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Max Mustermann Motorgeräte-Fachbetrieb Obere Gasse 7 40007 Beispielhausen Rasenmäher XYZ 749,00 Euro Zubehör 61,00 Euro Beratung 80,00 Euro Endsumme 890,00 Euro Rechnung Sparkasse Beispielhausen BLZ: 000 000 00, Kt.-Nr. 00000000000 Kampf dem Beratungsklau 40 MOTORGERÄTE www.agrartechnikonline.de online online Ausführliche Bera- tung gehört zu den Stärken des Fachhan- dels. So mancher Kunde überspannt jedoch den Bogen. In der Marketing-Serie von MOTORGERÄTE und //Gartentech- nik.com steht des- halb dieses Mal der „Beratungsklau“ im Mittelpunkt. Marketing für Praktiker, Teil 3 FORTBILDUNG Kampf dem Beratungsklau ie oft haben Sie sich schon da- rüber geärgert, dass Sie einen guten Kunden oder einen Inte- ressenten stundenlang beraten haben, die- ser die erbrachte Beratungsleistung aber weder ideell, schon gar nicht direkt und im schlimmsten Fall nicht einmal indirekt durch einen Kauf finanziell honorierte? Hundert- fach? Tausendfach? Dann ändern Sie es doch endlich! Das kurzfristige und generelle Mindestziel für Ihr Marketing sollte folgendermaßen lauten: Jeder Kunde und möglichst jeder Interes- sent soll sich über die finanzielle Bedeutung der erbrachten Beratungsleistungen Ihres Unternehmens voll bewusst sein. Das lang- fristige Optimalziel lautet hingegen: Kunden bezahlen direkt für die erbrachte Beratung, unabhängig von einem Kauf. Das mittelfris- tige Ziel: Kunden bezahlen indirekt durch niedrigere Rabatte und nicht mehr wie heu- te durch die Marge des gekauften Produk- tes. Sie haben sich wahrscheinlich gerade an den Kopf gefasst und „So ein Blödsinn!“ gedacht. Daher zurück zur Realität: Beim Kauf meiner aktuellen Brille – die sieb- te in den letzten 13 Jahren – passierte etwas geradezu Revolutionäres: Nachdem ich ein Gestell ausgesucht hatte, die neuen Diop- trienwerte bestimmt und die Gläser ausge- wählt waren, folgte meine obligatorische Fra- ge nach dem Preis. Der Optiker schrieb alle Positionen hintereinander und schob mir den Zettel über den Tisch. Und siehe da, die letz- te Position lautete: „Beratung, 30 Minuten, 40 Euro". Sie können mir glauben: Ich war zunächst schlicht sprachlos. Nicht über die Summe von 428 Euro, die schon wegen der Gläser zu erwarten war, sondern über die letzte Po- sition, immerhin fast zehn Prozent des Ge- samtpreises, die ich so noch nie gesehen hatte. Die Optionen waren einfach: Entweder mich bedanken, das Geschäft verlassen und beim Optiker nebenan kaufen, wo ich das gleiche Gestell und die gleichen Gläser be- kommen hätte, oder ganz normal über den Preis verhandeln. Ich entschied mich für Letz- teres, denn die Beratung war gut und der Service in den letzten Jahren ebenfalls. Grundsätzlich verhandele ich durch „Bracke- ting“, das heißt, bei einem Ziel von zehn Pro- zent erst einmal 20 zu verlangen und sich in der Mitte zu treffen. Beide Seiten sind da- nach üblicherweise glücklich und freuen sich über ihren Erfolg. Das Ziel ist natürlich von ver- schiedenen Faktoren abhängig, hier er- schienen mir zehn Prozent etwas zu viel. Ich schlug daher 360 Euro vor, und wir einigten uns letztendlich auf 390 Eu- ro, also im Sinne der „Theorie“ mit vier Euro zu Lasten des Optikers, und ich hatte 9,11 Prozent oder 38 Euro he- rausgehandelt. Fällt Ihnen etwas auf? Genau! Meine Verhandlung hat dem Op- tiker nicht ganz das gewünschte Hono- rar für die Beratungsleistung gekostet. Die Marketingerfolge des Optikers: Erstens konnte er seinen gewünschten Produktpreis durchsetzen und darüber hinaus zwei Euro für die Beratung erzielen. Zweitens erzähle ich von diesem Weg zu meiner aktuellen Brille im- mer und immer wieder – und keineswegs ne- gativ. Das funktioniert natürlich nur so lange, wie es nicht üblich geworden ist. Drittens bin ich mir des Wertes der erbrach- ten Leistung schwarz auf weiß und mit ei- nem klaren Wert von 80 Euro pro Stunde be- wusst, obwohl ich sie auch vorher schon zu „schätzen“ wusste. Diese eindeutige Be- wertung erscheint mir gerade im Hinblick auf die von vielen Kunden heute als wertlos ein- geschätzte Beratungsleistung beim Verkauf entscheidend: „Kostet nix. Taugt nix.“ Viertens erscheint es mir durchaus realistisch, dass die Beratungsleistung bei stark er- klärungsbedürftigen Produkten, selbst wenn es nicht zum Kauf kommt, fakturierbar wird. Wenn nämlich jedem Interessenten von An- fang an klar ist, dass die Beratung Geld kos- ten wird, nimmt er die Dienstleistung ab der Bitte um Hilfe in Anspruch und weiß, dass er sie bezahlen muss. Die anderen gehen heu- te und morgen sowieso in den Baumarkt oder zu eBay und sind kein Verlust. Bis da- hin erscheint es mir fünftens zumindest na- he liegend, dass sich viele Interessenten und Kunden geradezu „zum Kauf verpflichtet“ fühlen, sobald das Angebot, mit einer ja be- reits in Anspruch genommenen Leistung, er- stellt wurde. Eine abgeschwächte Alternative zur Nen- nung im Angebot könnte die Bezifferung erst auf der Rechnung darstellen: Dort könnte die Position aufgeschlagen und als zusätzlicher Rabatt wieder abgezogen werden. Die ge- nannten Punkte zwei bis fünf blieben voll er- halten, einen Vorteil als zusätzliche Ver- handlungsmasse hätte die Beratungsleistung dann jedoch nicht mehr. Als Einstieg in die Sensibilisierung der ei- genen Kunden kann dieser Weg aber si- cherlich leichter umgesetzt werden. Und naturgemäß lassen sich die Möglichkeiten eines Optikers nicht 1 zu 1 auf die Motor- gerätebranche übertragen. Vielleicht den- ken Sie aber einfach einmal ganz neu über die Frage der Bezahlung, zumindest aber der sichtbaren Bewertung Ihrer eigenen Be- ratungsleistungen nach. Wir tun es jeden- falls. Über Ihr Feedback würde ich mich sehr freuen. Gerrit Eicker W

Marketing für Praktiker, Teil 3 - Kampf dem Beratungsklau

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Ausführliche Beratung gehört zu den Stärken des Fachhandels. So mancher Kunde überspannt jedoch den Bogen. In der Marketing-Serie von MOTORGERÄTE und //Gartentechnik.com steht deshalb dieses Mal der „Beratungsklau“ im Mittelpunkt.

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Max MustermannMotorgeräte-Fachbetrieb

Obere Gasse 740007 Beispielhausen

Rasenmäher XYZ 749,00 Euro

Zubehör

61,00 Euro

Beratung

80,00 Euro

Endsumme

890,00 Euro

Rechnung

Sparkasse Beispielhausen BLZ: 000 000 00, Kt.-Nr. 00000000000

Kampf dem Beratungsklau

40 MOTORGERÄTE www.agrartechnikonline.deonlineonline

Ausführliche Bera-

tung gehört zu den

Stärken des Fachhan-

dels. So mancher

Kunde überspannt

jedoch den Bogen. In

der Marketing-Serie

von MOTORGERÄTE

und //Gartentech-

nik.com steht des-

halb dieses Mal der

„Beratungsklau“ im

Mittelpunkt.

Marketing für Praktiker, Teil 3

F O R T B I L D U N G

Kampf dem Beratungsklau

ie oft haben Sie sich schon da-rüber geärgert, dass Sie einenguten Kunden oder einen Inte-

ressenten stundenlang beraten haben, die-ser die erbrachte Beratungsleistung aberweder ideell, schon gar nicht direkt und imschlimmsten Fall nicht einmal indirekt durcheinen Kauf finanziell honorierte? Hundert-fach? Tausendfach? Dann ändern Sie esdoch endlich!Das kurzfristige und generelle Mindestziel fürIhr Marketing sollte folgendermaßen lauten:Jeder Kunde und möglichst jeder Interes-sent soll sich über die finanzielle Bedeutungder erbrachten Beratungsleistungen IhresUnternehmens voll bewusst sein. Das lang-fristige Optimalziel lautet hingegen: Kundenbezahlen direkt für die erbrachte Beratung,unabhängig von einem Kauf. Das mittelfris-tige Ziel: Kunden bezahlen indirekt durchniedrigere Rabatte und nicht mehr wie heu-te durch die Marge des gekauften Produk-tes. Sie haben sich wahrscheinlich geradean den Kopf gefasst und „So ein Blödsinn!“gedacht. Daher zurück zur Realität:Beim Kauf meiner aktuellen Brille – die sieb-te in den letzten 13 Jahren – passierte etwasgeradezu Revolutionäres: Nachdem ich einGestell ausgesucht hatte, die neuen Diop-

trienwerte bestimmt und die Gläser ausge-wählt waren, folgte meine obligatorische Fra-ge nach dem Preis. Der Optiker schrieb allePositionen hintereinander und schob mir denZettel über den Tisch. Und siehe da, die letz-te Position lautete: „Beratung, 30 Minuten, 40Euro".Sie können mir glauben: Ich war zunächstschlicht sprachlos. Nicht über die Summevon 428 Euro, die schon wegen der Gläserzu erwarten war, sondern über die letzte Po-sition, immerhin fast zehn Prozent des Ge-samtpreises, die ich so noch nie gesehenhatte. Die Optionen waren einfach: Entwedermich bedanken, das Geschäft verlassen undbeim Optiker nebenan kaufen, wo ich dasgleiche Gestell und die gleichen Gläser be-kommen hätte, oder ganz normal über denPreis verhandeln. Ich entschied mich für Letz-teres, denn die Beratung war gut und derService in den letzten Jahren ebenfalls.Grundsätzlich verhandele ich durch „Bracke-ting“, das heißt, bei einem Ziel von zehn Pro-zent erst einmal 20 zu verlangen und sich inder Mitte zu treffen. Beide Seiten sind da-nach üblicherweise glücklich und freuen sichüber ihren Erfolg. Das Ziel ist natürlich von ver-schiedenen Faktoren abhängig, hier er-schienen mir zehn Prozent etwas zu viel. Ich

schlug daher 360 Euro vor, und wireinigten uns letztendlich auf 390 Eu-

ro, also im Sinne der „Theorie“ mit vierEuro zu Lasten des Optikers, und ich

hatte 9,11 Prozent oder 38 Euro he-rausgehandelt. Fällt Ihnen etwas auf?

Genau! Meine Verhandlung hat dem Op-tiker nicht ganz das gewünschte Hono-rar für die Beratungsleistung gekostet.

Die Marketingerfolge des Optikers: Erstenskonnte er seinen gewünschten Produktpreis

durchsetzen und darüber hinaus zwei Eurofür die Beratung erzielen. Zweitens erzähle ichvon diesem Weg zu meiner aktuellen Brille im-mer und immer wieder – und keineswegs ne-gativ. Das funktioniert natürlich nur so lange,wie es nicht üblich geworden ist. Drittens bin ich mir des Wertes der erbrach-ten Leistung schwarz auf weiß und mit ei-nem klaren Wert von 80 Euro pro Stunde be-wusst, obwohl ich sie auch vorher schon zu„schätzen“ wusste. Diese eindeutige Be-wertung erscheint mir gerade im Hinblick aufdie von vielen Kunden heute als wertlos ein-geschätzte Beratungsleistung beim Verkaufentscheidend: „Kostet nix. Taugt nix.“ Viertens erscheint es mir durchaus realistisch,dass die Beratungsleistung bei stark er-klärungsbedürftigen Produkten, selbst wennes nicht zum Kauf kommt, fakturierbar wird.Wenn nämlich jedem Interessenten von An-fang an klar ist, dass die Beratung Geld kos-ten wird, nimmt er die Dienstleistung ab derBitte um Hilfe in Anspruch und weiß, dass ersie bezahlen muss. Die anderen gehen heu-te und morgen sowieso in den Baumarktoder zu eBay und sind kein Verlust. Bis da-hin erscheint es mir fünftens zumindest na-he liegend, dass sich viele Interessenten undKunden geradezu „zum Kauf verpflichtet“fühlen, sobald das Angebot, mit einer ja be-reits in Anspruch genommenen Leistung, er-stellt wurde.Eine abgeschwächte Alternative zur Nen-nung im Angebot könnte die Bezifferung erstauf der Rechnung darstellen: Dort könnte diePosition aufgeschlagen und als zusätzlicherRabatt wieder abgezogen werden. Die ge-nannten Punkte zwei bis fünf blieben voll er-halten, einen Vorteil als zusätzliche Ver-handlungsmasse hätte die Beratungsleistungdann jedoch nicht mehr. Als Einstieg in die Sensibilisierung der ei-genen Kunden kann dieser Weg aber si-cherlich leichter umgesetzt werden. Undnaturgemäß lassen sich die Möglichkeiteneines Optikers nicht 1 zu 1 auf die Motor-gerätebranche übertragen. Vielleicht den-ken Sie aber einfach einmal ganz neu überdie Frage der Bezahlung, zumindest aberder sichtbaren Bewertung Ihrer eigenen Be-ratungsleistungen nach. Wir tun es jeden-falls. Über Ihr Feedback würde ich michsehr freuen.

Gerrit Eicker

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