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Finanzierung _Pensionsrückstellungen 18 Deutsche Bank_results Pensionszusagen werden zunehmend zum Belastungsfaktor für Unternehmen. Doch es gibt verschiedene Wege, sich von dieser Last zu befreien Block-Buster gesucht  B evor Karl-Alexander Siebert 1993 seine Zusage gab, stellte er seinem Vater eine Bedingung: Er werde die Leitung des Familienunternehmens nur dann übernehmen, wenn es keine neuen Pensionszusagen gebe – die Risiken einer so langfristigen Verpflichtung seien kaum überschaubar. Der Vater willigte ein. Befreit startete Karl-Alex- ander Siebert in dritter Generation als Chef des Krefelder Stahlbauunternehmens Siebert & Möller durch – Großprojekte wie die Stahlträgerkonstruk- tion des Fußballstadions von Borussia Mönchen- gladbach oder die Stahlkonstruktion des Krefelder Eisstadions wurden unter seiner Ägide gestemmt, die Produktpalette Stahlfertigungsbau ausgebaut. Eine unternehmerische Erfolgsstory, doch ein Schatten blieb, der dem 2013 verstorbenen Chef Kopfzerbrechen bereitete. Zwar wurden unter seiner Leitung keine neuen Pensionszusagen ge- währt, aber die bestehenden Pensionsverpflich- tungen aus früheren Zeiten lasteten weiterhin auf der Bilanz des Unternehmens. Diese Altlasten wollte er seinen Söhnen nicht überlassen. Gemein- sam mit der Deutschen Bank fand er eine passende Lösung: 2009 wurden die Pensionsverpflichtungen in einen Pensionsfonds ausgelagert. „Damit sind die Pensionsverpflichtungen aus der Bilanz raus“, freut sich Christian Siebert, der die Geschäfte heute gemeinsam mit seinem Zwil- lingsbruder Ralf führt. „Wir müssen unsere Bilanz nicht mit Pensionsrückstellungen belasten, son- dern können in die Zukunft des Unternehmens investieren.“ Längst nicht alle Unternehmen sind in solch einer komfortablen Situation. Für viele Betriebe wird die einst wohl gemeinte FOTO: PM IMAGES, FRANZ PRITZ/GETTY IMAGES(2) Video

04 Pensionsrueckstellungen results 01 2016 · 2016-03-07 · Block-Buster gesucht B evor Karl-Alexander Siebert 1993 seine Zusage gab, stellte er seinem Vater eine Bedingung: Er werde

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Page 1: 04 Pensionsrueckstellungen results 01 2016 · 2016-03-07 · Block-Buster gesucht B evor Karl-Alexander Siebert 1993 seine Zusage gab, stellte er seinem Vater eine Bedingung: Er werde

Finanzierung_Pensionsrückstellungen18 Deutsche Bank_r e s u l t s

Pensionszusagen werden zunehmend zum Belastungsfaktor für Unternehmen. Doch es gibt verschiedene Wege, sich von dieser Last zu befreien

Block-Bustergesucht

 Bevor Karl-Alexander Siebert 1993 seine

Zu sage gab, stellte er seinem Vater eine

Bedingung: Er werde die Leitung des

Familien unternehmens nur dann übernehmen,

wenn es keine neuen Pensionszusagen gebe – die

Risiken einer so langfristigen Verpfl ichtung seien

kaum überschaubar.

Der Vater willigte ein. Befreit startete Karl- Alex-

ander Siebert in dritter Generation als Chef des

Krefelder Stahlbauunternehmens Siebert & Möller

durch – Großprojekte wie die Stahlträgerkonstruk-

tion des Fußballstadions von Borussia Mönchen-

gladbach oder die Stahlkonstruktion des Krefelder

Eisstadions wurden unter seiner Ägide gestemmt,

die Produktpalette Stahlfertigungsbau ausgebaut.

Eine unternehmerische Erfolgsstory, doch ein

Schatten blieb, der dem 2013 verstorbenen Chef

Kopfzerbrechen bereitete. Zwar wurden unter

seiner Leitung keine neuen Pensionszusagen ge-

währt, aber die bestehenden Pensionsverpfl ich-

tungen aus früheren Zeiten lasteten weiterhin

auf der Bilanz des Unternehmens. Diese Altlasten

wollte er seinen Söhnen nicht überlassen. Gemein-

sam mit der Deutschen Bank fand er eine passende

Lösung: 2009 wurden die Pensionsverpfl ichtungen

in einen Pensionsfonds ausgelagert.

„Damit sind die Pensionsverpfl ichtungen aus

der Bilanz raus“, freut sich Christian Siebert, der

die Geschäfte heute gemeinsam mit seinem Zwil-

lingsbruder Ralf führt. „Wir müssen unsere Bilanz

nicht mit Pensionsrückstellungen belasten, son-

dern können in die Zukunft des Unternehmens

investieren.“ Längst nicht alle Unternehmen

sind in solch einer komfortablen Situation. Für

viele Betriebe wird die einst wohl gemeinte FO

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Versorgungsleistung inzwischen zu einer

schweren Belastungsprobe. „Pensionsrückstel-

lungen sorgen für Explosionsgefahr in deutschen

Handelsbilanzen“, urteilt Experte Professor Tho-

mas Dommermuth, „im schlimmsten Fall wird das

Eigenkapital komplett aufgezehrt, und es droht

das Aus“ (siehe Interview Seite 23). „Die Risiken

sind immens“, warnt auch Edgar Goertz, Leiter

Spezialberatung bAV Deutschen Bank.

Anders als andere Instrumente der betrieb-

lichen Altersversorgung wie Pensionsfonds oder

Versicherungslösungen wirken Pensionszusagen

direkt auf die Bilanz. Und sie machen noch immer

51 Prozent aller Leistungen aus der betrieblichen

Altersversorgung aus. In den Siebziger- und Acht-

zigerjahren kamen ganze Belegschaften in ihren

Genuss, danach meist nur Vorstände, Geschäfts-

führer oder Führungskräfte. Vor allem die steu-

erlichen Anreize waren verlockend. „Pensions-

rückstellungen wurden als Innenfi nanzierung

angesehen und von Banken zum Teil dem Eigen-

„Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“

kapital zugeordnet“, sagt Dommermuth. Gleich-

zeitig mindern sie den steuerlichen Gewinn und

ergo die Steuerlast. Für die Handelsbilanz änderte

sich die Behandlung radikal mit dem Inkrafttreten

des Bilanz rechtsmodernisierungsgesetzes (Bil-

MoG) 2009. Seitdem sind Rückstellungen auf der

Passivseite des Unternehmens als Verbindlichkeit

zu verbuchen. Die Folge: Sie schmälern das Eigen-

kapital und damit die Bonität des Unternehmens.

Niedrigzins zwingt zu Rückstellungen

Doch damit nicht genug. Die Lebenserwartung

ist seit den Siebzigern im Schnitt um rund zehn

Jahre gestiegen. Gleichzeitig macht der anhalten-

de Niedrigzins die ursprüngliche Kalkulation für

die Altersvorsorge der Mitarbeiter obsolet. Die

Rechnung ist einfach: Je länger die Rente gezahlt

werden muss, desto mehr Kapital ist erforderlich.

Und je niedriger der Zins, desto mehr Geld muss

ein Unternehmen zurücklegen, um den erhöhten

Kapitalbedarf zu decken. Die nach internationa-

len Regeln bilanzierenden DAX-Konzerne haben

niedrige Zinsen bereits in der Bilanz berücksich-

tigt. Den meisten nach deutschem HGB-Recht

bilanzierenden Mittelständlern aber steht das

dicke Ende noch bevor. Um Stichtagsrisiken zu

vermeiden, wurde nach dem HGB bisher der

durchschnittliche Marktzins der vergangenen

sieben Jahre angesetzt, sodass der Zinseffekt erst

mit Verzögerung so richtig durchschlägt.

1,2 Milliarden Euro zusätzliche Rückstellun-

gen mussten kleine und mittlere Unternehmen

zwischen 2008 und 2014 bilden – davon 580 Millio-

nen allein im Jahr 2014. Im Jahr 2015 dürfte sich

der Betrag nach Einschätzungen des Beratungs-

unternehmens Mercer noch einmal mehr als ver-

doppelt haben. Zwar hat die Bundesregierung im

Januar 2016 eine Verlängerung des Zeitraums für

die Durchschnittszinsbildung auf zehn Jahre be-

schlossen. Aber das gibt nur vorübergehend Luft

zum Atmen. „Das Problem wird nicht gelöst, son-

dern in die Zukunft verschoben“, urteilt Experte

Goertz. Zwar sinken die Zinsen durch die Zehnjah-

Entlastung für UnternehmenDie Auslagerung der Pensionsverpfl ichtungen gibt

Firmen mehr Freiheit

Pensionszusagen bergen

Risiken sowohl für das

Unternehmen als auch für

die Absicherung der Gesellschafter-

Geschäftsführer. Eine Auslagerung ist

daher in vielen Fällen sinnvoll. Grund-

sätzlich kommen hierfür verschiedene

Möglichkeiten in Frage, wie z.B. ein

Contractual Trust Arrangement (CTA)

oder ein Pensionsfonds. Erfolgt die

Umsetzung über einen Pensions-

fonds können hier die bestehenden

Zusagen ohne Änderung übertragen

werden, spezielle Features – wie der

Rückfl uss nicht verbrauchter Mittel

an das Unternehmen – sind möglich.

Von einer Auslagerung profi tiert das

Unternehmen durch bessere Bilanz-

kennzahlen und ein stärkeres Rating.

Aber es profi tieren auch die späteren

Rentenbezieher selbst: Ihre Vorsorge

wird vom Unternehmen entkoppelt

und ist vor einer Insolvenz gesichert;

im Falle eines Verkaufs ist ein deutlich

höherer Preis zu erzielen. Das Asset-

Management der Deutschen Bank

bietet zudem eine gute Chance auf

eine attraktive Rendite.

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res-Glättung jetzt etwas langsamer. Aber die lan-

ge Durchschnittsbildung sorgt umgekehrt dafür,

dass der Rechnungszins selbst dann noch lange

auf niedrigem Niveau verharren wird, wenn die

Marktzinsen wieder steigen. „Explodierende Rück-

stellungen reduzieren den Gewinn der Unterneh-

men, zumal die zusätzlich benötigten Mittel aus

dem Cashfl ow gezahlt werden müssen und somit

die Liquiditätslage der Unternehmen schwächen“,

warnt Goertz. Das kann an die Existenz gehen – erst

recht, wenn die Belastungen auf ein operativ rück-

läufi ges Geschäft treffen. Einer der bekanntesten

Fälle ist der Modelleisenbahnbauer Fleischmann:

Als der Umsatz bröckelte und die Mitarbeiterzahl

sank, blieben die Pensionsverpfl ichtungen beste-

hen. Am Ende mussten 33 aktive Mitarbeiter mehr

als 600 Betriebsrentner fi nanzieren. Unmöglich –

im August 2015 folgte die Insolvenz.

Aber auch kerngesunde Unternehmen bekom-

men die Folgen zu spüren. „Selbst wenn ein Unter-

nehmen wirtschaftlich erfolgreich ist, richtet sich

die Rückstellung nach dem Zins“, beklagt Steuer-

experte Dommermuth. Möglich also, dass sich die

Bilanz verschlechtert, obwohl sich die wirtschaft-

liche Lage de facto gar nicht verändert hat. Gleich-

zeitig wird der zukünftige Handlungsspielraum

eingeschränkt. Denn mit sinkendem Eigenkapi-

tal verschlechtert sich die Bonität und damit das

Rating. Laut Umfrage des DIHK hat jedes zehnte

deutsche Unternehmen aufgrund steigender Be-

lastungen bereits seine Investitionen reduzieren

müssen, bei Unternehmen ab 1000 Beschäftigten

sind es sogar 23 Prozent. „Viele Mittelständler

kennen die Risiken, aber sie haben das Thema auf-

grund niedriger Priorisierung im Alltagsgeschäft

und mangels attraktiver Handlungsalternativen

immer wieder vertagt“, weiß Goertz.

Auslagerung erhöht Verkaufchancen

Einer, der bereits gehandelt hat, ist Jürgen Klein.

Der Inhaber der Klein Seil- und Hebetechnik GmbH

schloss direkt bei Betriebsgründung 1997 eine Pen-

sionszusage für die eigene Alters versorgung ab.

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Bte: Risiken abgemindertOptische Funktionsschichten sind ein Nischenprodukt, aber aus der

Automobilindustrie, der Medizintechnik oder der Sensortechnik

nicht wegzudenken. Die Bte Bedampfungstechnik ist in diesem Geschäft

bestens positioniert. Seit Gründung 1992 wächst das Unternehmen

mit Sitz in Elsoff im Westerwald im Schnitt zweistellig, die Eigenkapital-

quote liegt bei 80 Prozent. Inhaber Reinhard Born hatte über eine

Pensionszusage für das Alter vorgesorgt. „Zu riskant“, entschied der 63-Jährige und lagerte

die Zusagen aus dem Unternehmen aus.

Klein: Firmenwert gesteigert„Wir sind die Feuerwehr für die Industrie in der Region“, lacht Jürgen

Klein. Hohe Lagerkapazitäten, breites Angebot, schnelle Lieferung:

Seit Gründung ist die Klein Seil- und Hebetechnik GmbH auf Wachstums-

kurs. Einen Nachfolger hat der 60-jährige nicht. „Bei einem möglichen

Verkauf würde eine bestehende Pensionszusage den Verkaufswert

halbieren“, sagt er. Deshalb hat er die Altersvorsorge ausgelagert.

„Damit steigt der Wert des Unternehmens, und die Altersvorsorge von meiner Frau

und mir ist vor Insolvenz geschützt.“

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Unterstützungs-kasse

Direktzusagen

Pensionskasse

Pensionsfonds

Direkt-versicherung

2012

52,2 %

11,1 %6,9 %

5,4 %

24,4 %

70 %nicht rückgedeckt

30 %rückgedeckt

Siebert & Möller: Weitblick gezeigtMit dem Bau einer neuen Halle und der Optimierung des Materialflusses

hat die Krefelder Siebert & Möller GmbH & Co. KG ihre Kapazitäten nahe-

zu verdoppelt. „Damit haben wir den Grundstein für das nächste Jahrhundert

gelegt“, sagt Geschäftsführer Christian Siebert, der das Unternehmen

gemeinsam mit seinem Bruder in vierter Generation führt. Den fi nanziellen

Spielraum haben sie auch dem Weitblick ihres Vaters zu verdanken,

der 2009 alle Risiken aus Pensionen ausgelagert hat. Im Schnitt haben sich die zur Finan-

zie rung notwendigen Rückstellungen deutscher Unternehmen seither verdoppelt.

QUELLE: SCHWIND J. 2014/DEUTSCHE BANK

Versprochen und gehalten?Deutsche Unternehmen tragen

mehr als 520 Milliarden Euro

Pensionszusagen in die Zukunft.

Viele davon sind nicht rückgedeckt.

verzichtet er, sodass die Bezüge später um 40

Prozent niedriger ausfallen als kalkuliert. „Mei-

ne Frau und ich sind dafür jetzt unabhängig vom

Werdegang des Unternehmens abgesichert“,

freut sich Klein. „Das Minus beim Rentenbetrag

wird durch einen wesentlich höheren Verkaufs-

preis mehr als kompensiert.“

Der Deutsche Pensionsfonds ist deutlich güns-

tiger als eine Versicherungslösung. „Bezogen auf

1000  Euro Rente bedeutet das für Kunden eine

Ersparnis von derzeit circa 84 000 Euro“, rechnet

Spezialist Goertz vor. Risiken und Liquiditätsbe-

darf können sehr genau berechnet werden. Darauf

basierend verfolgt die Deutsche Bank dann eine An-

lagestrategie, die eine höhere Rendite ermöglicht.

Auch Reinhard Born hat sich für eine Ausla-

gerung seiner Pensionszusage in die Deutsche

Pensionsfonds AG entschieden. 2001 hatte der

Gründer und Inhaber der Bte Bedampfungstech-

nik GmbH begonnen, die eigene Absicherung für

das Alter über sein Unternehmen aufzubauen und

die Pensionszusage später noch einmal auf das

Doppelte aufgestockt. Die entstandene Unter-

deckung wollte er damals nicht durch einen Nach-

schuss ausfi nanzieren. „Ich hätte mich dann von

einem Loch zum nächsten gehangelt“, begründet

er. Er wollte das Problem lieber für immer aus den

Büchern haben.

Bte produziert Spezialbeschichtungen für

optische Systeme, Abnehmer sind Unternehmen

der Automobilindustrie, der Medizintechnik oder

Das war steuerlich vorteilhaft und wurde mit

einem Rückdeckungsvertrag gedeckt. Dennoch

beschlichen ihn schnell Zweifel. „Im Zins tief kön-

nen auch Versicherer die prognostizierte Über-

schussbeteiligung nicht erwirtschaften“, sagt

er heute. Die Unterdeckung stieg, zuletzt lag sie

bei 250 000 Euro. Klein hat den Betrieb mit heute

15 Angestellten gemeinsam mit seiner Frau auf-

gebaut. Vom siegerländischen Burbach aus liefert

er Spezialseile und Hebeeinrichtungen an Unter-

nehmen in der Region – ein wachsendes Geschäft

mit festen Kundenbeziehungen. Weil das Ehepaar

kinderlos ist, hat sich der heute 60-Jährige frühzei-

tig Gedanken über die Unternehmensnachfolge

gemacht. „Mögliche Interessenten winken gleich

ab, wenn sie Pensionszusagen in dieser Größen-

ordnung sehen“, hat er erfahren, „oder sie bieten

nur den halben Preis.“

Mehrere Jahre lang hat er nach einem Ausweg

gesucht, einige Anbieter rieten zur Auslagerung

über eine Versicherung. „Die Deutsche Bank aber

hat mir genau die Lösung angeboten, nach der

ich gesucht hatte“, sagt er heute. Die Pensions-

verpfl ichtungen wurden in die Deutsche Pensi-

onsfonds AG ausgelagert, ein Joint Venture der

Zurich Gruppe Deutschland und der Deutschen

Bank. Den bestehenden Rückdeckungsvertrag

hat Klein an die Deutsche Bank abgetreten –

die Ablaufl eistung fl ießt in die Tilgung, wenn

die Versicherung in fünf Jahren fällig wird. Auf

den nicht erdienten Teil der Pensionszusage

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Sie warnen vor „Explosionsgefahr

in deutschen Bilanzen“. Übertreiben

Sie da nicht ein wenig?

Nein. Pensionsrückstellungen werden für

immer mehr Unternehmen zu einer exis-

tenziellen Bedrohung. Die Risiken waren

bekannt, aber die Mahnungen blieben

über eine lange Zeit hinweg ungehört.

Wo genau liegt denn das Problem?

Vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmoderni-

sierungsgesetzes (BilMoG) wurden die

Rückstellungen als Innenfi nanzierung be-

wertet und von manchen Banken sogar

teilweise wie Eigenkapital behandelt. Seit-

dem aber werden sie, wie auf der Passiv seite

ausgewiesen, zu 100 Prozent als ungewisse

Verbindlichkeit eingestuft. Gleichzeitig

wurde die Abhängigkeit der Höhe der Rück-

stellungen vom Marktzins manifestiert. Im

aktuellen Zinstief sorgt das für Sprengstoff.

Gab es noch weitere wichtige Änderungen

für Unternehmen?

Das BilMoG brachte auch die Möglichkeit

mit sich, Pensionsrückstellungen aus der

Bilanz ohne Auslagerung per Saldierung zu

eliminieren, wenn das Unternehmen auf

der Aktivseite insolvenzgeschütztes Plan-

vermögen gebildet hat; der Rückdeckende

würde auf diese Weise belohnt. Sehr häufi g

jedoch scheitert jene Saldierung an erheb-

lichen Unterdeckungen des Planvermögens.

Welche Auswirkungen hat

die Abhängigkeit vom Marktzins?

Je niedriger der Zins, desto höher ist

der Be trag, den Unternehmen zurück-

stellen müssen. Seit 2009 haben sich

die Rück stellungen in der Handelsbilanz

annähernd verdoppelt. Der Entzug

von Liquidität schränkt den Handlungs-

spielraum selbst gesunder Unternehmen

erheblich ein.

Der Rechnungszins der nach dem HGB

bilanzierenden Unternehmen ist anders als

der der nach internationalen Standards

bilanzierenden Konzerne über mehrere Jahre

geglättet. Steht das dicke Ende noch bevor?

Der Rechnungszins wird im HGB als durch-

schnittlicher Marktzins der vergangenen

sieben bzw. nunmehr zehn Jahre berech-

net – die Auswirkungen des Zinstiefs schla-

gen also in den kommenden Jahren erst

richtig durch. Erheblich verschärft wird das

Problem durch die Steuergesetzgebung.

Das Einkommensteuergesetz schreibt

nämlich einen Zinssatz von sechs Prozent

vor. Zusätzliche Rückstellungen, die die

Gewinne in der Bilanz belasten, müssen als

Gewinn besteuert werden. Das ist absurd.

Die Bundesregierung hat reagiert und

den zur Ermittlung des Rechnungs-

zinses angesetzten Zeitraum erhöht.

Sind die Probleme damit gelöst?

Die Auswirkungen werden nur kurzfristig

abgefedert. Ich plädiere dafür, zu einer

Zinsbandbreite zwischen drei und sechs

Prozent zurückzukehren, wie sie vor

Inkrafttreten des BilMoG bestand. Zudem

muss die Ungleichbehandlung der

Rückstellungen im Bilanz- und Steuer-

recht dringend beseitigt werden.

Interview: „Die Mahnungen blieben über eine lange Zeit hinweg ungehört“

Thomas Dommermuth ist Professor, Steuerberater und Vorsitzender des Beirats des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung GmbH

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aber der Sensortechnik. Wachstumsraten von

zehn Prozent und mehr stehen seit Firmengrün-

dung 1992 im Schnitt zu Buche. Wie auch eine

Übernahme wurde die Auslagerung nahezu aus

laufenden Mitteln fi nanziert. Die Eigenkapital-

quote liegt bei 80 Prozent. Aber trotz gesunder Bi-

lanz weiß der erfahrene Unternehmer, wie schnell

der Wind drehen kann. „Eine unvorhergesehene

Krise oder der Wegfall von Geschäftsfeldern

durch neue Technologien würde reichen, und die

Vorsorge wäre futsch“, so Born.

Die Auslagerung sieht er deshalb vor allem als

Sicherungsmaßnahme für sich und seine Frau,

weil die späteren Rentenbezüge unabhängig vom

Unternehmen und so auch im Falle einer Insolvenz

geschützt sind. Ob er seinen Betrieb später ein-

mal verkauft oder ob sein jetzt 34-jähriger Sohn ir-

gendwann die Nachfolge antreten will, steht noch

in den Sternen. Lieber wäre es ihm, wenn die Bte

im Familienbesitz bliebe – dafür hat er vorgesorgt.

Nach seinem Tod und dem Tod seiner Frau fl ießt

das nicht ausgezahlte Kapital aus dem Pensions-

fonds an das Unternehmen zurück.

Auch Christian und Ralf Siebert wollen die

Siebert & Möller GmbH & Co. KG irgendwann ihren

Kindern übergeben – dann bereits in die fünfte

Generation. Die Weichen dafür sind gestellt:

2014 wurde eine neue, 2000 Quadratmeter gro-

ße Halle gebaut und der Materialfl uss so opti-

miert, dass die Produktion nahezu verdoppelt

werden kann. Die nötigen Investitionen in Höhe

von 3,75 Millionen Euro – die höchsten in der

knapp 100-jährigen Firmengeschichte – wären

ohne die Weitsicht ihres Vaters wohl gar nicht

zu stemmen gewesen. „Mit der Erweiterung“, so

Christian Siebert, „haben wir den Grundstein für

die nächsten 100 Jahre gelegt.“

BIRGIT WETJEN

WEITERE INFORMATIONEN

Kontakt: [email protected]

bei Fragen zur Auslagerung von

Pensionsverpfl ichtungen

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