108. Die vorrömischen Namen in Hispanien und Aquitanien

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  • 8/3/2019 108. Die vorrmischen Namen in Hispanien und Aquitanien

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    738 VIII. Historische Entwicklung der Namen

    Untermann, J. (1969): Lengua gala y lengua ibricaen la Galia Narbonensis. In: Archivo de PrehistoriaLevantina 12, 99161.

    Untermann, J. (1980): Die venetische Sprache. Be-richt und Besinnung. In: Glotta 58, 281317.

    Jrgen Untermann, Kln (Deutschland)

    10 (1959), 74108, 121159; 11 (1960), 273318;12 (1961), 130.

    Untermann, J. (1961): Die venetischen Personen-namen. Wiesbaden.

    Untermann, J. (1964): Die messapischen Personen-namen. In: H. Krahe. Die Sprache der Illyrier.2. Band. Wiesbaden, 153213.

    108.Die vorrmischen Namen in Hispanien und Aquitanientinisiert zu -briga, z. B. Nertobriga) kompo-niert (vgl. 4.3.1.); sie bleiben streng nrdlichund westlich einer Linie, die das heutige Por-

    tugal und das mittlere und nrdliche Spanienumfat. Im anderen Teil der Halbinsel, alsoin Andalusien, dem ehemaligen KnigreichValencia, in Katalonien, im sdlichen und st-lichen Aragn und im Osten des Baskenlan-des ist keine gleichermaen deutliche Orts-namengruppe nachweisbar: immerhin kom-men Elemente wie ili, ilu, iler (vgl. 3.2.1.),-urri und -urci nur sdlich und stlich dergenannten Linie vor (Untermann 1961). Ein-deutig respektiert wird sie auch von den ein-heimischen Personennamen, die durch latei-nische Inschriften bezeugt sind (Gmez-Mo-reno 1925; Albertos 1983; vollstndige Belege:Albertos 1966): im Norden und Westen findensich in Suffixen und Stammelementen vielehnlichkeiten mit der altkeltischen Namen-gebung Galliens und Mitteleuropas oder auchsonst mit Erscheinungen, die man einer in-dogermanischen Sprache zuschreiben kann.Im Sden und Osten fehlen diese Namen fastvllig; hier finden wir ein anderes Repertoirevon Namen, das seinerseits nicht nrdlich derDemarkationslinie vorkommt.

    1.3. Besttigt wird dies Bild durch Inschriftenin vorrmischen Sprachen, meist in einer ei-genartigen, iberisch genannten Schrift ge-schrieben (bersicht bei Untermann 1990,134140), die zwar nicht ber die ganze Fl-che der beiden Namengebiete verteilt sind,aber deutlich auf jeweils einer Seite derGrenze bleiben. Es sind die nicht-indoger-manischen, iberischen Inschriften an derMittelmeerkste und im sdlichen Aragn(MLH.III) einerseits, und die zu den altkel-tischen Sprachdenkmlern zu rechnenden In-schriften aus dem westlichen Aragn und demoberen Alt- und Neukastilien andererseits(4.2.1.). Beide bezeugen eine Flle von Per-sonen- und Ortsnamen (letztere vor allem in

    1. Die groen Sprach- und Namenareale2. Der Sdwesten: das tartessische Gebiet3. Iberische Personen-, Orts- und Vlkernamen

    4. Hispano-keltische Personen- und Ortsnamen5. Iberische Namen nrdlich der Pyrenen6. Aquitanien7. Literatur (in Auswahl)

    Die berschrift vermeidet eine Ungenauigkeit, dieder Titel Namen der iberischen Halbinsel ergebenhtte, obwohl mit diesem das eigentliche Anliegendes Beitrags gemeint ist: nrdlich der Pyrenen,gibt es Gebiete, deren Orts- und Personennamen-gebung enger mit der Pyrenenhalbinsel als mitGallien verbunden ist. Fr den Osten dieser Rand-

    zone ist keine alte Benennung verfgbar; der west-liche Teil fhrt seit antiker Zeit den Landschafts-namenAquitania.

    1. Die groen Sprach- undNamenareale

    1.1. hnlich wie in Gallien und Italien sinddrei Typen von Quellen verfgbar: (1) In-schriften in vorrmischen Sprachen; (2) latei-nische Inschriften mit vorrmischen Namen;(3) Personen-, Vlker- und Ortsnamen in der

    literarischen berlieferung der Griechen undRmer, vor allem in Kriegsberichten (Livius,Appian und andere), in geographischen Kom-pendien (Strabo, Plinius, Claudius Ptolema-eus) und in Wegebeschreibungen (Itineraria),die uns aus antiker Zeit erhalten sind (Roldn1975).

    1.2. Sowohl die Ortsnamen als auch die Per-sonennamen erlauben eine Unterteilung derHalbinsel in deutlich abgegrenzte Areale, undfast berall stimmen beide in ihrer Aussage

    berein. Die am weitesten und am gleichm-igsten verbreiteten komponierten Ortsna-men sind mit dem keltischen Wort -brig- (la-

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    Karte 108.1: Ortsnamen mit -briga; Ortsnamen mitIli-,Ilu-

    Karte 108.2: Vorrmische Inschriften

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    740 VIII. Historische Entwicklung der Namen

    Karte 108.3: Ortsnamen mitIp-, -ippo, -ipo, Ob-, -oba, -uba

    Karte 108.4: Personennamen mitIli-,Ilu-; Personennamen mitBeles-, Bilos-

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    108. Die vorrmischen Namen in Hispanien und Aquitanien 741ihres Vaters, der nur durch seinen Platz anzweiter Stelle, aber nicht durch eine Kasusen-dung als solcher erkennbar ist (der rmischeSchreiber hat zur Verdeutlichung jeweils f. =

    filius dazugesetzt). Sie stammen aus dem Ge-

    biet zwischen den Flssen Gallego, Ebro undSegre und dem Sdrand der Pyrenen undlassen ein homogenes Namenrepertoire er-kennen (Bibliographie bei Untermann 1990,195 f.); einige Beispiele:

    Sanibelser Adingibas f.Umargibas Luspangib(as) f.

    Balciadin Balcibil (us) f.Illurtibas Bilustibas f.Sosinaden Sosinasae f.Sosimilus Sosinasae f.Urgidar Luspanar f.

    Beles Umarbeles f.Ordumeles Burdo f.und, bereits mit lateinischem Gentilnamen,Q. Otacilius Suisetarten.

    3.1.2. In Substanz und System passen dieseNamen genau zu den in weiter Streuung imnicht-indogermanischen Hispanien belegtenvorrmischen Personennamen: sie sind mei-stens viersilbig, seltener dreisilbig und inKompositionselemente von jeweils zwei Sil-ben oder von einer Silbe zerlegbar (ingesamtetwa 140 verschiedene, zusammengestellt bei

    Untermann 1990, 209238), z. B. adin (aden),illur, tibas, beles (Variante nach n: meles), bilus(bilos, belus, Variante nach n: milus), sosin,dar (tar). Beispiele aus lateinischen Inschrif-ten aus Spanien: die Cognomina einer Frau

    Bastogaunin und ihres Gatten Neitinbeles inTarrasa bei Barcelona (CIL II 6144), ein Ur-cestar Tascaseceris f. in Pinos Puente bei Gra-nada (CIL II 2076).

    3.1.3. Bei Belegen in iberischen Inschriften istzu beachten, da deren Schrift keinen Unter-schied zwischen stimmhaften und stimmlosenOkklusiven wiedergibt (in der Umschrift wer-den k fr k und g, t fr t und d, b fr b unddas sehr seltene p verwendet): baisebilos, be-lesta(r), bilosbones, bilosbas, biloskere, atin-bones, atinkere auf Bleiblechen aus Ampuriasund Palams an der Costa Brava (MLH.C.1.5und 4.1), ilturatin auf einem Gef aus Azailaam Ebro (MLH.E.1.1), balkelaku, saltukaloauf Bleien im Gebiet von Valencia (MLH.F.7.1, G.7.2) iltiratin, urkailtu auf Mnzen ausObulco bei Crdoba (MLH.A.100).

    3.2.1. Unter den Ortsnamen des gleichen Ge-biets (Belege und Lokalisierung bei Tovar

    Mnzlegenden: MLH.I), die genau in die vor-genannten Repertoires passen.

    1.4. Alle erwhnten Quellen berechtigen somitdazu, die Halbinsel in zwei Sprach- und Na-

    menrume zu zerlegen, einen nicht-indoger-manischen, iberisch genannten, und einen,den man als indogermanisch oder, wennauch nicht unumstritten, hispano-keltischbezeichnet (Gmez-Moreno 1925; Baldinger1970; de Hoz 1983; Echenique 1987, 3349).

    2. Der Sdwesten: das tartessischeGebiet

    2.1. Ein Bereich fgt sich nicht in dieses Bild:im sdlichen Portugal und im westlichen undmittleren Andalusien, also links und rechtsvom sdlichen Ende der Grenze zwischen demkeltischen und dem iberischen Hispanien, gibtes eine eigene Ortsnamengebung, besonderscharakteristisch die Elemente ipo und oba/uba(z. B. Corduba, Onuba, Obulco, Olisipo, Ipo-nuba). Mit seiner Ausdehnung stimmen imWesentlichen berein (1) das Fundgebiet einesmerkwrdigen, noch nicht vllig geklrtenTyps vorrmischer Inschriften, (2) das Stam-mesgebiet der Turdetaner, und (3) das Land,in dem das sagenumwobene Reich von Tar-

    tessos zu suchen ist, mit dem die Griechen im6. Jahrhundert v. Chr. Handelskontakte hat-ten. Ein paar Hinweise machen wahrschein-lich, da dieses Reich einige Zeit vor derAnkunft der Rmer unterging und im Westenvon keltischen, im Osten von iberischen Be-vlkerungen in Besitz genommen wurde (Un-termann 1985, 2). Es ist heute blich, dieseRegion im Sdwesten und alles, was in derfraglichen Zeit fr sie kennzeichnend ist, tar-tessisch zu nennen; ber die Sprache der In-schriften lt sich noch nichts Endgltigesfeststellen (vgl. aber Correa 1992).

    3. Iberische Personen-, Orts- undVlkernamen

    3.1.1. Die iberische Namengebung ist am be-sten bei den Personennamen greifbar, derenBeschreibung von einem ungewhnlichenDenkmal ausgehen kann, von einer Liste von30 Reitersoldaten, der turma Salluitana, er-halten durch eine lateinische Inschrift, die imJahr 89 v. Chr. in Ascoli Piceno in Italien

    verfat wurde (CIL I2 709; Criniti 1970). DieReiter nennen jeweils ihren Namen und den

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    gleiche Formular, das im iberischen Hispa-nien, aber auch im gallischen Frankreich undOberitalien gltig ist. stlich der genanntenLinie ist eine vllig eigenartige Namenformelin Gebrauch, nicht nur auf den dort erhalte-

    nen vorrmischen Sprachdenkmlern, son-dern noch weit ber die Romanisierung hin-aus auf lateinischen Inschriften (4.2.2.3.).Die Namengebung im Westen fat manals lusitanisch-galizisch zusammen, die imOsten wird blicherweise keltiberisch ge-nannt.

    4.2.1. Keltiberisch ist zunchst ein Sammel-begriff der rmischen Geschichtsschreibung,der vor allem in den Kriegen um Numantia(143133) Gestalt gewann und in wechseln-

    den Kombinationen Volksstmme im oberenTajo-, Duero- und Ebrogebiet (4.3.2.) und dasLand sdlich vom mittleren Ebro einschlo(Koch 1979). Heute wird dieser Begriff zu-stzlich ausgefllt (1) durch eine Gruppe vonInschriften und Mnzen aus der Zeit von 150bis 50 v. Chr., die genau im gleichen Raumgefunden wurden und meist in iberischer, da-neben auch in lateinischer Schrift geschriebensind (Untermann 1983, 120123; de Hoz1986; Gorrochategui 1990); (2) durch dieSprache dieser Inschriften, die nahe Ver-wandtschaft mit den altkeltischen Sprachen

    in Gallien und Norditalien zeigt (Tovar 1946;vgl. zuletzt Gorrochategui 1991), und (3)durch Ortsnamen und durch das Repertoireund das Formular der Personennamen, dieauf diesen Denkmlern und auf lateinischenInschriften der gleichen Gegend bezeugt sind.

    4.2.2. Die keltiberischen Inschriften, die denbesten Einblick in die Personennamengebungerlauben, stehen auf einigen Grabsteinen undauf Gastfreundschaftsdokumenten aus Bron-ze (tesserae hospitales) und auf einer Bronze-

    tafel aus Contrebia Belaesca (Botorrita beiZaragoza) mit einem umfangreichen Text,wahrscheinlich einem Vertrag, dem eine Listevon Personennamen (Zeugen des Vertrags?)beigefgt ist (Beltrn, Tovar 1982; zu denPersonennamen Motta 1980). Die vollstn-digsten Benennungen stehen auf dem Grab-stein fr einen Keltiberer aus der Nhe vonContrebia, der auf der Insel Ibiza gefundenwurde (Siles 1985, 677680),

    tirtanos abulokum letontunos ke belikios,und auf einer Bronzetessera aus Zaragoza

    (heute in Paris: Lejeune 1955, 6569, 103 f.),

    lubos alisokum aualo ke kontebias belaiskas.

    19741989) gibt es viele mit Elementen, diein iberischen Personennamen enthalten sind:schon erwhnt (1.2.) wurden die mit Ili(r)-,

    Illu(r)- zusammengesetzten, einige Beispiele:Ilici (heute Elche),Ilerda (Lrida), Iluro (Ma-

    tar bei Barcelona und Alora bei Malaga),Iliberris (Pinos Puente bei Granada). In So-sintigi (bei Cordoba) und Saltigi (Chinchillabei Albacete) erscheinen die in Personenna-men gut bezeugten Elemente sosin, tigi undsalu-, letzteres auch im Namen der Stadt Sal-luia (von den Rmern in Caesaraugusta um-benannt, heute Zaragoza), nach welcher dieoben erwhnte turma Salluitana (3.1.1.) be-nannt ist. Dem alten Namen von Badalonabei Barcelona, Baetulo, lassen sich der vor-rmische Namen des Guadalquivir, Baetis,die Bezeichnung des Landes nrdlich vonCordoba, Baeturia, und ein ungedeutetes, oftbelegtes Wort in iberischen Inschriften, baites,zur Seite stellen.

    3.2.2. Auch viele Vlkernamen (Faust 1966,1345, Belege 127138) fgen sich in diesessprachliche Repertoire: in den Pyrenen dieSuessetani, Lacetani, Ceretani und Ilergetes,mit denen die Personennamenelemente suise,laku, kere und iler zu vergleichen sind, die

    Bastetani und Oretani im Sdwesten des ibe-rischen Sprachgebiets, deren Stammelemente

    in den durch Mnzen bezeugten Stadtnamenbasti und ore im Nordosten wiederkehren.Bemerkenswert das Vlker- und Einwohner-namensuffix -esken, das in iberischen Mnz-legenden erscheint: laiesken, iltirkesken (in la-teinischer berlieferung Laietani, Ilergetes),urkesken, die Einwohner der Stadt Urci beiheutigen Almera.

    4. Hispano-keltische Personen- undOrtsnamen

    4.1. In der indogermanischen Hispania (1.4.)finden sich zwei Personennamengebungen,die zwar viele Einzelnamen und Individual-namensuffixe gemeinsam haben, sich aberdurch die Namenformel unterscheiden. ImWesten, etwa westlich einer Linie, die vonOviedo im Norden nach Mrida im Sdenverluft, wird eine Person, soweit es die aus-schlielich indirekte Bezeugung durch latei-nische Inschriften erkennen lt, nur durchihren Individualnamen und den ihres Vaters,also rein patronymisch benannt: es ist das

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    Karte 108.5: Keltiberische Clan-Namen

    Luciu(s) Nissicu(m) Accuti f.Letondo Calnicum Crastunonis f.

    Flavinus Comenesciq (um) Flavi f.,und da diese Angabe im Gen. Pl. bei strkerromanisierten Personen neben einem lateini-schen Gentilnamen stehen kann, z. B. L.Val(erius) Silo Letondiq(um) oder C. Iulius

    Barbarus Medutticorum C. f. hat man darineine organizacin suprafamiliar, eine Art Clanvermutet (Albertos 1975, 19 f.; Gonzalez Ro-driguez 1985, 77114). Sicher ist, da dieseGruppennamen von gleichzeitig blichen In-dividualnamen abgeleitet sind: es knnen alsoFamilien oder Grofamilien sein, die sichnach ihrem Chef benennen.

    4.3.1. Fr die Ortsnamengebung (Belege undLokalisierung: Tovar 1989) ist daran zu er-innern, da die Namen mit briga die keltischeHispania definiert haben (1.2.), sie zeigen dieAnwesenheit von Sprechern (zumindest ineiner Oberschicht), die eine keltische Sprachesprachen, im Norden, Westen und fr dieStromgebiete von Duero und Tajo. Nur imSdwesten etwa vom Tajo an sdwrts berschneiden die briga-Orte das oben er-

    In beiden Fllen folgt auf einen Individual-namen im Nominativ (tirtanos, lubos) ein

    durch Suffix abgeleiteter Gruppenname imGenitiv Plural (abulokum, alisokum), ein In-dividualname im Genitiv (letondunos, Nom.letondu, aualo, Nom. aualos), die Abkrzungeines Wortes fr Sohn, ke, und die Hei-matangabe (Siles 1985, Gorrochategui 1990):beligios ist der Nominativ Singular eines auchdurch Mnzen bezeugten Volksnamens, kon-tebias belaiskas der Genitiv des OrtsnamensContrebia Belaesca mit keltiberischer Endungund Orthographie. Sonst wird meistens dieSigle fr Sohn weggelassen, so in der Na-menliste der Bronze von Botorrita, einige

    Beispiele:lubos kounesikum melmunosletondu litokum abulosmelmu barausanko (m) lesunostirtanos statulikum lesunos

    4.2.3. In lateinischen Inschriften (Belege beiGonzalez Rodriguez 1986, 121166) er-scheint das gleiche Formular, fast immer mitder keltiberischen Endung des Gen. Pl. -um, z. B.

    Atta Abboiocum Rectugeni f.

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    744 VIII. Historische Entwicklung der Namen

    also kein keltisches Prfix are-), obwohl dieOrts- und Personennamen zeigen, da allediese Stmme vor ihrer Romanisierung kel-tische Sprachen gesprochen haben: es scheintsich bei ihnen um ltere, von der keltisch

    sprechenden Bevlkerung bei ihrer Land-nahme beibehaltene Regionalbezeichnungenzu handeln. Dagegen ist in Galizien und Astu-rien eine Flle von Stammesnamen berliefert(Tranoy 1981, 4673):Amaci, Baedui, Bibali,Cileni, Equaesi, Limici, Nemetati, Paesici,Quarquerni und viele mehr, zu denen so-weit erkennbar sehr kleine Territorien undoft nur eine einzige stdtische Siedlung ge-hrten, und viele Namen sind ohne Weiteresmit Personennamen der keltischen Hispaniavergleichbar: diese Stmme sind also wohleher eine Art von Familienverbnden, grer,aber nicht wesentlich anderer Art als die kel-tiberischen Clans (4.2.3.).

    5. Iberische Namen nrdlich derPyrenen

    5.1. Zwischen den Pyrenen und dem FluHrault wurde in den Handelszentren naheder Mittelmeerkste zwischen dem 4. Jahr-hundert und der Romanisierung im 2. Jahr-hundert v. Chr. die iberische Schrift und Spra-

    che gebraucht (MLH.II), am reichsten be-zeugt im oppidum von Ensrune bei Bziersund im Seehandelsplatz Pech-Maho amtang de Bages-et-Sigean bei Narbonne. Un-ter den Personennamen in iberischen Inschrif-ten herrschen die vor, die den in 3.1.2. be-schriebenen Regeln entsprechen, also in dieiberische Namengebung der spanischen Mit-telmeerzone einzureihen sind. Einige Stdtehaben iberische Namen, am sichersten Iliber-ris (heute Elne) und Baeterrae (Bziers; vgl.3.2.1.), vielleicht auch Carcaso (Carcassonne).Neben den iberischen Personennamen kom-men Namen anderer Art vor, unter denensich, trotz der mangelhaften Wiedergabedurch die iberische Schrift, am deutlichstendie gallischen erkennen lassen: in Ensrunez. B. auetiris, in lateinischer OrthographieAd-vectirix, eskinke = Excingus, in Pech-Mahobotuoris und lituris = Boduorix und Liturix(Solier 1979, 81 f.). Ausschlielich iberischePersonennamen erscheinen in den Felsgraffiti,die von Handelsreisenden im Hochtal derCerdagne hinterlassen wurden, in dem siebeim berqueren der Pyrenen Station mach-

    ten (Campmajo, Untermann 1991). Bemer-kenswert ist, da die iberischen Namen mit

    whnte vllig andersartige tartessische Areal(2.1.). Nrdlich vom Tajo lt sich kein Orts-name nachweisen, der zwingend einer nicht-keltischen oder gar einer nicht-indogermani-schen Namengebung zuzuweisen wre (s. aber

    4.3.2.). Im keltiberischen Bereich sind Namenmit Sego- (irisch seg Kraft) hufig belegt zwei verschiedene Segobriga, Segovia (nochheute Segovia), zwei Segontia (eines davonheute Sigenza am Henares), Segeda, Segaesa(nur durch Mnzen bezeugt), zwei Segisama,Segisamo (Sasamn, Provinz Burgos), Segi-samunculum, ferner einige mit com- zusam-mengesetzte wie Contrebia (mindestens zweiOrte, einer davon Botorrita: 4.2.2.), Complu-tum (Alcal de Henares), Complega, Consa-bura (Consuegra, Provinz Toledo). West-lich der Linie OviedoMrida (4.1.) bleibt eszwar abgesehen von den Komposita mit-briga bei einzelnen Namen, die man eineraltkeltischen Sprache zuschreiben kann zwei Brigantia (eines beim heutigen La Co-rua), Eburobrittium (bei Alcobaa), Ebora(Evora), weniger sicher Bracara (Braga) undSalmantica (Salamanca). Hier wre aber nochan die fr dies Gebiet typische Gtternamen-gebung (dEncarnao 1975; Untermann1985, 1) mit indogermanischen, oft deutlichkeltischen Epitheta zu erinnern, von deneneinige von Ortsnamen abgeleitet zu sein schei-

    nen (Albertos 1975, 5661).4.3.2. Auch bei den Vlkernamen fllt einregionaler Unterschied auf, der sich allerdingsnicht mit dem oben beschriebenen zwischender keltiberischen und der lusitanisch-galizi-schen Namengebung deckt, sondern den Nor-den Galizien und Asturien von denbrigen Teilen der keltischen Hispania abson-dert. In den groen Meseten und in Portugalsdlich des Douro sind nur verhltnismigwenige, groe Stammesgebiete bezeugt, dieder Lusitani, Vettones, Vaccaei, Carpetani,

    Arevaci, Murbogi, Autrigones. Etwas kleinereEinheiten (zuweilen mit den Arevaci zusam-mengefat unter dem Oberbegriff Celtiberi:4.2.1.) werden fr das Iberische Gebirge zwi-schen Teruel und Logroo berliefert Lu-sones, Titti, Belli, Turmogidi, Pelendones, Be-rones. Im heute zu Kastilien gehrenden Teilder Nordkordillere gibt es den groen Stammder Cantabri und neben diesem die Caristiund Varduli. Die meisten dieser Namen sindnicht leicht an keltisches, ja nicht einmal anindogermanisches Wortgut anzuschlieen (die

    Arevaci sind nach Plinius n. h. 3,26 nacheinem Flu Areva benannt, der Name enthlt

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    108. Die vorrmischen Namen in Hispanien und Aquitanien 745Lahe (Dat., iberisch lake);fr (2)Personennamen

    Anderexus (baskisch andere Frau)Nescato (baskisch neska Mdchen),

    GtternamenHerauscorritsehe (Dat., baskisch herautsEber)

    Leherennus (baskisch leherbersten);fr (3)Personenname

    Belexco (iberisch beles, baskisch beltzschwarz),

    GtternameIlurberrixus (iberisch ilur, baskisch berri

    neu).Solange die Frage, wie sich die aquitanische

    Sprache zur iberischen und zur baskischenSprache verhlt, und damit die immer wiederleidenschaftlich diskutierte Frage der Ver-wandtschaft zwischen dem Iberischen unddem Baskischen auf Eigennamen als einzigeantike Quelle angewiesen ist, wird sie sichkaum definitiv beantworten lassen. Man kannsicher nicht ausschlieen, da es eine geneti-sche Verwandtschaft zwischen diesen Spra-chen gibt (wenn auch das Baskische bis jetztso gut wie keine Hilfe fr die Deutung deriberischen Inschriften liefern konnte); es istaber auch immer noch damit zu rechnen, da

    sich in den aquitanischen Namen nichts An-deres uert als eine grenznachbarliche ge-genseitige Beeinflussung zweier grundver-schiedener Namengebungen.

    7. Literatur (in Auswahl)Albertos Firmat, M. L. (1966): La onomstica per-sonal primitiva de Hispania. Tarraconense y Btica.Salamanca.

    Albertos Firmat, M. L. (1975): Organizaciones su-prafamiliares en la Hispania Antigua. Valladolid.

    Albertos Firmat, M. L. (1983): Onomastique per-sonelle indigne de la pninsule ibrique sous ladomination romaine. In: H. Temporini (Hrsg.).Aufstieg und Niedergang der rmischen Welt. II,29,2. Berlin, 853892.

    Baldinger, K. (1973): La formacin de los dominioslingsticos en la Peninsula Ibrica. 2. Auflage. Ma-drid.

    Beltrn, A., Tovar, A. (1982): Contrebia Belaisca(Botorrita, Zaragoza) I: El bronce con alfabetoibrico de Botorrita. Zaragoza.

    Campmajo, P., Untermann, J. (1991): Corpus desgravures ibriques de Cerdagne. In: Ceretania 1,3959.

    der Romanisierung verschwinden: in denzahlreichen lateinischen Inschriften aus Nar-bonne und Umgebung gibt es unter den nicht-lateinischen Personennamen nur noch galli-sche Namen und daneben einige, die einem

    Areal entlang dem Golfe du Lion und derCte dAzur zuzuweisen sind, das seine typi-sche Ausprgung in der italienischen RegionLigurien findet und deshalb ligurisch ge-nannt werden kann (Untermann 1969, 104107).

    6. Aquitanien

    6.1. In Aquitanien, zu Caesars Zeit (bellumGallicum 1,1) von Garonne, Pyrenen und Bis-cayakste umgrenzt, wird auf lateinischen In-schriften ein Namenrepertoire verwendet, daseiniges mit dem iberischen gemeinsam hat, ins-

    gesamt aber sehr eigenartige Zge aufweist(Gorrochategui 1984). Weitaus die meistenFunde kamen im oberen Garonnetal zutage.Im brigen Aquitanien treten sie in weiterStreuung auf. Einige aquitanische Namen sindauf lateinischen Inschriften im Norden derspanischen Provinz Navarra bezeugt (Gorro-chategui 1984, 5962). Von den OrtsnamenAquitaniens stimmen einige mit iberischen

    Ortsnamen berein: Calagurris (bei St. Gau-dens),Iluro (heute Oloron),Elimberris(Auch);eher zu den typisch aquitanischen Namen pat

    Beneharnum (heute Pau), dessen Form vomheutigen Landschaftsnamen Barn fortgesetztwird. Als Stammesnamen sind Bigerri, Tarus-nates, Tarbelli, Ausci berliefert, letzterer oftangefhrt als antikes Zeugnis der heutigenSelbstbezeichnung der Basken,Euskera.

    6.2. Personen- und Gtternamen sind einan-der in Stammformen und Suffixen sehr hn-lich. In beiden Gruppen gibt es Segmente, dieentweder (1) unmittelbar mit iberischen Na-menkomponenten vergleichbar sind, oder (2)genaue Entsprechungen im baskischen Lexi-kon zu finden scheinen, und einige weitere,(3) die sowohl iberische als auch baskischeAssoziationen nahelegen, Beispiele (Belegebei Gorrochategui 1984) fr (1)

    PersonennamenSenicco, Seniponnis (Gen., iberisch seni und

    bones)Talseia, Talsco (iberisch tals, talsko),

    GtternamenBaeserte (Dat., iberisch baiser)Iluro (iberisch ilur)

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    746 VIII. Historische Entwicklung der Namen

    Roldn Hervs, J. M. (1975): Itineraria Hispana.Fuentes antiguas para el estudio de las vias ro-manas en las Pennsula Ibrica. Madrid.

    Siles, J. (1985): Celtismo y latinizacin: la estela deIbiza y una inscripcin latina de Hinojosa de Jarque

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