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10 Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen F. A. Flachskampf und T. Buck Der linke Ventrikel und seine Funktion nehmen eine zentrale Stellung bei jeder echokardiographischen Un- tersuchung ein. In diesem Kapitel werden die normale und pathologische Morphologie sowie globale und re- gionale qualitative und quantitative Parameter der Funktion des linken Ventrikels besprochen. Die häu- figste kardiale Erkrankung, die koronare Herzkrankheit (KHK), betrifft ganz überwiegend das Myokard des linken Ventrikels und führt dort zu typischen regiona- len und globalen Veränderungen, die teils bereits in Ruhe, teils erst unter Belastung oder Stimulation er- kennbar sind. Normale Morphologie des linken Ventrikels Form und Charakteristika _ Der normale linke Ventrikel ist ein dickwandiger, ke- gelförmiger (genauer: ellipsoider) Hohlmuskel mit ei- ner halbkugeligen apikalen Kappe. Sein Querschnitt, wie in parasternalen oder subkostalen Kurzachsen- schnitten erkennbar, ist kreisrund. Das Volumen und die Masse des gesunden linken Ventrikels können da- her als Rotationsellipsoid recht gut angenähert wer- den. Anhand der Insertion der freien Wand des rechten Ventrikels in den linken Ventrikel wird das intervent- rikuläre Septum von der freien Wand des linken Vent- rikels unterschieden, von der die Papillarmuskeln ent- springen; diese haben keinen Kontakt zum Septum. Papillarmuskeln. Der linke Ventrikel besitzt 2 Papillar- muskeln, den anterolateralen und den posteromedia- len. Jeder Papillarmuskel entsendet Chordafäden so- wohl zum vorderen als auch hinteren Mitralsegel. Der anterolaterale Papillarmuskel ist im mittleren paraster- nalen Kurzachsenschnitt etwa bei 5 Uhr, der postero- mediale bei 7 Uhr erkennbar. Ihre Verbindungslinie liegt parallel und leicht posterior der Verbindungslinie der beiden Kommissuren der Mitralklappe. Der ante- rolaterale Papillarmuskel ist bei leicht anteriorer Angu- lierung des apikalen (und subkostalen) Vierkammer- blicks in seiner Längsausdehnung sichtbar, der poste- romediale Papillarmuskel ist im modifizierten Zwei- kammerblick oder Langachsenschnitt darstellbar. Charakteristika des linken Ventrikels. Kennzeichen des anatomisch linken Ventrikels im Gegensatz zum rech- ten Ventrikel, die auch bei kongenitalen Malformatio- nen Ersteren identifizieren, sind das Vorliegen zweier gut abgegrenzter Papillarmuskeln, die direkte Nach- barschaft der Atrioventrikular-/Einstrom- (d.h. Mit- ral-) und arteriellen/Ausstrom- (d. h. Aorten-)Klappe sowie eine im Vergleich zum rechten Ventrikel feinere Trabekulierung, die darüber hinaus im Bereich des Septums nur gering ausgebildet ist. Das Verhältnis der systolischen Dicke von kompaktemsubepikar- dialem Myokard zur Dicke der nichtkompaktenTra- bekelzone beträgt weniger als 1 ¤ 2; dies ist für die Ab- grenzung der isolated ventricular non-compaction, einer Kardiomyopathieform, wichtig (s. Kapitel 13). Volumen. Aufgrund des Trabekelwerks (neben ande- ren Gründen) sind die aus Angiogramm oder Kontrast- echokardiogramm berechneten Volumina stets etwas größer als im 2D-Echo, da bei ersteren Verfahren das Kontrastmittel in das Trabekelwerk eindringt und diese Zone optisch noch dem Kavum zugeschlagen wird, während das 2D-Echo die Grenze auf der Innen- seite des Trabekelwerks zieht (s. Abschnitt Volumina und Ejektionsfraktion). Ein- und Ausflusstrakt _ Obwohl im linken Ventrikel eine eigentliche anatomi- sche Trennung in Einfluss- und Ausflusstrakt im Ge- gensatz zum rechten Ventrikel fehlt, haben sich diese Bezeichnungen als funktionelle Begriffe eingebürgert. Das Blut strömt durch die Mitralklappe zunächst in den Einflusstrakt des linken Ventrikels, der durch die Mit- ralsegel, den subvalvulären Apparat und die Papillar- muskeln gebildet wird. Aus dem Einflusstrakt fließt das Blut zum Apex, wo es in einer großen Wirbelbewegung in Richtung auf den Ausflusstrakt um nahezu 180° um- gelenkt wird. Der Ausflusstrakt des linken Ventrikels wird durch das vordere Mitralsegel sowie basale An- teile des Septums und der Vorderwand gebildet. In diesem Bereich ist das Septum am wandstärksten. Segmenteinteilung _ 16-Segment-Modell. Das Myokard des linken Ventri- kels wird in Segmente eingeteilt, um der regionalen Natur vieler pathologischer Veränderungen, v.a. bei der KHK, Rechnung zu tragen. Der am häufigsten benutzte Einteilungsvorschlag der American Society of Echocar- diography von 1989 (Abb.10. 1) teilt die 6 Wände des Ventrikels von apikal nach basal in je 3 Abschnitte mit Linker Ventrikel 181 Flachskampf, Praxis der Echokardiographie (ISBN 9783131296221) © 2007 Georg Thieme Verlag KG

10 LinkerVentrikel:Morphologie,Funktion ... · bzw.verkleinertist(konzentrischeHypertrophie,ty-pischbeiHypertonieoderAortenstenose)oderver-größertist(typischbeiAorten-undMitralinsuffizienz)

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10 Linker Ventrikel: Morphologie, Funktionund pathologische VeränderungenF. A. Flachskampf und T. Buck

Der linke Ventrikel und seine Funktion nehmen einezentrale Stellung bei jeder echokardiographischen Un-tersuchung ein. In diesem Kapitel werden die normaleund pathologische Morphologie sowie globale und re-gionale qualitative und quantitative Parameter derFunktion des linken Ventrikels besprochen. Die häu-

figste kardiale Erkrankung, die koronare Herzkrankheit(KHK), betrifft ganz überwiegend das Myokard deslinken Ventrikels und führt dort zu typischen regiona-len und globalen Veränderungen, die teils bereits inRuhe, teils erst unter Belastung oder Stimulation er-kennbar sind.

Normale Morphologie des linken Ventrikels

Form und Charakteristika __________________________________________________________________________________________________________________________________

Der normale linke Ventrikel ist ein dickwandiger, ke-gelförmiger (genauer: ellipsoider) Hohlmuskel mit ei-ner halbkugeligen apikalen Kappe. Sein Querschnitt,wie in parasternalen oder subkostalen Kurzachsen-schnitten erkennbar, ist kreisrund. Das Volumen unddie Masse des gesunden linken Ventrikels können da-her als Rotationsellipsoid recht gut angenähert wer-den. Anhand der Insertion der freienWand des rechtenVentrikels in den linken Ventrikel wird das intervent-rikuläre Septum von der freien Wand des linken Vent-rikels unterschieden, von der die Papillarmuskeln ent-springen; diese haben keinen Kontakt zum Septum.

Papillarmuskeln. Der linke Ventrikel besitzt 2 Papillar-muskeln, den anterolateralen und den posteromedia-len. Jeder Papillarmuskel entsendet Chordafäden so-wohl zum vorderen als auch hinteren Mitralsegel. Deranterolaterale Papillarmuskel ist immittleren paraster-nalen Kurzachsenschnitt etwa bei 5 Uhr, der postero-mediale bei 7 Uhr erkennbar. Ihre Verbindungslinieliegt parallel und leicht posterior der Verbindungslinieder beiden Kommissuren der Mitralklappe. Der ante-rolaterale Papillarmuskel ist bei leicht anteriorer Angu-lierung des apikalen (und subkostalen) Vierkammer-blicks in seiner Längsausdehnung sichtbar, der poste-romediale Papillarmuskel ist im modifizierten Zwei-kammerblick oder Langachsenschnitt darstellbar.

Charakteristika des linken Ventrikels. Kennzeichen desanatomisch linken Ventrikels im Gegensatz zum rech-ten Ventrikel, die auch bei kongenitalen Malformatio-nen Ersteren identifizieren, sind das Vorliegen zweiergut abgegrenzter Papillarmuskeln, die direkte Nach-barschaft der Atrioventrikular-/Einstrom- (d. h. Mit-ral-) und arteriellen/Ausstrom- (d. h. Aorten-)Klappesowie eine im Vergleich zum rechten Ventrikel feinereTrabekulierung, die darüber hinaus im Bereich desSeptums nur gering ausgebildet ist. Das Verhältnisder systolischen Dicke von „kompaktem“ subepikar-dialem Myokard zur Dicke der „nichtkompakten“ Tra-

bekelzone beträgt weniger als 1 ¤2; dies ist für die Ab-grenzung der „isolated ventricular non-compaction“,einer Kardiomyopathieform, wichtig (s. Kapitel 13).

Volumen. Aufgrund des Trabekelwerks (neben ande-ren Gründen) sind die aus Angiogramm oder Kontrast-echokardiogramm berechneten Volumina stets etwasgrößer als im 2D-Echo, da bei ersteren Verfahren dasKontrastmittel in das Trabekelwerk eindringt unddiese Zone optisch noch dem Kavum zugeschlagenwird, während das 2D-Echo die Grenze auf der Innen-seite des Trabekelwerks zieht (s. Abschnitt „Voluminaund Ejektionsfraktion“).

Ein- und Ausflusstrakt ________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Obwohl im linken Ventrikel eine eigentliche anatomi-sche Trennung in Einfluss- und Ausflusstrakt im Ge-gensatz zum rechten Ventrikel fehlt, haben sich dieseBezeichnungen als funktionelle Begriffe eingebürgert.Das Blut strömt durch dieMitralklappe zunächst in denEinflusstrakt des linken Ventrikels, der durch die Mit-ralsegel, den subvalvulären Apparat und die Papillar-muskeln gebildet wird. Aus dem Einflusstrakt fließt dasBlut zumApex, wo es in einer großenWirbelbewegungin Richtung auf den Ausflusstrakt um nahezu 180° um-gelenkt wird. Der Ausflusstrakt des linken Ventrikelswird durch das vordere Mitralsegel sowie basale An-teile des Septums und der Vorderwand gebildet. Indiesem Bereich ist das Septum am wandstärksten.

Segmenteinteilung _____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

16-Segment-Modell. Das Myokard des linken Ventri-kels wird in Segmente eingeteilt, um der regionalenNatur vieler pathologischer Veränderungen, v.a. bei derKHK, Rechnung zu tragen. Der am häufigsten benutzteEinteilungsvorschlag der American Society of Echocar-diography von 1989 (Abb.10.1) teilt die 6 Wände desVentrikels von apikal nach basal in je 3 Abschnitte mit

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etwa gleich langer Projektion auf die Längsachse deslinken Ventrikels ein: apikales, mittleres und basalesSegment. Zirkumferenziell werden die Wände im Uhr-zeigersinn als anterior (Vorderwand), lateral, posterior,inferior (Hinterwand im engeren Sinne), septal undanteroseptal bezeichnet. Es gibt jedoch kein apikalesanteroseptales und kein apikales posteriores Segment,d. h. im apikalen Kurzachsenschnitt liegen nur 4 Seg-mente (anterior, septal, lateral, inferior) vor. Der Grund

dafür liegt in dem Bestreben, Segmente etwa gleicherMyokardmasse zu schaffen; daher sind dem Apex we-niger Segmente zugeteilt worden. Tatsächlich tragenanatomisch das basale, mittlere und apikale Dritteletwa 43%, 36% und 21% zur Gesamtmasse bei, da dasMyokard zum Apex hin dünner wird und der Quer-durchmesser abnimmt. Die Darstellbarkeit der Seg-mente in den Standardschnittebenen ist aus der Ab-bildung zu erkennen. Im Prinzip sind alle Segmente

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

LADCxRCA

apikales

mittleres

basales

anterioresSegment

apikales

mittleres

basales

septalesSegment

apikales

mittleres

basales

inferioresSegment

lateralesSegment

anteroseptales Segment

mittleres basales

mittleres basalesposteriores Segment

apikales

mittleres

basales

a

Abb. 10.1 16-Segment-Modell deslinksventrikulären Myokards.a Nach dem modifizierten Vorschlag

der American Society of Echocar-diography von 1989. Die Perfu-sionsterritorien von LAD (left ante-rior descending = R. interventricu-laris anterior) und das gemeinsameTerritorium von Ramus circumflexus(Cx) und rechter Kranzarterie (RCA)sind eingezeichnet. Wegen der ho-hen individuellen Variabilität lassensich Letztere im Einzelfall nur schwerzuordnen; theoretisch werden pos-teriore und laterale Wand dem R.circumflexus, inferiore Wand undbasales Septum der rechten Kranz-arterie zugerechnet.

b „Bull’s eye plot“-Format des16-Segment-Modells zum leich-teren Vergleich mit nuklearmedizi-nischen Perfusionsbildern in Polar-koordinaten, d. h. der Darstellungdes linksventrikulären Apex imZentrum und der Myokardregionenin konzentrischen Ringen um denApex.

basal anterior

Mitte anterior basallateral

Mittelateral apikal

anteriorapikallateral

basal antero-

septalMitte

antero-septal

basal inferior

Mitte inferior

Mitteseptalbasal

septalbasal

posterior

Mitteposterior

apikalseptal

apikalinferior

MED

ANT

LAT

INF

LADCxRCA

APEX

b

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sowohl in Langachsenschnitten als auch in Kurzach-senschnitten darstellbar. Da jedoch häufig apikaleKurzachsenschnitte nicht in ausreichender Qualität er-zielbar sind, können die apikalen Segmente in der Re-gel nur in Langachsenschnitten dargestellt werden.Insbesondere im Zusammenhang mit der KHK istwichtig, dass die Segmente typischerweise bestimm-ten Koronarterritorien zugeteilt werden können(Abb.10.1), wobei aufgrund der Variabilität der Koro-narversorgung dies nicht mit letzter Sicherheit erfol-gen kann (z. B. Links- und Rechtsversorgungstyp mitentsprechend unterschiedlicher Versorgung der infe-rioren und oft auch der posterioren Wand, Länge desR. interventricularis anterior mit entsprechend unter-schiedlicher Versorgung des apikalen inferioren Seg-mentes u. a.).

17-Segment-Modell. Neuerdings wurde von der Ame-rican Heart Association ein neuer Achsen-, Wand- undSegment-Nomenklaturvorschlag für alle bildgebendenVerfahren gemacht (9), der bislang aber in der Echo-kardiographie keine große Verbreitung gefunden hat.Er sieht ein zusätzliches siebzehntes, rein apikales Seg-ment vor, das als „Kappe“ 6 basalen, 6 mittleren und4 apikalen Wandsegmenten aufsitzt (Abb.10.2). Zweckder neuen Einteilung war eine bessere Übereinstim-mung mit anderen bildgebenden Verfahren, insbeson-dere der Nuklearmedizin. Ein Problem bei der Verwen-dung dieser Systematik in der Stressechokardiographieist jedoch, dass die Funktion des apikalen Segmentesechokardiographisch kaum beurteilbar ist. Im Weite-ren werden daher, wie auch in den aktuellen Empfeh-lungen der europäischen und amerikanischen Echo-kardiographie-Gesellschaften (33), die gewohnte Ach-

sen- und Schnitt-Nomenklatur sowie die 16-Segment-Einteilung beibehalten.

Schallreflexmuster des Myokards _____________________________________________________________

Das Myokard des linken Ventrikels erscheint bei opti-malerVerstärkungseinstellung relativ schwachechoge-bend; es ist deutlich weniger hell als das Epi-/Perikardoder das Endokard, aber etwas heller als das KavumdeslinkenVentrikels. Ein Rückschluss von derMyokardhel-ligkeit auf histologische Veränderungen ist nur sehreingeschränkt möglich (s. a. Kap. 9); insbesonderekann eineKardiomyopathie oder eineAmyloidose nichtsicher aus dem Schallreflexmuster des Myokards diag-nostiziert werden. Das als klassisches Zeichen für diekardiale Amyloidose geltende „granular sparkling“(etwa „körniges Glitzern“) der Myokardtextur findetsich auch bei erheblicher Wandverdickung anderer Ur-sache. Allerdings sind ältere Infarktnarben, v. a. im Sep-tum, häufig etwasheller als normalesMyokard, was aufden erhöhten Kollagengehalt zurückgeführt wird.

Myokardfaserverlauf. Neben Wasser und Kollagenge-halt spielt auch der Myokardfaserverlauf für die Texturdes Myokards eine wichtige Rolle. Eine erhöht mess-bare (nicht notwendigerweise sichtbare) Myokardre-flexivität wurde auch bei Patienten mit Diabetes mel-litus sowie bei Übergewicht gefunden (s. u.). Die zent-rale Aufhellung des Ventrikelseptums, die im Vierkam-merblick regelhaft, wenn auch in unterschiedlichemMaße erkennbar wird, scheint auf den unterschiedli-chen Faserverlauf von Myokardfasern des linken undrechten Ventrikels zurückzugehen (5).

Normale Morphologie des linken Ventrikels

Abb. 10.2 17-Segment-Modell des linken Ventrikels mit „apikaler Kappe“. Man beachte auch die modifizierte Nomenklatur einigerSegmente (nach 33).

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Pathologische Strukturen im linken Ventrikel und Ausflusstrakt

Pathologische Strukturen im Ventrikel ____________

Thromben

Aneurysmen, große Akinesien oder schwere Hypoki-nesien sind Prädilektionsstellen für die Ausbildung vonThromben (s. Loop 10–1, 10–2) (Abb.10.3). Die Abgren-zung eines apikalen Thrombus vom Nahfeldartefaktkann sehr schwierig sein. Wenn nötig, sollte in modi-fizierten Zweikammerblick-Schnittebenen unter Ver-

wendung der Vergrößerung und richtiger Fokusposi-tionierung danach gesucht werden; u.U. kann die Gabeeines Linksherzkontrastmittels dabei helfen. Zwingendmuss eine erhebliche Wandbewegungsstörung vorlie-gen (außer bei der Endomyokardfibrose); nicht zwin-gend, aber häufig vorhanden, ist eine zum Kavum hinkonvexe Oberfläche des Thrombus. Flache, breitbasigder Wand aufsitzende Thromben bedingen ein gerin-geres Thrombembolierisiko als weit ins Kavum ra-gende oder flottierende Thromben. Die Echogenitätthrombotischen Materials variiert, wobei sehr frischeThromben wenig echogen sind und manchmal nur mitMühe vom Blut im Kavum differenziert werden kön-nen. Andererseits kann es bei alten Thromben zur An-hebung der Echogenität bis hin zur Kalzifizierungkommen.Spontankontrast als Zeichen einer thrombogenen

Disposition kann häufig bei großem Vorderwand-aneurysma oder bei schwerer dilatativer Kardiomyo-pathie sowie in Gegenwart von Thromben gesehenwerden.

Tumoren, Vegetationen und Fremdkörper

Wie überall sonst im Herzen auch muss bei einer un-klaren Zusatzstruktur im Kavum grundsätzlich an ei-nen Thrombus, einen Tumor oder eine Vegetation ge-dacht werden. Tumoren sind zwar selten, kommenjedoch, einschließlich des Myxoms, auch im linkenVentrikel vor. Vegetationen können in seltenen Fällendirekt am Myokard, d. h. ohne Verbindung zu einerKlappenstruktur, ansetzen. Schließlich ist an Fremd-körper zu denken, wie embolisierte Katheterfrag-mente, perforierte Schrittmacherelektroden aus demrechten Ventrikel, Geschosse, Splitter usw., die i. d. R.stark echogen sind.

Aberrierende Sehnenfäden

Diese können v. a. im apikalen Bereich quer durch denlinken Ventrikel ziehen (Abb.10.4) und auch ins Sep-tum oder in die Papillarmuskeln einstrahlen (s. Loop10–3). Sie sind bei Dilatation des linken Ventrikelsbesonders häufig zu sehen. Ihnen kommt keine patho-physiologische, als Zusatzstrukturen jedoch eine diffe-renzialdiagnostische Bedeutung zu, da sie für die En-dokardkontur gehalten werden oder Thromben vor-täuschen können.

Pathologische Strukturenim Ausflusstrakt _______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Systolische Vorwärtsbewegung der Mitralklappe

Zu den pathologischen Veränderungen, nach denen imAusflusstrakt Ausschau gehalten werden muss, zähltdie Vorwärtsbewegung der Mitralsegel (systolic ante-

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Abb. 10.3 Beispiele apikaler Thromben (Pfeile) nach Vorderwand-spitzeninfarkt (apikaler Vierkammerblick).

Abb. 10.4 Aberrierender Sehnenfaden (Pfeil) im Apex des dilatier-ten linken Ventrikels zwischen Vorder- und Hinterwand.

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rior motion, SAM) bei Vorliegen einer Ausflussbahn-obstruktion. Diese kommt vor allem bei der hypertro-phen obstruktiven Kardiomyopathie (s. Kapitel 14),jedoch auch bei Hypovolämie, besonders unter gleich-zeitiger Katecholamingabe sowie nach operativerMitralklappenrekonstruktion vor. Es handelt sich umeine systolische Bewegung der geschlossenen Mitral-segelspitzen und/oder der Chordafäden auf das Sep-tum zu.

Subaortale Membran

Subaortale Membranen werden im Echo meist als täu-schend kleine, membranartige Ausstülpungen des Sep-tums unmittelbar unter dem Aortenring diagnostiziert(Abb.10.5). Das Ausmaß der Obstruktion durch dieseMembranen, die den Ausflusstrakt halbmondförmigeinengen und i. d. R. zum vorderen Mitralsegel ziehen,wird meist unterschätzt. Häufig liegt bedingt durch dieMembran auch eine leichte bis mittelgradige Aorten-insuffizienz vor.

Wanddicke, Masse, Hypertrophie

Schnittebene und Messstellen. Grundlage für die Be-urteilung der Muskelmasse sind die Messungen derenddiastolischen Septum- und Hinterwanddicke unddes diastolischen Durchmessers des linken Ventrikelsin der parasternalen langen oder kurzen Achse (im 2D-oder M-Mode). Hierbei ist zu beachten, dass die Mes-sung der Septumdicke nicht an der Stelle der größtenWanddicke, die weiter basal oder apikal liegen kann,sondern in Höhe des Chorda-Mitralsegel-Übergangssenkrecht zur Längsachse des linken Ventrikels erfolgt.Die Wanddicke des linken Ventrikels nimmt von derBasis zum Apex hin ab.

Hypertrophietypen ____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Definitionen. Eine Septumdicke über 12 mm ist einHinweis auf eine Hypertrophie, obwohl diese Bezeich-nung streng genommen nur angewendet werden darf,wenn die Gesamtmasse des linken Ventrikels vermehrtist (s. u.). Ist die Hinterwanddicke ebenfalls erhöht,spricht man von einer konzentrischen Hypertrophie.Übersteigt das Verhältnis von Septumdicke zu Hinter-wanddicke 1 ¤1,3, sowird von asymmetrischer Septum-hypertrophie gesprochen. Sie kommt sowohl bei derhypertrophen Kardiomyopathie vor als auch bei lang-jährigem Hypertonus (s. Loop 10–4) und anderen Er-krankungen und kann andererseits bei der hypertro-phen Kardiomyopathie auch fehlen. Weiterhin könneneine konzentrische und eine exzentrische Hypertro-phie des linken Ventrikels unterschieden werden, jenachdem ob der Durchmesser des Kavums normal

Wanddicke, Masse, Hypertrophie

Abb. 10.5 Subaortenmembran (ma-ximaler Gradient 48 mmHg).a Parasternaler Langachsenschnitt.b Vergrößerung. Die Pfeile zeigen auf

die Membran und die verdicktenAortenklappensegel. Man beachtedass die Membran auch am Über-gang von Vorhofwand zum anterio-ren Mitralsegel nachweisbar ist.

c u. d 3D-Echo (c), das dem intraope-rativen Befund (d) entspricht. DieMembran bildet eine schlitzartigeÖffnung. Die Membran wurde rese-ziert und die Aortenklappe ersetzt(aus 8).

a b

c d

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bzw. verkleinert ist (konzentrische Hypertrophie, ty-pisch bei Hypertonie oder Aortenstenose) oder ver-größert ist (typisch bei Aorten- undMitralinsuffizienz).Numerisch kann dies durch Berechnung der relativenWanddicke (RWD) ausgedrückt werden:

RWD = 2 PWD / LVEDD

wobei PWD die diastolische Dicke der posteriorenWand und LVEDD den enddiastolischen Durchmesserdes Kavums des linken Ventrikels bezeichnet. Eine ex-zentrische Hypertrophie ist hierbei als RWD £ 0,42 beierhöhter Gesamtmasse definiert (Abb.10.6).

Hypertrophiebegriff. Man beachte, dass der Begriff derHypertrophie, der im klassischen Sinne die Vergröße-rung der einzelnen Myozyten bezeichnet, hier sehrumfassend für jede Massenzunahme des linken Vent-rikels unabhängig von deren Ätiologie verwendetwird, d. h. auch bei Speichererkrankungen (z. B. Amy-loidose, s. auch Kapitel 15) oder bei bindegewebigemUmbau.

Berechnung der Muskelmasse ________________________________________________________________________________________

Geometrische Annahmen. Traditionell wird die Massedes linken Ventrikels anhand von linearenMaßen (sep-taler und posteriorer Wanddicke sowie dem enddias-tolischen Durchmesser des linken Ventrikels) anhandgeometrischer Annahmen (Rotationsellipsoid) berech-net. Dabei wird das berechnete Myokardvolumen (incm3) durch Multiplikation mit einer angenommenenMyokarddichte von 1,04 g/cm3 in Myokardmasse um-gewandelt. Die empfohlene (33) Formel wurde autop-tisch validiert, kann jedoch nur für normal geformtelinke Ventrikel Geltung beanspruchen:

LV-Masse = 0,8 {1,04[(LVEDD+ PW + SD)3 -LVEDD3]}+ 0,6 g

wobei LVEDD enddiastolischer linksventrikulärerDurchmesser, PWD posteriore enddiastolische Wand-dicke und SD enddiastolische Septumdicke in mm be-deuten.

Schnittebenen und Bildgebungsverfahren. Dabei istwegen der häufigen tiefen Anlotung der parasternalenlangen Achse oft die Messung im 2D-Bild vorzuziehen,um „schräge“ Messungen von Kavumdiameter undWanddicken zu vermeiden (Abb.10.7). Diese 2D-Mes-sungen sollten von Blut-Gewebe-Grenzfläche zu Blut-Gewebe-Grenzfläche erfolgen (33). Die heutzutageverbreitete, für die Endokarderkennung vorteilhafteharmonische Bildgebung führt zu etwas körnigerenBildern und damit tendenziell zu etwas höheren Mess-werten der Wanddicken und etwas niedrigeren Wer-ten für Kavumdiameter. Die publizierten Daten beru-hen jedoch ausschließlich auf dem älteren, nichthar-

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Abb. 10.6 Diagramm zur Klassifizierung des linksventrikulärenUmbaus (Remodeling) und der Hypertrophie. Anhand der relativenWanddicke (s. Text) kann ein exzentrischer und konzentrischer Um-bau diagnostiziert werden; bei Übersteigen der Grenzwerte für dieabsolute Muskelmasse liegt eine Hypertrophie vor.

L

K

Abb. 10.7 Die aus dem M-Mode stammende Messkonvention fürdie kurze Achse oder den Durchmesser des linken Ventrikels (K)sieht vor, dass diese die lange Achse (L) am Übergang von Mitralse-gelspitze zu Chordafäden senkrecht schneidet. Die Zeichnung ver-deutlicht, dass im M-Mode dieser Durchmesser immer dann über-schätzt wird, wenn die lange Achse nicht senkrecht zum M-Mode-Strahl steht (nach Weyman AE. Principles and Practice of Echocar-diography. 2nd. ed. Philadelphia: Lea & Febiger 1994.

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monischen („fundamentalen“) Bildgebungsverfahren(so auch die in diesem Kapitel wiedergegebenen Tabel-len); diese Unterschiede scheinen jedoch für prakti-sche Zwecke unbedeutend zu sein, zumal sie weit ge-ringer als die Untersuchervariabilität ins Gewicht fal-len.

Andere Berechnungsmethoden. Alternativ – und sehrumständlich, dafür aber genauer – kann die Masse aus2D-Messungen der Myokardquerschnittsfläche errech-net werden (33). Grundlage sind dabei die Planimetrieder Myokardfläche im Kurzachsenschnitt auf Papillar-muskelhöhe (stets unter Ausschluss der Papillarmus-keln) und die Bestimmung der langen Achse des linkenVentrikels. Diese Methode wird des Aufwands halberjedoch in der Praxis nicht benutzt. Schließlich kann dieScheibchensummationsmethode analog der Berech-nung des Ventrikelvolumens angewendet werden, in-dem das Kavum vom Volumen des vom Epikard um-schlossenen Körpers abgezogen wird. Auch dieses Ver-fahren wird kaum benutzt, insbesondere wegen der

schwierigen Epikardkonturierung. Eine gänzlich vongeometrischen Annahmen freie Messung der Myo-kardmasse erlaubt die 3D-Echokardiographie (s. Kapi-tel 8). Diese Methode ist von der Genauigkeit her derKernspintomographie ebenbürtig.

Indexierung und Normwerte. Bei der Beurteilung derlinksventrikulären Muskelmasse ist eine Indexierungauf Körperoberfläche oder Körperhöhe sowie eineTrennung nach Geschlecht sinnvoll. (Die Indexierungauf Körperoberfläche, in die ja das Körpergewicht ein-fließt, führt allerdings zu einer Unterschätzung derHypertrophieprävalenz bei Übergewichtigen; es istdeswegen eine Indexierung auf Körpergröße hoch 2,7vorgeschlagen worden.) Ein Überschreiten des Nor-malbereichs wird grundsätzlich als linksventrikuläreHypertrophie bezeichnet. Die kürzlich veröffentlichtenGrenzwerte unterscheiden sich z. T. deutlich von früherangegebenen Werten, da mittlerweile bessere Daten-sammlungen zugrunde liegen (Tab.10.1). Die Ursacheneiner linksventrikulären Hypertrophie zeigt Tab.10.2.

Wanddicke, Masse, Hypertrophie

Tabelle 10.1 Normalwerte des linken Ventrikels (aus 33)

Frauen Männer

Norm-bereich

leicht ab-normal

mittel-gradigabnormal

schwerabnormal

Norm-bereich

leicht ab-normal

mittel-gradigabnormal

schwerabnor-mal

Masse – Lineare MethodeLV Masse (g) 67–162 163–186 187–210 ³ 211 88–224 225–258 259–292 ³ 293

LV Masse/KOF (g/m2) 43–95 96–108 109–121 ³ 122 49–115 116–131 132–148 ³ 149

Durchmesser und Volumina

LV Durchmesser

LV diastolischer Durch-messer

3,9–5,3 5,4–5,7 5,8–6,1 ³ 6,2 4,2–5,9 6,0–6,3 6,4–6,8 ³ 6,9

LV diastolischer Durch-messer/ KOF (cm/m2)

2,4–3,2 3,3–3,4 3,5–3,7 ³ 3,8 2,2–3,1 3,2–3,4 3,5–3,6 ³ 3,7

LV diastolischer Durch-messer/ Größe (cm/m)

2,5–3,2 3,3–3,4 3,5–3,6 ³ 3,7 2,4–3,3 3,4–3,5 3,6–3,7 ³ 3,8

LV Volumen

LV diastolisches Volumen(ml)

56–104 105–117 118–130 ³ 131 67–155 156–178 179–201 ³ 202

LV diastolisches Volumen/KOF (ml/m2)

35–75 76–86 87–96 ³ 97 35–75 76–86 87–96 ³ 97

LV systolisches Volumen(ml)

19–49 50–59 60–69 ³ 70 22–58 59–70 71–82 ³ 83

LV systolisches Volumen/KOF (ml/m2)

12–30 31–36 37–42 ³ 43 12–30 31–36 37–42 ³ 43

Funktion

Lineare Methode

Verkürzungsfraktion (%) 27–45 22–26 17–21 £ 16 25–43 20–24 15–19 £ 14

MWFS (%) 15–23 13–14 11–12 £ 10 14–22 12–13 10–11 £ 10

2D-Methode

Ejektion ³ 55 45–54 30–44 <30 ³ 55 45–54 30–44 <30

LV = linksventrikulär, KOF = Körperoberfläche, MWFS = midwall fractional shortening

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Funktion des linken Ventrikels

Globale systolische Funktion _______________________________________________________________________________________________________

Volumina und Ejektionsfraktion

Wahrscheinlich die häufigste klinische Fragestellung inder Echokardiographie überhaupt ist die nach der„Funktion des linken Ventrikels“. Der Funktionsbegriffist dabei vieldeutig. Er umfasst zunächst die globalePumpfunktion als Fähigkeit, ein den Bedürfnissen desKörpers entsprechendes Herzzeitvolumen aufrecht-zuerhalten. Dazu muss ein ausreichendes Schlagvolu-men als Differenz von enddiastolischem und endsysto-lischem Volumen ausgeworfen werden.

Ejektionsfraktion. Klassischer Parameter dieser „systo-lischen Pumpfunktion“ ist die Ejektionsfraktion:

EF = (LVEDV - LVESV)/LVEDV

wobei LVEDV das enddiastolische und LVESV das end-systolische Volumen des linken Ventrikels bezeichnet.

Volumina. Die absoluten Volumina geben darüber hi-naus Hinweise aufä eine Erhöhung der Vorlast, insbesondere das Vor-liegen einer Volumenbelastung oder einer Ausnut-zung der Frank-Starling-Reserve bei Herzinsuffi-zienz (erhöhtes enddiastolisches Volumen),

ä auf eine Erhöhung der Nachlast bzw. Verminderungder myokardialen Kontraktilität (erhöhtes endsys-tolisches Volumen).

Die Echokardiographie kann die Volumina des linkenVentrikels mit verschiedenen Verfahren bestimmen.Während die Volumenbestimmung aus dem M-Mode-Durchmesser, die in vielen Echogeräten nochals „Teichholz-Formel“ implementiert ist, dringendverlassen werden sollte, da sie gerade dort, wo sie amwichtigsten ist, nämlich beim eingeschränkten Ventri-kel des KHK-Patienten, wegen der ausschließlichen Er-fassung eines basalen Ventrikeldurchmessers völlig ir-reführend sein kann (Abb.10.14), ermöglichen sowohldie 2D-Echokardiographie als auch natürlich beson-ders die 3D-Echokardiographie eine zuverlässige Be-rechnung von Volumina und Ejektionsfraktion.

Scheibchensummationsmethode. Die Fachgesellschaf-ten empfehlen die Berechnung nach der Scheibchen-summationsmethode („modified Simpson’s rule“), diesowohl monoplan (im apikalen Vierkammerblick) alsauch biplan (apikaler Vier- und Zweikammerblick) er-folgen kann. Typischerweise werden 20 „Scheibchen“verwendet (Abb.10.8).Typische Probleme bei der Bestimmung dieses in der

Kardiologie eminent wichtigen Parameters sind:ä Im Vierkammerblick wird häufig der wahre Apexverkürzt und damit das kalkulierte Volumen unter-schätzt (13) (Abb.10.9). Es sollte daher darauf ge-achtet werden, den tiefstmöglichen Zwischenrip-penraum, der einen Vierkammerblick erlaubt, fürdie Volumenbestimmung zu wählen. Der Fehlervermindert sich allerdings bei der Ejektionfrak-tionsbestimmung, da sowohl diastolisches wie sys-tolisches Volumen unterschätzt werden.

ä Die Endokardkontur ist am schlechtesten apikal la-teral im apikalen Vierkammerblick sowie apikal an-terior imapikalenZweikammerblickerkennbar. EineVerbesserung der Erkennung der Endokardkonturkann durch Verwendung höherfrequenter Schall-köpfe, durch harmonische Bildgebung oder durchLinksherzkontrastmittel (s. Kapitel 5) erzieltwerden.

Flächen-Längen-Methode. Daneben kann bei schlech-ter Endokarderkennung im apikalen Bereich die Flä-chen-Längen-Methode (Abb.10.8) benutzt werden, beider die Querschnittsfläche in Papillarmuskelhöhe imparasternalen Kurzachsenschnitt (A) und die Länge derlangen Achse des linken Ventrikels von Mitralring-ebene zum Apex im apikalen Vierkammerblick (L) be-nötigt wird:

Volumen = 5 × A × L / 6

Zur 3D-echokardiographischen Volumenbestimmungsiehe das Kapitel 8 (3D-Echokardiographie).

Regurgitationsvitien. Ventrikelvolumina hängen so-wohl von der Vorlast und Nachlast als auch von dermyokardialen Kontraktilität ab. Der einfache Schlussvon der Ejektionsfraktion auf die myokardiale Kontrak-tilität ist daher oft nicht zulässig. Dies spielt vor allemeine große Rolle bei den Regurgitationsvitien. Wäh-

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Tabelle 10.2 Häufige Ursachen einer linksventrikulärenHypertrophie

ä Arterielle Hypertonieä Aortenstenoseä Leistungssportä Adipositasä Hypertrophe Kardiomyopathieä Speichererkrankungenä Mitralinsuffizienzä Aorteninsuffizienz

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rend das endsystolische Volumen vor allem von Kon-traktilität und Nachlast abhängt, wird das enddiastoli-sche Volumen stark von der Vorlast beeinflusst. SowohlAorteninsuffizienz als auch Mitralinsuffizienz könnenalle 3 Faktoren beeinflussen (s. die entsprechendenKapitel). In der Praxis wird zur Beurteilung der Funk-tion des linken Ventrikels bei Regurgitationvitien ne-ben der Ejektionsfraktion v.a. das endsystolische Volu-men (bzw. der endsystolische Querdurchmesser) zuHilfe genommen, das weniger vom Regurgitationsvo-lumen als das enddiastolische Volumen beeinflusstwird und dessen Anstieg (z. B. über 45 mm bei derMitralinsuffizienz und über 50 mm bei der Aortenin-suffizienz) als Zeichen der beginnenden myokardialenSchädigung gewertet wird.

Zirkumferenzielle Verkürzungsfraktion

Der wichtigste klassische „lineare“ Funktionsparame-ter ist die zirkumferenzielle Verkürzungsfraktion:

V = (LVEDD - LVESD) / LVEDD

wobei LVEDD den enddiastolischen und LVESD denendsystolischen Durchmesser des linken Ventrikels(im M-Mode bzw. parasternalen Langachsenschnitt)bezeichnet. Dieser „eindimensionale“ Parameter kannnatürlich nur dann eine Aussage zur globalen Funktionzulassen, wenn keine größeren regional ausgeprägtenWandbewegungsstörungen vorliegen.Es konnte gezeigt werden, dass beim Vorliegen einer

erheblichen Wandhypertrophie die Berechnung derVerkürzungsfraktion einer gedachten Faserebene inder Mitte der Wanddicke (midwall fractional short-ening, MWFS) einen besseren Rückschluss auf diemyokardiale Kontraktilität zulässt als die o.a. klassischeVerkürzungsfraktion (2, 48). Die Berechnung ist aller-dings umständlich (33):

MWFS = (LVEDD + SD ⁄ 2 + PD ⁄ 2) – LVESD +innere Schale

(LVEDD + SD / 2 + PD / 2) × 100

mit

Innere Schale = [(LVEDD + SD ⁄ 2 + PD ⁄ 2)3 –LVEDD3 + LVESD3]1/3 – LVESD

SD Septumdicke, PD posteriore Wanddicke

Berechnung der linksventrikulären Druckanstiegs-und abfallgeschwindigkeit (dp/dt)

Das im kontinuierlichen Doppler registrierte Mitralin-suffizienzprofil erlaubt eine näherungsweise Berech-nung der frühsystolischen Druckanstiegs- und spät-systolischen Druckabfallgeschwindigkeit. Hierzu wirdin der Regel das Zeitintervall zwischen der maximalenmomentanen Regurgitationsgeschwindigkeit von1 m/s (entsprechend einer ventrikuloatrialenDruckdif-ferenz von 4 mmHg) und einer maximalen momenta-nen Regurgitationsgeschwindigkeit von 3 m/s (ent-sprechend einer ventrikuloatrialen Druckdifferenzvon 36 mmHg) gemessen. Aus dem Quotienten(36 mmHg – 4 mmHg)/Zeitintervall ergibt sich eine

Funktion des linken Ventrikels

Abb. 10.8 Verfahren zur Volumen- und Ejektionsfraktionsberech-nung: biplane Scheibchensummationsmethode (oben) und mono-plane Flächen-Längen-Methode (unten).

Abb. 10.9 Verkürzung des linksvent-rikulären Kavums durch zu hohe Anlo-tung und Abschneiden der Spitze (nach13).

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Druckanstiegs- bzw. spätsystolisch Druckabfallge-schwindigkeit, die mit der maximalen dp/dt gut korre-liert (Abb.10.10). Zu beachten ist, dass die Berechnungnicht auf demwahren Ventrikeldruck, sondern nur aufDruckdifferenzen zwischen linkem Ventrikel und Vor-hof fußt und außerdem die errechnete dp/dt nicht not-wendigerweise der maximalen dp/dt entspricht. Den-noch kann so eine grobeAbschätzung der positivenundnegativen maximalen dp/dt-Rate vorgenommen wer-den (4).

Tei-Index (myocardial performance index)

Dieser von C. Tei vorgeschlagene Index versucht systo-lische und diastolische Funktion des linken Ventrikelsdurch eine technisch einfache Messung zu quantifizie-ren (56). Hierzu wird das Dopplersignal des transmit-ralen Einstroms und aortalen Ausstroms verwendet,um das Zeitintervall vom Ende des Mitraleinstromsim ersten Herzzyklus bis zum Beginn des Mitralein-

stroms im zweiten Herzzyklus sowie die Dauer derEjektionszeit zu bestimmen. Der Index berechnet sichdann wie in Abb.10.11 angegeben. Erkrankungen desMyokards, insbesondere durch eine KHK, verlängernim Prinzip sowohl die isovolumische Kontraktions- alsauch Relaxationszeit, wodurch der normalerweise<0,49 liegende, dimensionslose Quotient ansteigt. Ob-wohl eine diagnostische und prognostische Aussage-kraft gerade bei leichteren Graden der Herzinsuffizienzgezeigt werden konnte (6), hat der Index ähnlicheLimitationen, wie sie von den vom Konzept her ver-wandten systolischen Zeitintervallen bekannt sind,insbesondere Vor- und Nachlastabhängigkeit (24),ähnlich der isovolumischen Relaxationszeit selbst.

Gewebedopplerparameter

Wichtige und klinisch relevante neue Parameter derglobalen systolischen Funktion liefert der Gewebe-doppler. Während der Systole findet neben der Ver-kürzung des Querdurchmessers (normalerweise umetwa 25%), d. h. der „zirkumferenziellen“ Kontraktiondes linken Ventrikels, auch eine prozentual viel gerin-gere (ca. 12%) longitudinale Verkürzung der langenAchse des linken Ventrikels statt und zwar hauptsäch-lich in den basalen zwei Dritteln der langen Achse.Diese Verkürzung gibt dem linken Ventrikel endsysto-lisch eine kegelförmigere, weniger kugelige Gestalt alsin der Enddiastole. Bereits seit langem war beobachtetworden, dass die longitudinale Verkürzung, die sich ander Verschiebung des Mitralrings zum Apex in derSystole und zurück in der Diastole ablesen lässt, einenwichtigen Beitrag zur Ejektion leistet, der durch dieklassische Betrachtung der Querdurchmesser des lin-ken Ventrikels, etwa in Form der Verkürzungsfraktion,nicht berücksichtigt wird. Es konnte gezeigt werden,dass die Bewegungsamplitude und -geschwindigkeitdes Mitralrings eine gute Abschätzung der Ejektions-fraktion des linken Ventrikels erlaubt, auch und geradedann, wenn der Apex schlecht erkennbar ist (49). DerNormalwert liegt bei etwa 12 ± 2 mm. DieMessung derlongitudinalen Bewegungsgeschwindigkeit der Mitral-ringregion im Gewebedoppler, am höchsten im late-ralen basalen Segment, liefert mit der systolischenSpitzengeschwindigkeit (S) eine Aussage zur globalensystolischen Verkürzung v.a. der betreffenden Wand,damit aber auch des ganzen Ventrikels (Abb.10.12)(s. hierzu Kapitel 4 „Gewebedoppler“). Während diebasalen Gewebegeschwindigkeiten wegen der physi-schen Kontinuität derMyokardareale Aussagen zur glo-balen Funktion erlauben, ermöglicht die Betrachtungder Verformungseigenschaften (strain/strain rate) dieQuantifizierung der regionalen Deformation (s. u.).

Herzzeitvolumen

Eine relativ einfache weitere Möglichkeit, die Pump-leistung abzuschätzen, besteht darin, das Schlagvolu-men als Produkt aus dem gepulsten Doppler-Zeitge-schwindigkeitsintegral im linksventrikulären Ausfluss-trakt oder an der Pulmonalklappe und der zugehörigenQuerschnittsfläche zu berechnen.

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Abb. 10.10 Berechnung der linksventrikulären Druckanstiegsge-schwindigkeit dp/dt anhand des kontinuierlichen Dopplersignalsder Mitralinsuffizienz. Im gezeigten Beispiel war die dp/dt mit701 mmHg/s deutlich erniedrigt (normal > 1000 mmHg/s).

Abb. 10.11 Schematische Berechnung des „myocardial perfor-mance index“ (MPI; Tei-Index) aus Mitraleinstromprofil und Aus-flusstraktprofil und Zusammenhang mit physiologischen Zeitinter-vallen. ICT isovolumische Kontraktionszeit, IRT isovolumische Rela-xationszeit, ET Ejektionszeit. Praktisch muss nur das Intervall zwi-schen zwei Mitraleinstromprofilen (a) und die Ejektionszeit (b)gemessen werden.

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Regionale systolische Funktion(s. a. Kapitel 4) ______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Regionale Wandbewegung

Da die Myokardfasern in unterschiedlichen Tiefen-schichten der Wände unterschiedlich orientiert sind,stellt die im Echo sichtbare Wandbewegung die Sum-mation unterschiedlich orientierter Kontraktionsbe-wegungen im Myokard dar. Die innere (subendokar-diale) Hälfte der Wand verdickt sich dabei deutlichstärker als die äußere, subepikardiale. Im Endeffekterzeugen normale Wandsegmente bei der Kontraktioneine Einwärtsbewegung des Endokards und eine Ver-dickung der Wand. Die Wandverdickung ist dabei derzuverlässigere Parameter, der z. B. auch beim Vorliegeneines Schenkelblocks und asynchroner Kontraktion an-wendbar ist. Die Wandverdickung und Einwärtsbewe-gung ist am geringsten in den basalen Segmenten.Einen Sonderfall bildet der basale Anteil des basalenanteroseptalen Segments, der systolisch keine Ein-wärts- oder sogar eine geringfügige Auswärtsbewe-gung macht (erkennbar v. a. in der parasternalen basa-len kurzen Achse), was vermutlich durch die „Puls-welle“ des Schlagvolumens im linksventrikulären Aus-flusstrakt zustande kommt.

Qualitative Beurteilung. Die regionaleWandbewegungwird in erster Linie qualitativ beurteilt:ä Normokinesie: normale Wandbewegung und -Ver-dickung,

ä Hypokinesie: herabgesetzte, aber nicht aufgeho-bene Wandbewegung und -verdickung (diese Ka-tegorie ist die subjektiv variabelste),

ä Akinesie: aufgehobene Wandbewegung und -ver-dickung,

ä Dyskinesie: systolische Auswärtsbewegung derWand,

ä Aneurysma: auch in der Diastole erkennbare Aus-buchtung des linken Ventrikels mit abnorm dün-nem, nicht kontrahierendem Myokard (Abb.10.13und 10.14),

ä Hyperkinesie: das Normale überschreitende Wand-bewegung und -verdickung bei Regurgitationsvi-tien, als Kompensation einer Wandbewegungsstö-rung in einer anderen Region (z. B. nach Infarkt),unter Belastung, bei Regurgitation oder unter Kate-cholaminstimulation. Hierbei kann endsystolischdas Kavum nahezu komplett durch kontrahiertesMyokard ausgefüllt sein (systolische Kavumoblite-ration). Eine Hyperkinesie besitzt per se keinenKrankheitswert, stellt jedoch einen Hinweis auf eineder genannten Ursachen dar.

Funktion des linken Ventrikels

a

Abb. 10.12 Gewebedoppler des basalen Septums von apikal.Oben, normale E’-Geschwindigkeit bei normalem Ventrikel, unten

reduzierte E’-Geschwindigkeit bei schwer eingeschränktem Ventri-kel.

b

Abb. 10.13 Inferiores Aneurysma im apikalen Zweikammerblickmit gut sichtbarer Wandverdünnung (zwischen den Pfeilen).

Linker

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Quantifizierung. Mannigfaltige Versuche zur Quantifi-zierung der regionalen Wandbewegung, insbesonderezur Automatisierung der Beurteilung, haben bislang zukeiner robusten und zuverlässigen Methode geführt,die dem geübten Auge auch nur annähernd ebenbürtigwäre. Die subjektiveVariabilität bei der Beurteilung derWandbewegung bleibt daher ein Problem, das durchimmer bessere Bildqualität, simultane Beobachtungvon verschiedenen Bildschleifen, Linksherzkontrast-mittelgabe und andere Verbesserungen nur begrenztreduzierbar ist. Bemerkenswerterweise–und entgegenanfänglichem Optimismus – scheint diese Variabilitätbei der Beurteilung der Wandbewegung mit der Mag-netresonanztomographie ungefähr ebenso groß zusein. Ein kürzlich veröffentlichter systematischer Me-thodenvergleich (29) zeigte die Übereinstimmung ver-schiedener Bildgebungstechniken mit der durch klini-sche Konsensentscheidung bestimmten „Wahrheit“,ausgedrückt als Konfidenzintervalle für Kappa-Werte.Ein Kappa-Wert von 1 bedeutet vollständige Überein-stimmungbei einerbinärenEntscheidung (Wandbewe-gungsstörung vorhanden/nicht vorhanden). Die Konfi-denzintervalle für Kappa hinsichtlich des Nachweiseseiner regionalenWandbewegungsstörung betrugen:ä 0,5–0,7für das native Echo,ä 0,6–0,8für das Linksherzkontrastecho,ä 0,5–0,8für die Magnetresonanztomographie.

Die methodenspezifischen Interobservervariabilitätenzwischen zwei Befundern lagen bei (29, 38):ä 0,3–0,5für das Echo,ä 0,7–0,9für das Linksherzkontrastecho undä 0,3–0,6für die Magnetresonanztomographie.

Das Problem stellt sich ganz besonders bei der Stress-echokardiographie und beim Vitalitätsnachweis in be-wegungsgestörtem Myokard (s. die entsprechendenKapitel).

Analyse der regionalen Verformung. Der leistungsfä-higste Ansatz zu einer Quantifizierung der regionalenWandbewegung besteht derzeit in der Analyse derregionalen Verformung (strain/strain rate) mittels Ge-webedoppler (s. Kapitel 4). Hiermit können Ausmaßund zeitlicher Verlauf der systolischen und diastoli-schen Verformung (z. B. longitudinale Verkürzungund Elongation in apikalen Schnittebenen) regionalbeurteilt und quantifiziert werden. Die Daten sind al-lerdings bislang artefaktanfällig, mit hohem Rauschenbehaftet und oft nur schwierig zu interpretieren. Diederzeit in der Einführung befindliche zweidimensio-nale Verformungsbildgebung (2D-Strain) wird dieseTechnik wesentlich verbessern.

Ursachen von Wandbewegungsstörungen

Koronare Herzkrankheit. Wandbewegungsstörungenfinden sich am häufigsten auf dem Boden einer koro-naren Herzkrankheit (s. a. Loops 10–1, 2, 3, 5–10):ä Nach Infarkt (irreversible, in Ruhe vorhandeneWandbewegungsstörung) imponiert eine größereInfarktnarbe als Akinesie oder Aneurysma (Abb.10.13 und 10.14), während kleine Infarkte häufig nureine Hypokinesie oder keine Wandbewegungsstö-rung hinterlassen. Größere Infarktnarben zeichnensich durch eine Verdünnung der Wand um ca. 30%und manchmal durch eine höhere Echogenität alsdas umgebende Myokard aus, die durch den er-höhten Kollagengehalt der Narbe erklärt wird. Dieexakte Zuordnung der Wandbewegungsstörungzum histologischen Infarktareal wird durch dieKontinuität des Myokards erschwert: Sowohl kön-nen angrenzende normal kontrahierende Bezirkeakinetische Areale „mitziehen“ als auch umgekehrtWandbewegungsstörungen in infarzierten Arealendie Kontraktionsamplitude angrenzender gesunderAbschnitte reduzieren („tethering“).

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

a

Abb. 10.14 Apikales Aneurysma. Trotz deutlich eingeschränkterVentrikelfunktion zeigt die M-Mode-Registrierung desselben Pa-

tienten, da sie nur hyperkinetische basale Wandabschnitte erfasst,einen eher kleinen und sehr gut kontrahierenden linken Ventrikel.

b

10

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ä Bei akuter Ruhe- oder belastungsinduzierter Ischä-mie (reversible Wandbewegungsstörung, diagnos-tisch genutzt in der Stressechokardiographie).

ä In Ruhe bei myokardialem „Stunning“ oder hiber-nierendemMyokard, d. h. fehlender Kontraktion beinoch vitalem Myokard (s. Kapitel 12).

Andere Erkrankungen. Außer bei der KHK kommenregionale Wandbewegungsstörungen bei folgendenErkrankungen vor:ä Dilatative Kardiomyopathie (s. Kapitel 13): Obwohlder Befall häufig diffus ist, können durchaus er-hebliche regionale Variationen im Grad der Hypo-kinesie gesehen werden. Aneurysmen werdenhierbei jedoch nicht gesehen.

ä Myokarditis: Hierbei kommen selten auch ausge-prägte regionale Wandbewegungsstörungen vor, soz. B. apikale Aneurysmen bei der Chagas-Krankheitdurch Trypanosoma cruzii (s. u.).

ä Aorteninsuffizienz.ä Rein septale Wandbewegungsstörungen ohne Mit-beteiligung des übrigen RIVA-Perfusionsterrito-riums, also der anterioren Wand: Sie sind relativhäufig. Zum einen gibt es lediglich zeitlich abnormeKontraktionsmuster mit erhaltener septaler Wand-verdickung durch regionale Verspätung der me-chanischen Systole (z. B. bei Linksschenkelblock,rechtsventrikulärer Schrittmacherstimulation,WPW-Syndrom, nach kardiochirurgischem Ein-griff), die Interaktion von linkem und rechtemVentrikel oder die Superposition der Gesamtbewe-gung des Herzens im Thorax und der kardialenKontraktionsvorgänge, z. B. nach Herzoperation, beirechtsventrikulärer Druck- oder Volumenüberlas-tung oder bei großem Perikarderguss. Findet früh-systolisch eine Auswärtsbewegung des Septumsstatt, so wird dies als „paradoxes Septum“ bezeich-net (Abb.10.15), das als unspezifischer Befund beiallen genannten klinischen Situationen auftretenkann. Zum anderen kann eine echte Verminderungder Kontraktionsamplitude vorliegen, etwa bei KHK(z. B. Septumastverschluss) oder Kardiomyopathie.

Diastolische Funktion (s. a. Kapitel 4) ___________________________________________________________

Der Begriff der diastolischen Funktion des linken Vent-rikels hat in letzter Zeit zunehmende Verbreitung ge-funden, um das Druckniveau, auf dem die Füllung deslinken Ventrikels stattfindet, zu charakterisieren. Einediastolische Dysfunktion – unabhängig von einer sys-tolischen „Pumpschwäche“ – liegt demnach vor, wennerhöhte linksatriale und damit pulmonalkapilläre Drü-cke notwendig sind, um den linken Ventrikel adäquatzu füllen. Hiermit versucht man vor allem der häufigenBeobachtung von Herzinsuffizienzsymptomen wie Be-lastungs- und sogar Ruhedyspnoe sowie Zeichen derLungenstauung bei normaler oder gering verminderterEjektionsfraktion gerecht zu werden. Physiologisch be-trachtet, sind die Faktoren des diastolischen Abschnittsder Druck-Volumen-Kurve des linken Ventrikels viel-fältig. Die isovolumische Relaxationsphase und die

frühdiastolische Füllung des linken Ventrikels werdenbestimmt von der aktiven myokardialen Relaxation,die zu einem exponentiellen Druckabfall im linkenVentrikel führt. Parallel dazu und vor allem in derspäten Diastole werden für die Druck-Volumen-Bezie-hung die passiven Materialeigenschaften des linkenVentrikels und seiner Nachbarstrukturen wie rechterVentrikel, Koronargefäße und Perikard wirksam. Daeine genaue, kontinuierliche, nichtinvasive Berech-nung des linksventrikulären Drucks nicht möglich ist,kann die diastolische Druck-Volumen-Beziehung echo-kardiographisch nur anhand indirekter Zeichen beur-teilt werden.

„Diastolische Herzinsuffizienz“

Diagnosestellung. Die Leitlinien der europäischen kar-diologischen Gesellschaft fordern, dass die Diagnoseeiner diastolischen Herzinsuffizienz drei Bedingungenerfüllen muss (14):ä Herzinsuffizienzsymptomatik,ä linksventrikuläre Ejektionsfraktion >45%,ä direkter Nachweis pathologischer linksventrikulä-rer diastolischer Drücke, von Relaxations- oderDehnungskonstanten oder von entsprechendenHinweisen in den echokardiographischen (odernuklearmedinischen) Füllungsmustern des linkenVentrikels (Mitralprofil) und linken Vorhofs (Pul-monalvenenprofil). Die gegenwärtig im Druck be-findliche Revision des Dokuments nimmt Gewebe-dopplerparameter wie E/E' als wichtiges neuesdiagnostisches Instrument hinzu.

Funktion des linken Ventrikels

Abb. 10.15 M-Mode-Registrierung eines paradoxen Septums beipulmonalem Hypertonus. Nebenbefundlich Perikarderguss.

Linker

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Ursachen. Es ist klar, dass es Erkrankungen gibt, beidenen trotz einwandfreier oder hochnormaler Pump-leistung eine Herzinsuffizienz entsteht. Paradebeispielist die Pericarditis constrictiva. Diese Erkrankungensind jedoch selten. Die bei weitemhäufigsten Ursachender „diastolischen Herzinsuffizienz“ sind die arterielleHypertonie sowie andere Formen der Wandhypertro-phie. Obwohl die systolische Ejektionsfraktion häufigim normalen Bereich liegt, läuft im hypertrophiertenlinken Ventrikel die frühdiastolische Relaxation ver-langsamt ab und ist die passive Dehnbarkeit des linkenVentrikels vermindert. Ein weiterer wichtiger patho-physiologischer Faktor bei Hypertrophie scheint dieTorsion des linken Ventrikels zu sein. Die systolischsich kontinuierlich aufbauende Torsion, die durch dieunterschiedliche Orientierung der Myokardfasern inder Ventrikelwand zustande kommt und durch „Aus-wringen“ des linken Ventrikels zur Ejektion beiträgt,schnellt in der Relaxationsphase sehr schnell zurück.Dies trägt entscheidend zum Aufbau eines frühdiasto-lischen „Sogs“ des linken Ventrikels für Blut aus demlinken Vorhof bei. Die „Entladung“ der durch die sys-tolische Torsion aufgebauten Spannung ist bei Patien-ten mit hypertropher Kardiomyopathie massiv herab-gesetzt (36). Möglicherweise tragen ähnliche Verände-rungen bei der hypertoniebedingten Hypertrophie zueiner verschlechterten frühen Füllung bei. Weiterhinzeigen experimentelle Daten, dass die myokardiale Re-laxation sehr empfindlich auf eine Nachlasterhöhungreagiert und bei „Überlastung“ deutlich verlangsamtabläuft, insbesondere wenn das Myokard bereits vor-geschädigt ist (25). Dieser Mechanismus scheint zurklinisch häufigen Herzinsuffizienz infolge hypertensi-ver Episoden beizutragen.Neuere Untersuchungen haben weiterhin gezeigt,

dass Patienten mit „diastolischer Herzinsuffizienz“trotz normaler Ejektionsfraktion eine erniedrigte lon-gitudinale systolische Funktion haben (2, 68) (Abb.10.16). Eine weitere häufige Ursache für eine „diastoli-sche Herzinsuffizienz“ ist anhaltendes tachykardesVorhofflimmern. Es ist klar, dass hierbei die verkürztediastolische Füllung und fehlende Pumpfunktion des

linken Vorhofs die pathophysiologische Hauptrolle fürdie Entstehung einer Herzinsuffizienz spielen undnicht eine eigenständige diastolische Myokarderkran-kung. Zusammengenommen bestätigen diese Daten,dass Linksherzhypertrophie und tachykardes Vorhoff-limmern zu erhöhten Füllungsdrücken führen, es er-scheint jedoch fraglich, ob die Annahme einer eigen-ständigen und von der systolischen Funktion unabhän-gigen „diastolischen Funktion“ berechtigt ist.

Eigenständige diastolische Erkrankung? Auf der ande-ren Seite gibt es Daten, die für eine ganz überwiegenddiastolische, eigenständige Erkrankung sprechen:ä Akute echokardiographische Untersuchungen vonPatienten im hypertensiven Lungenödem zeigten,dass auch während der Akutphase keine Ein-schränkung der linksventrikulären Ejektionsfrak-tion vorliegt (23).

ä Invasive Untersuchungen bei Patienten mit „dias-tolischer Herzinsuffizienz“ konnten neben einernormalen Ejektionsfraktion auch normale systoli-sche Stress-Dehnungs-Beziehungen, normaleSchlagvolumina und normale Schlagarbeit belegen(3).

ä Bioptisch ließ sich im Myokard von Patienten mit„diastolischer Herzinsuffizienz“ im Vergleich zu Pa-tienten mit eingeschränkter Ejektionsfraktion eineprominente Myozytenhypertrophie und größererDehnungswiderstand feststellen (59).

Es wurde aus den genannten Gründen vorgeschlagen,statt von einer diastolischen Herzinsuffizienz von„heart failure with normal ejection fraction“ zu spre-chen, um den erwähnten diskreten Zeichen einer auchsystolischen Funktionsstörung Rechnung zu tragen,und statt zwischen systolischer und diastolischer Funk-tionsstörung zu unterscheiden zwischen einem ex-zentrischen und konzentrischen Remodeling (47). DieDiskussion ist derzeit nicht abgeschlossen.

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Abb. 10.16 Repräsentative Beispiele der Gewebedopplerkurvenaus dem basalen lateralen Ventrikelsegment bei Herzgesunden(„Normal“), asymptomatischen Patienten mit pathologischen trans-mitralen Dopplerprofilen („diastolische Dysfunktion“ DD), Patientenmit symptomatischer Herzinsuffizienz, erhaltener Ejektionsfraktionund pathologischen transmitralen/pulmonalvenösen Dopplerprofi-

len („diastolische Herzinsuffizienz“, DHF) sowie Patientenmit symp-tomatischer Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Ejektionsfraktion(„systolische Herzinsuffizienz“, SHF). Es zeigt sich von links nachrechts ein stetiger Rückgang der S- und der E’-Geschwindigkeiten.Bemerkenswerterweise sind diese auch bereits bei noch erhaltenerEjektionsfraktion (DD und DHF) deutlich reduziert (aus 68).

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Diastolische globaleFunktionsparameter ___________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Transmitrales Einstromprofil

Ort der Messung. Die Messung des Einstromprofilserfolgt am besten in Höhe der Spitzen der Mitralsegel,da hier die Geschwindigkeiten am höchsten sind. DerOrt der Messung ist nicht nebensächlich, da sich dieGestalt des Mitralprofils deutlich mit der Position derMesszelle ändert. Auf Mitralringhöhe sind die maxi-male E-Geschwindigkeit und das E/A-Verhältnis deut-lich niedriger als zwischen den Mitralsegelspitzen. Da-rüber haben E- und A-Welle leicht unterschiedlicheStrömungsrichtungen, sodass eine „ideale“ Messzel-lenposition im Grunde nicht existiert (22).

E-Welle. Die Akzelerationsphase und die maximaleGeschwindigkeit der frühdiastolischen E-Welle hän-gen vom frühdiastolisch sich aufbauenden atrioventri-

kulären Druckgefälle ab, das wiederum von der Rela-xation des linken Ventrikels und dem Druckniveau imlinken Vorhof bestimmt wird. Eine rasche Relaxationoder ein hoher linksatrialer Druck, z. B. bei Mitralin-suffizienz oder bei Lungenstauung, führt zu einer ho-hen maximalen E-Geschwindigkeit. Eine langsame Re-laxation oder eine erniedrigte Vorlast (Volumenman-gel, Vasodilatatoren) reduziert die E-Welle (58). DieDezeleration der E-Welle hängt stark von den passivenDehnungseigenschaften sowohl des linken Ventrikelsals auch Vorhofs ab (18). Schließlich beeinflussenmorphologische Kennzeichen der Mitralklappe (soetwa die Größe des Mitralrings oder eine Öffnungs-behinderung der Klappe) die Gestalt der E-Welle(Abb.10.17–10.19).

Funktion des linken Ventrikels

Abb. 10.17 Oben normales transmitrales Dopplerprofil mit E >A.Unten Berechnung der Dezelerationszeit (Doppelpfeil) der E-Welleals Zeit von der maximalen E-Geschwindigkeit (Emax) bis zumNulldurchgang der Dezeleration oder einer angelegten Tangenten.Die Dezelerationszeit ist mit 234 ms normal.

Abb. 10.18 Muster der „gestörten Relaxation“ mit E <A und lang-samer Dezeleration.

Abb. 10.19 Hochpathologisches restriktives Mitralprofil mit E >>A(A ist sehr klein, s. Pfeil) und Dezelerationszeit von nur 70 ms.

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A-Welle. Die Höhe und Dauer der A-Welle hängen v.a.von der Kontraktilität des linken Vorhofs ab sowie vomspätdiastolischen Druckniveau im linken Ventrikel. Beihohen linksventrikulären Drücken verkürzt sich die A-Wellendauer. Neben den genannten Faktoren tretenaber noch weitere Einflussgrößen hinzu, deren wich-tigste Alter und Herzfrequenz sind. Beide führen zueiner Reduktion der E-Welle zugunsten der A-Wellesowie zu einer Verlängerung der E-Dezeleration(Abb.10.20). Bei über 50-Jährigen liegt ein E/A-Quoti-ent von 0,5–1 noch innerhalb der doppelten Standard-abweichung eines Normalkollektivs (35). Bei Frequen-zen über 100/min wiederum tritt meist eine E-A-Fu-sion auf, die eine Abgrenzung nicht mehr erlaubt.

Muster der „gestörten Relaxation“. Im Verlauf von Er-krankungen, die zu einer progressiven diastolischenFüllungsbehinderung des linken Ventrikels führen,

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

f Abb. 10.20 Altersabhängigkeit von E/A-Verhältnis (oben) und De-zelerationszeit (unten) bei einem Normalkollektiv von anscheinendHerzgesunden. Die durchgezogene Linie gibt die Mittelwerte inHöhe der Mitralsegelspitzen, die gestrichelte Linie in Höhe desMitralanulus an. Die Punkte bezeichnen die Standardabweichung(nach 35).

Abb. 10.21 Schematische Stadien einer diastolischen Dysfunktionmit steigenden diastolischen linksventrikulären und linksatrialenDrücken (oberste Zeile). Linke Spalte jeweils Normalbefund, 2.–4.Spalte leichte („gestörte Relaxation“), mittelschwere („pseudonor-mal“) und schwere („restriktiv“) diastolische Dysfunktion. 2. Zeile:transmitrales Flussprofil mit Dezelerationszeit (Dez) und isovolumi-scher Relaxationszeit (IVRT). 3. Zeile: pulmonalvenöses Flussprofil.

PVs systolische Welle, PVd diastolische Welle, PVa reverser Fluss.4. Zeile: Gewebedoppler der longitudinalen Gewebegeschwindig-keiten in Höhe des Mitralanulus bzw. basalen septalen oder lateralenSegmentes im apikalen Vierkammerblick. Sm maximale systolischeGeschwindigkeit, Em frühdiastolische Geschwindigkeit, Am spät-diastolische Geschwindigkeit (nach 69).

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z. B. der kardialen Amyloidose (s. Kapitel 15), verändertsich das Mitralprofil in regelhafter Weise (Abb.10.21 u.10.22): anstelle des Normalbefundes tritt zunächst dasMuster der „gestörten Relaxation“ mit E <A und lang-samer E-Dezeleration sowie verlängerter isovolumi-scher Relaxationszeit (IVRT). Dieses Bild findet sichgleichfalls beim Hypertonie-Ventrikel und bei anderenHypertrophieformen, nach Myokardinfarkt, beiRechtsherzbelastung u. a.

Pseudonormalisierung. Eine weitere Progression derErkrankung, die zur linksatrialen und pulmonalkapillä-ren Druckerhöhung führt, steigert dann das atriovent-rikuläre diastolische Druckgefälle und erzeugt ein„Pseudonormalisierung“ des Mitralprofils, die sich for-mal nicht vom normalen Profil unterscheidet. Auch dieIVRT ist normalisiert. Eine Möglichkeit der Unter-scheidung vom „Normalprofil“ ist die Durchführungeines Valsalva-Manövers. Hierdurch kommt es kurz-fristig zu einer Volumenreduktion im Thorax.Währendbei Herzgesunden sowohl E- als auch A-Welle zurück-gehen, das E-A-Verhältnis aber weitgehend gleichbleibt, demaskiert sich beim pseudonormalisiertenProfil eine E<A-Morphologie. Allerdings sind wegender Schwierigkeit der Standardisierung des Valsalva-

Manövers und der Bildgebung während des Manöverszweifelhafte Resultate dieser Technik häufig. Besserpraktikabel ist es, zur Klärung des pulmonalkapillärenDruckniveaus den Gewebedoppler hinzuzuziehen(Abb.10.12, 10.23 und s. u.).

Restriktives Profil. Der Endzustand einer schweren di-astolischen Druckerhöhung ist das Auftreten des „rest-riktiven“ Profils (Abb.10.19). Hierbei wird eine hohe,schmale E-Welle mit kurzer Dezelerationszeit infolgeder niedrigen diastolischen Compliance des linkenVentrikels von einer kleinen, kurzen A-Welle gefolgt,die kürzer als die reverse pulmonalvenöse Welle ist(46). Typische Kennwerte sind E/A >2 und Dezelera-tionszeit < 150 ms. Die IVRT ist kurz. DiesesMuster trittsowohl bei fortgeschrittener dilatativer oder restrikti-ver Kardiomyopathie als auch bei der KHK mit fortge-schrittener Herzinsuffizienz (und bei der Pericarditisconstrictiva!) auf und deutet auf eine schlechte Prog-nose hin (Abb.10.24).Man beachte jedoch, dass junge Herzgesunde auf-

grund einer starken Sogwirkung des linken Ventrikelssolche Muster ebenfalls zeigen können (Abb.10.25);hieran zeigt sich die grundsätzliche Vieldeutigkeit desMitralprofils.

Funktion des linken Ventrikels

Abb. 10.22 Veränderungen von (von oben nach unten) Mitralpro-fil, Gewebedopplerprofil (aus basalem linksventrikulären Segment)und Pulmonalvenenprofil bei zunehmender „diastolischer Dysfunk-tion“, d. h. bei zunehmend erhöhten diastolischen Füllungsdrücken

(von links nach rechts). Vgl. Schema in Abb. 10.21. Diese Verände-rungen können sowohl bei eingeschränkter als auch bei nicht ein-geschränkter Ejektionsfraktion auftreten. Mit Dank für die Überlas-sung an Dr. C. Rost, Universitätsklinik Erlangen.

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Isovolumische Relaxationszeit (IVRT)

Dieses Intervall, das echokardiographisch am bestenmit dem zwischen Ein- und Ausflusstrakt des linkenVentrikels positionierten gepulsten Doppler gemessenwerden kann, hängt von 3 Faktoren ab:ä dem Zeitpunkt des Aortenklappenschlusses,ä der Geschwindigkeit der linksventrikulären Rela-xation und

ä dem Zeitpunkt der Mitralklappenöffnung.

Während eine Verlangsamung des linksventrikulärenDruckabfalls nach Aortenklappenschluss (z. B. durchIschämie) die IVRT verlängert, kann bei entsprechen-dem Druckanstieg im linken Vorhof die Mitralklappezunehmend früher öffnen und dadurch die IVRT ver-kürzen. Ebenso beeinflusst der systemische Blutdrucküber den Zeitpunkt des Aortenklappenschlusses die

IVRT. Mit zunehmender „diastolischer Dysfunktion“wird sie demnach erst länger und dann wieder kürzerund kann daher alleine – ähnlich dem Mitralprofil –meist nicht sinnvoll interpretiert werden (Abb.10.26).

Pulmonalvenöses Einstromprofil

Das Pulmonalvenenprofil kann entweder im apikalenVierkammerblick in den rechtsseitigen Pulmonalvenen(i. d. R. obere rechte Pulmonalvene) oder transösopha-geal in der linken oder rechten oberen Pulmonalveneregistriert werden. Beim Herzgesunden liegen einesystolische (S-) und eine diastolische (D-) Welle vor,die etwa gleich hoch sind. Daran schließt sich einekurze, kleine rückwärts gerichtete reverse Welle alsFolge der Vorhofkontraktion an. Mit Verlängerung derRelaxationszeit wird, entsprechend der reduziertentransmitralen E-Welle, zunächst die diastolische Welle

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Abb. 10.23 Vergleich des transmitra-len Dopplerprofils (oben) und des zu-gehörigen Gewebedopplerprofils imbasalen septalen Segment beim Ge-sunden und bei diastolischer Dysfunk-tion verschiedenen Schweregrades.Anders als beim transmitralen Ein-stromprofil findet im Gewebedoppler-profil bei Druckerhöhung im linkenVorhof keine Pseudonormalisierungstatt (2. Beispiel von rechts). Diesekann daher anhand des Gewebedopp-lerprofils durch reduzierte E’-Ge-schwindigkeiten (bzw. erhöhte E/E’-Quotienten) identifiziert werden (nach50).

Abb. 10.24 Unabhängiger negativer Einfluss von sinkender Ejek-tionsfraktion (EF) und verkürzter E-Wellen-Dezelerationszeit (DT)auf das Überleben bei dilatativer Kardiomyopathie (nach 44).

Abb. 10.25 Pseudorestriktives Mitralprofil mit E/A = 2 und Deze-lerationszeit von 122 ms. 23-jähriger Herzgesunder.

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kleiner, um bei steigendem pulmonalkapillärem undlinksatrialem Druck ebenso wie die transmitrale E-Welle wieder größer zu werden. Komplementär dazuwird mit steigendem linksatrialem Druck die systoli-sche Welle kleiner. Im fortgeschrittenen Stadium mithohen linksatrialen Drücken nimmt die reverse Wellezu mit Maximalgeschwindigkeiten >35 cm/s und einerDauer, die diejenige der transmitralen A-Welle über-steigt (46). Es kommt zu einer starken Reduktion der S-Welle zugunsten der D-Welle (Abb.10.21 u. 10.22).

Gewebedoppler

Die frühdiastolische Gewebegeschwindigkeit E’, ge-messen im lateralen basalen oder septalen basalenSegment in der Nähe des Mitralrings im apikalen Vier-kammerblick, wird weitgehend von der myokardialenRelaxation sowie von der vorhergehenden Kontraktionbestimmt und weit weniger als die transmitrale E-Welle von der atrioventrikulären Druckdifferenz(Abb.10.12, 10.21–10.23). Daher erlaubt der QuotientE/E’ – cum grano salis – den Einfluss der Relaxation deslinken Ventrikels „herauszukürzen“ und gestattet einegut validierte Abschätzung des pulmonalkapillärenDrucks bzw. des enddiastolischen Drucks im linkenVentrikel. Siehe hierzu das Kapitel 4 „Gewebedoppler.“

Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeitdes Einstroms in den linken Ventrikel:„velocity of flow propagation“

Legt man von apikal ein Farb-M-Mode durch die Farb-dopplerregistrierung des Mitraleinstroms, so kann ander Steilheit des Farbsignals die Geschwindigkeit ab-gelesen werden, mit der sich aus dem linken Vorhofeinströmendes Blut im linken Ventrikel in Richtung aufden Apex ausbreitet (7, 53, 54). Diese Geschwindigkeitist nicht identisch mit der transmitralen Geschwindig-keit und nimmt nach apikal immer mehr ab. Grund-sätzlich kann aus den Orts- und Geschwindigkeitsda-ten im linken Ventrikel sogar der intraventrikuläre,basoapikale Druckgradient in der frühen Diastole er-rechnet werden. Verschiedene Gruppen haben gezeigt,dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit mit der aktivenRelaxation korreliert und keiner „Pseudonormalisie-rung“ unterliegt. Analog zum E/E’-Quotienten kannein Quotient aus E- und Ausbreitungsgeschwindigkeitgebildet werden, der mit dem diastolischen Druckni-veau korreliert. Die methodischen Probleme dieses Pa-rameters, v.a. seine ausgesprochene Messvariabilität,machen eine routinemäßige Verwendung jedoch nichtempfehlenswert.

Fazit

Zusammenfassend kann aus Mitral- und Pulmonalve-nenprofilen unter Berücksichtigung von Alter undHerzfrequenz zumeist die Verdachtsdiagnose einer di-astolischen Druckerhöhung gestellt werden. Problemeentstehen beim Vorliegen einer erheblichen Mitralin-

suffizienz, bei Tachykardie und bei Vorhofflimmern.Insbesondere besteht eine gravierendeVerunsicherungin Bezug auf den sehr häufigen isolierten Befund einesE/A-Quotienten <1. In einer retrospektiven Betrach-tung aus einem großen Echolabor fand sich bei 26%aller untersuchten Patienten ohne morphologisch er-kennbare Herzerkrankung dieser Befund (67), und ineiner epidemiologischen Querschnittsuntersuchungeiner Bevölkerungsstichprobe von über 45-Jährigenfand sich dieser Befund bei 21% (43). Die Vielzahlmöglicher Ursachen wie Alter, Frequenz, grenzwertigeHypertrophie, Hydrierungsstatus, Vorlastsenkungdurch Diuretika oder Vasodilatatoren, narbige Verän-derungen, diabetische Kardiomyopathie, Rechtsherz-belastung u.v.a. sind im Einzelfall kaum zu entwirrenund führen sicherlich häufig dazu, eine „diastolischeKrankheit“ zu vermuten, wo kein pathologischer Be-fund vorhanden ist. Ein solcher isolierter Befund solltedaher nur in Ausnahmefällen (z. B. junger Patient) ge-wertet werden. Deshalb stellt die Messung von E’ imGewebedoppler eine wichtige Verbesserung der diag-nostischen Aussagekraft dar, zumal es sich um einerelativ einfache, robuste und von der Bildqualität we-nig abhängige Messung handelt.

Praktisches Vorgehen

Definiert man die Frage nach der „diastolischen Funk-tion“ als Frage nach Hinweisen auf erhöhte diastolischeFüllungsdrücke (in Abwesenheit eines hochgradigenKlappenvitiums), so empfiehlt sich folgendes Vorgehen(Tab.10.3):1. Liegen eine eingeschränkte Ejektionsfraktion oderandere Zeichen einer Pumpfunktionsstörung vor?Wenn ja, liegt stets auch eine Erhöhung der diastoli-schen Füllungsdrücke vor. Dabei wird die Prognosedes Patienten unabhängig von der Ejektionsfraktionvom Schweregrad der diastolischen Dysfunktionbeeinflusst. Ein restriktives Mitralprofil implizierteine schwer eingeschränkte Prognose.

Funktion des linken Ventrikels

Abb. 10.26 Bestimmung der isovolumischen Relaxationszeit ausdem gepulsten Dopplersignal. Die Messzelle ist im Fünfkammerblickoder im apikalen Langachsenschnitt zwischen Ein- und Ausflusstraktdes linken Ventrikels basisnah platziert. Die isovolumische Relaxa-tionszeit ist das Intervall zwischen Ende des transaortalen Ausfluss-signals und Beginn des transmitralen Einstromsignals (Pfeile); dieDauer beträgt hier 80 ms (normal).

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2. Liegt eine linksventrikuläre Hypertrophie vor? Indiesem Falle liegt regelmäßig eine diastolischeDruckerhöhung vor.

3. Gibt es Hinweise auf eine Pericarditis constrictiva?4. Liegt eine Vergrößerung des linken Vorhofs vor?Alle chronischen Druckerhöhungen des linken Vor-hofs führen zu einer Dilatation, die am besten durchPlanimetrie der Vorhoffläche im apikalen Vierkam-merblick (Grenzwert 20 cm2) oder genauer durchbiplane Volumenberechnung (Grenzwert 52 ml/m2) erfasst wird. Liegt eine Dilatation nicht vor,können chronisch erhöhte diastolische Druckwerteim linken Herzen ausgeschlossen werden. Umge-kehrt ist eine Vorhofdilatation jedoch nicht füreine diastolische Druckerhöhung beweisend, da an-dere Faktoren (z. B. Vorhofflimmern) hierzu führenkönnen.

5. Ist der E/E’-Quotient >15? Dann ist sehr wahr-scheinlich der Füllungsdruck des linken Ventrikelserhöht (Ausnahme: Pericarditis constrictiva). Fallsdas Mitralprofil unauffällig erscheint, liegt wahr-scheinlich eine Pseudonormalisierung vor. Je nachHöhe des E/E’-Quotienten sowie dem Vorliegen ei-nes „restriktiven“ Mitraleinstromprofils kann eineweitere Einstufung des Schweregrads der diastoli-schen Funktionsstörung vorgenommen werden.

6. Ist der E/E’-Quotient <8? Ein niedriger E/E’-Quotientmacht das Vorliegen einer „diastolischen Dysfunk-tion“ unwahrscheinlich. Werte zwischen 8 und 15sollten unter Zuhilfenahme der Mitral- und Pulmo-nalvenenprofile (Abb.10.21 u. 10.22) interpretiertwerden.

Variabilität quantitativer Parameterder linksventrikulären Morphologieund Funktion __________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Erfahrene Untersucher können die Ejektionsfraktion,analog wie bei der Lävokardiographie, recht gut schät-zen. Die Interobservervariabilität ist allerdings auch beiErfahrenen hoch. Vielfach wird daher, zumindest in derTheorie (selten in der Praxis) eine quantitative Aus-wertung der Ejektionsfraktion gefordert. Allerdingskann aufgrund von Lücken in der Endokarderkennungoder Fehlern in der Anlotung die manuelle Umfahrung

der Ventrikelkontur zur quantitativen Berechnung derEjektionsfraktion, vor allem durch weniger Erfahrene,zu völligen Fehleinschätzungen führen. Wie bei vielenBefunden in der Echokardiographie ist der subjektiveFaktor auch bei erfahrenen Untersuchern groß undeine klinische Plausibilitätskontrolle unter Berücksich-tigung aller klinischen und echokardiographischen Be-funde für die Praxis lebenswichtig.

Variabilitätsfaktoren. Die Variabilität bei der Messungeines Echoparameters setzt sich prinzipiell aus ver-schiedenen Faktoren zusammen:ä die Stabilität des „wahren“Wertes in sich (tierex-perimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dassdie Ejektionsfraktion eines gesunden linken Ventri-kels beim Hund um rund 7% von Tag zu Tag variiert)(20),

ä die Variabilität der Datenakquisition (z. B. die Un-terschiede zwischen zwei getrennten Vierkam-merblickregistrierungen; hier gehen Untersucher-und apparative Faktoren ein),

ä die Variabilität der eigentlichen Messung (z. B. dieUnterschiede zwischen zwei Endokardkonturum-fahrungen; auch hier gehen Untersucher- und ap-parative Faktoren ein).

Eine sehr sorgfältige Untersuchung dieser Faktoren(37) kam zu dem Schluss, dass die minimale Ejektions-fraktionsdifferenz, die mit 95% Gewissheit nachweis-bar ist, in der Größenordnung von 11% liegt. FrühereUntersuchungen (26) kamen zu ähnlich skeptischenEinschätzungen was die Bestimmung der linksventri-kulären Masse (minimale mit 95% Gewissheit detek-tierbare Differenz 59 g) und des E/A-Quotientenangeht. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt liegt da-rin, dass unterschiedlich berechnete Ejektionsfraktio-nen (monoplan versus biplan) nicht austauschbar sind(52).

Methodenvergleich. Eine kürzlich veröffentlichte Stu-die (30) verglich linksventrikuläre Volumina, die echo-kardiographischmit und ohne Linksherzkontrastmittelsowie magnetresonanztomographisch bestimmt wor-den waren. Hierbei zeigte sich die bekannte erheblichesystematische Unterschätzung der Volumina durch dienative Echokardiographie (endsystolisch im Mittel um26%, enddiastolisch um 34%), die geringer bei Kon-

Linker Ventrikel: Morphologie, Funktion und pathologische Veränderungen

Tabelle 10.3 Schematischer diagnostischer Algorithmus zur Beantwortung der Frage nach einer diastolischen Dysfunktion (DD) beinormaler linksventrikulärer Ejektionsfraktion

V. a. diastolische Dysfunktion (DD) bei normaler Ejektionsfraktion

Anhalt für Pericarditis constrictiva?Vergrößerung des linken Vorhofs? Wenn nicht, keine DD

Hypertrophie des linken Ventrikels ? Wenn ja, DD wahrscheinlich

E/E’ <8: keine erhöhten Füllungsdrücke

E/E’ 8–15: schwere DD unwahrscheinlich;Beurteilung von Mitral- und Pulmonalvenenprofil

E/E’ >15: erhöhte Füllungsdrücke; DT verkürzt, restriktives Mitralprofil?

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trastmittelanwendung ausfiel (13% bzw. 15%), vergli-chen mit der Magnetresonanztomographie. Die Ejek-tionsfraktionen differierten dagegen um nicht mehr als5% zwischen allen 3 Methoden.

Interobservervariabilitäten. Genauso wichtig sind diehohen Interobservervariabilitäten: Ausgedrückt alsmittlerer prozentualer Fehler, lagen diese bei etwa12%, mit Konfidenzintervallen von 10–15% für das na-tive Echo (niedriger für Kontrastecho und Magnetreso-nanztomographie). Selbst unter aufwändigen Studien-bedingungen in der Val-HeFT-Studie lagen die 95%-Konfidenzintervalle für die Ejektionsfraktion bei Beur-

teilung zweier kurz hintereinander beim gleichen Pa-tienten durchgeführten Untersuchungen bei +8,3%(65). Dies bedeutet natürlich nicht, dass Studien mitentsprechend großer Patientenzahl nicht auchwesent-lich geringere Ejektionsfraktionsdifferenzen nachwei-sen können, zeigt aber die Problematik der Einzelfall-beurteilung. Diese Probleme sind allen bildgebendenVerfahren gemeinsam. Bessere Werte können lediglichmit den aufwändigeren 3D-Verfahren erzielt werden;so unterscheiden sich z. B. im 3D-Echo (s. Loop 10–8)gemessene Ventrikelvolumina nicht wesentlich von(ebenfalls dreidimensional!) magnetresonanztomo-graphisch gewonnenen.

Pathologische Veränderungen des linken Ventrikels bei KHKund anderen Erkrankungen

Linker Ventrikel bei koronarerHerzkrankheit __________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Akutes Koronarsyndrom

Die akute Ischämie durch Koronarverschluss führt zurRuhewandbewegungsstörung des betroffenen Perfu-sionsterritoriums mit binnen Sekunden sich entwi-ckelnder Akinesie und Dyskinesie (57). Im Gewebe-doppler geht die systolische Verkürzung zurück, esentwickeln sich eine dyskinetische systolische Elonga-tion des Myokardsegmentes und eine spätsystolischebzw. frühdiastolische Restverkürzung, die teils aktiv,teils passiv (durch Zusammenschnurren der systolischgedehnten Wand) zustande zu kommen scheint(„postsystolische Verkürzung“; s. Kapitel 4 „Gewebe-doppler“). Die Wanddicke in der Ischämiezone ist zu-nächst erhalten.

Infarktexpansion. (s. Loop 10–11, 10–12) Die von derWandbewegungsstörung betroffene Zone ist regelhaftgrößer als die letztlich bei ausbleibender Reperfusioninfarzierte, da sie ischämische, aber noch vitale Rand-zonen mit umfasst und angrenzendes gesundes Myo-

kard an der Kontraktion hindert. Außerdem kommt esbei größeren Infarkten sekundär sowohl durch Deh-nung der Infarktzone (infarct expansion) als auchdurch kompensatorischen Umbau (remodeling, s. u.)des linken Ventrikels zur Vergrößerung des kontrak-tionsgestörten Areals, sodass langfristig die Wandbe-wegungsstörung wesentlich ausgedehnter sein kannals in der Frühphase (Abb.10.27). Die Infarktexpansionbeginnt bereits binnen Stunden nach Beginn des In-farktes. Der kompensatorische Umbau des linken Vent-rikels kann über Monate weitergehen und bei großenInfarkten in einem Circulus vitiosus zur terminalenHerzinsuffizienz führen.

Aneurysmaentstehung. In der Spätphase erscheint dieInfarktnarbe ausgedünnt mit Wanddicken von z. T. un-ter 7 mm. Bei erheblicher Größe eines transmuralenInfarktes und insbesondere bei apikaler Lokalisationbildet sich ein Aneurysma aus, d. h. eine systolischeDyskinesie mit diastolisch persistierender Konturano-malie des linken Ventrikels im Sinne einer Ausbuch-tung. Das Gewebe kann infolge des Kollagenreichtumsheller als normales Myokard erscheinen. Spontankon-trast in angrenzenden Kavumregionen oder eineThrombenbildung weist auf niedrige Blutflussge-

Pathologische Veränderungen des linken Ventrikels bei KHK und anderen Erkrankungen

Abb. 10.27 Morphologisch-funktio-nelle Veränderungen des linken Vent-rikels nach akutem Infarkt (links). Mitte:Dehnung der Infarktnarbe („Infarktex-pansion“). Rechts: globale Vergröße-rung und kugelige Geometrieänderungdes linkenVentrikels durch zusätzlichenUmbau („Remodeling“). Zusätzlichwird durch den exzentrischeren Zugder Papillarmuskeln eine Mitralinsuffi-zienz begünstigt (nach 31).

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