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D. R. Kongo DURCH SCHLAMM UND REGEN Zentralafrikanische Republik „SO ETWAS HABE ICH NOCH NIE GESEHEN“ 1-2015 www.aerzte-ohne-grenzen.de

1-2015...D.R. Kongo Durch Schlamm unD regen Zentralafrikanische Republik „So etwaS habe ich noch nie geSehen“ 1-2015 2 Liebe Leserinnen und Leser, für viele unserer Spenderinnen

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D.R. Kongo

Durch Schlamm unD regen

Zentralafrikanische Republik

„So etwaS habe ich noch nie geSehen“

1-2015www.aerzte-ohne-grenzen.de

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Liebe Leserinnen und Leser,für viele unserer Spenderinnen und Spender ist es ausschlaggebend, dass sich Ärzte ohne Grenzen auch in sogenannten vergessenen Krisen für Men-schen in Not einsetzt. In der Demokratischen Repub-lik Kongo zum Beispiel haben wir in den vergangenen Jahren mehr Geld für die medizinische Nothilfe ausgegeben als in irgendeinem anderen Land. Hier-zulande in den Medien hört oder liest man wenig über die Lage der Menschen dort – obwohl sie schon seit Jahrzehnten unter einem grausamen Konflikt und häufig auftretenden Epidemien leiden. Umso wichtiger ist es, dass wir dank unserer vielen treuen Spenderinnen und Spender genau dort besonders aktiv sein können – und Ihnen unter anderem in diesem Heft darüber berichten. Auch die Lage der Menschen in der Zentralafrikanischen Republik, im Südsudan, im Tschad und in Haiti machen wir immer wieder publik. An vielen Stellen sind wir dort fast die Einzigen, die medizinische Hilfe anbieten. Wir wer-den darum auch in Zukunft verstärkt den Menschen in diesen vergessenen Krisen zur Seite stehen.

Ihr Florian Westphal, Geschäftsführer

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IMpRESSUMAnschrift der Redaktion:Ärzte ohne Grenzen, Am Köllnischen park 1, 10179 BerlinTelefon: 030 700 130-0, Fax: 030 700 [email protected], www.aerzte-ohne-grenzen.de

Redaktion: Kattrin Lempp (verantw.), Sabine Rietz, Annika SchäferMitarbeit: Oliver Krull (Lektorat), Lars pfeifferLayout: Moniteurs, Berlin • Litho: highlevel, BerlinDruck: B+S Mailmanagement GmbH & Co. KGErscheinungsweise: dreimal jährlich • Auflage: 250.000Gedruckt auf 100 % Altpapier, mit dem blauen Umweltengel ausgezeichnet. Die Kosten für produktion und Versand eines AKUTs liegen bei 73 Cent.

Redaktionsschluss: 20.02.2015

Titelbild: ZENTRALAFRIKANISCHE REpUBLIK: Ein Mitarbeiter misst bei einem Jungen die Temperatur, er hat wahrscheinlich Malaria. Ärzte ohne Grenzen bietet vielerorts die einzige medizinische Hilfe an. © Jeroen Oerlemans

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4 Aus unseren Projekten

Demokratische Republik Kongo

6 Durch schlAmm unD regen

Zentralafrikanische Republik

10 „so etwAs hAbe ich noch nie gesehen“

Christian Kleine im porträt

12 „Der ebolA-einsAtz wAr extrem“

Spenden

14 mit einem testAment gutes tun

15 besuchen sie unsere VerAnstAltungen!

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Sierra Leone

aus unseren Projekten

afGhaniStanEntbindungsstation eröffnetÄrzte ohne Grenzen hat in einem Bezirkskran-kenhaus im Westen der afghanischen Hauptstadt Kabul eine Entbindungsstation mit 42 Betten eröff-net. Das Team ist auf komplizierte Geburten spezia-lisiert, auch Notkaiserschnitte sind möglich. Im gan-zen Land gibt es bislang kaum medizinische Einrichtungen, die kostenlos solche Hilfe anbieten. Wir sind auch im Osten Kabuls, in Lashkar Gah in der provinz Helmand, in Kundus und in Khost im Einsatz. Ärzte ohne Grenzen finanziert alle Aktivitäten in Afghanistan ausschließlich aus privaten Spenden.

Verbrennungsopfer im Ärzte ohne Grenzen-Krankenhaus in port-au-prince © Yann Libessart/MSf

haitiKritik am WiederaufbauFünf Jahre nach dem Erdbeben in Haiti im Januar 2010 haben die haitianischen Behörden und deren internationale partner Krankenhäuser noch immer nicht vollständig aufgebaut. Es fehlt zudem an Fach-kräften, Medikamenten und medizinischem Material. Bis heute füllt Ärzte ohne Grenzen kritische Lü-cken: bei der chirurgischen Notfallversorgung, der Geburtshilfe sowie der Versorgung von Verbren-nungsopfern und Cholera-patienten. Cholera bricht auch wegen der vielerorts katastrophalen Wasser- und Sanitärversorgung immer wieder aus.

eboLaEs bleibt viel zu tunDie Ebola-Behandlungszentren von Ärzte ohne Grenzen in Westafrika haben zu Jahresbeginn rück-läufige patientenzahlen verzeichnet. Dennoch ist die Ebola-Epidemie nicht beendet. Vor allem in Guinea stiegen die Fallzahlen im Februar wieder an. Das Melden neuer Fälle, das Nachverfolgen von Kontakt-personen und die Gesundheitsaufklärung müssen verbessert werden. Ärzte ohne Grenzen hat in Westafrika bislang rund 5.000 Ebola-Patienten be-handelt. Mehr als 2.300 von ihnen haben überlebt.Aktuelles und Hintergründe zu Ebola unter:

www.aerzte-ohne-grenzen.de/ebola

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niGeriaGuinea

LiberiaSierra Leone

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afGhaniStan

ukraineEinsatz auf beiden Seiten der FrontNoch immer kommt es in einigen Gebieten der Ost-ukraine zu Bombenangriffen. Beidseits der Frontlinie hat sich die humanitäre Lage deutlich verschlechtert, es herrscht ein dringender Bedarf an medizinischer Hilfe. Einwohner und Vertriebene leben unter prekä-ren Bedingungen, zahlreiche Gesundheitseinrich-tungen wurden zerstört, und es fehlt an Medika-menten und medizinischem Material. Ärzte ohne Grenzen hat die medizinischen Aktivitäten auf beiden Seiten der Frontline ausgebaut.

niGeriaHilfe für VertriebeneÄrzte ohne Grenzen leistet im Norden Nigerias und im Nachbarland Niger Hilfe für Menschen, die vor Angriffen der bewaffneten Gruppe Boko Haram fliehen. Rund 400.000 Menschen suchen allein in der nigerianischen Stadt Maiduguri Zuflucht. Ärzte ohne Grenzen hat dort in drei Vertriebenenlagern Kliniken errichtet und leistet ambulante Hilfe. Un-sere Teams bereiten zudem einen Nothilfeeinsatz vor, um im Falle von erneuter Gewalt bei der bevor-stehenden präsidentschaftswahl schnell helfen zu können.

Cholera-patient in einem Behandlungszentrum von Ärzte ohne Grenzen © Corentin Fohlen

prekäre Lebensbedingungen im Stadtteil Martissant in port-au-prince © Corentin Fohlen

Ein Interview zur Lage in Haiti unter:

www.aerzte-ohne-grenzen.de/haiti- interview

Bestellen Sie unseren Online-Newsletter:

www.msf.de/newsletter

Aktuell ist Ärzte ohne Grenzen in mehr als 60 Ländern tätig. Derzeit sind 127 Mitarbeiter aus Deutschland in 27 Ländern im Einsatz.

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Demokratische Republik Kongo

Durch Schlamm und regen

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Stunden hatte ich eine riesige Blase an meiner Ferse, die jedes Mal schmerzte, wenn meine Füße tiefer in die Stiefel rutschten. Aber welche Beschwerden ich auch hatte, ich trug nur 20 Kilogramm auf dem Rü-cken. Die Träger hatten an Bambusstangen riesige Kühlboxen zwischen sich hängen. Darin waren die Impfstoffe kühl gelagert. Sollten sie zu warm werden, wäre das ganze Unterfangen sinnlos.

Als wir unseren ersten Stopp erreichten, an dem wir die Nacht verbringen wollten, ging die Sonne bald unter. Über den Hügeln grollte der Donner. Gewitter kün-digte für den nächsten Morgen mehr Schlamm an.

Die Gruppe teilte sich in kleine Teams auf. Nun trenn-ten sich unsere Wege, denn die Impfkampagne sollte ein möglichst großes Gebiet abdecken. Wenn wir auf unserem Weg zum ersten Impfort durch ein Dorf kamen, rief papa pascal, Gesundheitsberater von Ärzte ohne Grenzen, allen Müttern zu, ihre Kinder zur Impfung in das Dorf Kishee zu bringen. Diese Orte scheinen vom Staat vergessen zu sein. Umso wich-tiger war es, möglichst viele Menschen zu erreichen.

In Kishee versammelten sich schnell Scharen von Müttern und ihren Kindern, als das Team Spritzen, Gummihandschuhe und Impfkarten auspackte und begann, die Impfungen vorzubereiten. Schon nach kurzer Zeit durchdrangen die Schreie der Kinder die Luft – es war ihre erste Begegnung mit einer Injekti-onsnadel. Ein paar mutige unter ihnen standen da, gehorsam wartend auf die Impfung, ihre Gesichter gefasst beim Nadelstich.“

Der Fotojournalist phil Moore hat unseren kräfte-zehrenden Einsatz in den Bergen um die Stadt Masisi begleitet. Hier ein Ausschnitt seines Berichts.

„Es sollte drei Stunden dauern, um von der Ärzte ohne Grenzen-Zentrale in Masisi in das Dorf Kazinga zu fahren. Nach sechs Stunden kamen wir schließlich an. Unterwegs waren wir im Schlamm stecken ge-blieben, steckten hinter Holztransportern fest und bauten Stege wieder auf, die unter der Last unserer fünf Fahrzeuge nachgegeben hatten.

In Kazinga stellte Ärzte ohne Grenzen ein Team von 55 Trägern zusammen. Sie sollten die Ausrüstung tragen, die für diese Mammutaufgabe nötig war: Menschen zu impfen, die weit weg von jeglicher In-frastruktur leben. Wir verließen die letzte Straße, die wir für vier Tage sehen würden. Über uns zogen Re-genwolken auf, die schmalen Schlammwege waren bereits von unseren Stiefeln aufgewühlt. Der Regen, der zehn Minuten nach unserem Aufbruch nieder-ging, war sicher nicht der erste hier. Die dichte Ve-getation dieser grünen Hügel braucht viel Wasser, um zu gedeihen.

Die Etappe des ersten Tages führte durch das Gebiet zweier bewaffneter Gruppen. Es war auf eine un-heimliche Weise von Leere geprägt. Im Laufe der Woche kamen wir an Dörfern vorbei, die wegen des Konfliktes komplett verlassen waren. Der Urwald hatte Wege und letztlich Häuser überwuchert.

Das Gelände war unwegsam, der Schlamm machte Gummistiefel unverzichtbar. Innerhalb von zwei

Die stundenlangen Wanderungen zu den Impforten sind mühsam. Die Teams balancieren über waghalsige Brücken, laufen auf verschlammten pfaden und durch dichten Wald.

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Tagelang laufen Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen von Dorf zu Dorf, durch dichten Wald und bei strömendem Regen. Mit im Gepäck sind Kühlboxen mit Impfstoffen. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind die Masern ausgebrochen. Nun impfen unsere Teams Tausende Kinder unter anderem gegen Masern, Gelbfieber, Diphtherie und polio.

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unsere teAms …... impften an vier Impftagen insgesamt 4.054 Men-schen. Die meisten von ihnen waren Kinder; sie wurden gegen eine Vielzahl von Krankheiten geimpft, darunter Masern, Gelbfieber, Diphtherie und polio. Zudem erhielten schwangere Frauen eine Impfung gegen Tetanus.

Ärzte ohne Grenzen führt im Osten der Demokra-tischen Republik Kongo regelmäßig groß angelegte Impfkampagnen durch. Die abgelegene Region ist vom jahrzehntelangen Bürgerkrieg zerrüttet, es gibt kaum Straßen oder Krankenhäuser, immer wieder brechen Epidemien aus. Allein im Jahr 2014 haben unsere Teams dort Hunderttausende Menschen mit Impfungen vor lebensbedrohlichen Krankheiten schützen können.

Die großen Kühlboxen sind für den Weitertransport der Impfstoffe zu Fuß vorbereitet. Kühlakkus halten die Temperatur darin konstant bei 2 bis 8 Grad. Die allermeisten Impfstoffe bleiben nur innerhalb dieser Temperaturspanne wirksam.

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Mitarbeiter füllen in Kitobo II Impfpässe aus. Für die Impfungen hat Ärzte ohne Grenzen in einer Kirche eine provisorische Impfstation aufgebaut.

Ein Mitarbeiter impft eine schwangere Frau in dem Bergdorf Kitobo II gegen Tetanus. In der Region gibt es für die Menschen sonst keine medizinische Versorgung.

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Die Zentralafrikanische Republik versinkt seit der blutigen Machtüber-nahme durch Rebellen vor zwei Jahren im Chaos. Muslimische und christliche bewaffnete Gruppen überziehen das Land mit brutaler Gewalt. Ärzte ohne Grenzen ist in vielen Regionen aktiv. Auch in Bossangoa, im Osten des Landes, versorgen unsere Teams die Menschen medizinisch. Die Krankenschwester Margaretha Sasker war dort mehrere Monate im Einsatz. Obwohl sie schon seit Jahren für Ärzte ohne Grenzen arbeitet und viel Leid gesehen hatte: Die Situation der Menschen in diesem Land hat sie besonders erschreckt.

Zentralafrikanische Republik

„So etwas habe ich noch nie gesehen“

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„Mir wird hier wieder bewusst, was es bedeutet, wenn es kein funktionierendes Gesundheitssystem gibt. Schon vor der aktuellen Krise gab es viel Gewalt und viel zu wenig Ärzte und Krankenhäuser. Inzwischen ist unsere Hilfe fast die einzige für die Menschen hier. Zusammen mit meinem Team fahren wir in Gelän-dewagen über schlammige, löchrige Wege in Orte, in denen es keine medizinischen Einrichtungen gibt.

Bei unserer Ankunft im Dorf warten bereits zahlreiche patienten auf uns. Viele Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt und haben Malaria. Auch viele Er-wachsene sind krank und benötigen Hilfe. Wenn in der Kindheit ständig nährstoffreiche Nahrung fehlt und Krankheiten unbehandelt bleiben, leiden die Menschen ihr Leben lang. Die jungen Frauen zum Beispiel bekommen oft probleme in der Schwanger-schaft: Es treten Fehl- und Frühgeburten auf.

Alle patienten, die so schwer krank sind, dass wir sie nicht ambulant behandeln können, nehmen wir im Geländewagen mit und versorgen sie in unserem 200-Betten-Krankenhaus in Bossangoa.

Auf der Rückfahrt kommen wir an einem Dorf vorbei, wo wir gebeten werden, eine Frau zu besuchen. Sie liegt auf einer Matte, aus einer Wunde am Hals strömt buchstäblich der Eiter. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Bei uns in Deutschland ist ein Abszess eine relativ kleine Sache. Doch ohne medizinische Hilfe kann man daran sterben. Ich verbinde die Wunde, gebe ihr ein Schmerzmittel und lasse sie von vier

Männern in unseren Wagen legen. Sie muss die zwei Stunden Fahrt über holprige Straßen überstehen. Bei jeder Unebenheit schreit sie vor Schmerz. In unserem Krankenhaus operieren unsere Chirurgen die Frau sofort. Sie ist sehr stark und überlebt es. Was freuen wir uns alle darüber!

Eines Abends schiebt kurz vor Einbruch der Dunkel-heit ein Mann seine kranke Frau in einem Fahrrad-anhänger in unsere Klinik. Er hat noch zwei kleine Töchter dabei.

woher kommen sie? Er nennt den Namen eines Dorfes. wie weit ist es von hier? Wir sind zwei Tage unterwegs gewesen. wo haben sie geschlafen? Am Straßenrand im hohen Gras. und die kinder? Natürlich auch. habt ihr gegessen oder getrunken unterwegs? (Ich bin ja selbst Mutter.) Nur ein Kopf-schütteln.

Alle sind froh, dass sie das Krankenhaus erreicht haben. In solchen Momenten wird mir klar, dass es in diesem Land nichts gibt. Wie lange haben diese Men-schen schon Leid ertragen, bevor sie zu uns kommen?

Es schockiert mich immer wieder, dass viele Men-schen an leicht behandelbaren Krankheiten ster - ben, weil der Weg zum nächsten Arzt zu weit ist - die Straßen sind zu schlecht und gefährlich. Etliche von ihnen können wir mit unserer mobilen Klinik errei-chen. Abends lege ich mich völlig erschöpft ins Bett mit der Gewissheit, dass wir auch am nächsten Tag wieder vielen Menschen helfen werden.“

Mobile Klinik in dem Dorf Matchika: Im Schatten eines Baumes untersuchen unsere Mitarbeiter die Menschen unter anderem auf Mangel-ernährung und Malaria. © Jeroen Oerlemans

Die Krankenschwester Margaretha Sasker war bereits 13 Mal mit Ärzte ohne Grenzen im Einsatz. © Barbara Sigge

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naMe  christian kleine

aLter  39 Jahre

beruf  Assistenzarzt, Fachbereich Infektiologie / Tropenmedizin

einSatzart Behandlungszentrum für Ebola-patienten

Damit die patienten ihn auch in Schutzkleidung erkennen, lässt Christian Kleine seinen Namen auf die Haube schreiben. © pascal Guyot/getty images

im Porträt

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„Es war die Hochphase der Epidemie in Monrovia, als ich dort war“, sagt der angehende Tropenmedizi-ner aus Frankfurt am Main. In der Hauptstadt Liberias herrschte Chaos. „Es kamen zeitweise so viele Men-schen mit Ebola-Symptomen zu uns, dass wir nicht alle behandeln konnten.“ Nur die patientinnen und patienten mit den stärksten Beschwerden konnte das Team ins Behandlungszentrum aufnehmen. Sie hat-ten wahrscheinlich auch die höchste Viruslast und waren somit am ansteckendsten. „Das waren die schwersten Momente, wenn wir patienten nicht be-handeln konnten, weil unser Zentrum einfach zu voll war“, erinnert er sich. Auch dass für jeden einzelnen patienten wenig Zeit blieb, empfand Christian Kleine als Belastung. „Wir mussten ständig die Balance fin-den zwischen der Sorge für den Einzelnen und der Notwendigkeit, möglichst viele patienten aufzu-nehmen.“

In dieser Extremsituation war es nicht einfach, eine Beziehung zu den einzelnen patientinnen und pati-enten aufzubauen. „Es ist uns dennoch gelungen. Im Schutzanzug waren wir hinter der Maske versteckt. Die meisten patienten waren zwar am Anfang scho-ckiert von unserem Anblick, doch sie hatten schnell Vertrauen.“ Christian Kleine war es wichtig, die pati-enten auch seelisch zu unterstützen. Denn viele hat-ten durch Ebola Familienmitglieder und Freunde verloren. Oft sprach er auch ohne Schutzkleidung, außerhalb der Hochrisikozone stehend, über den Zaun hinweg mit ihnen. Das ging allerdings nur mit

den Ebola-Erkrankten, die ihr Bett verlassen konnten. Und bevor er zu den patienten ins Behandlungszelt ging, ließ er sich seinen Namen auf die Schutzhaube schreiben. Immer wieder überbrachte er auch Mit-bringsel der Angehörigen. psychosoziale Mitarbeiter ergänzten die Arbeit der medizinischen Teams.

„Einen patienten gesund entlassen zu können war für uns alle der freudigste Moment des Tages – für den patienten, die Mitpatienten und uns Helfer. Freude und Leid lagen so eng beieinander. Der Ein-satz war in jeder Hinsicht extrem.“ Eine Erkrankung zu behandeln, für die es noch kein wirksames Medi-kament gibt, war eine Herausforderung. „Wir konn-ten nur die Symptome kontrollieren oder lindern und Begleiterkrankungen wie Malaria behandeln. Im-merhin ist es uns gelungen, die hohe Sterblichkeit von Ebola durch all unsere Maßnahmen deutlich zu verringern.“

Mittlerweile sind die Ebola-Infektionen in Monrovia stark zurückgegangen. Das Ende des Ausbruchs in Westafrika ist jedoch noch lange nicht erreicht. In den Nachbarländern Guinea und Sierra Leone gibt es immer wieder neue Ausbruchsherde. „Wenn ich könnte, würde ich sofort wieder in den Einsatz gehen“, sagt Christian Kleine.

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„Der ebola-einsatz war extrem“Der Arzt Christian Kleine ist im Oktober aus dem vierwöchigen Ebola-Einsatz in Liberia zurückgekehrt – um viele Erfahrungen reicher.

„Die Aufklärungsteams in Monrovia haben diese T-Shirts getragen. Bei meinem Abschied haben mir die Kollegen eines geschenkt“, sagt Christian Kleine. „Das Informieren über die Infektionswege und die Schutzmöglich-keiten sowie das Aufklären von Mythen sind sehr wichtige Komponenten bei einer Ebola-Epidemie.“

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mit einem testament gutes tun

wen beschäftigt das thema testamentspenden?Der Anlass, über den eigenen Tod und über seinen Nachlass nachzudenken, ist sehr individuell. Häufig sind Todesfälle in der Familie oder im Freundes- und Bekanntenkreis, eine bevorstehende Operation oder auch eine große Reise Grund, über die eigene End-lichkeit nachzudenken. Viele Menschen, die zu Leb-zeiten gemeinnützige Zwecke unterstützen, möchten dies mit ihrem Erbe oder einem Teil ihres Erbes auch über das Leben hinaus fortführen. Wir sind sehr dankbar für diese besondere Form der Unter-stützung.

wie nehmen die menschen mit ihnen kontakt auf?Das ist ganz unterschiedlich: Ich bekomme viele Anrufe und Briefe, über die ich mich sehr freue. Wir schalten bisweilen auch Anzeigen in Zeitschriften und bieten dabei die Möglichkeit, per postkarte un-sere Broschüre „Ein Vermächtnis für das Leben“ zu bestellen. Auch so treten viele mit uns in Kontakt, die das Thema Vererben beschäftigt. Außerdem orga-nisieren wir von Zeit zu Zeit Fachvorträge zum Erb-recht mit Rechtsanwälten und laden hierzu unsere Spenderinnen und Spender ein.

wie kann die von ihnen genannte broschüre bestellt werden?Auf der Rückseite dieses AKUTs finden Sie eine Möglichkeit, die Broschüre „Ein Vermächtnis für das Leben“ zu bestellen. Die Broschüre gibt einen Über-blick über das deutsche Erbrecht und Möglichkeiten der Testamentgestaltung – auch zugunsten von Ärzte ohne Grenzen.

und wie geht es nach einem ersten kontakt mit ihnen weiter?Manche sind, wenn sie sich bei mir melden, schon fest entschlossen, Ärzte ohne Grenzen in ihrem Testament zu bedenken, und haben nur noch die eine oder andere organisatorische Frage. Diese klären wir und besprechen zum Beispiel, in welcher Form sie weiter über unsere Arbeit informiert werden möchten. Bei Bedarf vermitteln wir auch anwaltliche Beratung. Andere bestellen zunächst die Broschüre. Häufig vergehen dann einige Monate oder sogar Jahre, bis sie sich wieder melden. Jeder nimmt sich für eine so wichtige Entscheidung die Zeit, die er braucht.

1997 erhielt Ärzte ohne Grenzen die erste Erbschaft. Mittlerweile sind Erbschaften und Vermächtnisse eine wichtige und unverzichtbare Einnahmequelle für unsere Nothilfeprojekte. Im Interview berichtet Anna Böhme, Referentin Testamentspenden, über ihren Kontakt mit Spenderinnen und Spendern und die Möglichkeit, auch über das eigene Leben hinaus Gutes zu tun.

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Anna Böhme, Referentin Testamentspenden von Ärzte ohne Grenzen © Barbara Sigge

wie kann man Ärzte ohne Grenzen im testament bedenken?Die Form der Unterstützung ist sehr unterschiedlich. Wir werden in Testamenten als Alleinerbe oder Mit-erbe eingesetzt oder erhalten Vermächtnisse z. B. in Form eines festgelegten Geldbetrages. Wenn wir Immobilien oder Wertgegenstände vererbt oder ver-macht bekommen, sorgen wir dafür, dass diese sach-verständig begutachtet und zu einem angemessenen preis verkauft werden. Der Erlös fließt in unsere Hilfs-projekte. Auch die Begünstigung in einer Lebens- oder Rentenversicherung ist möglich.

Ärzte ohne Grenzen ist gründungsmitglied der initiative „mein erbe tut gutes“. welches ziel verfolgt die initiative?In der Initiative haben sich mehrere gemeinnützige Organisationen in Deutschland zusammengeschlos-sen, um das Erbe für den guten Zweck ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. In diesem Jahr wird bei-spielsweise die Fotoausstellung „Das prinzip Apfel-baum“ zum Thema „Was bleibt?“ veranstaltet.

Vortrag: „Live vor Ort: Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen berichten“ ↗ Karlsruhe, 21. April um 19:00 Uhr ↗ Freiburg, 22. April um 19:00 Uhr ↗ Lörrach, 23. April um 19:00 Uhr ↗ Osnabrück, 9. Juni um 19:00 Uhr ↗ Münster, 10. Juni um 19:00 Uhr ↗ Köln, 11. Juni um 19:00 Uhr

Filmvorführung: „Living in Emergency. Mit Ärzte ohne Grenzen im Einsatz“ ↗ Karlsruhe, 26. April um 18:00 Uhr ↗ Marburg, 28. April um 19:30 Uhr ↗ Burg (bei Magdeburg), 6. Mai um 19:00 Uhr ↗ Lüneburg, 10. Mai um 17:00 Uhr

Fachvortrag zum Erbrecht „Über das Leben hinaus“ ↗ Göppingen, 21. April um 19:00 Uhr ↗ Heilbronn, 23. April um 19:00 Uhr

Fotoausstellung: „Das prinzip Apfelbaum“ der Initiative „Mein Erbe tut Gutes“↗ Frankfurt am Main, 24. April bis 31. Mai ↗ Hamburg, 12. Juni bis 8. Juli

Weitere Informationen unter: www.mein-erbe-tut-gutes.de

Aktueller Veranstaltungskalender unter: www.aerzte-ohne-grenzen.de/veranstaltungen

haben sie Fragen? ich freue mich auf ihren Anruf oder ihre nachricht an:Telefon: 030 700 130 –145 [email protected]

beSuchen Sie unSere VeranStaltungen!

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Träger des Friedensnobelpreises

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ein VermächtniS für DaS leben

bitte ausfüllen und zurücksenden an: Ärzte ohne Grenzen e.V., Anna BöhmeAm Köllnischen park 1, 10179 BerlinTelefon: 030 700 130–148Fax: 030 700 130–[email protected]

Bitte senden Sie mir die Broschüre kostenlos und unverbindlich zu.

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Unsere Broschüre „Ein Vermächtnis für das Leben“ informiert Sie über Testamentspenden und gibt Hinweise für die eigene Testamentplanung.

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