt. Auf Seite 105 der Immissionsprognose werden dazu Berechnungen durchgeführt. Für den Beurteilungspunkt 5 und für den Beurteilungspunkt Mundenheimer Straße wurden die zukünftig zu erwartenden Überschreitungen - so habe ich das verstanden - des maximalen Tagesmit-telwertes für PM10 berechnet. - Herr Dr. Wind, Sie nicken gerade. Ist das so richtig? Oder sind Sie jetzt der falsche Ansprechpartner?

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich bin schon der richtige Ansprechpartner. - Da ist ausge-rechnet worden, ob sich die Überschreitungshäufigkeit für Schwebstaub durch den Zubau des Blocks 9 ändert.

Gebhardt (Sachbeistand): Das habe auch ich so verstanden; da sind wir uns schon einmal einig. Mein Problem war nur, dass ich das nicht ganz nachvollziehen kann. Ich sage jetzt nicht, Herr Dr. Wind, Ihre Berechnung ist falsch, sondern ich kann sie insofern nicht nachvollziehen, als dass die Daten, die dieser Rechnung zugrunde liegen, für mich nicht erkenn-bar sind. Vielleicht sind sie ja im Anhang; aber ich finde keinen Anhang dazu. Das ist für mich schon wichtig.

Ich sage das aus folgendem Grund: Sie geben hier als Vorbelastung ohne den Block 9 jedes Mal eine Über-schreitungshäufigkeit von 29 an, wenn ich das richtig sehe. 35 ist sozusagen das Maximum; 35 sind noch zulässig. 36 wäre jetzt schon darüber.

Sie sagen jetzt: Wenn der Block 9 dazukommt, sind es immer noch 29. Das ist Ihr Ergebnis. Sie sagen weiterhin, die maximale Zunahme des Tagesmittelwertes, das, was maximal an einem Tag dazukommt - so verstehe ich das jetzt -, sind 2,85 bzw. 5,44 µg/m³.

Ich würde mir jetzt eine Aussage über die 36 höchsten Tageswerte wünschen. Sie haben 29 hier verwendet. Sie haben mit Sicherheit auch alle 36; sonst könnten Sie das

gar nicht rechnen. Diese Reihe von 36 Werten würde ich mir jetzt wünschen. Was wird da jeweils draufgepackt? Ich möchte das gerne nachvollziehen. Sonst stehen die Zahlen einfach hier so im Raum, und keiner weiß damit etwas anzufangen. Die Frau Salchow, Sie wissen das wahrscheinlich genauso wenig wie ich und die Fachbe-hörden. Darum fände ich es ganz sinnvoll, wenn in diesem Punkt Klarheit bestünde und die Daten vom Vorhabens-träger zur Verfügung gestellt würden.

Ich gehe einmal davon aus, Frau Salchow, auch Sie haben die Daten bislang nicht. Deswegen möchte ich hiermit den Antrag stellen, dass der Genehmigungsbe-hörde, den einzelnen Fachbehörden, natürlich auch den interessierten Einwendern und dem BUND diese Daten zur Verfügung gestellt werden. - Damit ist der Punkt für mich abgeschlossen.

Es kann durchaus sein, dass die Berechnung stimmt. Aber es kann auch sein, dass die Berechnung nicht stimmt. Werte im Bereich von beispielsweise 48, also knapp unter 50, darf es bei dieser Berechnung nicht geben. Es darf bei diesen 365 Tagesmittelwerten keinen maximalen Tageswert von 47, 48 oder 49 geben. Sonst stimmt Ihre Rechnung hier nicht. Diese Zusatzbelastungen haben ja eine erhebliche Höhe. - Das wäre der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Auf Seite 99 geht es um die Zu-satzbelastungen im Nahbereich der Anlage. Da schreiben Sie:

„Die Gebiete außerhalb der Werksgrenze mit nicht irrelevanter Zusatzbelastung für Schwebstaub, Staubniederschlag, Schwe-feldioxid und Stickstoffdioxid stellen Flächen dar, auf denen sich Menschen nur vorüber-gehend aufhalten. Zur weiteren Beurteilung der Immissionssituation wurde für diese Randgebiete trotzdem eine Betrachtung der Gesamtbelastung für diese Schadstoffe durchgeführt.“

Ich verstehe nicht so ganz, was Sie damit meinen. Meinen Sie jetzt damit diese Bereiche, nach dem Motto: Sie müssten eigentlich gar nicht betrachtet werden, weil sich Menschen dort nur vorübergehend aufhalten; wir machen es aber trotzdem. Oder meinen Sie, dass eine solche Betrachtung für diese Bereiche auf jeden Fall gemacht werden muss? - Das ist eine ganz schlichte Frage. Da möchte ich Sie um eine Antwort bitten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Wind.

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich habe an der Stelle für die Gewerbe- und Industrie-bereiche die Gesamtbelastung ausgerechnet. Mehr habe ich da nicht gemacht. Ich habe die Vorbelastung genom-men und habe die Zusatzbelastung dazugezählt. Die

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Zusatzbelastung hat über der Irrelevanzgrenze gelegen. Deswegen habe ich das überhaupt gemacht. Ich habe daraus die Gesamtbelastung bestimmt und festgestellt: Das liegt unterhalb des Immissionswertes.

Gebhardt (Sachbeistand): Vielen für die Antwort, Herr Dr. Wind. Aber das war nicht die Antwort auf meine Frage. Ich hatte gefragt: Sind Sie der Auffassung, dass das für diese Flächen gemacht werden muss, oder sind Sie der Auffassung, dass es nicht gemacht werden muss und Sie es nur zur Sicherheit gemacht haben?

Dr. Wind (Antragstellerin): Herr Gebhardt, das spielt eigentlich keine Rolle. Wir haben es jetzt in der Immissionsprognose gemacht. Das Ergebnis spricht eigentlich für sich.

Gebhardt (Sachbeistand): Meine Frage an die Fachbehörden - oder auch nicht -:

(Heiterkeit bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Es ist keiner von denen mehr da.

Gebhardt (Sachbeistand): Wie sehen das die Fachbehörden? Muss das gemacht werden, oder muss das nicht gemacht werden? Das ist doch der einzige Bereich - deswegen frage ich da explizit nach -, wo man in Bezug auf den Schwebstaub PM10 eine Zusatzbelastung hat, die nicht irrelevant ist und die in Abhängigkeit von der Vorbelastung unter Umständen problematisch sein könnte. Das ist also ein wichtiger Bereich.

Jetzt stellt sich für mich die Frage: Muss hier die Ge-samtbelastung errechnet werden und dann natürlich auch eine Bewertung der Gesamtbelastung vorgenommen werden, oder ist das nicht erforderlich? - Das ist jetzt meine Frage. Ich halte sie für ganz zentral in diesem Genehmigungsverfahren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn man vermutet, dass für eine bestimmte Situation die Werte überschritten werden, ist es doch selbstverständlich - das würden wir auch fordern -, dass man dann solche Berechnungen macht. Die sind auch durchgeführt worden. Wir haben sie.

Auch für uns ist es relativ müßig, über einen hypotheti-schen Fall nachzudenken. Wenn sie diese Berechnungen jetzt nicht gemacht hätten, wäre die Frage interessant. Aber sie haben sie gemacht. Wir hätten sie sonst auch gefordert, wenn sich ergibt, dass es zu Überschreitungen an dieser Stelle kommt.

Gebhardt (Sachbeistand): Frau Salchow, ganz herzlichen Dank für diese Aussage. Mir ist wichtig, dass das ins Protokoll kommt.

Meine Frage ist jetzt: Wo sind Ihre Berechnungen der Tagesmittelwerte für die Zusatzbelastungen - Schwebstaub, PM10 - im Kurzzeitbereich? Wir waren uns jetzt einig, dass das gemacht werden muss. Wo sind sie?

Dr. Wind (Antragstellerin): Ich habe die Kurzzeitwerte für das Wohnhaus im Gewer-be- und Industriegebiet bewertet.

Gebhardt (Sachbeistand): Das hatten wir ja schon vorher; das ist richtig. Aber mir geht es jetzt nicht um das Wohnhaus, sondern mir geht es um den gesamten Bereich.

Um das einmal zu verdeutlichen: Sie haben hier eine maximale Zunahme des Tagesmittelwertes für das Wohn-haus von 5,44 µg/m³. Sie haben das an anderer Stelle in Ihren Unterlagen berechnet und dargestellt. Da kommen Sie zu dem Ergebnis: Das haben wir doch alles gemacht; das ist kein Problem.

Da geht es um die mittlere Jahreszusatzbelastung. Das ist etwas völlig anderes. Das ist ein Mittelwert aus 365 Tagen. Das, was auf Seite 105 zitiert wird, ist der maximale Wert, aus dem dann der Mittelwert gebildet wird. Der liegt bei 5,44. Sie haben einen Mittelwert von 8 µg/m³ an dem ungünstigsten Ort ausgerechnet. Mit dem haben Sie auch Ihre Bewertung durchgeführt.

Es geht mir um diesen ungünstigsten Punkt in diesem Industrie- bzw. Gewerbegebiet, der nicht Teil des Werks-geländes ist. Wir waren uns vorhin einig, dass dort eben-falls diese Berechnung gemacht werden muss.

(Prof. Dr. Dolde [Antragstellerin]: Nein, wir waren uns nicht einig!)

- Sie vielleicht nicht. Aber ich hatte den Eindruck, auch die Genehmigungsbehörde ist dieser Auffassung. - Diese Berechnung liegt aber nicht vor.

Ich kann Ihnen auch sagen, warum diese Berechnung nicht vorliegt: Sie würden nämlich zu dem Ergebnis kommen, dass der Immissionswert in der Gesamtbelas-tung überschritten ist und dass wir den Maximalwert von 35 Überschreitungen nicht einhalten können. Dann wäre die Anlage nicht genehmigungsfähig. Das ist der Punkt.

Dazu hätte ich gerne eine Aussage von den Fachbe-hörden. - Das war jetzt ernst gemeint. - Jetzt haben wir ein Problem. Die Fachbehörden sind nicht mehr da. Jetzt frage ich mich, wie wir mit diesem Punkt umgehen sollen. Mir ist das Thema ganz wichtig. Das ist eine der entschei-denden Fragen in diesem Genehmigungsverfahren. Deswegen muss diesem Punkt eine entsprechende Erörterungstiefe eingeräumt werden. Jetzt haben wir keine

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Fachbehörde mehr da. Jetzt haben wir das Problem, wie wir damit umgehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Stellen Sie jetzt doch den Antrag, dass wir dem nachge-hen und dass in dem Umfang nachgelegt wird, wie Sie das für erforderlich halten!

Gebhardt (Sachbeistand): Ich stelle jetzt den Antrag, dass wir den Erörterungstermin unterbrechen und morgen unter Anwesenheit der Fachbe-hörden weitermachen. Den Antrag kann ich gerne stellen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Nein. Die sind auch morgen nicht mehr da. Stellen Sie jetzt doch den Antrag, dass wir der Problematik nachge-hen und prüfen - alleine oder gemeinsam mit den Fachbe-hörden -, ob wir das für erforderlich halten. Wenn wir gegebenenfalls zu dem Ergebnis kommen, muss die Firma eben nachlegen. Das ist doch ganz üblich.

Es ist doch das Wesen eines Erörterungstermins, dass sich daraus die eine oder andere Notwendigkeit der Nacharbeit ergibt. Sie erfahren natürlich das Ergebnis; das ist selbstverständlich. Sie haben das ja auch angeregt. - Aber einen solchen Antrag sollten Sie für das Protokoll dann schon stellen.

(Gebhardt [Sachbeistand]: Wir haben ja ei-nen Rechtsanwalt!)

Rahner (Rechtsbeistand): Ich bin jetzt irritiert, was Sie zu den Fachbehörden gesagt haben. Wir haben ja noch andere wichtige Themen im Bereich Immissionsschutz. Auch der Tagesordnungspunkt Lärm, der noch kommt, ist nicht der allerkleinste. Ich meine, dass da die Anwesenheit der Fachbehörden für eine substanzielle Erörterung zwingend erforderlich ist. Wir haben beim Thema Luftreinhaltung gemerkt, wie wichtig es ist, auch mit den Fachbehörden zu diskutieren. Beim Lärm wird es ähnlich sein.

Verhandlungsleiterin Salchow: Nur zu Ihrer Information: Vielleicht ist es irgendwie unter-gegangen, aber wir haben vor, nach diesem Tagesord-nungspunkt Auswirkungen für heute Schluss zu machen und morgen Vormittag dann weiterzumachen. Von daher brauchen wir jetzt die Fachbehörden nicht mehr.

Rahner (Rechtsbeistand): Das ist in der Tat bei mir noch nicht angekommen. Danke für die Nachricht! Aber Sie haben eben gesagt, auch morgen wären die Fachbehörden nicht da.

Verhandlungsleiterin Salchow: Die für Lärm und die weiteren Punkte sind dann da. Wir haben allerdings nicht verhindert, dass diejenigen gehen,

die mit den Dingen zu tun haben, die in der Tagesordnung weitgehend abgehandelt sind.

Rahner (Rechtsbeistand): Gut. Weil ich mir nicht sicher bin, ob ich Sie akustisch gerade richtig verstanden habe: Ist die LUBW morgen zum Thema Lärm wieder da?

Verhandlungsleiterin Salchow: Ja.

(Rahner (Rechtsbeistand): Okay, danke!)

Herr Gebhardt hatte sich noch einmal gemeldet und dann Herr Schurse.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich dachte jetzt eigentlich, der Herr Rahner stellt für mich einen Antrag.

(Rahner [Rechtsbeistand]: Oh, dann haben wir uns missverstanden!)

Aber ich kann den Antrag auch selber stellen. Sie haben ihn mir im Prinzip schon in den Mund gelegt.

In Bezug auf die Kurzzeitbelastungen hinsichtlich des Schwebstaubes PM10 wird hiermit beantragt, dass vom Antragsteller bzw. Vorhabensträger eine Betrachtung der Zusatzbelastungen an dem Punkt durchgeführt wird, der sich im Industrie- und Gewerbegebiet in direkter Nachbar-schaft zu der Anlage befindet und an dem die höchsten Belastungen zu erwarten sind.

Das bezieht sich auf den Ort, der öffentlich zugänglich ist und an dem sich Menschen auch aufhalten können; das ist klar. Es geht hier um den Bereich, der von den Schadstoffen wirklich am höchsten belastet wird und an dem sich Menschen aufhalten können, und zwar nicht nur kurzzeitig, sondern auch länger. Dazu gehören beispiels-weise auch Menschen, die dort arbeiten. Das Wohnhaus an der Mundenheimer Straße gehört ebenfalls dazu. Aber darauf sollte hier nicht der Fokus gerichtet werden.

Jetzt möchte ich auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen, der im Prinzip auf Ähnliches hinausläuft: Ich komme zur Frage der Bewertung der PM2,5-Belastungen. Dazu wurde ebenfalls eine Bewertung durchgeführt. Aber wiederum fehlt für genau dieses Gebiet die Bewertung des PM2,5.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht, zumindest über-schlägig nachzurechnen, was dabei herauskommen könnte. Mir geht es weniger um die Kurzzeitbelastungen. Ich weiß nicht, ob es da einen Kurzzeitwert in Zukunft geben wird. Mir ist auf jeden Fall bekannt, dass zukünftig mit einem Wert von 25 µg/m³ als Jahresmittelwert zu rechnen ist. Im Moment kennen wir die Vorbelastung von der Station Mannheim-Süd in Höhe von 28 µg/m³.

Wir haben auf Seite 79 ebenfalls die Aussage zur Im-missionsprognose - wir hatten sie vorhin von den Fachbe-

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hörden, glaube ich, bestätigt bekommen -, dass der PM10-Anteil im Bereich von 70 bis 90 % liegen dürfte. Wenn man das jetzt auf diese 28 umrechnet, kommt man bei PM10 auf eine Vorbelastung von 19,6 bis 25,2 µg/m³.

Ich gebe hier ausdrücklich zu Protokoll: Schon ein Wert von 25,2 µg/m³ würde eine Überschreitung des zukünftigen Immissionswertes für PM2,5 bedeuten. Das heißt, in dem Fall hätten wir wirklich ein Problem. Denn dann müsste die Zusatzbelastung nicht einmal irrelevant sein. - Doch! Ich möchte mich jetzt aber nicht weiter darüber auslassen. Sonst sage ich noch etwas Falsches.

Auf jeden Fall liegt die maximale Zusatzbelastung für PM2,5 in diesem Bereich bei 8 µg/m³. Wenn ich jetzt diesen meiner Ansicht nach sehr konservativen Wert von 14 % annehme, komme ich über den Dreisatz wiederum auf einen Wert von 1,12 µg/m³. Auch der würde wieder über der Irrelevanzgrenze liegen. Da kann man sich also nicht mit Irrelevanz herausreden. Wir hätten eine Gesamt-belastung, die zwischen 19,6 und 25,2 µg/m³ liegen würde.

Mit Blick auf den 60-prozentigen PM2,5-Anteil, der in der Studie ebenfalls irgendwo genannt wird, käme man bei einer Zusatzbelastung von 4,8 µg/m³ auf eine Ge-samtbelastung von 24,4 µg/m³ bis 29 µg/m³.

Diese zukünftigen Werte legen nahe: Entweder ergreift man hier massive zusätzliche Reduktionsmaßnahmen für Staubemissionen, z. B. die Einhausung des Kohlelagers, oder man legt den Antrag zur Seite, weil er nicht geneh-migungsfähig ist. Punkt!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schurse.

(Gödeke [Sachbeistand]: Darf ich den An-trag noch ergänzen?)

- Ja, gut.

Gödeke (Sachbeistand): Dasselbe Kriterium gilt grundsätzlich für die Prognose, da nur Jahresmittelwerte auch für die Überschreitungshäufig-keiten bzw. die zeitlich begrenzten Werte für Schwefeldi-oxid und Stickoxide berechnet wurden.

Der Antrag wird entsprechend ergänzt: Speziell in Be-zug auf die Umweltzone soll eine zusätzliche Berechnung mit den Halbstundenmittelwerten und Tagesmittelwerten, wie sie beantragt sind, durchgeführt werden. Dabei sollen als Parameter nicht nur die Jahresmittelwerte herangezo-gen werden, die gesetzlich geregelt sind. - Das ist die Ergänzung zu dem Antrag. Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt Herr Schurse.

Schurse (Einwender): Thorsten Schurse, Individualeinwender und Bezirksbeirat für die SPD in Mannheim-Wallstadt. - Ich nehme das Angebot von Frau Salchow gerne an, dass die Individual-einwender am Schluss des Tages auch außerhalb der Tagesordnung ihre Einwendungen vertreten können. Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt, oder sollten wir damit noch etwas warten?

Verhandlungsleiterin Salchow: Nein, angesichts der Tatsache, dass Sie seit 17 Uhr darauf warten, möchte ich Ihnen jetzt die Gelegenheit dazu geben - auch wenn Frau Dahamni-Herm, Herr Binder, Herr Schaper und noch andere zu diesem Punkt vorher noch dran wären.

Schurse (Einwender): In Anbetracht der Zeit wird es bei mir nicht ewig dauern. Ich muss das Angebot leider heute noch annehmen, weil ich morgen und übermorgen beruflich verreist bin. Ich denke, es möchte keiner am Montag wiederkommen.

Die Firma GKM hat einen Genehmigungsantrag ge-schrieben, in dessen allgemein verständlichem Teil breit motiviert wird, warum hier ein Kohlekraftwerk gebaut werden soll. Ich denke, diese Motivation muss auch einmal gewürdigt werden.

Was passiert hier? Das GKM beantragt die Kohle-verbrennung, also das Recycling von abgestorbenen Pflanzenteilen. Recycling ist grundsätzlich etwas Tolles. Ein bisschen problematisch ist, dass die Pflanzen vor mehreren hundert Millionen Jahren gestorben sind. Damals war es wegen des höheren Kohlendioxidanteils in der Atmosphäre etwa sieben Grad wärmer als heute.

Die Prüfung, die hier stattfindet und Grundlage dieses Erörterungsverfahrens ist, funktioniert auf einer viele Jahrzehnte alten Rechtsgrundlage. Hier wird jetzt ver-sucht, auf dieser Grundlage ein Vorhaben durchzupeit-schen, das niemand als zukunftsweisend betrachten kann.

Ich möchte einmal darauf hinweisen: Zu den anderen Branchen, die nicht nachhaltig wirtschaften, gehören z. B. die Banken und die Automobilindustrie. Man kann gegen-wärtig sehr genau feststellen, was denen gerade passiert. Ich wünsche das dem GKM nicht.

Die Einwender versuchen logischerweise, aufgrund der geltenden Rechtslage gegen dieses Vorhaben vorzu-gehen. Etwas anderes bleibt ihnen auch nicht übrig.

Auch ich habe eine Individualeinwendung verfasst. Ich möchte sie jetzt nicht im Detail durchgehen, sondern nur kurz. Meine Frage ans Regierungspräsidium ist: Was wird das Regierungspräsidium davon als erörterungsrelevant, vor allen Dingen später als prüfungsrelevant einstufen? Ich als Laie kann das natürlich nicht beurteilen. Was wird als nicht relevant betrachtet und daher auch nicht geprüft?

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Was wäre eventuell mit anderen Rechtsmitteln gegebe-nenfalls vor Gerichten zu überprüfen?

Kann das Regierungspräsidium von sich aus Fragen rechtlich abschließend klären lassen? Hat das Regie-rungspräsidium beispielsweise die Möglichkeit, bei EU-Gerichten anzufragen, ob das Vorhaben dem geltenden EU-Recht entspricht?

Diese Fragen haben natürlich den Hintergrund, dass Klagen mit Blick auf die Verfassungswidrigkeit, mit Blick auf die EU-Rechtswidrigkeit leicht Kosten im sechsstelli-gen Bereich zur Folge haben und dass sich das nicht jeder Einwender leisten kann.

Kurz zu den sieben Bereichen meiner Einwendung: Zum einen geht es darum, dass die sogenannte allgemein verständliche Kurzbeschreibung meiner Meinung nach in Teilen nicht allgemein verständlich ist bzw. den Leser in die Irre führen kann. - Das sind die Punkte 1, 2, 3, 4 und 16 meiner Einwendung.

Punkt 4 ist zum Beispiel: Da wird ein Platz für eine künftige CO2-Abscheidung angesprochen. Diese ist aber nicht vorgesehen. Es stellt sich die Frage, ob sie jemals kommen wird. Dann wird auf Unterlagen verwiesen, die allerdings fehlen. Insbesondere fehlen Unterlagen über Messwerte.

Der zweite Bereich betrifft Verstöße gegen meiner Ansicht nach höherrangiges Recht. Das sind die Punkte 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23 und 26 meiner Einwendungen. Der Punkt 21 beispielsweise beinhaltet, dass sich Deutschland völkerrechtlich verbindlich zu CO2-Einsparungen verpflich-tet hat. In Mannheim wird lokal mehr CO2 emittiert. Da müsste man sich natürlich die Frage stellen: Wo wird im Gegenzug weniger CO2 emittiert? Das wäre zu klären.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Der Punkt 19 besagt, dass eine Genehmigung in die Rechte der Stadt eingreifen und diese einschränken würde, was unter Umständen rechtswidrig wäre.

Der nächste Bereich ist, dass meiner Meinung nach in eklatanter Weise gegen energiepolitische Ziele der Lan-desregierung verstoßen wird, wie sie in der Klimakonzep-tion der Landesregierung aufgeführt sind. - Das sind die Punkte 9, 11, 12, 13 und 14 meiner Einwendung.

Die Punkte 7, 8 und 15 meiner Einwendungen im nächsten Bereich betreffen formale Fragen.

Die Punkte 27, 28 und 29 beziehen sich auf Gemein-deratsbeschlüsse vom Gemeinderat der Stadt Mannheim, die meines Erachtens rechtswidrig zustande gekommen sind. Ich möchte da direkt das Regierungspräsidium ansprechen, ob die Befangenheit der Gemeinderäte vom Regierungspräsidium geprüft wird. Anscheinend ist das in der Stadt Mannheim nicht abschließend geschehen.

Der nächste Bereich meiner Einwendung betrifft die Infragestellung von Aussagen, die in den Antragsunterla-gen gemacht werden, und die andere Bewertung von Sachverhalten.

Die Punkte 6, Kühlturm, und 10, Schwadenbildung, hatte ich bereits vorhin angesprochen. Im Punkt 24 geht es darum, dass im Antrag ausgeführt wird, dass die Klimaveränderung des Weltklimas nicht messbar ist. Dem stimme ich zu. Aber die Frage ist: Ist das auch rechnerisch nicht möglich? Man kann das ja herunterbrechen. Auch in China werden derzeit mehrere solcher Kraftwerke gebaut.

Der Punkt 5 - Infragestellung von Aussagen und ande-re Bewertungen von Sachverhalten - bezieht sich eben-falls auf die gerade bereits angesprochenen Irrelevanz-grenzen. Da wird zum Schutzgut Luft ausgeführt, dass die Irrelevanzgrenzen in einem Gebiet, das direkt neben der Anlage liegt und nicht näher definiert wird, überschritten werden.

Laut dem Genehmigungsantrag soll jetzt eine Anlage - gemeint ist das gesamte bisherige Großkraftwerk Mann-heim mit sämtlichen bestehenden Werken - geändert werden. Somit umfasst das an die Anlage grenzende Gebiet das gesamte Gelände aller Werke des bestehen-den Großkraftwerks Mannheim, das Gebiet des geplanten Blocks 9 und sämtliche angrenzenden Gebiete der bishe-rigen Werke und des geplanten Werks. Das ist ein Gebiet mit der Länge von mehreren Kilometern und einer Breite von mehr als 1 km. Die Betreiber können mit Sicherheit ausführen, wie groß das Gebiet genau ist.

Dieses Gebiet wird von der Mannheimer Bevölkerung intensiv auch für Naherholungszwecke genutzt. Meiner Meinung nach ergibt die Abwägung hier eindeutig, dass aufgrund des Schutzinteresses der Bevölkerung eine Überschreitung der Irrelevanzgrenzen in diesem sehr großen Gebiet nicht akzeptiert werden kann.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Im letzten Bereich fordere ich, dass analoge Auflagen wie beim Kraftwerk Hamburg-Moorburg gemacht werden, da im Wesentlichen dieselben rechtlichen Grundlagen gelten. Deshalb beantrage ich die Gleichbehandlung mit dem Kraftwerk Hamburg-Moorburg.

Hinzu kommt ein übergreifender Antrag, dass die teils irreführenden und nicht allgemein verständlichen Bestand-teile korrigiert bzw. ergänzt werden, dass anschließend die Unterlagen neu ausgelegt werden und ein neues Anhörungsverfahren durchgeführt wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich möchte noch die Frage hinzufügen, ob vom Regie-rungspräsidium eigentlich geprüft werden muss, ob die Antragstellerin seriös ist. Bei der Betreibung eines Atom-kraftwerks muss so etwas ja geprüft werden.

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Es fehlen Daten und Unterlagen, die ständig zitiert werden. Sie werden teilweise auch zurückgehalten, obwohl sie umweltrelevant sind und somit ein allgemeines Auskunftsrecht besteht.

Es gibt verschiedene Zahlen in den Gemeinderatsvor-lagen und den vorgelegten Anträgen hier. Da stellt sich sofort die Frage, wie denn diese Zahlen zum Großkraft-werk in Deckung zu bringen sind. - Da helfen auch diese Millionen für die Öffentlichkeitsarbeit nicht weiter.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Es wird eine stark überholte Rechtslage ausgenutzt. Es wird ausgenutzt, dass die Landesregierung zwar schöne energiepolitische Konzepte schreibt, diese aber nicht in Rechtsform gießt. Es wird ausgenutzt, dass die Vertreter öffentlicher Belange, in diesem Fall die Stadt Mannheim, eindeutig voreingenommen sind - bis hin zu Gemeinderäten. Es wird ausgenutzt, dass die Gutachter eindeutig als nicht neutral zu nennen sind. Außerdem wird eine überlegene Finanzmacht ausgenutzt.

Hier wurde angesprochen, ob diese Vorgehensweise unseriös ist. Ich möchte sagen - da meine ich niemanden persönlich, auch nicht den Betreiber als Firma -: Ich empfinde dieses mit Verlaub nicht nur unseriös, sondern ich finde das Vorgehen auch als sittenwidrig, als asozial, als antidemokratisch.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Vielleicht können Sie die Fragen beantworten.

(Heiterkeit bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das werde ich ganz sicher nicht tun - nur eine einzige. Uns liegt nahezu alles von dem, was Sie eben vorgetra-gen haben, schriftlich vor. Das ist jetzt auch im Protokoll.

Eines ist natürlich ganz klar - ich nehme auch an, dass das mehr eine rhetorische Frage war -: Wir werden und können von uns aus nicht ein Klageverfahren gegen unsere eigene möglicherweise ergehende Entscheidung herbeiführen. Wir korrespondieren auch nicht mit irgend-welchen höheren Gerichten, sondern allenfalls mit dem eigenen Umweltministerium.

Ansonsten ist es nun einmal so: Sie haben das Klage-recht, wenn Sie hier Einwendungen erhoben haben. Der Streitwert ist hoch. Er ist aber sicher nicht so hoch wie im umgekehrten Fall. Denn das rechtliche Interesse an der Abwehr ist immer etwas geringer bewertet als das rechtli-che Interesse an der Verwirklichung. - So viel zu den Rechtsmitteln.

Ich weiß nicht, ob sich Herr Krah zu den Mannheim betreffenden Dingen noch äußern möchte.

Krah (Stadt Mannheim): Das fällt mir nach Ihren Schlusssätzen, Herr Schurse, schon schwer. Ich muss aufpassen, dass ich mich jetzt nicht zu stark persönlich engagiere.

(Schurse [Einwender]: Aber ein bisschen!)

- Das ist immer schwierig für einen städtischen Vertreter. Der muss cool bleiben. Er muss sich so etwas einfach anhören. Aber es ist schwer, sich so etwas anzuhören, ohne entsprechend zurückzuschlagen.

Wir haben im Mannheimer Gemeinderat diese Dinge intensiv diskutiert. Wir haben eine Bürgerversammlung durchgeführt. Erstmalig hat ein Oberbürgermeister dieses Instrumentarium herangezogen.

Sie können unterschiedlicher Meinung sein; das ist in Ordnung. Dagegen hat keiner etwas. Aber Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir uns nicht intensivst mit diesen Dingen beschäftigt haben. Wir - meine Kollegen und ich - haben uns gemeinsam intensiv mit den gesundheitlichen Dingen beschäftigt, wir haben uns darum gekümmert und nachgefragt - keine Frage!

Wir haben hier extra Beurteilungspunkte eingeführt - das wissen Sie; in Mannheim zusätzliche fünf Punkte -, um bestimmte Auswirkungen nachprüfbar zu machen. Wir haben uns also erheblich um diese Dinge gekümmert. Wir müssen das Vorhaben natürlich nach der geltenden Rechtslage beurteilen.

Für mich ist heute nur der Knackpunkt: Stimmen die 169 m, oder stimmen die 133 m? Das ist der entscheiden-de Punkt. Das wird der Knackpunkt sein. Daraus wird sich alles andere ableiten.

Noch etwas: Der Gemeinderat hat vier Informations-vorlagen von uns und zwei Beschlussvorlagen bekom-men. Insbesondere gibt es die Beschlussvorlage, dass der Gemeinderat den Bau des Kraftwerks Block 9 unterstützt. Das ist eine politische Abfrage vom Herrn Oberbürger-meister gewesen. Die ersetzt natürlich nicht die kommuna-le Planungshoheit, die beim Oberbürgermeister liegt. Der Oberbürgermeister hat das Einvernehmen nach § 36 Baugesetzbuch erteilt. Da braucht er den Gemeinde-rat überhaupt nicht. Er hat sich nur eine politische Wil-lensbildung von dem Gemeinderat eingeholt. Darum brauchen wir gar nicht weiter darüber zu reden, ob da jemand befangen ist oder nicht.

Das Entscheidende ist, dass die Stadt Mannheim auf-grund ihrer eigenen kommunalen Planungshoheit eine entsprechende schriftliche Äußerung an das Regierungs-präsidium abgegeben hat, und das ist passiert. Das ist Faktum. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. - Danke.

Schurse (Einwender): Frau Salchow, Sie könnten noch sagen, ob Sie die Ge-meinderatsbeschlüsse prüfen?

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Verhandlungsleiterin Salchow: Unser Kommunalrechtsreferat wird einen Gemeinderats-beschluss sicher dann prüfen, wenn dazu auf dem dafür vorgesehenen Weg ein Antrag gestellt worden ist. Der ist bis jetzt nicht gestellt worden.

(Schurse [Einwender]: Das Regierungsprä-sidium ist in Kenntnis gesetzt!)

Außerdem brauchen wir, wie Herr Krah richtig gesagt hat, nur das Ergebnis der Verwaltung als Grundlage für unsere Entscheidung. Wenn er sich zusätzlich noch im Gemein-derat versichert - okay! Das hat Herr Krah schon richtig ausgeführt.

Jetzt sind Frau Dahamni-Herm, der Herr Binder und Herr Schaper noch dran.

Kriebel (Einwender): Eine direkte Frage dazu: Könnte man nicht aufgrund der Tatsache, dass in der Bürgerversammlung wie auch im Gemeinderat gegenüber dem Bürger mit falschen Zahlen gearbeitet wurde, den Antrag stellen, dass das Regie-rungspräsidium den Beschluss prüft?

Verhandlungsleiterin Salchow: Nicht im immissionsschutzrechtlichen Zulassungsverfah-ren! Das sind kommunalrechtliche Dinge. Das ist keine Genehmigungsvoraussetzung.

Ich würde sagen, dass wir dieses kommunalpolitische Geplänkel, das überhaupt nichts mit dem Genehmigungs-verfahren zu tun hat, jetzt einmal lassen und die Frau Dahamni-Herm zu Wort kommen lassen.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Korrigieren Sie mich, wenn ich in meiner Zusammenfas-sung irgendetwas falsch darstelle. Ich habe jetzt vernom-men, dass die Vorbelastung aus den bestehenden Blö-cken, die annähernd die gleichen Megawattzahlen wie der zukünftige Block 9 haben, schlicht und ergreifend mess-technisch nicht bekannt ist. Es existiert bestenfalls eine Berechnung. Genauso werden die zukünftigen Werte nur rechnerisch ermittelt.

Ich muss weiterhin davon ausgehen - so hat es das GKM dargestellt -, dass diese Anlage 40 Jahre lang laufen wird. Das heißt, das Regierungspräsidium hat jetzt für die nächsten 40 Jahre zu prüfen, ob die Grenzwerte, die die Antragstellerin uns hier vorlegt, gültig sind, eingehalten werden, relevant oder irrelevant sind.

Ich selbst als Bürgerin kann nur fordern, dass die Wer-te, wenn der Betrieb läuft, messtechnisch geprüft werden, und zwar möglichst an allen Beurteilungspunkten, die jetzt dem Antrag beigefügt sind, und mit Halbstundenwerten. Nur so habe ich meiner Meinung nach die Möglichkeit, mein Klagerecht wahrzunehmen, falls dann irgendwelche Grenzwerte überschritten werden, und das irgendwo zu substanziieren.

Von daher möchte ich jetzt den Antrag stellen, dass ab Betrieb des Blockes 9 ein kontinuierliches Messpro-gramm zu allen relevanten beantragten Immissionswerten stattfindet, und zwar an sämtlichen bisher vorgelegten Beurteilungspunkten und auf der Basis von Halbstunden-werten.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Binder.

Binder (Einwender): Nun wurde uns zum wiederholten Male verdeutlicht, dass aus wirtschaftlichen Gründen an moderner Technik eingespart wird. Ich frage mich nur noch, warum Sie uns bei unseren Einwänden und unserer Kritik immer Irrele-vanz vorwerfen. Die Umwelt und der Naturschutz stellen für Sie überhaupt kein Kriterium dar.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Das einzige Kriterium, das für Sie zählt, ist der Profit. Das einzig Moderne an dem Block 9 ist, dass er nicht mehr so viele Arbeitskräfte benötigt wie die acht vorheri-gen Blöcke. Die Arbeitsplätze werden sich in Zukunft, was das Kohlekraftwerk angeht, reduzieren. Das haben Sie in der Öffentlichkeit tunlichst verheimlicht. Das ist nur weni-gen Kreisen bekannt.

Deshalb tätigen Sie auch die Geschäfte mit Kolum-bien, weswegen ich Sie vorhin kritisiert habe. Auch die Menschenrechte sind für Sie kein Kriterium. Es ist der Profit, der zählt. Schließlich ist die Kohle aus Kolumbien erheblich preiswerter als deutsche Kohle. Wie viele Kohlegruben liegen in Deutschland still? - Jeder kann es sehen.

Was mir noch suspekt vorkommt: Sie wollen uns allen Ernstes hier weismachen, dass Ihr neuer Block 9 umwelt-verträglich sei. Stattdessen weiß jeder Laie, dass Kohle die Umwelt auch in Zukunft verschandeln wird.

Weshalb können Sie nicht einmal in Ihrem Leben über den Tellerrand schauen? Denn wenn wir - ich meine jetzt die gesamte Menschheit - weiterhin auf fossile Energieträger setzen, wird die Erde vielleicht überleben und sich wieder regenerieren, aber die Menschheit wird dabei draufgehen. Letzten Endes waren wir dann nicht viel gescheiter als die Dinosaurier selbst.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Es haben sich noch der Herr Schaper und Frau McClos-key gemeldet. Ich möchte dann gerne mit Herrn Block und Herrn Weyland für heute Abend die Rednerliste schließen.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Schaper (Einwender): Ich möchte noch einmal auf den Herrn Eikmann eingehen. Was soll man dazu sagen? Wer sich auf dünnes Eis begibt, ist eben auf dünnem Eis und wird nicht durch einen anderen aufs Glatteis geführt. - Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Zum Herrn Krah: Ich habe gestern schon gesagt, wie der Prozess im Gemeinderat gelaufen ist. Wenn der Gemeinderätin Gudrun Kuch in einer wichtigen Debatte, wo sie sich äußern möchte, einfach das Wort entzogen wird, dann sehe ich das nicht als demokratisch an. Wenn er das weiterhin so behauptet, finde ich das sehr erstaun-lich. Ich kann ebenfalls nur sagen: Ich finde diesen Pro-zess nicht demokratisch und irgendwie auch schäbig im Umgang mit den Bürgern.

Jetzt zum eigentlichen Anliegen: Auf der Broschüre „Unser Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz“ steht: „Umweltschonend. Klimaschonend. Zukunftsweisend.“

Da ist auf Seite 4 eine Frau mit Kind auf einem Karus-sell abgebildet. Dieses Kindchenschema soll heißen: Ich kann mir sicher sein, dass der Block 9 keine Risiken für die Umwelt und das Klima darstellt. - Wir haben jetzt aber gehört: Sie kann sich nicht sicher sein.

Dann wird auf Seite 12 ausgeführt: „Wer profitiert ei-gentlich von der geplanten Investition?“ Da steht dann:

„Die Entscheidung für die Modernisierung des GKM ist eine Entscheidung für die Re-gion und die Menschen, die hier wohnen.“

Das haben wir gestern auch von Herrn Professor Dolde gehört. Er hat selber gesagt: Wir wissen, dass beim Gaskraftwerk im Vergleich zum Kohlekraftwerk praktisch nur die Hälfte an CO2 herauskommt. Trotzdem haben wir uns aus wirtschaftlichen Gründen dafür entschieden, hier einen Steinkohleblock hinzusetzen.

Wir wollen, dass für diesen Steinkohleblock keine Ge-nehmigung erteilt wird. Wir wollen, dass endlich mit diesen Lügen aufgehört wird. Durch solch eine Broschüre, die hunderttausendfach in den Haushalten verteilt wird, soll praktisch ein Ja der Bürger erwirkt werden. Es ist einfach unverschämt, wie der Bürger hier hinters Licht geführt wird!

Es ist genauso, wie der Herr Binder ausgeführt hat: Es geht denen weder um Umwelt- oder Klimaschutz, noch geht es denen um die Menschen. Es geht rein um Wirt-schaftlichkeit. Ich erwarte von einem kommunalen Anbie-ter von Energie einfach mehr. Das hier ist schäbig.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey, Herr Block und Herr Weyland.

McCloskey (Einwenderin): Ich habe den Namen von dem Herrn vorne rechts von GKM vergessen.

(Dr. Seeliger [Antragstellerin]: Mein Name ist Seeliger!)

Sie haben vorhin einen wirklich wunderschönen Satz formuliert. Den bitte ich alle zu beherzigen. Sie haben gesagt, das Wohl und Wehe der Kinder der Bürger der Stadt Mannheim seien Ihnen ein wirklich großes Anliegen. Der Satz ist wunderschön. Genau das ist es, was ich wünsche, was auch die Leute hier wünschen.

Wenn so ein Wunsch von Herzen kommt, muss doch jeder sagen, dass ein Gaswerk dann besser als dieses Steinkohlewerk wäre. Vielleicht wäre die Energiewende zu ganz anderen regenerativen Energien hin sogar noch besser und noch verträglicher für die Menschen. - Das wollte ich vorab sagen. Der Satz war wunderschön. Wenn dem dann auch noch Taten in dieser Region folgen, ist das sehr schön.

Jetzt zu dem Herrn von der Stadt: Ich kann da nicht ruhig bleiben. Dieser Prozess geht ja jetzt schon sehr lange. In einem Wochenblatt, dem Amtsblatt, wo die Stadt Mannheim immer ein bis zwei Seiten aus ihrem Bereich veröffentlicht, wurde über das GKM immer wieder sehr positiv berichtet. Ich kann das auch beweisen; ich habe alles dabei. Ich habe mittlerweile einen dicken Ordner. Alles ist schön ausgeschnitten, alles ist schön markiert.

Das meiste, weit über 90 %, geht in die Richtung „Wirtschaftlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Wirtschaftlichkeit!“. In diesem langen Prozess wurden nur selten z. B. im „Mann-heimer Morgen“ auch kleine Beiträge mit Kritischem beispielsweise seitens des BUND veröffentlicht.

Ich will damit sagen: Es wurde über ein Jahr lang Ge-hirnwäsche betrieben.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dem Bürger wurde suggeriert, dass das ein Nonplus-ultrawerk würde. Es gebe keine Schadstoffe - die Herren hier sagen es immer wieder -, nichts, alles bestens, für die Region lebensnotwendig, auch damit die Bahn weiterhin fährt usw.

Seitens der Stadt - ich muss es so sagen - wurde ganz massiv übers das Amtsblatt Werbung für den Block 9 betrieben. Ich habe auch einen Artikel darüber, dass der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Herr Pfister, im letzten Jahr und schon davor erklärt hat, dass er für Block 9 sei. - Mir kommt es so vor - ich weiß nicht, ob da Gelder geflossen sind; ich will das jetzt nicht unterstellen -, als hätte sich die Stadt hier als Werbeträger für das GKM zur Verfügung gestellt.

(Vereinzelt Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Erörterungstermin Großkraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

Auch ich war bei dieser Bürgerveranstaltung im Ro-sengarten. Das war letztendlich eine Betriebsveranstal-tung von GKM mit ALSTOM-Power-Mitarbeitern und anderen, z. B. von Turbinenlieferanten. Da waren also die Werksangehörigen. Die durften dann tatsächlich - - Ich versuche, mich kurz zu fassen. Auf jeden Fall kann ich bestätigen: Was da gelaufen ist, war unter aller Würde. Ich kann dem Mann von der Stadt Mannheim hier nicht zustimmen.

Wenn dann der Oberbürgermeister Kurz bei dieser Gemeinderatssitzung, bevor dort überhaupt ein Beschluss gefasst worden ist, im Namen der Stadt Mannheim sagt, dass dieser Block 9 hierhin müsse - da spricht er quasi für alle Bürger, auch für mich und den Gemeinderat -, muss ich echt sagen, dass das fehl am Platz ist. Da stimmt etwas nicht. Er hat für die Bürger der Stadt Mannheim im Gemeinderat so gesprochen, bevor der Beschluss gefasst worden ist. Da stimmt doch etwas nicht. - Ich wollte das jetzt nur ergänzen, damit Sie wissen, wie bei uns vor Ort operiert wurde.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut. Danke schön. - Herr Block und dann Herr Weyland. Dann ist für heute Abend die Rednerliste geschlossen.

Block (BUND): Da ich morgen nicht da sein werde, mache ich das jetzt fertig. - Ich habe heute etwas ganz Wichtiges gelernt: Das ist eine ganz gewöhnliche Stadt, das ist der ganz gewöhn-liche Wahnsinn mit Methode, und das funktioniert.

Ich habe gelernt, dass 0,00092 irrelevant ist. Bei 100 t - das sind 100 000 kg - sind das schon 92 kg. Bei 1000 t sind es dann 920 kg. Und das ist alles irrelevant!

Für Wasser ist es auch irrelevant, wenn es eine Tem-peratur von 100 °C hat. Wenn es ein bisschen mehr hat, geht es sogar in einen anderen Aggregatzustand über. Auch ich gehe wirklich in einen anderen Aggregatzustand über, nämlich beinahe in die Luft, wenn ich z. B. diese sozioökonomische Beurteilung höre.

Sie alle sehen doch den sozioökonomischen Lärm-schutz, den diese Siedlungen haben! Ich habe es mir angeguckt: 300 000 € kostet hier ein kleines Haus hinter dem sozialen Lärmschutz, wo die armen Teufel direkt an der Straße wohnen, die die Emissionen - die er so gut ausgerechnet hat - voll abkriegen. Sie bekommen dann noch Emissionen oben drauf. Sie glauben, sie hätten eine Lärmemission weniger - Lärm! Den Rest fressen sie natürlich genauso - und glauben, dass sie dann besser wohnen. Dann sagt man ihnen: Ihr raucht ja - und weiß der Geier, was ihr alles macht! - Das sind die sozioöko-nomischen Beurteilungen.

In Wirklichkeit geht es um nichts anderes als das Sys-tem, in dem wir uns bewegen. Herr Professor Eikmann, ich habe gestern gesagt: Wenn 5 Millionen Smarts mit einer Jahresleistung von 10 000 km ein Jahr lang durch Mannheim fahren, entspricht das beim CO2 und z. B. beim Feinstaub genau dem, was da oben aus dem Kamin herauskommt. Ich möchte einmal sehen, ob Sie - ich weiß nicht, woher Sie kommen -, wenn 5 Millionen Smarts mit 10 000 km pro Jahr durch Ihr Kaff fahren würden, dann immer noch sagen: „Irrelevant; das hat keine Bedeutung“!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Unter Umständen können Sie das nicht einmal messen. Aber ich möchte Sie einmal sehen, wenn das so wäre. Das können Sie auch auf Lkw umrechnen. Da sind es dann ein paar Millionen Fahrzeuge weniger.

So etwas müsste ich Ihnen wirklich wünschen, wenn Sie zu einer solchen Aussage kommen. Das kann doch nicht wahr sein! - Natürlich sehe ich auch, dass Sie am Schluss den Schlenker gemacht haben, weil dort insistiert und gesagt wurde: Ihr müsst dort etwas tun.

Gestern hatte ich Ihnen meine Immissionsgrenzwerte genannt, die Sie bitte festschreiben sollen. Ich will eins hinzufügen - das habe ich vergessen -: Halbierung der Werte von Karlsruhe! Das fordern wir. Außerdem - das ist noch wichtiger - müssen die Altanlagen hier als gesamte Anlage betrachtet werden.

Ich möchte vor die Bürger hintreten und sagen - das ist meine ehrliche Überzeugung -: Ich habe für uns alle erreicht, dass die Gesamtanlage diese und jene Grenz-werte nicht überschreitet. - Die Bereiche können Sie mit den Fachleuten aushandeln. - Ich weiß nicht, ob Sie es bei Thallium, Cadmium, bei diesen Schwermetallen mit den Halbstundenwerten auch wirklich schaffen; das kann ich nicht beurteilen. Dafür bin ich nicht Fachmann genug, und die Fachleute, mit denen ich gesprochen habe, sagen mir manchmal dieses und manchmal jenes. Ich bin mir da selber unsicher.

Aber machen Sie das für die gesamte Anlage! Gehen Sie dieses Risiko ein! Es ist eine Nachrüstung. Es ist auch eine Investition für die Zukunft. Wenn Sie das Ding schon so bauen wollen, dann machen Sie wenigstens dies!

Gestern ging es darum, ob die erweiterten Pflichten nach Störfall-Verordnung gelten. Entweder ist diese Seite in den Unterlagen falsch - ich habe das gestern Herrn Schwaab gegeben -, oder Sie gehen nach erweiterter Störfall-Verordnung vor! Ich gehe davon aus, Sie erfüllen die erweiterte Störfall-Verordnung mit allem, was dazuge-hört. Selbstverständlich werden Sie die Sicherheitseinrich-tungen dieser Anlage optimal machen.

Ich sage Ihnen noch eins: Sie werden ja die Emissi-onswerte kontinuierlich veröffentlichen - das ist klar -, auch in der Zeitung! Dann sorgen Sie dafür, dass nicht wie z. B.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 27.11.2008

bei einem Klärwerk in Karlsruhe so gelogen wird. Zur Überschreitung bei diesem Klärwerk hat jetzt etwas in der Zeitung gestanden. Aber kein Mensch versteht das. Da steht: 0,003 µg/m³ Überschreitung. Wer soll das verste-hen? Es ging um Quecksilber. Das waren 2 kg! - So darf es nicht sein. Das muss lesbar und für jeden verständlich, ehrlich und aufrichtig sein. Dann, denke ich, könnte das einigermaßen funktionieren.

Sie können sicher sein: Morgen schreibe ich einen Brief an den Herrn Regierungspräsidenten, dass ich der Ansicht bin, dass die Abstimmung im Gemeinderat nach Gemeindeordnung zu geschehen hat.

Wenn ein Ratsmitglied einen Betrieb hat und für die-sen Betrieb eine Abstimmung im Gemeinderat erfolgt, muss er sich für befangen erklären und hinausgehen. Wenn ein Oberbürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender oder Miteigner oder irgendein Aufsichtsrat dort mitge-stimmt haben sollte, dann vergeht er sich gegen die Kommunalverordnung des Landes Baden-Württemberg.

Das werde ich morgen dem Regierungspräsidenten mitteilen. Das soll er bitte prüfen. Ende! - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Her Weyland, Sie haben das Schlusswort.

Weyland (BUND): Nach diesem schönen Schlusswort ziehe ich zurück und werde mein Verständnis von einem gestalterischen Politikverständnis dem Herrn Krah noch einmal direkt mitteilen. - Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow:

Dann schließe ich den Erörterungstermin für heute Abend. Wir sehen uns morgen früh um 10 Uhr hier am gleichen Ort wieder.

Schluss des 2. Erörterungstages: 21.20 Uhr

E R Ö R T E R U N G S T E R M I N

zum Antrag der Firma Grosskraftwerk Mannheim AG

auf Errichtung und Betrieb eines Steinkohleblocks (Block 9) im Großkraftwerk Mannheim-Neckarau

am 28. November 2008 Rheingoldhalle Mannheim-Neckarau

Stenografisches Wortprotokoll

Abfolge

am 28. November 2008 TOP Seite

7. Naturschutz 187

5. Immissionsschutz (Fortsetzung)

5.3 Lärm 207

5.4 Lichtemissionen 223

5.5 Belastungen während der Bauphase 225

5.6 Wirtschaftliche Auswirkungen 227

5.7 Anlagensicherheit 229

5.8 Abfall- und Abwasserentsorgung 243

6. Gewässerschutz/Hochwasserschutz 245

8. Boden- und Grundwasserschutz 247

9. Landschaftsschutz, Landschaftsbild, Naherholung 249

10. Sonstiges 249

Index 252

Anlagen 255

Seite 187

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 28.11.2008

Dritter Erörterungstag

Beginn: 10.02 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich eröffne den dritten Tag der Erörterung. Da uns die Naturschützer nur heute Morgen zur Verfügung stehen, gehen wir jetzt in den Tagesordnungspunkt 7 - Natur-schutz - und fahren anschließend in der vorgesehenen Tagesordnung fort, also dann mit Punkt 5.3 - Lärm.

7. Naturschutz

Die Einwendungen zum Naturschutz gliedern sich in zwei Blöcke. Einmal wurden die Auswirkungen auf Schutz-gebiete gerügt und dann die notwendigen artenschutz-rechtlichen Maßnahmen thematisiert. - Wer möchte zuerst? - Herr Rahner, bitte.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielen Dank. - Guten Morgen! Bevor wir in die Natur-schutzfachfragen einsteigen, möchte ich mit der Proble-matik der vorgezogenen naturschutz-/artenschutzrecht-lichen Genehmigung beginnen. Das ist ein Thema, das wir bei den Verfahrensfragen schon angesprochen haben. Dabei waren die Fachleute von der Naturschutzabteilung nicht anwesend.

Deswegen auch hier noch einmal die Kritik oder durchaus auch die Rüge von unserer Seite, dass aus dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren natur- und artenschutzrechtliche Fragen im Vorfeld gezielt herausgenommen und mit Sondergenehmigungen verse-hen worden sind, obwohl es unserer Meinung nach eindeutig um Sachverhalte geht, die in dieses immissions-schutzrechtliche Genehmigungsverfahren hineingehören.

Dies ergibt sich schon aus den eigenen Ausführungen der Behörde in dem Bescheid, um den es hier geht, in dem immer wieder davon gesprochen wird, dass es um bauvorbereitende Maßnahmen für den Bau des Blockes 9 geht, also auch dort ganz klar erkannt wird, dass es einen Sachzusammenhang zu diesem immissionsschutzrechtli-chen Verfahren gibt.

Wir haben im BImSchG-Verfahren eine gesetzlich vor-geschriebene Konzentrationswirkung, die ausdrücklich und unstrittig die naturschutzrechtlichen Belange mit umfasst. Die Behörde hat durch ihr Handeln aktiv verhin-dert, dass in diesem immissionsschutzrechtlichen Verfah-ren diese besonderen artenschutzrechtlichen Probleme mit eingebunden sind, bzw. hat es ermöglicht, dass rund um das Baufeld oder auf dem Baufeld durch die Antrag-stellerin Tatsachen geschaffen werden, die eigentlich erst in diesem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungs-

verfahren auf ihre Rechtmäßigkeit hätten geprüft werden müssen.

Von daher von uns noch einmal die Verfahrensrüge, dass hier eine künstliche Trennung vorgenommen worden ist und Naturschutzbelange im Vorfeld aus dem BImSchG-Verfahren herausgenommen worden sind, obwohl über das Scoping-Verfahren und behördeninterne Gespräche klar war, dass dieses Genehmigungsverfahren unmittelbar ansteht.

Wir halten das für einen ganz wesentlichen Verfah-rensfehler. Wir sind der Auffassung, dass das Vorgehen in dieser Art und Weise rechtswidrig ist. Da ist aktuell eine Klage anhängig, die nicht entschieden ist. Sie hatten sich am ersten Tag geweigert, aus diesem Grund das Verfah-ren auszusetzen, Frau Salchow. Wir sind der Auffassung, dass hier ein ganz zentrales Verfahrensproblem besteht.

Dazu kommt noch, dass von der Antragstellerin am ersten Tag bestätigt wurde, dass aktuell Bauarbeiten auf der Baustelle des Blockes 9 laufen, die in dieser arten-schutzrechtlichen Genehmigung mit benannt sind, Kanal-verlegung und anderes. Wir sind der Auffassung, dass hierzu eigentlich eine Genehmigung auf vorzeitigen Beginn nach BImSchG erforderlich wäre. Daher fehlt es an einer Rechtsgrundlage für diese Bauarbeiten, weil es Bauarbeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Neubau des Blockes 9 sind.

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Behörde auf, bei der Antragstellerin durchzusetzen, dass diese Bauar-beiten unverzüglich eingestellt werden, bis entweder eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorliegt oder ein Antrag auf vorzeitigen Baubeginn zugelassen wurde.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Rahner. - Herr Professor Dolde ist leider im Moment erst erschienen, aber ich denke, er steckt so tief in der Thematik, dass er aus dem Stand entgegnen kann.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Guten Morgen! Ich bitte um Entschuldigung. Die Bahn hatte Verspätung; da kann man nichts machen.

Erstens. Das Verfahren ist beim VGH. Dieser wird zu gegebener Zeit entscheiden.

Zweitens. Es geht nicht um Maßnahmen, die immissi-onsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind. Um welche Maßnahmen geht es? - Darüber hatten wir ja schon vorgestern gesprochen.

Maßnahme 1 ist die Verlegung der Straße zur Fähre Altrip. Das ist eine öffentliche Straße, eine Ortsstraße. Straßenbaulastträger ist die Stadt Mannheim. Die GKM macht es auf der Grundlage eines Vertrages mit der Stadt

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Mannheim als Beauftragter der Stadt Mannheim. Die Verlegung öffentlicher Straßen ist kein Teil von Block 9, ist keine Maßnahme, die an der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG teilhätte.

Das Gleiche gilt für die dazugehörigen Randmaßnah-men, nämlich für die Baueinrichtungsfläche, für die Bau-stellenfläche - diese wird in der Entscheidung vom 18.03. genannt - und für die Zufahrtstraße zu dieser Baustellen-einrichtungsfläche, die mit der Verlegung der Altriper Straße zu tun hat.

Als Zweites wird die Instandsetzung und Wiederinbe-triebnahme eines bestehenden Gleises genannt. Das ist nichts anderes als die Wiedernutzbarmachung einer bereits früher genehmigten und rechtmäßig vorhandenen Anlage, die mit der Errichtung der immissionsschutzrecht-lich genehmigungsbedürftigen Anlage nichts zu tun hat.

Das Dritte ist die Verlegung eines Abwasserkanals, der nicht der Versorgung des Gebietes dient, sondern der von der Stadt bzw. den Stadtwerken betrieben wird. Das ist ein Verbindungssammler der Stadt. Auch das macht die GKM im Auftrag des eigentlichen Vorhabenträgers, nämlich desjenigen, der die Abwasserbeseitigung als Aufgabe hat. Auch hier handelt es sich nicht um eine Errichtung oder beginnende Errichtung von Block 9.

Dann geht es noch um die Verlegung eines Schacht-bauwerks des Regenüberlaufkanals der Stadt Mannheim. Das ist das Gleiche. Das ist keine Maßnahme, die Block 9 zuzuordnen ist. Diese Maßnahme gehört zu den Entwäs-serungseinrichtungen der Stadt Mannheim und wird von der GKM auf der Grundlage eines Vertrages mit der Stadt Mannheim für die Stadt Mannheim durchgeführt - aus Anlass von Block 9. So war das damals auch beschrieben. Das ist auch ganz klar und unstrittig, da gibt es auch nichts zu diskutieren.

Aber es ist nicht der Beginn der Errichtung von Block 9, weil das alles keine Maßnahmen sind, die von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst werden. Wenn man es nämlich nicht vorab gemacht hätte, dann hätte man sich eine Genehmigung geholt und hätte die Stadt Mannheim aufgefordert, die Straße, den Verbin-dungssammler oder den Abwasserschacht zu verlegen. Aber dies wäre auch bei einer anderen zeitlichen Abfolge nicht Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags gewesen. Deshalb geht es hier nicht um die Frage der Errichtung einer immissionsschutz-rechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage, sondern es geht um Maßnahmen, die damit nichts zu tun haben.

Zu ergänzen ist noch - das hatte Frau Salchow vorges-tern schon erwähnt -, was die Frage der Gleisanlage betrifft, dass dem eine Entscheidung des zuständigen Referates des Regierungspräsidiums Karlsruhe voraus-ging, nach der die Maßnahme nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz weder einer Planfeststellung noch einer

Plangenehmigung bedarf und von daher auch nach diesem Fachrecht abgesichert ist.

Das Gleiche hatte die Stadt Mannheim für die Verle-gung der Altriper Straße gemacht. Sie hat ihrerseits geprüft, ob ein Verfahren notwendig ist. Sie kam zu dem Ergebnis, dass kein Verfahren notwendig ist.

Deshalb sind auch keine Verfahrensrechte des BUND verletzt, und deshalb hat das Ganze mit der Errichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage nichts zu tun.

Es hat einen faktischen Zusammenhang von der Moti-vationslage her; das war letztlich der Anlass, es zu der Zeit zu machen. Es gibt aber noch andere Anlässe; auch darauf hat Frau Salchow vorgestern schon hingewiesen. Es geht darum, das GKM-Gelände zu verbinden, da es bisher nicht verbunden ist, und die höhengleiche Kreu-zung Straße/Schiene bei der Altriper Straße zu beseitigen. Auch aus diesem Grund ist das, wie gesagt, kein Beginn der Errichtung von Block 9, und deswegen ist auch keine Entscheidung nach § 8 a notwendig. - Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, direkt dazu. Dann Herr Cullmann.

Rahner (Rechtsbeistand): Professor Dolde hat eben einiges ausgeführt, was mir sachlich bisher nicht bekannt ist. Die Frage, warum hier keine eisenbahnrechtliche Genehmigung erforderlich ist, habe ich mir auch schon gestellt. Das muss ich so zur Kenntnis nehmen. Aus dem, was mir vorliegt, hätte ich die Vermutung, dass für die Verlegung und Wiederinbetrieb-nahme bzw. die Instandsetzung von Gleisen möglicher-weise eine eisenbahnrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Wenn ich hier höre, es soll eine Kreuzung zwischen Straße und Schiene beseitigt werden, stellt sich mir die Frage ebenfalls; aber dazu habe ich keine Unterlagen vorliegen.

Mein Ansatzpunkt für das, was in das BImSchG-Genehmigungsverfahren gehört, ist die Frage: Was ist durch das Vorhaben Block 9 kausal verursacht? Sie haben eben bestätigt, dass alle diese Maßnahmen, die Sie selbst geschildert haben, von dem Vorhaben Neubau des Blocks 9 verursacht sind. Das ist für mich das allein Entscheidende: Gibt es dort ein Kausalitätsverhältnis?

Sie haben selbst bestätigt, dass es dieses gibt, sodass ich nach wie vor die Auffassung vertrete, dass alle diese Maßnahmen in das immissionsschutzrechtliche Genehmi-gungsverfahren hineingehören, das ja genau die Aufgabe hat zu konzentrieren, zu koordinieren zwischen all diesen verschiedenen Dingen, um die es hier geht.

Es geht auch um die Frage der Vorbereitung der Bau-stelle. Die Verlegung eines Kanals, die Verlegung einer Straße, die Herstellung von Baustelleneinrichtungen als Vorbereitungsmaßnahme für eine Großmaßnahme kann

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man aus meiner Sicht nicht - ich wüsste nicht, auf welcher Rechtsgrundlage - einfach heraustrennen. Der Gesetzge-ber hat für die Gesamtmaßnahme gezielt ein einheitliches Genehmigungsverfahren im Bundes-Immissionsschutzge-setz installiert und mit der Konzentrationswirkung verse-hen, um genau dieses Aufsplitten in viele verschiedene parallele Verfahren zu vermeiden.

Ich muss feststellen, dass dieses Vermeiden verschie-dener Parallelverfahren vom Regierungspräsidium nicht beachtet worden ist, sondern dass ein Teil der natur- und artenschutzrechtlichen Fragen gezielt und bewusst vorab herausgenommen wurde. Dafür kann ich keine Rechts-grundlage erkennen. Es ist mir bisher auch keine genannt worden.

Wir halten daher an dieser Stelle an unserer Rüge fest und halten das auch für eine der zentralen verfahrens-rechtlichen Rügen in diesem Verfahren.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schwaab.

Schwaab (RP Karlsruhe): Herr Rahner, Sie überinterpretieren den § 13 BImSchG. Der § 13 setzt voraus, dass wir ein immissionsschutz-rechtliches Verfahren über eine immissionsschutzrechtli-che Anlage betreiben - das tun wir hier mit dem Block 9 - und dass alle Zulassungen, die notwendig sind, um diese beantragte Anlage errichten und betreiben zu können, mit erteilt werden. Das sind wasserrechtliche Genehmigun-gen, das ist die Gleisverlegung nach § 18 AEG, das ist natürlich das Baurecht, die Baugenehmigung.

Jetzt muss man dazu sagen, in jedem Kommentar fin-den Sie die Abgrenzung: Es müssen anlagebezogene Maßnahmen sein, wohlgemerkt auf die beantragte Anlage bezogen, nämlich auf den Block 9.

Wir haben es hier mit verschiedenen Anlagen zu tun, die als Folgewirkung oder besser gesagt als Vorbereitung geändert werden müssten, damit die Planung ausführbar ist. Wir haben hier ja ganz andere Planungsträger. Wir können doch als Immissionsschutzbehörde im Rahmen unseres Verfahrens für Block 9 nicht den Planungsträger Stadt Mannheim verpflichten, eine Straße zu verlegen, genauso wenig wie einen Kanal. Das heißt, es passt nicht zum Gegenstand des BImSchG-Verfahrens.

Es ist eine - das gebe ich zu - im Zusammenhang ste-hende Maßnahme, die dazu dient, dass der Coal Point so genutzt werden kann, wie er später genutzt werden soll, nämlich als Kohlelager. Im Moment ist die Straße sozusa-gen ein Riegel, der das verhindert. Aber die Straße muss planungsrechtlich von der Stadt Mannheim übernommen werden. Es ist auch noch zu überlegen, inwieweit diese Konstellation zwischen der Stadt Mannheim und GKM

zulässig ist. Ich gehe aber einmal davon aus, dass das in Ordnung ist.

Aber es kann nicht sein, dass GKM einen Antrag mit der Bitte um Verlegung einer Straße stellt und das in das BImSchG-Verfahren mit einfließt. Das geht aus planungs-rechtlichen Erwägungen nicht: anderer Planungsträger, anderes Objekt, andere Anlage, anderes Grundstück. Das Straßengrundstück ist getrennt. Sie können nicht GKM erlauben, ein fremdes Grundstück in Anspruch zu neh-men, um dort eine neue Straße zu errichten oder eine Straße zu verlegen. Aus unserer Sicht ist das ganz klar außerhalb des BImSchG-Verfahrens.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Zink.

Zink (RP Karlsruhe): Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat Naturschutzrecht. - Wir freuen uns im Natur- und Artenschutz über jede Unterstützung, die wir aus der Öffentlichkeit und von den Verbänden bekommen können. Es ist mir einfach wichtig, das vorab zu sagen, damit die Diskussionsbasis zwischen uns klar ist. Bei der hier diskutierten Frage sind wir einfach unterschiedlicher Auffassung. Ich schließe mich dem an, was Professor Dolde erklärt hat, weil es schlichtweg richtig ist.

Die Dinge, die wir geregelt haben, sind die arten-schutzrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit anderweitig genehmigten Maßnahmen stellen. Anderwei-tig heißt, mit Maßnahmen, die nicht zur Errichtung des Blockes 9 GKM gehören. Dort haben wir auch nicht die Verlegung von Straßen genehmigt, die Veränderung von Kanälen oder sonst etwas, also die Kernmaßnahme, sondern nur die artenschutzrechtliche Begleitmusik dazu, und sonst nichts.

Alle diese Dinge - dabei wiederhole ich das, was Herr Schwaab und Herr Dolde gesagt haben, nicht noch einmal - haben mit der Anlage, die Gegenstand dieses Verfahrens ist, nämlich Block 9 GKM, nichts zu tun. Sie haben zu tun mit den anderen Anlagen, die die GKM AG am selben Standort betreibt, aber nicht mit dem Block 9.

Die Dinge, die durch die Errichtung der hier zu ge-nehmigenden Anlage Block 9 betroffen sind, sind Gegen-stand der UVU und des Antrags und werden auch im Kontext und im Rahmen der Konzentrationswirkung des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens abgearbeitet. - So viel zur Trennung zwischen Block 9 und dem GKM insgesamt.

Die zweite Bemerkung. Der Vorhabenträger hat bisher für den Artenschutz wesentlich mehr gemacht, als von Rechts wegen zu erzwingen gewesen wäre. Noch einmal: Die GKM AG hat für den Artenschutz wesentlich mehr Leistungen erbracht, als rechtlich zwingend erforderlich gewesen wären. Das ist überaus erfreulich. Ich gehe

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einmal davon aus, dass das auch so bleibt, und zwar unabhängig davon, ob ausgerechnet die Dinge, die die GKM AG in fast vorbildlicher Art und Weise macht, vom BUND zum Gegenstand einer Klage gemacht werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Zink. - Jetzt Herr Cullmann und dann Herr Gödeke und Herr Rahner.

Cullmann (BUND): Wir hatten Anfang des Jahres in Bonn die UN-Arten-schutzkonferenz. Damals hat unser Umweltminister gesagt, dass der Artenschutz einen ganz hohen Stellen-wert genießen sollte und dass bisher viel zu wenig getan wird.

Das Gebiet, um das es jetzt geht - das ist im Moment speziell angesprochen; das möchte ich als ersten Punkt aufgreifen -, ist der Coal Point. Dabei handelt es sich um eine phänomenal gute Ruderalfläche, die man nach meinem Dafürhalten als FFH-Gebiet betrachten könnte. Es ist wirklich hervorragend. Es ist eine sagenhafte Blütenvegetation vorhanden, es gibt enorm viele Insekten, die für die Vögel sehr wichtig sind. Einige streng geschütz-te Arten sind dort ebenfalls vorgekommen, auch Reptilien und Amphibien.

Jetzt wird einfach mit dem Bauen angefangen. Wenn wir als BUND eingebunden gewesen wären, wenn wir das gewusst hätten, hätten wir uns das Gebiet selber an-schauen können, natürlich mit Erlaubnis. Wir hätten vielleicht noch etwas dazu beitragen können. Ich finde, wir sind von dieser Entscheidungsfindung abgeschnitten worden. Ich bin der Meinung, dass der BUND oder die Umweltschutzverbände hätten eingebunden werden sollen, wenn es um solche artenschutzrechtlichen Dinge geht.

Es gibt einige Tier- und Pflanzenarten, die noch gar nicht in die Betrachtung eingeflossen sind. Zum Beispiel kommen die sehr seltene und geschützte Steppenbiene oder diese Pflanze, die Hirschsprung genannt wird, überhaupt nicht vor. Es ist überhaupt nicht vorgesehen, dass irgendeine Maßnahme getroffen wird, um diese Pflanze bzw. diese Wildbiene zu schützen oder irgendet-was dafür zu tun.

Wenn man sich einmal vorstellt, in welcher Höhe hier Geld verplant wird und was dann für ein kleiner Tropfen für den Artenschutz oder für den Naturschutz abfällt, dann ist das für mich eine traurige Tatsache. Ich finde, da könnte man viel mehr tun. - Das jetzt einmal zum Coal Point.

Es gibt auch noch andere Punkte, zum Beispiel die Beeinträchtigung der Fische beim Wassereinlauf - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Cullmann, ich unterbreche Sie ungern; aber das ist Gegenstand des wasserrechtlichen Verfahrens, das ab 8. Dezember am gleichen Ort erörtert werden wird. Das ist ganz sicher ein Thema; aber ich bitte Sie, diese Verfah-renstrennung in Wasserrecht und Immissionsschutzrecht zu respektieren. Da wird dann auch der Fischereisachver-ständige anwesend sein, der heute nicht dabei ist.

Cullmann (BUND): Ich habe es halt unter den Begriff Naturschutz gefasst; das können wir später noch behandeln.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das ist auch in der UVU ausführlich behandelt.

Cullmann (BUND): Jedenfalls gibt es noch weitere Dinge. Wenn ich das Gutachten lese, stelle ich fest: Da wird zum Beispiel gesagt, der Lärm stört nicht oder die Immissionen stören nicht. Ich frage mich, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage so etwas festgestellt wurde und wo es Ergeb-nisse gibt, die belegen, dass die Annahmen, die in diesem Gutachten stehen, zutreffen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Bevor Herr Gödeke drankommt, Herr Zink direkt dazu.

Zink (RP Karlsruhe): Herr Cullmann, erstens freut es mich, dass Sie für diese wirklich wichtigen Tierarten und den Artenschutz eintreten. Aber bei aller Basisübereinstimmung muss ich mit Ihnen auch einmal die Rechtslage diskutieren. Das tue ich jetzt gerne am Beispiel der Wildbienen, die Sie - völlig zu Recht und fachlich richtig - erwähnt hatten.

Wir wissen alle, dass Wildbienen eminent wichtige und teilweise hochgradig gefährdete Tiere sind. Viele stehen auf den Roten Listen ganz weit oben. Das heißt, die tatsächliche Gefährdung dieser Tierart ist sehr hoch. Es gibt teilweise nur noch vereinzelte Populationen, deren Erhalt sehr wichtig ist.

Jetzt stellt sich aber nicht nur die Frage danach, was wünschenswert ist. Es stellt sich auch die Frage, wie die Rechtslage ist. Was können wir mit rechtlichen Mitteln beim Vorhabenträger durchsetzen? Was dürfen wir verlangen?

In dieser Hinsicht ist die Rechtslage sehr bescheiden. Der § 42 Abs. 5 Satz 3 sagt unmissverständlich: Bei besonders geschützten Tierarten - und alle Wildbienen sind nur national besonders geschützt und sonst nichts - finden die besonderen Regeln der §§ 42, 43 keine An-wendung. Maßgeblich ist nur die Eingriffsregelung. Hier haben wir ein Innenbereichsvorhaben. Dazu sagt der

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§ 21 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes: Eingriffsre-gelung findet nicht statt.

Mit anderen Worten: Es gibt für Maßnahmenwünsche zum Schutz lediglich national besonders geschützter Arten keine Rechtsgrundlage. Dazu kann man in der Bewertung ganz unterschiedlicher Auffassung sein. Aber wir als Beamte sind nicht dazu da, die Gesetze zu bewerten, sondern sie zu vollziehen.

Weil uns aber das Ergebnis nur eingeschränkt gefällt, dass für diese wichtige Tiergruppe nichts gemacht wird, haben wir einfach den Vorhabenträger höflich gefragt, ob er nicht bereit wäre, trotzdem etwas zu machen. Und er ist bereit, obwohl es keine rechtliche Verpflichtung gibt, für diese wichtige Tierart Maßnahmen durchzuführen. Das ist erfreulich; zwingen hätten wir ihn nicht können.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Cullmann direkt dazu, aber dann Herr Gödeke.

Cullmann (BUND): Es ist uns nicht unbekannt geblieben, dass es sich um besonders geschützte Tierarten handelt. In dieser Hinsicht besteht natürlich ein großer - wie ich meine - Rechtsfehler oder eine Vernachlässigung, dass man solche Tiere so wenig schützt. Das ist ein Fehler im Naturschutzgesetz, der vielen zugute kommt, die auf Kosten der Natur irgend-etwas unternehmen wollen. Dazu gehört nicht nur die Grosskraftwerk Mannheim AG. Es ist oft so, dass der Naturschutz der Unterlegene ist. Das ist sehr bedauerlich. Da muss in der Politik einiges getan werden; aber ich appelliere auch an die GKM.

Es ist eine Schande, wenn man heutzutage bei vollem Bewusstsein Arten aussterben lässt oder zum Aussterben von Arten beiträgt. Man muss irgendetwas tun. Das kann nicht so weitergehen. Wir können nicht unseren Nachfol-gern bei vollem Bewusstsein eine so artenarme Welt hinterlassen. Ich finde, das ist eine Kulturschande. Da muss mehr getan werden.

Wenn so viel Geld im Spiel ist, meine ich, sollte es möglich sein, dass man etwas mehr tut, um ein so wertvol-les Biotop, wie es dort existiert, größtmöglich zu erhalten oder wenigstens entsprechende Ausgleichs- und Ersatz-maßnahmen zu schaffen. Ich finde, das wäre außeror-dentlich wichtig.

Ich muss es wiederholen: Es ist für unsere heutige Generation, die so viel weiß, die auch weiß, dass die Arten in rasantem Tempo aussterben, eine Schande, dass wir es zulassen, dass die Natur so verhunzt wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Isak direkt dazu.

Isak (RP Karlsruhe): Regierungspräsidium, auch Referat Naturschutzrecht. - Ich kann mich den Worten von Herrn Zink nur anschlie-ßen. Wir freuen uns über das gemeinsame Engagement für die Arten. Man hat sich in diesem Verfahren viele Gedanken gemacht: Welche Arten sind vorhanden? Wo könnte man sie besser unterbringen? Darum muss ich sagen: Ich glaube, dass diese Arten, die bislang auf dem GKM-Gelände gelebt haben, mit einem guten Erhaltungs-zustand in eine gute Zukunft gehen.

Für jede einzelne europäisch geschützte Art hat man sich Gedanken gemacht, hat in den Landschaftsschutzge-bieten und Naturschutzgebieten der Umgebung Orte gesucht, hat Maßnahmen bereits durchgeführt - vorgezo-gene Ausgleichsmaßnahmen, damit es auch rechtzeitig ist, damit die Population während der ganzen Zeit in einem guten Zustand fortbesteht. Man hat zum großen Teil Umsetzungsmaßnahmen gemacht.

Wenn ich lese, was wir berichtet bekommen haben, mit welcher Sorgfalt man nachgeschaut hat, ob man auch alle erfasst hat - noch mal künstliche Pfützen, noch mal Lockgeräusche, fünf Abende geguckt, gibt es noch im Wasser lebende Arten, die man noch finden könnte -, dann bin ich sicher, dass den Arten im Endeffekt kein Schaden zugefügt wird, sondern dass diese jetzt in einem Lebensraum leben, der stabiler ist, der gepflegt wird, wo wir ein Monitoring anordnen, während der Coal Point für einige Arten eine relativ isolierte Population ermöglicht hat, die genetisch nicht in eine gute Zukunft gegangen wäre; wenn er zuwächst, ist er nicht mehr für Offenlandar-ten geeignet.

Von daher glauben wir, dass die Zielorte für die Arten auf keinen Fall eine Verschlechterung sind. Das war uns wichtig, und dabei haben wir auch die GKM im Boot gehabt, auch bei den national geschützten Arten. Wir glauben deshalb, dass die Maßnahme unter dem Ge-sichtspunkt Artenschutz den Arten, die da gelebt haben, nicht schadet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Guten Morgen allerseits! Ich möchte noch einmal auf den Coal Point zurückkommen. Es handelt sich bei den Maßnahmen, die bereits durchgeführt wurden, um Er-schließungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem GKM. Das geht auch aus der Kurzbeschreibung hervor; das möchte ich noch einmal betonen.

Was das gerade angesprochene Thema Befreiung an-geht: Auch dazu steht in der Kurzbeschreibung, dass das Maßnahmen im Zusammenhang mit dem GKM sind, die in die Umweltverträglichkeitsprüfung fallen.

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Ich muss auch Frau Salchow berichtigen, was die Fi-sche angeht. Das gehört in die Umweltverträglichkeitsprü-fung, und die gehört ins BImSchG-Verfahren. Sie können im wasserrechtlichen Verfahren zusätzlich noch etwas machen, aber das Schutzgut Wasser und Arten im Was-ser - das ist auch in der Kurzbeschreibung angesprochen - gehört in das BImSchG-Verfahren. Da kommen Sie auch so nicht heraus. Das möchte ich erst einmal als Einleitung sagen, damit das grundsätzlich angesprochen ist.

Im Einzelnen kommen wir noch darauf zurück; dazu stehen nicht umsonst Punkte in unserer Stellungnahme, wenn das nicht zum BImSchG-Verfahren gehören würde. Das möchte ich als Einleitung sagen. Wir kommen dann noch auf weitere Punkte zurück. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, dann der Herr, der schräg hinter Herrn Dr. Uttendorf sitzt, und dann vielleicht noch einmal Herr Cullmann; Sie hatten sich noch einmal gemeldet.

Rahner (Rechtsbeistand): Herr Schwaab, Sie haben sich in Ihren Ausführungen weitestgehend auf die Verlegung der Straße bezogen. Es gibt aber eine ganze Reihe anderer bauvorbereitender Maßnahmen, die durchgeführt werden und die auch unter Berufung auf die artenschutzrechtliche Befreiung in dem Genehmigungsbescheid durchgeführt werden, die auf dem Grundstück der Antragstellerin selbst stattfinden.

Bauvorbereitende Maßnahmen für ein Projekt gehören zu dem Projekt. Das ist doch genauso, wenn ich die Baugrube für irgendetwas aushebe. Natürlich gehört es zum Projekt. Genauso gehört auch die Baufeldfreima-chung oder die Verlegung von im Weg liegenden Kanälen oder Leitungen oder was auch immer zwingend zu dem Projekt dazu. Es gehört deswegen nach meiner Auffas-sung zwingend in das immissionsschutzrechtliche Ge-nehmigungsverfahren. Wir sind da unterschiedlicher Auffassung. Ich wollte es einfach einmal deutlich gesagt haben, was ich hiermit getan habe.

Was mir eben auch nicht gefallen hat - in diesem Punkt will ich mich Herrn Gödeke anschließen -, Frau Salchow, war Ihre Randbemerkung zur Frage der Fische. Wir haben jetzt den Tagesordnungspunkt Naturschutz im BImSchG-Verfahren. Es liegt eine Ausarbeitung vor, eine Natura-2000-Vorprüfung, in der es um die Frage der Erhaltungsziele der anliegenden FFH-Gebiete geht. Wir haben nun einmal hier FFH-Gebiete direkt angrenzend, die auch einen Wasserbereich haben.

Deswegen sind bei der Frage, ob Erhaltungsziele be-troffen sind, natürlich auch die Fische zu betrachten. Bei der Frage nach der Notwendigkeit einer vollwertigen Natura-/FFH-Verträglichkeitsprüfung ist auch die Frage wichtig, ob Erhaltungsziele im Wasserbereich gefährdet oder negativ tangiert sind. Ich meine, es muss hier zumin-dest angesprochen werden. Ich weiß auch nicht, ob die

Naturschützer im Wasserrechtsverfahren anwesend sind. Keine Ahnung!

Verhandlungsleiterin Salchow: Aber selbstverständlich. Ich will Sie nicht unterbrechen, Herr Rahner. Aber ich habe es am ersten Tag schon gesagt: Der Tatsache der engen Verzahnung beider Verfahren wird dadurch Rechnung getragen, dass sie parallel geführt werden. Es ist nun einmal der Rechtslage geschuldet, dass sie nicht gebündelt sind. Mehr als zeitlich parallel führen können wir sie nicht. Der Naturschutz wird im wasserrechtlichen Verfahren genauso seinen Platz haben wie im immissionsschutzrechtlichen Verfahren.

Rahner (Rechtsbeistand): Daran, wie Sie es zeitlich machen, habe ich überhaupt nichts auszusetzen. Es ist wunderbar, dass es so unmit-telbar parallel ist. Aber es gibt nun einmal Rechtsfragen, die meiner Meinung nach parallel in beiden Verfahren auftauchen. Das ist ganz zentral bei dem Punkt der Fall, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist oder nicht. Das können Sie für beide Verfahren nur einheitlich beantworten. Dann müssen Sie sich damit auch im BImSchG-Verfahren auseinandersetzen.

Dabei ist natürlich nicht nur die Frage der Deposition von Luftschadstoffen zu betrachten, sondern dabei ist auch die Frage wichtig - gerade wenn es um die rheinan-grenzenden FFH-Gebiete geht, das großflächige, welches es da gibt -, ob die Eingriffe in die Wassergüte des Rheins so erheblich sind, dass sie die Erhaltungsziele gefährden können, bzw. ob Fischtötungen durch die Wasserentnah-me anstehen, die ebenfalls die Erhaltungsziele gefährden könnten. Das muss hier im Verfahren zumindest ange-sprochen und diskutiert werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich bitte Sie noch einmal um Verständnis dafür, dass wir genau diese Fragen - nicht wir, sondern die anderen Kollegen, aber wahrscheinlich auch wieder unter Beteili-gung dieser Kollegen und des Fischereisachverständi-gen - im wasserrechtlichen Verfahren erörtern, weil wir der Auffassung sind, dass es dorthin gehört. Dass die eine Entscheidung nicht ohne die andere oder gegen die andere eventuell gefasst wird, ist ja auch klar. - Jetzt kommt aber erst einmal der Herr mit dem blauen - -

Heidenreich (Einwender): Mein Name ist Gerd Heidenreich. Ich bin nicht nur Sam-meleinwender, sondern auch Beamter. Es hat mich sehr entsetzt, wie sich die Beamten des Regierungspräsidiums auf ihren Beamtenstatus und auf das Gesetz zurückzie-hen. Ein Beamter muss neben seiner Beamteneigenschaft auch noch Mensch sein. Da muss er über diesen Teller-rand hinausschauen können. - Danke schön.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ihre Nachbarin wollte auch noch etwas sagen.

Lohmann (Einwenderin): Mein Name ist Dorothee Lohmann. Ich bin auch Sammel-einwenderin und von der Initiative „Nein zu Block 9“.

Ich wollte in einem Satz zusammenfassen, was diese Umweltschutzbehörde von sich gegeben hat. Herr Zink hat sinngemäß gesagt: Wir freuen uns, wenn die Natur schön und lebendig ist, aber wenn das Gesetz es nicht zulässt, dann muss sie eben sterben.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich muss sagen, als Bürgerin, als Mensch auf dieser Welt bin ich entsetzt, was ich vorgestern hier erlebt habe und heute hier erlebe. Das Großkraftwerk will seinen Block 9 errichten, um Profit zu machen. Das kann man ja so auf den Punkt bringen.

Die Behörden sind in vorauseilendem Gehorsam da-bei, das alles zu erledigen. Alles das, was heute Morgen besprochen worden ist, diese Straßen, dieser Coal Point, alles, was da gemacht wird, müsste doch nicht gemacht werden, wenn nicht gewissermaßen von Ihnen beschlos-sen wäre, dass dieser Block 9 gebaut wird. Das kann doch eigentlich erst alles gemacht werden, wenn das Genehmi-gungsverfahren wirklich beendet ist.

Ich bin entsetzt. Jeder Mensch auf dieser Welt weiß heute, dass die Umweltkatastrophe begonnen hat, dass jedes Kilo CO2, das in die Luft geht, die Welt kaputter macht, dass die Polkappen schmelzen, dass die Meere anwachsen, dass die Temperaturen steigen. Das weiß jeder. Aber hier wird von Irrelevanz gesprochen, und hier wird so getan, als wäre das alles nichts. Ich muss sagen, ich bin wirklich entsetzt. Das ist für mich ein Lehrstück in Sachen Kapitalismus, das ich hier erlebe.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah, Herr Cullmann, Frau McCloskey und dann Herr Weyland.

Krah (Stadt Mannheim): Ich möchte insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger, die hier anwesend sind und die sich über diese Natur-schutzdinge Gedanken machen, ein paar Ausführungen machen. Dieses strittige Gelände, um das es jetzt geht, ist seit 1900/1901 mit Kohle belegt. Also seit der wilhelmini-schen Zeit liegen dort große Kohlehalden. Auch später, während der Kriegszeiten waren dort Kohlehalden. Nach dem Krieg haben es die Amerikaner übernommen und

ebenfalls Kohle gelagert. Das war also Jahrzehnte lang mit Kohle der verschiedensten Institutionen belegt.

Dann haben die Amerikaner - Gott sei Dank - in Mannheim auf Fernwärme umgestellt. Darum war diese Kohlelagerung nicht mehr notwendig. Die Stadt Mannheim hat dies auch genutzt, um eine zweite Hafenzufahrt in das Rheinauer Hafengebiet zu bauen. Das sehen Sie auch heute mit dieser Brücke über das Hafenbecken 21. Dann ist dieses Gelände quasi eingezäunt worden. Das ist ungefähr fünf Jahre lang so gewesen.

Wie das halt so ist - das ist auch positiv -: In diesen wenigen Jahren hat die Natur dieses Gelände zurücker-obert, und zwar in den Bereichen, wo Leben überhaupt möglich ist. Dort liegt ja immer noch Kohle auf dem Boden. Es ist ein sehr trockener, extremer Standort; es ist nur bestimmten Spezialisten möglich, dort zu leben.

Wir haben uns mit dem Gutachter, der hier anwesend ist, und natürlich auch mit den Kolleginnen und Kollegen vom Regierungspräsidium intensiv auseinandergesetzt, was man denn machen könnte.

Die rechtlichen Dinge hat der Kollege Zink eben vorge-tragen. Es ist zu bedauern, Herr Cullmann, dass es so ist. Aber die Rechtslage ist eben so. Trotzdem haben wir uns dafür eingesetzt, dass Ausgleichsmaßnahmen auf Mann-heimer Gemarkung durchgeführt werden können. Diese habe ich bereits im Mannheimer Gemeinderat vorstellen können.

Wir sind sehr froh, Herr Cullmann, dass wir den Hag-bau an den Rhein haben anschließen können. Das war eine Ausgleichsmaßnahme. Da sind wasserbauliche Maß-nahmen, Ausbaggerungen durchgeführt worden. Das war ein lang gehegter Wunsch. Der Durchgangsweg vom Strandbad zur Silberpappel ist jetzt unterbrochen - eine positive Sache, die wir hier in Mannheim im Naturschutz bekommen haben.

Weiterhin wurde im Landschaftsschutzgebiet Sandtor-fer Bruch als Ausgleichsmaßnahme ein Krötenbiotop angelegt. Auch dieses ist sehr positiv. Dort können sich diese Arten langfristig stark verbessert ausbreiten.

Drittens. Ein trocken-warmer Standort im Käfertaler Wald wurde freigelegt. Dort geht es um Dünen, die freige-legt wurden, um wieder Spezialisten für diese trockenen, extrem warmen Standorte die Möglichkeit zu geben, sich langfristig und nachhaltig weiterentwickeln zu können.

Ich wollte mit meinen Ausführungen der Bürgerschaft sagen, dass sich die Naturschutzfachleute - und zwar alle, wie sie hier im Raum sind - intensiv Gedanken gemacht haben, was man an positiven Maßnahmen hier in Mann-heim erreichen kann. Ich muss sagen, das, was geleistet wurde, was erreicht wurde, finden wir als untere Natur-schutzbehörde positiv. - Das wollte ich zur Erläuterung beitragen. Danke schön.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Zunächst Herr Cullmann, dann Frau McCloskey und dann Herr Weyland.

Cullmann (BUND): Ganz kurz, Herr Krah: Es ist ja schön, dass es so viele Ausgleichsmaßnahmen gibt. Allerdings haben wir in Mannheim kaum mehr Platz für Ausgleichsmaßnahmen, das wissen Sie ganz genau. Zweitens haben wir eine Flächenversiegelung, ich glaube, von täglich 12 ha. Das muss man auch einmal berücksichtigen. Wie wollen Sie auf dieser Grundlage Arten auf Dauer schützen, wenn wir alles zubauen, was irgendwo der Natur eine Grundlage bietet?

Zu meinem eigentlichen Grund, weshalb ich mich noch einmal gemeldet habe: Ich finde - das zeigt sich auch an den nach der Bestandsaufnahme gefundenen Arten -, dass dieses Gebiet nicht ausreichend untersucht wurde. Ich stelle hiermit den Antrag für den BUND, dass eine neue Bewertung des Coal Point durchgeführt wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchte der Antragsteller bzw. ein Gutachter etwas dazu sagen?

Himmler (Antragstellerin): Wir haben in den Jahren 2006 bis 2008 umfangreiche Untersuchungen auf dem Coal-Point-Gelände einschließ-lich der Uferböschung und auch auf dem Kraftwerksge-lände im direkten Standortbereich durchgeführt. Unter-sucht wurden die Vegetation einschließlich einer pflanzen-soziologischen Dokumentation, die in Anlage 5 der UVU beigefügt ist.

Es erfolgte eine avifaunistische Erfassung über zwei Brutperioden hinweg. Das geht über die gängigen Stan-dards hinaus, nach denen normalerweise eine Brutperiode untersucht wird. Die Reptilien wurden erfasst, die Fische, das Makrozoobenthos, also die wasserlebenden Kleintie-re, die Laufkäfer, und zwar nicht nur mit der üblichen Barberfallenmethode, sondern auch mit der sehr aufwen-digen Handsammelmethode, was dort allerdings deshalb erforderlich war, weil in den Biotopen, mit denen wir es teilweise zu tun hatten, Barberfallen nicht funktionieren.

Barberfallen sind in den Boden eingegrabene Becher mit einem Lockmittel darin, womit die Laufkäfer angelockt werden. Man kann auf diese Weise nicht nur den Artenbe-stand recht vollständig erfassen, sondern auch die Struk-tur des Laufkäferbestandes, die Dominanzverhältnisse. Aber beispielsweise in den Blocksteinschüttungen am Ufer des Hafenbeckens geht so etwas nicht. Dort kann man keine Becher eingraben. Dort wurde die Handsammelme-thode durchgeführt.

Die Tagfalter und die Wildbienen wurden dann eben-falls noch mit erfasst. Auch da sind wir umfassend über den Artenbestand informiert. Und nicht zu vergessen die Heuschrecken.

Insgesamt handelt es sich also um sehr umfangreiche Untersuchungen, die über drei Jahre hinweg durchgeführt wurden. Wir hatten die Auswahl danach getroffen, was aus artenschutzrechtlicher Sicht geboten war, also die europarechtlich geschützten Arten in erster Linie, und darüber hinaus das, was erforderlich ist, um die Lebens-raumfunktionen des Geländes als Grundlage der Beurtei-lung der Maßnahmenfolgen für Arten und Biotope hinrei-chend beschreiben zu können. Das sind dann eben diese Indikatorgruppen der Laufkäfer und des Makrozoobenthos gewesen, die unter artenschutzrechtlichen Aspekten keine weitergehende Bedeutung haben.

Die Amphibien waren ursprünglich nicht vorgesehen gewesen. Das liegt, wenn man sich diesen extremen Trockenstandort betrachtet, durchaus nahe. Als dann aber bei den avifaunistischen Erfassungen festgestellt wurde, dass es dort Kreuzkröten gibt, wurde dieser Bestand präzise dokumentiert und erfasst.

Das, was Herr Zink vorhin mit der künstlichen Flutung und den Lockrufen angesprochen hat, war auf die Kreuz-kröte bezogen. Da stand tatsächlich fünf Abende lang ein CD-Player auf dem Gelände und hat Kreuzkrötenlockrufe abgespielt, um die Population komplett erfassen zu können. - Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey und Herr Weyland.

McCloskey (Einwenderin): Ich habe jetzt sehr aufmerksam zugehört. Vielleicht sage ich es jetzt falsch, aber ich habe es eingangs von dem Herrn Dolde so verstanden, dass dieser Coal Point für die bereits bestehenden Blöcke, die die ganze Zeit ohne diesen Coal Point auskamen, gar nicht verwendet wurde und für den angedachten Block 9 relevant sein wird. Sie haben vorhin gesagt, dass das damit zusammenhängt.

Ich muss dazu sagen: Die MVV ist bei Ihnen mit betei-ligt. Die Stadt Mannheim ist wiederum Anteilseigner der MVV. Die Straße und der Kanal und alles das, was da jetzt im Vorfeld gemacht wurde, was vorher nicht gemacht wurde, als Block 9 noch gar nicht angedacht war, schei-nen für mich als Bürger ganz unmittelbar im Zusammen-hang mit Block 9 zu stehen. So sehe ich das. Vielleicht können Sie das widerlegen.

Was ich damit ausdrücken will: Es müssten in der Stadt Mannheim und in der Region eigentlich viele Stra-ßen aufgearbeitet werden; sie sind teilweise in einem desolaten Zustand. Ich habe das schon einmal gesagt; hier sind Gehwege und ganz viele Dinge in einem desola-

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ten Zustand. Es wäre so wichtig, das Geld seitens der Stadt Mannheim dort zu investieren.

Eigenartigerweise wird für ein Gelände, das angeblich nichts mit Block 9 zu tun hat, die Straße gemacht, der Kanal verlegt und alles Mögliche. Für mich ist das nicht plausibel, dass das nichts mit Block 9 zu tun hat. Wenn es doch mit Block 9 zu tun hat, dann sehe ich das so, wie es der Herr Rechtsanwalt Rahner gesagt hat: Dann gehört es mit in das Verfahren zum Block 9. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe nicht gesagt, dass es nichts mit Block 9 zu tun hat. Ich habe gesagt, der zeitliche Ablauf ist mit durch die Motivation Block 9 verursacht. Aber Sie haben das ausge-blendet, was auch von Behördenseite gesagt wurde: In dieses Verfahren gehört nur das hinein, was Teil des Vorhabens Block 9 ist, das die GKM betreibt. Die Errich-tung und der Betrieb von Block 9 bedürfen der Genehmi-gung. Was zu dieser Anlage gehört, gehört zu dieser Genehmigung.

Zu dieser Anlage gehört nicht die Verlegung einer öf-fentlichen Straße; denn das ist keine Straße der GKM, sondern eine Straße der Stadt Mannheim. Wenn Sie sagen, dass die Stadt vorher lieber eine andere Straße machen soll, ist das ein anderes Thema. Das haben wir hier nicht zu diskutieren. Es geht um die Frage: Zählt die Verlegung der Straße zur Errichtung von Block 9 oder nicht?

Nur wenn es im Rahmen der Errichtung von Block 9 wäre, gehörte es in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Die Verlegung einer öffentlichen Straße ist kein Vorhaben von GKM, ist keine Maßnahme, die zur Errichtung von Block 9 gehört, sondern es ist eine andere Maßnahme. Deswegen gehört sie nicht hinein.

Das Gleiche gilt für die damit verbundenen Maßnah-men Baustellenflächeneinrichtung und Verlegung eines Schachtbauwerks. Das Gleiche betrifft den öffentlichen Kanal, den Hauptsammler, der verlegt wird; das ist kein Kanal der GKM, das ist kein Kanal, der der Wasserversor-gung von Block 9 dient. Das ist ein Kanal, der der Versor-gung der Stadt Mannheim dient und durch dieses Grund-stück läuft. Der ist auch kein Vorhaben von GKM, sondern ein Vorhaben von Block 9 - -

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

- Entschuldigung, ein Vorhaben des Entwässerungsträ-gers. - Er wurde aus Anlass der Planung - - Das habe ich auch gesagt. Kein Mensch hat gesagt, es gibt keinen

Zusammenhang. Nur, das reicht nicht aus, um es zum immissionsschutzrechtlichen Gegenstand zu machen. Das haben nun mehrere von der Rechtslage her erklärt.

Wenn Sie sagen, das verstehe ich nicht, das gefällt mir nicht, das überzeugt mich nicht, dann mag das so sein. Aber sagen Sie bitte nicht, es hätte hier jemand gesagt, das habe nichts miteinander zu tun.

Weyland (BUND): Uns ist die Rechtslage durchaus bewusst. Gegenstand der Klage des BUND gegen das Land Baden-Württem-berg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, ist neben der Konzentrationswirkung auch eine formale Nichtbeteiligung als Träger öffentlicher Belange. - Dies nur vorweg als Hintergrund.

Ich hätte gerne von Herrn Zink und dem Regierungs-präsidium eine Antwort, warum es zwei Wochen gedauert hat, bis die Mitteilung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch das RP ausgestellt wurde, und insbesondere eine Antwort, warum Sie sich mit der Antwort seitens der GKM über den Stand der Durchführung der Maßnahmen - Sie entschuldigen das, aber diese Antwort ist nichtssa-gend - zufrieden geben.

In diesem Zusammenhang wird maßgeblich der Ein-druck erweckt, dass hier Tatsachen geschaffen werden sollen, dass diese Tatsachen auch durch das Regierungs-präsidium befördert werden. Ich hätte gern in diesem Zusammenhang eine Antwort durch Herrn Zink.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Zink.

Zink (RP Karlsruhe): Die Frage, ob die Klage des BUND vor dem Verwaltungs-gerichtshof Mannheim aufschiebende Wirkung hat oder nicht, ist nicht Gegenstand des immissionsschutzrechtli-chen Verfahrens für die Errichtung des Blockes 9 GKM. Deshalb nehme ich mir die Freiheit, Ihre Fragen nicht zu beantworten.

(Dahamni-Herm [Einwenderin]: Vielen Dank für die aufschlussreiche Haltung!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, dann Herr Kriebel.

Gödeke (Sachbeistand): Zunächst wünsche ich, dass die Aussage von Herrn Zink wortwörtlich ins Protokoll aufgenommen wird.

Verhandlungsleiterin Salchow: Selbstverständlich.

Gödeke (Sachbeistand): Dann möchte ich des Weiteren, dass ins Protokoll aufge-nommen wird: Es wird seitens der Naturschutzverbände

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zu Protokoll festgestellt, dass sich die Verhandlungslei-tung kategorisch weigert, wesentliche Teile der Prüfung auf Umweltverträglichkeit, das Schutzgut Wasser betref-fend, zu erörtern, wiewohl dies Teil der UVP und der Natura-2000-/FFH-Vorprüfung im BImSchG-Verfahren ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, das nehmen wir zu Protokoll. Das haben Sie auch schon mehrfach erwähnt. Das ist bereits im Proto-koll.

Ich kann an dieser Stelle nur wiederholen: Ich verwei-se Sie auf das wasserrechtliche Verfahren für die Aus- und Einleitung von Kühlwasser und die damit im Zusam-menhang stehende Betroffenheit der Fische durch die Erwärmung des Rheins. Das ist ja alles bekannt.

Gödeke (Sachbeistand): Ich kann dazu noch ergänzen, dass genau solche Punkte in zwei Klageverfahren gegen Kohlekraftwerksgenehmi-gungen Klagegegenstand sind. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kriebel.

Kriebel (Einwender): Ich stelle zum wiederholten Mal fest, dass staatliche Behörden oder die Stadt sehr eng mit dem GKM zusam-menarbeiten, was man meiner Meinung nach fast als Zuarbeiten bezeichnen könnte.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Wenn zum Beispiel Herr Krah - ich weiß nicht, ob es ein Versprecher war oder ob ich es falsch verstanden habe - sagt „unser Gutachter“ und damit wohl den Herrn Himmler meint, der ja eigentlich Parteigutachter des GKM ist - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Das muss ein Missverständnis sein. Ich habe gefragt: Möchte der Antragsteller oder sein Gutachter etwas dazu sagen?

Kriebel (Einwender): Ich meine nicht Sie, Entschuldigung, ich meinte den Herrn Krah. - Dann frage ich mich noch: Was gilt denn jetzt? Einmal bewegt man sich innerhalb der TA Luft, einmal - wenn es der Antragstellerin passt - legt man die beiseite und kreiert etwas Eigenes. Einmal ist es eine Anlage, einmal ist es eine Einzelanlage. Selbst das Regierungs-präsidium ist da widersprüchlich in seinen Äußerungen.

Ich verstehe das nicht. Ist das eine Anlage, kann man von einer Anlage sprechen? Dann ist es nach meiner

Definition, wie ich das von Regelwerken gewöhnt bin, umfassend. Dann ist es eine Anlage zu jedem Zeitpunkt, und man klammert das nicht zu irgendeinem Zeitpunkt aus und betrachtet es als Einzelkomponente. Ich hätte gerne einmal eine Stellungnahme des Regierungspräsidiums, wie es das sieht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schwaab hat dazu eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Er hat gesagt, dass es gewisse Maßnahmen der Stadt Mannheim gibt - Straßenverlegung, Kanalverle-gung, Schachtverlegung -, die - sicherlich motiviert durch das bevorstehende Großvorhaben - zu diesem Zeitpunkt gemacht worden sind, die aber nicht durch § 13 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Verfahren gebündelt sind, weil genau diese Maßnahmen nicht Bestandteil des Genehmigungsverfahrens zum Bau und Betrieb des Blockes 9 sind.

Das haben wir jetzt drei- oder viermal im Protokoll. Das hat Professor Dolde ausgeführt, das hat Herr Zink von seiner naturschutzrechtlichen Warte her ausgeführt. Ich habe es mehrfach, auch schon am ersten Tag gesagt, heute noch einmal, und Herr Schwaab hat es ausgeführt. Ich finde, das reicht.

Kriebel (Einwender): Gut, dann frage ich einmal so: Könnte der Block 9 arbeiten oder gebaut werden ohne diese vorbereitenden Maßnah-men? - Frage an den Antragsteller.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich sage zum fünften Mal, dass es darauf nicht ankommt. Wenn Sie es nicht akzeptieren wollen, ist das Ihr gutes Recht. Nur, nehmen Sie es doch einmal hin! Wir müssen auch mal vorwärtskommen.

Nun hat man Ihnen drei- oder fünfmal erklärt, es gibt einen sachlichen Zusammenhang, es sind andere Vorha-benträger und andere Verfahren. Deshalb gehört es nicht zu § 13. Die Frage, ob die Straße verlegt sein muss, bevor man Block 9 baut oder nicht, spielt dafür keine Rolle. Das haben wir wirklich mehrfach zu erklären versucht. Ich akzeptiere ja, dass Sie sagen, es leuchtet mir nicht ein; aber dann sollten wir es halt dabei belassen.

Kriebel (Einwender): Wissen Sie, ich verstehe das nicht. Sie gehen mit so vielen Daten an die Öffentlichkeit, die sich dann hier im Verfahren nicht mehr wiederfinden. Da verstehe ich auch die Stadt nicht. Im Grunde genommen müsste man den Einzeleinwendern oder der Gruppierung „Nein zu Block 9“ die Möglichkeit geben, noch einmal eine Bürgerbefragung durchzuführen. Da müsste schon das Regierungspräsidi-um von sich aus sagen, ob da nicht ein höheres Rechtsgut vorliegt. Sie können nicht auf der einen Seite mit Broschü-ren an die Öffentlichkeit gehen und dann plötzlich mit

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anderen Zahlenwerken hier auftauchen. Das verstehe ich nicht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Weyland und dann der Herr neben Frau Lohmann.

Weyland (BUND): Da sich Herr Zink entgegen unserer Rechtsauffassung, dass die Beantwortung der Fragen durchaus zentral für das BImSchG-Verfahren ist, nicht sehr kooperativ zeigt, diese Fragen zu beantworten, noch einmal an Sie, Frau Salchow, die Frage, ob Sie uns zeitnah Daten hinsichtlich der Umsetzung der artenschutzrechtlichen Maßnahmen für dieses Verfahren hier vorlegen können oder vorlegen lassen können.

Das bezieht sich insbesondere auf den Stand der Um-setzung der Ausgleichsmaßnahmen, auf die dauerhafte Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen, auf die Anzahl der erfolgten Umsetzungen im Artenschutzbereich, auf das Datum und Belege zu diesen Umsetzungen inklusive der Tagesprotokolle. Diese Daten hätten wir gerne für das BImSchG-Verfahren. Daher die Frage an Sie, ob Sie uns diese Daten zeitnah zur Verfügung stellen können. - Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Was wir für die Entscheidung brauchen, ist in der UVU ausgeführt. Die Abwicklung und die begleitenden Dinge laufen natürlich im naturschutzrechtlichen Verfahren. Wir haben eine gewisse Zuständigkeitstrennung; das müssen Sie uns in so einer großen Behörde schon zubilligen. Aber der Herr Zink will gerne dazu antworten.

Zink (RP Karlsruhe): In dem Prozess seitens des BUND, an dem Sie Ihren Worten nach beteiligt sind, haben wir eine ausführliche Stellungnahme vorgelegt, in der genau das en détail beantwortet und dargelegt wird, was Sie eben abgefragt haben. Da wir alle einen begrenzten Zeithaushalt haben, verzichte ich einfach auf Wiederholungen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Der Herr neben Frau Lohmann.

Buck (Einwender): Ich habe mich schon gemeldet gehabt. Ich war gestern nicht da, sondern am ersten Tag. Herr Dolde, das Beispiel mit der Garage geht mir noch im Kopf herum. In dem Zusammenhang fällt mir auf, wenn man das wieder auf das private Recht herunterzieht: Wenn ich irgendwo ein Haus bauen will und schon vorab anfange, meine Kanäle zu bauen, dann möchte ich einmal die Stadtverwaltung sehen, was sie machen würde: Ich will ein Haus bauen und fange schon an, ohne Genehmigung für das Haus meine Kanäle zu graben!

Ich habe schon verstanden, dass die Maßnahmen, die jetzt durchgeführt werden, später für den Block 9 notwen-dig sind. Sonst würden Sie das so nicht machen. Somit gibt es einen Zusammenhang. Der Zusammenhang mit heute, mit dem Naturschutz ist der, dass Vorarbeiten gemacht werden, obwohl der Block 9 vom Regierungsprä-sidium noch nicht beschlossen ist.

Ich habe gestern leider die „BILD“-Zeitung gelesen. Da stand eine Information drin, die ich vorher noch nicht gehabt habe, nämlich dass das Genehmigungsverfahren erst im Sommer 2009 zugeteilt wird. Liege ich da richtig? Gibt das Regierungspräsidium letztendlich erst im Som-mer die Erlaubnis, wenn es durchgeht, den Block 9 zu bauen?

Verhandlungsleiterin Salchow: Über den zeitlichen Ablauf möchte ich hier keine Progno-sen abgeben.

Buck (Einwender): Es steht im „Mannheimer Morgen“ - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Das mag sein, da steht vieles drin. Das ist sicher nicht aus unserer Quelle. Es gibt da Erfahrungswerte; aber ob das im Frühjahr oder im Sommer oder überhaupt der Fall ist, dazu sage ich gar nichts.

Buck (Einwender): Wenn ich es richtig verstanden habe, wird es noch ein paar Monate dauern, bis das Genehmigungsverfahren durch ist. Für mich ist dann die Frage, warum Sachen schon vorher gemacht werden.

Der Zusammenhang besteht; das geben Sie auch zu. In der Frage des Naturschutzes stehe ich voll und ganz hinter dem BUND, der sagt: Ihr macht hier schon Sachen, ihr zerstört hier schon Natur. Auch in der Frage des Artenschutzes hat die Verwaltung, was den Block 9 betrifft, im Vorfeld schon gute Arbeit für das Großkraftwerk gemacht,

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Der Herr da hinten am Pressetisch.

Senftleben (Einwender): Mein Name ist Christoph Senftleben. Ich bin Anwohner. - Ich habe hier beim Zuschauen einiges gelernt. Die An-wohner bzw. die Bürger, die hier vertreten sein sollten, sind doch nicht so stark vertreten. Für mich leuchten manche Logiken nicht ein. Wenn ich dann von Vertretern meiner Person, also öffentlichen Vertretern höre: „Ich nehme mir die Freiheit, eine Frage zu beantworten oder

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nicht zu beantworten“, ohne auch nur anzudeuten, was dahintersteht, dann macht mich das nachdenklich.

Ich sehe da auch so eine Feigenblattargumentation. Es wird um Einzelpunkte gestritten, aber Ihr Geschäftsziel - ich komme aus der Industrie, und Geschäftsziele sind dort eigentlich immer maßgeblich - ist doch eigentlich, die Natur zu schützen. Werden Sie dem gerecht, und macht Ihnen Ihr Beruf noch Spaß? Das ist meine Frage dazu.

Ich habe eine andere Frage an Herrn Professor Dolde; die kann man mit Ja oder Nein beantworten. Ich bin jetzt etwas erregt, muss ich sagen. Würde diese Straße, diese Kreuzung ohne Block 9 gebaut werden? Können Sie mir diese Frage mit Ja oder Nein beantworten? - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Wenn Sie mir bitte gestatten, dass ich das sage, was ich für sachgerecht halte! Das haben wir auch Ihnen einge-räumt. Dann räumen Sie das bitte den anderen ebenfalls ein.

Ich denke, man muss einiges Zusätzliches sagen. Wir reden hier über die Frage, ob die eingereichten Unterla-gen ausreichen, zur Genehmigungsfähigkeit von Block 9 zu führen, oder ob die Genehmigung abgelehnt werden muss. Gegenstand des Verfahrens und Zweck dieser Veranstaltung ist es, dem Regierungspräsidium dafür eine möglichst breite Erkenntnisgrundlage zu vermitteln. Darüber sollten wir diskutieren.

Wir reden seit zwei Tagen zumindest während der Hälfte der Zeit über Dinge, die mit dieser Frage nichts zu tun haben. Ich will das nicht kritisieren. Ich will nur hin und wieder einmal daran erinnern, dass wir hier in einer geordneten Veranstaltung sind, die eine rechtlich vorge-gebene Aufgabe hat, nämlich für dieses Verfahren erheb-liche Sachverhalte und Fragen zu besprechen. - Punkt 1.

Punkt 2. Die Frage, was der VGH in diesem Verfahren machen wird, hat mit der Entscheidung hier nichts zu tun. Der VGH wird entscheiden, wir sollten ihm nicht vorgrei-fen. Die Standpunkte werden ausgetauscht, der BUND hat Klage erhoben. Die Gerichte sind dazu da, solche Dinge zu entscheiden.

Punkt 3. Es geht nicht darum, ob GKM seine Ab-wasserleitung gebaut hat. Es geht darum, um bei dem Beispiel zu bleiben: Wenn die Stadt eine Straße baut, damit Sie Ihr Haus erreichen können, dann werden Sie auch nicht sagen: Für die Straße brauche ich die Bauge-nehmigung für mein Haus. Es ist eine Frage der Erschlie-ßung, der äußeren Erschließung, die die Stadt herstellt. Da können Sie nicht sagen, das ist der Beginn meines Hausbaus, also braucht die Stadt für die Herstellung dieser Straße die Baugenehmigung für Ihr Einfamilien-haus.

Sie mögen mich für dieses Beispiel beschimpfen, das weiß ich, das bin ich inzwischen gewöhnt. Aber man muss es manchmal in andere Felder transponieren, um zu wissen, was der Kern der Argumentation ist.

Das Nächste: Ich habe fünfmal gesagt, dass es keine Rolle spielt - dabei bleibe ich -, ob es nun einen tatsächli-chen Zusammenhang gibt oder nicht. Entscheidend ist: Gehört diese Maßnahme zur genehmigungsbedürftigen Anlageerrichtung und Betrieb von Block 9? Dazu gehört sie aus den mehrfach dargelegten Gründen nicht.

Dann die letzte Frage, von der Sie meinten, die könnte man klar mit Ja oder Nein beantworten: Ich weiß nicht, ob die Stadt Mannheim die Straße so verlegt hätte oder nicht. Aber es kommt darauf auch nicht an.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich möchte jetzt den Tagesordnungspunkt zum Thema Naturschutz abschließen und gerne wieder dort anknüp-fen, wo wir gestern Abend aufgehört haben. Wir waren vor der Erörterung der Lärmproblematik stehen geblieben.

Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt - -

(Rahner [BUND]: Moment! – Gödeke [Sachbeistand]: Bevor Sie wechseln: Wir sind noch nicht fertig mit dem Tagesord-nungspunkt! - Weitere Zurufe von den Ein-wendern)

- Ich hatte über einen längeren Zeitraum keine Wortmel-dungen mehr, und wir hatten bis jetzt nur über Dinge diskutiert, die, wie Herr Professor Dolde richtig gesagt hat, nicht zur Entscheidungsfindung des Regierungspräsidi-ums beitragen.

Herr Rahner, ein letztes Wort zu diesem Komplex Na-turschutz.

Rahner (Rechtsbeistand): Frau Salchow, wir hatten jetzt nur über die Verfahrensfra-gen zum Bereich Naturschutz gesprochen. Wir haben in Ihrer eigenen Detailtagesordnung die Unterpunkte „Aus-wirkungen auf Schutzgebiete“ und „Artenschutz, notwen-dige Ausnahmen“. Ich warte die ganze Zeit, dass diese Verfahrensfrage beendet ist, um zum Thema Auswirkun-gen auf Schutzgebiete und zum Beispiel zu der Natura-2000-Vorprüfung etwas sagen zu können. Aber ich habe mir angewöhnt, mich mit meinen neuen Themen zurück-zuhalten, bis ein altes Thema fertig ist.

Jetzt können Sie doch nicht einfach abschließen, weil Sie sagen, Ihrer Meinung nach ist genug über Verfahrens-fragen diskutiert worden. Das kann ich aus Ihrer Sicht vielleicht nachvollziehen. Ich wollte auch nichts mehr dazu sagen. Aber zum Thema Naturschutz gibt es dezidiert noch eine Menge anderer Dinge zu sagen.

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Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Cullmann hatte diese Dinge angesprochen, und dazu ist eine Antwort gegeben worden. Danach ist nur noch über Verfahrensfragen geredet worden, sodass ich den Eindruck gewinnen musste, nachdem Sie das auch schon vorher kommuniziert hatten, dass über die fachlichen Dinge eigentlich kein Streit besteht.

Rahner (Rechtsbeistand): Das ist doch gar nicht wahr.

Verhandlungsleiterin Salchow: Doch.

Rahner (Rechtsbeistand): Das ist so nicht richtig. Über die Ersatzmaßnahmen, die gemacht worden sind, gibt es möglicherweise keinen Streit, zumindest was mich als Person betrifft. Aber zum Beispiel über die Natura-2000-Vorprüfung und das, was daraus resultiert, gibt es durchaus Erörterungsbedarf auf meiner Seite. Und die Frage der Auswirkungen auf Schutzgebiete ist in den Einwendungen thematisiert. Von daher gehört es hier dazu.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich nehme an, dass der Wortbeitrag von Herrn Gödeke genau auf diesen Punkt - Einfluss auf Natura-2000-Gebiete - gerichtet ist, und erteile ihm, wenn es so ist, das Wort.

Gödeke (Sachbeistand): Auch ich hatte mich eben zurückgehalten, weil ich zu diesen Verfahrensfragen keine Wortmeldung mehr hatte, sehr wohl aber zum Naturschutz.

Es sind, wie schon angesprochen, FFH-Gebiete durch das Vorhaben betroffen. Es geht unter anderem auch um den Stoffeintrag in diese FFH-Gebiete und in den Boden. Pflanzen und Tiere können ebenfalls beeinträchtigt sein; es wäre dann darüber zu sprechen, wie stark.

Was mir zum Beispiel fehlt, ist eine konkrete Angabe zum Stoffeintrag in die FFH-Gebiete. Zu dem Punkt ist auch die Immissionsprognose unvollständig und fehlerhaft gewesen. Wir hatten ja schriftlich eingewendet, dass beim Ammoniak nur 10 % des zu erwartenden Wertes berech-net wurde. Das hat zwar für die TA-Luft-gebundenen Punkte weniger Bedeutung, aber für den Naturschutz und den Stoffeintrag - Stickstoff, Stickoxide - hat das erhebli-che Bedeutung, weil für FFH-Gebiete die Werte der TA Luft zum Schutzgut Ökosysteme nicht anwendbar sind.

Für FFH-Gebiete gibt es vielmehr besondere Rege-lungen und nicht diese Irrelevanzgrenze gemäß der TA Luft. Es gibt dazu Handlungshilfen für Behörden, wie das zu bewerten ist. Ich habe eine solche dabei. Da gelten andere Kriterien. Die sind nämlich abgestuft nach der Art und Zuordnung des FFH-Gebietstyps. Hier ist aus unserer

Sicht die FFH-Vorprüfung unvollständig und nicht aussa-gekräftig.

Deswegen wird beantragt, eine FFH-Prüfung durchzu-führen, weil erhebliche Auswirkungen zu befürchten sind. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, direkt dazu.

Rahner (Rechtsbeistand): Direkt im Anschluss an Herrn Gödeke: Ich möchte das auch am Thema Stickoxiddeposition deutlich machen. Hier gibt es recht oberflächliche Ausführungen auf Sei-te 30 der Natura-2000-Vorprüfung, die ich auf der Basis der dort genannten Zahlen inhaltlich nicht nachvollziehen kann. Dort wird mit sehr großen Bandbreiten der Critical Loads für Stickoxide argumentiert. Im Fazit wird dann zwar behauptet, die Critical Loads würden nicht erreicht werden. Allerdings ist es in den dort genannten Bandbrei-ten allein aufgrund der jährlichen Vorbelastung möglich, dass die Critical Loads hier bereits jetzt erreicht werden.

Da stellt sich natürlich die Frage: Mit welchen Zusatz-belastungen ist hier zu rechnen? Wenn ich mir das FFH-Gebiet Rheinniederung anschaue, um das es hier eben-falls geht, weil es unmittelbar auf der gegenüberliegenden Rheinseite des Standortes liegt, dann gibt es in den Erhaltungszielen für dieses FFH-Gebiet auch etliche Bereiche, in denen der Schutz vor Nährstoffeinträgen ausdrücklich als Erhaltungsziel genannt wird. Deshalb besteht hier ein Anlass, dieser Frage des Nährstoffein-trags über Stickoxiddepositionen nachzugehen.

Unserer Auffassung nach ist dies im Rahmen der Na-tura-2000-Vorprüfung nicht in einer ausreichend intensi-ven fachlichen Tiefe erfolgt. Deswegen schließe ich mich den Ausführungen von Herrn Gödeke an und fordere ebenfalls die Durchführung einer vollwertigen FFH-Prü-fung in diesem Bereich. Ähnliches gilt für die nicht allzu weit entfernten FFH-Gebiete mit der Bezeichnung Sand-gebiete, die ebenfalls empfindlich auf Nährstoffeinträge reagieren. Dieser Problematik ist die Antragstellerin bisher nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, direkt dazu? Sonst würde ich gerne dem Antragsteller Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern.

Gödeke (Sachbeistand): Ich würde gerne noch ergänzen. Es geht auch um trocke-ne und nasse Depositionen saurer und säurebildender Regeninhaltsstoffe, bewirkt durch das Vorhaben. Ich werde noch Bewertungsunterlagen vorlegen, die bundes-weit für FFH-Vorprüfungen verwendet werden und die auch hier hätten verwendet werden müssen: unter ande-

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rem die Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Einträge in Natura-2000-Gebiete, Studien und Tagungsberichte des Landesumweltamtes, Band 52. Das würde ich Ihnen dann noch zur Verfügung stellen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Himmler.

Himmler (Antragstellerin): Eine vollständige Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung wird dann erforderlich, wenn im Rahmen der Vorprüfung nicht gezeigt werden kann, dass erhebliche Beeinträchti-gungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Die Vorprüfung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen für die umgebenden Natura-2000-Gebiete möglich sind.

Sie haben im Besonderen auf die Sandgebiete und dort auf die Stickstoffimmissionen abgehoben. Hierzu ist insbesondere festzuhalten, dass diese Gebiete gerade in der nördlichen Rheinebene in der Vergangenheit erheblich größeren Stickstoffeinträgen unterlegen haben und dass wir seit geraumer Zeit signifikante Rückgänge der Einträge haben.

Die jetzt vorhandenen Sandbiotope haben eine Zeit größerer Belastungen hinter sich. Die sehr geringen Zusatzbelastungen, die vorhabenbedingt auf der Grundla-ge der Immissionsprognose eintreten können, werden insgesamt weit unter dem bleiben, was in den vergange-nen Jahrzehnten bestanden hat. Das ist eine relativ einfache Einschätzung, die aber gleichwohl zutreffend ist.

Die sonstigen Belastungen, die in dem Raum beste-hen, wirken sich weitaus gravierender aus, haben aber mit dem Vorhaben wiederum nichts zu tun. Das sind insbe-sondere das Aufhören der historischen Nebennutzungs-formen im Wald und die Ausbreitung der Späten Trauben-kirsche, was diesen Biotopen sehr stark zusetzt.

Aber die zusätzlichen Stickstoffimmissionen - wie ge-sagt, außerordentlich gering - werden nicht dazu führen, dass Critical Loads überschritten werden, und werden noch viel weniger dazu führen können, dass irgendwelche Veränderungen in den Biozönosen der zu schützenden Sandbiotope eintreten könnten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Herr Raufelder, Herr Rahner. Ich nehme an, dass es dann vielleicht an der Zeit wäre, dass Herr Mahler etwas dazu sagt.

Gödeke (Sachbeistand): Zunächst einmal zu dem, was Sie eingangs gesagt haben: Wir haben festgestellt, dass die FFH-Vorprüfung unvoll-ständig und fehlerhaft ist. Von daher kann diese nicht als Begründung dienen, auf eine vollwertige FFH-Prüfung zu verzichten. - Das zunächst einmal vorab.

Dann ist auch falsch, dass Sie gesagt haben, es sei eine sehr geringe Zusatzbelastung. Ich habe zunächst einmal festgestellt, dass die Technische Anleitung Luft für eine FFH-Vorprüfung und FFH-Prüfung nicht anwendbar ist.

Im Übrigen haben Sie einen Vergleich mit historischen Betrachtungen gemacht. Darum geht es nicht, sondern es geht um den konkreten Beitrag dieses beantragten Vorha-bens zu einer Belastung - um nichts anderes! Historische Betrachtungen lenken da nur vom Thema ab. Sie haben also substantiiert nichts gegen unsere Feststellung ein-wenden können. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Raufelder (Einwender): Jetzt noch einmal zu den Entgegnungen des Gutachters. Wir hatten die Möglichkeit, im Rahmen der Waldbegehun-gen in Mannheim öfter auch mit dem Förster zu sprechen. Dabei wurde deutlich, dass die Belastung des Kiefernwal-des immer noch hoch ist - ich beziehe mich jetzt auf das Natur- und Landschaftsschutzgebiet Dossenwald -, dass die Bäume immer noch geschädigt sind, dass sich eine Verbesserung in diesem Bereich nicht eingestellt hat und dass punktuelle stärkere Belastungen immer noch vor-handen sind.

Deswegen kann man nicht von einer Erleichterung o-der von einem Rückgang sprechen. Vielmehr ist der Wald dort immer noch sehr belastet; auch die Sandgebiete haben noch eine hohe Belastung. Eine Zusatzbelastung würde natürlich gerade den sensiblen Bereichen sehr viel ausmachen.

Wenn Sie sich noch einmal die Gutachten zum Be-reich Forst anschauen, den Waldschadensbericht und bestimmte forstliche Begutachtungen, werden Sie feststel-len, dass dort genau dieser Punkt beschrieben wird, dass man nicht weiß, woher diese punktuellen starken Belas-tungen kommen, die den Wald viel mehr schädigen, als wenn eine kontinuierliche Belastung vorliegt.

Auch diese Punktbelastungen sollte man noch einmal überprüfen. Das wird durch die Gutachten deutlich. Ich weiß nicht, ob den Gutachtern die Gutachten vom Forst nicht bekannt waren. Ich würde Ihnen nahe legen, diese Gutachten noch einmal nachzulesen. Im Forsteinrich-tungswerk können Sie das nachlesen. Da können Sie genau diese punktuellen Belastungen sehen, die gerade auf Großemittenten zurückzuführen sind, wie uns die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg auch nachgewiesen hat. Das möchte ich zur Kenntnis geben. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

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Rahner (Rechtsbeistand): Zu den Ausführungen von Herrn Himmler: Herr Himmler, wie ich Ihre - ich nehme an, Sie haben es verfasst - Natura-2000-Vorprüfung verstanden habe und wie Sie es eben auch ausgeführt haben, arbeiten Sie beim Thema Stickstoffeinträge und Depositionen mit reinen Behaup-tungen.

Ich habe nicht finden können, dass Sie tatsächlich be-rechnet hätten, wie hoch die Zusatzbelastung für die Bewertung von Critical Loads in den Schutzgebieten wird. Ich habe nicht nur auf die Sandbereiche hingewiesen, sondern auch auf andere. Da fehlt mir absolut eine Ermitt-lung in Ihrem Gutachten.

Zum anderen ist auch an dieser Stelle zum wiederhol-ten Male darauf hinzuweisen: Sie stützen sich auf die Immissionsprognose, die sich nur auf Block 9 beschränkt. Wir haben mehrfach vorgetragen, dass unserer Meinung nach die Gesamtanlage Kohlekraftwerk mit allen Blöcken in den Blick zu nehmen ist. Das gilt natürlich auch an dieser Stelle.

Deswegen fordern wir auch an dieser Stelle, die Im-missionsprognose plus die Prüfung der Stickoxiddepositi-onen und anderer Depositionen im Bereich der Schutz-gebiete auf der Basis der Gesamtemissionen des Ge-samtkraftwerkes, also aller Blöcke, durchzuführen.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte noch ergänzend darauf hinweisen, dass eine nasse Deposition zum Beispiel überhaupt nicht berück-sichtigt wurde. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Länderarbeitskreis Immissionsschutz, der dazu und auch über Wirkungen des Stickstoffeintrags publiziert hat. All dies wurde in der FFH-Vorprüfung überhaupt nicht berücksichtigt. Diese Dinge wurden überhaupt nicht herangezogen, obwohl diese Erkenntnisse vorhanden und für jedermann verfügbar sind. - Danke schön.

Himmler (Antragstellerin): Die TA Luft war nicht die maßgebliche Grundlage für die Prognosen in der Natura-2000-Vorprüfung, sondern die verfügbaren Angaben über Critical Loads. Denn diese sind speziell für die FFH-Thematik erarbeitet worden und daher besser geeignet als die Angaben der TA Luft.

Ihnen ist sicher bekannt, dass dort niedrigere Werte angegeben werden, wo Risiken eintreten könnten. Aber auch diese strengeren Werte, die aus den Critical Loads stammen, werden einschließlich der Zusatzbelastung durch Block 9 unterschritten.

Dann muss man bei den Critical Loads auch sehen: Das sind diejenigen Werte, ab denen Beeinträchtigungen der jeweils genannten Lebensraumtypen eintreten kön-nen. Da hat natürlich jeder Lebensraumtyp ein recht breites Spektrum, das davon abhängt, welchen Standort er konkret einnimmt. Am Beispiel der Sandbiotope bedeu-

tet das, dass der Boden dann, wenn bindige Komponen-ten in dem Boden sind und eine höhere Feldkapazität besteht, anfälliger gegen Stickstoffeinträge ist als ausge-sprochen trockene Sande. Die Bestände - ich weiß, Sie mögen den historischen Bezug nicht, aber er lässt sich ja nicht leugnen, er besteht nun einmal -, die wir jetzt haben, die die Zeit der stärkeren Einträge überstanden haben, sind offensichtlich vom Standort her so extrem, dass die sehr geringe Zusatzbelastung nur unschädlich sein kann.

Sie kritisierten, die Vorprüfung sei unvollständig und fehlerhaft. Es gibt in Baden-Württemberg einen von der LUBW vorgelegten Leitfaden, wie Natura-2000-Vorprü-fungen zu verfassen sind. Exakt nach diesem Leitfaden wurde die Vorprüfung auch verfasst. Insofern kann ich den Einwand, dass das fehlerhaft sei, jedenfalls in der pau-schalen Form nicht nachvollziehen.

Was die Belastung der Kiefernwälder anbelangt: Wir müssen unterscheiden zwischen Baumschäden, die der Forst sicher im Blick hat, und einer erheblichen Beein-trächtigung des Lebensraums in seiner Gesamtheit. Die Lebensräume - es sind ja auch Kiefernwaldlebensräume in den Natura-2000-Gebieten zu schützen - definieren sich über die Krautvegetation. Da gibt es zunächst einmal keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die gezielt auf einzelne Arten hinausliefen: Wo liegen denn da eventuell kritische Schwellen?

Das ist aber auch im Rahmen der FFH-Vorprüfungen und der FFH-Verträglichkeitsprüfungen nicht zu untersu-chen. Es kann keinem Vorhabenträger abverlangt werden, Grundlagenforschungen zu betreiben, die erforderlich wären, wenn man es nur auf einzelne Arten beziehen wollte. Die Krautschichten zeigen jedenfalls, dass wir in neuerer Zeit keine negativen Veränderungen haben. Die Flächen, die mir aus eigener Betrachtung bekannt sind, sind stabil, abgesehen von Pflegedefiziten, die es durch-aus hier und da gibt.

Sie hatten dann gesagt, dass es auch um andere FFH-Gebiete gehen müsse, nicht nur um die Sandgebiete. Was die Stickstoffeinträge anbelangt, hätten wir ansonsten nur die Auengebiete, und die sind von Natur aus nährstoff-reich. Insofern können dort Stickstoffeinträge keine wei-tergehende Rolle spielen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Herr Rahner.

Gödeke (Sachbeistand): Ich bin erstaunt über Ihre letzten Ausführungen. Sie scheinen wirklich die Handlungshilfe nicht zu kennen. Für jeden FFH-Gebietstyp gibt es Critical Loads, die festgelegt sind, nicht nur für Sandgebiete.

In Ihrer Ausarbeitung finden sich lediglich rund zwei Seiten zum Stoffeintrag. Sie haben sich eben auf die TA Luft bezogen. Sie haben sich nämlich nur auf den

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Stickoxidtyp bezogen, der rein rechtlich auf das Schutzgut Mensch anzuwenden ist, nämlich auf das Stickstoffdioxid. Stickstoffdioxid ist in der Immissionsprognose mit 5 % der Gesamtstickoxide angesetzt worden. Selbst wenn man Umwandlungsraten berücksichtigt, haben Sie rund eine zehnfache Menge an NOx am Immissionsort. Das heißt, Sie arbeiten mit einer völlig falschen Methodik und fal-schen Zahlen. Bei dem Stickstoffeintrag zählt sowohl Ammoniumstickstoff als auch Nitratstickstoff und Nit-ritstickstoff. Das alles haben Sie nicht bewertet.

Von daher ist Ihre Aussage nicht haltbar, dass das ein irrelevanter Eintrag ist. Sie haben nur einen kleinen Teil des Stickstoffeintrags überhaupt betrachtet, unabhängig davon, dass wir auch Kritik an der Immissionsprognose hatten - wo es wahrscheinlich eine neue geben wird. Sie haben nur einen kleinen Teil des Stickstoffeintrags über-haupt betrachtet. - Das dazu.

Historische Vergleiche helfen Ihnen da nicht weiter. Wir sind hier in einem Genehmigungsverfahren zu einem ganz konkreten Vorhaben, und dieses Vorhaben ist zu bewerten. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Rahner (Rechtsbeistand): Ich möchte Herrn Himmler widersprechen, wenn er meint, außer den Sandbereichen sei ihm nichts bekannt. Im FFH-Gebiet Rheinniederung ist bei den Erhaltungs- und Ent-wicklungszielen ausdrücklich eine Empfindlichkeit gegen-über Nährstoffeinträgen angegeben. Das ist zugegebe-nermaßen ein sehr großes FFH-Gebiet. Aber dort gibt es zum Beispiel die Lebensraumtypen Kalkmagerrasen und Pfeifengraswiesen, bei denen bei den Erhaltungs- und Entwicklungszielen ausdrücklich enthalten ist: Schutz vor Nährstoffeinträgen bzw. Schutz vor Nährstoff- und Schad-stoffeinträgen.

Ich bin mir sicher, dass das noch an weiteren Stellen in der Beschreibung der Erhaltungsziele dieses sehr umfangreichen FFH-Gebietes auftaucht. Von daher können Sie nicht behaupten, man müsse sich nur um die Sandbereiche kümmern.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Himmler.

Himmler (Antragstellerin): Was die genauen Stickstoffeinträge anbelangt, ist natür-lich auf die Immissionsprognose hinzuweisen. Was die historischen Zustände und auch die Entwicklungen in neuerer Zeit anbelangt, stützen wir uns auf Daten der LUBW. Dabei geht es um die Deposition von Stickstoff, angegeben als Nitrat. Eben dies ist jene Form, die für Vegetationsveränderungen ausschlaggebend ist. Insofern ist das dann sachgerecht.

Was die eutrophierungsempfindlichen Lebensraum-typen im FFH-Gebiet Rheinniederung Philippsburg bis Mannheim anbelangt: Kalkmagerrasen und Pfeifengras-wiesen gibt es dort auch, das ist richtig. Diese sind jedoch recht weit weg. Die Pfeifengraswiesen befinden sich beispielsweise erst südwestlich von Ketsch, also in einer Entfernung über den 9-km-Radius hinaus. Auf der pfälzi-schen Seite gibt es Pfeifengraswiesen auch in geringerer Entfernung, etwa 7 km. Allerdings liegen diese Bestände entweder in der rezenten Aue, was ein nährstoffreiches System ist, oder sie liegen zumindest in der Altaue auf Auelehm.

Es ist für diese Bestände natürlich nicht vollkommen egal, wie viel Stickstoff hereinkommt. Natürlich sind sie gegen Düngung empfindlich. Wir haben dieses Thema Nährstoffeinträge an den Sandrasen festgemacht, weil sie die eutrophierungsempfindlichsten Lebensräume unter allen FFH-Lebensräumen hier im Umkreis sind. Wenn eine Unbedenklichkeit bezüglich der Sandlebensräume besteht, besteht sie erst recht für die anderen, die schon von Natur aus auf nährstoffreicheren Standorten leben und dementsprechend belastbarer sind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein hatte sich gemeldet.

Gottstein (BUND): Frau Salchow, ich stelle den Antrag, dass das Verfahren in dem Punkt, wo wir jetzt angekommen sind, eingestellt wird. Wir können aufgrund der Immissionsprognose nicht mehr weiterdiskutieren. Die LUBW hat uns gestern bestä-tigt, dass die Schornsteinhöhen neu berechnet werden müssen und damit auch die Immissionsprognose neu gemacht werden muss.

Wir können doch nicht weiterdiskutieren, wo wir gar nicht wissen, ob diese Prognose, die jetzt erstellt worden ist, die in den Antragsunterlagen drin ist, überhaupt richtig ist. Wenn wir weiterdiskutieren, diskutieren wir auf einer Basis, die vielleicht richtig sein kann, die aber auch falsch sein kann. Wenn sie falsch ist, was wollen Sie dann machen? Wollen Sie ein Verfahren komplett neu eröffnen? Oder wollen Sie uns dann nicht mehr daran beteiligen, weil wir aus dieser Erörterung ausgeschlossen sind? - So sehe ich es.

Deshalb der Antrag, das Verfahren im Moment einzu-stellen - also nicht zu beenden, sondern ruhen zu lassen -, bis diese Sachen geklärt sind, und den Erörterungstermin dann wieder aufzunehmen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein, wir werden weiter erörtern. Wir wissen ja gar nicht, ob die Immissionsprognose richtig oder falsch ist. Es ist das Wesen des Erörterungstermins, dass sich

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aus unterschiedlichen Grundpositionen heraus Situationen ergeben, in denen der eine den anderen nicht überzeugen kann.

Wenn wir im Anschluss an diesen kompletten Erörte-rungstermin den Eindruck gewinnen, dass Nacharbeiten erforderlich sind - ich hatte das gestern in einem anderen Zusammenhang schon einmal gesagt -, dann werden wir auf die Firma zugehen. Das wird angesichts der zahlrei-chen Anträge, die Sie bereits gestellt haben, in verschie-denen Themenbereichen ganz sicher der Fall sein. Alles das, was wir an Nacharbeiten für erforderlich halten, wird Ihnen zur Verfügung gestellt. Das ist ein ganz normales Vorgehen. Wir werden also weiter erörtern. - Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte jetzt noch einmal feststellen: Herr Himmler hat den Unterschied zwischen NO2 und NOx nicht verstanden. Für die FFH-Vorprüfung und die FFH-Prüfung ist der Gesamtstickstoffeintrag zu betrachten. NOx sind verschie-dene oxidierte Stickstoffformen. Das fängt mit dem soge-nannten Stickstoffoxydul an, Distickstoffmonoxid N2O, Stickstoffmonoxid NO, das bei der Verbrennung zu 95 % entsteht. So ist es auch in der Prognose berechnet wor-den. Nur 5 % entsteht als NO2. Und Sie haben nur die 5 % NO2 betrachtet. Den Rest haben Sie unter den Tisch fallen lassen.

Von daher ist, unabhängig davon, ob die Prognose zu-treffend ist oder nicht, bereits nach der vorgelegten Prognose Ihre Bewertung völlig unterbewertend. Sie können diese Aussage so nicht tätigen, weil Sie nur 5 % der Stickoxidemissionen als Immission betrachtet haben. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Herr Himmler hat mir jetzt spontan auf die zwei Lebens-raumtypen zu antworten versucht, die ich als empfindlich gegenüber Nährstoffeinträgen benannt habe. Das kann ich jetzt glauben oder nicht. In den Unterlagen kann ich es jedenfalls nicht nachvollziehen.

Wenn ich die Lebensraumtypen und die Arten im FFH-Gebiet Rheinniederung von Philippsburg bis Mannheim der Reihe nach durchgehe, komme ich zu einer größeren Anzahl, die noch weiter zu besprechen wäre, weil auch dort jeweils als Erhaltungs- und Entwicklungsziel der Schutz vor Nährstoff- und Schadstoffeinträgen steht. Das sind zum Beispiel Brenndoldenwiesen, die Mageren Flachland-Mähwiesen, das sind die Auenwälder mit Erle, Esche, Weide, das sind die Hartholzauenwälder.

Bei den Arten taucht das dann bei der Gelbbauchunke auf, beim Steinbeißer, beim Schmalbindigen Breitflügel-tauchkäfer, beim Flussneunauge usw. Das erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Ich stelle jedenfalls fest, dass das Thema der Nähr-stoffeinträge in der FFH-Vorprüfung, in der Natura-2000-Vorprüfung, nicht mit der erforderlichen Sorgfalt bearbeitet worden ist. Da reicht es auch nicht, hier im Erörterungs-termin plötzlich Behauptungen aufzustellen, die inhaltlich nicht überprüfbar sind bzw. in dem Gutachten, in der Unterlage selbst nicht zu finden sind.

Wenn Sie sich darauf zurückziehen wollen, die Sand-gebiete seien maßgeblich zu betrachten, dann habe ich schon deswegen ein Problem damit, weil die Sandgebiete nicht gerade in der Hauptwindrichtung liegen. Die liegen nämlich im Osten, während zumindest Teile des FFH-Gebietes Rheinniederung in südlicher Richtung vom GKM-Gelände liegen. Von daher sind diese, allein von der Windrichtung her, ganz anders betroffen.

Deswegen an dieser Stelle ausdrücklich die Rüge, dass die Unterlagen in diesem Punkt unvollständig sind und dem BUND als Naturschutzverband eine Detailprü-fung dieses speziellen Sachverhaltes zur Problematik Nährstoffeinträge nicht möglich gewesen ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Rahner. - Wir nehmen das zu Protokoll und geben der Fachbehörde Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, wenn sie es möchte. - Herr Mahler.

Mahler (RP Karlsruhe): Referat Naturschutz und Landschaftspflege. - Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Grundlage für die Immissionseinwirkungen auf die Natura-2000-Gebiete eine sichere war. Ich kann mich jetzt nicht näher dazu äußern; ich müsste mich erst sachkundig machen, um Näheres dazu sagen zu können.

Herr Rahner, ich könnte Ihnen in dieser Erörterungs-versammlung im Einzelnen sagen, wo die Lebensraumty-pen sind, die Sie aufgezählt haben. Ich kenne die Gebiete sehr gut, jedenfalls auf dieser Rheinseite, in Hauptwind-richtung. Wir sollten es aber nicht tun.

Eines ist allerdings klar: In der Hauptwindrichtung lie-gen die wenigsten FFH-Gebiete. Das sehen Sie, wenn Sie die Karte betrachten. Wir gehen davon aus, dass der Wind aus der Südwestrichtung kommt. Im Nordosten haben wir die wenigsten FFH-Gebiete, und am ehesten sind die Sandgebiete in der Hauptwindrichtung. Nordwinde haben wir selten. Die von Ihnen genannten Lebensraumtypen befinden sich - weil sich das FFH-Gebiet vor allem nach Süden erstreckt - südlich von dieser geplanten Anlage.

Wir sind davon ausgegangen, dass durch einen neuen Block - Stand der Technik - und die Stilllegung zweier alter Blöcke unter dem Strich eher weniger herauskommt als

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mehr. Wenn es natürlich notwendig sein sollte, dass auch der Naturschutz im Einzelnen prüft, was für Immissionen und Immissionseinwirkungen dabei zu berücksichtigen wären, müsste dieses tatsächlich noch einmal im Einzel-nen geprüft werden. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Herr Rahner.

Gödeke (Sachbeistand):

Direkt an Sie die Frage: Können Sie bestätigen, dass auch Stickstoffmonoxid, also NO, für den Stickstoffeintrag berücksichtigt werden muss?

Mahler (RP Karlsruhe): Ich kann Ihnen nur bestätigen, dass der Stickstoff insoweit als nährstoffrelevant zu berücksichtigen wäre.

Gödeke (Sachbeistand): Ich erwarte von einer Fachbehörde schon, dass sie das genau weiß. Sie als Fachbehörde müssen wissen, ob Stickstoffmonoxid zu berücksichtigen ist oder nicht. Im Übrigen steht das ja auch in den Publikationen. Dazu erwarte ich schon ein bisschen Kenntnis, damit Sie die Bürgerinnen und Bürger, die hierher gekommen sind und sich von den Fachbehörden in der Diskussion Erhellung erhoffen, nicht im Regen stehen lassen. Ich als Sachbei-stand weiß das. Aber die Einwender, die ich als Sachbei-stand vertrete, möchten gerne eine fundierte Antwort von den Fachbehörden haben. Da erwarte ich schon ein bisschen mehr von Ihnen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, Herr Gottstein, Herr Gebhardt.

Rahner (Rechtsbeistand):

Direkte Rückfrage an den Herrn vom Naturschutz: Ist Ihnen denn bewusst, dass mit dem Genehmigungsantrag für Block 9 erheblich höhere Emissionen beantragt wer-den, als bei den zwei wesentlich kleineren stillzulegenden Blöcken stattfinden?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Zum anderen: Ist Ihnen bewusst, dass es zeitweise auch einen Parallelbetrieb geben wird?

Mahler (RP Karlsruhe): Herr Rahner, Letzteres ist mir bewusst. Das war auch Gegenstand in dieser Erörterungsverhandlung. Mir ist im Einzelnen aber nicht bewusst - das ist für die Erheblich-keitsprüfung oder die Vorprüfung nach FFH nicht unbe-dingt relevant -, dass es Unterschiede zwischen den

beantragten Emissionen und denen gibt, die Block 3 und 4 zuzuordnen wären und die wegfallen würden.

Relevant ist, ob die Vorprüfung ergibt, dass es erheb-lich beeinträchtigen kann, „kann“ und „erheblich“. Nach dem, wie die Vorprüfung abgelaufen ist, kann man zumin-dest feststellen, dass die Erheblichkeit sehr unwahrschein-lich ist, dass die Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht wird. Jedenfalls gehe ich nach wie vor davon aus, dass dies auch das Ergebnis einer etwas eingehenderen Prüfung sein wird. Dabei müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass das dann schon die Qualität einer Verträglichkeits-prüfung hat, die nur dann durchzuführen ist, wenn die Erheblichkeitsschwelle tatsächlich überschritten werden kann.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Zink direkt dazu.

Zink (RP Karlsruhe): Wir gehen als höhere Naturschutzbehörde jedenfalls bisher davon aus, dass die Immissionsprognosen zutref-fend sind und auf richtig angesetzten Werten beruhen.

Wir gehen weiter davon aus, dass die fachlichen Stan-dards, die Herr Himmler genannt hat, die Fachkonvention von Trautner und das LANA-Papier zur Durchführung von Erheblichkeits- und Vorprüfungen beachtet wurden. Es entspricht auch unserer Auffassung, dass diese Standards eingehalten wurden.

Wir gehen drittens davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von FFH-Gebieten oder im FFH-Gebiet liegenden Naturschutzgebieten nicht eintreten wird.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein, Herr Gebhardt, Herr Gödeke und Frau McCloskey.

Gottstein (BUND): Die Aussage vom Regierungspräsidium, Fachabteilung obere Naturschutzbehörde, hat mir eben fast die Füße weggezogen. Wenn gesagt wird, wir übernehmen die Aussagen des Antragstellers, ist das okay. Aber dann wurde gesagt: Die Emissionen werden eigentlich weniger, weil noch zwei Blöcke stillgelegt werden. Wir haben hier aber eine wesentlich größere Anlage.

Ich möchte fast in den Raum stellen, dass sich Teile des Regierungspräsidiums schon am Rande der Befan-genheit bewegen. Dann wird es schon ganz kritisch, wenn solche Aussagen getroffen werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich erwarte, dass so eine Behörde, auch eine Natur-schutzbehörde, sich neutral verhält und sich hier dement-sprechend äußert.

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Die Aussage von Ihnen war wirklich unglaublich für mich; mir hat sie die Füße weggezogen. Ich muss dazu sagen, dass sich das für mich schon am Rande eines Befangenheitsantrages bewegt hat - nicht gegen unsere Verhandlungsleitung, um Gottes willen, aber gegen Teile des Regierungspräsidiums. Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis. Das ist eben schon verdammt dünn gewor-den.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein, ich will weder Kollegenschelte betreiben, noch habe ich großen Anlass, Kollegen in Schutz zu nehmen. Aber hier haben wir eine wirkliche Informations-lücke; die waren gestern nicht da.

(Gottstein [BUND]: Das ist doch nicht unser Problem!])

- Ich will es auch nur klarstellen.

Ob die Immissionsprognose ausreicht oder nicht, ent-scheiden wir. Auf dieser Grundlage wird dann die Fachbe-hörde weiterarbeiten. Er hat immer gesagt: Bis jetzt gehen wir davon aus. Das ist seine Interpretation, und wir werden auf die Firma zugehen; da können Sie sicher sein.

(Herr Gottstein [BUND] meldet sich erneut zu Wort)

Ich glaube, jetzt gehen wir- - Herr Gottstein, das brau-chen wir nicht zu diskutieren. Ich wollte es nur klarstellen.

Gottstein (BUND): Ein Einwurf von meiner Seite. Ich erwarte auch von Behörden, dass sie sich vorher wenigstens intern abspre-chen. Der Termin fängt um 10 Uhr an, und ich glaube nicht, dass Beamte erst um 10 Uhr anfangen zu arbeiten. Die fangen auch um 7.30 Uhr oder 8 Uhr an. Es gibt Telekommunikationsmöglichkeiten, um sich kurzzuschlie-ßen und zumindest eine kurze Information zu geben und zu sagen: Der Termin ist so verlaufen. Seid vorsichtig mit bestimmten Äußerungen! - Das kann ich von einer Behör-de erwarten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich nehme diese Belehrung gerne zu Protokoll und gebe Herrn Gebhardt das Wort.

Gebhardt (Sachbeistand): Einen schönen guten Morgen von meiner Seite aus, auch wenn es schon relativ spät ist.

Ich denke, man sollte versuchen, hier ein bisschen zu differenzieren. Auf der einen Seite haben wir gestern die Schornsteinhöhe diskutiert. Ich gebe Herrn Gottstein insofern Recht, als sich die Fachbehörden im Vorfeld

hätten absprechen und den Stand der Erörterung weiter-tragen sollen.

Der andere Punkt ist natürlich der - das war im Vorfeld des Erörterungstermins schon klar, wenn man die An-tragsunterlagen gelesen hat -, dass dieser neue Block wesentlich größer ist als die alten Blöcke mit jeweils 200 MW, wo meines Wissens auch kein Parallelbetrieb zuge-lassen ist. Herr Rahner hat ausdrücklich ausgeführt, dass durchaus ein Parallelbetrieb von Block 9 und den kleine-ren Blöcken, die irgendwann in Zukunft einmal abgeschal-tet werden, möglich ist.

Insofern erwarte ich schon von der Fachbehörde, dass sie sich im Vorfeld mit dem Antrag auseinandersetzt, dass sie den Antrag liest. Sie muss ja nicht den gesamten Antrag lesen, aber zumindest die wesentlichen Teile des Antrags, damit sie wirklich auf dem Stand ist. Das halte ich schon für wichtig. Insofern ist auch die Kritik von Herrn Gottstein durchaus berechtigt.

Noch einmal ganz kurz zu den Ausführungen von Herrn Gödeke. Ich kann ihn nur unterstützen, wenn er ausführt, dass nicht nur das Stickstoffdioxid zu berücksich-tigen ist, sondern alle Stickstoffverbindungen, und dass die Gesamtheit der Stickstoffbelastungen zu bewerten ist. Dazu gehört zum Beispiel auch der Ammoniakeintrag. Ich glaube, den hatte Herr Gödeke in seinen Beispielen noch gar nicht aufgeführt.

Es gibt eine Vielzahl von Stickstoffverbindungen, die hier zu berücksichtigen sind. Das ist selbstverständlich zu bewerten, und zwar - so kenne ich das - als Gesamtstick-stoffeintrag beispielsweise anhand von Critical Loads. Ich habe den Eindruck, hier ist nur der Nitrateintrag bewertet worden. Dazu möchte ich mich jetzt im Detail nicht äu-ßern. Aber ich wollte bestätigen, was Herr Gödeke gesagt hat; das ist vollkommen richtig.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke und Frau McCloskey.

Gödeke (Sachbeistand): Ich kann sehr gut den Eindruck des Herrn Gottstein nachvollziehen. Nachdem Herr Gebhardt noch einmal den Gesamtstickstoffeintrag angesprochen hat, genauso wie ich auch, war ich über Ihr jetzt getätigtes Statement entsetzt, dass Sie sich, wiewohl Sie jetzt darüber belehrt wurden, dass auch noch andere Stoffe als Stickstoffein-trag zu berücksichtigen sind, weiterhin im Sinne des Betreibers äußern, das sei alles unerheblich. Ich bin entsetzt. Insofern kann ich durchaus den Eindruck der Befangenheit nachvollziehen, weil sich mir die Frage stellt: Ist das Unkenntnis oder Vorsatz? - Danke schön.

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(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern – Herr Mahler [RP Karlsruhe] meldet sich zu Wort)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey. - Anschließend Herr Mahler.

McCloskey (Einwenderin): Ich kann auch warten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, Herr Mahler und dann Frau McCloskey.

Mahler (RP Karlsruhe): In diesem Fall bin ich ja nun unmittelbar angesprochen. Herr Gödeke, wenn Sie mir richtig zugehört hätten, hätten Sie bemerkt, dass ich immer von meinem Stand des Wissens gesprochen habe. Wenn Sie mir dabei unterstel-len, dass ich für den Antragsteller spreche, dann mag das Ihnen vielleicht so vorkommen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass dem nicht so ist.

Ich bin bisher davon ausgegangen, dass die Vorprü-fung die wesentlichen Dinge berücksichtigt hat und dass das Ergebnis war, dass keine erhebliche Beeinträchtigung sämtlicher Natura-2000-Gebiete zu befürchten ist.

Sollte man zu anderen Ergebnissen kommen, kann ich Ihnen nur konzedieren, dass auch ich nicht unfehlbar bin und dass ich nicht alle diese Ordner gelesen habe. Aber ich muss mich schon distanzieren, dass Sie mir unterstel-len - auch Sie, Herr Gottstein -, dass ich sozusagen besser da drüben sitzen würde.

Gödeke (Sachbeistand): Direkte Gegenrede! Sie brauchen ja nicht unbedingt den ganzen Antrag zu lesen. Ihr Job war es, die FFH-Vor-prüfung zu lesen. Da steht eben, dass nur NO2 berück-sichtigt wurde. Das hätte Ihnen auffallen müssen. Von daher halte ich das schon aufrecht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey und dann Herr Gottstein.

McCloskey (Einwenderin): Da Sie nicht vor Ort leben, möchte ich aus meiner Sicht als Bürgerin noch etwas zur Situation im Mannheimer Raum sagen. Ich erlebe es immer wieder, dass im Vorfeld Fakten geschaffen werden. Ich versuche das ganz kurz zu erklären.

Ich habe als Bürgerin mitbekommen, dass der Herr hier drüben für die Firma GKM diese Bestandsaufnahme der Tierarten auf diesem Coal-Point-Gebiet durchgeführt hat. Ich denke, dass das Regierungspräsidium oder Vertreter davon zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend waren, um sehen zu können, ob das, was seitens des

GKM-Beauftragten aufgenommen wird, auch wirklich stimmt.

Ich habe hier in Mannheim erlebt, dass geschützte Pflanzen bis hin zu Bäumen gefällt werden, dass die interessierten Firmen, die das Gelände wollen, Tatsachen schaffen. Ich habe erlebt, dass Bäume mit schwerem Gerät angefahren wurden, damit die Bäume so geschädigt waren, dass sie dann gefällt werden mussten. Da gibt es Tausende von Tricks. Manchmal wird auch beschallt oder beleuchtet, damit die Tiere freiwillig flüchten.

Ich mache hier keine Unterstellungen. Ich weiß nicht, was auf dem Coal-Point-Gebiet gelaufen ist. Aber mir als Bürger erscheint es sehr eigenartig, was ich hier höre. Der Herr von der GKM macht eine Bestandsaufnahme und sagt, dass wieder einmal alles nicht relevant ist. Es sind ganz wenige Tiere, die dann umgesiedelt wurden usw. Ich kann es nicht mehr glauben.

Es wird immer wieder klar: Die Daten werden den Bür-gern nicht geliefert; es ist keine Transparenz vorhanden. Wir wissen bis heute nicht, was aus dem Schlot von Block 9 zum Beispiel an Kohlendioxid herauskommen soll usw. Man kann nichts mehr glauben. Würde hier mit offenen Karten gegenüber den Bürgern gespielt, die wahrscheinlich auch diese Straße bezahlen müssen - es wird letztendlich mit dem Geld der Bürger bezahlt -, dann wäre es vielleicht anders; aber wir sind hier mittlerweile total frustriert. Ich will es nur mitteilen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Noch einmal zur oberen Naturschutzbehörde: Ich habe nicht gesagt, Sie sollen auf der Seite drüben sitzen. Ich bin froh, dass Sie auf dieser Seite sitzen. Aber wenn Sie mit Ihren Taten und Ihren Handlungen den Anschein erwecken, dass Sie befangen sind, dann gehören Sie wirklich auf die andere Seite. Ich habe nur gesagt: Sie bewegen sich als obere Naturschutzbehörde mit dem, was Sie tun, was Sie sagen und wie Sie sich verhalten, am Rande eines Befangenheitsantrags. Das muss klargestellt werden.

Ich habe nicht gesagt, dass Sie dort drüben sitzen sol-len - um Gottes willen! Das würde ich nie sagen. Aber wenn Sie den Anschein erwecken und sagen: Wir haben die Sachen in dem Sinne geprüft, dass wir von dem Antragsteller einfach alles übernommen haben, dann muss ich fragen, ob Sie überhaupt tiefer gehend geprüft haben. Oder haben Sie das nur durchgelesen und dach-ten, das sei schon richtig, was er da schreibt? So war Ihre Aussage: Sie haben das übernommen, weil auch die Schadstoffeinträge niedriger sind.

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Ich erwarte aber von einer Behörde, dass sie prüft und dass sich die Behörde intern zusammensetzt und die Daten abgleicht. So gehe ich davon aus, dass Sie sich als obere Naturschutzbehörde in Ihr kleines Kämmerchen zurückgezogen haben, sich dort beraten haben und zu dem Schluss kamen: Da erkennen wir eigentlich nichts, das ist in Ordnung, das können wir so durchgehen lassen; das, was der Antragsteller macht, ist schon richtig. - So kann man Ihre Aussage interpretieren.

Von einer Behörde erwarte ich, dass sie neutral ist. So wie sich unsere Verhandlungsleitung sehr neutral verhält, so erwarte ich von allen anderen Behördenvertretern auch, dass sie sich neutral verhalten. Sie sind nämlich nicht Sachwalter der Bürger alleine oder der Antragsteller alleine, sondern von allen. Dann erwarte ich eine Neutrali-tät auch in der Wortwahl.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt hatte sich noch gemeldet.

Gebhardt (Sachbeistand): Mir ist es wichtig, um in die Diskussion der vergangenen Viertelstunde ein bisschen Struktur hineinzubringen, das Ganze mit einem Antrag von meiner Seite abzuschließen - vielleicht hat Herr Gödeke noch etwas dazu anzumerken -, also wohlgemerkt nur von meiner Seite aus.

Ich habe den Eindruck, dass hier bestimmte Beiträge durch Stickstoff in Bezug auf schützenswerte Gebiete bei der Bewertung nicht berücksichtigt wurden. Daher bean-trage ich, dass die Genehmigungsbehörde und auch die zuständigen Fachbehörden noch einmal eingehend prüfen, welche Komponenten des Stickstoffeintrages überhaupt bei der Zusatzbelastung berechnet wurden und gegebenenfalls eine Neuberechnung erfordern.

Bei dieser Neuberechnung ist der Eintrag mindestens folgender Stickstoffkomponenten zu berücksichtigen: Distickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid, Stickstoffmonoxid und Ammoniak. Diese Stoffe sind in der Summe zu ermitteln, die Zusatzbelastung ist zu ermitteln und im Hinblick auf die Wirkungen der Gesamtbelastung zu bewerten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Weil auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmi-gungsverfahren von der Genehmigungsbehörde die Frage der Erforderlichkeit einer vollwertigen FFH-Prüfung zu beurteilen ist, möchte ich hier zumindest zu Protokoll geben - auch wenn ich weiß, dass es im Wasserrechtsver-fahren intensiv kommt -, dass nach Auffassung des BUND und der Sammeleinwender auch die Themen „Folgen der

Wärmeeinleitung durch das Kühlwasser in den Rhein“ sowie „Folgen der Kühlwasserentnahme insbesondere für Fische und andere Wasserlebewesen“ im Rahmen der Vorprüfung nicht ausreichend intensiv untersucht worden sind. Diesbezüglich sind ebenfalls unvollständige Angaben in den entsprechenden Unterlagen festzustellen. Wir fordern an dieser Stelle eine Nachbesserung.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir nehmen das zu Protokoll. - Jetzt hat Herr Gödeke das Wort. Dann möchte ich zu diesem Thema die Rednerliste schließen und zum Thema Lärm übergehen.

Gödeke (Sachbeistand): Die Anträge sind gestellt worden. Ich wollte nur ankündi-gen, dass ich Ihnen dazu noch Unterlagen zur Verfügung stelle. Wenn ich das jetzt in der Erörterung nicht schaffe, ich habe es nicht so weit zu Ihnen, ich wohne ja in Karls-ruhe. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 5.3 - Lärm - auf.

5.3 Lärm

Dazu ist die Frage nach der Vor- und der Zusatzbelas-tung gestellt worden. Es wurden insbesondere das Rau-schen des Kühlturms und das Brummen des Generators gerügt. Es wurden auch Befürchtungen im Hinblick auf die Bauphase und auf den Lieferverkehr geäußert. Den Lkw-Verkehr hatten wir gestern schon unter dem Gesichts-punkt Luft; jetzt wird er unter dem Gesichtspunkt Lärm angesprochen. Dann wurde die Forderung nach Lärmmin-derungsmaßnahmen gestellt; insbesondere kommt diese Forderung aus Altrip, das ja direkt gegenüber liegt. Da wird für die bestehende Turbinenhalle Lärmschutz gefor-dert. - Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich habe verschiedene Punkte und würde diese gerne der Reihe nach abarbeiten. Wenn sich dazwischen jemand zu Wort melden möchte, ist das von meiner Seite aus kein Problem. Mir ist nur wichtig, dass wir Punkt für Punkt stringent abarbeiten.

Der erste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Gebietseinstufung des Immissionsortes IO 8. Das ist meines Wissens ein Immissionsort, der in verschiedenen vorangegangenen Untersuchungen berücksichtigt wurde. Das ist die Mundenheimer Straße 7.

In der Lärmimmissionsprognose der Firma Müller-BBM wird ausgeführt, dass hier kein gültiger Bebauungsplan vorliegt und deswegen eine Gebietseinstufung nach der vorhandenen tatsächlichen Nutzung vorzunehmen ist. Die

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Einstufung erfolgt als allgemeines Wohngebiet. Mich würde jetzt interessieren, wie der Vorhabenträger zu dieser Einstufung kommt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Es steht ja darin: Man hat sich die tatsächliche Nutzung angeschaut, und man kam zu dem Ergebnis, dass sie in etwa dem entspricht, was nach § 4 der Baunutzungsver-ordnung in einem allgemeinen Wohngebiet stattfindet.

Gebhardt (Sachbeistand): Direkt dazu: Ich habe mir auch die Nutzung angeschaut. Ich war dort, bin um diesen Wohnblock herumgegangen und habe da eigentlich nur Wohnungen gefunden. Wenn ich irgendwo in einem Block nur Wohnungen finde, dann ist das für mich ein reines Wohngebiet und kein allgemei-nes Wohngebiet.

Deswegen bitte ich Sie, Herr Professor Dolde, Ihre Ausführungen ein bisschen stärker zu präzisieren und mir zu sagen, welche sonstigen Nutzungen dort noch vorlie-gen, die dazu führen, dass das kein reines, sondern ein allgemeines Wohngebiet ist.

Ehmann (Antragstellerin): Es kommt bei der Gebietseinstufung unter anderem auch darauf an, an welche sonstigen Gebiete so ein Gebiet angrenzt.

Gebhardt (Sachbeistand): Sie sprechen jetzt die Gemengelage an, Herr Ehmann. Das ist richtig; aber das war nicht meine Frage. Es geht zunächst einmal um die Gebietseinstufung und dann um die Diskussion der Gemengelage. Darauf kommen wir jetzt gleich; das ist klar.

Meine Frage, um das noch einmal zu präzisieren: Wel-che Nutzungen sind sonst noch in diesem Bereich vor-handen? Sie haben dort eine Einstufung getroffen. Haben wir dort Hotelgewerbe, haben wir Gewerbebetriebe, haben wir eine Schreinerei? Dann wäre Ihre Auffassung durch-aus nachvollziehbar. Ich habe sie nicht gefunden. Aber vielleicht sind sie ja doch da; dann lasse ich mich von Ihnen gerne überzeugen.

Ehmann (Antragstellerin): Ich kann im Augenblick nur sagen: Die Gebietseinstufung ist nicht neu, sondern sie ist auch bisher schon benutzt worden. Dazu, wie sie genau festgelegt worden ist, sage ich im Augenblick nichts.

Gebhardt (Sachbeistand): Es kam zunächst die Antwort von Herrn Professor Dolde: Wir haben uns das angeschaut und sind zu diesem Ergebnis gekommen. Dann habe ich nachgefragt: Was

haben Sie denn dort vorgefunden, welche Nutzungen? Jetzt sagt Herr Ehmann: Das hat man doch schon immer so gemacht. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Was stimmt jetzt? Herr Ehmann, haben Sie es sich ange-schaut, oder haben Sie es sich nicht angeschaut?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe nicht gesagt, man hat sich das im Jahr 2007 angeschaut. Man hat es aufgrund der tatsächlichen Nutzung eingestuft; die hat man sich irgendwann einmal angeschaut. Soweit ich weiß - ich will aber vorsichtig sein -, wurde auch in Abstimmung mit der Stadt Mannheim nicht gesagt: Herr Ehmann war am 2. Mai 2007 draußen und hat Folgendes festgestellt.

Gebhardt (Sachbeistand): Gut, dann habe ich das vielleicht falsch verstanden. Nichtsdestotrotz geht es ja um die vorhandene tatsächli-che Nutzung. Da sind wir uns ja einig. Wenn jetzt Herr Professor Dolde sagt, die Stadt Mannheim teilt diese Auffassung, dann würde ich gern die Frage an die Stadt Mannheim richten - die ist ja schon wieder nicht da, oder? -, wie sie das sieht.

(Zurufe: Doch!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Also erstens, Herr Gebhardt, was heißt „schon wieder“? - Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie die Verhandlungslei-tung übernehmen. - Herr Krah, Herr Reusch und noch ein weiterer Mitarbeiter sind anwesend. Außerdem „schon wieder“: Die sind immer da gewesen. Es sind andere Fachbehörden, die abends um acht gegangen sind.

Gebhardt (Sachbeistand): Dann muss ich mich wirklich entschuldigen. Das war nicht böse gemeint. Das Einzige, was ich gesehen habe, war das Schildchen da vorne; dahinter saß niemand. Insofern nehme ich das zurück. Entschuldigen Sie bitte!

Aber trotzdem, um zum Thema zurückzukommen: Wie sehen Sie, die Stadt Mannheim, das mit der Gebietsein-stufung? Vor allem dann noch die Bitte, das im Detail näher zu begründen.

Krah (Stadt Mannheim): Korrekt ist, dass es in diesem Bereich keinen B-Plan gibt. Es ist ein einzelnes Wohngebäude. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dies hier strittig eingestuft werden kann. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese Dinge zu betrachten.

Der Antragsteller GKM hat dies über seinen Gutachter als allgemeines Wohngebiet eingestuft. Wir haben dem nicht widersprochen. Wir haben aber auch keine eigene Einschätzung als Behörde abgegeben. Diese Einstufung hat der Antragsteller entsprechend so vorgenommen.

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Gebhardt (Sachbeistand): Also stelle ich fest: Die Stadt Mannheim gibt den Schwar-zen Peter wieder ein bisschen an den Vorhabenträger zurück. Es ist mir wichtig für das Protokoll, dass sich die Stadt Mannheim dahin gehend geäußert hat, dass sie keine eigene Einschätzung getroffen hat. Jetzt sind wir also wieder beim Vorhabenträger, der offensichtlich diese Einschätzung anhand eigener Erkenntnisse getroffen hat.

Jetzt muss ich zum dritten Mal nachfragen: Sagen Sie mir doch einmal ganz konkret, welche Nutzung dort vorhanden ist. Wir haben doch die Baunutzungsverord-nung. Dann können wir es doch ganz schnell - na ja, ganz schnell nicht - oder zumindest vorläufig klären.

Sie haben sich verschiedener Fachbehörden und Sachverständiger bedient. Das macht man so, und das ist auch Ihre Pflicht. Deswegen noch einmal meine Frage: Was haben denn Ihre Sachverständigen dazu gesagt?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe Ihnen gesagt, dass wir das jetzt nicht wissen. Man hat es übernommen. Vor Jahr und Tag hat es einer geprüft und als allgemeines Wohngebiet eingestuft. Wenn Sie es für notwendig halten, wird das Regierungspräsidi-um prüfen müssen, ob es eine Ortsbesichtigung durch-führt.

Die Frage, auf der Sie jetzt herumhacken, spielt zu-dem keine Rolle. Wir haben hier eine Gemengelage - wenn Sie ein bisschen weiterlesen - und setzen dort aufgrund der tatsächlichen Vorbelastung während der Nacht einen Wert von 43 dB(A) an. Die Frage, ob der Wert der richtige ist oder nicht, richtet sich nicht ausschließlich nach der Frage WA oder WR. Man kommt aber auch dann, wenn man vom reinen Wohngebiet ausgeht, zu dem gleichen Wert.

Damit kommen wir zu dem, was Herr Ehmann vorhin im Hinblick auf die Umgebung dieses Gebietes gesagt hat. Die Frage ist schon: Wie groß grenzen Sie das Gebiet denn ab: das Haus gegenüber, fünf Häuser? Ist es über-haupt ein Wohngebiet, ist es ein Einzelwohnhaus? Wie groß machen wir den Umgriff? Vielleicht ist es unter dem Strich sogar ein Mischgebiet oder ein Gewerbegebiet mit einem Fremdbesatz an Wohnhaus.

Wir sollten von hinten anfangen. Das ist so wie gestern mit Ihrem Formularausfüllen. Sie tackern irgendwo vorn herum und sagen nicht, wohin Sie wollen. Fangen wir einmal hinten an und fragen: Was ist der maßgebende Richtwert für diesen Immissionsort? Wie ordnen wir ihn ein?

Dazu steht in den Antragsunterlagen: Wir gehen auf-grund der Gemengelage von 43 dB(A) aus. Sagen Sie mir jetzt, ob Sie das für richtig oder falsch halten oder warum Sie es für falsch halten, damit wir wissen, was eigentlich Ihr Ziel ist! Diskutieren wir mit offenem Visier!

(Lachen bei den Einwenderinnen und Ein-wendern - Zuruf: Das sagt der Richtige!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner und dann Herr Gebhardt.

Rahner (Rechtsbeistand): Direkt dazu: Ich bin der Auffassung, dass wir die ganze Zeit mit offenem Visier diskutieren; aber lassen wir das einmal beiseite.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ich möchte gerne versuchen, zur Wahrheitsfindung beizutragen. Die Baunutzungsverordnung sagt ja genau, wie verschiedene Gebiete definiert sind - Legaldefinitio-nen. Wenn wir hier einen 34er-Bereich haben, muss bei der Frage der richtigen Einstufung die Baunutzungsver-ordnung herangezogen werden. Im Gesetz, in der Bau-nutzungsverordnung steht: Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. Allgemeine Wohngebiete dienen vorwie-gend dem Wohnen.

Deswegen stellt sich schon die Frage, ob es dort noch etwas anderes gibt als Wohnnutzung. Ich habe nieman-den gehört, der behauptet hat, dass es noch etwas ande-res gibt außer der Wohnnutzung. Herr Gebhardt hat geschildert, dass er bei seiner Ortsbesichtigung - gestern oder vorgestern - nur Wohnnutzung vorgefunden hat. Dem hat hier auch niemand widersprochen.

Deswegen ist meiner Meinung nach von einem reinen Wohngebiet auszugehen. Wenn wir in die TA Lärm schauen, sehen wir, dass die Lärmgrenzwerte, die Richt-werte für reine Wohngebiete niedriger sind als für allge-meine Wohngebiete. Deswegen ist die Frage schon wichtig. Es ist immerhin ein Unterschied von 5 dB(A), sowohl tagsüber als auch beim Nachtwert.

Bei der Frage, was wir annehmen, wenn wir dort eine Gemengelage haben, ist es mit entscheidend, von wel-chem Grundwert auszugehen ist. Da macht es einfach einen Unterschied, ob ich von einem nächtlichen Grund-wert von 35 dB(A) ausgehe oder von 40 dB(A).

Deswegen ist das eine entscheidungserhebliche Fra-ge, Herr Professor Dolde, und wir reden auch nicht drum herum. Das wissen Sie ganz genau. Deswegen auch Ihr leicht polemischer Ausfall eben! Sie wissen genau, um was es geht.

Deswegen unsere Forderung an dieser Stelle, dass bei der Betrachtung von einem reinen Wohngebiet ausge-gangen wird und entsprechend der Wert, der für die Gemengelage zu berechnen ist, deutlich niedriger anzu-setzen ist, als von der Antragstellerin behauptet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dolde und dann Herr Gebhardt.

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Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Schauen Sie einmal in die UVU auf Seite 56. Dort finden wir einen Plan. Dort sind die verschiedenen Gebiete eingetragen. Die Fläche, über die wir sprechen, ist dort mit der Nr. 2 belegt. Es ist eine sehr kleine Fläche, sie um-fasst vielleicht ein paar Grundstücke. Über diese Fläche sprechen wir: Gebiete, für die kein Bebauungsplan aufge-stellt wurde und die als Wohngebiet eingestuft wurden. Rechts Gewerbe, links Gewerbe, oben Gewerbe, unten Gewerbe. In dem Gebiet selbst befindet sich auch noch eine Gaststätte.

Jetzt bewerten wir einmal, ob das ein reines Wohnge-biet ist. Was ist das Gebiet- es geht nicht um das Haus -, wo ziehen wir die Grenze? Das ist noch eine günstige Einschätzung, wenn Sie so etwas als allgemeines Wohn-gebiet einordnen, wo auf allen vier Seiten gewerbliche Nutzung drum herum stattfindet. Es ist eine kleine „Brief-marke“, kein eigenständiges Gebiet, wenn Sie mich fragen. Das sind nach dem Plan vielleicht gerade einmal zwei oder drei Grundstücke, wenn überhaupt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt und Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Vielleicht lassen Sie mich kurz vor, Herr Gebhardt. - Das Thema „Gebiet“ haben Sie doch selber aufgebracht. Sie können uns jetzt nicht vorwerfen, dass wir es aufgreifen und mit Ihnen darüber diskutieren. Sie selber haben gesagt: Es ist wie ein allgemeines Wohngebiet zu betrach-ten. Wir sagen, es gibt allein eine Wohnnutzung dort, deswegen reines Wohngebiet.

Gebhardt (Sachbeistand): Es tut mir leid, dass ich jetzt gerade nicht so ganz auf der Höhe war. Aber ich glaube, ich habe jetzt diesen Plan auf der Seite 56 gefunden. Ich habe ein bisschen das Prob-lem, in diesem Plan festzustellen - ich kann Ihnen gerne diesen Plan zur Verfügung stellen, Frau Salchow -, ob es dort eine Gaststätte gibt.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Das steht im Plan nicht darin. Das habe ich auch nicht behauptet.

Gebhardt (Sachbeistand): Gut. Dann haben wir das schon einmal geklärt. Das kam gerade so herüber, Herr Professor Dolde, als ob es da Gaststätten gäbe.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe es gesagt, weil mir das mitgeteilt wurde. Ich habe nicht gesagt, dass das in dem Plan steht. In dem Plan sehen Sie die Größe des Gebietes. Es steht auch für die angrenzenden Nutzungen nicht gewerbliche Nutzung drin,

falls das Ihre nächste Frage sein sollte. Es ist aber eine gewerbliche Nutzung.

Gebhardt (Sachbeistand): Genau. Aus dem Plan geht genau das nicht hervor, was Sie ausgeführt haben, um das noch einmal für das Proto-koll richtig zu stellen.

Ich denke, den Punkt, ob das ein allgemeines oder reines Wohngebiet ist, haben wir mehr oder weniger ausdiskutiert, zumindest nach meiner Auffassung. Wir haben unseren Standpunkt dazu auch ausführlich und begründet dargelegt.

Jetzt stellt sich für mich die Frage der Gemengelage. Wie ist tatsächlich dieser Wert zu begründen, den Sie hier gewählt haben, nämlich der Wert von 43 dB(A)? In der Lärmprognose wird auf Seite 14 ausgeführt, dass hier eine Vorbelastung von 44 dB(A) vorherrscht. Dann ziehen Sie 1 dB(A) für den Verkehr ab und kommen dann zu diesem ominösen Wert von 43 dB(A).

Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass man nach meiner Kenntnis auf diese Weise einen Wert unter Berücksichtigung einer Gemengelage nicht bestimmt. Ich kenne dieses Kriterium, so wie das hier gemacht wurde, nicht. Aber nehmen wir einmal an, man verfährt so.

Sie haben 44 dB(A) gemessen. Davon ist der größte Teil Gewerbe und nicht Verkehr, da Sie ja nur 1 dB(A) für den Verkehr abziehen. Das ist eine logarithmische Rech-nung. Insofern ist 1 dB(A) natürlich wesentlich mehr, als das normalerweise ist, aber 43 dB(A) und 1 dB(A) geben 44 dB(A). Wenn ich dann für den Verkehr nur 1 dB(A) abziehe, dann versteht vielleicht auch der Laie, dass der wesentliche Lärm nicht durch den Verkehr kommt. So schreiben Sie das hier.

Jetzt frage ich mich: Woher kommt der Rest? Also kommt das durch das Kraftwerk oder durch anderes Gewerbe? Es kann ja nur durch anderes Gewerbe oder durch das Kraftwerk selbst kommen. Die Gaststätte, die Sie gerade genannt haben, kann es nicht sein. Die macht spätestens um 24 Uhr zu. Die ist es nicht. Also meine Frage: Woher kommen diese 43 dB(A)?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die Frage spielt keine Rolle. Es ist Gewerbelärm aufgrund zahlreicher gewerblicher Anlagen, der heute an diesem Immissionsort vorhanden ist. Es spielt keine Rolle, ob das die GKM ist oder die Firma Meier, Schulze oder sonst wer. Die Frage ist: In welcher Situation befindet sich der Immissionsort heute und wie ist nach den Kriterien der TA Lärm für ihn die Zumutbarkeitsgrenze zu bestimmen?

Entscheiden wird das Regierungspräsidium, weder Sie noch wir - um das einmal klarzustellen. Wir haben keine Gemengelage festgelegt. Wir haben gesagt, wir sehen das so, und das Regierungspräsidium wird am Ende der

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Tage dann sagen, wie es das selbst sieht. Deswegen gingen wir in dem Antrag davon aus.

Die Ist-Belastung ist seit Jahrzehnten vorhanden. Na-türlich kommt das nicht von der Gaststätte. Schauen Sie sich einmal den Plan an und schauen Sie sich einmal die Nummern an, die darin stehen. Die zugehörigen Bebau-ungspläne finden Sie alle in der UVU auf der Seite 50 ff. Dann werden Sie finden, dass wir darum herum einen großen Besatz an Gewerbe- und Industriebetrieben und -gebieten haben. Diese und sonstige Hintergrundgeräu-sche werden wohl den Lärm machen. Der Verkehr ist abgezogen.

Wir haben eine Vorbelastung für TA-Lärm-Quellen von 43 dB(A) und sind davon ausgegangen. Wir haben also schon heute im Ist-Zustand weder die reine Lehre für das allgemeine Wohngebiet, geschweige denn für das reine Wohngebiet. Diesen Ist-Zustand, an dem sich nichts ändern wird - es ist nicht ersichtlich, dass sich irgendwann in absehbarer Zeit an diesem Ist-Zustand etwas ändern wird -, hat man vom Wert her als Gemengelagewert genommen. Wenn Sie sich die räumliche Lage des Immissionsortes angucken, mitten in der gewerblich-industriellen Nutzung, dann ist das erst recht eine Ge-mengelage nach Nr. 6.7 der TA Lärm.

Woher die einzelnen dB(A) kommen, spielt dafür keine Rolle, und wir werden dieser Frage auch nicht nachgehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, nur zu Ihrer Information: Wir wissen von Einwenderseite, insbesondere von der Altriper Seite - woher übrigens die einzigen Lärmeinwendungen kamen -, dass sie sehr unter dem Hafenlärm, unter den Schiffen nachts und unter der Turbine leiden.

(Gebhardt [Sachbeistand]: Die Turbine des Kraftwerkes?)

- die Turbine des Kraftwerkes -, aber nicht im Hinblick auf die Lautstärke, sondern im Hinblick auf die Frequenz.

Die Fremdgeräusche kommen ganz sicher aus dem Hafen und von anderem Gewerbe: Weiterhin sticht offen-sichtlich die Turbine mit ihren ganz bestimmten Frequen-zen heraus, die zwar nicht als laut, aber als unangenehm empfunden wird.

Gebhardt (Sachbeistand): : Aber „anderes Gewerbe“ ist ja kein Fremdgeräusch, sondern nur der Anlage nicht zuzuordnen. Verkehr ist ein Fremdgeräusch.

Verhandlungsleiterin Salchow: Und Schiffsverkehr und der Hafen.

Gebhardt (Sachbeistand): Verkehr ist ein Fremdgeräusch, das sage ich ja; da widerspreche ich ja nicht.

Herr Professor Dolde, ich gebe Ihnen insofern voll-kommen Recht, wenn Sie sagen, es ist auf die jetzige Situation abzuheben. Letztlich ist es auch nicht wichtig, durch welche Art von Industrie oder Gewerbe diese Vorbelastung kommt. - Da liegen wir auf einer Linie. Trotzdem bin ich der Auffassung, dass man diesen Wert, der so in dem Gutachten steht, die 43 dB(A), hinterfragen darf und auch sollte.

Ich wiederhole mich jetzt: Ich war dort. Ich habe mir diesen Ort angeguckt. Ich war sogar zweimal da: Ich war einmal abends um 21.30 Uhr da, und dann war ich nachts um 24 Uhr da. Ich habe mich an diese Mundenheimer Straße gestellt. Ich stand dort nicht allein; Herr Weyland war mit mir dort. Wir haben beide dort an der Mundenhei-mer Straße nur ein Geräusch gehört, und das war das Kraftwerk. Sonst haben wir da nichts gehört.

Auf der anderen Straßenseite war ein Gewerbebetrieb; das war ein Bettengeschäft. Dieses Bettengeschäft war totenstill. Es ist ja logisch, dass nachts um 24 Uhr von einem Bettengeschäft kein großer Lärm ausgeht. Das Einzige, was dort den Lärm dominiert hat, wenn nicht gerade ein Auto vorbeifuhr - das ist klar, das ist ein Fremdgeräusch; 1 dB(A) haben wir ja abgezogen -, war das Kraftwerk selbst. Wir hatten eine leichte Mitwindsitua-tion, die man insofern bei Messungen berücksichtigen müsste.

Jetzt sagen Sie - deswegen reite ich so ein bisschen darauf herum -, wir haben einen Geräuschpegel abzüglich Verkehr von 43 dB(A). Wir gehen hin, hören uns das an und stellen fest: Da ist ein Geräuschpegel vorhanden, der in erster Linie durch das Kraftwerk verursacht wird. Dann schreiben Sie in der Prognose weiter hinten auf Seite 37: Die Vorbelastung nachts am IO 8 ist 35 dB(A). Das sind 8 dB(A) weniger, und das sind im Lärmbereich Welten.

Das kann nicht stimmen. Das passt hinten und vorne nicht. Entweder Sie gehen hin und messen noch einmal - dann können wir, wenn man dieses Verfahren überhaupt für fachlich angebracht erachtet, darüber diskutieren, ob man die 43 dB(A) tatsächlich so festlegt - oder Sie sagen: Nein, wir nehmen diese Messungen, die der Prognose für Block 6, 7 und 8 zugrunde gelegt werden, und nehmen die 35 dB(A). Dann müssen wir diesen Wert aber auch für die Gemengelage festlegen. Dann sind wir bei 35 dB(A) und nicht bei 43 dB(A).

Um das noch einmal ganz deutlich zum Ausdruck zu bringen: Hier stimmen Ihre Angaben hinten und vorne nicht. Dafür hätte ich jetzt gerne eine Erklärung.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ihre Behauptung: Ich bin dort gewesen und habe es gehört, deswegen weiß ich, woher der Krach kommt, ist schon reichlich kühn – wie auch die Behauptung, dass das, was hier auf dem Tisch liegt, nicht stimme.

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(Gebhardt [Sachbeistand]: Ich habe Zeu-gen, Herr Professor Dolde! Ich habe nicht nur einen, ich habe zwei!)

- Darf ich wie Sie zu Ende reden? - Dass Sie dort waren, bestreite ich gar nicht. Aber es weiß doch jedes Kind, dass Sie mit dem Ohr nicht feststellen können, wo ein Gesamt-geräuschpegel herkommt. Das halte ich für absurd. - Erstens.

Zweitens. Es wurde wochenlang und x-mal gemessen. Egal, woher es kommt, es ist die Vorbelastung; die ist vorhanden. Ob die Vorbelastung nun von GKM kommt oder von Dritten, ist zunächst einmal für das Thema Gemengelage unerheblich. Denn die Gemengelage ist da. Dass GKM dazu beträgt, ist auch klar. Das ergibt sich auch aus dem Schallgutachten.

Sie gehen dann auf die Seite 37 und sagen: Das, was GKM produziert, ist falsch berechnet worden - wenn ich Sie richtig verstanden haben sollte; wenn nicht, dann wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich korrigieren.

Ich sage es mit meinen Worten. - Ich würde anschlie-ßend Herrn Kasper bitten, näher zu erläutern, wie er es gemacht hat. - Man hat gemessen, was die Ist-Situation ist. Das waren die 43 dB(A). Über die haben wir insoweit keinen Dissens, denke ich. Dann hat er gemessen, was durch GKM - das sind die Blöcke 6, 7 und 8; das ist der Bestand - tatsächlich emittiert wird, und hat dann auf den Immissionsort gerechnet. Denn Sie können es am Immis-sionsort nicht messen. So viel weiß auch ich als Nicht-Messfachmann, dass Sie ein Geräusch von Block 6, 7 und 8 dort nicht isoliert messen können im Hinblick auf die anderen bestehenden Fremdgeräusche, die nicht der Anlage zuzurechnen sind. Es ging darum festzustellen, welchen Anteil haben die bestehenden Blöcke an dieser Ist-Situation. So kamen die 35 dB(A) zustande.

Zum technischen Detail würde ich Herrn Kasper bitten zu erläutern, wie er das gemacht hat.

Kasper (Antragstellerin): Im Laufe der ganzen Jahre haben wir durch Emissions-messungen die Geräuschemissionen der Blöcke 6, 7 und 8 erfasst. Dann wurde aufgrund der Emissionsmes-sungen eine Schallleistungsberechnung der einzelnen Anlagenteile durchgeführt und daraus eine Immissionsbe-rechnung für den Immissionspunkt 8 durchgeführt. So sind die 35 dB(A) berechnet worden, aufgrund von Emissions-messungen im ganzen Werk, Block 6, 7, 8, und einer anschließenden Immissionsberechnung.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf hatte sich zwischenzeitlich gemeldet. Aber dann wieder Herr Gebhardt.

Dr. Uttendorf (Einwender): Guten Morgen! Ich habe mich mit dem Thema leider nicht beschäftigt; deswegen stelle ich einfach nur eine Frage: Ist das Abblasen der Sicherheitsventile in diesen dB(A) mit enthalten?

Kasper (Antragstellerin): Das Abblasen der Sicherheitsventile ist ein Notfall. Der ist hier nicht berechnet worden und wird auch in der TA Lärm als Notfall nicht betrachtet.

Gebhardt (Sachbeistand): Herr Kasper, Sie haben jetzt gesagt: Wir haben verschie-dene Messungen an den Blöcken 6, 7 und 8, also an den vorhandenen Blöcken, durchgeführt.

Zunächst einmal möchte ich für das Protokoll feststel-len: Diese Messergebnisse liegen den Antragsunterlagen nicht bei. Also ist es für uns - ich muss das leider zum wiederholten Male rügen - nicht nachvollziehbar, ob diese Messungen so in Ordnung sind. Somit sind die Antragsun-terlagen an dieser Stelle aus unserer Sicht unvollständig.

Ich beantrage hiermit, dass diese Messergebnisse mit in diesem Verfahren berücksichtigt werden, von der Genehmigungsbehörde beim Vorhabenträger angefordert werden und auch dem BUND und allen weiteren interes-sierten Betroffenen zur Verfügung gestellt werden.

Jetzt aber noch einmal meine Frage. Wir gehen einmal davon aus, dass das alles so korrekt gemacht worden ist und auch die Zusatzbelastung für diese Blöcke korrekt berechnet worden ist. Jetzt interessieren ja noch die Messergebnisse direkt am Immissionsort 8. Da muss es ja auch Messergebnisse geben, man muss ja irgendwie auf die 44 dB(A) kommen. Wer hat das gemessen? Wann wurde gemessen? Zu welcher Zeit wurde gemessen? – Das sind ganz konkrete Fragen.

(Prof. Dr. Dolde [Antragstellerin]: Das steht doch alles in dem Gutachten!)

- Ich habe das Gutachten gelesen. Da steht genau das nicht darin, sonst würde ich ja nicht fragen. Aber sagen Sie mir, wo es steht, dann lese ich es. Das ist auch kein Problem.

Kasper (Antragstellerin):

Die Messungen wurden vom TÜV Südwest in mehreren Messnächten durchgeführt. Gemessen wurde von abends 22 Uhr bis morgens 6 Uhr. Aufgrund der Aussagen des TÜV wurde festgestellt, dass ein Pegel von 44 dB(A) vorliegt. Davon habe ich anschließend den Geräuschanteil von GKM, diese 35 dB(A) herausgerechnet und habe dann insgesamt 1 dB(A) abgezogen. In der Summe GKM, Fremdgeräusche abgezogen, komme ich auf 43 dB(A).

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Gebhardt (Sachbeistand): Zumindest hat Herr Kasper Herrn Professor Dolde nicht bestätigt. Offensichtlich steht es nicht in dem Lärmgutach-ten von Müller-BBM drin. Anhänge dazu habe ich nicht gefunden, in denen diese Messungen dokumentiert sind. Also muss ich meinen Antrag ergänzen. - Frau Salchow, es tut mir leid, dass wir so lange dazu brauchen; aber das ist schon wichtig.

Ich muss meinen Antrag ergänzen, dass auch diese Messungen in das Verfahren eingeführt werden und dass auch ebenfalls die Messergebnisse des TÜV Südwest zur Verfügung gestellt werden, damit wir das endlich nachvoll-ziehen können.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich möchte gern Herrn Dr. Menges von der LUBW dazu hören.

Dr. Menges (LUBW): Dieselben Fragen, die Sie sich jetzt stellen, habe auch ich mir bei der Durchsicht der Gutachten gestellt. Ich habe dann, um diese Messung nachzuvollziehen, die entspre-chenden Gutachten angefordert und auch bekommen. Inhaltlich kann ich dazu sagen, dass aus meiner Sicht die Messungen sachgerecht durchgeführt und richtig ausge-wertet wurden. Tatsache ist aber auch, dass sie in den Antragsunterlagen nicht vorhanden sind.

Gebhardt (Sachbeistand): Dann möchte ich bei Ihnen direkt nachfragen: Wie erklä-ren Sie sich denn, dass das Kraftwerk nach dem, was der Vorhabenträger, also Müller-BBM, aufgrund von Mess-ergebnissen ausgerechnet hat und was gemessen wurde, bei der Vorbelastung überhaupt keine Rolle spielt? Es ist ja so: Wir haben durch die Blöcke 6, 7, 8 eine Belastung von 34 dB(A), aber eine Gesamtbelastung von 43 dB(A). - Wenn ich mich jetzt um 1 oder 2 dB(A) geirrt habe, dann mögen Sie mir das nachsehen. - Aber das heißt im Lärm-bereich: Das Kraftwerk geht in den anderen Geräuschen durch Industrie und Gewerbe vollkommen unter.

Darin sind wir uns doch einig. Wenn ich eine Belas-tung von - jetzt muss ich noch einmal nachgucken, damit ich nichts Falsches sage - 35 dB(A) durch Block 6, 7, 8 am Immissionsort 8 habe - das hat Müller-BBM so ausge-rechnet - und habe eine Vorbelastung von 43 dB(A) durch Industrie und Gewerbe einschließlich Block 6, 7 und 8, dann ist das eine Differenz von 8 dB(A). Dann muss - das ist enorm viel im Lärmbereich - hier ein absolut dominan-tes Geräusch vorhanden sein, das den Lärm, der von den derzeit bestehenden Blöcken ausgeht, vollkommen übertönt, eine Differenz von 8 dB(A).

Irrelevanzbereich ist die Differenz von 6 dB(A); also wenn ein Geräusch 6 dB(A) unter dem Immissionswert liegt, ist es als irrelevant zu bezeichnen. Dann sagt man, das hört man fast gar nicht mehr. Der Einwirkungsbereich

liegt bei 10 dB(A). Dann sagt man, das ist vollkommen vernachlässigbar, und wir liegen hier mit 8 dB(A) dazwi-schen. Eigentlich darf man da nichts mehr hören. Also muss doch ein anderes Geräusch da sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass es alles völlig dominiert.

Ich war da. In dem Moment, wo wir da waren, haben wir gar nichts gehört. Herr Weyland, ich bitte das zu bestätigen. Außer der Anlage haben wir nichts gehört und ab und zu ein vorbeifahrendes Auto. Deswegen noch einmal - ich habe jetzt lange geredet - meine Frage an Sie: Können Sie sich das erklären?

Dr. Menges (LUBW): Zu dem Zustand, den Sie vor Ort festgestellt haben, kann ich natürlich nichts sagen. Aber ich kann aufgrund von Messungen, die wir schon jahrzehntelang betreiben, sagen, dass ein städtischer Hintergrundpegel von 40 bis 45 dB(A) an sich üblich ist. Das heißt, Sie werden in der Stadt hingehen und messen können, wo Sie wollen, und Sie werden auch zu diesem Zeitpunkt immer einen Pegel von 40 bis 45 dB(A) haben.

Gebhardt (Sachbeistand): Das können wir erst einmal so stehen lassen, wobei es einen riesigen Unterschied macht, ob Sie mitten in der Stadt sind oder da draußen, wo nachts nicht mehr viel los ist. Da fahren auch nachts fast keine Autos mehr vorbei. Ich denke, das dürften Sie auch bestätigen. Da ist nicht mehr viel los. Ich war ja da. Sie selbst haben den Verkehr auch nur mit 1 dB(A) berechnet. Sie können jetzt nicht behaupten, dass hier wahnsinnig viele Autos vorbeifahren.

Aber nichtsdestotrotz: Wenn das so wäre, wie Sie sa-gen, hätten wir gar kein Kraftwerk hören können. Aber wir haben nur das Kraftwerk gehört. Das ist nach wie vor das Problem, das ich damit habe. Wir haben nur das Kraftwerk gehört und kein anderes Geräusch. Wenn das so wäre, wie Sie es sagen, hätten wir kein Kraftwerk gehört.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben jetzt mehrere Wortmeldungen: Herr Heiden-reich, dann Herr Gödecke und Herr Fontagnier.

Heidenreich (Einwender): Ich bin schon etwas erbost über die Ausführungen, die hier seitens des Antragstellers, auch seitens der Behörden gemacht werden. Ich habe gegenüber den alten Blöcken eine Schlafstätte. Ich bin hier öfter über Nacht anwesend. Ich höre nachts nur das Kraftwerk. Wenn ich überhaupt irgendetwas höre, dann ist es das Kraftwerk mit einem Dauerton.

Weiterhin höre ich, wenn die Ventile abgeblasen wer-den. Das ist nicht so vernachlässigbar, wie man das hier so vorbringt, sondern das reißt Leute mit einem leichten Schlaf durchaus aus dem Schlaf, lässt sie sozusagen vor Schreck im Bett aufsitzen.

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Ich habe den Eindruck, es wird hier so gerechnet: Den Kraftwerkslärm haben wir sowieso; wenn wir den sozusa-gen anderen Dingen zuschanzen, können wir unbedenk-lich noch etwas draufpacken. Die Bewohner hier in der Gegend sind bereits seit Jahren durch diesen permanen-ten Lärmpegel belästigt. Jetzt will man nach der Abzugs-methode einfach noch etwas draufpacken nach dem Motto: Das gehört ja zum Normalklang, der mit dem Kraftwerk offenbar nichts zu tun hat, weil das irgendwel-che Fremdverursacher sind. Das finde ich eine ganz gefährliche und unzulässige Berechnungsart. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödecke.

Gödeke (Sachbeistand): Zunächst noch eine Anmerkung zu Professor Dolde, der die akustischen Beobachtungen vor Ort sehr abfällig betrachtet hat.

Herr Gebhardt ist Ingenieur, der sehr wohl wahrzu-nehmen weiß, was einem Kraftwerk zuzuordnen ist. Er hat also auch ausreichend Erfahrung damit. - Das als Anmer-kung zu Ihrem Einwurf; der war ziemlich daneben.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Dann zur LUBW: Ich bin erstaunt über Ihre Argumen-tation mit den 45 dB(A) städtischer Hintergrund. Wir reden hier von gewerblichen Anlagen, die unter die Technische Anleitung Lärm fallen. Das, was Sie gesagt haben, fällt nicht unter die Technische Anleitung Lärm.

Genau die hat Herr Gebhardt angesprochen: Anlagen, die unter die Technische Anleitung Lärm fallen, gewerbli-che Anlagen an dem Immissionsort 8. Da sind, wenn man eine Messung und Berechnung macht, die Lärmpegel anzugeben, die gewerblichem Lärm zuzuordnen sind. Dann ist zu differenzieren, was davon dem bisherigen Altkraftwerk zuzuordnen ist. Das allein ist entscheidend. Das hat Herr Gebhardt auch angesprochen.

Insofern kann ich Ihre Argumentation nicht nachvoll-ziehen, und ich halte das, was Sie gesagt haben, auch ein bisschen für wertend. Denn wenn Sie sagen, dass 45 dB(A) in der Stadt normal sind, handelt es sich bei diesen 45 dB(A) eben nicht um den nach TA Lärm zuzu-ordnenden Lärm. Es geht an dem ganz konkreten Ort - das haben jetzt auch Betroffene gesagt - eindeutig um Kraftwerkslärm. Ein Bettengeschäft - Herr Gebhardt hat es schon ausgeführt verursacht nachts keinen Lärm. Nachts schläft man vielleicht in den Betten; aber es werden nachts keine Betten verkauft. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Fontagnier.

Fontagnier (Einwender): Als Ureinwohner Mannheims möchte ich gerne bestätigen, was hier gesagt wurde. Ich würde eine Wette eingehen: Wenn dieses Kraftwerk hier nicht wäre, würde man vermutlich die Grillen in Altrip drüben hören. Wir können das gerne einmal ausprobieren und das Kraftwerk ab-schalten, dann können wir gemeinsam dorthin gehen.

Ich würde von den Herren von der Behörde, von der LUBW erwarten, dass man eine Ortsbegehung macht und nicht vom Schreibtisch aus beurteilt, welcher Lärm um das Kraftwerk herum stattfindet.

Hier gibt es weder eine Diskothek, noch ist hier groß-artiger Straßenverkehr. Wer in der Mundenheimer Straße wohnt, der kann Ihnen das bestätigen. Deswegen kann ich nicht verstehen, wieso man auch hier von 45 dB(A) Grundpegel der Stadt ausgeht. Ich würde das stark bezweifeln. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Dr. Menges.

Dr. Menges (LUBW): Ich möchte einmal klarstellen, was ich gesagt habe. Sie widersprechen einfach Dingen, die ich nie behauptet habe.

Ich habe ausdrücklich gesagt: Ich kann nichts zu die-ser Situation vor Ort sagen. Ich habe weiter nur erläutert, dass Pegel in dieser Größenordnung im innerstädtischen Bereich durchaus üblich sind. Ich habe keine Aussagen gemacht, ob das gewerbliche Anlagen sind oder nicht. Ich habe schon gar nicht gesagt, dass die nur von Anlagen kommen, die der TA Lärm unterliegen.

Also noch einmal, was ich gesagt habe: Diese Hinter-grundpegel in der Stadt sind durchaus üblich. Wenn die in einer Messung ermittelt werden, sehe ich da zunächst einmal kein großes Problem. Das ist einfach so.

Die Frage, was wirklich vom Kraftwerk kommt und wie das zu beurteilen ist, ist eine ganz andere Sache. Wirklich relevant ist in diesem Verfahren, welchen Beitrag der neue Block bringt. Ich glaube, das ist der eigentliche Knack-punkt bei der ganzen Geschichte. Darauf sollten wir uns einfach konzentrieren.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey, Herr Gödeke und Herr Gebhardt.

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McCloskey (Einwenderin): Wir haben im Rahmen der Befragung der Bürger, ob dieser Block überhaupt gebaut werden soll, ob die Bürger das überhaupt wollen - wir wollten erreichen, dass in der Stadt Mannheim demokratisch gehandelt wird -, mit sehr vielen Leuten auch in Neckarau gesprochen. Ich möchte dazu sagen, dass ganz viele Bürger aus Neckarau schon jetzt fast nicht mehr mit diesem Lärm zurechtkommen. Hier nebenan ist eine Gaststätte im Haus. Ich habe gerade eben mit Bediensteten da drüben gesprochen, die genau das auch bestätigen. Der Lärm ist bereits immens für die Leute, die hier in der Nähe wohnen.

Hinzu kommt natürlich, dass in der Region ganz all-gemein sehr starker Lärm ist, auch durch den Flugverkehr verursacht. Ich selbst wohne in der Innenstadt. Wir hören in der Innenstadt in jeder Nacht sogar den Steam Cracker, der drüben in Rheinland- Pfalz bei der BASF, ziemlich weit Richtung Frankenthal, steht.

Ich möchte zu bedenken geben, dass vor Kurzem in der Zeitung stand: Jeder zweite Deutsche fühlt sich bereits durch Lärm sehr stark belästigt. Wir haben in diesem Land und explizit in dieser Region eine sehr starke Lärmver-schmutzung, wie ich es einmal nenne, eine sehr starke Lichtverschmutzung, eine sehr starke Luftverschmutzung. Die Anwohner dieser Region sind von all diesen Ver-schmutzungen und Beeinträchtigungen bereits sehr stark betroffen. Ich möchte das noch einmal zu bedenken geben. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, Herr Gebhardt.

Gödeke (Sachbeistand): Ich bedanke mich erst einmal bei der LUBW, dass Sie es etwas deutlicher ausgedrückt haben, dass diese 45 dB(A) mit dem Immissionsort nichts zu tun haben, dass das eine Allgemeinbetrachtung war. Das kam eben nicht so ganz deutlich herüber.

Ich kann insgesamt konstatieren, dass zu dem Immis-sionsort 8 in den Unterlagen keine belastbare Aussage vorhanden ist, welche Einwirkung durch das vorhandene Kraftwerk vorhanden ist und welche durch andere unter die TA Lärm fallende Lärmquellen hervorgerufen wird.

Da uns, wie Herr Gebhardt schon gesagt hat, die ent-sprechenden Messungen nicht vorliegen, konnten wir das nicht detailliert prüfen. Von daher können wir uns dazu, nachdem wir solche Messergebnisse zur Verfügung gestellt bekommen haben, noch detaillierter äußern. Insofern bleibt die Kritik weiterhin bestehen. Auch zu der Zuordnung ist, denke ich, schon ausreichend vorgetragen worden. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Höcker: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich bin kein Ein-wender; insofern habe ich es die ganze Zeit bedauert, dass sich immer nur die Gegner des GKM zu Wort mel-den.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ihren Namen hätten wir aber trotzdem gerne.

Höcker: Mein Name ist Rudolf Höcker; ich komme aus Neckarau. - Ich muss Ihnen dazu sagen, mit der Lärmbelastung des Großkraftwerks Mannheim, ganz pauschal und ganz unfachmännisch ausgedrückt, können wir in Neckarau ganz gut leben. Wenn Block 3 und 4 weg sind, dann wird es sogar noch ruhiger werden, weil sich Block 9 als neuer Standort von der Wohngegend im Neckarauer Waldweg weiter weg bewegt als die jetzigen Blöcke.

Die Haarspalterei, die während der ganzen Zeit hier am Tisch gemacht wird, ist für den Bürger nicht mehr richtig nachvollziehbar. Ich kenne Ihre Intention, ich schätze auch allgemein die Arbeit des BUND in ihrer Ehrenamtlichkeit, keine Frage; da haben Sie auch meine Unterstützung, aber bitte nicht überspitzfindig. Bleiben Sie auf dem Teppich, und argumentieren Sie dann weiter!

Ich stimme auch der einen oder anderen Äußerung im Hinblick auf das Kohlekraftwerk und den neuen Block zu, dass es hier um das geht und nicht um das andere. Wir leben seit Jahrzehnten mit dem GKM in Neckarau. Früher war es noch viel schlimmer. Es ist besser geworden, und es wird durch den neuen Block insgesamt auch noch leiser werden. Also bitte auf dem Teppich bleiben! - Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich glaube, für das Protokoll bräuchten wir doch noch einmal Ihren Namen.

Höcker: Mein Name ist Rudolf Höcker aus Mannheim-Neckarau von der Bürgeraktion „Pro Block GKM“.

(Lachen bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Gebhardt (Sachbeistand): Sie können das gerne in das Protokoll aufnehmen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Sicher.

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Gebhardt (Sachbeistand): Mir ist es aber auch wichtig, dass dann ins Protokoll aufgenommen wird, dass der Herr kein Einwender ist und hier auch kein Rederecht hat. Es ist kein Problem. Ich finde das auch fair und gut, wenn Sie ihn zu Wort kommen lassen. Ich möchte es nur für das Protokoll rein formal festhalten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es ist recht; das haben wir natürlich im Protokoll.

Es ist nur so: Der ganze Stil dieser Veranstaltung be-steht darin, dass zu fast 50 % - ich will es nicht übertrei-ben - Leute zu Wort kommen, die eigentlich durch den § 17 ausgeschlossen sind, weil sie zwar alle ihre Unter-schriften gegeben haben, aber modulhafte Einwendungen abgegeben haben, wo überall daruntersteht, dass sie durch Frau Risch vertreten sind, die wiederum als Rechts-beistand den Herrn Rahner hat oder als Sachbeistand den Herrn Gödeke. Gleichwohl haben wir immer die Herrschaf-ten, die etwas weiter hinten sitzen und persönlich betrof-fen sind, zu Wort kommen lassen. Dann wird in drei Tagen auch jemand, der ja nichts Falsches gesagt hat, einmal zu Wort kommen können.

Gebhardt (Sachbeistand): Frau Salchow, ich habe ja nicht das Gegenteil behauptet. Als der Herr gesagt hat, er wäre kein Einwender, bin ich nicht sofort aufgestanden, habe auf den Tisch gehauen und habe gesagt, der Herr hätte hier kein Rederecht.

Ich möchte das noch einmal verdeutlichen: Ich habe nur fürs Protokoll wiedergegeben, dass der Herr kein Einwender ist. Mehr habe ich nicht gemacht. Ich habe ihn höflich ausreden lassen.

Ich muss auch noch einmal sagen: Ihre Verhandlungs-führung begrüße ich außerordentlich. Ich finde es gut - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, ich finde es wiederum schön, dass Sie meine Verhandlungsleitung übernehmen. Ich würde sagen, wir kommen jetzt wieder zur Sache.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich übernehme doch gar nicht die Verhandlungsleitung. Ich habe - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Sie maßen sich an, darüber zu entscheiden, wer hier heute redet oder nicht, indem Sie in einem eleganten Rückschwung sagen, ich habe es ja gar nicht getan. Dann verschwenden wir hier jetzt Zeit. - Herr Professor Dolde hatte sich gemeldet.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe nur einen Satz. Ich möchte dann bitte, dass ins Protokoll aufgenommen wird, dass die Einwendungen zu

IO 8 neu sind und präkludiert sind und dass wir trotz Präklusion verhandeln.

Ich möchte, dass aufgenommen wird, dass zur Schornsteinhöhe keine Einwendungen vorgebracht wurden, dass alle Einwendungen zu diesem Thema präkludiert waren und dass wir dennoch ausgiebig darüber verhandelt haben. - Vielen Dank.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön, Herr Professor Dolde. Sie haben Teile meines Schlusswortes vorweggenommen. Aber das macht nichts. Gleichwohl werden wir uns wahrscheinlich über die Schornsteinhöhe unterhalten müssen.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe das nur aus diesem Anlass getan. Ich hätte das sonst nicht getan, Frau Salchow.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das glaube ich. - Danke. - Herr Gebhardt war noch dran. Herr Rahner und dann Frau McCloskey.

Gebhardt (Sachbeistand): Wenn Sie es mir gestatten, beenden wir jetzt diese Dis-kussion. Ich habe jetzt auch keine Lust, weiter darauf herumzureiten. Wenden wir uns den sachlichen und fachlichen Themen wieder zu.

Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Frage, inwieweit hier Impulszuschläge oder Tonzuschläge zu erteilen sind. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Der Gutachter hat sich entschieden, keine Impuls- oder Tonzuschläge, insbesondere keine Impulszuschläge zu erteilen.

Ich kann das nicht so ganz nachvollziehen, weil mei-nes Erachtens sowohl von der bestehenden Anlage, die auch in der Immissionsprognose berücksichtigt wurde - - Das möchte ich an dieser Stelle übrigens ausdrücklich erwähnen: Es wurden alle Blöcke berücksichtigt und nicht nur der Block 9, und diese Gesamtlärmbelastung, bedingt durch alle Blöcke, wurde als Zusatzbelastung bewertet. - Das nur einmal für das Protokoll. Das ist wahrscheinlich eh schon drin.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das ist bei Lärm auch notwendig.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich sehe es bei allem als notwendig an. - Wir hatten übrigens in Mainz genau die andere Situation, da wurde es bei Lärm nicht gemacht und bei den Immissionen - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Das ist auch nur in Baden-Württemberg notwendig.

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Gebhardt (Sachbeistand): Ach so, nur in Baden-Württemberg. So genau kenne ich mich da nicht aus. Aber es ist interessant.

Ich komme noch einmal auf die Impulszuschläge zu sprechen. Meines Erachtens hätten sehr wohl Impulszu-schläge, sowohl tags als auch nachts, vorgenommen werden müssen. Nach meiner Kenntnis wurden zumindest teilweise auch eine Anlieferung von Kohle und ein Ab-transport von Reststoffen - wenn ich mich recht erinnere, sind das die Filteraschen - nachts beantragt. Das heißt, da sind Lkws auf dem Gelände unterwegs. Es finden Bewe-gungen von Bahnwaggons statt. Die knallen unter Um-ständen zusammen; das ist ein ganz typischer Impuls. Auch die Druckentlastung bei einem Lkw ist ein ganz typischer Impuls, der im Rahmen einer Lärmimmissions-prognose zu berücksichtigen ist, auch das Türenschlagen von Pkw und Lkw. Das sind alles typische impulshaltige Geräusche. Oder ein anderes Geräusch: Es wird auch davon ausgegangen, dass zumindest teilweise Schiffe nachts entladen werden. Wenn der Greifer an die Bord-wand schlägt, dann ist das der Impuls schlechthin.

Also, es gibt hier nicht nur eine Quelle für impulshalti-ge Geräusche, sondern es sind verschiedene Quellen für impulshaltige Geräusche vorhanden. Deswegen halte ich es für enorm wichtig, dass impulshaltige Geräusche berücksichtigt werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kasper.

Kasper (Antragstellerin): Auf Seite 35 schreibe ich hier: "Zusätzlich sind zur Bildung des Beurteilungsbildes gemäß TA Lärm gegebenenfalls Zuschläge für Impuls- und Ton-/Informationshaltigkeit zu berücksichtigen. Bei der Umsetzung der in Abschnitt 4 aufgeführten Schallschutzmaßnahmen sind von den geplanten neuen Kraftwerksanlagen keine ton-, informati-ons- und impulshaltigen Geräusche zu erwarten." Impuls-haltige Geräusche wurden bei der Lkw-Betrachtung mit berücksichtigt. Hier bezog es sich nur auf die Anlagen-blöcke.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich hatte vorhin verschiedene Quellen für impulshaltige Geräusche genannt, zum Beispiel die Entladung aus dem Schiff, wo der Greifer gegen die Bordwand schlagen kann, die Lkw-Druckentlastung, die Bahnanlieferung. Das sind alles Geräusche, die zum größten Teil nicht innerhalb von Gebäuden stattfinden. Wenn ich eine Tür von einem Lkw zuschlage oder auf dem Parkplatz bei einem Pkw die Tür zugeschlagen wird oder das Schiff entladen wird, sind das alles keine Geräusche, die ich mit irgendwelchen Lärm-minderungsmaßnahmen mindern kann. Die sind ja auf

dem Anlagengelände im Freien, und dadurch sind diese Impulse von besonderer Bedeutung.

Deswegen greift Ihre Argumentation nicht, Herr Kas-per. Meines Erachtens sind hier Impulse zu berücksichti-gen. Wenn ich mir andere Prognosen anschaue, stelle ich fest, dass das ja auch so gemacht wird. Das ist ja nicht auf meinem Mist gewachsen; vielmehr sind impulshaltige Geräusche bei solchen Prognosen in der Regel zu be-rücksichtigen.

Ich kann Ihnen - ich müsste mir ein bisschen Arbeit machen - fünf oder sechs Gutachten von verschiedenen Firmen benennen - darunter wird mit Sicherheit ein Gut-achten der Firma Müller-BBM sein -, in denen impulshalti-ge Geräusche bei solchen oder ähnlichen Anlagen be-rücksichtigt wurden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Menges, könnten Sie noch etwas zu den impulshalti-gen und informationshaltigen Geräuschen sagen?

Dr. Menges (LUBW): Ich kann dazu nur sagen, dass ich das ebenfalls so sehe. Genau diese Fragen habe ich, zumindest was die Be- und Entladevorgänge angeht, auch gestellt. Die Antwort haben wir jetzt gehört. Auch ich habe da meine Zweifel.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich würde schon sagen, dass wir jetzt Herrn Kasper noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Kasper (Antragstellerin): Bei diesem Gutachten wurden hauptsächlich Schiffsentla-dungen, also Anlieferungen mit Schiffen betrachtet. Es wurde auch eine Berechnung für die Bahnentladung durchgeführt, aber dort ergeben sich niedrigere Pegelwer-te an den Aufpunkten. Deshalb haben wir in diesem Gutachten nur die Schiffsentladung betrachtet.

Sie haben Recht, bei der Bahnentladung gibt es natür-lich deutliche Impulse bei den Anschlägen der Waggons. Die haben wir auch berechnet. Nur kommen bei der Bahnentladung insgesamt niedrigere Werte heraus als bei einer Schiffsanlieferung.

Deshalb haben wir nur die Schiffsentladung oder Schiffsanlieferung betrachtet, weil dort höhere Werte herauskommen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, Herr Rahner und Herr Kriebel.

Gebhardt (Sachbeistand): Zunächst einmal ist es mir wichtig, dass ausdrücklich zu Protokoll genommen wird, wie sich die Fachbehörde

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diesbezüglich geäußert hat. Insofern ist für mich der Punkt impulshaltige Geräusche abgehakt. Vielleicht ist auch noch ganz wichtig für das Protokoll, dass auch von der Vorhabenträgerseite die Auffassung geteilt wird, dass zumindest bei der Bahn auch nachts impulshaltige Geräu-sche entstehen können.

Jetzt würde ich gerne auf einen ganz wichtigen Punkt kommen. Das ist die Frage: Wie sind denn Fremdgeräu-sche zu bewerten? Im Vergleich zu alten Gutachten wurden verschiedene Immissionsorte neu hinzugenom-men, insbesondere die Immissionsorte IO 13 und IO 14. Ich meine, die Immissionsorte in Altrip wurden auch schon in alten Prognosen berücksichtigt. Aber letztendlich ist es sekundär, ob das in alten Prognosen berücksichtigt wurde oder nicht.

Jetzt wird in der Lärmprognose ausgeführt, dass ins-besondere in den Nachtzeiten, also zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens, ein so hoher Fremdgeräuschpegel vor-handen ist, dass auch die von der Anlage ausgehenden Zusatzbelastungen selbst dann, wenn sie über dem Immissionswert oder über der Irrelevanzschwelle liegen, nicht erheblich sind. Diese Argumentation kann ich nicht nachvollziehen. Man muss sich noch einmal vor Augen führen, was das im Prinzip heißt.

Für die Immissionsorte IO 11, IO 13, IO 14 und IO 15 - das sind vier von fünf Immissionsorten, also alle außer IO 8 - wurde eine Bewertung der Zusatzbelastung nachts - das ist in solchen Verfahren immer die strittigste Zeit, die schwierigste Zeit - nicht vorgenommen, mit der Begrün-dung: Wir haben hier einen so hohen Fremdgeräuschpe-gel, dass dieser Fremdgeräuschpegel alles, was von der Anlage kommt, überdeckt. Deswegen ist es völlig egal, wie hoch der Geräuschpegel von der Anlage ist, weil das eh niemand hört. - Das habe ich jetzt einmal allgemein-verständlich darzulegen versucht. Das ist die Vorgehens-weise in dieser Prognose.

Jetzt würde mich wirklich interessieren: Woher kommt dieser Fremdgeräuschpegel? Ich sage es noch einmal: Wir waren nachts da. Wir waren abends um 21.45 Uhr da. Wir haben uns erst den IO 8 angeguckt und auch die weiteren Immissionsorte an der Straße, die Immissionsor-te 13 und 14. Dann sind wir mit der Fähre nach Altrip gefahren und haben uns das Ganze in Altrip noch einmal angeschaut. In Altrip haben wir die Geräusche von der Fähre wahrgenommen. Das war richtig laut. Das hat auch die Geräusche des Kraftwerkes übertönt. Aber die Fähre stellt um 22.30 Uhr ihren Betrieb ein. Das heißt, nahezu in der gesamten Nachtzeit ist die Fähre dort nicht aktiv.

Also: Was kommt weiterhin als Fremdgeräusch in Fra-ge? Natürlich die Rheinschifffahrt, gar keine Frage. Wir standen da, und es war still, es war mucksmäuschenstill. Dann haben wir Passanten gefragt, die in Altrip wohnen: Wie oft fahren denn nachts Schiffe vorbei? Ein Herr hat gesagt: Na ja, schon ab und zu, schon öfter. - Ich habe

dann gefragt: Wie häufig denn? Können Sie das einmal zahlenmäßig zum Ausdruck bringen? - Daraufhin meinte er: So zwei in der Stunde schon.

So ein Schiff braucht - es kam dann tatsächlich ein Schiff vorbei, als wir mit der Fähre um 22 Uhr zurückge-fahren sind - ca. fünf Minuten, dann ist es vorbei. Es ist rheinaufwärts gefahren, nicht rheinabwärts. Das heißt, rheinabwärts geht es noch viel schneller.

Wenn also zwei Schiffe in der Stunde vorbeikommen - das betrifft jetzt insbesondere die Immissionsorte in Altrip -, dann ist die Sache in zehn Minuten gegessen oder in einer Viertelstunde. Dann lassen wir meinetwegen noch einen Flieger darüber fliegen - bei uns flog keiner dar-über -; der ist in einer Minute darüber geflogen. Dann ist aber in der restlichen Zeit Ruhe. Das sind keine Fremdge-räusche.

Wenn ich mir dann die Formulierung in der TA Lärm anschaue, ab wann denn Fremdgeräusche zu berücksich-tigen sind, komme ich auf eine Anforderung, dass in mehr als 95 % der Betriebszeit der Anlage - die ist nachts ja durchgehend in Betrieb - Fremdgeräusche vorhanden sein müssen. Das ist hier nach meinen Erkenntnissen - ich kann es wirklich mit meinem gesunden Menschenverstand nicht nachvollziehen - in keiner Weise der Fall, was den Immissionsort in Altrip betrifft.

Jetzt waren wir in Altrip, und nun gehen wir wieder auf die andere Rheinseite zurück. Da haben wir noch den Immissionsort 13 und den Immissionsort 14. Dann frage ich mich - immer bezogen auf die Nachtzeit -: Was haben wir denn da für Fremdgeräusche? - Da kann eigentlich nur der Verkehr in Frage kommen. Das ist ein typisches Fremdgeräusch.

Jetzt haben wir vorhin gelernt, der Verkehr wird mit 1 dB(A) Abzug bewertet. Das heißt, der Verkehr - das hat die Antragstellerin von sich aus ausgeführt - ist am Immis-sionsort 8 in keiner Weise dominierend. Das sind andere Geräusche, das sind Geräusche von Industrie und Ge-werbe, das sind keine Fremdgeräusche. Das ist exakt dieselbe Straße, an der der Immissionsort 8 wie auch die Immissionsorte 13 und14. Zumindest ist das mein Ein-druck, wenn ich mir die Karte hier so anschaue. Es ist so.

Dann frage ich mich natürlich wieder: Woher kommen bitte schön diese Fremdgeräusche? - Jetzt habe ich eine lange Rede gehalten und jetzt hätte ich gerne darauf eine hoffentlich etwas kürzere Antwort. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

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Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die Frage haben Sie mindestens fünfmal gestellt, und sie ist mindestens viermal beantwortet worden. Es ist schon erstaunlich: Sie gehen hin und sagen, es ist laut oder es ist leise. Wir haben Messergebnisse über mehrere Mess-perioden hinweg, Dauermessungen mit vielen Messun-gen. Diese ergaben 43 dB(A).

Wenn Sie sagen, Sie haben nichts gehört, dann zeigt das nur, dass die 43 dB(A) letztlich nicht so schlimm sind, wie Sie es darzustellen versuchen. Sie sind gemessen worden, und die LUBW sagt Ihnen, es ist ein üblicher städtischer Hintergrundpegel.

In Berlin hat man im Zusammenhang mit den Bauar-beiten am Potsdamer Platz zwischen 3 und 4 Uhr gemes-sen. Da war der Hintergrundpegel in der Nacht von Sonntag auf Montag bei 53 dB(A), Stadtpegel, keine Quelle feststellbar, nichts, oben irgendwo in 30, 35 m Höhe. Die LUBW hat es Ihnen erklärt; er ist da, er wird gemessen. Woher er kommt, spielt dann keine Rolle mehr.

Wir haben Ihnen erklärt, wie die Zusatzbelastung durch GKM, durch die bestehenden Blöcke und den neuen Block errechnet wurde. Es ist säuberlich nachge-wiesen worden, dass wir in 95 % vorherrschende Fremd-geräusche haben - das, was in der TA Lärm steht.

Sie bezweifeln die Messung nicht, Sie sagen nur, Sie haben es gehört, und da war es ruhig. Ja, was soll das jetzt heißen? Haben Sie 41 dB(A), 32 dB(A) oder 35 dB(A) gehört? - Sie wissen doch ganz genau, dass man so etwas mit dem Ohr nicht machen kann. Man kann nur schalltechnische Messungen nach den Regeln der Kunst machen. Die sind durchgeführt worden und ergaben die 43 dB(A). Das ist ein üblicher städtischer Hintergrundpe-gel. Das sollten wir einmal zur Kenntnis nehmen und die Frage insoweit als beantwortet einstufen, auch wenn Sie damit nicht zufrieden sind.

(Herr Gebhardt [Sachbeistand] meldet sich erneut zu Wort)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, wir haben eine Reihe von Wortmeldungen.

Gebhardt (Sachbeistand): Ja, aber direkt dazu: Das ist wirklich ein entscheidender Punkt hier. Deswegen bin ich auch so hartnäckig an diesem Punkt.

Ich glaube, Herr Professor Dolde, Sie haben eines nicht so richtig verstanden: Fremdgeräusche müssen schon klar definiert werden. Was ist ein Fremdgeräusch? Typischerweise ist ein Fremdgeräusch der Verkehr. Und Sie selbst haben den Verkehr mit 1 dB(A) abgezogen. Was übrig bleibt, sind 43 dB(A); das ist kein Verkehr mehr.

Dann will ich einmal wissen, was da noch an Fremdge-räusch ist. Das, Herr Professor Dolde, interessiert mich. Darauf kommt es mir an. Ich habe die Frage an die Fachbehörden - das ist eine Bitte; ich darf nicht die Ver-handlungsleitung übernehmen; das will ich um Gottes willen auch gar nicht -, wie sie das einschätzen. Irgend-woher muss das ja kommen, was man gemessen hat. Aber woher kommt es? Verkehr ist es definitiv nicht. Wo kommen diese Fremdgeräusche her? Das will ich gerne wissen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Noch einmal kurz: Fremdgeräusche sind definiert in der TA Lärm. Das sind alle Geräusche, die nicht von der zu beurteilenden Anlage ausgehen. So ist es definiert in Nr. 2.4 letzter Absatz der TA Lärm. Das ist auch anzu-wenden bei Nr. 3.2.1 Abs. 5, über den wir jetzt sprechen. Ob das die Firma Meier, Schulze oder Müller ist, spielt nun wirklich keine Rolle. Es ist die Frage, welche Fremdgeräu-sche, die nicht von der Anlage ausgehen, sind da? Wenn die vorherrschen, dann sind wir in Nr. 3.2.1 Abs. 5. Das ist die Gedankenwelt dieses Gutachtens und dieses Antrags.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich möchte jetzt in der Rednerliste fortfahren: Herr Rah-ner, Herr Kriebel, Herr Kruse, Frau McCloskey und Herr Heidenreich.

Rahner (Rechtsbeistand): Herr Professor Dolde, genau das wollen wir doch von Ihnen wissen. Die Definition der TA Lärm für Fremdgeräu-sche ist uns durchaus bekannt. Wir können auch lesen. Aber wir wollen von Ihnen wissen: Welche sonstigen Geräusche, die nicht von der Anlage ausgehen, gibt es denn dort? Wir sind der Auffassung, dass das Kraftwerk derart vorherrschend ist, dass alle anderen Geräusche, die es dort gibt, dritt-, viert- oder fünftrangig sind.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Dass das nicht stimmt, wurde doch dargelegt.

Rahner (Rechtsbeistand): Das können wir aber nicht nachvollziehen. Deswegen wollen wir von Ihnen eine Plausibilität haben. Die liefern Sie uns nicht.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Wir haben doch gesagt: Es gab umfassende schalltechni-sche Messungen am Bestand und eine Ausrechnung dann auf den Immissionsort, um davon den Immissionsanteil des Bestandes abzuziehen. Mehr kann man dazu, glaube ich, an Plausibilität nicht verlangen.

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Rahner (Rechtsbeistand): Ich kann nur feststellen, das war im Antrag nicht enthalten. Dann müssen Sie sich hier halt nervige Fragen anhören. Dann legen Sie demnächst vollständige Unterlagen vor!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich höre mir die Fragen gerne an. Ich denke nur, es sollte ausreichen, wenn man sie einmal beantwortet. Die Basis-daten sind nicht notwendiger Bestandteil des Antrages. Es geht nicht darum, dass ich mir die Fragen nicht gerne anhöre, sondern es geht darum, dass es genügen sollte, wenn sie zweimal beantwortet worden sind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kriebel.

Kriebel (Einwender): Ich möchte als Einzeleinwender auf meinen Einwand zurückkommen. Ich habe sehr wohl Angaben gemacht, die sich meiner Meinung nach auf den Schornstein bezie-hen, indem ich die Blockhöhe bzw. die Gebäudehöhe angesprochen habe. Darin sehe ich den Schornstein mit inbegriffen. Professor Dolde hat vorhin den Einwand gemacht, es hätte zum Schornstein keine Einwendungen gegeben. Das finde ich so nicht richtig.

Verhandlungsleiterin Salchow: Es ist natürlich schon ein Unterschied, ob Sie das massive optische Erscheinungsbild mit Verschattung und Land-schaftsbild - -

Kriebel (Einwender): Ich habe speziell zum Erscheinungsbild des Gebäudes eine Einwendung gemacht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Eben, und das ist natürlich ein ganz anderes Thema.

Kriebel (Einwender): Bleibt der Schornstein unterhalb der Gebäudehöhe? Dann wäre das kein Kriterium. Aber wenn ich als Laie, als Bürger „Gebäude“ sage, ist alles dabei, was zum Gebäu-de gehört. Wenn ein Kamin auf dem Dach eines Gebäu-des ist, dann ist auch er ein Teil des Gebäudes. Dann unterscheidet man nicht: einmal den Kamin, einmal das Haus. Natürlich ist der Schornstein für mich Teil des Gebäudes. - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kruse.

Kruse: Mein Name ist Hans Kruse, ich bin Diplomingenieur im Ruhestand. Ich habe ein kleines Appartement in der Neckarauer Straße und bin dort auch schon nachts gewesen. Es ist so, dass tagsüber die Neckarauer Straße sehr stark befahren ist, aber nachts flaut der Lärm stark ab. Es ist quasi sehr ruhig da.

Aber wenn man sich dem Kraftwerk nähert, dann hört man ein leises Summen in dem Kraftwerk. Das kommt von dem Kraftwerk her. Wie viel dB das sind, kann ich Ihnen auch nicht sagen, weil ich es nicht gemessen habe. Aber ich meine, es müsste nachts noch einmal eine genaue Messung gemacht werden, wie viel dB von dem Kraftwerk kommen. Ich kann mir vorstellen, dass es für die Anwoh-ner sehr lästig ist, laufend das Summen nachts zu ertra-gen, wenn sie schlafen wollen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Heidenreich.

Heidenreich (Einwender): Meine Meinung schließt an den Vorredner an. Ich rede jetzt nicht von der Neckarauer Straße, sondern von dem dem bisherigen Kraftwerk gegenüberliegenden Ortsteil Kappes in Neckarau. Dort gibt es nachts nur ein einziges Geräusch - abgesehen von gelegentlichen Autofahrten, die aber so selten sind, dass sie, wie es Herr Gebhardt ausgeführt hat, gar nicht ins Gewicht fallen und nicht zu bewerten sind -: Das ist das beständige Summen des Kraftwerks.

Wenn hier etwas gemessen worden ist, dann kann das nur von diesem Geräusch herrühren. Ich kann auch nicht beurteilen, ob dabei 43 dB herauskommen; aber es kann keine andere Quelle sein, weil es keine andere Quelle gibt. Dieses Geräusch mit einem normalen städtischen Hintergrundlärm zu vergleichen, ist total absurd. Ich komme ja auch nachts in die Stadt und kann diese beiden Geräuschquellen durchaus sehr gut vergleichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey.

McCloskey (Einwenderin): Ich fange damit an, dass es ja ganz unterschiedliche Menschen gibt. Was dem einen gut gefällt, ist für den anderen vielleicht ganz furchtbar. So verhält es sich manchmal auch mit dem Lärm. Es gibt Menschen, die tatsächlich in eine Disko gehen, bis sie fast schwerhörig werden. Das tut ihnen nicht weh. Ich könnte das nie

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machen, schon draußen tut es mir in den Ohren weh. Es ist wirklich so.

Von daher verstehe ich den Herrn von „Pro Block 9“, dass es ihn nicht stört. Er gehört anscheinend zu den Menschen, denen Lärm nichts ausmacht. Man muss akzeptieren, dass es auch solche Menschen gibt.

Jetzt weiß ich aber auch, dass es Schlafstudien gibt. Es gibt Schlaflabore zum Beispiel in Krankenhäusern, die den Schlaf untersucht haben. Die sind einhellig der Meinung - da gibt es Studien und Untersuchungsergeb-nisse -, dass Hintergrundgeräusche sehr wohl den Schlaf beeinträchtigen, auch den Tiefschlaf. Den Tiefschlaf braucht der Mensch, damit er sich regenerieren kann. Er ist sehr, sehr wichtig. Man hat festgestellt, dass bei kleinen Kindern und bei älteren Menschen dieser Tief-schlaf noch mehr gestört wird. Noch schwieriger ist es für die ganz kleinen Menschen und für die älteren Menschen, dann richtig zu schlafen, wenn ein Hintergrundgeräusch vorhanden ist.

Auch ich gehöre leider zu den Menschen, die Schwie-rigkeiten damit haben. Ich habe es vorhin schon gesagt. In der Innenstadt haben wir aber nicht den Block 9. Ich könnte auch gar nicht eindeutig sagen, woher das Ge-räusch kommt. Ich weiß nur, wenn der Steam Cracker losgeht, dann steht man im Bett.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Wir haben mit sehr vielen Neckarauern gesprochen. Diese Leute von ganz jung bis alt - das war querbeet - haben gesagt, sie nervt dieses Geräusch unsäglich. Vielleicht haben wir jetzt nur die Neckarauer erwischt, die Lärm nicht so toll finden; das kann sein. Wir haben hier keine Erhebung gemacht. Wir haben das auch nicht so ausge-wertet. Aber ich möchte es einfach zu bedenken geben: Es gibt Menschen, für die das wirklich sehr, sehr beein-trächtigend ist.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich möchte noch einmal auf Aussagen von Herrn Profes-sor Dolde zurückkommen. Sie hatten Punkte in Richtung einer Präklusion angesprochen. Ich bin kein Jurist. Nur, auf eines möchte ich hinweisen, und ich glaube, das hat die Genehmigungsbehörde auch registriert und wird das berücksichtigen.

Wenn der Behörde nachträglich Tatsachen bekannt werden usw. - § 21 des Bundes-Immissionsschutzgeset-zes ist Ihnen sicherlich bekannt -, dann reagiert sie auch darauf. Die Behörde wird nicht ignorieren, wenn die Schornsteinhöhe falsch ist, auch wenn es in einer Ein-wendung nicht steht. Dasselbe gilt für den Immissionsort

IO 8. Das ist durchaus genehmigungsrelevant, auch wenn es nicht eingewandt worden ist. - Das ist das eine.

Dann möchte ich noch einmal ganz klar sagen: Sie ar-gumentieren mit Messungen, die nicht zum Antrag gehö-ren. Damit können Sie nicht argumentieren. Das heißt, Sie tun es; aber es ist nicht relevant, wenn Sie damit argu-mentieren, weil es nicht überprüfbar ist. Sie haben es den Antragsunterlagen nicht beigefügt. Die Antragsunterlagen sind in diesem Punkt unvollständig.

Insofern sind die Beobachtungen, die jetzt von mehre-ren Seiten geschildert worden sind, von Ihnen nicht widerlegbar, zumal wir diese Messungen nicht prüfen durften. Es stellt sich dann auch die Frage, warum die Messungen, wenn sie denn schon so lange vorhanden sind, in den Antragsunterlagen nicht enthalten sind. Vielleicht wäre dann bei der Prüfung aufgefallen, dass hauptsächlich das Kraftwerk der Verursacher ist. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Essig (RP Karlsruhe): Ich möchte, Herr Gödeke, nur eines noch anmerken. Herr Gebhardt hat vorhin schon den Einwand gebracht, es wären bestimmte Basisdaten dem Antrag nicht beigefügt worden. Ich kann das aus Ihrer Sicht sehr gut verstehen.

Nur, es ist sehr schwierig; denn wenn man einmal auf die Messberichte eingeht, die von Herrn Gebhardt ange-mahnt wurden, dann entspricht das einem Packen Papier mit einer Höhe von mehreren Zentimetern. Wenn Sie diese Unterlagen, die auch in den Fachbeiträgen des Antragstellers als Literaturquellen genannt sind, dem Antrag beifügen wollen, dann haben wir es hier nicht mit 21 Ordnern zu tun, sondern mit 500. Das gebe ich zu bedenken.

Wir können uns natürlich durchaus immer über be-stimmte Dinge unterhalten, die aus Ihrer Sicht erforderlich sind, um sich vielleicht noch zusätzlich Informationen zu beschaffen. Aber ich merke nur einmal an, dass nicht alles beigefügt werden kann, was aus Ihrer Sicht vielleicht auch wünschenswert wäre.

Gödeke (Sachbeistand): Darf ich direkt dazu? - Bei Unterlagen, die wirklich wesent-lich sind, wie zum Beispiel Messberichte, ist es nicht entscheidend, welchen Umfang die haben. Die gehören dann zum Antrag dazu - ob das jetzt viel Papier ist oder nicht. Wir machen uns die Mühe, 18 Ordner zu lesen, wir machen uns die Mühe, 25 Ordner zu lesen, von mir aus auch 40. Darum geht es nicht.

Der Antrag muss so vollständig sein, dass er auch von Einwendern bewertet werden kann. Wenn dann solche wesentlichen Unterlagen fehlen, dann kritisieren wir das und sagen, wir können das nicht prüfen. Wenn Ihnen das

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vorliegt, dann haben wir jetzt natürlich nichts davon. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt.

Gebhardt (Sachbeistand): Ich möchte aus der Diskussion, die wir bislang hatten, ein paar Dinge herauskristallisieren oder herausdestillieren, um dann noch einmal auf die einschlägige Regelung der TA Lärm einzugehen. Diese hat für mich hier eine zentrale Bedeutung.

Zunächst einmal steht Aussage gegen Messung, sa-gen wir es einmal so. Ich habe meine Erfahrungen von vorgestern Abend wiedergegeben. Wir waren dort und haben die Anlage gehört. Jetzt sind zwei Betroffene aufgestanden und haben gesagt: Natürlich hört man die Anlage, selbstverständlich hört man die Anlage, und das stört uns auch.

Die Vorhabenträgerin behauptet aber das Gegenteil. Sie behauptet: die Fremdgeräusche sind so dominant, dass die Anlage nicht zu hören ist. Aussage steht gegen Aussage. Da hilft eigentlich nur eines: Ich möchte hiermit beantragen, einen Vor-Ort-Termin durchzuführen.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gebhardt, es ist zu keinem Zeitpunkt von irgendje-mandem bestritten worden, dass man die Anlage hört. Die Frage ist doch nur, wie stark die Fremdgeräusche sind. Sie sagen richtig: Es steht die Aussage von einem einzel-nen Tag, wo Sie dort waren, einer ganzen Reihe von Messungen von Fremdgeräuschen gegenüber. Und dann reicht das.

Gebhardt (Sachbeistand): Nein, Frau Salchow. Ich habe es vorhin schon einmal deutlich zu machen versucht, und ich sage es jetzt noch einmal: Wenn ich ein Fremdgeräusch von 43 dB(A) und ein Anlagengeräusch von 34 dB(A) oder 36 dB(A) habe, dann höre ich die Anlage definitiv nicht, weil die Fremdge-räusche die Anlage komplett überlagern. Genau dazu ist die Bestimmung in der TA Lärm da.

Wenn ich diese Bedingung habe, die hier zur Voraus-setzung gemacht wird, dass in der Nacht die Zusatzbelas-tungen aufgrund der hohen Fremdgeräusche nicht zu bewerten sind, dann kann ich die Anlage nicht hören. Auf der anderen Seite wird aber hier allgemein die Auffassung geteilt, dass die Anlage zu hören ist.

Das ist ein Widerspruch, der nach meiner Ansicht nur im Rahmen einer Vor-Ort-Begehung zu klären ist. Diese

Vor-Ort-Begehung hat in der Nachtzeit stattzufinden, in dem Zeitrahmen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens. Das heißt, man muss leider auch mal nachts um 2 Uhr oder morgens um 4 Uhr dort stehen.

Diese Vor-Ort-Begehung möchte ich hiermit beantra-gen. Es obliegt Ihnen, ob Sie diesem Antrag stattgeben oder nicht. Das müssen Sie nicht heute machen. - Das wäre der erste Punkt.

Der zweite Punkt, der mir wichtig ist - ich hatte es vor-hin schon angekündigt -: Ich möchte die einschlägige Regelung in Nr. 3.2.1. der TA Lärm, auf die sich der Vorhabenträger bezieht, zitieren, damit wir wissen, um was es eigentlich geht. Dort steht:

“Die Genehmigung darf wegen einer Über-schreitung der Immissionsrichtwerte nicht versagt werden, wenn infolge ständig vor-herrschender Fremdgeräusche keine zu-sätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende Anlage zu be-fürchten sind.“

- Darauf bezieht sich der Vorhabenträger. - Jetzt geht es weiter:

„Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn für die Beurteilung der Geräuschimmissio-nen der Anlage weder Zuschläge gemäß dem Anhang für Ton- und Informationshal-tigkeit oder Impulshaltigkeit noch eine Be-rücksichtigung tieffrequenter Geräusche nach Nr. 7.3 erforderlich sind und der Schalldruckpegel [...] der Fremdgeräusche in mehr als 95 % der Betriebszeit der Anla-ge in der jeweiligen Beurteilungszeit [...]“

Das heißt, es sind hier zwei Bedingungen erforderlich, einmal die 95 %; das heißt, in 95 % der Zeit müssen die Fremdgeräusche dominieren. - Wir verneinen das.

Auf der anderen Seite dürfen von der Anlage keine impulshaltigen Geräusche ausgehen. Darin waren wir uns vorhin einig, dass das der Fall ist.

(Prof. Dr. Dolde [Antragstellerin]: Darin wa-ren wir uns nicht einig!)

- Ich möchte jetzt nicht für Sie sprechen. Zumindest kamen von der Firma Müller-BBM entsprechende Äuße-rungen; die stehen so auch im Protokoll drin. Deswegen ist es gut, dass wir ein Wortprotokoll haben.

Nach meiner Auffassung trifft weder das eine noch das andere zu. Wir haben hier die Randbedingungen nicht erfüllt, dass keine impulshaltigen Geräusche zu berück-sichtigen sind. Darin waren wir uns vorhin eigentlich einig. Der Vertreter der Fachbehörde hat es deutlichst zum Ausdruck gebracht. Deswegen habe ich noch einmal gesagt: Das ist wichtig für das Protokoll.

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Diese Fremdgeräusche dominieren nicht so, wie das hier von Antragstellerseite aus dargestellt wird. Deswegen darf nach den Vorgaben der TA Lärm die Fremdgeräusch-regelung nicht berücksichtigt werden.

Das hat zur Folge - jetzt komme ich zum Schluss -, dass die Anlage, so wie sie derzeit beantragt ist, nicht genehmigungsfähig ist. Denn die gesamte Belastung, die von der Anlage ausgeht, würde an den Immissionsorten 15, 13 und 14 zu einer Überschreitung der Immissionswer-te nach der TA Lärm führen. Damit ist die Anlage nicht genehmigungsfähig.

Deswegen stelle ich hier den Antrag: Sofern hier nicht massiv nachgebessert wird, ist dieser Genehmigungsan-trag abzulehnen. Punkt, aus, fertig!

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nachdem sich jetzt nur noch Herr Heidenreich gemeldet hat, würde ich gerne zu diesem Punkt Lärm - den weiter-gehenden Antrag können Sie in dieser Beziehung nicht mehr stellen - die Rednerliste schließen und zu den Lichtemissionen kommen. - Herr Heidenreich.

Heidenreich (Einwender): Ich wollte nur der Annahme widersprechen, dass diese Beobachtung lediglich an einem Abend gemacht worden ist. Ich habe das während vieler Nächte beobachtet. Das ist regelmäßig so, es ist eine Dauersituation. Man kann zugrunde legen, dass das nicht auf einer einmaligen Beobachtung basiert. Ich bin auch der Meinung, es kann nur durch eine kontinuierliche Messung über eine Nacht hinweg zweifelsfrei festgestellt werden, wie die Verhältnis-se dort wirklich sind. - Danke.

(Kriebel [Einwender]: Natürlich ohne dass die Messung bekannt ist! Das ist klar!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich würde dann gerne, bevor wir eine kurze Mittagspause machen, zum Tagesordnungspunkt 5.4 kommen, den Lichtemissionen.

5.4 Lichtemissionen

Da ist gerügt worden, dass das Gefahren für die Tier-welt, insbesondere natürlich für die nachtaktiven Insekten mit sich bringt. Was die Leuchtmittel betrifft, sind spezielle Forderungen erhoben worden. - Das ist zum Punkt Licht alles. Es ist vom Landesverband des BUND und auch in dieser modulhaften Einwendung vorgebracht worden. - Herr Rahner und Herr Weyland.

Rahner (Rechtsbeistand): Dazu wäre vorab eine Stellungnahme der Antragstellerin interessant.

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchten Sie gleich eine Stellungnahme zum Licht abge-ben?

Himmler (Antragstellerin): Der Vorhabenträger hat sich bereit erklärt, sowohl wäh-rend der Bauphase als auch im dauerhaften Betrieb Leuchtmittel mit einer geringen Lockwirkung für Insekten einzusetzen. Das sind dann Natriumdampf-Hochdrucklam-pen mit 570 bis 630 Nanometern oder als Einzellampen Leuchtstofflampen mit 450 bis 700 Nanometern. Das entspricht dem Stand der Technik, was insektenschonen-de Beleuchtung anbelangt. Natürlich sind bei alledem auch die Anforderungen des Arbeitsschutzes eine wichtige Grundlage.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Wir haben ja in nicht allzu weiter Entfernung von der Anlage ein FFH-Gebiet. Aus unserer Sicht ist nicht auszu-schließen, dass die Lichtemissionen Fernwirkungen auf das FFH-Gebiet haben. Das ist in der von Ihnen vorgeleg-ten Vorprüfung nicht thematisiert worden; zumindest finde ich kein Kapitel dazu, das sich damit auseinandersetzt. Wir fordern, dass das im Rahmen einer FFH-Verträglich-keitsprüfung mit eingestellt und überprüft wird.

Verhandlungsleiterin Salchow: In der UVU steht etwas über licht- und nachtaktive Insek-ten. Da ist auch unterschieden zwischen Betriebsphase und Bauphase. Ob Sie das zufrieden stellt, ist natürlich eine andere Frage; aber thematisiert ist es.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich habe eben bewusst nicht die UVU angesprochen, sondern die sogenannte Natura-2000-Vorprüfung, gezielt mit der Frage der Fernwirkung auf das gegenüberliegen-de, auf der anderen Rheinseite befindliche FFH-Gebiet. In der FFH-Vorprüfung sind gegebenenfalls auch Einflüsse von außen in das FFH-Gebiet hinein zu betrachten. Es ist durchaus vorstellbar, dass geschützte Insekten aus dem FFH-Gebiet heraus und hinüber zu der Anlage gelockt werden. Ich meine, dass das mit zu untersuchen ist Das war mein Beitrag. Das habe ich in der Natura-2000-Vorprüfung nicht gefunden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Himmler, wollen Sie sich dazu noch einmal äußern?

Himmler (Antragstellerin): Wir werden darauf dann noch eingehen. Zunächst möchte ich anmerken, dass die Vorbelastung ausgeprägt ist und der neue Block 9 nach Süden abgerückt ist, sich quasi vis à vis zur Fähre befindet, wo sich das FFH-Gebiet auf einen sehr schmalen Streifen beschränkt.

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Es sind in den Erhaltungszielen jedenfalls keine Arten aufgeführt, die durch Licht in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt werden könnten. Sie kennen die Formulie-rungen der Erhaltungsziele in Rheinland-Pfalz; die sind ja auch veröffentlicht. Darin sind solche Arten nicht aufge-führt. Die Vorprüfung setzt sich mit den Auswirkungen auf die Erhaltungsziele auseinander. Wir können das gern ergänzen; aber das Ergebnis wird natürlich in diese Richtung gehen. Es hat sich eben auf die Erhaltungsziele zu beziehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Ich kann nur sagen, das ist in den Unterlagen bei der Vorprüfung nicht thematisiert. Ich kann nur feststellen, dass bei den Arten, die bei den Erhaltungszielen für das FFH-Gebiet Rheinniederung betrachtet werden, auch Falter dabei sind. Ich bin Jurist, kein Biologe; aber ich sage einmal: Aus meiner Lebenserfahrung heraus könnte ich mir vorstellen, dass sich Falter auch über den Rhein hinweg von Lichtemissionen ablenken lassen. Von daher meine ich, dass das in die Unterlage mit hineingehört.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Himmler.

Himmler (Antragstellerin): Da haben Sie jetzt zwei FFH-Gebiete vermischt. Sie haben sich vorhin auf das linksrheinische FFH-Gebiet bezogen, Rheinniederung Speyer bis Ludwigshafen, das sich auf der Altriper Seite befindet. Dort sind keine Falter in den Erhaltungszielen aufgeführt. Allenfalls steht der Ameisenbläuling darin; aber der ist tagaktiv. Insofern wäre das in diesem Fall nicht von Bedeutung.

Nachtfalter sind wohl in den Erhaltungszielen für das FFH-Gebiet Rheinniederung von Philippsburg bis Mann-heim aufgeführt. Das bezieht sich auf die Haarstrangeule, die ausschließlich im Hockenheimer Rheinbogen südwest-lich von Ketsch lebt und insofern auch nicht betroffen sein kann. Abgesehen davon ist das gesamte FFH-Gebiet Rheinniederung Philippsburg/Mannheim von Block 9 durch den Rheinhafen in südlicher Richtung und das bestehende Kraftwerk in nördlicher Richtung abgeschirmt, was die Lichtemissionen anbelangt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Zu den Lichtemissionen abschließend noch Herr Cull-mann. Dann gehen wir in eine Mittagspause bis 14.30 Uhr.

Cullmann (BUND): Abgesehen davon, ob es das FFH-Gebiet betrifft oder nicht, werden sehr viele Insekten durch diese Lichtquellen getötet. Es ist enorm, was da - ich sage es jetzt einmal ein

bisschen juristisch - an biologischer Substanz verloren geht. Es wäre auf jeden Fall wünschenswert und kann von uns nur begrüßt werden, wenn die GKM Lichtinstallationen einführen würde, die die Insekten in größtmöglichem Umfang schonen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir treffen uns dann um 14.30 Uhr wieder.

Mittagspause von 13.28 Uhr bis 14.37 Uhr

Verhandlungsleiterin Salchow: Bevor wir wieder in die Tagesordnung eintreten und mit dem Tagesordnungspunkt 5.5 - Belastungen während der Bauphase – weitermachen, möchte Herr Gottstein an seinen Antrag von gestern erinnern. Er möchte die Ant-wort auch zu Protokoll genommen wissen. - Herr Gott-stein.

Gottstein (BUND): Ich hatte gestern zum Punkt 5.1.4 - diffuse Emissionen - die Frage wegen der Schiffshöhe gestellt, damit wir die Zutrimmung genau beurteilen können, ob das 5 % sind oder mehr oder weniger. Herr Ehmann, hatten Sie sich so weit kundig machen können?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Wir sind gestern Abend bis 21 Uhr hier gewesen und haben hier verhandelt. Auf dem Weg nach Hause sind wir nicht mehr im Büro vorbeigegangen. Da ist auch keiner mehr gewesen. Wir werden diese Information dem Regie-rungspräsidium in der nächsten Woche zur Verfügung stellen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Schade, dass der Antragsteller das nicht erledigen konnte. Wir haben jetzt schließlich 15 Uhr. Ich bin es gewohnt, wenn ich bei der Arbeit bin und einen Anruf kriege, dass ich den möglichst schnell erledige, gerade in so einer vielleicht wichtigen Angelegenheit.

Ich möchte das RP bitten, uns dann diese Schiffshöhe mitzuteilen und eventuell auch diese 5 % entsprechend zu korrigieren, je nachdem wie es ist. Wir wissen ja, 20 bis 30 cm bleiben drin; von der Prozentzahl hängt auch die Schiffshöhe ab.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gut, danke.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 28.11.2008

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5.5 - Belas-tungen während der Bauphase.

5.5 Belastungen während der Bauphase

Dort ist gerügt worden, dass mit erheblichen Lärmbe-lästigungen zu rechnen ist. Es wurde gebeten, unnötige Transporte zu vermeiden. Das Gutachten des TÜV für die Bauzeiten ist in Frage gestellt worden. Es ist um die Vermeidung von Verkehrsbelastungen gebeten worden. Minderungsmaßnahmen sind angemahnt worden. Es ist auch die Gefährdung des Fahrradweges an der Altriper Straße durch den Baustellenverkehr angesprochen worden.

Wer möchte sich dazu äußern? Ich meine, es liegt uns alles schriftlich vor. Wir müssen es nicht erörtern. Aber wenn es gewünscht wird! - Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): In unserer Stellungnahme sind unter anderem der wenig tragfähige Untergrund, die deswegen erforderliche Errich-tung von Spundwänden, die Verwendung von Dampfram-men usw. angesprochen worden.

Dazu würde ich zunächst einmal den Antrag stellen, dass als Nebenbestimmung aufgenommen wird, dass derartige Arbeiten in der Nachtzeit nicht durchgeführt werden sollen. Das wäre zunächst einmal dazu der Antrag.

Dann vielleicht die Bitte an den Antragsteller, zu den hierdurch hervorgerufenen Lärmauswirkungen kurze Ausführungen als Einstieg in das Thema zu machen. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke. - Herr Kasper.

Kasper (Antragstellerin): Im Gutachten in Abschnitt 11 wird auf die Schallemissio-nen bei der Errichtung der geplanten Anlage eingegangen. Ich möchte kurz darauf eingehen.

Als Erstes wurden drei Bauphasen eingeteilt: Baupha-se 1 sind die Erdarbeiten und der Aushub. Bauphase 2 sind Betonarbeiten und der Rohbau. Die Bauphase 3 ist für den Schalbau gewählt worden. Dann wird im Ab-schnitt 11.1 kurz auf die AVV Baulärm eingegangen. Dann wird bei den einzelnen Bauphasen näher aufgeführt, was für Arbeiten anfallen oder welche Maschinen eingesetzt werden, in der Bauphase 2 ebenfalls, und in der Baupha-se 3 werden die Maschinen und die einzelnen Bauma-schinen aufgeführt. Im nächsten Abschnitt werden Pegel für Baumaschinen aufgeführt, die in der Fachliteratur zu finden sind. Auf Seite 53 des Gutachtens werden für verschiedene Bauabschnitte oder Bauphasen typische Schallleistungspegel festgelegt. Diese basieren auf Messungen an vergleichbaren Anlagen oder Baustellen.

Mit diesen Schallleistungspegeln für die einzelnen Bauphasen wurde dann eine Schallausbreitungsrechnung durchgeführt. Die Ergebnisse finden Sie auf Seite 54 in Tabelle 22. Basierend auf den Ergebnissen wird festge-stellt, dass für die Immissionsrichtwerte an den maßge-benden Immissionsorten keine Überschreitungen zu erwarten sind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es sonst noch Wortmeldungen zum Thema Lärm während der Bauphase oder Verkehrsbelästigung wäh-rend der Bauphase? - Herr Dr. Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Während der Bauphase wird ja irgendwann das Kraftwerk so weit fertig sein, dass man üblicherweise den Dreck herausbläst. Welche Schallschutzmaßnahmen sind da vorgesehen? Oder wird so etwas überhaupt nicht ge-macht?

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich habe jetzt nicht genau verstanden, was Sie meinen. Während der Bauphase ist sicher das Kraftwerk noch nicht fertig.

Dr. Uttendorf (Einwender): Nein, aber irgendwann ist das Rohrleitungssystem fertig, aber noch nicht in Betrieb. Damit man die Coladosen, Schweißdrähte, was auch immer es ist, herausbekommt, bläst man es gewöhnlich aus. Das macht man mit Dampf, und das macht normalerweise einen Höllenlärm. Ich weiß nicht, wie es hier gemacht wird. Sind entsprechende Schallschutzmaßnahmen dafür vorgesehen?

Ehmann (Antragstellerin): Herr Dr. Uttendorf spricht an, dass die eventuellen Rest-stoffe, Schweißperlen und Ähnliches beseitigt werden müssen, wenn man die Rohrleitungen zusammenge-schweißt hat, bevor die Rohrleitung später mit Dampf in Betrieb genommen wird. Es gibt zwei Möglichkeiten: Die eine ist das Ausblasen mit Dampf. Die Alternative ist, dass man diese Rohrleitungen beizt, und bei uns ist das Beizen vorgesehen. Das heißt, es entstehen keine Geräusche, insofern auch keine Lärmbelästigungen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Cullmann.

Cullmann (BUND): Während der Bauphase ist bestimmt auch sehr viel nächtlicher Betrieb auf der Baustelle. Wie ist denn da gewährleistet, dass die Anwohner von diesem Lärm nicht betroffen werden?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 28.11.2008

Ehmann (Antragstellerin): Grundsätzlich wird im Wesentlichen in der Tagzeit gear-beitet und montiert. Ganz klar, es gibt bestimmte Arbeiten und Aufgaben, die auch nachts gemacht werden müssen. Zum Beispiel wenn man große Flächen betoniert, kann man den Betoniervorgang nicht unterbrechen; da muss kontinuierlich betoniert werden. Insofern werden auch gewisse Arbeiten in der Nachtzeit stattfinden.

Wie Herr Kasper angedeutet hat, werden wir aber in jedem Fall darauf achten, dass die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden. Wir werden auch die Auftragnehmer vertraglich verpflichten, entsprechende lärmarme Geräte und lärmarme Verfahren einzusetzen. Das geben wir alles schon in unserer Ausschreibung, in unserer Spezifikation für die Arbeiten vor.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Essig.

Essig (RP Karlsruhe): Mir ist schon klar, dass Sie nachts arbeiten müssen, die Gleitschalungen dürfen nicht unterbrochen werden. Nur, ich vermisse im Gutachten Müller-BBM dazu irgendeine Aussage zur Nachtzeit. Ich habe nichts gefunden. Viel-leicht habe ich es auch überlesen.

Tatsache ist ja, dass Sie nach AVV Baulärm durchaus nachts arbeiten dürfen. Das ist überhaupt kein Thema; das sollen Sie auch. Sie sollen nur die Lärmrichtwerte entsprechend einhalten. Vielleicht kann Herr Kasper dazu noch etwas sagen.

Kasper (Antragstellerin): Es ist zu erwarten, dass nachts nur gearbeitet wird, wenn es dringend erforderlich ist. Dabei handelt es sich haupt-sächlich um Betonarbeiten. Da ist zu erwarten, dass keine Immissionsrichtwerte überschritten werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Aber dargestellt werden sollte es schon. Das gehört einfach dazu. Ich meine, es wird sicherlich eine Neben-bestimmung geben, die genau festschreibt, was gehen kann und was nicht. Aber eine Grundlage sollte in den Antragsunterlagen schon vorhanden sein. - Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich denke, Grundlagen sind im Antrag enthalten. Details kann man zur Antragstellung noch nicht wissen, weil man noch nicht weiß, wie die Bauablaufgestaltung genau aussehen wird und welche Auftragnehmer es geben wird.

Dass die Anforderungen der AVV Baulärm nachts ein-gehalten werden müssen, Herr Essig, ist klar. Das werden wir, denke ich, wenn wir kurz davor stehen, im Einzelnen nachweisen müssen. Aber das heute im Einzelnen zu beschreiben, was wann zu geschehen hat, ist bei einer so

großen und lang angelegten Baustelle im Detail nicht möglich.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Herr Essig hat es ja bereits aufgegriffen; dem ist das ebenfalls aufgefallen. Ich muss Herrn Professor Dolde widersprechen. Ich bin auch an anderen Genehmigungs-verfahren beteiligt. Da werden sehr wohl Angaben zum Beurteilungspegel nachts gemacht. Sie haben schon eine verhältnismäßig konkrete Planung, was Sie da bauen wollen. Da lässt sich auch eine Abschätzung durchführen, welche Arbeiten nachts erforderlich sind. Dazu fehlen die Angaben.

Deswegen wird beantragt, das Lärmgutachten bezüg-lich des Baulärms dahin gehend zu ergänzen, dass konkrete Angaben, wie sie in der Tabelle 22 für tagsüber gemacht worden sind, auch für nachts gemacht werden und dass uns das auch zur Verfügung gestellt wird. Frau Salchow hat bereits angedeutet, es wird dazu sicher auch Nebenbestimmungen geben. - Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es weitere Wortmeldungen zum Baustellenbetrieb? - Herr Dr. Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Noch einmal zum Beizen. Für das Beizen brauchen Sie eine Neutralisation. Wir wird das gehändelt? Haben Sie ein Neutralisationsbecken, bevor Sie es einleiten? Wo leiten Sie es ein, ins Abwassersystem oder in den Rhein?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Diese Details haben wir im Augenblick noch nicht festge-legt. Es gibt zwar gewisse Überlegungen, wie man das alles hinkriegen kann. Ganz klar, wir müssen die Stoffe dann entsprechend neutralisieren. Da aber auch die Firmen noch nicht festgelegt sind, die diese Arbeiten übernehmen werden, kann ich Ihnen dazu im Augenblick keine detaillierten Aussagen geben.

Dr. Uttendorf (Einwender): Müssen wir das im Rahmen des Wasserrechts noch einmal diskutieren? Das sehe ich jedenfalls so.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 28.11.2008

Gödeke (Sachbeistand): Der Baugrund ist belastet. Es gibt auch kritische Anmer-kungen dazu, einmal genau festzulegen, wie der Aushub entsorgt wird - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, wir haben - -

Gödeke (Sachbeistand): Darf ich vielleicht ausreden?

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir haben den Tagesordnungspunkt Bodenvorbelastung, Baugrunduntersuchung.

Gödeke (Sachbeistand): Ich spreche von Belastungen während der Bauphase. Wenn Sie mich ausreden lassen, werden Sie sehen, dass das zum Thema gehört. - Dabei ist dann auch Grundwas-ser betroffen. Das liegt 3 bis 5 m unter der Oberfläche. Dieses wird durch die Baumaßnahmen belastet. - Das ist das Thema „Belastungen während der Bauphase“. - Die Ableitung, wohin diese Belastung dann geht, ist zu klären. Es ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich, wie das dann gehändelt wird.

Das würde ich auch nicht unter der wasserrechtlichen Genehmigung einordnen, sondern das gehört direkt zu der Bauphase.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das gehört zum Tagesordnungspunkt 8 - Boden- und Grundwasserschutz. Aber wir können es gerne jetzt machen.

Gödeke (Sachbeistand): Wir können es gerne da machen. Ich wollte es nur schon einmal angesprochen haben. Wir können es konkret unter dem Punkt ansprechen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Das wird nicht vergessen.

Wenn es jetzt zu den Belastungen während der Bau-phase keine Fragen mehr gibt, dann gehen wir zu Tages-ordnungspunkt 5.6 über.

5.6 Wirtschaftliche Auswirkungen

Da wurden die Wertminderungen von Grundstücken auf verschiedene Weise gerügt, einmal Gebäudeschäden durch SO2, dann der Wertverlust von Immobilien in der Nähe des Kraftwerks, Mieteinbußen etc. Das waren verschiedene private Einwender. - Frau Dahamni-Herm.

Dahamni-Herm (Einwenderin): Ich betätige mich zwar ungern als Verteidigerin des Privateigentums. Aber da ich keine andere Möglichkeit

habe, als mich darauf zu berufen, frage ich jetzt die Antragstellerin. Ich habe in den letzten Tagen gelernt, dass alle Belastungen, die in Zukunft durch Block 9 auf mich zukommen werden, irrelevant sind. Bedeutet dies, dass auch die Auswirkungen auf mein Eigentum irrelevant sind?

Wenn jetzt klargelegt würde, dass bei einem gas-betriebenen Kraftwerk die Belastungen noch geringer wären, bedeutete das, dass sie dann noch irrelevanter wären? Vielleicht könnten Sie mir in diesem Bereich die Relevanz und Irrelevanz in Prozentangaben konkretisie-ren.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe nicht ganz verstanden, was das Ziel war. Wenn es darum ging, die Immissionsprognose zu behandeln, denke ich: Das war gestern das Thema. Da fangen wir nicht von vorn an. Wenn es darum geht, ob diese Belas-tungen Wertminderungen nach sich ziehen oder ob sie entschädigungsfähig sind, dann sind wir beim Thema. Dazu sage ich jetzt etwas.

Die Bestimmungen, nach denen sich die Genehmi-gung dieses Vorhabens richtet, sind für die Betroffenen - das ist ein juristischer Begriff - Inhaltsbestimmung des Eigentums. Damit hat der Gesetzgeber auch bestimmt, was der Eigentümer an Auswirkungen von dritten Grund-stücken hinnehmen muss.

Wenn es genehmigungsfähig ist, betrifft das auch et-waige Wertminderungen, die damit verbunden sind. Ob es sie gibt, mag dahingestellt sein; das kann sein, das kann auch nicht sein, es gibt vielleicht auch Wertsteigerungen. Es werden weder Wertminderungen noch Wertsteigerun-gen ausgeglichen. Einfach gesprochen: Wenn es so etwas geben sollte, muss der Nachbar das entschädigungslos hinnehmen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey.

McCloskey (Einwenderin): Ich habe in meiner persönlichen Einwendung den Punkt 12; der passt in das Schema nicht so richtig hinein. Aber unter diesem Punkt ist er eigentlich angesiedelt. Deswegen erwähne ich den jetzt einfach. Es passt dazu, aber es wird bei uns nicht so akzeptiert. Ich fange einfach einmal an.

Die globale Erwärmung hat Folgen, und wir wissen, dass der Block 9 Treibhausgase verursachen wird. Wir wissen noch nicht, wie viel; das wurde noch nicht genannt.

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Aber es wurde gestern klar und deutlich zugegeben, dass das Einflüsse auf das Mikro- und auf das Makroklima hat.

Jetzt gibt es natürlich auch wirtschaftliche Auswirkun-gen, nicht nur direkt hier, sondern auch auswärts. Das wurde gestern ganz kurz angesprochen. Jetzt möchte ich in wenigen Sätzen einiges zu bedenken geben. Das sollte auch einmal gesagt werden.

Aufgrund der globalen Erwärmung stehen in vielen Ländern knappere Ressourcen zur Verfügung, vom Wasser angefangen über mangelnde Lebensmittel durch Ernteausfälle und so weiter. Das sind Streitpunkte, die irgendwann zu Konflikten führen werden. Vielleicht wird es irgendwann sogar zum Krieg führen. Ich will jetzt gar nicht so weit gehen.

Das Problem ist nur, es wird Menschen geben, die ei-ne wirtschaftliche Einbuße haben. Die leben vielleicht nicht unmittelbar hier vor Ort in Neckarau oder ein biss-chen weiter nördlich oder südlich, sondern sogar noch viel weiter weg. Diese Menschen werden wahrscheinlich niemals eine Entschädigung erfahren.

Ich denke einfach, es gibt mittlerweile andere Lösun-gen - deswegen möchte ich es hier noch einmal betonen -, wo Treibhausgase nicht in einem solchen Ausmaß entste-hen. Wäre es nicht doch noch möglich, hier ein Umdenken anzuregen, dass man auch aus diesem Grund, weil es wirtschaftliche Schäden für viele Menschen geben wird, sagt: Hier müssten die Treibhausgase entweder gar nicht entstehen, oder sie müssten so weit zurückgefahren werden, dass der wirtschaftliche Schaden für die anderen Menschen so gering wie möglich gehalten wird? - Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kriebel und Herr Krause.

Kriebel (Einwender): Ich habe eine Frage zu den wirtschaftlichen Auswirkun-gen. Bildet das GKM Rücklagen bzw. wäre das GKM dazu bereit, Rücklagen zu bilden, um eventuelle Schäden abzudecken - sei es wirtschaftlicher Natur, dass vermehrt Atemwegserkrankungen im unmittelbaren Umfeld des GKM auftreten, oder im globalen Sinne, ökologisch betrachtet?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Professor Dolde.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich habe gerade gesagt: Es gibt keine Entschädigungs-pflichten und keine Entschädigungsansprüche. Dasselbe gilt für das, was die Einwenderin zu den globalen Themen gesagt hat. Das bildet eine Brücke zum CO2-Thema, das wir vorgestern besprochen haben.

Der Kaufmann kann Rückstellungen nur bilden, wenn es begründeten Anlass dafür gibt, dass Ansprüche entste-hen können. Sonst wird das Finanzamt solche Rückstel-lungen nicht berücksichtigen. Rückstellungen kann man nur bilden, wenn ein vorsichtiger Kaufmann mit entspre-chenden Ansprüchen rechnen muss und deswegen Geld zurücklegt. Das mindert den Ertrag und damit auch die Steuerschuld. Deswegen sind Rückstellungen für solche Ansprüche, die es nicht gibt, gar nicht möglich.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich glaube, Herr Kruse hatte sich zunächst gemeldet. Dann Herr Rahner.

Kruse: Ich habe, wie gesagt, ein Appartement in der Neckarauer Straße, das genau unterhalb der Abluftfahne des GKM liegt. Dort haben sich bisher schon immer Staubteilchen auf dem Balkon abgelagert. Ich habe meine Frau gefragt, woher diese Staubteilchen kämen. Da sagte sie, das wäre vielleicht im Frühjahr von den Blüten usw. Aber die sind im Sommer und im Herbst auch noch da. Ich frage mich: Wie kann es sein, dass grobkörnige Staubteilchen auf meinem Balkon sind?

Es ist klar, der Grobstaub wird am besten zurückgehal-ten. Der Feinstaub ist der gefährlichere. Aber wenn schon der Grobstaub irgendwo erscheint, dann frage ich mich: Wie soll das mit dem Feinstaub und allem anderen funkti-onieren? Dass das irrelevant wäre, kann ich nicht so ohne Weiteres glauben.

Dann frage ich mich: Wie wollen Sie mich mit meinem Appartement entschädigen, wenn ich keinen Mieter mehr finde?

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ehmann (Antragstellerin): Ich weiß nicht, wo Ihr Appartement ist; insofern kann ich dazu im Augenblick keine direkte Stellungnahme abge-ben. Wir sind aber gerne bereit, bei Ihnen vorbeizukom-men und uns das vor Ort anzuschauen. Wenn Sie mir oder einem meiner Kollegen, die da hinten sitzen, Ihre Adresse da lassen, sind wir gerne bereit, vorbeizukommen und uns das anzuschauen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner, Sie waren dran.

Rahner (Rechtsbeistand): Eine kleine Rückfrage an die Antragstellerin: Haben Sie einmal überlegt, ob vielleicht die Vorschriften des Umwelt-haftungsgesetzes Grund sein könnten, vorsorglich Rück-stellungen zu bilden?

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Ehmann (Antragstellerin): Das GKM hat generell die Vorgehensweise, dass wir in dem Bereich, wo wir Dinge versichern können, uns mög-lichst und maximal versichern. GKM ist im Augenblick dabei, eine Umwelthaftpflichtversicherung in dem Bereich abzuschließen, den die Versicherungen maximal anbieten.

Rahner (Rechtsbeistand): Könnten Sie das beziffern?

Ehmann (Antragstellerin): Dazu möchte ich im Augenblick keine Angaben machen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kriebel.

Kriebel (Einwender): Wäre das GKM dazu bereit, diese Information auch in einer Veröffentlichung, sei es im „Mannheimer Morgen“ oder überregional, an Ihre Kunden oder an die Bevölke-rung weiterzugeben?

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Ich sehe nicht recht, was das für einen Sinn und Zweck haben sollte, inwieweit die Kunden daran interessiert sind, wogegen die GKM versichert ist und in welcher Höhe. Es gibt auch keine rechtliche Grundlage und keine Veranlas-sung mitzuteilen - es gibt noch eine ganze Menge anderer Versicherungen -, wogegen man sich versichert, schon gar nicht bei dem Gesellschafterkreis, um den es hier geht.

Kriebel (Einwender): Um eben gegebenenfalls Haftungsansprüche geltend zu machen, sei es aus gesundheitlichen Gründen oder im ökologischen Bereich, Garten usw.

Prof. Dr. Dolde (Antragstellerin): Die bestehen oder bestehen nicht, unabhängig davon, ob es eine Versicherung gibt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Können wir dann zu Tagesordnungspunkt 5.7 - Anla-gensicherheit - übergehen? Das ist sicher ein sehr inte-ressanter Tagesordnungspunkt.

5.7 Anlagensicherheit

Dort wurden das Brandschutzkonzept und das Lösch-mittelkonzept kritisiert. Es wurde nach dem Umgang mit den Gefahrstoffen gefragt, es wurde nach bestimmten Sicherungsmaßnahmen gegen Hochwasser und Flug-zeugabstürze gefragt. Es wurden die vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen, die Löschwasserversorgung, das Meldesystem der Feuerwehren angesprochen. Insbesondere Herr Uttendorf hatte sich dafür stark inte-ressiert. - Herr Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich hatte längere Ausführungen dazu geschrieben. Ich weiß nicht, wie man das händeln soll. Sollen wir einen Punkt nach dem anderen abarbeiten?

Warum habe ich das Thema gestreift? Wir haben es hier mit einer hochautomatisierten Anlage zu tun. Es geisterte irgendwo in den Antragsunterlagen die Ein-mannwarte herum. Das ist auch okay; denn solche hoch-warmfesten Stoffe kann ich nur noch einigermaßen spannungsfrei fahren, wenn ich einen Computer habe, der mir sagt, was er machen soll, ob er den Druck absenken oder die Temperatur ändern soll - oder wie auch immer!

So ein Mann sitzt in der Warte und hat wochenlang nur noch ein paar Standardhandlungen auszuführen. Auf einmal bricht ein Brand aus, und dann läuten alle Alarm-glocken. Das Brandschutzkonzept, das wir vorliegen haben, ist mehr auf den baulichen Brandschutz ausgerich-tet, aber es hat kaum einen Fokus auf den vorbeugenden Brandschutz. Vorbeugender Brandschutz ist vornehmlich darauf ausgerichtet, Anlagenkomponenten zu überwachen und Gegenmaßnahmen einzuleiten, bevor der Brand ausbricht.

Zunächst einmal zum Brandschutz allgemein: Wir ha-ben es hier im Kraftwerk mit sehr vielen Brandlasten zu tun. Deshalb war meine erste Frage: Werden halogenfreie Kabel eingesetzt? Das ist deswegen wichtig, weil normale PVC-Kabel beim Brand sehr viel Schadstoffe - vornehm-lich Chlorid - auswerfen. Chlorid hat die Angewohnheit, dass es erst nach zwei Wochen zum Ausfall der elektroni-schen Geräte führt. GKM hat da einschlägige Erfahrungen mit ihren Rechnern. Das ist die erste Frage: Werden halogenfreie Kabel eingesetzt?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Die Frage nach den halogenfreien Kabeln hat schlussend-lich mit dem eigentlichen Brandschutz nichts zu tun. Das ist eine Frage, ob der Anlagenbetreiber das tun möchte; denn wenn es brennt, hat er sonst nachher das Problem, dass Teile seiner Anlage zerstört werden und er die Anlage sehr lange nicht mehr betreiben kann. Das ist keine Frage des Brandschutzes und somit auch nicht im Brandschutzkonzept oder im Gutachten abgehandelt. Nichtsdestotrotz kann ich Ihnen ganz klar sagen, dass wir aus eigenen Interessen halogenfreie Kabel verwenden.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay. Ich nehme das einmal so hin. Ich bin zwar etwas anderer Meinung, nämlich dass es zum Brandschutzkon-zept gehört, aber im Prinzip ist die Aussage in Ordnung.

Wie sieht es mit den Feuerlöschmitteln in den elektri-schen Räumen aus? Dazu haben Sie nichts gesagt. Ist es CO2?

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Ehmann (Antragstellerin): Es ist kein CO2 vorgesehen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Sie löschen also mit Wasser in Elektronikräumen?

Ehmann (Antragstellerin): Sie wissen, dass man in die Schränke nicht mit Wasser hineinspritzen kann. Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, als CO2 zu verwenden. Ansonsten, selbst wenn man CO2 verwendet, gibt es entsprechende Vor-schriften, die man einzuhalten hat, um die Personen nicht zu gefährden, die sich gegebenenfalls in den Räumen aufhalten.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich möchte den Antrag stellen, dass sich der Betreiber dazu äußert, welche Löschmittel er einsetzt. Denn die Entsorgung dieser Löschmittel spielt dann ebenfalls eine Rolle.

Das nächste Thema ist die Löschwasserversorgung. Wir wissen nur, dass es eine Ringleitung gibt. Das ist ja üblich. Wir haben, glaube ich, auch einen Hydrantenplan. Wir wissen aber nicht, wie das Wasser in die Ringleitung hineinkommt. Gibt es Redundanzen? Wie wird sicherge-stellt, dass auch bei Frost Quellen vorhanden sind, aus denen ich das Ganze beliefere? Gibt es Druckerhöhungs-pumpen, Druckhaltepumpen? Wie ist die Redundanz sichergestellt, auch dann, wenn der Strom einmal ausfällt?

Ehmann (Antragstellerin): Das ist in unseren Unterlagen klar und eindeutig darge-stellt. Wir haben nicht nur ein System, sondern wir haben zwei unterschiedliche Systeme. Das eine ist ein System, das direkt aus dem Rhein gespeist wird, wo Pumpen im Kühlwassereinlaufbauwerk stehen, die Rheinwasser in dieses System pumpen. Das System hat einen Hochbe-hälter, der im Dampferzeuger steht, der permanent den Druck erhält.

Das zweite, davon unabhängige System ist an das Trinkwassernetz angeschlossen. Dort, wo Pumpen not-wendig sind, sind immer redundante Pumpen vorhanden. Überdies - das zeigen auch die Zeichnungen, die wir dem Antrag beigelegt haben - gibt es zusätzliche Einspeisun-gen, zum Beispiel eine große Einspeisung direkt am Fluss, wo die Feuerwehr mit zusätzlichen Pumpen ein-speisen kann - oder auch mit dem Feuerlöschboot. Es gibt bisher hier in Mannheim ein altes, und es soll wohl ein neues beschafft werden. Auf alle Fälle gibt es im Mann-heim-Ludwigshafener Raum ein großes Feuerlöschboot, das bei einem Brand sehr große Mengen in das Lösch-wassersystem einspeisen kann.

Alle Bereiche im Freien - das sind nur ganz wenige, weil die Leitungen entweder in Gebäuden oder unterir-disch verlegt sind; das ist zum Beispiel der Anschluss, der

am Rheinufer ist; der ist natürlich im Freien, damit das Feuerlöschboot gegebenenfalls einspeisen kann -, sind durch eine elektrische Begleitheizung so gesichert, dass es dort nicht zum Einfrieren kommen kann.

Dr. Uttendorf (Einwender): Meine Frage ging auch dahin: Was machen Sie, wenn der Strom ausfällt? Ein Feuerlöschboot hat eine eigene Stromversorgung; das ist klar. Es dauert aber eine gewis-se Zeit, bis das Feuerlöschboot da ist. Haben Sie Diesel-pumpen drin?

Ehmann (Antragstellerin): Wir haben natürlich auch eine Notstromversorgung; die müssen wir zum Beispiel für Notlicht und ähnliche Dinge, aber auch für andere Anlagenteile haben. An die sind natürlich auch die entsprechenden Druckerhöhungspum-pen angeschlossen, sodass selbst bei Stromausfall sichergestellt ist, dass die Pumpen betrieben werden können.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das heißt, die Pumpen haben einen eigenen Anschluss an die Notstromversorgung, der nicht von der Betriebsver-sorgung mit genutzt wird?

Ehmann (Antragstellerin): Ja.

Dr. Uttendorf (Einwender): Dann kommen wir zum Komponentenschutz. Ich habe nirgendwo gesehen, wie der Generator gekühlt wird. Es gibt Generatorkühlungen, bei denen der Rotor und der Stator mit Wasserstoff gekühlt werden. Es gibt auch welche, wo nur mit Wasser gekühlt wird. Was haben wir hier vorliegen?

Ehmann (Antragstellerin): Der Stator ist mit Wasser gekühlt. Den Rotor müssen Sie bei so einem großen Generator mit Wasserstoff kühlen. Kleinere Generatoren kann man mit Luft kühlen, aber ein so großer Generator lässt sich nur mit Wasserstoff kühlen. Entsprechend sind auch all die Sicherheitseinrichtungen, die dazu erforderlich sind, vorgesehen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Die sind aber nicht beschrieben.

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Die sind in Kapitel V/2.3.1.4 beschrieben. Ferner in Kapitel V/5.3.3.1 und 5.3.3.2.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich habe es jedenfalls nicht gefunden.

Kommen wir zu den Transformatoren. Gibt es einen Überspannungsschutz, einen Überlastschutz, Buchholz-

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schutz? Wahrscheinlich steht das irgendwo versteckt geschrieben. Differenzial- und Distanzschutz? Gibt es so etwas? Denn der Transformator ist wohl das Teil, das am ehesten in Brand gerät.

Ehmann (Antragstellerin): Die Transformatoren enthalten generell alle entsprechen-den Sicherheitseinrichtungen, die wir benötigen, insbe-sondere - das ist das Wesentliche - die Vorkehrung, dass durch den Buchholzschutz direkt die Sprühwasserlösch-anlage ausgelöst wird. Der Buchholzschutz zeigt recht früh an, wenn am Trafo irgendetwas ist. Insofern werden die Sprühwasserlöschanlage und zugleich die Teile des Transformators, die generell in Brand geraten könnten, sehr früh eingeschaltet und gekühlt. Das ist aus unserer Sicht das Wesentliche. Ansonsten sind die anderen Sicherheitseinrichtungen, die Sie aufgeführt haben, gemäß dem Stand der Technik vorgesehen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Wollen Sie also sagen, mit dem Buchholzschutz wird gegen Überspannungen, Überstrom und Überlast abgesi-chert?

Ehmann (Antragstellerin): Ich bin kein Elektriker. Deshalb kann ich Ihnen im Augen-blick nur sagen, dass wir einen Buchholzschutz im Trans-formator haben.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das ist die Mindestanforderung, die Sie erfüllen müssen: ein Buchholzschutz.

Ehmann (Antragstellerin): Mehr kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay, das sehe ich ein. Aber dann hätte ich gerne bean-tragt, dass man dazu eine Äußerung des Antragstellers bekommt.

Genauso zu den Nebeneinrichtungen des Transforma-tors: Wie wird das Öl überwacht? Wird da eine kontinuier-liche Messung gemacht? Auf Gasgehalt, thermische und elektrische Festigkeit, nach Lichtbogen oder Überhitzung? Ich nehme an, dazu können Sie wahrscheinlich auch nichts sagen. Das kann man dann gleich mit abhandeln.

Ehmann (Antragstellerin): Ich denke, wir haben alle wesentlichen Daten in unserem Antrag dargestellt.

Dr. Uttendorf (Einwender): Nein.

Ehmann (Antragstellerin): Sie sehen das ein bisschen anders. Ich beziehe mich noch einmal auf das, was Herr Essig heute vor der Mit-tagspause gesagt hat. Wenn wir alle diese Daten und Informationen in dem Umfang in den Antrag aufnehmen würden, bekämen wir ein Volumen, das nicht mehr zu überschauen ist.

Wenn Sie bei Veranstaltungen waren, die GKM durch-geführt hat, haben Sie erlebt, dass sich Einwender be-schwert haben, dass wir mit 21 Ordnern ein solches Volumen darstellen, das sie nicht mehr überschauen können. Sämtliche technischen Details, wie etwa alle Schutzeinrichtungen, können wir zu dieser Zeit in dem Antrag - das sind sehr viele technische Details, die Sie haben wollen, die sich an vielen Stellen erst ergeben, wenn wir mit den einzelnen Lieferanten die Verträge vereinbaren - nicht in dem Umfang darstellen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Es geht hier nur um eine Frage. Ich habe es geschafft, dies innerhalb von acht Zeilen zu beschreiben. Da müsste nur stehen: haben wir oder haben wir nicht. Das würde höchstens eine Seite ausmachen. Diesen Argumenten kann ich nicht so ganz folgen. Dann möchte ich, dass dazu etwas geschrieben wird. Ich nehme an, diese Fragen liegen Ihnen vor.

Dasselbe gilt für den Wicklungsschlussschutz usw. Es steht ja alles hier.

Ehmann (Antragstellerin): Es gibt entsprechende VDEW-Empfehlungen für Großge-neratoren, und an die halten wir uns. Die führen wir auch entsprechend aus. Grundsätzlich sind die vorgesehenen Schutzmaßnahmen im Kapitel V/5 und 6 im Antrag darge-stellt.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich habe das deswegen angeführt, weil ein Brand, der hier entstehen würde, durch die Nähe zu den Gebäuden eine unmittelbare Auswirkung auf die Umgebung hätte. Auch dazu werden wir noch kommen, dass wir eine Ausbrei-tungsrechnung haben wollen, damit die Leute wissen, wie sie mit giftigen Dämpfen und Chloriden umgehen müssen. Wir haben das schon einmal vor ein paar Jahren gehabt, dass selbst in Mannheim-Wallstadt noch Geruch von irgendeiner Drossel wahrnehmbar war, die in die Luft gegangen war.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Zu der Forderung kann ich gleich etwas sagen. Eine Ausbreitungsrechnung ist nur dann erforderlich, wenn man die erweiterten Pflichten gemäß Störfallverordnung erfül-len muss. Das gilt bei uns nicht, denen unterliegen wir

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nicht. Insofern ist eine solche Ausbreitungsrechnung für GKM Block 9 nicht erforderlich.

Dr. Uttendorf (Einwender): Soweit ich weiß, ist das noch strittig.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wir hatten eigentlich erwartet, dass das Thema jetzt noch kommt.

Dr. Uttendorf (Einwender): Dann hätten wir das Thema besser vorgezogen. Aber okay. - Dasselbe ist mit dem Generator, der, wenn Sie so wollen, im Prinzip auch ein Transformator ist. Aber hier gibt es noch ein paar Dinge, die zusätzlich kommen, wie etwa die Überwachung des Kühlwasserdurchflusses in den Einzelstäben, Überwachung der Leitfähigkeit.

Alle diese Schutzmaßnahmen, die ich in der Einwen-dung gebracht habe, führen dazu, dass man frühzeitig erkennt, dass eine Gefährdung des Generators vorliegt. Das müsste eigentlich auch im Interesse des Betreibers sein. Es würde auch dem Mann in der Warte, der dort einsam sitzt, vorher eine Warnung geben, bevor der große Knall kommt. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir hierzu Äußerungen haben müssen, damit bei einem Brand nicht die Umgebung mit brennendem Öl oder explosiven Sachen verseucht wird.

Ehmann (Antragstellerin): Wie ich schon gesagt habe, halten wir uns in dem Bereich an die VDEW-Empfehlungen. Das ist der zuständige Verband, der dazu Empfehlungen herausgegeben hat; die erfüllen wir alle.

Dr. Uttendorf (Einwender): Hat der VDEW das auch für Einmannwarten definiert, dass es völlig ausreichend ist, im Kraftwerk eine Ein-mannwarte zu betreiben?

Ehmann (Antragstellerin): Dazu sage ich gleich etwas. Es gibt ja nicht nur den Mann auf der Warte. „Einmannwarte“ heißt, dass wir nicht mehrere Leitstandfahrer haben. Früher, als die Automati-sierung noch sehr wenig fortgeschritten war, gab es im Prinzip für jede Komponente, für den Dampferzeuger, für die Dampfturbine, jeweils einen Mann, der vor einem riesigen Pult saß, weil auch die ganzen Einrichtungen entsprechend groß waren.

Heute werden die Anlagen über Bildschirme bedient und gefahren. Durch die hohe Automatisierungstechnik werden die Einrichtungen und Signale alle auf den Bild-schirmen abgebildet. Es werden sehr viel mehr Informati-onen verarbeitet. Insofern ist man heute in der Lage, die Anlagen quasi vollautomatisch zu fahren.

Nichtsdestotrotz gibt es auch noch andere Personen im Kraftwerk. So haben wir zum Beispiel Rundgänger, die pro Schicht einen Rundgang durch alle wesentlichen Teile der Anlage machen. Es sitzt also nicht nur einer in der Warte herum, sondern es werden wirklich Dampferzeuger, Rauchgasreinigung, das Maschinenhaus, alle wesentli-chen Bereiche pro Schicht von einer Person begangen, die dann, wenn etwas auffällt, was nicht dem Normalzu-stand entspricht, die Dinge frühzeitig erkennen kann. Sie ist dann in der Lage, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Dr. Uttendorf (Einwender): Das ist aber eine sehr idealisierte Darstellung. Tatsache ist, der Mann vor Ort wird sicherlich keine Schalthand-lungsmaßnahmen vornehmen können. Weiterhin wird er bestimmte Fehler, wie partielle Entladungen im Generator, mit Sicherheit nicht hören. Er wird vielleicht einen Lager-fehler hören.

Aber Tatsache ist, bei einer hochautomatisierten Anla-ge, die das Personal wegrationalisiert - so viel zum Ar-beitsplatzerhalt -, geht es sehr viel um die voraussehende Detektion von irgendwelchen Störfällen. Denn die Compu-ter, die wir heute haben, und die Expertensysteme haben alle nicht funktioniert. Der Mensch ist immer noch der Einzige, der eine solche Anlage im Kontext sehen kann.

Das sind ja keine Maßnahmen, die ich mir aus den Fingern gesaugt habe, sondern das sind Maßnahmen, die tatsächlich in Kraftwerken durchgeführt werden, wo auch der Betreiber sagt: Ich will die haben, damit ich sehen kann, wo ich ein Problem kriege - nicht unbedingt heute oder jetzt, sondern vielleicht in einem Tag oder in einem Jahr.

Wenn es im Kraftwerk ein Problem gibt, dann knallt es richtig. Dann brennt es auch. Deshalb bin ich im Rahmen des Brandschutzkonzepts der Meinung, dass die Kompo-nenten so ausgerüstet werden - gerade bei so einem Einmannkonzept, wo nur einer die Kontrolle über die Anlage hat -, dass er bitte schön auch eine Vorwarnung bekommt. Denn Expertensysteme - das haben wir festge-stellt -, funktionieren nicht.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ehmann (Antragstellerin): Herr Dr. Uttendorf, egal ob drei Leute in der Warte sitzen oder einer: Bestimmte Dinge kriegen die ganz klar nicht mit. Dass wir Schwingungsüberwachungen an der Dampf-turbine einschließlich des Generators, an allen großen Antrieben, an allen großen Gebläsen vornehmen, ist einfach Stand der Technik. Über Lagerüberwachungen muss man aus unserer Sicht eigentlich nicht reden. Das machen alle Leute - -

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(Dr. Kruse: Wie soll denn ein Mann das ganze Kraftwerk überwachen? Ich meine, wenn der Mann irgendwie einen Herzschlag kriegt oder sonst was, dann - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kruse.

(Dr. Kruse: - - die sind ja auch nicht so zu-verlässig!)

- Herr Kruse, Ihr Beitrag geht für das Protokoll verloren, wenn Sie nicht an das Mikrofon gehen.

Dr. Kruse: Ich habe mich lange genug mit Computern beschäftigt, gerade auch im Kraftwerk. Auch die Verkabelung usw. - das hat der Herr Kollege schon mit Recht gesagt - ist heute teilweise nicht so sicher. Da werden heute Profi-Bus-Systeme eingesetzt. Man kann nicht in jedem Fall erkennen, ob das Profi-Bus-System, das die Datenüber-tragung vom Messumformer zum Computer macht, in allen Fällen richtig funktioniert. Da gibt es auch keine automatischen Erkennungsprogramme in den Computern, die feststellen können, dass das Profi-Bus-System jeweils ausgefallen ist. Deswegen gibt es spezielle Hardwarevor-richtungen, mit denen man erkennen kann, ob das Profi-Bus-System ausgefallen ist. Frage: Haben Sie solche Hardwarevorrichtungen im Kraftwerk vorgesehen?

Die zweite Sache: Es ist natürlich ein großes Risiko, wenn der Mann allein das Kraftwerk fährt, eventuell auch nachts. Es kann ihm ein Herzschlag oder sonst etwas passieren, und kein anderer Mensch ist da, der das Kraftwerk weiter fahren und führen kann. Dann bauen sie einen dicken Störfall. Es ich ja nicht so, dass solche Störfälle nicht vorgekommen sind.

Im Kernkraftwerk in Brunsbüttel ist der Transformator durchgebrannt. Trotz Buchholzschutz hat der Trafo gebrannt. Dann hieß es: großer Störfall im Kernkraftwerk! - Das kann in jedem Kraftwerk passieren, auch in einem konventionellen. Dann gibt es einen großen Brand und großen Qualm und die Feuerwehr muss kommen. Dann ist die Katastrophe da.

So ein Kraftwerk können Sie nicht mit einem Mann fahren; das ist einfach unmöglich. Sie müssen mindestens zwei, drei Leute auf der Warte haben. Für den Fall, dass Computer ausfallen, gibt es auch redundante Computer. Die Computer werden heute redundant, das heißt diversi-tär eingesetzt. Es gibt ausfallsichere Rechnersysteme, es gibt sogar hier in Mannheim eine Firma, die solche Anla-gen für Erdölraffinerien und Erdölfördertürme etc. baut.

Ich meine, dann müssen Sie eine solche Anlage ein-setzen. Dann können Sie nicht eine x-beliebige ABB-Anlage, die vielleicht heute schon überholt ist, einsetzen. Sie müssen dafür die modernste, zum Beispiel eine

Siemens-Anlage oder eine ähnliche Anlage einsetzen. - Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Ich gehe zuerst einmal auf das Personal ein. Ich hatte es vorhin schon versucht zu sagen: Wenn davon die Rede ist, dass das eine Einmann- oder Ein-Cockpit-Warte ist, dann heißt das, da sitzt nur einer am Bildschirm. Dennoch besteht die Mannschaft, besteht jede Schicht für so einen Block aus mehreren Leuten. Da gibt es zum Beispiel einen Blockführer, der der Zuständige für die ganze Mannschaft ist. Dann gibt es den Leitstandfahrer, dann gibt es die Leute, die als Rundgänger unterwegs sind. Da ist nicht nur eine Person.

Sie dürfen generell nirgendwo nur einen Mann alleine sitzen lassen. Das ist einfach Vorschrift. Klar, Sie dürfen nicht jemanden irgendwo allein in den Behälter oder in den Dampferzeuger oder sonst wo hineinlassen, weil heute schon durch die Vorschriften berücksichtigt ist, dass dem etwas passieren könnte.

Was Sie ansprechen, ist Standard; es ist entsprechend vorgegeben. Es gibt eine ganze Menge Vorschriften, die vor allem natürlich für die Teile, die sicherheitsrelevant sind, das heißt für alle Schutzsysteme, mindestens zwei Systeme fordern. Insofern hat man auch zwei Bussyste-me. Man hat entsprechend zwei parallele Rechnersyste-me.

Es werden weiterhin überwacht, ob die sicherheitsre-levanten Systeme funktionieren. Es werden überall, wo kritische Werte gemessen werden, diese entweder in zwei von drei oder in eins von zwei gemessen. „Eins von zwei“ heißt, da werden zwei Messungen gemacht; sobald eine Messung anspricht, wird der Schutz ausgelöst. Da das aber die Verfügbarkeit einschränkt, bauen wir typischer-weise zwei von drei. Das heißt, zwei von drei Messungen müssen ansprechen, dann wird der Schutz ausgelöst.

Das sind Standards, die auch in den entsprechenden Vorschriften zugrunde gelegt sind. Bevor wir die Anlage in Betrieb nehmen, gibt es eine Abnahme durch eine Behör-de, die uns bescheinigen muss, dass wir alle entspre-chenden Vorschriften eingehalten haben. Diese Beschei-nigung geht dann an die Genehmigungsbehörde des Regierungspräsidiums. Erst wenn wir von dort die Freiga-be bekommen, dürfen wir den Betrieb der Anlage aufneh-men.

Sie dürfen nicht meinen, dass wir hier irgendetwas hinbauen und es dann einfach betreiben. Da gibt es eine ganze Menge Vorschriften. Wir dürfen die Anlage, wenn sie gebaut ist, nur dann in Betrieb nehmen, wenn alle

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Überwachungen, alle Schutzkriterien im Einzelnen geprüft und abgenommen worden sind und uns das von einer unabhängigen Behörde, einer unabhängigen Stelle schriftlich bestätigt worden ist.

Dr. Kruse: Zwei-von-drei-Sicherheitssysteme sind Stand der Technik im Kernkraftwerk. Aber Sie haben ein konventionelles Kraftwerk. Da ist es nicht für alle Systeme und Kreisläufe erforderlich, Zwei-von-drei-Systeme zu haben. Die haben Sie nur in sicherheitsgerichteten Kreisläufen, zum Beispiel bei der Brennersteuerung usw. Das heißt, die anderen Messgeräte fahren alle vielleicht redundant, also diversi-tär, doppelt, aber das ist dann eben auch der Standard.

Es ist doch niemandem zuzumuten, dass er ein gan-zes Kraftwerk allein mit Hilfe des Computers fährt. Wie gesagt, es gibt auch viele Störungen in Computern, es gibt Doppelausfälle in Computern. Die hat es schon überall gegeben, auch in Amerika bei General Electric und überall.

Ich meine, es ist einfach eine gewisse - ich möchte sagen - Leichtsinnigkeit, wenn Sie das Kraftwerk nur mit einem Mann fahren und vielleicht noch einen Rundgänger haben, der in dem großen Kraftwerk einmal hinhört, ob irgendwo ein Lager klirrt oder ein Ventil leckt. Der kann das ganze Kraftwerk gar nicht so schnell durchlaufen.

Wenn ein Störfall auftritt, dann tritt er sehr plötzlich und schnell auf. Dann müssen Sie den Mann am Computer haben, der sofort reagieren kann und notfalls das Kraft-werk auch abfahren kann, mit rotem Knopfdruck usw. Ich finde, es ist eine gewisse Leichtsinnigkeit, wenn Sie das Kraftwerk nur mit einem Mann betreiben würden. - Das kann ich Ihnen als Computermann sagen. - Das kann man heute gar nicht machen. Das ist ein Leichtsinn, den Sie da betreiben.

Es ist in Brunsbüttel alles mit Zwei-von-drei-Systemen abgesichert gewesen; trotzdem hat der Trafo gebrannt, mit riesigen Qualmwolken. Außerdem kann nicht nur der Trafo, es kann auch die Turbine hochgehen. Es ist be-kannt, dass sich gerade auch in konventionellen Kraftwer-ken der Turbinenläufer löst und durch das Turbinenhaus fliegt - vielleicht auf einen Trafo, auf die Schaltwarte oder sonst wohin fliegt.

Wie ist denn überhaupt die Schaltwarte gegen diesen Turbinenloslauf abgesichert? Haben Sie dort eine Siche-rung?

Verhandlungsleiterin Salchow: Nach der Antwort von Herrn Ehmann ist dann Herr Göde-ke dran. Dann hatte sich noch einmal Herr Uttendorf gemeldet.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich war noch nicht fertig.

Verhandlungsleiterin Salchow: Aber Herr Gödeke hatte sich zwischenzeitlich gemeldet.

Ehmann (Antragstellerin): Sie hatten die Geschichte mit den Turbinen angespro-chen. Es ist kein Standard, dass irgendwelche Turbinen-läufer durch die Gegend fliegen und zerstört werden. Es gab in der Vergangenheit Probleme mit Turbinenläufern, weil man bei Anlagen, die in den 50er- oder 60er-Jahren gebaut worden waren, nicht in der Lage war, geschmiede-te Läufer, die einen Durchmesser von einem Meter und mehr hatten, durchzuprüfen bzw. durchzustrahlen. So ist es innen zu Rissen in den Turbinenläufern gekommen. Mittlerweile gibt es diese Techniken, und diese Läufer werden komplett so durchstrahlt, dass man sicher sein kann, dass derartige Dinge nicht entstehen.

Wesentliche Prüfungen müssen während des Baus gemacht werden, sodass man sicher ist, dass die Bauteile in Ordnung sind. Außerdem gibt es von Zeit zu Zeit wie-derkehrende Prüfungen; dazu gibt es auch entsprechende Vorschriften. Dadurch wird sichergestellt, dass sich die Anlagen so verhalten, wie sie es sollen.

Es ist ganz klar, dass nicht alle Messungen und alle Einrichtungen doppelt redundant gemacht werden, son-dern wirklich nur die sicherheitsrelevanten. Es ist auch wichtig, dass die wirklich sicherheitsrelevanten Dinge automatisch die Anlage abschalten. Das darf gar nicht über das Personal gehen. Das ist bei anderen Dingen auch so. Wenn bei der Eisenbahn irgendetwas passiert, dann können Sie nicht warten, bis der Zugführer auf einen roten Knopf drückt und die Notbremsung auslöst, sondern das muss allein vom System aus funktionieren.

So ist das im Kraftwerk auch. Was wir hier praktizie-ren, ist allgemeiner Stand der Technik und der Sicher-heitstechnik. Er ist von allen zuständigen Gremien und Behörden abgesegnet und abgenickt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Das war ja ein sehr kompetenter Vortrag des Einwenders vor mir. Den wollte ich nicht unterbrechen. Ich würde meine Meldung durchaus zurückstellen. Ich habe mir meine Notizen gemacht. Ich kann also gerne warten. Ich wollte niemanden unterbrechen. Ist das in Ordnung so?

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann soll Herr Uttendorf seine Einwendungen zu Ende vortragen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Wir waren bei der Rissdetektion stehen geblieben. Sie haben eben gesagt, wenn ich es richtig verstanden habe: Sie haben Rissdetektionen an den Turbinen und an den

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großen Lüftern oder was auch immer. An den großen Maschinen haben Sie also Rissdetektionen. Ist das eine Rissdetektion, wie sie Bently-Nevada anbietet - es muss nicht dieses Fabrikat sein -, mit Überwachung der Harmo-nischen bis zur dritten Harmonischen, wo Sie sehen können, ob Sie eine Phasenverschiebung oder eine Amplitude haben, die sich beim Hochfahren oder beim Herunterfahren oder im Betrieb ändert? Ist es so etwas?

Nur dann können Sie sicher sein, dass so eine Turbine sich nicht verselbständigt. Wir haben hier 610 Grad. Wenn das Ding durch die Gegend fliegt, dann ist es über der Zündtemperatur von brennbaren Materialien. Das heißt, es könnte eventuell ganz Neckarau abräumen.

Ehmann (Antragstellerin): Als ich vor zwei Tagen das Projekt vorgestellt habe, habe ich Ihnen gesagt, dass wir schon seit über 85 Jahren Kraftwerke betreiben. Wir betreiben auch jetzt eine ganze Menge Turbinen. Aufgrund unserer besonderen Situation hat fast niemand so viele Turbinen wie GKM. Wir haben Wellenschwingungsaufnehmer, wir haben Lagerbock-schwingungsaufnehmer, die in den Schutz integriert sind. Sobald bestimmte Grenzwerte überschritten werden, werden die Anlagen abgeschaltet.

Ganz klar, es wird vom Betriebspersonal überwacht, dass man in die kritischen Drehzahlen überhaupt nicht hineinfährt oder schnell hindurchfährt bei entsprechenden Bedingungen, je nachdem, wie die Turbinen sind. Das ist alles Stand der Technik und wird heute schon so prakti-ziert. Wir haben nach Neckarau noch keine Läufer hi-nausgeworfen oder Ähnliches. Insofern denke ich, dass wir das auch in Zukunft bei dem Block beherrschen werden.

Dr. Uttendorf (Einwender): Darf ich dazu etwas sagen? - Zunächst einmal haben Sie bis jetzt noch keine Turbine gehabt, die 610 Grad hat, also rotglühend ist. Dann ist es so: Was Sie geschildert haben, ist der Mindeststandard, ist der Hauruck-Standard. Wenn also irgendwelche Grenzwerte überschritten werden, dann haue ich die Turbine herunter, dann mache ich einen Schnellschuss.

Aber bei der Rissdetektion, wie sie Bently-Nevada macht - ich will jetzt keine Reklame machen; ich glaube, auch Schenker macht so etwas oder hat so etwas ge-macht – werden die Schwingungen der Turbine über-wacht, ob sie sich ändern und ob sich die Phasenlage ändert, und zwar bis zur dritten Harmonischen. Man kann daraus erkennen, wenn sich irgendwo ein Riss entwickelt.

Das heißt, man kann im Vorhinein, bevor man eine Notabschaltung machen muss, eine Abschätzung vor-nehmen, ob man die Turbine gefahrlos weiter betreiben kann oder nicht. So etwas ist hier aber nicht vorgesehen.

Ehmann (Antragstellerin): Wie ich Ihnen gesagt habe, zeichnen wir die ganzen Werte auf. Es ist so, wie Sie das dargestellt haben: Wenn man Änderungen der normalerweise vorliegenden Schwingungswerte feststellt, kann man daraus entspre-chende Rückschlüsse ziehen. Das ist natürlich auch bei uns Stand der Technik.

Dr. Uttendorf (Einwender): Noch einmal - vielleicht sind Sie in diesem Metier nicht so ganz drin -: Tatsache ist, hier geht es darum, Analysen zu machen und nicht irgendwelche Schwingungen aufzu-nehmen, die die Grenzwerte überschreiten. Hier geht es darum, eine echte Analyse zu machen.

Ich möchte den Antrag stellen, dass eine richtige Schwingungsüberwachung nach dem Stand der Technik, die heute schon bei kleinen Kraftwerken eingesetzt wird, vorgenommen wird.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Ehmann (Antragstellerin): Ich habe gesagt, dass wir das tun. - Ich möchte dem, was Sie vorher gesagt haben, hinzufügen: Auch wenn man eine Dampftemperatur von 610 Grad hat, glüht die Turbine nicht. Sie brauchen sich nicht vorzustellen, dass die rotglühend oder sonst etwas wäre. Unter den Bedingun-gen würden die Werkstoffe gar nicht halten. Nein, das kann gar nicht sein, das funktioniert nicht. Da haben Sie eine falsche Vorstellung, dass diese Temperatur bei diesen Werkstoffen, diesen Stählen, die da eingesetzt werden, zu einem Glühen führen würde.

Dr. Uttendorf (Einwender): Dann würde ich Ihnen empfehlen, einmal in Ihre Schmiede zu gehen - Sie haben bestimmt eine Schmiede in der Lehrwerkstatt - und den Schmied zu fragen. Bei 600 Grad haben Sie ein rotglühendes Eisen.

Ehmann (Antragstellerin): Eisen, ja.

Dr. Uttendorf (Einwender): Besteht die Turbine nicht aus Eisen, oder wie? - Aus Stahl. Das ist etwas anderes?

Ehmann (Antragstellerin): Es ist kein Eisen, sondern es ist hochwertiger, warmfester Stahl, der extra entwickelt worden ist, um diese Tempera-turen auszuhalten. Gerade deshalb macht ihn der Schmied ja rotglühend, weil er ihn dann verformen kann. Es könnte weder der Läufer, der der Fliehkraft unterliegt, noch das Gehäuse, das dem Druck des Dampfes unter-liegt, diese Belastung aushalten, wenn sie rotglühend wären. Dann würden sie zäh, dann würden sie fließen. Das funktioniert nicht.

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Dr. Uttendorf (Einwender): Die Farbe rotglühend oder hellrotglühend ist nicht von der Festigkeit, sondern allein von der Temperatur abhängig. Sie haben Recht, Sie setzen Stähle ein, die hochwarmfest sind und die sich nicht bei 600 Grad schmieden lassen. Aber wenn so ein Ding durch die Gegend fliegt, dann wird alles in Brand aufgehen, was in Brand aufgehen kann. Denn die Zündtemperatur bei normalen brennbaren Materialien liegt bei 400 °C.

(Dr. Kruse: Ich möchte dazu noch etwas sa-gen!)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kruse, lassen Sie jetzt Herrn Uttendorf und Herrn Ehmann ihr Zwiegespräch zu Ende führen! Dann ist Herr Gödeke dran.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich denke, das sollten wir jetzt nicht mehr vertiefen, weil da einfach konträre Meinungen sind.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn das Zwiegespräch zu Ende ist, ist Herr Gödeke dran.

Dr. Kruse: Sie könnten ja wenigstens die Stahlsorte nennen, mit der der Turbinenläufer ausgestattet ist. Rotglühend ist natür-lich etwas übertrieben; das sagt man so im Volksmund. Aber im Prinzip ist es so, dass der Stahl bei 600 Grad oder mehr äußerst beansprucht ist.

Ehmann (Antragstellerin): Ich kann Ihnen die Stahlsorte im Augenblick nicht sagen. Die Stahlsorten haben ihre eigenen Namen, die herstel-lerabhängig sind. Es sind in den letzten Jahren - das sage ich jetzt pauschal - Stähle entwickelt worden; für den Rohrleitungsbau bezeichnet man die mit P92, P91; da gibt es auch entsprechende DIN-Bezeichnungen. Vergleichba-re Stähle werden auch im Turbinenbereich eingesetzt. Für den Läufer ist das natürlich ein Stahl, der hochfest ist. Die Bezeichnung kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen.

Wir haben aber klar gesagt, dass die Turbine von Alstom kommt. Es ist also kein Thema, wer die liefert und wie der Werkstoff heißt. Da gibt es bei Alstom auch keine Alternativen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

(Dr. Kruse: Danach hätten Sie sich aber längst erkundigen können!)

Gödeke (Sachbeistand): Ich würde darum bitten, den Beamer auf das Laptop zu schalten. Da ist ein kleines Bildchen drauf.

(Foto: Brand im Kraftwerk Niederaußem – Anlage 12, S. 321)

Das ist die richtige Einstimmung zum Thema Brandschutz. Es ist das Kraftwerk Niederaußem. Da sieht man einige Feuerwehrautos.

Einleitung zum Brandschutzkonzept: Das Brand-schutzkonzept, das von der Firma DMT vorgelegt wurde, macht sehr allgemeine Aussagen. Exemplarisch gehe ich einmal auf Punkt 6.3.3. ein.

Bei „Sonstige Löschanlagen“ steht dann nur: Es wird eine geeignete Löschanlage vorgesehen. Welche, wird nicht ausgeführt. Es gibt keinen Spezialanhang. Da fehlt eine Angabe.

Des Weiteren zieht es sich wie ein roter Faden durch dieses Brandschutzkonzept, dass eine Reihe von Vor-schriften zitiert wird, wie das gemacht werden muss. Es wird aber nicht beschrieben, wie es dann gemacht wird. Das heißt, ich kann nicht einen Antrag stellen und sagen - ich will es einmal etwas überspitzt ausdrücken -: Wir werden uns an die Vorschriften halten. Sie müssen schon konkret benennen, wie Sie sich an die Vorschriften halten. Das ist in dem Brandschutzkonzept nicht gewährleistet.

Dann komme ich zu einem Punkt, der vom BUND an-gesprochen wurde: Es ist keine Löschwasserrückhaltung vorgesehen. Begründet wird das damit, wassergefährden-de Stoffe seien nicht in nennenswertem Umfang vorhan-den. Ich sage es einmal ganz deutlich: Es ist sehr flapsig mit der Anlagensicherheit und mit dem Brandschutz umgegangen worden.

Ich habe hier eine Unterlage vorliegen, die aus dem Vortrag der Saar Energie stammt: Löschwasserrückhal-tung in Kraftwerken der Saar Energie. Da sind unter anderem Turbinenöle und alle möglichen Öle, Wasserge-fährdungsstufe 2, aufgeführt, die auch in Ihrem Kraftwerk vorhanden sein werden, wenn es gebaut wird. Bei Kraft-werken dieser Größenordnung sind Mengen von insge-samt bis zu 200 qm³ an Ölen vorhanden. Nach Löschwas-serrückhalterichtlinie ist auch ein Löschwasserrückhalte-volumen vorzusehen. Das ist hier nicht der Fall.

Von daher ist das Brandschutzkonzept für einen Ge-nehmigungsantrag völlig unbrauchbar, um das ganz klar zu sagen. Ich werde Ihnen diese Unterlage der Saar Energie gerne kopieren und der Genehmigungsbehörde zur Verfügung stellen. - Das erst einmal grundsätzlich zum Brandschutzkonzept.

Im Prinzip sind viele einzelne Punkte bereits von ei-nem Einzeleinwender angesprochen worden. Dem habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen.

Das Brandschutzkonzept ist komplett zu überarbeiten und zu konkretisieren. Das ist der Antrag des BUND dazu.

Ich denke, zur Auswirkungsbetrachtung bei einem Störfall wird Herr Rahner noch etwas sagen, weil wir uns

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aufgrund der Unterlagen noch nicht einig waren, ob die Anlage den Grundpflichten oder den erweiterten Pflichten der Störfallverordnung unterliegt. Das war aus den Unter-lagen nicht ersichtlich.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich würde vorschlagen, dass jetzt der Brandschutzexperte der Stadt Mannheim dazu Stellung nimmt und dann Herr Rahner. Dann hatten sich Herr Uttendorf und Herr Kriebel noch einmal gemeldet.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Zum Thema Gutachten der Firma DMT ist so viel zu sagen: Das Gutachten stellt den Stand dar, der im Augen-blick in den Unterlagen dargeboten wird. Wir haben das entsprechend bewertet. Dadurch, dass noch sehr viele technische Details fehlen, fehlen diese logischerweise auch in dem brandschutztechnischen Gutachten und konnten von uns auch noch nicht bewertet werden.

Es ist bei solchen Objekten üblicherweise so, dass mit zunehmendem Baufortschritt das Ganze wesentlich konkreter wird. In dem Maße, wie das Ganze konkreter wird, müssen ergänzende Unterlagen nachgereicht werden. Das steht so auch in der Stellungnahme von meinem Amt. Wir haben das, sage ich einmal, zur Kennt-nis genommen.

Es gibt von unserem Amt Erläuterungen zu der jetzi-gen Stellungnahme. Es gibt auch einen Endsatz, der lautet: In dem Maße, in dem die Baufortschritte konkret werden, muss jeder Abschnitt neu bewertet werden. - Das ist aus unserer Sicht keineswegs abschließend und auch nicht ausreichend; das ist klar.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Die letzten Ausführungen sind aus Einwendersicht natür-lich eher unbefriedigend, weil bei späteren Ergänzungen die Öffentlichkeit nicht mehr beteiligt ist. Die hier aufge-worfenen Fragen betreffen durchaus in einem nicht unerheblichen Umfang Umwelt- bzw. Drittschutzbelange. Gerade bei der Frage des Rückhaltebeckens reden wir hier auch über eine potenzielle Gefährdung für den Rhein, die von der Vorhabenträgerin vielleicht zu Unrecht zu niedrig eingeschätzt worden ist.

Diese Fragen kann man sich bei anderen Themen, die hier angeschnitten wurden, ebenfalls stellen. Von daher kann ich aus der Behördensicht Ihre Antwort zwar nach-vollziehen; aber aus der Einwendersicht ist es sehr unbe-friedigend, gerade an diesen sicherheitsrelevanten Stellen im Unklaren gelassen zu werden. Vor diesem Hintergrund haben wir die Unvollständigkeit der Unterlagen auch an diesem Punkt gerügt.

Was Herr Gödeke vorhin kurz angesprochen hat, hat-ten wir schon bei den Verfahrensfragen thematisiert, nämlich die Frage, ob bei dieser Anlage im Hinblick auf die Störfallverordnung nur die Grundpflichten oder auch die erweiterten Pflichten einzuhalten sind. Wir haben die Auffassung vertreten, dass die erweiterten Pflichten einzuhalten sind. Wenn ich mich richtig erinnere, war diese Frage von der inhaltlichen Klärung her offen und ist dem weiteren Verfahrensgang vorbehalten.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Das Thema Löschwasserrückhaltung hat auch uns natür-lich beschäftigt. Wir haben dazu bereits Gespräche mit dem GKM geführt. Auch wenn das Kellergeschoss nicht explizit als Löschwasserrückhaltung ausgewiesen ist, so geht es, soweit ich weiß, auf minus 7 m über die gesamte Grundstücksfläche, die bebaut werden soll. Wir haben dieses als Löschwasserrückhaltung betrachtet. Da kom-men einige tausend Kubikmeter zusammen. Das ist nicht so ausgewiesen, aber es würde sich dafür eignen und würde dann einfach geflutet.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf, Herr Kriebel und Herr Gödeke.

(Zuruf)

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Der Bereich ist frei von Menschen und Mitarbeitern. Das ist das Kellergeschoss, das ist offen. Da ist keine Decke drauf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich möchte auf die Äußerungen der Stadt Mannheim zurückkommen. Wir reden nicht über Baufortschritte oder welche Räume abgeschottet werden müssen und wo neue Räume entstehen, bei denen man heute noch nicht beurteilen kann, wo Brandschutz nötig ist und wo es F90-Türen gibt. Das ist nicht das Thema. Hier geht es darum, wie ein vorbeugender Komponentenschutz aufgebaut wird.

Bei dieser Löschwasserrückhaltung ist mir nicht klar, wie Sie normalerweise verhindern, dass eine Sumpfpum-pe einfach anspringt. Normalerweise werden Sumpfpum-pen automatisch betrieben. Das heißt, wenn Wasser unten ankommt, dann pumpen Sie es einfach heraus, wenn das Level erreicht ist.

Als ich bemängelt habe, dass im Rahmen des Brand-schutzkonzeptes hierzu eine Aussage fehlt, haben Sie mich leider unterbrochen. Wie wird verhindert, dass die Sumpfpumpen das Löschwasser inklusive der Brandreste einfach in die Kanalisation pumpen? Eigentlich müsste Herr Ehmann etwas dazu sagen.

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Ehmann (Antragstellerin): Wie wir in unserem Antrag dargestellt haben, sind aus un-serer Sicht aufgrund der entsprechenden Vorschrift - das ist die Löschwasserrückhalterichtlinie beim Lagern was-sergefährdender Stoffe von Baden-Württemberg - keine Rückhalteanlagen erforderlich, weil wir die entsprechen-den Mengenschwellen an wassergefährdenden Stoffen unterschreiten. Insofern wäre rein rechtlich keine Lösch-wasserrückhaltung erforderlich.

Wir sehen es aber so, dass das Löschwasser, wenn im Maschinenhaus gelöscht wird, automatisch in den Maschinenhauskeller läuft, der dann das Auffangbecken darstellt. Dann haben wir vorgesehen, dass das GKM-Kanalnetz am Übergang auf das städtische Kanalnetz mit einer entsprechenden Armatur versehen wird, die sofort geschlossen werden kann, sobald mit dem Löschen begonnen wird, sodass das ganze Kanalnetz zur Verfü-gung steht, um Löschwasser zurückzuhalten. Das Lösch-wasser kann dann beprobt und entsprechend behandelt und entsorgt werden.

Wir haben auch Kapazitäten, um Löschwasser auf un-serem Gelände zusätzlich zu speichern, sodass es im Brandfall möglich ist, Löschwasser aufzufangen und zurückzuhalten.

Zu den Sumpfpumpen, die Sie ansprechen: Man muss bei jeder einzelnen Pumpe betrachten, wohin sie pumpt. Da wir auch eine Betriebswasseraufbereitungsanlage haben, pumpen unsere Sumpfpumpen aus den Anlagen typischerweise in die Betriebswasseraufbereitung. Die werden im Brandfall bzw. im Löschfall ausgeschaltet. Aber es entsteht dadurch keine direkte Gefährdung, selbst wenn so eine Pumpe zunächst noch einmal ansprechen sollte, weil die Wässer in eine entsprechende Reinigungs-anlage gehen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Meine Frage dazu: Wie werden die ausgeschaltet, von Hand? Geht da einer vorbei und schaltet die alle aus? Wird diese Armatur am Kanal, von der Sie gesprochen haben, durch einen automatischen Brandmelder ausge-löst, oder muss einer auf einen Knopf drücken, oder muss sogar einer hinlaufen und es zudrehen?

Ehmann (Antragstellerin): Von Hand werden solche Dinge heute nicht mehr betätigt. Die werden alle fernbetätigt. Wie weit man diese Dinge automatisiert und wie weit man diese Dinge gegebenen-falls manuell bedient, ist in der gegenwärtigen Phase noch nicht endgültig entschieden. Sie müssen wirklich sehen: Das sind Dinge, die in der Detailplanung umgesetzt werden.

Dr. Uttendorf (Einwender): Okay, darin gebe ich Ihnen Recht. Aber wir reden hier über ein Brandschutzkonzept. Natürlich kann man nicht

jede Wand oder Mauerdurchführung geplant haben. Aber ich werde zumindest eine Strategie angeben: Das passiert automatisch von der Warte aus. Oder der arme Mann, der dort sitzt, muss auch noch daran denken, auf den Knopf zu drücken. Oder vielleicht sorgt die Brandmeldeanlage dafür, dass das automatisch zufährt. Oder die Feuer-löschpumpen geben ein Signal ab. Wie auch immer! - Hier geht es nicht darum, konkrete Ausbildungen zu machen, sondern hier geht es um ein Konzept.

Ehmann (Antragstellerin): Es geht um ein Konzept. Aber gerade da muss man sich auch viele Dinge überlegen. Wenn man zum Beispiel im Kanalnetz Kapazitäten für Feuerlöschwasser bereithalten will, muss man gucken, dass man die Armatur nicht so früh schließt. Wenn es dann draußen regnet, füllt sich nämlich ein Teil des Kanalnetzes schon mit Regenwasser.

Insofern muss man so etwas qualifiziert und in Ruhe überlegen und sich die Kapazitäten und alle Details angucken, damit man so ein Konzept richtig und qualifi-ziert macht. Aber so etwas kann erst in der Detailplanung, wenn alle Dinge vorliegen, gemacht werden und können nicht in so einer frühen Phase alle erledigt sein. Wir haben weder die Planungskapazitäten, noch ist es vertretbar, dass wir, bevor wir eine Genehmigung oder immissions-schutzrechtliche Erlaubnis für die Anlage haben, schon Planungen bis in extreme Tiefen betreiben. Das können wir weder praktisch noch finanziell machen. Daher werden manche Dinge erst später geklärt, wenn klar ist, dass wir so eine Anlage auch bauen dürfen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kriebel, Herr Gödeke.

Kriebel (Einwender): Gibt es ein Meldesystem, das störungsrelevante Daten an die Stadt bzw. an die Feuerwehr überträgt? Ich frage das auch im Hinblick auf eine Erfahrung, die ich im vergange-nen Monat gemacht habe. Ich hatte da das Gefühl, dass es eine Störung im Block 6 gab. Als ich an dem Wochen-ende aus der Pfalz zurückkam, habe ich gesehen, dass aus dem Gebäude Qualm austrat – nicht aus dem Schornstein, wie üblicherweise.

Ich habe mir daraufhin die Störfallbroschüre der Stadt Mannheim herausgeholt und die dort angegebene Tele-fonnummer gewählt. Ich musste aber feststellen, dass niemand abhob. Dann habe ich mir überlegt: Was machst du jetzt? – Den Notruf will man ja nicht gleich anrufen. – Darum habe ich mir aus dem Telefonbuch eine Nummer der Feuerwehr herausgesucht. Die haben mich gefragt - ich glaube, das war die Wache Nord -, ob ich von der Feuerwehr wäre, weil ich auf der Nummer angerufen habe. Die Wache hat mich dann darauf verwiesen, dass sie nicht zuständig sei, sondern die Feuerwache – glaube ich – hinter dem Bahnhof. Sie haben gemeint, sie würden

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sich darum kümmern und beim GKM anrufen. Dann habe ich nichts mehr gehört.

Auch im Hinblick auf eine Überlastung des Personals möchte ich fragen: Ist das ein Dreischichtbetrieb oder ein Zweischichtbetrieb? Es ist schon ein Unterschied, ob ich acht Stunden oder zwölf Stunden arbeite.

Ich möchte dann den Antrag stellen, dass störungs-relevante Daten an die Feuerwehr übertragen werden. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr König.

König (Feuerwehr Stadt MAnnheim): Im Augenblick ist die Regelung so: Es gibt auf dem Gelände des GKM mehrere Brandmeldeanlagen für die einzelnen Kraftwerksblöcke. Diese laufen beim sogenann-ten Hauptmelder an der Pforte zusammen. Diese ist rund um die Uhr von einem Mitarbeiter besetzt. Von dort wird dann die Betriebsfeuerwehr verständigt.

Das GKM hat keinen Hauptmelder, der zu uns durch-läuft. Das bedeutet: Der Brandmeldealarm ist intern und nicht bei uns aufgeschaltet.

Kriebel (Einwender): Ich meine nicht nur brandmeldemäßig relevante Daten, sondern ich meine auch immissionsmäßig relevante Daten. Denn es gibt Zustände, dass der Bürger vor Gefahren gewarnt werden muss, wenn plötzlich ein gefährlicher Immissionszustand eintritt.

Ich weiß von anderen Großanlagen, dass deren Lei-tungen entweder direkt an das Gewerbeaufsichtsamt oder an die Feuerwehr gehen, wenn es ein Gefahrenpotenzial gibt.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Es gibt hier üblicherweise nur Brandmeldeanlagen. Das sind sogenannte Direktleitungen, die vom Werk über ein festes definiertes Kabel zu uns auflaufen und dort einen entsprechenden Alarm auslösen – allerdings nur Feuer-alarm.

Es gibt noch die Möglichkeit der sogenannten D1- bis D4-Meldungen. Das haben wir in einigen großen Betrie-ben hier in Mannheim. Diese Meldungen erfolgen über ein Fax bzw. parallel dazu über einen Telefonanruf bei uns.

Kriebel (Einwender): Dann frage ich mich: Warum geschieht das nur bei einigen Großbetrieben in Mannheim und nicht bei einem so großen Betrieb wie dem GKM?

Verhandlungsleiterin Salchow: Wie ich es verstanden habe, hat das GKM eine eigene Werkfeuerwehr. Das ist natürlich etwas anderes als bei den anderen Firmen, die das nicht haben.

Kriebel (Einwender): Ist die Werkfeuerwehr rund um die Uhr da?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr König.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Das GKM hat im Augenblick den Status einer Betriebsfeu-erwehr. Es ist vorgesehen, im Rahmen der Genehmigung des Blocks 9 diese Betriebs- in eine Werkfeuerwehr umzuwandeln.

Kriebel (Einwender): Wie deckt sich das dann mit dem Personalstand? Ist dann der eine Mann, der auf der Leitwarte sitzt, gleichzeitig auch Feuerwehrmann?

(Heiterkeit bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Der ist natürlich nicht Feuerwehrmann. Wenn wir eine Werkfeuerwehr haben, haben wir die Pflicht, einen Chef und fünf andere – ich hoffe, die Zahl ist richtig – perma-nent dort zu haben. Das muss in jeder Schicht sicherge-stellt sein.

Zu der Frage vorher: Wir haben drei Schichten unter der Woche. Am Wochenende wird bei uns zweischichtig gearbeitet. In jeder Schicht müssen dann diese eins plus fünf Leute verfügbar sein, ohne dass diejenigen, die die Anlage fahren, davon tangiert sind. Ganz klar: Wenn die Anlage selber betroffen ist, wird sie abgeschaltet.

Darüber hinaus haben wir natürlich die Stromversor-gung und die Fernwärmeversorgung aufrechtzuerhalten. Wir können natürlich nicht, wenn es in einem Teil des Werkes brennen sollte, auf einmal sämtliche Anlagen abstellen, und alle Betriebsmannschaften gehen dann zum Löschen. Es gibt also die Anforderung, dass diese Mannschaften quasi zusätzlich zu der Mindestbesatzung, die die Anlagen fährt, verfügbar sein müssen.

Kriebel (Einwender): Dann stelle ich den Antrag, dass auch am Wochenende ein Dreischichtbetrieb zu fahren ist. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass am Wochenende ein anderer Gefah-renzustand herrscht als unter der Woche.

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Weiterhin möchte ich den Antrag stellen, dass auch störungsrelevante Daten bezüglich der Immissionswerte an die Feuerwehr übertragen werden.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke und Herr Uttendorf.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe diese Diskussion zwischen fachlich versierten Einwendern und der GKM, insbesondere Herrn Ehmann, sehr interessiert verfolgt. Eine Antwort von Herrn Ehmann war zum Beispiel: Das ist eine frühe Phase.

Ich muss Sie doch darauf hinweisen: Wir befinden uns hier nicht auf einem Scopingtermin. Sie haben einen ganz konkreten Genehmigungsantrag gestellt. Nach § 4 -4 a bis 4 e - der 9. BImSchV sind die Anforderungen an die Antragsunterlagen zu erfüllen. Das tun Sie aber nicht. – Das muss ich einmal so feststellen. – Die unvollständigen Dinge können so nicht stehen bleiben. Da muss nachge-liefert werden.

Zum Brandschutzkonzept habe ich schon einen Antrag gestellt. Auch bei den anderen sicherheitsrelevanten Punkten machen Sie sehr unklare Angaben.

Die Stadt Mannheim ist da im Kontakt. Sie sagt aber auch: Das ist alles noch im Aufbau; dazu kann man noch nicht viel sagen. Von der Stadt Mannheim wurde im Prinzip bestätigt: Das kann so nicht sein.

Es kann auch nicht sein, dass erst nach dem Erörte-rungstermin Unterlagen vorgelegt werden, die dann der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Der Sinn und Zweck der Erörterung ist doch, dass man über den vorgelegten Antrag sprechen kann und nicht nur über Teile des Antrags. Das möchte ich hier einmal ganz deutlich sagen. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ich leide etwas darunter, dass Sie mich aus der Rednerlis-te dauernd wieder herauswerfen. Insofern zersplittert sich das etwas.

Ich gehe zunächst einmal auf die Standleitung zur Feuerwehr zurück. Ich habe in meinen Einwendungen das Problem beschrieben: Wenn ein Brand ausbricht, entsteht ein großes Chaos.

Ich kenne Anlagen, wo der Brandschützer von der Stadt bzw. von der Feuerwehr sagt: Ich möchte autark sein, wenn ich mit meinem Feuerwehrauto dort hineinfah-

re. Das heißt, ich brauche ein Brandmeldetableau beim Pförtner. Dort steht genau drin, über welchen Weg ich zum Brandherd komme, sodass ich niemanden fragen muss, sondern sofort mit dem Löschen anfangen kann. – Vielleicht ist so etwas hier vorhanden. Aber das ist nicht beschrieben. Das ist das Problem.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr König.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Üblicherweise haben Sie bei Objekten dieser Größenord-nung einen sogenannten Feuerwehreinsatzplan. Das heißt, dass wir entsprechende Übersichts- und Geschoss-pläne des gesamten Objektes haben. Bei sehr großen Firmen – das Großkraftwerk Mannheim gehört schon in die Kategorie „sehr große Firmen“ – sind das mehrere Leitz-Ordner. Diese Ordner lagern an der Pforte, die rund um die Uhr besetzt sein muss.

Darüber hinaus gibt es bei jeder Brandmeldeanlage in einer Art Zentrale – hier im Gebäude gibt es die übrigens auch – sogenannte Melderlaufkarten. Die Brandmelde-anlage ist so aufgebaut, dass im gesamten Gebäude Schleifen verteilt sind, auf denen die Rauchmelder sitzen. Diese Melder werden auf den Karten verzeichnet. Ich erkenne also an der Brandmeldeanlage eine Schleifen-nummer, ziehe die Karte, die zu dieser Schleifennummer gehört, gehe mit Hilfe dieser Karte in diesen Bereich, der von den Meldern überwacht wird, und sehe dort nach, was da los ist: Hat es wirklich gebrannt, oder ist das ein techni-scher Defekt oder Ähnliches? – So funktioniert das ganze System: Feuerwehreinsatzplan plus Melderlaufkarte. Das ist auch im GKM so vorhanden.

Dr. Uttendorf (Einwender): Mir ist das alles bekannt, dass das so funktioniert. Aber im Brandfall hat niemand Zeit, solche Leitz-Ordner durchzu-wühlen. Man kann dann auch nicht irgendwelche Brand-melderkarten ziehen.

Ich weiß, dass die städtische Feuerwehr sagt: Ich möchte beim Pförtner erfahren, bei welchem Gebäude an welcher Ecke der Brandmelder angeschlagen hat. Ich fahre dann zu dem Eingang – dort ist sogar eine Rund-leuchte - und finde dort das Brandmeldetableau mit den Karten, die Sie eben erwähnt haben. So kann ich autark einen Brand löschen, ohne dass ein paar stammelnde Mitarbeiter, die vielleicht in Panik geraten sind, mir falsche Anweisungen geben. Ich will völlig autark sein.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Diese Möglichkeit ist gegeben. Wir gehen mit unseren Forderungen sogar darüber hinaus: Wir wollen eine Werkfeuerwehr haben.

Ich kenne das GKM aus eigener Anschauung; ich hat-te dort schon einige Einsätze. Die Anlage ist dermaßen

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groß und komplex, dass wir ohne eine direkte Einweisung von Fachleuten – das sind die Kollegen der Werkfeuer-wehr – sehr viel länger brauchen, bis wir eingreifen können.

Vor allem die Erstmaßnahmen müssen durch werk-eigene Kräfte – das ist die Werkfeuerwehr – geleistet werden. Der Vorteil der Werkfeuerwehr ist doch, dass diese Leute eine Ortskenntnis haben, die wir nie erlangen können, weil wir uns in diesem Werk nicht so viel aufhal-ten. – Das ist eigentlich die Hauptaufgabe einer Werkfeu-erwehr: die Erstmaßnahmen einleiten, uns qualifiziert einweisen und uns bei unserer Arbeit unterstützen. Wir bringen die Manpower mit, aber die Ortskenntnis eines ortsansässigen Werkfeuerwehrmannes können wir nie ersetzen.

Dr. Uttendorf (Einwender): Die Leute sind aber beim Löschen und stehen Ihnen als Auskunftspersonen nicht mehr zur Verfügung.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Uttendorf, im Interesse wahrscheinlich fast aller: Das ist sehr interessant zu verfolgen, aber das bringt der Genehmigungsbehörde im Rahmen dieses immissions-schutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens im Moment keinen weiteren Erkenntnisgewinn.

Sie haben alle Ihre Fragen stichwortartig schriftlich vorgetragen. Damit muss sich der Antragsteller sowieso auseinandersetzen. Das macht er gemeinsam mit der Stadt Mannheim oder im Rahmen der Überwachung durch die Stadt Mannheim. Dann werden wir das zu entscheiden haben.

Eine solche Tiefenschärfe wie jetzt hatten wir auch schon bei anderen Themen. Es gibt aber einen Punkt, wo ich um ein Ende bitte. Ich will Ihnen jetzt nicht das Wort abschneiden. Aber überlegen Sie sich einmal, wie lange Sie dazu in etwa noch fragen wollen! Wir sind seit gut einer Stunde mit diesem einen Spezialthema beschäftigt. – Herr Kriebel hat sich noch gemeldet.

Kriebel (Einwender): Ich habe noch zwei Fragen, zum einen: Ist das Brand-meldesystem redundant? Werden da meldetechnisch zwei unterschiedliche Wege gefahren?

Zum anderen: Hat der Pförtner noch andere Aufga-ben? Sprich: Ist er wirklich acht Stunden an seinem Arbeitsplatz? – Ich weiß von unserem eigenen Pförtner, dass er gerade in den Spätstunden noch Aufgaben der Gebäudeüberwachung wahrnehmen muss.

Wird es die Werkfeuerwehr vor Inbetriebnahme von Block 9 geben?

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt eine letztmalige Antwort von Herrn Ehmann dazu.

Ehmann (Antragstellerin): Es ist nicht ein Pförtner. Tagsüber haben wir sowieso mehr. Während der ganzen Nacht sind immer mindestens zwei Pförtner an der Hauptpforte anwesend. Wenn einer einmal heraus oder auf die Toilette muss, ist immer ein anderer noch da.

Wir werden sicherstellen, dass die Werkfeuerwehr zu Beginn der Inbetriebnahme von Block 9 – nicht erst dann, wenn der Block seinen Leistungsbetrieb aufnimmt – funktionsfähig ist.

Kriebel (Einwender): Ich hatte noch die Frage zur Redundanz des Brandmelde-systems gestellt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr König.

König (Feuerwehr Stadt Mannheim): Das ist eine Brandmeldeanlage gemäß der Richtlinie des VdS, des Verbands der Sachversicherer. Diese Anlage funktioniert auf Schleifenbasis. Das heißt, wenn ein Leitungsweg zerstört ist, funktioniert noch der zweite. Das ist wie ein Looping. Bei Zerstörung eines Kabelteils ist also das zweite immer noch funktionsfähig. Selbst wenn ein Kabel abbrennt, gibt es eine Störmeldung, sodass Sie erkennen können, dass bei dieser Schleife etwas nicht stimmt. – So sind Anlagen nach VdS generell aufgebaut.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es noch irgendwelche Wortmeldungen zum Brand-schutzkonzept? – Herr Dr. Uttendorf noch ein letztes Mal.

Dr. Uttendorf (Einwender): Ganz kurz: Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass wir da jetzt nicht mehr weitermachen, sondern dass wir zu diesen Punkten, die ich schriftlich niedergelegt habe, eine Stel-lungnahme bekommen werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Ihre Stellungnahme liegt dem Antragsteller ja vor. Im Rahmen des Genehmigungsbescheides müssen die Punkte, soweit sie entscheidungsrelevant sind, abgearbei-tet werden.

Insbesondere ist uns in Aussicht gestellt worden, dass das Konzept mit Baufortschritt im Detail weiterentwickelt wird und dann von der Stadt Mannheim auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen jeweils neu geprüft wird. Das muss uns als Genehmigungsbehörde reichen.

(Dr. Uttendorf [Einwender]: Okay!)

Das Thema Brandschutzkonzept und Löschwasser ist jetzt also erledigt.

Gibt es Weiteres zur Anlagensicherheit? – Da gab es noch die Fragen zum Ammoniak, Ammoniakwasser,

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Störfallverordnung - ja, nein -, erweiterte Pflichten, Grund-pflichten. – Herr Rahner.

Rahner (Rechtsbeistand): Wir hatten schon ganz am Anfang des Erörterungstermins gesagt, dass das noch offen und abschließend zu prüfen sei.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Essig.

Essig (RP Karlsruhe): Herr Rahner, ich kann das tatsächlich bestätigen. Es gibt im Antrag ein Formblatt, das sich mit dem Thema Störfall auseinandersetzt. Es ist zumindest in einem Teil, sagen wir einmal: etwas unglücklich verfasst.

Ich erwarte jetzt eigentlich, dass von der Firma GKM noch eine Erklärung abgegeben wird, damit sich jeder hier im Saal ein Bild davon machen kann, um welche Anlage es sich überhaupt handelt – ich weiß das, aber Sie wissen das im Moment nicht – und wie relevant sie nach der Störfallverordnung ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Es handelt sich um das Formblatt in der Anlage V/2.2-5. Die gleiche Angabe ist noch einmal in der Anlage V/3-3. Da kam es, wie Herr Essig gesagt hat, zu einem Missver-ständnis bei der Kennzeichnung vom Ammoniakwasser.

Ammoniakwasser verwenden wir dort in einer Kon-zentration von weniger als 25 %. Unter „Gefährlichkeits-merkmale“ sind hinten die Kennzeichnungen „N“ und „C“ und die R-Sätze R 34 und R 50 eingetragen. Das sind die Sätze – darauf beruht das Missverständnis -, die für Ammoniak oder Ammoniakwasser generell gültig sind.

Sie können das in dem Sicherheitsdatenblatt erken-nen, das als Anlage V/5-9.14 dem Antrag beiliegt. Dort ist unter „2. Zusammensetzung – Angaben zu Bestandteilen“ „Ammoniaklösung wässrig“ aufgelistet. Dann sind diese Gefahrensymbole und die beiden R-Sätze angegeben.

Das gilt aber eben für das Ammoniakwasser, das ge-nerell 25 oder mehr Prozent hat. Dadurch, dass wir 24,5-prozentiges Ammoniakwasser haben, fallen die Kenn-zeichnung „N“ und der R-Satz R 50 weg. Das können Sie auf dem Datenblatt des Herstellers auf Seite 7 zum Punkt 15, Vorschriften, erkennen. Da stehen nur noch die Gefahrensymbole „C“, ätzend, und der R-Satz 34: „R 34 verursacht Verätzungen.“

In der Störfallverordnung können Sie feststellen, dass eigentlich nur R 50 dafür verantwortlich ist, dass das Ammoniakwasser gegebenenfalls der Störfallverordnung unterliegen würde. Da dieser R-Satz bei uns nicht zutrifft,

unterliegt unser Ammoniakwasser mit 24,5 % nicht der Störfallverordnung.

In den beiden Formblättern müssen also diese Dinge gestrichen werden. Das können wir an der Stelle überar-beiten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Wir hatten uns natürlich auf den Antrag und auf das Formblatt bezogen. Das war unter Ziffer 9 a der Stoffliste der Störfallverordnung eingetragen.

Ich beantrage, dass durch labormäßige Eingangskon-trollen gesichert wird, dass der Ammoniakgehalt des Ammoniakwassers immer zweifelsfrei unter 25 % ist. Das heißt, es ist im GKM eine Eingangskontrolle durchzufüh-ren, die das gewährleistet. Ansonsten sind die entspre-chenden Regelungen der Störfallverordnung anzuwenden. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es noch Meldungen zur Anlagensicherheit?

(Dr. Kruse begibt sich zum Saalmikrofon)

– Herr Kruse, Sie hatten mir vorhin gestanden, dass Sie es verabsäumt hatten, vor dem 14. Oktober Einwendun-gen zu erheben.

(Dr. Kruse: Ich habe es leider nicht gewusst! Aber ich habe noch eine wichtige Frage!)

- Wenn es eine Frage ist, die schnell beantwortet werden kann, gerne!

Dr. Kruse: Es geht noch einmal um das Kesselwasser. Früher hat sich oft Kesselstein gebildet, wodurch die Rohrwände dann nicht ausreichend gekühlt wurden und die Gefahr des Reißens von Kesselrohren bestand. Gibt es solche Schwierigkeiten immer noch, und besteht eventuell die Gefahr, dass der Kessel explodiert?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Derartige Dampferzeugeranlagen muss man mit hochrei-nem entmineralisiertem Wasser betreiben. Dafür werden sogenannte Vollentsalzungsanlagen – bei uns heißen sie „Zusatzwasseraufbereitungsanlagen“ – betrieben, in denen all diese Mineralien, die später ausfallen könnten, wenn das Wasser verdampft wird, entfernt werden.

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Zum Zweiten: Wenn der Dampf am Ende der Dampf-turbine kondensiert worden ist, wird das Kondensat durch die Kondensatreinigungsanlage geleitet. Dort werden all die Dinge, die in den Kreislauf hineinkommen konnten, entfernt, sodass wieder hochreines Wasser vorne in den Dampferzeuger eingeleitet wird. Deshalb besteht die Gefahr, die Sie angesprochen haben, nicht.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn es jetzt keine Wortmeldungen mehr zur Anlagen-sicherheit gibt, rufe ich Tagesordnungspunkt 5.8 auf:

5.8 Abfall- und Abwasserentsorgung

In diesem Zusammenhang war eine Kohlestaubeintragung in das Gewässer befürchtet worden, weiterhin Gefahren durch Abfälle. Es ist die Frage gestellt worden, was mit den Reststoffen Gips und Asche passiert. Weiterhin wurde die Lagerkapazität für die Reststoffe in Frage gestellt. – Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Sie hatten eben nicht geguckt: Ich hatte noch eine Wort-meldung zur Anlagensicherheit. Da noch nicht abschlie-ßend geklärt ist, ob es Grund- oder erweiterte Pflichten sind - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke, da waren Sie gerade draußen. Herr Essig hatte genau diese Frage aufgeworfen. Während der Antwort von Herrn Ehmann sind Sie hereingekommen. Das wird richtiggestellt.

Gödeke (Sachbeistand): Dann möchte ich noch einen Antrag stellen: Ich beantra-ge, dass – bis das geklärt ist – Ausbreitungsrechnungen gemäß Bericht SFK-GS-26 für den Fall gemacht werden, dass das doch die erweiterten Pflichten betrifft.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke. – Also Abwasser- und Abfallentsorgung, Koh-lestaubeintrag ins Gewässer, Gefahren durch Abfälle, Reststoffe Gips und Asche, Lagerkapazität! – Herr Göde-ke.

Gödeke (Sachbeistand): Wir hatten das Thema schon einmal angerissen und dann vertagt. Die vorhandenen Altlasten und die damit verbun-denen Belastungen - -

Verhandlungsleiterin Salchow: Das ist Punkt 8, Boden- und Grundwasserschutz!

Gödeke (Sachbeistand): Nein, nein, das ist Abfallentsorgung.

Verhandlungsleiterin Salchow: Jetzt geht es um die produktionsbedingten Abfälle, aber nicht um die Altlasten. Es geht zum Beispiel um Gips und Asche und um die Frage: Ist das Abfall oder sind das Wertstoffe? Das ist jetzt die Thematik.

Gödeke (Sachbeistand): Auch dazu kann ich gerne etwas sagen. Wir hatten im Zusammenhang mit der Immissionsprognose bereits die Angaben zur Kohlequalität und zum Schadstoffgehalt in der Kohle kritisiert. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kraftwerksnebenprodukte Gips, Flugasche und Feuerraumasche. Von daher sind die tatsächlichen Schadstoffgehalte der Kohlen anhand einer Stofffluss-analyse zu ermitteln. Weiterhin ist entsprechend zuzuord-nen, ob das als Recyclingmaterial gelten kann. Es sind im Moment Richtlinien für RC-Baustoffe in Arbeit. Da gibt es die Kategorien 1, 2 und 3.

Es wird beantragt, die ermittelten Stoffdaten diesen Klassen zuzuordnen. Wenn es zu Überschreitungen käme, wäre das zu beseitigen.

Wir haben dazu auch Unterlagen. Wir beschäftigen uns im Bundesarbeitskreis Abfall unter anderem mit Recyclingbaustoffen mit Blick auf die zurzeit sich in Vorbereitung befindlichen Richtlinien. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es sonst noch Wortmeldungen zum Thema Abfall- und Abwasserentsorgung? – Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Das zweite Thema ist Abwasser. Der BUND hält es für nicht zulässig, Abwässer aus der chemisch-physikalischen Behandlung der Rauchgasreinigungsabwässer in den Rhein abzuleiten. Wir haben das entsprechend begründet. Es werden dort wassergefährdende Chemikalien zuge-setzt. Das erfüllt dann nicht mehr die Kriterien der Anhän-ge. Die Abwässer sind also nicht in Oberflächengewässer einzuleiten. Ich verweise da auch auf das Verschlechte-rungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie. Diese Stoffe, z. B. Natriumhypochlorid, sind also nicht in Oberflächen-gewässer einzuleiten. – Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schöbel, wollen Sie dazu etwas sagen? – Bitte!

Schöbel (RP Karlsruhe) Zu diesen Hinweisen, die wir gerne entgegengenommen haben, noch folgende Anmerkungen: Abwässer sind nach § 7 a des Wasserhaushaltsgesetzes - ich darf etwas ausholen - entsprechend dem Stand der Technik zu reinigen. Über das Wasserhaushaltsgesetz hat sich die Bundesregierung die Möglichkeit gegeben, eine Abwas-

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serverordnung zu schaffen, in der die Grenzwerte genannt werden, die bei Abwässern bestimmter Herkunftsbereiche zu erfüllen sind.

Wir haben hier zwei Bereiche, die in der Abwasser-verordnung relevant sind: unter Anhang 31 die Dampfer-zeugung und Anhang 47 das Abwasser aus dem Bereich der Verbrennung von Steinkohle.

Sie haben sicher Recht, dass an der Stelle kein REA-Abwasser mehr in den Rhein eingeleitet wird. Ich meine es jetzt nicht ironisch, auch wenn es so klingen mag: Ich hoffe, dass dort niemals REA-Abwasser eingeleitet wird.

Die chemische Behandlung mittels verschiedener Chemikalien soll und muss bleiben. Danach muss das abgeleitete Abwasser die Grenzwerte der Abwasser-verordnung einhalten. Insoweit ist es notwendig, mit organischen Sulfiden zu arbeiten. Das TMT 15 beispiels-weise ist ein standardisiertes Fällungsmittel. Schwer-metallsulfide als die schwerlöslichste Form der Metallver-bindungen können nur auf diesem Weg in einer solchen Qualität ausgefällt werden, dass der Abwasserstrom entsprechend entlastet wird.

Zu Ihrem Hinweis, dass die Anwendung dieser Chemi-kalien aus der Sicht der VAwS nicht zulässig sei, möchte ich nur Folgendes anmerken: Es muss auf jeden Fall sichergestellt sein, dass die Anforderungen der VAwS bei der Lagerung dieser Chemikalien erfüllt werden und dass die Chemikalien, wenn sie eingesetzt werden, in dem Prozess verbraucht werden.

Noch ein Hinweis: Im Grundsatz haben wir die Ver-wendung von wassergefährdenden Stoffen im Bereich des Abwassersystems nicht der VAwS unterworfen. Es steht im § 19 g des Wasserhaushaltsgesetzes ausdrücklich drin, dass Abwasser nicht dem Bereich der Anlagen bzw. der Tätigkeiten zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zuzuzählen ist. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Wie Sie schon richtig bemerkt haben, erfüllt dieses Ab-wasser nicht mehr die Anforderungen der entsprechenden Anhänge, weil es eine chemisch-physikalische Behand-lung gibt. Es ist im Antrag nicht dargestellt, wie diese stark wassergefährdenden Substanzen – ich spreche jetzt nicht vom TMT 15, sondern vom Natriumhypochlorid - rück-standfrei aus dem Wasser herausgeholt werden.

Daher wird dort beantragt, dass ein Ausgangslabor kontinuierlich die entscheidenden Parameter misst. Das ist labormäßig kein Problem; ich selber komme aus einem analytischen Labor. Es muss sichergestellt sein, dass keine Rückstände von zugesetzten Chemikalien in den Rhein gelangen. Sie müssen - entsprechend der Aufberei-tung des Wassers für die Dampfkessel - eine Umkehr-

osmose, also eine zusätzliche Wasserreinigung, dazwi-schenschalten, die Anionen und Kationen aus dem Was-ser entfernt. Ansonsten halte ich das für nicht zulässig. – Danke schön.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchte die Antragstellerin dazu etwas sagen? – Ich habe eben den Arm von Herrn Dr. Seeliger in der Luft gesehen. Aber das war wohl in einem anderen Zusammenhang.

Dr. Seeliger (Antragstellerin): Im Ordner 4 – ich weiß nicht, ob Herr Gödeke das meinte – sind im Kapitel 9 in mehreren Unterkapiteln Angaben zum Umgang mit den wassergefährdenden Stoffen enthalten. – Sie sagten doch, es seien nirgendwo Anga-ben darüber zu finden. Vielleicht habe ich das aber auch falsch verstanden.

Gödeke (Sachbeistand): Dazu habe ich überhaupt nichts gesagt. Ich habe gesagt: Es wurden keine Angaben gemacht, wie Sie aus dem Abwasser der REA-Abwasserbehandlungsanlage die zugesetzten Chemikalien wieder entfernen. Das steht in diesem Kapitel Ihres Antrages nicht drin. – Den habe ich natürlich gelesen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann und dann noch einmal Herr Schöbel.

Ehmann (Antragstellerin): Dieser Stoff soll dazu dienen, das Quecksilber aufzuoxi-dieren. Wie Herr Schöbel schon gesagt hat, gibt man nur so viel von diesem Stoff hinzu, dass er in der Abwasser-anlage völlig verbraucht wird und nichts übrig bleibt.

Die Anlage als solche haben wir beschrieben. Aber es gilt generell für alle Stoffe, dass man nur so viel dazugibt, dass sie insgesamt verbraucht werden. Natürlich sollen sie hinterher nicht eingeleitet werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schöbel.

Schöbel (RP Karlsruhe) Das Hypochlorid darf nach der Behandlung nicht mehr vorhanden sein. – Insofern ist es richtig, dass Sie nichts dazu gelesen haben, was mit dem Hypochlorid passiert.

Wir haben üblicherweise eine Potenzialmessung in entsprechenden Abwasserbehandlungsanlagen. Die Verfahrenstechnik an sich greift nicht nur bei Kraftwerks-technologien Platz, sondern auch im Bereich des Anhangs 40, Abwasser aus der Metallbearbeitung. Die oxidative Wirkung von Hypochlorid nutzen wir alle bisweilen in unserem Haushalt, um organische Bestandteile bzw. in

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diesem Fall die Schwefelverbindungen, die nicht die Wertigkeitsstufe 6 erreichen, zur Sulfatstufe hochzuoxidie-ren. Bei diesem Prozess geht das Hypochlorid aus der aggressiven Oxidationsform in die Chloridsituation über und führt dann nicht mehr zu einer Gewässerbelastung.

Grundsätzlich sind die Behandlungschemikalien dazu da, das Rohabwasser zu entlasten und die Schadstoffe aus dem Rohabwasser herauszunehmen bzw. in un-schädliche Formen zu überführen. Danach muss diese Chemikalie weg sein. – Danke schön.

Gödeke (Sachbeistand): Ich habe bereits einen entsprechenden Antrag gestellt, der das sicherstellen soll.

Ich möchte eins noch ergänzen – wenn wir schon in die Chemie hineingehen, wollen wir auch ganz genau werden -: Wenn Sie eine Substanz oxidieren wollen, können Sie nicht stöchiometrisch zugeben. Es gibt das Massenwirkungsgesetz, und es gibt Lösungsgleichgewich-te. Sie müssen sowieso im Überschuss zusetzen, und diesen Überschuss müssen Sie wieder entfernen.

Ich komme selber aus einem Labor; ich habe mit sol-chen Dingen gearbeitet. Man muss da eine Sicherheits-reserve einbauen. Es ist daher kontinuierlich zu überprü-fen, ob das Wasser, das aus der Anlage herauskommt, noch Überreste des Zusatzmittels enthält. Sobald z. B. Hypochloridanionen durch Messfühler festgestellt würden, müsste der Abwasserfluss sofort gestoppt und beispiels-weise in ein Rückhaltebecken geleitet werden. Anschlie-ßend müsste das mit einem Reduktionsmittel reduziert werden. – Solche Vorrichtungen sind vorzusehen. Da sind wir, denke ich, auch mit der Wasserbehörde d’accord.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es sonst noch Wortmeldungen?

(Dr. Kruse meldet sich zu Wort)

- Wenn es ganz schnell geht! Denn Sie sind, wie gesagt, eigentlich kein Einwender.

(Dr. Kruse: Ja gut, aber ich bin ein bisschen ein Betroffener! - Heiterkeit)

Dr. Kruse: Es geht jetzt um ein anderes Thema als Wasser: Das Kraftwerk wird auch CO2 abgeben. Das ist doch das Hauptproblem; das Wasser beherrscht man ja. Das CO2 kann man heute noch nicht richtig herausfiltern. Ich habe allerdings gelesen, dass man das in Zukunft wird heraus-filtern können.

Wie ist das dann mit der Ableitung dieses CO2? Wird das in Rohrleitungen oder sonst wie abgeleitet? Wird das in Gesteinen oder woanders gelagert? – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Kruse, Sie waren den ersten Tag nicht da. Das haben wir ausführlich behandelt. Wir möchten doch in der Tagesordnung bleiben.

Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt 6 auf:

6. Gewässerschutz/Hochwasserschutz

Da war befürchtet worden, dass lagernde wassergefähr-dende Stoffe bei Hochwasser in den Rhein gelangen könnten. Es wurde die Frage gestellt, wie überhaupt der Schutz vor extremen Hochwasserereignissen aussieht. Ausweislich der Unterlagen wurde wohl an einen hundert-jährlichen Hochwasserschutz gedacht. Es ist aber ein zweihundertjährlicher Hochwasserschutz gefordert. – Das waren die Einwendungen, die zu diesem Thema einge-gangen sind. – Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Das Geländeniveau, auf dem die Anlage gebaut werden soll – es ist im Übrigen auch das Niveau von den dane-benliegenden Blöcken 7 und 8 -, ist 95,8 m über NN. Mit unserem Geländeniveau liegen wir somit oberhalb des höchsten Hochwassers, das am Rhein dort registriert worden ist. Wir decken das hundertjährliche Hochwasser ab, das von den Vorschriften gefordert wird.

Der Schutz gegen das zweihundertjährliche Hochwas-ser wird durch die Polder gewährleistet. Deshalb soll der Polder hier in der Nachbarschaft gebaut werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ein zweihundertjährliches Hochwasser ist sicher ein Extremereignis. Allerdings ist der erwähnte Polder noch nicht vorhanden. Im Moment könnte man auf ihn nicht zurückgreifen, wenn ein Hochwasser kommt.

Meine Frage an die Stadt Mannheim ist, wie die Pla-nungen dazu sind. Für Karlsruhe weiß ich das; aber für Mannheim wissen Sie vermutlich besser, wie die Hoch-wasserschutzplanungen aussehen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah.

Krah (Stadt Mannheim): Wir haben in Mannheim einen Schutz vor einem 120-jährlichen Hochwasser. Geplant ist, über das integrierte Rheinkonzept den Schutz vor einem zweihundertjähr-lichen Hochwasser zu erreichen. Das wird dann ermög-licht, wenn die gesamten Polder- und Rückhaltemaßnah-men, ich sage einmal: zwischen Basel und Karlsruhe durchgeführt werden. Das wird mit Sicherheit noch Jahr-zehnte dauern.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 28.11.2008

Bis dahin gilt das Abkommen zwischen Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg, in dem die Dammhöhen für ein hundertjährliches Hochwasser festge-legt worden sind. Dies ist da, aber mehr ist nicht da.

Wenn also ein Hochwasser kommt, das höher als die derzeitige Bemessungsgrundlage ist, fließt es zuerst in die Bereiche, die niedriger sind. Da Mannheim durchgängig einen gewissen Schutz hat, wird ein solches Hochwasser zunächst in solche Bereiche hineinfließen, die noch nicht einen solchen Hochwasserschutz errichtet haben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Schöbel, Sie wollten noch etwas sagen.

Schöbel (RP Karlsruhe) Ich möchte in diesem Zusammenhang auf § 10 Abs. 4 VAwS hinweisen. In Baden-Württemberg sind wir, glaube ich, mit dem Anlagenschutz und mit dem Schutz des Gewässers im Überflutungs- und Hochwasserfall sehr weit gediehen. Wir haben für den Fall, der hier diskutiert wird, folgende Aussage, nämlich dass für

„Anlagen der Gefährdungsstufe D“

- das ist eine bestimmte Anlagenkonzeption mit einem entsprechenden Volumen wassergefährdender Stoffe -

„in Überschwemmungs- und hochwasserge-fährdeten Gebieten, für die Schutzeinrich-tungen gegen ein mindestens hundertjährli-ches Hochwasserereignis bestehen, im Fall der Neuerrichtung“

entsprechende Schutzmaßnahmen vorzunehmen sind. Das heißt, eine Anlage, die hinter einem Damm steht, der ein hundertjährliches Hochwasserereignis aushalten kann, muss man zusätzlich noch Schutzmaßnahmen im Detail gegen mechanische oder hydraulische Einwirkungen errichten.

Wir haben hier aber die Situation, dass wir nicht hinter einem Damm liegen, sondern mit der Anlage an sich bereits über dem hundertjährlichen Hochwasser sind, sodass die Fiktion des gebrochenen Dammes nicht zum Tragen kommt, weil die Anlage an sich schon so hoch steht. – Das wollte ich zur Ergänzung noch anmerken. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein und dann Herr Gödeke.

Gottstein (BUND): Im Zuge des Klimawandels wissen wir, dass die hundert-jährlichen Hochwasser beinahe jedes Jahr passieren. Da die Anlage zum CO2-Anstieg weltweit beiträgt und den Klimawandel noch beschleunigt, beantragen wir, dass geprüft wird, ob das zweihundertjährliche Hochwasser als Grundlage zu nehmen ist.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Ich denke, der Antrag ist durchaus berechtigt. Es ist doch ein erhebliches Gefahrenpotenzial gerade auch durch wassergefährdende Stoffe, z. B. Öle, vorhanden. - Wir werden Ihnen dazu noch etwas nachreichen. – Von daher ist da ein besonderer Schutz, ein besonderes Schutzkon-zept erforderlich.

Herr Gottstein hat gerade schon angesprochen, dass die hundertjährlichen Hochwasserereignisse gar nicht mehr als solche bezeichnet werden können, weil sie sehr viel häufiger auftreten. Gerade die Starkregenereignisse haben doch erhebliche Gewässeranstiege zur Folge. Deshalb ist vorausschauend zu planen und sind stärkere Schutzmaßnahmen vorzusehen, als sie bisher vorge-schrieben werden. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Cullmann.

Cullmann (BUND): Ich weiß zwar, dass das Großkraftwerk ziemlich hoch liegt. Das ist aber nicht am Coal Point der Fall. Meine Frage ist, ob der neue Block so hoch liegen soll wie das ursprüngliche Kraftwerk. Das weiß ich leider nicht. Aber der Coal Point liegt auf jeden Fall nicht so hoch. Was wird dort für den Hochwasserschutz getan?

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann.

Ehmann (Antragstellerin): Das gilt auch für den Coal Point. Sie haben Recht, dass es heute auf dem Coal Point eine Stelle gibt, die nicht ganz so hoch liegt. Aber wir müssen das Kraftwerksgelän-de natürlich eben halten. Ich kann das Kohlelager nicht auf unterschiedlich hohem Gelände aufbringen. Deswe-gen wird das komplette Gelände das Niveau von 95,8 m haben.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Verstehe ich Sie richtig, dass Sie am Coal Point praktisch aufschütten, um das Gelände auf Kraftwerksniveau zu nivellieren?

Ehmann (Antragstellerin): Ich weiß jetzt nicht, was Sie unter Aufschüttung verstehen. Aber wir nivellieren das Geländeniveau. Das ist eigentlich bei allen derartigen Baumaßnahmen der Fall, dass eine Anlage auf einem ebenen Gelände gebaut wird.

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Gödeke (Sachbeistand): Die Frage ist damit beantwortet. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass das Schüttmaterial entsprechend verfestigt wird, dass es also bei Hochwasser nicht aufweichen darf. Es muss bestimm-te Kriterien erfüllen. Sand und Kies z. B. wären dafür ungeeignet. Bei einer solchen Aufschüttung muss also der Hochwasserschutz berücksichtigt werden, dass der Untergrund eine schützende Funktion hat und nicht ausgespült werden kann. – Danke schön.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein und Herr Cullmann.

Gottstein (BUND): Herr Ehmann, noch eine Nachfrage: Nivellierung kann ja zweierlei bedeuten: Sie schütten auf, oder Sie nivellieren auf den tiefsten Punkt herunter. Das hätte ich gerne noch klargestellt. Bei mir jedenfalls ist nicht so klar angekom-men, was Sie unter Nivellierung verstehen. Nivellierung kann, wie gesagt, Aufschütten oder Abtragen bedeuten.

Ehmann (Antragstellerin): Wir schütten nur auf, und zwar an den Stellen, die heute etwas zu tief sind. Beim Coal Point generell gibt es keine substanziellen Unterschiede zwischen den Gelände-niveaus. Es sind nur kleine, minimale Unterschiede, die im normalen Bauablauf ausgeglichen werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Cullmann.

Cullmann (BUND): Herr Ehmann, bitte erlauben Sie mir noch eine Frage. Sie haben im Zusammenhang mit dem Coal Point in dem Antrag geschrieben, dass Sie das Schienensystem erneuern. Bleibt das Schienensystem dann auf dem bisherigen Niveau, oder wird das auf ein neues Niveau erhöht?

Ehmann (Antragstellerin): Das Schienenniveau kommt dann auf das neue Niveau. Wir können natürlich keine Sprünge einbauen, sondern müssen gleitende Übergänge herstellen, damit die ent-sprechenden Vorschriften mit Blick auf die Eisenbahn eingehalten werden.

Verhandlungsleiterin Salchow: Wenn es jetzt zu diesem Themenkreis keine Fragen mehr gibt, kommen wir, da wir den Punkt 7, Naturschutz, vorgezogen hatten, nun zu einem Thema, das Herrn Gödeke schon sehr lange am Herzen liegt, und zwar zu Tagesordnungspunkt 8:

8. Boden- und Grundwasserschutz

Da wurde ein Baugrundgutachten gefordert. Das Problem der Altlastensanierung, insbesondere die Altlast im Be-reich des Maschinenhauses, wurde angesprochen. Weiterhin geht es noch um Grundwasserschutz gegen weitreichende Grundwasserabsenkungen. Ich nehme an, dass das lokal für die Bauphase gemeint ist. – Diese Themen wurden dazu angesprochen. – Herr Gödeke.

Gödeke (Sachbeistand): Sie haben das richtig wiedergegeben. Es liegt eine Unter-lage zum Baugrund vor, die aber, wie ich festgestellt habe, bezüglich der untersuchten Schadstoffe unvollständig ist.

Deshalb gibt es den Antrag, ein vollständiges Bau-grundgutachten vorzulegen, in dem sämtliche Parameter nach Bundesbodenschutzverordnung und Bundes-Bodenschutzgesetz abgearbeitet werden. Außerdem muss eine Zuordnung des Aushubmaterials vorgenommen werden – Z.0, Z.1, Z.2 usw. Es muss entsprechende Entsorgungsnachweise geben wie auch die Klärung, ob das als Einbaumaterial wiederverwendet werden kann. Die Unterlage reicht aus meiner Sicht nicht aus.

Weiterhin wird beantragt, dieses Baugrundgutachten den Umweltverbänden zur schriftlichen Stellungnahme zur Verfügung zu stellen.

In diesem Zusammenhang ist noch auf den Stand-sicherheitsnachweis aufmerksam zu machen, der von einem Baugrundgutachten abhängt. Das fällt im Prinzip in den Bereich Anlagensicherheit zurück. Unter dem Aspekt der Standsicherheit muss auch gewährleistet sein, dass bei schwerwiegenden Betriebsstörungen keine zusätzli-chen Belastungen auftreten. Das ist im Prinzip im gefor-derten Baugrundgutachten mit abzuarbeiten.

Verhandlungsleiterin Salchow: Und zur PAK-Belastung und Altlastenthematik?

Gödeke (Sachbeistand): Das ist im Prinzip schon mit angesprochen worden. Die PAK sind nach Bundesbodenschutzverordnung mit zu untersuchen. Es gelten die Anhänge, die dort abzuarbei-ten sind, und das ist entsprechend der Schadstoffe, die bei der Untersuchung gefunden oder nicht gefunden werden, einzustufen. Je nachdem, wie stark der Bereich belastet ist, muss eine Behandlung durchgeführt werden. Es gibt Bodenbehandlungsanlagen, die Schadstoffe reduzieren oder sogar beseitigen können. Je nach dem Ergebnis der Untersuchungen ist das Material zu behan-deln. Es kann durchaus sein, dass es wenig belastet ist und wieder eingebaut werden kann.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah, wollen Sie etwas zu dieser speziellen Proble-matik der Altlasten im Bereich des Maschinenhauses sagen?

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Krah (Stadt Mannheim): Ich rede hier als untere Bodenschutzbehörde. Der Vor-gang ist uns bekannt. Wir haben bereits eine umfangrei-che Stellungnahme gegenüber dem Regierungspräsidium abgegeben. Selbstverständlich müssen in diesem Bereich weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Es geht insbesondere um die Stoffe PAK, MKW, BTX usw. Alle diese Stoffe verursachen bei uns höchste Wachsamkeit.

Es muss auch ein entsprechendes Büro eingeschaltet werden, wenn der Bodenaushub zustande kommt, damit diese Abarbeitung analytisch begleitet wird. Der Entsor-gungsweg ist sicherzustellen. Der eventuelle Wiederein-bau darf erst nach einer entsprechenden Freigabe durch die Bodenschutzbehörde erfolgen.

Sie merken, wir sind in dieses Thema sehr stark invol-viert. Wir werden das Verfahren begleiten und prüfen, dass hinterher wieder ordnungsgemäße Zustände herr-schen, bevor es zu den Betonierarbeiten für das Werk kommt.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gödeke und Herr Cullmann.

Gödeke (Sachbeistand): Ich bedanke mich für die Ausführungen und bitte darum, dass wir als BUND diesen Bericht zugeschickt bekommen. – Danke.

Verhandlungsleiterin Salchow: Möchten Sie den Bericht oder die Stellungnahme der Stadt?

Gödeke (Sachbeistand): Die Stellungnahme der Stadt interessiert uns auch.

Verhandlungsleiterin Salchow: Selbstverständlich.

Cullmann (BUND): Herr Krah, am Coal Point wird ja ebenfalls gebaut. Auch da sind doch sicher Untersuchungen auf Altlasten not-wendig. Ist dort etwas vorgesehen? Wer ist dafür zustän-dig?

Krah (Stadt Mannheim): Es ist immer die untere Bodenschutzbehörde zuständig. Wo Kohle gelagert war, sind entsprechende Prüfungen nötig.

Sie wissen auch, Herr Cullmann, dass das gesamte Rheinauer Hafengebiet aufgeschüttetes Gelände ist. Wir wissen aufgrund der historischen Altlastenerhebungen ungefähr, was hier vorliegt: Nach dem Krieg ist dort sehr viel Bauschutt aufgeschüttet worden. Darüber hinaus muss man prüfen, ob es außerhalb des normalen Auf-

schüttmaterials zu Verunreinigungen gekommen ist. Das gilt auch bei diesem speziellen Fall.

Insgesamt wird ein Bericht erstellt, der uns als Boden-schutzbehörde in die Lage versetzt, hier ordnungsgemäß tätig zu werden.

Cullmann (BUND): Ich habe noch eine Nachfrage. Sie wissen ja, dass wir mit den Amerikanern, die ebenfalls auf dem Coal Point waren, auch im Käfertaler Wald sehr viele Probleme hatten, weil sie uns das Wasser verschmutzt haben. Wird das hier berücksichtigt? Stellt man dazu jetzt genauere Untersu-chungen an? Was die Amerikaner dort alles gemacht haben, weiß man bei der Behörde wahrscheinlich nicht exakt. Insofern ist da, finde ich, eine strenge Untersu-chung erforderlich.

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah.

Krah (Stadt Mannheim): Sie sprechen jetzt die CKW-Verunreinigungen im Grund-wasser durch die amerikanischen Streitkräfte an. Das ist ein sehr großes Problem. Wir beide kennen dies.

Das hat aber jetzt nichts mit dem Coal-Point-Gelände zu tun. Ich habe es heute schon einmal ausgeführt: Dort haben jahrzehntelang Kohlehalden gelegen, sodass da keine CKW-Verunreinigungen zu erwarten sind.

Trotzdem: Es wird auch das Wasser analysiert, sodass man durchaus ermitteln kann, ob da Verunreinigungen vorliegen. Das müssen wir auch tun, weil wir nicht davon ausgehen können, dass alles im Boden zurückgehalten wurde. Es wurde vorhin erwähnt: Das Grundwasser steht relativ nah unterhalb der Erdoberfläche, und der Rhein liegt direkt nebenan.

Wasser ist also ein Thema. Das wird geprüft und ana-lysiert. Dann sieht man auch, ob entsprechende Verunrei-nigungen auf dem Coal-Point-Gelände vorliegen.

Verhandlungsleiterin Salchow: Gibt es noch Fragen zum Tagesordnungspunkt 8, Boden- und Grundwasserschutz? – Herr Gödeke, ein letzter Durchgang!

Gödeke (Sachbeistand): Im Prinzip hat das die Stadt Mannheim schon ausgeführt: Der Bodenschutz ist gleichzeitig auch Grundwasser-schutz. Wenn man die Bodenbelastung festgestellt hat, kann man entsprechend auf das Grundwasser einwirken.

Ein Hinweis noch: Sollten dort Kohlenwasserstoffe ge-funden werden, wäre eventuell auch auf perfluorierte Tenside zu untersuchen, da das zum Teil amerikanischen Treibstoffen beigemischt wurde. Das diente im Prinzip dazu - es wäre jetzt etwas kompliziert, das zu erklären -,

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dass ein Fahrzeug nicht so leicht in Brand gerät. Das ist also ein Brandschutzmittel und auch in Löschmitteln, in AFFF-Schaum, enthalten. Wenn man also leichte Kohlen-wasserstoffe findet, ist Treibstoff in den Boden gelangt. Für einen solchen Fall sollte man zusätzlich auf perfluo-rierte Tenside untersuchen. Das wäre meine Anregung.

(Vereinzelt Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Krah nickt. Aber das ist für das Protokoll natürlich nicht so ergiebig.

Krah (Stadt Mannheim): Wir nehmen diese Anregung gerne auf und werden sie mit berücksichtigen.

(Vereinzelt Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Nennen Sie noch einmal genau die Stoffe?

Gödeke (Sachbeistand): Perfluorierte Tenside! Das Forschungszentrum Wasser in Karlsruhe kennt sich damit gut aus.

Verhandlungsleiterin Salchow: Dann kommen wir zum eigentlich letzten inhaltlichen Tagesordnungspunkt 9:

9. Landschaftsschutz, Landschaftsbild, Naherholung

Da waren insbesondere von der Altriper Seite der Blick von Altrip auf das Kraftwerk, die Höhe der Bauwerke, die optische Beeinträchtigung und die Auswirkungen auf die Naherholung gerügt worden. Möchte sich dazu noch jemand äußern? – Wir hatten das schon am ersten Tag besprochen. Das Modell steht ja auch draußen.

Wenn es dazu keine Wortmeldungen gibt, kommen wir zu dem von uns vorgesehenen Tagesordnungspunkt 10:

10. Sonstiges

Manchmal gibt es etwas diffuse Äußerungen. Es ist uns aber gelungen, diese in die fachlichen Tagesordnungs-punkte einzuordnen.

Aus unserer Sicht ist er insofern erledigt, als wir dort zwar das Umweltschadensgesetz vorgesehen hatten, dieses aber vorhin schon erörtert haben. Dazu hat Herr Professor Dolde auch schon geantwortet. Von uns aus wird daher zu diesem Tagesordnungspunkt nichts mehr erwartet.

Dann kommt es nun zu der üblichen Runde mit den Schlussworten. Wir haben jetzt drei Tage diskutiert und alle Themen erschöpfend behandelt. Wenn jemand dazu noch etwas sagen möchte, hat er jetzt die Gelegenheit.

Ansonsten bedanke ich mich für die lebhafte Diskussi-on. Insbesondere bedanke ich mich bei den beiden bzw. drei Protokollführern und bei der Technik. Danke schön!

Herr Gödeke, Herr Fontagnier, Frau McCloskey und Herr Weyland.

Gödeke (Sachbeistand): Ich darf mich insbesondere bei der Verhandlungsleitung für die faire Verhandlungsführung bedanken, die auch lange Ausführungen sehr geduldig aufgenommen hat. Weiterhin darf ich mich bei den Trägern öffentlicher Belange bedanken. Ich glaube, einige haben auch noch etwas dazugelernt.

Der Antragsteller hat etliche Fragen zwar nicht beant-wortet, aber man kann Einzelnen da keine Vorwürfe machen. Sie machen halt ihren Job.

Zusammenfassend kann ich sagen: Es wird nach dem Erörterungstermin sicherlich noch einiges an Nachhol-bedarf geben. Ansonsten wünsche ich allen einen guten Heimweg.

Verhandlungsleiterin Salchow: Danke schön. – Herr Fontagnier und Frau McCloskey.

Fontagnier (Einwender): Auch im möchte mich im Namen des Bündnisses Nein zu Block 9 recht herzlich bedanken, vor allen Dingen bei der Verhandlungsleitung, aber auch bei unseren Sachbeistän-den, die uns sehr zur Seite gegangen sind. Ich habe zum ersten Mal einen Erörterungstermin mitgemacht. Ich muss zugeben: Wenn ich hier allein und ohne die Sachbeistän-de gesessen hätte, wären wir wohl aufgeschmissen gewesen.

Auch wir haben viel dazugelernt, allerdings nicht so viel, als dass wir jetzt denken würden, wir wären nicht mehr gegen den Block 9. Wir sind nach wie vor gegen den Block 9 und würden uns wünschen, dass das Regierungs-präsidium den Genehmigungsantrag ablehnt und dass kein Klimakiller hier gebaut wird.

Wir wünschen allen ein schönes und erholsames Wo-chenende. Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau McCloskey.

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McCloskey (Einwenderin): Ich sage Nein zu Block 9 auch aus dem folgenden Grund, den ich in meinem Einwand bereits aufgeführt hatte: Ich bin der Überzeugung, dass diese globale Erwärmung sehr schnell voranschreitet. Alle Prognosen und Computersi-mulationen mussten mittlerweile wieder revidiert werden. Das heißt, daran kann man sich nicht halten. Man kann nicht vorhersehen, wie viele unbekannte Faktoren dazu führen, dass sich das Klima noch schneller erwärmt. Das hat wirklich gravierende Auswirkungen.

Ich mache ein Art winziges Plädoyer an die Firma GKM: Wir wissen, dass in China fast wöchentlich ein neues Kohlekraftwerk gebaut wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat seit Beginn des Industriezeitalters Treib-hausgase verstärkt ausgestoßen, in den letzten 50 Jahren sogar ganz extrem im Verhältnis zu anderen Ländern wie China, Indien, Ländern in Lateinamerika oder Afrika.

Wir müssen irgendwann erreichen, dass alle Länder den Ausstoß von Treibhausgasen zurückfahren, damit das Klima gerettet werden kann. Wir haben nur einen Plane-ten.

Wenn wir aber die Schwellenländer überzeugen wol-len, dass sie bei diesem Ziel mitmachen, müssen wir als Industrienation Vorreiter sein und sagen, dass wir hier zurückfahren.

Klar, Sie haben mit dem Block 9 angeblich schon ei-nen etwas geringeren Ausstoß als bei den alten Blöcken. Aber wir haben auch von der Alternative gesprochen: einem Gas- und Dampfkraftwerk, wo es noch weniger Ausstoß von Treibhausgasen gäbe.

Ich möchte einmal vorlesen: Die Schwellenländer in den Klimaschutz einzubeziehen kann wirklich nur gelin-gen, wenn die Industrieländer den Treibhausgasausstoß entsprechend verringern und die Schwellenländer mit Klimaschutztechnologien unterstützen, also Wissenstrans-fer leisten.

Deshalb noch einmal mein Appell an GKM: Vielleicht kann in Anbetracht dessen, was in den letzten Tagen hier besprochen wurde, doch noch einmal überdacht werden, ob man das Kohlekraftwerk nicht in ein Gas- und Dampf-kraftwerk umwandelt oder eine ganz andere, eine neue regenerative Technologie einführt, bevor man in ein Werk investiert, mit dem man erhöht Treibhausgase ausstößt. – Danke.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Risch hatte sich jetzt noch gemeldet, Herr Gottstein und Frau Rigot. Dann machen wir es so: Herr Weyland hatte das erste Wort für die Einwender. Er soll dann auch das letzte Wort für die Einwender haben.

Risch (Einwenderin): Ich habe noch ein Abschiedsgeschenk vom Bündnis Nein zu Block 9 an die GKM. Das möchte ich jetzt überreichen.

(Frau Risch [Einwenderin] überreicht Herrn Ehmann [Antragstellerin] ein Päckchen)

Fontagnier (Einwender): Ich werde das einmal kommentieren: Ich denke, das Geschenk geht an den, der es am meisten verdient hat. Wir hoffen, das grüne Handtuch wird von der GKM gewor-fen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Einwenderin-nen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Frau Rigot und dann Herr Weyland.

Rigot (Einwenderin): Auch ich möchte zum Abschluss etwas sagen: Ich hoffe, dass wir diesen Block 9 verhindern. Das ist natürlich mit einem großen Fragezeichen versehen. Nach meiner Ansicht blockiert diese veraltete Technik 40 Jahre lang die Möglichkeit, immer mehr erneuerbare Energien einzuset-zen. Die gibt es inzwischen, und die kann man forcieren. Die Geothermie z. B. ist gerade für den Oberrheintal-graben prädestiniert. Ich finde, man sollte auf andere Techniken setzen, die eine Zukunft haben und die nicht 40 Jahre lang noch mehr umweltschädliche Gase aussto-ßen und die die Böden noch mehr belasten.

Irgendwann ist die Kohle aufgebraucht, und dann gu-cken wir alle in die Röhre. Auch Gas und Öl sind irgend-wann einmal alle. Von daher finde ich, dass man jetzt anfangen muss, die Erneuerbaren zu forcieren. Das verhindert für mich 40 Jahre lang der Block 9.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Gottstein.

Gottstein (BUND): Ich möchte mich bei der Verhandlungsleitung herzlich bedanken. Sie hat geschafft, dass wir alle trotz hitziger Debatten mit erhobenem Haupt hier herausgehen und uns gegenseitig Anerkennung zollen können. Keiner muss verärgert sein – auch wenn der Ärger manchmal da war. Deshalb der besondere Dank an Sie, Frau Salchow! Sie haben das ganz klasse gemacht - -

(Allgemeiner Beifall)

Verhandlungsleiterin Salchow: Das war aber nicht immer ganz einfach.

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 28.11.2008

Gottstein (BUND): Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund: trotz der schwierigen Situation, die wir selber manchmal erzeugt haben.

Ich möchte einen Dank auch an die Protokollanten richten. Sie haben in den letzten drei Tagen gerade auch aufgrund der vielen Fachbegriffe einen sehr schwierigen Job gehabt.

(Allgemeiner Beifall)

Ich bedanke mich natürlich auch bei Frau Sandbühler. Sie hat das hier ganz toll organisiert. Vielen herzlichen Dank!

(Allgemeiner Beifall)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Weyland.

Weyland (BUND): Herzlichen Dank auch von mir für den gesamten BUND Baden-Württemberg an die Verhandlungsleitung. Im Einzelnen wurde das schon ausgeführt.

Wir haben in den letzten drei Tagen gesehen, dass die aufgezeigten massiven rechtlichen Bedenken fortbeste-hen. Deshalb ist unserer Auffassung nach der Antrag weiterhin abzulehnen. Das RP ist insbesondere aufgefor-dert, die wiederholt aufgezeigten rechtlichen Spielräume auszunutzen.

Zuletzt möchte ich mich auch innerhalb der Bewegung bedanken. Es ist nicht selbstverständlich - ich kenne genug Kohleablehnung an anderen Standorten -, dass vor

Ort ein so geschlossener Widerstand gegen diese veralte-te Technologie vorhanden ist. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten ganz herzlich bedanken.

Vor diesem Hintergrund bin ich ganz zuversichtlich, dass es uns noch gelingt, diesen klimaschädlichen Block 9 zu verhindern. – Vielen Dank.

(Beifall bei den Einwenderinnen und Einwendern)

Verhandlungsleiterin Salchow: Herr Ehmann möchte ebenfalls noch etwas sagen.

Ehmann (Antragstellerin): Auch ich möchte mich für die Antragstellerin für die faire Verhandlungsleitung ganz herzlich beim ganzen Team bedanken. Das schließt, wie Herr Gottstein schon gesagt hat, auch Frau Sandbühler und die Protokollführer ein.

Weiterhin möchte ich die Träger öffentlicher Belange mit einbeziehen, insbesondere Herrn Krah und die Mitar-beiter. Ich finde es besonders gut, dass Sie die ganze Zeit da waren und das Ganze mitverfolgt haben. Wir bedanken uns auch für die Stellungnahmen der Stadt Mannheim. – Danke schön.

Ich wünsche allen ein schönes Wochenende.

(Allgemeiner Beifall)

Verhandlungsleiterin Salchow: Ich schließe den Erörterungstermin.

Schluss des Erörterungstermins: 17.11 Uhr

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Index

A

Adamy (EW) 43, 69 Ahrens, Dr. (LUBW) 107, 109, 110, 123, 135

B

Bannasch (EW) 10, 53, 95, 96, 101, 119 Binder (EW) 38, 180 Bläsing (DWD) 128, 134, 136, 137 Block (BUND) 10, 12, 13, 22, 25, 28, 31, 33, 39, 44, 45, 52, 59,

61, 62, 64, 70, 71, 75, 76, 79, 82, 84, 129, 131, 144, 146, 149, 151, 155, 156, 158, 159, 160, 161, 162, 167, 182

Buck (EW) 24, 27, 119, 197

C

Cullmann (BUND) 9, 190, 191, 194, 224, 225, 246, 247, 248

D

Dahamni-Herm (EW’in) 27, 35, 49, 58, 68, 81, 97, 180, 227 Decken (Umweltforum) 9, 47, 50, 63, 69, 89, 92 Dolde, Prof. Dr. (AS) 21, 22, 23, 27, 30, 45, 48, 50, 62, 65, 68,

72, 74, 75, 81, 90, 96, 100, 101, 102, 106, 107, 108, 109, 111, 114, 154, 161, 162, 163, 166, 173, 187, 195, 196, 198, 208, 209, 210, 211, 216, 219, 220, 226, 227, 228, 229

E

Ehmann (AS) 10, 13, 37, 38, 42, 57, 61, 62, 63, 64, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 76, 77, 88, 89, 90, 92, 98, 99, 102, 104, 111, 113, 114, 116, 118, 119, 121, 122, 141, 142, 145, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 208, 224, 225, 226, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235,�236, 238, 239, 241, 242, 244, 245, 246, 247, 251

Eikmann, Prof. Dr. (AS) 166, 170, 172, 173 Engler-Thümmel, Dr. (Stadt MA) 9, 130, 164, 165 Essig (RP) 37, 38, 76, 100, 115, 155, 221, 226, 242

F

Fojkar (EW) 30, 97, 98, 99, 137, 160, 163, 164, 172, 173 Fontagnier (EW) 10, 73, 214, 249, 250

G

Garve (DWD) 126, 127, 128, 131, 132, 133 Gebhardt (Sachbeistand) 93, 94, 102, 103, 104, 105, 106, 107,

109, 110, 111, 112, 114, 115, 122, 133, 134, 135, 138, 139, 140, 147, 148, 149, 152, 153, 156, 174, 175, 176, 205, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 215, 216, 217, 219, 222

Gieseke (EW’in) 74 Gödeke (Sachbeistand)13, 22, 23, 26, 29, 33, 34, 36, 38, 42, 47,

49, 51, 58, 67, 68, 71, 72, 74, 75, 92, 99, 100, 108, 109, 111, 112, 113, 114, 117, 118, 121, 122, 126, 127, 128, 135, 136, 144, 147, 148, 150, 153, 154, 155, 156, 161, 162, 169, 170, 171, 177, 191, 195, 196, 199, 200, 201, 203, 204, 205, 206, 207, 214, 215, 221, 225, 226, 227, 234, 236, 240, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 249

Gottstein (BUND) 10, 25, 28, 35, 36, 37, 51, 66, 88, 91, 97, 122, 151, 202, 204, 205, 206, 224, 246, 247, 250, 251

Grein, Dr. (EW) 30, 54

H

Heidenreich (EW) 79, 192, 213, 220, 223 Himmler (AS) 194, 200, 201, 202, 223, 224 Höcker 215 Horn (LUBW) 157, 158, 159, 160

K

Kasper (AS) 212, 217, 225, 226 Kemper, Dr. (LUBW) 152 Kilian (Stadt MA) 9 König (Feuerwehr Stadt MA) 237, 239, 240, 241 Kortner, Dr. (AS) 141 Krah (Stadt MA) 9, 33, 66, 82, 93, 159, 179, 193, 208, 245,

248, 249 Kriebel (EW) 88, 92, 94, 104, 180, 196, 220, 228, 229, 238,

239, 241 Kruse, Dr. 220, 228, 233, 234, 236, 242, 245

L

Lauritzen (EW) 87, 89, 109 Lehmann (EW) 32, 101, 126 Lohmann (EW’in) 193

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

M

Mahler (RP) 203, 204, 206 McCloskey (EW’in) 30, 34, 43, 58, 103, 120, 136, 146, 181,

194, 206, 215, 220, 227, 250 Mengel (EW) 120 Menges, Dr. (LUBW) 213, 214, 217

P

Pawelek (EW’in) 145

Q

Quentin (Sachbeistand) 49, 56

R

Rahner (Rechtsbeistand) 10, 11, 13, 20, 23, 25, 29, 32, 34, 37, 39, 41, 44, 53, 55, 59, 66, 72, 77, 90, 109, 139, 141, 145, 150, 157, 162, 168, 176, 187, 188, 192, 198, 199, 201, 202, 203, 204, 207, 209, 210, 219, 220, 223, 224, 228, 229, 237, 242

Rau (AS) 138, 140 Raufelder (EW) 10, 12, 35, 64, 80, 81, 137, 200 Reinert-Buck (EW’in) 39, 40 Reusch (Stadt MA) 9 Rigot (EW’in) 29, 117, 118, 169, 250 Rimmelspacher (Feuerwehr Stadt MA) 9 Risch (EW’in) 10, 11, 12, 33, 121, 250 Rühling (AS) 139

S

Schaper (EW) 36, 66, 83, 181

Schöbel (RP) 9, 62, 243, 244, 246 Schöber (Umweltforum) 10 Schüller (RP) 117 Schurse (EW) 139, 141, 145, 177, 179 Schwaab (RP) 24, 26, 55, 59, 74, 83, 107, 111, 162, 189 Schweizer (EW) 42 Seeliger, Dr. (AS) 51, 52, 97, 168, 171, 172, 230, 244 Senftleben (EW) 197 Siebenhaar (EW) 99 Staible (Stadt MA) 9, 78

U

Ullrich (EW) 31 Uttendorf, Dr. (EW) 40, 41, 103, 104, 115, 116, 117, 122, 125,

131, 132, 133, 137, 141, 142, 143, 159, 164, 165, 212, 225, 226, 229, 230, 231, 232, 234, 235, 236, 237, 238, 240, 241

V

Vangermain (EW’in) 10, 45, 67

W

Wegner (Stadt MA) 9 Werner, Prof. Dr. (AS) 143, 144 Weyland (BUND) 10, 16, 37, 39, 48, 66, 72, 76, 84, 183, 195,

197, 251 Wind, Dr. (AS) 104, 105, 123, 133, 137, 152, 154, 156, 160,

174, 175

Z

Zink (RP) 189, 190, 195, 197, 204 Zitzelsberger (EW’in) 94

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Protokollverantwortliche

Verhandlungsleitung: _____________________________________ Simone Salchow, Regierungspräsidium Karlsruhe Protokollführer: ______________________________________ Norbert Remke, Königswinter ______________________________________ Britta Beiersdorf, Lüneburg _ _____________________________________ Andreas Olschewski, Magdeburg

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Anlagen

Anlagen 1 – 12

zum Antrag der Firma Grosskraftwerk Mannheim AG

auf Erteilung einer

immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung

(1. Teilgenehmigung) für die

Errichtung und den Betrieb eines Steinkohleblocks (Block 9)

auf dem Betriebsgelände in Mannheim - Neckarau

am 26., 27. und 28. November 2008

Rheingoldhalle Mannheim

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-0 und 1-1

Herr Ehmann, S. 13

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-2 und 1-3

Herr Ehmann, S. 14

Seite 259

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-4 und 1-5

Herr Ehmann, S. 14

Seite 260

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-6 und 1-7

Herr Ehmann, S. 14

Seite 261

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-8 und 1-9

Herr Ehmann, S. 14

Seite 262

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-10 und 1-11

Herr Ehmann, S. 15

Seite 263

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-12 und 1-13

Herr Ehmann, S. 15

Seite 264

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-14 und 1-15

Herr Ehmann, S. 15

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-16 und 1-17

Herr Ehmann, S. 16

Seite 266

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlagen 1-18 und 1-19

Herr Ehmann, S. 16

Seite 267

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung des Projektes durch die Antragstellerin Anlage 1-20

Herr Ehmann

Seite 269

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung der zentralen Einwendungen (BUND) Anlagen 2-0 und 2-1

durch den Vertreter des BUND Herr Weyland, S. 16

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung der zentralen Einwendungen Anlagen 2-2 und 2-3

durch den Vertreter des BUND Herr Weyland, S. 17

Seite 271

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung der zentralen Einwendungen Anlagen 2-4 und 2-5

durch den Vertreter des BUND Herr Weyland, S. 17 und 18

Seite 272

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung der zentralen Einwendungen Anlagen 2-6 und 2-7

durch den Vertreter des BUND Herr Weyland, S. 19

Seite 273

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Vorstellung der zentralen Einwendungen Anlagen 2-8 und 2-9

durch den Vertreter des BUND Herr Weyland, S. 20

Seite 275

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Presseinformation GKM Anlage 3

Herr Kriebel, S. 89

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Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Presseinformation GKM zu Anlage 3

Herr Kriebel, S. 89

Seite 277

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Presseinformation GKM zu Anlage 3

Herr Kriebel, S. 89

Seite 279

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Zusammenstellung in Kohlen vorkommender Spurenelemente Anlage 4

Herr Gödeke, S. 119

Seite 281

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 282

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 283

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 284

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 285

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 286

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 287

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 288

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 289

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 290

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 291

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Uran im Trink- und Mineralwasser zu Anlage 5

Herr Gödeke, S. 121

Seite 293

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 Anlagen 6-0 und 6-1

Herr Dr. Wind, S. 123

Seite 294

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 (SGS TÜV) Anlagen 6-2 und 6-3

Herr Dr. Wind, S. 123

Seite 295

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 (SGS TÜV) Anlagen 6-4 und 6-5 Herr Dr. Wind, S. 123

Seite 296

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 (SGS TÜV) Anlagen 6-6 und 6-7

Herr Dr. Wind, S. 124

Seite 297

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 (SGS TÜV) Anlagen 6-8 und 6-9

Herr Dr. Wind, S. 124

Seite 298

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 (SGS TÜV) Anlagen 6-10 und 6-11

Herr Dr. Wind, S. 124

Seite 299

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Immissionsprognose GKM Block 9 (SGS TÜV) Anlage 6-12

Herr Dr. Wind, S. 125

Seite 301

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Radioaktivität rund ums GKM Anlage 7

Herr Dr. Uttendorf, S. 125

Seite 302

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Minimumtemperaturinversionshäufigkeit Anlage 8

Herr Gödeke, S. 126

Seite 303

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 304

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 305

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 306

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 307

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 308

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 309

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 310

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 311

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 312

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 313

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 314

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 315

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 316

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Stellungnahme des LANUV NRW zum HKW Herne zu Anlage 9

Herr Gödeke, S. 147

Seite 317

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Schwebstaub (PM10) Anlage 10

Herr Dr. Wind, S. 154

Seite 319

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Auswirkungen/Gesamtbelastung Anlagen 11-1 und 11-2

Herr Horn, S. 157

Seite 320

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Auswirkungen/Gesamtbelastung (LUBW) Anlagen 11-3 und 11-4

Herr Horn, S. 157

Seite 321

Erörterungstermin Grosskraftwerk Mannheim AG, 26. - 28.11.2008

Brand im Kraftwerk Niederaußem Anlage 12

Herr Gödeke, S. 236

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