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Zeitung für soziale Gerechtigkeit sozialvereint INHALT 01_2016 KAB_Bistum Essen W ie wollen wir aktuell und zukünf- tig arbeiten und leben? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Katho- lische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert, und bis heute ist die Frage nach Solidari- tät und Gerechtigkeit aktuell und drän- gend, wie der Diözesanvorsiꜩende Hermann-Josef Schepers feststellt: „Wenn es um gute Arbeitsbedingun- gen, faire Löhne, soziale Sicherheit und ein kollegiales Klima des Miteinanders in der Gesellschaft geht, dann reicht es nicht abzuwarten, sondern dann müs- sen wir aktiv werden und in Bildung und Aktion für eine bessere Arbeitswelt und Gesellschaft streiten.“ Perspektiven wichtig Für die KAB im Bistum Essen ist klar, dass im Verbund von Menschen und Bewegungen die größtmöglichen Fortschrie erzielt werden können. Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer, Familien und alle, die zum Teil schon seit vielen Jahren ohne Job und ohne Perspektive leben, brauchen un- sere Solidarität und politische Wei- chenstellungen für mehr Gerechtig- keit. Wolfgang Heinberg, Diözesan- sekretär der KAB im Bistum Essen: „12 Prozent, 13 Prozent, ja sogar über 15 Prozent lauten die Zahlen in den Arbeitslosenstatistiken der Arbeits- verwaltung in den Städten des Ruhr- bistums. Hinter diesen Zahlen ver- bergen sich ganz konkrete Menschen mit ihren jeweiligen Schicksalen. Wenn wir als christliche Arbeitneh- merbewegung uns mit diesen gesell- schaftlichen Tatsachen beschäftigen, dann immer mit der Perspektive, dass Menschen auf den eigenen Beinen stehen können. Niemand will ein Le- ben lang von Transferleistungen le- ben. Darum muss das Ziel lauten: Wir brauchen gute und sichere Arbeits- pläꜩe und Perspektiven in Arbeit und Ausbildung für junge Menschen.“ Die aktuellen und zusäꜩlichen He- rausforderungen, die z. B. die Zuwan- derung von Menschen bringt, die vor Terror, Willkür, Krieg oder Gewalt in unser Land fliehen und auch in den Ruhrgebietskommunen angekom- men sind, müssen jeꜩt und mit einer guten Perspektive für die Zukunft der Menschen im gesellschaftlichen Kon- sens angegangen werden. „Männer, Frauen und Kinder sind zu uns geflo- hen, weil sie in ihrer Heimat Terror, Krieg und Verfolgung erleben“, sagt Diakon Jürgen Haberl, Diözesanprä- ses der KAB. „Wir Christen haben die Pflicht, für ihren Schuꜩ zu streiten und ein Leben in Würde für sie zu for- dern. Wir erleben oftmals aber vor Ort Stammtischparolen, die nicht die In- tegration von Menschen in den Blick nehmen, sondern die Ausgrenzung. Und wir erleben Hass und Menschen- feindlichkeit. Wir als KAB stehen für eine freie, offene, solidarische und de- mokratische Gesellschaft, weil dies unserem christlichen Menschenbild entspricht. Wir werden am Arbeits- plaꜩ, in der Nachbarschaft, in den Gemeinden und überall, wo wir ge- fordert sind, nicht zulassen, dass Ge- flüchtete und Einheimische gegenei- nander ausgespielt werden.“ Herausforderungen meistern Aus Sicht der KAB im Ruhrbistum muss sich Gesellschaft und Arbeits- welt ändern. Unsere Zeit müsse zu ei- ner Zeit der Solidarität werden, for- dert Hermann-Josef Schepers: „Wenn wir es wollen, dann schaffen wir es, mit Herausforderungen umzugehen und diese zu meistern. Integration in Arbeit, Arbeit, die Würde gibt, glei- cher Lohn für gleiche Arbeit und ein Stück mehr an gesellschaftlicher und betrieblicher Teilhabe und Teilnahme sind und bleiben für uns die zentralen politischen Forderungen der Gegen- wart und der Zukunft – hier, in Europa und weltweit! Wir haben als Arbeitnehmerbewegungen schon viel erreicht, aber es gibt noch genug für uns zu tun! Wir werden als KAB unserer Verantwortung in Arbeits- welt, Gesellschaft, Politik und Kirche immer dann gerecht, wenn wir als Motor von Veränderung hin zum Po- sitiven aktiv werden. Der Mensch in der Arbeit ist unser Maßstab. Und wir wollen, dass Menschen gut arbeiten, gut leben und solidarisch miteinan- der umgehen.“ „Aktiv werden“ Die Frage nach Solidarität und Gerechtigkeit bleibt weitherin akutell …1 Industrie 4.0 – Schöne neue Arbeitswelt? Technologische Entwicklungen müssen allen zugutekommen …2-3 Standpunkt „Mir ist der 1. Mai wichtig, weil ...“ …2-4 Die Stimme erheben Interview mit Propst Markus Pottbäcker …4-5 Aufruf Gemeinsam für mehr Solidari- tät und Gerechtigkeit – KAB im Bistum Essen zum Tag der Arbeit 2016 …5 Bündnis Einsatz für „Menschenwürdige Arbeit“ …6 Nur geringfügig verbessert Lucia Lagoda im Interview über die schlechtere Bezah- lung von Frauen …5 WBCA Erklärung der Weltbewegung Christlicher Arbeitnehmer zum 1. Mai …7 Impuls In der Spur des heiligen Josef: Wir müssen die Augen offen- halten und die Ungerechtigkei- ten unserer Zeit wahrnehmen …8 Gute Arbeit Menschenwürdige Arbeit braucht starke Arbeitnehmer- vertretungen …8 „Aktiv werden“ Die Frage nach Solidarität und Gerechtigkeit bleibt weiterhin aktuell Foto: Spernol

01 2016 KAB Bistum Essen „Aktiv werden“ · mit Nokia und Opel mitgemacht hat, erhebe ich meine Stimme und fordere „Gute Arbeit – um Gottes Willen!“ Klaus Grzesiak (Vorsitzender

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Page 1: 01 2016 KAB Bistum Essen „Aktiv werden“ · mit Nokia und Opel mitgemacht hat, erhebe ich meine Stimme und fordere „Gute Arbeit – um Gottes Willen!“ Klaus Grzesiak (Vorsitzender

1 Zu-Zeitung für soziale Gerechtigkeit

sozialvereintINHALT

01_2016 KAB_Bistum Essen

W ie wollen wir aktuell und zukünf-tig arbeiten und leben? Mit dieserFrage beschäftigt sich die Katho-

lische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB)seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert,und bis heute ist die Frage nach Solidari-tät und Gerechtigkeit aktuell und drän-gend, wie der DiözesanvorsitzendeHermann-Josef Schepers feststellt:„Wenn es um gute Arbeitsbedingun-gen, faire Löhne, soziale Sicherheit undein kollegiales Klima des Miteinandersin der Gesellschaft geht, dann reicht esnicht abzuwarten, sondern dann müs-sen wir aktiv werden und in Bildungund Aktion für eine bessere Arbeitsweltund Gesellschaft streiten.“

Perspektiven wichtigFür die KAB im Bistum Essen ist klar,dass im Verbund von Menschen undBewegungen die größtmöglichenFortschritte erzielt werden können.Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer, Familien und alle, die zum Teilschon seit vielen Jahren ohne Job undohne Perspektive leben, brauchen un-sere Solidarität und politische Wei-chenstellungen für mehr Gerechtig-keit. Wolfgang Heinberg, Diözesan-sekretär der KAB im Bistum Essen:„12 Prozent, 13 Prozent, ja sogar über15 Prozent lauten die Zahlen in denArbeitslosenstatistiken der Arbeits-verwaltung in den Städten des Ruhr-bistums. Hinter diesen Zahlen ver-bergen sich ganz konkrete Menschen

mit ihren jeweiligen Schicksalen.Wenn wir als christliche Arbeitneh-merbewegung uns mit diesen gesell-schaftlichen Tatsachen beschäftigen,dann immer mit der Perspektive, dassMenschen auf den eigenen Beinenstehen können. Niemand will ein Le-ben lang von Transferleistungen le-ben. Darum muss das Ziel lauten: Wirbrauchen gute und sichere Arbeits-plätze und Perspektiven in Arbeit undAusbildung für junge Menschen.“

Die aktuellen und zusätzlichen He-rausforderungen, die z.B. die Zuwan-derung von Menschen bringt, die vorTerror, Willkür, Krieg oder Gewalt inunser Land fliehen und auch in denRuhrgebietskommunen angekom-men sind, müssen jetzt und mit einerguten Perspektive für die Zukunft derMenschen im gesellschaftlichen Kon-sens angegangen werden. „Männer,Frauen und Kinder sind zu uns geflo-hen, weil sie in ihrer Heimat Terror,Krieg und Verfolgung erleben“, sagtDiakon Jürgen Haberl, Diözesanprä-ses der KAB. „Wir Christen haben diePflicht, für ihren Schutz zu streitenund ein Leben in Würde für sie zu for-dern. Wir erleben oftmals aber vor OrtStammtischparolen, die nicht die In-tegration von Menschen in den Blicknehmen, sondern die Ausgrenzung.Und wir erleben Hass und Menschen-feindlichkeit. Wir als KAB stehen füreine freie, offene, solidarische und de-mokratische Gesellschaft, weil dies

unserem christlichen Menschenbildentspricht. Wir werden am Arbeits-platz, in der Nachbarschaft, in denGemeinden und überall, wo wir ge-fordert sind, nicht zulassen, dass Ge-flüchtete und Einheimische gegenei-nander ausgespielt werden.“

Herausforderungen meisternAus Sicht der KAB im Ruhrbistummuss sich Gesellschaft und Arbeits-welt ändern. Unsere Zeit müsse zu ei-ner Zeit der Solidarität werden, for-dert Hermann-Josef Schepers: „Wennwir es wollen, dann schaffen wir es,mit Herausforderungen umzugehenund diese zu meistern. Integration inArbeit, Arbeit, die Würde gibt, glei-cher Lohn für gleiche Arbeit und einStück mehr an gesellschaftlicher undbetrieblicher Teilhabe und Teilnahmesind und bleiben für uns die zentralenpolitischen Forderungen der Gegen-wart und der Zukunft – hier, inEuropa und weltweit! Wir haben alsArbeitnehmerbewegungen schonviel erreicht, aber es gibt noch genugfür uns zu tun! Wir werden als KABunserer Verantwortung in Arbeits-welt, Gesellschaft, Politik und Kircheimmer dann gerecht, wenn wir alsMotor von Veränderung hin zum Po-sitiven aktiv werden. Der Mensch inder Arbeit ist unser Maßstab. Und wirwollen, dass Menschen gut arbeiten,gut leben und solidarisch miteinan-der umgehen.“

„Aktiv werden“Die Frage nach Solidarität undGerechtigkeit bleibt weitherinakutell …1

Industrie 4.0 – Schöneneue Arbeitswelt?Technologische Entwicklungenmüssen allen zugutekommen

…2-3

Standpunkt „Mir ist der 1. Mai wichtig,weil ...“ …2-4

Die Stimme erhebenInterview mit Propst MarkusPottbäcker …4-5

AufrufGemeinsam für mehr Solidari-tät und Gerechtigkeit – KABim Bistum Essen zum Tag derArbeit 2016 …5

BündnisEinsatz für „MenschenwürdigeArbeit“ …6

Nur geringfügig verbessertLucia Lagoda im Interviewüber die schlechtere Bezah-lung von Frauen …5

WBCAErklärung der WeltbewegungChristlicher Arbeitnehmerzum 1. Mai …7

ImpulsIn der Spur des heiligen Josef:Wir müssen die Augen offen-halten und die Ungerechtigkei-ten unserer Zeit wahrnehmen

…8

Gute ArbeitMenschenwürdige Arbeitbraucht starke Arbeitnehmer-vertretungen …8

„Aktiv werden“Die Frage nach Solidarität und Gerechtigkeit bleibt weiterhin aktuell

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STANDPUNKT

2 sozialvereint

„Mir ist der 1. Mai wichtig,

... weil an diesem ganz besonderen Tag in besondererWeise die grundsätzlichen Themen der Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer formuliert und wahrgenom-men werden können.“Hermann-Josef Schepers(Diözesanvorsitzender der KAB)

... weil dieser Tag auch bestensdafür geeignet ist, für guteund sichere Arbeitsplätze undzukunftsfähige Ausbildungs-plätze Position zu beziehen.“Wolfgang Heinberg (Diözesansekretär der KAB)

... weil ich mich seit vielen Jah-ren für gleiche Löhne und Kar-rierechancen für Frauen enga-giere und weil ich will, dass Ar-beit und Familie besser mitei-nander vereinbart werdenkönnen.“ Michaela Perz (Stellv. Diözesanvorsitzende der KAB)

D as Zukunftsbild „Industrie 4.0“wird derzeit massiv etwa durchdas Bundesministerium für Bil-

dung und Forschung und das Wirt-schaftsministerium propagiert. Nachder ersten industriellen Revolutiondurch die Einführung mechanischerProduktion durch Wasser- undDampfkraft, der zweiten durch diearbeitsteilige Massenproduktion anFließbändern und elektrische Ener-gie, der dritten durch Automatisie-rung der Produktion durch Elektro-nik und IT soll es in der vierten indus-triellen Revolution (4.0) nun um denAusbau sogenannter „cyber-physi-schen Systeme“ (CPS) gehen.

Diese verbinden über das Internetmit Sensoren und Aktoren ausgestat-tete Materialien, Gegenstände, Gerä-te und Maschinenteile weltweit inEchtzeit miteinander. „Industrie 4.0“bedeutet, dass die Datenströme vonAnlagen, Maschinen, einzelnerWerksstücke, Kunden und Logistikmiteinander vernetzt werden. Konti-nuierlich werden Informationen aus-getauscht. Ziel ist die Optimierungvon Fertigungsprozessen, um die

Konkurrenzfähigkeit deutscher Un-ternehmen auf den internationalenMärkten zu erhöhen. Schneller, ge-zielter, umweltschonender und kun-denorientierter soll produziert wer-den. So die Versprechen.

Smartphones, Computer jedwederArt und digitale Netzwerke sind zueiner Selbstverständlichkeit unseresAlltags geworden. Schon jetzt ist dasTempo der digitalen Durchdringungaller Lebensbereiche enorm. Die Ar-

beitsprozesse haben sich grundle-gend verändert. Und „Industrie 4.0“wird diesen Trend beschleunigen. Er-werbsarbeit wird weiter ihre örtlicheund zeitliche Gebundenheit verlie-ren, denn produziert wird rund umdie Uhr. Maschinen werden nicht mü-de, Menschen schon. Damit wachsendie Flexibilisierungsanforderungenan die Beschäftigten, die die vernetz-ten Maschinen überwachen. Wie jedetechnische Revolution werden die

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Umbrüche in bestimmten BereichenArbeitsplätze „frei setzen“, denn esgeht ja um die Erhöhung der Produk-tivität, die eben auch durch Einspa-rung von Arbeitskraft erzielt werdensoll. Ein Beispiel aus dem Einzelhan-del, das die Fraktion der ChristlichenGewerkschafter*innen im Österrei-chischen Gewerkschaftsbund jüngstin einer Stellungnahme aufführte,spricht auch für Deutschland Bände:„Alleine die Möglichkeit des digita-len Supermarktes gefährdet in Öster-reich 200.000 Arbeitsplätze von Kas-sierer*innen bzw. Verkaufsfachkräf-ten. Waren werden mit Chips beklebt,die Bezahlung erfolgt über die Banko-matkarte kontaktlos oder mit demHandy. Kund*innen brauchen nurmit dem Einkaufswagen durch denScantunnel zu fahren. Die Warenmüssen nicht mehr auf ein Förder-band gelegt werden. Die Bezahlungerfolgt kontaktlos. Waren zum Super-markt werden durch Roboter nachge-schichtet.“

Ein Sprichwort lautet: „Des einenFreud, ist des andern Leid.“ Was dieKund*innen an Komfort und Entlas-

tung gewinnen, bezahlen die Kas-sier*innen durch den Verlust des Ar-beitsplatzes und Arbeitseinkommen.Es wird Verlierer und Gewinner ge-ben, nicht nur durch digitalisierte Su-permärkte. Ob mehr gewonnen alsverloren wird, ist wie bei jeder vor-hergehenden industriellen Revoluti-on nicht ausgemacht. Sicher ist: Auch„Industrie 4.0“ wird zu einschneiden-den Veränderungen führen.

Die Geschichte lehrt, dass es wenigSinn hat, sich technologischen Ent-wicklungen fundamental entgegenzustellen. Sie bedürfen der Regulie-rung durch Politik und Gesellschaftund zwar im Vorfeld und nicht imNachhinein. Dazu gehören einigeGrundregeln, für die die KAB seit ih-rem Bestehen kämpft. Technologi-sche Entwicklungen müssen allen zu-gutekommen. Sie müssen das Lebenaller verbessern und dürfen nichtdem Profit weniger dienen, die im-mer reicher, während andere immerärmer werden. Produktivitätssteige-rungen bedürfen der gerechten Ver-teilung und dürfen nicht einseitigdem Kapital zufließen. Weniger be-

zahlte Erwerbsarbeit verlangt nachArbeitszeitverkürzungen, die ausden Produktivitätsfortschritten aus-zugleichen sind. FamiliengerechteArbeitszeiten sind weiterhin das Ge-bot der Stunde. Und: Wo weniger be-zahlte Erwerbsarbeit geleistet wird,muss die Finanzierung der sozialenSicherungssysteme auf eine breitereBasis gestellt werden. Nicht nur zudiesen Herausforderungen hat dieKAB viele gute Vorschläge entwi-ckelt, die aktueller denn je sind. Bei al-len Entwicklungen geht es um Fragenvon Ethik und Werten. Für die KABist klar: Im Mittelpunkt steht derMensch und nicht die Maschine! Diesgilt auch für die neue „Arbeit 4.0“!

Industrie 4.0 –Schöne neueArbeitswelt?Technologische Entwicklungen müssen allen zugutekommen.Sie müssen das Leben aller verbessern und dürfen nicht demProfit weniger dienen, die immer reicher, während andereimmer ärmer werden./Von Dr. Michael Schäfer

STANDPUNKT

3sozialvereint

Dr. Michael Schäfers, Jahrgang 1962,ist Leiter des Grundsatzreferatesder KAB Deutschlands e. V.

„Mir ist der 1. Mai wichtig,

... weil wir auch weiterhin füreine Rente und soziale Siche-rung im Alter streiten und alsArbeitnehmerbewegungen ak-tuell und zukünftig das ThemaAltersarmut konsequent an-sprechen müssen.“ Manfred Niemann (Stellv. Diözesanvorsitzender der KAB)

… weil wir gemeinsam mitden Gewerkschaften für „GuteArbeit“ unsere Stimme erhe-ben und so für mehr Gerech-tigkeit für die Kolleginnen undKollegen streiten.“ Monika Freres-Ruhrmann(Mitglied im Vorstand der KABin der Stadt Essen)

... weil wir an diesem Tagdrauf aufmerksam machen,dass auch junge Menschen un-sere Unterstützung brauchen,vor allem wenn sie sich vonbefristeter Stelle zu befristeterStelle durchkämpfen müssen.“Herbert Jablonski (Vorsitzender der KABin der Stadt Essen)

Foto: Komet Group

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Die Stimme erhebenDie Kirche ist als Anwältin der Menschen gefordert, sich auch zu Arbeitslosigkeitund gerecheter Arbeit zu äußern, sagt der Gelsenkirchener Stadtdechant, Propst Markus Pottbäcker, im Interview

sozialvereint

STANDPUNKT

„Mir ist der 1. Mai wichtig,

... weil wir weiterhin vernünfti-ge und gerechte Arbeitsplätze,ganz gleich, ob in der Industrie-oder Dienstleistungsbranchebrau chen. Gerade vor dem Hin-tergrund, was die Stadt Bochummit Nokia und Opel mitgemachthat, erhebe ich mei ne Stimmeund fordere „Gute Arbeit – umGottes Willen!“Klaus Grzesiak(Vorsitzender der KABin der Stadt Bochum)

...weil es gerade in der jetzigenZeit, in der es immer heißt, dasses Deutschland so gut geht wienoch nie, es immer wichtigerwird, dass wir als Arbeitnehmer-verband deutlich machen, dassdieses für viele Arbeitnehmernicht zutrifft, denn die Scherezwi schen Arm und Reich klafftimmer weiter auseinander. Neh-men wir z. B. nur die vielen tau-send Arbeitnehmer, die 40 odermehr Stunden in der Woche ar-beiten, aber ihre Familien davonnicht unterhalten können unddaher „zum Amt“ gehen müs -sen, um dort ihre „Stütze“ abzu-holen. Der 1. Mai ist besondersgeeignet, uns gemeinsam mitden Gewerkschaften und denanderen kirchlichen Arbeitneh-merbewegungen für bes sere Zu-kunftsaussichten der Arbeitneh-mer einzusetzten, damit alleeine gute, sinnstiftende und aus-kömmliche Arbeit bekommen.“Werner Skiba (Vorsitzender derKAB in der Stadt Gelsenkirchen)

Propst Pottbäcker, Sie sind mitvielen Sorgen und Nöten derMenschen in einer besonders betroffenen Region konfron-tiert. Gelsenkirchen hat inDeutschland die zweithöchsteArbeitslosenquote. Wie dringendist für Sie das Problem von ge-rechter Arbeit?

Es geht in unserer Stadt janicht nur um saisonale Aus-schläge oder Schwankun-gen, sondern um eine sichüber Jahre und Jahrzehntelangsam verfestigte Formvom Arbeitslosigkeit, die fürein Stadtgefüge nicht ge-sund ist. Hierbei geht es vorallem auch darum, dassMenschen nicht mehr erfah-ren können, dass sie durchihre Tätigkeit etwas Sinnvol-les in das Sozialgefüge, in ei-ne Stadtgesellschaft einbrin-gen. Ich halte ich das fürhochproblematisch und ge-fährlich für eine Gesellschaftund den gesellschaftlichenZusammenhang.

Was kann Kirche tun?

Kirche kann vor allem dieStimme erheben. Wir verste-hen Kirche auch als Anwäl-tin für die Rechte von Men-schen. Denn Kirche erhebtden Anspruch, sich zu denThemen äußern zu müssen,die den Menschen betreffen.Das leitet sich schon alleindaraus ab, dass wir in allenMenschen Jesus Christus er-kennen sollen, wenn wirdem 25. Kapitel des Mat-thäus-Evangeliumsfolgen. Es ist einAuftrag,uns zu-zu-

wenden, wenn Jesus dortsagt: „Ich war fremd und ob-dachlos und ihr habt michaufgenommen; ich warnackt und ihr habt mir Klei-dung gegeben; ich warkrank und ihr habt mich be-sucht“. Ohne Zweifel dürfenwir hier auch die Arbeitslo-sigkeit ergänzen. Insofern istKirche gefordert, da auchein Votum und ein Plädoyerabzugeben.

Die Katholische Stadtkirche Gel-senkirchen hat ein Protestschrei-ben an die Geschäftsführung derVaillant Group gerichtet, die be-absichtigt, 2018 ihr Werk in Gel-senkirchen mit rund 200 Be-schäftigten zu schließen. Arbeits-plätze werden ins Ausland verla-gert.

Bessere Profitabilitätdurch Standort-schließungenoderEntlas-sungenzuerrei-chen, isteinunver-ant-wortli-cherWeg.Von ei-nem Unter-neh-

men, das mit dem Nachhal-tigkeitspreis 2015 ausge-zeichnet wurde, kann mandeutlich bessere Konzepteerwarten. Das Wirtschafts-system soll im Dienst desMenschen stehen.

Haben Sie eine Reaktion vonVaillant erhalten?

Ja, es hat sogar ein Gesprächmit dem Vorstand von Vail-lant gegeben. Das war einsehr gutes, sachorientiertesGespräch, auch wenn wiruns in unseren Positionennicht angenähert haben. Ichhabe sehr deutlich daraufhingewiesen, dass für michin Gelsenkirchen in zweier-lei Hinsicht eine Problema-tik existiert: Zum einen trifftes immer wieder diese Stadt,schon seit Jahrzehnten.

Das sollte auch un ter -nehmerische Sicht

in den Blicknehmen. Das

andere, wasich in

diesem Ge -spräch

gesagt ha -be: Ich

sehe eineethische

Verpflich-tung. KeinUnterneh-men kann

ohne dieStadtgesellschaftund das Engage-

ment der Bürgerin-nen und Bürger

und

die durch Steuern finanzier-te Infrastruktur seinen Ge-schäften nachgehen. Das istein Geben und Nehmen.Deshalb ist ein Unterneh-men auch einer Stadt und ih-ren Bürgerinnen und Bürgerverpflichtet.

In Gelsenkirchen gibt es auch vie-le Langzeitarbeitslose, die am Ar-beitsmarkt als schwer vermittel-bar gelten.

In der Jugendberufshilfegeht es ja zum Beispiel oftganz basal darum, jungeLeute, die möglicherweiseschon in zweiter GenerationArbeitslosigkeit erfahren,kleinschrittig beizubringen,wie wichtig es ist, morgenseinen Wecker zu stellen unddann auch aufzustehen. Esist ja nicht so, dass sie nichtstun oder könnten, sie habenja durchaus Talente. Nurkönnen sie die Werthaftig-keit dessen, was Gott ihnenals Talent gegeben hat, nichtausschöpfen. Das ist etwas,was wir niemals aufgebendürfen, in Erinnerung zubringen.

Gibt es seinen Sinn des Lebensohne Arbeit?

Die Katholische Soziallehresagt ganz klar: Nein. Aber esist ja nicht nur als Frage derArbeit in einem formalenSinne zu sehen, sondern esgeht um die – im besten Sin-ne – Herausforderung dermir von Gott gegeben Talen-te. Da kann der eine das under andere dies. Das kannauch ehrenamtliches Enga-gement sein. Etwas, wasmein Talent fordert und wasich einsetzen kann.

Deutschlandweit sind die Arbeits-losenzahlen gesunken. Gleichzei-tig hat prekäre Beschäftigung inForm von Mini-Jobs und befriste-ten Verträgen zugenommen.Foto: Achim Pohl/Bistum Essen

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5sozialvereint

DREIFACH CHRISTLICH. E INFACH MENSCHLICH.

JETZT WÄHLEN!

Gut, wenn sich drei für Sie stark machen.Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschland (KAB), das Kolpingwerk Deutschland und der Bundesverband Evangeli-scher Arbeitnehmerorganisationen (BVEA) geben der christli-chen Sozialethik in Politik und Gesellschaft Gehör und Geltung. Wir verdreifachen Ihre Stimme für mehr Solidarität und Gerech-tigkeit in den gesetzlichen Sozialversicherungen.

www.aca-online.de

15.4. bis 31.5.2017

Vereint in der ACA – Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen:

D er 1. Mai 2016 ist für die Frauenund Männer in der KAB im Bis-tum Essen auch Ort und Gelegen-

heit, Solidarität zu fordern und Solida-rität zu zeigen. Wir sind als christlicheBewegung für soziale Gerechtigkeitsolidarisch mit den Kolleginnen undKollegen in Betrieben, Unternehmenund öffentlichen Verwaltungen, undwir stehen an der Seite der Menschen,die noch ohne einen Erwerbsarbeits-platz sind, und derjenigen, die einenArbeits- oder Ausbildungsplatz su-chen.

Es ist Zeit für mehr Solidarität!

In den vergangenen Monaten sind vie-le Menschen in unser Land geflüchtet.Dabei stehen alle gesellschaftlichenAkteure in der Pflicht, den Menschen,die vor Terror, Krieg, Gewalt und Will-kür fliehen mussten, eine Perspektivehier vor Ort in Deutschland und inEuropa insgesamt zu bieten. Gerech-tigkeit ist für uns dann gegeben, wenndiese Menschen die Chance erhalten,Integration in Arbeit und Gesellschafttatsächlich zu erleben. Und wir stellenfest: Hass und Menschenfeindlichkeiteinerseits und das Ausspielen von Ein-heimischen und Geflüchteten gegen-einander sind keine Zeichen einer soli-darischen Gesellschaft und müssen in

und durch Bildung und Aktion konse-quent bekämpft werden.

Es ist Zeit für gerechte Löhne!

Menschenwürdige Arbeit ist dieGrundlage einer guten Wirtschaft undeiner solidarischen Gesellschaft. Diesgilt für alle Formen menschlicher Ar-beit! Wir sagen: Wir brauchen einestärkere Anerkennung ehrenamtli-cher Arbeit, von Familienarbeit und ei-ne faire Bezahlung von Erwerbsarbeit.Gerechtigkeit ist für uns dann gege-ben, wenn Menschen endlich so be-zahlt werden, dass sie ihr Auskommendurch Löhne erzielen und sicherstel-len können, dass gesellschaftliche Teil-habe und Teilnahme und ein Stückvom Wohlstand in der Gesellschaft al-len Menschen möglich wird.

Es ist Zeit für Lohngerechtigkeit für Frauen!

Gleiche Arbeit muss auch gleich ent-lohnt werden. Wir beklagen auch in2016 immer noch, dass die Lohnlückebei Frauen noch immer bei ca. 21 Pro-zent liegt. Gerechtigkeit ist für unsdann gegeben, wenn es bei Karriere-chancen und Bezahlung keinen Unter-schied mehr wegen des Geschlechtsgibt. Darum müssen auch alle Hemm-

nisse bei der Vereinbarung von Fami-lie und Beruf beseitigt werden und diegewerkschaftliche und christliche For-derung nach gleichem Lohn für glei-che Arbeit endlich Realität werden.

Es ist Zeit fürmenschenwürdige Arbeit!

Wir wollen uns als christliche Arbeit-nehmerbewegung nicht länger mit im-mer mehr Werkverträgen, zeitlichenBefristungen und prekären Arbeits-verhältnissen abfinden! Wir forderndie Bundesregierung auf, die bisheri-gen Gesetzesvorschläge zur Leiharbeitund Werkverträgen und die dazu ge-troffenen Vereinbarungen im Koaliti-onsvertrag endlich umzusetzen, damitsoziale Sicherheit und betrieblicheMitbestimmung für alle Arbeitnehme-rinnen und Arbeitnehmer erreichtwerden. Gerechtigkeit ist für uns danngegeben, wenn das Ziel einer men-schenwürdigen Arbeitsgesellschafterreicht ist. Die KAB im Ruhrgebietblickt auf eine mehr als 160-jährige Ge-schichte zurück. Eine Geschichte, dieuns bis heute verpflichtet, in Bildungund Aktion für mehr Solidarität, Ge-rechtigkeit, gute Arbeit und gegenHass, Intoleranz, Krieg und GewaltPosition zu beziehen. Darum unter-stützen wir die Aktionen und Kundge-bungen des DGB im Ruhrbistum!

Gemeinsam für mehr Solidarität und GerechtigkeitAufruf der KAB im Bistum Essen zum Tag der Arbeit 2016

Da möchte ich kein pauscha-les Urteil fällen, das mussman jeweils im Einzelfall be-urteilen. Ein Minijob kannauch ermöglichen, in einembegrenzten Zeitrahmen et-was zu tun. Dann ist das et-was Gutes. Wenn ein Mini-job aber nur die schlechte Al-ternative ist, weil es keinenanderen Job gibt, dann istdas nicht gut. Es ist hochpro-blematisch, wenn Minijobsvon Unternehmen systema-tisch eingesetzt werden, nurum den Profit zu steigern.

Wie definieren Sie „GuteArbeit“?

Gute Arbeit ist, dass jemandmit den Rahmenbedingun-gen, in denen er seine Arbeittut, zufrieden ist, dass er indiesen Rahmenbedingungauch die Arbeit erledigenkann und es dafür auch einevernünftige Bezahlung gibt,die den Wert der Arbeit un-terstreicht. Dann ist das„Gute Arbeit“ – und dannbin ich überzeugt, wird auchimmer gute Arbeit dabei he-rauskommen. Wenn einerdieser Faktoren nicht funk-tioniert, dann wird am Endeauch die Arbeit nicht gutsein.

Die Kirchen sind nach dem Staatder zweitgrößte Arbeitgeber inDeutschland, sie beschäftigenrund eine Million Menschen. Hal-ten Sie sich selbst an das, was Sieanderen Unternehmen predigen?

Wir stehen für hohe sozial-ethische Werte, die wir ein-fordern bei anderen. Aberwir sind selber Arbeitgeber –und mit Fehlern undSchwierigkeiten behaftet.Manchmal passen Dingenicht zusammen, oder einePersonalauswahl ist falschund es funktioniert nicht.Aber wir bemühen uns, es sogut wie möglich zu machen.

ZUR PERSON

Propst Markus Pottbäcker (49)ist Stadtdechant von Gelsenkir-chen. Als Pfarrer leitet der ge-bürtige Duisburger seit Septem-ber 2014 die Großpfarrei St. Ur-banus, die mit rund 38 000 Ka-tholiken die größte Pfarrei inDeutschland ist.

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Was passiert auf politischer Ebene, um die Auf-hebung der geschlechterspezifischen Bezahlungzu erreichen und welche politischen Maßnah-men müssen weiter ergriffen werden?

In den letzten Jahren hat sich die Lageder Frauen zwar nur geringfügig ver-bessert, deshalb kann man noch langenicht von Chancengleichheit zum Bei-spiel bei der Bezahlung von Frauen undMännern sprechen. Die Politik hat ne-ben den bereits existierenden Gesetzen,allen voran der Grundrechte-Chartader EU und dem Grundgesetz mit demGleichheitsgrundsatz von Männernund Frauen, noch viel zu leisten, um dieimmer noch erheblichen geschlechts-bedingten Lohndifferenzen von 22 Pro-zent zwischen Frauen und Männern zubeseitigen.

Dazu müssen sich die Bedingungenim Bereich der Tarif-, Arbeitsmarkt-und Sozialpolitik ändern. So setzt sichdie kfd zum Beispiel für eine Lohn-transparenz bei der Entgeltgleichheitzwischen Frauen und Männern ein undfordert eine gesetzliche Grundlage, dieeine Überprüfung aller Entgeltregelun-gen auf solche Diskriminierungen so-wie auch eine umfangreiche Aus-kunftspflicht für alle Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer vorsieht. Dennnur wenn ich weiß, was meine Kolle-ginnen und Kollegen innerhalb meinesBetriebes oder in meiner Branche invergleichbaren Positionen verdienen,kann ich eigene Gehaltsforderungenüberzeugend vertreten und auchdurchsetzen. Weiterhin muss politischdurchgesetzt werden, dass in allen Be-rufen psychosoziale Kompetenzen an-erkannt und belastende psychosozialeBedingungen – zum Beispiel unerträg-

licher Arbeitsdruck, fehlende Wert-schätzung, oder nicht existenzsichern-des Einkommen – finanziell berück-sichtigt werden. Das gilt in besonderemMaße für die gesellschaftlich wenigergeschätzten, sogenannten sozialenFrauenberufe wie Krankenschwestern,Erzieherinnen oder Altenpflegerinnen.Die Aussage „Viel Dienst, wenig Ver-dienst“ bringt die Lohnsituation aufden Punkt.

Die männerdominierten, techni-schen Berufe werden in unserer Gesell-schaft besser angesehen und auch bes-ser bezahlt als die oben genanntenFrauenberufe. Das zeigt sich sogar,wenn man zwei Jobs aus beiden Ar-beitsbereichen vergleicht, für die diegleiche Qualifikation erforderlich ist.

Wenn aus normalen auskömmlichenArbeitsverhältnissen Zeit- oder Mini-jobs mit niedrigen Löhnen, geringemarbeitsrechtlichen Schutz und fehlen-der Sozialversicherung werden, sprichtman von „prekärer Beschäftigungsver-hältnissen“. Diese verhindern eine ei-genständige Existenzsicherung der Ar-beitnehmer_innen und ihrer Familien.Eine politische Maßnahme dem entge-genzusteuern und staatliche Zusatz-leistungen an Minijobber_innen zu ver-meiden, ist die Umwandlung der Mini-jobs in auf Dauer angelegte, sozialversi-cherungspflichtige Arbeitsverhältnis-se. Nur so ist eine Teilhabe am gesamt-gesellschaftlichen Leben für alle mög-lich. Da ist die Politik eindeutig gefragt,da muss Politik nachdenken und damuss Politik handeln!

Wie können Frauen ihr Recht auf eine gleicheBezahlung für die gleiche Tätigkeit durchset-zen? Was können Frauen persönlich tun?

Persönlich sollte sich jede Frau zu-nächst umfassend darüber informie-ren, welche Gehälter in ihrem Beruf be-ziehungsweise ihrer Branche gezahltwerden zum Beispiel durch Einsicht inden für sie geltenden den Tarifvertrag.Andere Informationsquellen wären imInternet www.lohnspiegel.de oderwww.frauenlohnspiegel.de. Es ist auchwichtig, sich – regelmäßig – mit denKollegen über das Einkommen vertrau-ensvoll auszutauschen, denn nur sokann „frau“ feststellen, ob der Arbeitge-ber den Gleichbehandlungsgrundsatzbei der Gehaltszahlung einhält. Im Falleeines begründeten Diskriminierungs-verdachtes stehen ihr die Möglichkei-ten der Beschwerde und der Klage of-fen. Und darüber hinaus ist es sehrwichtig, sich mit anderen Frauen zuvernetzen, um auf diese Ungerechtig-keit aufmerksam zu machen und sichgemeinsam für die Entgeltgleichheiteinzusetzen. Deshalb unterstützen dieFrauen in der kfd seit 2009 aktiv denbundesweiten Equal Pay Day in allenDiözesanverbänden durch engagiertesGestalten von vielen öffentliche Veran-staltungen und Aktionen.

Gibt es bestimmte Berufe, in denen die Bezah-lung besonders unterschiedlich ausfällt?

Leider zeigt sich die Geschlechterlohn-lücke auch bei Frauen und Männern,die den gleichen Job erledigen. So hatzum Beispiel eine Studie der Universi-tät Bielefeld gezeigt, dass Frauen inMännerberufen eine geringere Bezah-lung bekommen als ihre männlichenArbeitskollegen. Ich frage, aus wel-chem Grund verdient eine Maler- undLackiererin, bei gleichen Voraussetzun-

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Nur geringfügigverbessert„Die männerdominierten, technischen Berufe werden inunserer Gesellschaft besser angesehen und auch besserbezahlt als die sogenannten Frauenberufe“, kritisiertkfd-Diözesanvorsitzende Lucia Lagoda im Interview.

BÜNDNIS

Einsatz für „MenschenwürdigeArbeit“

Im letzten Jahr hat das christlich-gewerkschaftliche Bündnis für„Gute Arbeit“ die „Charta fürMenschenwürdige Arbeit“ veröf-fentlicht und in die politische De-batte eingebracht. Die KAB imBistum Essen hat sich geschlossenhinter die Forderungen der Char-ta gestellt und diese am Diözes-antag 2015 als politische Leitlini-en verabschiedet. Die gute Zu-sammenarbeit der beteiligten Or-ganisationen wird auch 2016fortgesetzt, um das Thema der„Menschenwürdigen Arbeit“.

Für das erste Halbjahr 2016 sindverschiedene fachliche Workshopsmit anerkannten Experten ausdem Bereich „Arbeit“ geplant.Nach einem erfolgreichen erstenWorkshop mit Luidger Wolterhoff,Leiter der Arbeitsagentur Bo-chum, steht Jutta Eckenbach(MdB, CDU) für einen weiterenWorkshop zur Verfügung. Als Mit-glied des Bundestages wird sie dieCharta aus verschiedenen politi-schen und gesellschaftlichenBlickwinkeln betrachten und sichder Diskussion stellen.

Der Workshop wird am Dienstag,3. Mai 2016, um 18 Uhr in denRäumlichkeiten der KAB (Holster-hauser Treff, An St. Ignatius 8) inEssen stattfinden. Herzlich einge-laden sind alle Interessierte, diesich über das Thema „Menschen-würdige Arbeit“ informieren unddarüber hinaus sich in einem star-ken Verbund von Gewerkschaf-ten und Sozial- und Berufsver-bänden für ein wichtiges gesell-schaftliches Thema engagierenmöchten.

IMPRESSUMsozialvereint – Zeitung für soziale Gerechtigkeit

Herausgeber: Diozesanverband der KABim Bistum Essen, An St. Ignatius 8, 45128 Essen, Tel: 0201-878910, Fax: 0201-8789122, [email protected],www.kab-essen.de

Redaktion: Wolfgang Heinberg (V.i.S.d.P.),Andreas Schellhase

Gestaltung: RW Media UG (haftungsbe-schränkt), Ludgeristraße 1, 45897Gelsenkirchen, Telefon 0209-15895680, [email protected], www.neuesruhrwort.de

Druck: Lensing Druck GmbH & Co. KG,Auf dem Brümmer 9, 44149 Dortmund.

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gen, weniger als ihr männliches Gegen-über? Und „frau“ muss bei alledem imBlick behalten, dass die geschlechtsspe-zifischen Entgeltunterschiede nicht nurden aktuellen Lohn betreffen, sonderndass die Lohnlücke von derzeit 22 Pro-zent zu einer zukünftigen Rentenlückevon 59 Prozent (alte Bundesländer) unddamit zur – weiblichen – Altersarmutführt. Die Konsequenz daraus ist, dass,besonders, Rentnerinnen in ihrem vier-ten Lebensabschnitt nicht ohne staatli-che Transferleistungen wie zum Bei-spiel die Grundsicherung auskommenwerden.

Der Equal Pay Day ist vielen Menschen inDeutschland schon ein Begriff. Wie kann trotzalledem noch stärker auf den Missstand der un-terschiedlichen Bezahlung aufmerksam ge-macht werden?

Ich glaube, das Sprichwort „SteterTropfen höhlt den Stein“ beschreibtganz treffend die Notwendigkeit be-harrlich zu sein und es konsequent zubleiben. Dazu gehört immer wiederüber dieses Thema mit Frauen undMännern zu sprechen, immer wieder,auf diese Ungerechtigkeit aufmerk-sam zu machen, den Informations-fluss wachzuhalten und vor allem,sich persönlich für die Lohngleichheiteinzusetzen. Der persönliche Einsatzin einem Verband, gesellschafts-und/oder parteipolitisch ist für Pro-zesse sozialer Gerechtigkeit unver-zichtbar. In Politik und Wirtschaftsind Frauen nach wie vor unterreprä-sentiert. Dort muss Veränderung ge-schehen. Daran müssen wir als Frauenarbeiten. Und zum Aufmerksamma-chen gehört für mich, schon sehr früh,

besonders bei Mädchen, das Bewusst-sein für die eigene Wertschätzung, dieeigene wirtschaftliche Unabhängig-keit und die Übernahme von gesell-schaftlicher und beruflicher Verant-wortung für andere zu fördern.

Wann denken Sie, können wir den Equal PayDay am 31. Dezember feiern – also an einemTag, der wirklich für eine gerechte und gleicheBezahlung von Mann und Frau steht?

Punktuell kann er schon heute in Ein-zelfällen gefeiert werden, zum Beispieljetzt schon bei den Mitarbeitern einerKieler Werbeagentur. Sie verfügen überein transparentes Gehaltssystem indem Erfahrung, Ausbildung, Erfolgund Wissen erfasst werden. Das Systemschlüsselt detailliert auf, welches Enga-gement wie belohnt wird. Das Ge-schlecht spielt dabei keine Rolle. Und 50Prozent der Mitarbeiter, einschließlichder Führungskräfte, sind Frauen. Fürdie breite Masse der Arbeitnehmer-schaft sind jedoch transparente Bewer-tungsverfahren und Vergütungsstruk-turen und damit die gleiche Bezahlungvon Mann und Frau noch lange nichtRealität. Leider. Weil diese Forderun-gen zu einer sozialen und wirtschaftli-chen Gerechtigkeit führen und damitfür das Zusammenleben in unserer Ge-sellschaft richtig, wichtig und notwen-dig sind, deshalb werden wir uns alskfd weiterhin für die Gleichstellungvon Frauen und Männern im Lebens-verlauf einsetzen – den Sekt schon malkaltstellen und mitfeiern beim Errei-chen von Teilzielen und natürlich beider Verwirklichung des großen Zieles,bei der Gleichstellung von Frauen undMännern.

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Wir leben heute in einer ge-teilten Welt. Ein allgemeinerHass verbreitet sich, in deneinzelnen Ländern, auf denKontinenten, in den sozialenSchichten, den Gewerk-schaften, in der Politi, und erführt bis zur Kriminalisie-rung der sozialen Bewegun-gen.

Es kommt zur Revolte undzu Verzweiflung. Die Arbeit-nehmerinnen und Arbeit-nehmer sehen, ohne viel Ge-genwehr zu leisten, ihre fun-damentalen Rechte bedroht:gerechter Lohn, Gesund-heitsvorsorge, Bildung,Nutzflächen, Wohnung undArbeit. Genau diese Sorgehat Papst Franziskus in denzwei Treffen mit Vertreternder Weltbewegung Christli-cher Arbeitnehmer (WBCA),einmal im Vatikan und einanderes Mal in Bolivien, beiseinem Besuch in Südame-rika, zum Ausdruckgebracht.

Migration undFlucht – es betrifftheute die ganzeWelt. ZunehmendeArmut in vielen Län-dern, Katastrophen allerArt – Gräueltaten in den Bür-gerkriegen – all dies führtzur Massenflucht aus allenTeilen dieser Erde, führt zurZerstörung von Familien,führt zu Elend und Leid.

Allerdings sind auch wirselbst mitverantwortlich fürdie Ursachen von Migration,Vertreibung und Flucht. Wirsind mitverantwortlich fürdie Unterdrückung der Ar-men, sind diejenigen, die im-mer mehr Reichtum auf Kos-ten der Armen anhäufen. Siesind diejenigen, die leiden,sind das Gesicht von JesusChristus, Zimmermann ausNazareth. (vgl. Markus-Evangelium)

Überall auf der Welt hatder Kapitalismus einescheinbare Antwort zur Be-endigung dieser Krise: Roh-stoffpreise senken (Land-wirtschaft, Erdöl etc.), Löhnekappen, Arbeitsrechte aus-hebeln, um Profite zu erhö-hen.

Der Ausweg aus der Krise,nach der Logik des Kapitalis-mus, lautet demnach so: denArbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmern Opfer und Ver-

luste zuzumuten, um diesesWirtschaftssystem weiterfunktionieren zu lassen.Doch dies ist keine Lösung:Es verschärft nur die sozialeSpaltung, erhöht die Arbeits-losigkeit und beschneidetdie Rechte der Arbeitnehme-rinnen und Arbeitnehmer.

Und es geht ja weiter: Dieökonomische Krise wird vonweiteren Krisen begleitet:

– Umwelt – unverantwort-liche Zerstörung unserer Le-bensgrundlagen;

– Wertesystem – es domi-niert das „Jeder und Jede fürsich“-Prinzip, die Wirtschafthat Vorrang vor dem Men-schen.

Die WBCA kämpft für So-lidarität mit und unter denArbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmern

Die WBCA – Weltbewe-gung Christlicher Arbeit-

nehmerinnen und Arbeit-nehmer – präsent inDutzenden von Län-

dern, auf allen Kon-tinenten, kämpftzusammen mit Ar-

beitnehmerorganisa-tionen. Seit 50 Jahren

steht sie für die Überzeu-gung, dass nur ein gemein-samer Kampf aller Arbeit-nehmerinnen und Arbeit-nehmer die Gesellschaft vo-ranbringt und Gerechtigkeitfür den sozialen Freidenschafft. „Das Reich Gottes istnahe. Kehrt um, und glaubtan das Evangelium!“ (Mk1,14)

Daraus folgend fordernwir nachdrücklich die Regie-rungen aller Länder auf, alleVorhaben abzulehnen, dieauf Diskriminierung der Ar-beitnehmerinnen und Ar-beitnehmer abzielen, beson-ders die Schwächsten undAusgebeuteten zu schützen.Gesetze und Vorschriften zuerlassen, die Zwangsarbeit,Menschenhandel und Aus-beutung verhindern.

Wir fordern alle Arbeit-nehmerinnen, Arbeitnehmerund alle Arbeitnehmer-Or-ganisationen auf, einzelnund gemeinsam zu handeln,um eine gerechte, solidari-sche und nachhaltige Gesell-schaft aufzubauen.

WBCA –Weltbewegung Christlicher Arbeitnehmer

WBCA-ERKLÄRUNG ZUM 1. MAI

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I n der Holocaust-Gedenk-stätte Yad Vashem in Jeru-salem finden sich die Al-

lee und der Garten der „Ge-rechten unter den Völkern“.In dieser Allee und in diesemGarten wird an die Men-schen erinnert, die sich als„Gerechte“ erwiesen haben,indem sie Menschen jüdi-schen Glaubens vor der Er-mordung durch die Natio-nalsozialisten gerettet haben,und es wird erinnert an Men-schen, die im Anderen zuersteinen Notleidenden gesehenhaben, die Mitleid hattenund barmherzig handelten.Die „Gerechten unter denVölkern“ – das ist ein bibli-scher Begriff. Er bezeichnetMenschen, die versuchen,sich an Gottes Weisung zuorientieren.

An einen solchen „Gerech-ten“ erinnern wir uns, wennwir an den heiligen Josef den-ken. Denn neben dem Josefs-tag am 19. März ist seit 1955auch der 1. Mai, der Tag derArbeit, dem heiligen Josef ge-widmet. Im Matthäus-Evan-gelium wirddieser Josefvon Naza-reth als Ge-rechter be-zeichnet. EinGerechter,das ist im bib-lischen Sprachgebrauch einMensch, der sein Leben amDoppelgebot von Gottes-und Nächstenliebe ausrich-tet. Dabei zeichnet sich ein„Gerechter“ dadurch aus,dass er sich an Gottes Gerech-tigkeit orientiert – und GottesGerechtigkeit ist mehr als un-sere menschlichen Gerech-tigkeitsvorstellungen. Gottes

Gerechtigkeit wurzelt näm-lich in Gottes Barmherzig-keit, in seinem tatkräftigenErbarmen mit den Men-schen. Wer also nach GottesGerechtigkeit strebt, der willMenschen nicht nur fair be-handeln. Er will ihnen mitGüte und Mitleid begegnen.Er nimmt sie wahr in ihrerNot und versucht, sie zu ret-ten. So hat auch Josef gehan-delt mit Maria, und deshalbwird er der „Gütige“ und„der Gerechte“ genannt.Denn Josef war ein Mann, der

barmherzigund gerechthandelte,auch über dasgeschriebenRecht hinaus.

Von Rechtswegen hätte

Josef Maria verstoßen kön-nen, als sie schwanger war.Aber Josef hatte ein feinesGespür für diese Ungerech-tigkeit. Er sah die Not, in dieer Maria gestürzt hätte, under handelte barmherzig. Erfragte nach einer anderen, ei-ner höheren Gerechtigkeitund setzte das um, was ihmnotwendig schien. Das hat

ihm sicherlich auch vielHohn und Spott eingebracht.„Ein Mann, der auf seinRecht verzichtet! EinSchwächling!“ – und trotz-dem bleibt Josef bei seinerEntscheidung.

A m 1. Mai schauen wir alsKAB auch immer mit ei-nem Auge auf den heili-

gen Josef. Denn in der Spurdes Heiligen Josef unterwegssein heißt, die Augen offen-zuhalten und die Ungerech-tigkeiten unserer Zeit wahr-zunehmen: Zum Beispiel dieSchere zwischen Arm undReich, die weltweit und inunserer Gesellschaft immerweiter auseinanderklafft.Aber auch die Ungerechtig-keit der Löhne zwischenFrauen und Männern hier beiuns. Oder die Bedrohungdurch den Klimawandel,dessen Lasten hauptsächlichdie Armen tragen müssen,obwohl sie nur wenig zu sei-ner Entstehung beigetragenhaben. Und die vielen Kriegein der Welt, die auch durchunsere Waffenexporte mitgeschürt werden.

In der Spur des heiligenJosef unterwegs sein, heißt:

zuerst den Menschen undseine Not sehen und han-deln. Wer leidet bei uns Notund ist auf unsere Hilfe an-gewiesen? Die Flüchtlinge,die ihre Heimat verloren ha-ben und auf unsere Gast-freundschaft angewiesensind. Die Einsamen undTrauernden, die auf Zuwen-dung und Ansprache war-ten. In der Spur des heiligenJosef unterwegs sein, heißt,sich für Gerechtigkeit zu en-gagieren und für Gerechtig-keit aktiv zu werden. Dasheißt, sich mit anderen zu-sammenschließen, zusam-men etwas bewegen.

Die KAB bietet einen sol-chen Raum, um gemeinsamaktiv zu werden für Gerech-tigkeit. Zusammen mit ande-ren. Wie zum Beispiel in un-serer Aktion: „Gute Arbeitum Gottes Willen.“ Es gehtum Arbeit, bei der die Be-schäftigten mitreden undmitgestalten können. Arbeitmit einem gerechten Entgeltund einem nachhaltigen Ar-beits- und Gesundheits-schutz. Arbeit mit sozialer Si-cherheit und ohne Diskrimi-nierung.

Doch die Realität vielerBeschäftigter sieht oftanders aus: Hetze, Leis-

tungsdruck und Dauer-stress, geringe Bezahlung,Arbeiten ohne Ende, Angstum den Arbeitsplatz, ge-sundheitlich beeinträchtigteund behinderte Beschäftigtewerden aus dem Arbeitsle-ben gedrängt. Erschreckendist auch, dass nur jeder zwei-te Beschäftigte davon aus-geht, bei den derzeitigen Ar-beitsbedingungen bis zumEintritt ins Rentenalterdurchzuhalten. Hier die Notder Menschen zu erkennenund ihnen barmherzig zu be-gegnen heißt, sich in der Spurdes heiligen Josefs zu bewe-gen. Als KAB tun wir das, in-dem wir uns gemeinsam mitunseren Partnern für „GuteArbeit“ einsetzen. Gerechtund barmherzig.

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In der Spurdes heiligen JosefWir müssen die Augen offen halten und die Ungerechtigkeiten unserer Zeit wahrnehmen

Er sah die Not, in die er Maria gestürzt hätte

und er handeltebarmherzig

Jürgen Haberl(Diözesanpräsesder KAB)

GUTE ARBEIT

Gewählte Arbeitnehmervertretungen in denBetrieben sind grundlegend wichtig für einesolidarische und gerechte Arbeitswelt. Politikund Gesellschaft müssen Arbeitnehmervertre-ter in den Betrieben und Gewerkschaften ach-ten, stärken und ihre Rolle und Funktion wert-schätzen. Mit Blick auf die Situation vieler Un-ternehmen halten wir fest, dass nur starke Ar-beitnehmervertretungen die Beschäftigtenin-teressen in Sachen Druck und Leistungsver-dichtung als eine Folge globalisierten Wettbe-werbs und Wirtschaftens effektiv und verant-

wortlich in den Unternehmen umsetzen kön-nen.

Die Grenzen der Belastbarkeit und Verfügbar-keit von Menschen und die Grenzen der Öko-nomisierung aller Lebensbereiche müssen neuzum Thema in Kirche, Gesellschaft und Politikwerden. Der Zergliederung von Unternehmenzur Verlagerung von unternehmerischen Risi-ken auf die Belegschaften ist entgegenzuwir-ken. Privater Besitz muss dem Gemeinwohldienen! Alle Akteure des Wertschöpfungspro-

zesses müssen an der Verteilung des Gewinnsteilhaben.

Centesimus annus (35) Denn Zweck des Unter-nehmens ist nicht bloß die Gewinnerzeugung,sondern auch die Verwirklichung als Gemein-schaft von Menschen, die auf verschiedene Wei-se die Erfüllung ihrer grundlegenden Bedürfnis-se anstreben und zugleich eine besondere Grup-pe im Dienst der Gesamtgesellschaft bilden. DerGewinn ist ein Regulator des Unternehmens,aber nicht der einzige. Hinzukommen andere

menschliche und moralische Faktoren, die auflange Sicht gesehen zumindest ebenso entschei-dend sind für das Leben des Unternehmens.

Menschenwürdige Arbeit, also eine Arbeits-welt, in der der Mensch nicht zum bloßen Ob-jekt unternehmerischer Sichtweisen wird,braucht starke Arbeitnehmervertretungen!

Aus: Charta für Menschwürdige Arbeit des christlich-gewerkschaftlichen Bündnisses für „Gute Arbeit“

Download unter: www.kab-essen.de

Menschenwürdige Arbeit braucht starke Arbeitnehmervertretungen