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—73— „Mermaids“ von Çağla Cömert 10. Österreichweite Statistik 2016 10. Österreichweite Statistik 2016 und Erläuterungen 73 10.1. Österreichweite Zahlen im Überblick 74 10.2. Übersicht polizeiliche Interventionen bei Gewalt in der Familie 1997 bis 2016 75 10.3. Polizeiliche Betretungsverbote in Österreich 1997 bis 2016 77 10.4. Betretungsverbote 2016 Österreichweit 77 aus: Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie (2017): Tätigkeitsbericht 2016, 73-78.

10. Österreichweite Statistik 2016 Datenerfassung der polizeilichen Statistik seit 2010 Rückschritte. Bis 2010 wurden Polizeieinsätze im Bereich familiärer Gewalt, in denen kein

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Page 1: 10. Österreichweite Statistik 2016 Datenerfassung der polizeilichen Statistik seit 2010 Rückschritte. Bis 2010 wurden Polizeieinsätze im Bereich familiärer Gewalt, in denen kein

— 73—

„Mermaids“ von Çağla Cömert

10.Österreichweite Statistik 2016

10. Österreichweite Statistik 2016 und Erläuterungen 7310.1. Österreichweite Zahlen im Überblick 74

10.2. Übersicht polizeiliche Interventionen bei Gewalt in der Familie 1997 bis 2016 75

10.3. Polizeiliche Betretungsverbote in Österreich 1997 bis 2016 77

10.4. Betretungsverbote 2016 Österreichweit 77

aus: Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie (2017): Tätigkeitsbericht 2016, 73-78.

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— 74—

… wurden

18.373 Opfer familiärer Gewalt von den Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen betreut.

… wurden von der Polizei österreichweit

8.637 Betretungsverbote verhängt.

10.1. Österreichweite Zahlen im Überblick

… waren

83,5 % der OpferFrauen und Mädchen,

… waren

91,8 % der Gefährder männlich

Im Jahr 2016 …

10.Österreichweite Statistik 2016 und Erläuterungen

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10.2. Übersicht polizeiliche Interventionen bei Gewalt in der Familie 1997 bis 2016

Die österreichweiten Statistiken für das Jahr 2016 beziehen sich auf die von den Gewaltschutzzentren (GSZ) und der Wiener Inter-ventionsstelle (IST) erhobenen Daten – Statistik des Bundesverbands der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen Österreichs.

Tabelle 32: Polizeiliche Interventionen 1997 bis 201651

Jahr

Meldungen über polizeiliche

Interventionen an GSZ/IST

davon Betretungs-

verbote

weitere Interventionen bei Gewalt in der Familie

(u. a. Streitschlichtungen, Stalking-Anzeigen)52

Übertretungen von Betretungs-

verboten

Übertretungen von Betretungs-

verboten in %

1997 1.449 1.449 k. D. 138 k. D.

1998 2.673 2.673 k. D. 252 k. D.

1999 8.309 3.076 5.233 301 9,8 %

2000 10.992 3.354 7.638 430 12,8 %

2001 10.800 3.283 7.517 508 15,5 %

2002 11.335 3.944 7.391 475 12,0 %

2003 10.738 4.180 6.558 633 15,1 %

2004 10.959 4.764 6.195 641 13,5 %

2005 11.789 5.618 6.171 668 11,9 %

2006 13.702 7.235 6.467 629 8,7 %

2007 11.314 6.347 4.967 586 9,2 %

2008 11.684 6.566 5.118 615 9,4 %

2009 12.038 6.731 5.307 655 9,7 %

2010 12.403 6.759 5.644 770 11,0 %

2011 9.434 7.993 1.441 k. D. k. D.

2012 9.322 8.063 1.259 k. D. k. D.

2013 9.538 8.307 1.231 k. D. k. D.

2014 9.607 8.466 1.141 k. D. k. D.

2015 9.398 8.261 1.137 k. D. k. D.

2016 10.340 8.637 1.703 k. D. k. D.

Gesamt 197.824 115.706 82.118 – –

Die Übersicht über 20 Jahre zeigt, dass in dieser Zeit über 100.000 Betretungsverbote in Österreich verhängt wurden. Insgesamt wurden 197.824 Polizeimeldungen bei Gewalt in der Familie verzeichnet. Hier handelt es sich um Betretungsverbote, Strafan-zeigen (inklusive Stalking-Anzeigen) und Streitschlichtungen. Bedauerlicherweise gibt es, wie aus der Tabelle hervorgeht, in der Datenerfassung der polizeilichen Statistik seit 2010 Rückschritte. Bis 2010 wurden Polizeieinsätze im Bereich familiärer Gewalt, in denen kein Betretungsverbot verhängt wurde, als Streitschlichtungen nach § 26 SPG erfasst und als Meldung dokumentiert. Dies wurde eingestellt, was aus mehreren Gründen problematisch ist. Einmal weil es keine Daten und keine Transparenz bezüg-lich einer großen Zahl von Polizeieinsätzen gibt, aber auch aus Gründen der Prävention von Gewalt: Eine Studie zu Mordfällen zeigte, dass es in der überwiegenden Zahl der Fälle vorher Polizeiinterventionen gab (Haller 2012). Solche Vorfälle sind Hinweise auf eine mögliche Eskalation und sollten unbedingt in die Opferschutzarbeit einbezogen werden.

51. Basierend auf den Zahlen des Bundesministeriums für Inneres für die Jahre 1997 bis 2010. Für 2011 bis 2016 wurden die Zahlen der Gewaltschutz- zentren/Interventionsstellen verwendet. 52. Seit 2010 werden Polizeieinsätze im Bereich häusliche Gewalt, bei denen kein Betretungsverbot verhängt wird, überwiegend nicht mehr als Streitschlichtungsmeldungen nach § 26 Sicherheitspolizeigesetz dokumentiert und daher nicht gezählt.

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Erfasste Polizeimeldungen bei Gewalt in der Familie 2005 bis 2016

Grafik 11: Erfasste Polizeimeldungen bei Gewalt in der Familie 2005 bis 2016

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

11.789

13.702

11.314

11.684

12.038

12.403

9.434

9.322

9.538

9.607

9.398

10.340

Diese Grafik veranschaulicht den erwähnten Bruch in der Mel-dung polizeilicher Interventionen nach 2010, als Streitsch-lichtungen bei Gewalt in der Familie nicht länger erfasst und gemeldet wurden. Betrachtet man die Zahlen seit 2011, wur-de 2016 mit über 10.300 polizeilichen Meldungen ein neuer Höchststand erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr gab es ein Plus von 942 beziehungsweise 10 Prozent an Polizeimeldungen bei Gewalt in der Familie. Dabei nahm insbesondere die Zahl der sonstigen Meldungen durch die Polizei zu. Hier handelt es vor allem um Meldungen von Stalking-Anzeigen.

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 201653 gab es im Bereich Gewaltkriminalität 2016 einen Anstieg von Anzeigen um 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt erfolgten im Bereich von Gewaltdelikten 43.098 Strafanzeigen. Die Kriminalstatistik weist aus, dass es bei zwei von drei Gewalttaten bzw. in 21.167 Fällen ein Beziehungsverhältnis zwischen Opfer und Täter gab (dazu werden hier auch Bekanntschaften gezählt). Um welches Beziehungsverhältnis es sich handelt, kann aufgrund der vorhandenen Daten nicht gesagt werden. Um Erkenntnisse über die Gewaltformen zu erhalten, ist eine genaue Aufschlüsselung der Bezie-hungsverhältnisse zwischen Täter und Opfer notwendig, wie im österreichischen Schattenbericht zu GREVIO gefordert wird (vgl. NGO-Koalition für den GREVIO Schattenbericht 2016: 27f.).

Meldungslegungen für alle polizeilichen Interventionen bei Gewalt an Frauen, Gewalt in der Familie und Stal-king sind für Strafverfolgung und Opferschutz wichtig

Die genaue Erfassung aller Vorfälle ist auch für die Strafverfolgung und die Prävention von Gewalt und von Morden wichtig. Im Bereich der Strafverfolgung verlangen etwa § 107a (Stalking) und § 107b des Strafgesetzbuchs (Fortge-setzte Gewaltausübung), dass alle Vorfälle, inklusive früherer Vorfälle, einbezogen werden.

Es ist schwierig, die entsprechenden Beweise zu erbringen, wenn Polizeieinsätze nicht genau dokumentiert werden. In vielen Fällen müssen PolizeibeamtInnen für Erhebungen von Anzeigen und gerichtliche Anfragen mühsam in Tagesbe-richten nach Einsätzen suchen, was besonders schwierig ist, wenn das genaue Datum des Einsatzes nicht bekannt ist. Daher sollten alle Einsätze in den Bereichen Gewalt an Frauen, Gewalt in der Familie und Stalking als Meldung trans-parent sein und dokumentiert werden. Dies soll auch dann erfolgen, wenn „nur“ eine Gefahrenerforschung durchge-führt und kein Betretungsverbot verhängt wird.

Meldungen sollen auch immer geschrieben werden, wenn Betroffene zur Polizei gehen und Vorfälle melden, um diese zu dokumentieren und in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und des Opferschutzes einfließen lassen zu können.

53. Siehe http://www.bmi.gv.at/cms/BK/publikationen/krim_statistik/2016/Web_Sicherheit_2016.pdf, Zugriff: 03.05.2017.

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Die Grafik zeigt die Entwicklung der Betretungsverbote in den vergangenen 20 Jahren. Diese sind von 1.449 im Jahr 1997 auf 8.637 angestiegen und haben sich fast versechsfacht. Die Zahl der Betretungsverbote ist im Vergleich zum Vorjahr ge-stiegen: Wurden 2015 8.261 Betretungsverbote österreichweit verhängt, so sind es 2016 8.637 Betretungsverbote (plus 4,4 %). Ebenso ist die Zahl der von Gewaltschutzzentren/Interven-tionsstellen jährlich betreuten Opfer gestiegen: Waren es 2014 noch 17.085 und 2015 17.621, sind es nun 18.373 Betroffene von familiärer Gewalt und/oder Stalking, die Beratung erhiel-ten – das ist eine Steigerung von 4,1 Prozent seit dem Vorjahr.

10.2.3. Polizeiliche Betretungsverbote in Österreich 1997 bis 2016

Grafik 12: Betretungsverbote 1997 bis 2016 österreichweit

10.2.4. Betretungsverbote 2016 in Österreich nach Bundesländern

Tabelle 33: Betretungsverbote 2016 nach Bundesländern

Bundesland EinwohnerInnenzahl54 Betretungsverbote Betretungsverbote pro 10.000 EW

Burgenland 291.974 188 6,4

Vorarlberg 388.711 308 7,9

Salzburg 549.372 422 7,7

Kärnten 561.098 442 7,9

Tirol 746.179 467 6,3

Steiermark 1.237.372 878 7,1

Oberösterreich 1.465.205 1.293 8,8

Niederösterreich 1.665.815 1.402 8,4

Wien 1.867.960 3.237 17,3

Gesamt 8.773.686 8.637 9,8

54. Siehe Statistik Austria 2016: Bevölkerung zu Jahresbeginn 2002–2017 nach politischen Bezirken (Gebietsstand 01.01.2017): https://www.statistik.at/web_de/ statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/bevoelkerungsstand_und_veraenderung/bevoelkerung_zu_jahres-_quartalsanfang/080907.html

1.449

2.673

2.673

3.354

3.283

3.944

4.180

4.764

5.618

7.235

6.347

6.566

6.731

6.759

7.993

8.063

8.307

8.466

8.261

8.637

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

10. Österreichweite Statistik 2016 und Erläuterungen

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Die Tabelle der Verteilung der Betretungsverbote in Österreich zeigt, dass ein großer Teil der polizeilichen Betretungsverbote in Wien verhängt wird, und zwar ca. 37 Prozent der gesamten Betretungsverbote (bei einem Bevölkerungsanteil von ca. 21 Pro-zent). Durchschnittlich wurden in Österreich im Jahr 2016 9,8 Betretungsverbote pro 10.000 EinwohnerInnen verhängt. Im Jahr 2014 waren es durchschnittlich 10 und im Jahr 2015 9,6 gewesen.

Grafik 13: Anzahl Betretungsverbote nach Bundesland im Verhältnis zur EinwohnerInnenzahl

Die Grafik macht noch einmal den Unterschied zwischen Wien und den Bundesländern deutlich. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind relativ gering. Sie bewegen sich im Rahmen von 6,3 bis 8,8 Betretungsverboten pro 10.000 EinwohnerInnen, während in Wien im Schnitt mehr als doppelt so viele Betretungsverbote pro 10.000 EinwohnerInnen ausgesprochen werden.

Alle Personen, insbesondere Frauen und Kinder, haben das Recht, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich frei von Gewalt zu leben (Artikel 4 Istanbul-Konvention). Daher ist es notwendig, Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die den Schutz aller Opfer garantieren und ungleiche Behandlungen hintanhalten.

Burgenland

Vorarlberg

Salzburg

Kärnten

Tirol

Steiermark

Oberösterreich

Niederösterreich

Wien

6,4

7,9

7,7

7,9

6,3

7,1

8,8

8,4

17,3

Literatur

Bundeskriminalamt: Sicherheit 2016. Kriminalitätsentwicklung in Österreich. Download: http://www.bmi.gv.at/cms/BK/publikationen/krim_statistik/2016/Web_Sicherheit_2016.pdf, Zugriff am 22.05.2017.

Europarat (2011): Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und erläuternder Bericht. Istanbul, 11.05.2011. Download: https://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/9/9/2/CH1553/CMS1481105369959/uebereinkommen_des_europarat_26193.pdf, Zugriff am 17.05.2017.

NGO-Koalition für den GREVIO Schattenbericht (Hg.) (2016): Österreichischer NGO-Schattenbericht für GREVIO. Koordination: Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser und Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Wien, September 2016. Im Juni 2017 aus dem Englischen übersetzt von Michael En & Boka En | Qwir text + design (qwir.at). Download: https://www.interventionsstelle-wien.at/download/GREVIO-Schat-tenbericht_2016_de.pdf.

Haller, Birgitt (2012): High Risk Victims – Tötungsdelikte in Beziehungen. Verurteilungen 2008–2010, Studie verfasst im Auftrag des Bundeskanzleramtes/Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst, Wien.