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ANLAGEN- UND APPLIKATIONSTECHNIK 1 00 %ESTA-Applikation Lackierkosten sparen und Qualität verbessern Bild 2: Innen-Applikation von Pulverklarlack mit dem Rotationszerstäuber EcoBel/-Powder gramme verbessert worden, zum ande- ren konnten die Farbwechselverluste durch die Reduzierung der erforder- lichen Zerstäuberanzahl deutlich gesenkt werden. Diese Entwicklung kann als abgeschlossen betrachtet wer- den; durchgängig vollautomatisierte Lackieranlagen mit Lackierrobotern gehören heute zum Stand der Technik. Welche weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung und Qualitätsverbes- serung bei der Lackapplikation kön- nen überhaupt noch genutzt werden? Ein großes Potenzial bietet der Ersatz der pneumatischen Zerstäubung durch die Hochrotation in Verbindung mit der elektrostatischen Lackaufladung. Dies wird ein wichtiger Trend in der Karosserielackierung für die nächsten Jahre werden. Nach 100% Roboter- lackierung kommt nun 100% ESTA- Applikation. Die Firma Dürr spielt auch hier wieder die Vorreiterrolle. Innenlackierung mit Hochrotation Innenlackierung, das bedeutet Applikation von Türeinstiegsberei- chen sowie von Flächen im Motor- und Kofferraum, das heißt von in der Regel schwer zugänglichen Bereichen. Um dies mit einem Rotationszerstäuber bewältigen zu können, muss dieser sehr kompakt gebaut sein. Im Füller- und Basislackbereich, wo heute vor- wiegend Wasserlacke zum Einsatz kommen, ist ein Potenzialtrennsystem erforderlich, wenn die Vorteile der Elektrostatik genutzt werden sollen. Die Dürr-Applikationstechnik mit dem Hochrotationszerstäuber EcoBe1l2 und dem Potenzialtrennsystem EcoCharge PD bietet hier optimale Voraussetzun- gen. Die EcoBe1l2 besitzt ein Dual- Lenkluftsystem, mit dem die Sprüh- strahlbreite in einem sehr weiten Bereich - zwischen 50 und 600 mm - variiert werden kann. Ihre leistungs- Bild 1: Bahnverlauf und Innen - applikation mit ESTA-Hochrotation Der Ersatz der pneumatischen Zerstäubung durch die Hochrotation in Verbindung mit der elektrostatischen Lackaufladung bietet ein erhebliches Potenzial zur Qualitätsverbesserung und weiteren Kostensenkung in der Automobil-Lackierung. Der folgende Beitrag stellt verschiedene Beispiele vor. D ie Vollautomatisierung der Karos- serielackierung, ein Entwick- lungsschwerpunkt der letzten Jahre, hat zu einer spürbaren Senkung des Lackmaterialverbrauchs pro Karosserie geführt und damit zu einer Kosten- senkung und Verbesserung der Umweltbilanz. Weitere positive Effek- te der Vollautomatisierung, wie zum Beispiel ein sehr hohes Qualitäts- niveau bei einer gleichzeitig hohen First-run-Rate, sollen hier nicht uner- wähnt bleiben. Überlagert wurde diese Entwick- lung durch die Substitution von Lackiermaschinen durch Roboter in der Außenapplikation. Dies brachte eine nochmalige Reduzierung des Lackverbrauchs mit sich, in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist der Auftrags- wirkungsgrad durch optimale Bahnpro- JOT 9 12005

100 % ESTA-Applikation

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Page 1: 100 % ESTA-Applikation

ANLAGEN- UND APPLIKATIONSTECHNIK

100%ESTA-ApplikationLackierkosten sparen und Qualität verbessern

Bild 2: Innen-Applikation von Pulverklarlack mit dem RotationszerstäuberEcoBel/-Powder

gramme verbessert worden, zum ande­

ren konnten die Farbwechselverluste

durch die Reduzierung der erforder­

lichen Zerstäuberanzahl deutlich

gesenkt werden. Diese Entwicklung

kann als abgeschlossen betrachtet wer­

den; durchgängig vollautomatisierte

Lackieranlagen mit Lackierrobotern

gehören heute zum Stand der Technik.

Welche weiteren Möglichkeiten zur

Kostensenkung und Qualitätsverbes­

serung bei der Lackapplikation kön­

nen überhaupt noch genutzt werden?

Ein großes Potenzial bietet der Ersatz

der pneumatischen Zerstäubung durch

die Hochrotation in Verbindung mit

der elektrostatischen Lackaufladung.

Dies wird ein wichtiger Trend in der

Karosserielackierung für die nächsten

Jahre werden. Nach 100% Roboter­

lackierung kommt nun 100% ESTA­

Applikation. Die Firma Dürr spielt

auch hier wieder die Vorreiterrolle.

Innenlackierungmit Hochrotation

Innenlackierung, das bedeutet

Applikation von Türeinstiegsberei­chen sowie von Flächen im Motor- und

Kofferraum, das heißt von in der Regelschwer zugänglichen Bereichen. Um

dies mit einem Rotationszerstäuberbewältigen zu können, muss diesersehr kompakt gebaut sein. Im Füller­und Basislackbereich, wo heute vor­

wiegend Wasserlacke zum Einsatz

kommen, ist ein Potenzialtrennsystem

erforderlich, wenn die Vorteile der

Elektrostatik genutzt werden sollen.

Die Dürr-Applikationstechnik mit dem

Hochrotationszerstäuber EcoBe1l2 und

dem Potenzialtrennsystem EcoCharge

PD bietet hier optimale Voraussetzun­gen. Die EcoBe1l2 besitzt ein Dual­

Lenkluftsystem, mit dem die Sprüh­strahlbreite in einem sehr weitenBereich - zwischen 50 und 600 mm ­

variiert werden kann. Ihre leistungs-

Bild 1: Bahnverlauf und Innen­applikation mit ESTA-Hochrotation

Der Ersatz der pneumatischen Zerstäubung durch die Hochrotation

in Verbindung mit der elektrostatischen Lackaufladung bieteteinerhebliches Potenzial zur Qualitätsverbesserung und weiterenKostensenkung in der Automobil-Lackierung. Der folgende Beitrag

stellt verschiedene Beispiele vor.

Die Vollautomatisierung der Karos­

serielackierung, ein Entwick­

lungsschwerpunkt der letzten Jahre,

hat zu einer spürbaren Senkung des

Lackmaterialverbrauchs pro Karosserie

geführt und damit zu einer Kosten­

senkung und Verbesserung der

Umweltbilanz. Weitere positive Effek­

te der Vollautomatisierung, wie zum

Beispiel ein sehr hohes Qualitäts­

niveau bei einer gleichzeitig hohenFirst-run-Rate, sollen hier nicht uner­

wähnt bleiben.

Überlagert wurde diese Entwick­

lung durch die Substitution von

Lackiermaschinen durch Roboter in

der Außenapplikation. Dies brachte

eine nochmalige Reduzierung des

Lackverbrauchs mit sich, in zweierleiHinsicht. Zum einen ist der Auftrags­wirkungsgrad durch optimale Bahnpro-

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Page 2: 100 % ESTA-Applikation

ANLAGEN- UND APPLIKATIONSTECHNIK

fähige Turbine erlaubt hohe Lackaus­flussraten bei hohen Drehzahlen (bis

70000 UImin). Damit sind auch hohe

Lackiergeschwindigkeiten möglich,

wie sie typischerweise in der Innen­

lackierung üblich sind.

Das Potenzialtrennsystem Eco­

Charge PD basiert auf der Molch­technik, die für die erforderlichen Iso­

lationsstrecken zwischen Zerstäubersowie Dosier- und Farbwechseltechnik

sorgt. Der Zerstäuber wird mittels

Kolbendosierer auf eine schonende, dascherarme Weise mit Lackmaterial ver­

sorgt. Die Dosiergenauigkeit ist, un­

abhängig von der Lackviskosität, sehr

hoch.

Ein wesentlicher Vorteil dieses

Konzeptes ist die Möglichkeit, ohne

Unterbrechung mit einem unbegrenz­

ten Lackvolumen zu lackieren. EinAndocken und Nachfüllen des Zer­

stäubers, verbunden mit einem hohen

Zeitverlust, ist nicht erforderlich. Die

räumliche Trennung zwischen Zerstäu­ber einerseits und Dosier- und Poten­

zialtrenntechnik andererseits ermög­licht die bereits erwähnten sehr kom­

pakten Abmessungen des Zerstäubers.

Höhere Qualität durchelektrostatischen UmgrifF

Die elektrostatisch unterstützte

Innenapplikation bringt im direkten

Vergleich mit der pneumatischen Zer­

stäubung nicht nur einen sehr viel

höheren Auftragswirkungsgrad (Pneu­matik: 30 bis 35 %; ESTA-Hochrota­

tion: 40 bis 65 %), sondern zusätzliche

Vorteile, wie insgesamt kürzereLackierbahnen (Bild 1) und eine höhe­

re Qualität durch den elektrostatischen

Umgriff sowie eine Reduzierung der

Luftmengen in der Lackierkabine

durch eme geringere Luftsinkge­

schwindigkeit (Energieeinsparung).

Und schließlich bedeutet weniger

Lack auch weniger vac. Die konkrete

Frage lautet aber trotzdem: Lohnt sich

der höhere technische Aufwand?Betrachtet man nur die Lackmateri­

al-Einsparung aufgrund des höheren

Auftragswirkungsrades am Beispiel

eines Fahrzeugs der oberen Mittelklas­

se beim Metallic-Basislackauftrag mit

der Innenapplikation von Türeinstiegs­bereichen, Motor- und Kofferraum,

ergibt sich eine Lackmaterial-Reduzie­

rung von zirka 0,5 Liter pro Karosserie.

In Abhängigkeit von Jahres-Stückzahl

und Materialpreis beträgt die Amortisa­

tionszeit für die Umrüstung der pneu­

matischen Applikation auf ESTA­

Hochrotation etwas mehr als ein Jahr.Deutlich einfacher und wirtschaftli­

cher ist der Einsatz der ESTA-Hochro­

tation bei der Klarlack-Innenapplikati­

on, da hier keine Potenzialtrennung

benötigt wird.Auch beim Pulverklarlack-Innen­

auftrag ist der Rotationszerstäuber von

Dürr erfolgreich im Einsatz (Bild 2).Hier würde der Prozess ohne die elek­

trostatische Aufladung des Lackmate­

rials nicht funktionieren.

Die Innenapplikation mit ESTA­

Hochrotation wurde von Dürr bereits

in verschiedenen Lackieranlagen in

Deutschland, Frankreich, Spanien und

USA realisiert.

Im Bild 3 ist als Beispiel dafür ein

Anlagenlayout dargestellt. Die Innen­

räume der Karosserien werden sowohlim Basislack- wie auch im Klarlackbe­

reich von 7-Achs-Robotern lackiert.

Die Außenapplikation erfolgt mit sta-

ESTA Basislack Innenapplikation ESTA Basislack Außenapplikation

ESTA Klarlack Innenapplikation ESTA Klarlack Außenapplikation

Bild 3: Beispiel eines Layouts füreine vollautomatisierte Roboter-Lackierung mit ESTA-Innen- und Außenapplikation fürBasislack und Klar/ack

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Bild 4: ZweiterMetallic-Bas islack-AuFtrag mit dem Zerstäuber EcoBell M

tionären Robotern. Die Fahrzeuge lau­fen kontinuierlich durch die Lackier­

linien. Für das Öffnen und Schließender Türen und Hauben sind Hand­

lingsgeräte vorgesehen.

Auftrag von Metallic-Basislackmit ESTA-Hochrotation

Die zweite Metallic-Basislackschicht

auf den Karosserie-Außenflächen wird

beim Standard-Lackierprozess pneu­

matisch appliziert. Der Grund: der

gewünschte Metallic-Effekt, der durchdie im Lackmaterial enthaltenen

Metallic-Flakes gebildet wird. Wie

kommt dieser Effekt zustande?Bei der pneumatischen Zerstäubung

entsteht ein Tropfenspektrum mit einer

mittleren Tropfengröße von zirka 25 um

und einem hohen Tropfen-Feinanteil.Dieser Feinanteil enthält keine Metallic­

Flakes und geht als Overspray verloren.Die auf der Karosserieoberfläche auf­

treffenden Lacktropfen enthalten auf­grund ihres geringen Durchmessers

jeweils nur wenige Metallic-Flakes. Es

entsteht ein Lackfilm mit einem hohenAnteil von Metallic-Flakes, die gleich-

mäßig verteilt und parallel zur Ober­

fläche ausgerichtet sind.Die Standard-Rotationszerstäu-

bung, wie sie heute überall für den

ersten Basislackauftrag zum Einsatz

kommt, erzeugt hingegen ein gröberes

Tropfenspektrum. Die Overspray-Ver­luste sind sehr niedrig. Dies aber führt

zwangsläufig zu einem niedrigerenrelativen Anteil von Metallic-Flakes im

applizierten Lackfilm. In den größeren

Lacktropfen befinden sich auch deut­lich mehr Metallic-Flakes, die Konglo­

merate bilden und damit eine feineVerteilung und parallele Ausrichtungverhindern. Der Metallic-Effekt ist

weniger ausgeprägt (geringerer Flop

als Differenz der Helligkeit bei unter­

schiedlichen Betrachtungswinkeln),

der Lackfilm ist insgesamt dunkler.

Die Lösung dieses Problems ist dieAnpassung der Rotationszerstäubung

hinsichtlich des Tropfenspektrums andie pneumatische Zerstäubung. Der

Weg dahin führt über eine höhere Zer­stäubungsenergie. Diese wird durcheine höhere Drehzahl des Glocken­

tellers in Verbindung mit seinem

etwas größeren Durchmesser erzielt.

Mehr Zerstäubungsenergie und ein ins-

gesamt kleineres Tropfenspektrum

führen zu einem etwas niedrigeren Auf­

tragswirkungsgrad, der jedoch mit zirka

70 % immer noch das Doppelte des

pneumatischen Auftrags beträgt.

Das Ergebnis kann sich sehen las­sen. Der Anteil der Metallic-Flakes im

Lackfilm ist höher, die Flakes sind fein

verteilt und parallel zur Oberflächeausgerichtet - genauso wie bei der

pneumatischen Applikation. Und dieWolkigkeit, auch ein wichtiges Qua­litätskriterium (und ein typisches Pro­

blem der pneumatischen Applikation),ist deutlich geringer.

Anpassungen beim Lackmaterialsind eventuell nur bei bestimmten

"schwierigen" Farbtönen erforderlich.Sie lassen sich jedoch oft auch durch

applikationstechnische Maßnahmen

vermeiden. Zu solchen Maßnahmen

gehört zum Beispiel die Möglichkeit derHochspannungsabsenkung in Verbin­

dung mit größeren Lenkluftmengen,

allerdings bei einem etwas reduziertenAuftragswirkungsgrad. Eine Untersu­chung im Technikum sollte hiervon Fallzu Fall in Betracht gezogen werden.

Die Betrachtung der Kosten-Ein­

sparung auf Basis der Lackmaterial-

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Page 4: 100 % ESTA-Applikation

ANLAGEN- UND APPLIKATIONSTECHNIK

Reduzierung pro Fahrzeug von zirka

0,45 Liter ergibt eine Amortisationszeit

von knapp einem Jahr für eine Umrüs­

tung von AIR auf ESTA. Betrachtet

wurde, wie bei der Innenapplikation,

ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse

mit einer zu lackierenden Fläche von

9,5 mZ und einer Stückzahl von 500

Einheiten pro Tag. In dieser Betrach­

tung nicht berücksichtigt sind weitere

Vorteile und Einsparungen, wie redu­

zierter Energiebedarf durch eine nied­

rigere Kabinenluft-Sinkgeschwindig­

keit, weniger Lackabfall oder geringe­re VaC-Emissionen.

Die Bell/Bell-Applikation desersten und zweiten Metallic-Basislacks

hat inzwischen eine beachtliche Ver­

breitung gefunden. Von Dürr wurden

bereits 766 Zerstäuber des Typs Eco­

Bell M weltweit ausgeliefert.

Zusammenfassung und Fazit

100% ESTA bringt eine deutliche

Kosten-Einsparung. Betrachtet maneinen bereits voll-automatisierten

Lackierprozess mit ESTA/AIR-Appli­

kation, benötigt man für die Lackie­

rung einer beispielhaften Karosserieder bereits erwähnten oberen Mittel­

klasse insgesamt 6,1 Liter Lackmateri­

al. Mit einem 100 % ESTA-Auftrag

wird für die gleiche Lackierung nurnoch 4,9 Liter Lackmaterial ver­

braucht. Dies entspricht einer Redu­zierung von zirka 20 %. •

Literatur

/1/ Schumacher,H.: 100 %ESTA Applica­

tion - Status and next stepsfor economical

and ecologicalimprovement of automotive

painting. 22 international conference on

automobile body jinishing. Cannes, 2.-3.

June200S.

/2/ Herre Ro' Svejda, P.: Neue Zerstäuber

machen die Karosserie-Lackierung wirt­

schaftlicher. JOT Journal für Oberflächen­

technik, Nr. 3, März 2004. Vieweg Verlag.

DerAutor: Dr.-Ing. Pavel Svejda, DürrSystems GmbH, Bietigheim-Bissingen,

Tel. 07142/78-2290;[email protected], www.durr.com

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