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Tom Waits, Foto: Anton Corbijn/Photoselection Neben „traditionellen” Tom-Waits-Soitgs wie „l6 Shells from a thirty-ought-six" und „Swordfishtrombone” gibt es aufder LP kleine stille Lieder („Johnsburg / Illi- nois” oder „Soldier Things”), den Aus- klang bildet ein zerbrechliches Instrumen- talstück („Rainbirds”);. . . und wer noch einmal behauptet, Tom Waits wäre ein bärbeißiger älterer Mann am Klavier, dem spiele man „Swordfishtrombones” so lan- ge vor, bis er das Achselzucken aufgibt. Andernsfalls muß er gezwungen werden, Bukowski zu lesen, damit ihm der Unter- schied klar werde . . Jutta Koether PIIBLIG IMAGE I.TIJ. l.lllE IN TIIIIYII [llirgin] O P. I. L. haben über zwei Jahre keine Platte mehr gentacltt. Was ist nun herausgekom- men? Ein zweites Live-Albutn in Form zweier NIaxi-Singles mit hinlänglich be- kanntent Material, außer der Live-Version von ‚This is not a love song’. Nichts Spektakuläres ist an dieser Platte und es scheint als würden P.I.L., alias John Lydon, nur durch dauernden Perso- nalwechsel im Gespräch bleiben. „Wir machen keine Musik, wir produzie- ren Geräusche, alternative Unterhaltung ..”-P.I.L. im Juni 1980. Mittlerweile richtet sich John Lydon aufs Neue gegen ein ihm angehängtes Image und macht jetzt doch MUSIK. Das sollte er aber lieber denen überlassen, die’s können. Live in Tokyo ist eine Rock—Platte, ein typi- sches Live-album einer Gruppe, der nichts mehr einfällt, die lediglich versucht, ihre als Geräusche konzipierte Musik mit einigen modernen Stilmittcln aufzubereiten und dabei die alten Inhalte und Formen unver- ändert aufrecht zu halten. John Lydon scheint sich nicht viele Gedan- ken gemacht zu haben, er sollte seinen} al- ten Kollegen McLaren auf die Finger gucken. Live in Tokyo ist ein völlig sinnloses AI- btun, mit altbekannten P.l.L.—KlaSSII\’Crll in schlechten ROCK-Versionen, einem NERVENDEN, monoton und einfallslosen John Lydon und zu schlechter Letzt einein saudttnttneti japanischen Publikum, das seinem Führer folgt und treudoof den Ka- non macht, egal was John Lydon zu heulen hat. Ich sehe sein grinsendes Gesicht vor Inir. Man darf gespannt sein, ob Public Image LITD. noch etwas zu bieten haben, eine bal- dtge Studio LP wird es beweisen müssen. Ansonsten werde ich sie nicht mehr vermis- sen. JOBIIXEIIS lIKE GANGBIISTEIIS [IIGA] Q „Intellekt ist langweilig”, gähtite die Pä- dagogikstudetttitt aus gutem Hause und holte siclt cinctt kraftprotzettdett jungen Proletett ins Bett. Das modebettrußte Hulb-Juttgvolk (=2() und aufwärts) Olaf Karnik Deutschlands ist derzeit im Begriff, aus England das Revival eines Revivals zu im- portieren: nachdem ltärene Hemden und Knochenketten als modische Accessoires gründlich abgefrühstückt sind, erinnert man sich nun gerne wieder an das roman- tische Bild des Klassenkämpfers im Karo- flanell: mit dein Hammer in der Faust ge- gen die Bourgeoisie (außer gegen deinen Vater, der dir die Studentenbude in Men- sanähe finanziert). Enttäuschenderwcise machen Lehrlinge, Jungarbeiter und jugendliche Arbeitslose von heute kaum Anstalten, sich als vor- bildliche Vollproleten zu geben; daher muß, wie gesagt, das Image des gewerk- schaftlich organisierten Bourgeoisiefres- sers von der Londoner King’s Road im- portiert werden. Als jüngste Einfuhr auf diesem Gebiet erreichen uns nun die Jo- Boxers: astreines Dockarbeiter-Styling des depressions- und prohihitionsgeschüttel- ten Amerika der 30er Jahre. Ein dieser Debut-LP beiliegendcs Bilderbüchlein „JoBoxers in New York” zeigt die De- tails: Unterhemden, Hosenträger, Schie- bermützen, garantiert Bourgeoisie-proof bis zu einer Tauchtiefevon 50 Metern. Al- les in Farbe. Mittels eingemeindender Chorusgcsänge soll dieses Original-Wir-Jungs-Halten-Zu- sammen-Gefühl in die Musik hineingetra- gen werden: „Hört den Boxerbeat!” Den Beat der imaginären Massen, die ihre ima- ginären Fäuste hochreißen (vor dem Werkstor? auf dem Fußballplatz?) und „BEAT! BEAT!” skandieren. Doch hier steht den JoBoxers ihre eigene Cleverness im Wege: Sie verfügen nicht über die mitreißende Simplizität etwa der Cockney Rejects, sie denken sich zuviel. Zu wahrer Form läuft die Band, die sich teilweise aus Mitgliedern der Ex-„Dexj/‘s Midnight Runners”, Ex-„The Bureau” rekrutiert, auch erst auf, wenn sie Boxer Boxer sein lassen und vorzeigen, was sie gelernt haben. Dann erfreut man sich der komplexen Melodielinie und der jazzbe- einflußten Barpianopassagen von „Cross- town Walk Up”‚ der schwirrendett Rockabilly-Gitarrevon „Not My Night” und der Rhythmus- und Tetnpiwechsel von „Johnny Friendly”. Alt-modisch wie ihr Outfit sind auch ihre musikalischen Zi- tate. Doch der Trick mit dein Image war eben eine Spur zu studentisch-clever; die JoBoxes sollen die störenden Zugeständ- nisse an die Proletarier-Autltetttizität un- bedingt aus ihrem musikalischen Schaffen entfernen. Dirk Scheurig FAMIlY 5 BAlI. IIEII VEBWIHHIIHG (Teltlec) O Das Cover soll eine Anspielung auf die al- ten Motown-Platten sein, wo der/die Sän- ger(in) im Vordergrund steht und die Band oder der Baekgroundchor im Hintergrund. Janic J. Jones, alias P. Hein als deutscher Smokey Robinson’?! Wer sich mit Soul aus- kennt versteht auch den Titel dieser Mini- LP. Man kann sich auf Family S verlassen, wie man sich auf The Jam verlassen konnte. Sie schreiben gute Songs, geben sich Mühe mit modernen Arrangements und haben einen tollen Sänger (zum 1000. Mal). Da ihnen wohl die Fähigkeit zum Feinmecha- niker abgeht, ist es verständlich, daß ihnen der breite Erfolg bis jetzt versagt war. Wichtiger aber ist wohl, daß sie zu den we- nigen BEDEUTENDEN deutschen Bands gehören. Man kann sie nicht klein kriegen, den Hein und den Seffcheque und die an- deren, was sie machen hat Hand und Fuß und Kopf. 5 Titel finden sich auf dieser Mi- ni-LP, beide Seiten ihrer letzten Single, eine DU Bversioti von ‚Traumvon Übermorgen’ und zwei neue Stücke. Ihre Musik ist O. R.A.V., wer Peter Hein singen hört, wird zwar tintveigerlieh an vergangene Tage denken, aber einen deutschen Soul wird es nie geben. Unser James Brown heißt tiättt- lich Roberto. Und mit Nachnamen Blanco. Sei froh wenn du die Platte hast, drch die Anlage auf und spiel FAMILY 5 deinem kleinen I3rttder oder Schwester vor. Sag ih- nett, daß die nicht aus England kommen. Olaf Karnik 1.2" Disco Single 45 ’Grapsch" ‘Skyliner’ Belziger Str. 23 1000 Berlin 62 ‘N tztildt Mag L'EqlisP des Crocodiles Die Nacht Seen Links Schlösser Rechts Single Vorankündigung: Frieder Butzmann Zte LP incl. Rubber Toy In USA LP ßglambya Si_s_ters Katelina Disco 45 MDK Der Tag schlägt zu Maxi-Single SPEX Musik zur Zeit 43

1.2 Disco ’Grapsch ‘Skyliner’ Corbijn/Photoselection · Tom Waits, Foto: Anton Corbijn/Photoselection Neben „traditionellen”Tom-Waits-Soitgs wie „l6 Shells from a thirty-ought-six"

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  • TomWaits,Foto:AntonCorbijn/Photoselection Neben „traditionellen”Tom-Waits-Soitgswie „l6 Shells from a thirty-ought-six"und „Swordfishtrombone” gibt es aufderLP kleine stille Lieder („Johnsburg / Illi-nois” oder „Soldier Things”),den Aus-klang bildet ein zerbrechliches Instrumen-talstück („Rainbirds”);. . . und wer nocheinmal behauptet, Tom Waits wäre ein

    bärbeißiger älterer Mann am Klavier, demspiele man „Swordfishtrombones” so lan-ge vor, bis er das Achselzucken aufgibt.Andernsfalls muß er gezwungen werden,Bukowski zu lesen, damit ihm der Unter-schied klar werde

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    Jutta Koether

    PIIBLIG IMAGE I.TIJ.l.lllE IN TIIIIYII[llirgin] OP. I. L. haben über zwei Jahre keine Plattemehr gentacltt. Was ist nun herausgekom-men? Ein zweites Live-Albutn in Formzweier NIaxi-Singles mit hinlänglich be-kanntent Material, außer der Live-Versionvon ‚This is not a love song’.Nichts Spektakuläres ist an dieser Platteund es scheint als würden P.I.L., aliasJohn Lydon, nur durch dauernden Perso-nalwechsel im Gespräch bleiben.„Wir machen keine Musik, wir produzie-ren Geräusche, alternative Unterhaltung..”-P.I.L. im Juni 1980.Mittlerweile richtet sich John Lydon aufsNeue gegen ein ihm angehängtes Imageund macht jetzt doch MUSIK. Das sollte eraber lieber denen überlassen, die’s können.Live in Tokyo ist eine Rock—Platte, ein typi-sches Live-album einer Gruppe, der nichtsmehr einfällt, die lediglichversucht, ihre alsGeräusche konzipierte Musik mit einigenmodernen Stilmittcln aufzubereiten unddabei die alten Inhalte und Formen unver-ändert aufrecht zu halten.John Lydon scheint sich nicht viele Gedan-ken gemacht zu haben, er sollte seinen} al-ten Kollegen McLaren auf die Fingergucken.Live in Tokyo ist ein völlig sinnloses AI-btun, mit altbekannten P.l.L.—KlaSSII\’Crllin schlechten ROCK-Versionen, einemNERVENDEN,monoton und einfallslosenJohn Lydon und zu schlechter Letzt eineinsaudttnttneti japanischen Publikum, dasseinem Führer folgt und treudoof den Ka-non macht, egal was John Lydon zu heulenhat. Ich sehe sein grinsendes Gesicht vorInir.Man darf gespannt sein, ob Public ImageLITD. noch etwas zu bieten haben, eine bal-dtge Studio LP wird es beweisen müssen.Ansonsten werde ich sie nicht mehr vermis-sen.

    JOBIIXEIISlIKE GANGBIISTEIIS[IIGA] Q „Intellekt ist langweilig”, gähtite die Pä-dagogikstudetttitt aus gutem Hause undholte siclt cinctt kraftprotzettdett jungenProletett ins Bett. Das modebettrußteHulb-Juttgvolk (=2() und aufwärts)

    Olaf Karnik

    Deutschlands ist derzeit im Begriff, ausEngland das Revival eines Revivals zu im-portieren: nachdem ltärene Hemden undKnochenketten als modische Accessoiresgründlich abgefrühstückt sind, erinnertman sich nun gerne wieder an das roman-tische Bild des Klassenkämpfers im Karo-flanell: mit dein Hammer in der Faust ge-gen die Bourgeoisie (außer gegen deinenVater, der dir die Studentenbude in Men-sanähe finanziert).Enttäuschenderwcise machen Lehrlinge,Jungarbeiter und jugendliche Arbeitslosevon heute kaum Anstalten, sich als vor-bildliche Vollproleten zu geben; dahermuß, wie gesagt, das Image des gewerk-schaftlich organisierten Bourgeoisiefres-sers von der Londoner King’s Road im-portiert werden. Als jüngste Einfuhr aufdiesem Gebiet erreichen uns nun die Jo-Boxers: astreines Dockarbeiter-Stylingdesdepressions- und prohihitionsgeschüttel-ten Amerika der 30er Jahre. Ein dieserDebut-LP beiliegendcs Bilderbüchlein„JoBoxers in New York” zeigt die De-tails: Unterhemden, Hosenträger, Schie-bermützen, garantiert Bourgeoisie-proofbis zu einer Tauchtiefevon 50 Metern. Al-les in Farbe.Mittels eingemeindender Chorusgcsängesoll dieses Original-Wir-Jungs-Halten-Zu-sammen-Gefühl in die Musik hineingetra-gen werden: „Hört den Boxerbeat!” DenBeat der imaginären Massen, die ihre ima-ginären Fäuste hochreißen (vor demWerkstor? auf dem Fußballplatz?) und„BEAT! BEAT!” skandieren.Doch hier steht den JoBoxers ihre eigeneCleverness im Wege: Sie verfügen nichtüber die mitreißende Simplizität etwa derCockney Rejects, sie denken sich zuviel.Zu wahrer Form läuft die Band, die sichteilweise aus Mitgliedern der Ex-„Dexj/‘sMidnight Runners”, Ex-„The Bureau”rekrutiert, auch erst auf, wenn sie BoxerBoxer sein lassen und vorzeigen, was siegelernt haben. Dann erfreut man sich derkomplexen Melodielinie und der jazzbe-einflußten Barpianopassagen von „Cross-town Walk Up”‚ der schwirrendettRockabilly-Gitarrevon „Not My Night”und der Rhythmus- und Tetnpiwechselvon „Johnny Friendly”.Alt-modisch wieihr Outfit sind auch ihre musikalischen Zi-tate. Doch der Trick mit dein Image wareben eine Spur zu studentisch-clever; dieJoBoxes sollen die störenden Zugeständ-nisse an die Proletarier-Autltetttizitätun-bedingtaus ihrem musikalischen Schaffenentfernen.

    Dirk ScheurigFAMIlY 5BAlI. IIEIIVEBWIHHIIHG(Teltlec) ODas Cover soll eine Anspielung aufdie al-ten Motown-Platten sein, wo der/die Sän-ger(in) im Vordergrund steht und die Bandoder der Baekgroundchor im Hintergrund.Janic J. Jones, alias P. Hein als deutscherSmokey Robinson’?! Wer sich mit Soul aus-kennt versteht auch den Titel dieser Mini-LP.Man kann sich auf Family S verlassen, wieman sich auf The Jam verlassen konnte.Sie schreiben gute Songs, geben sich Mühemit modernen Arrangements und habeneinen tollen Sänger (zum 1000. Mal). Daihnen wohl die Fähigkeit zum Feinmecha-niker abgeht, ist es verständlich, daß ihnender breite Erfolg bis jetzt versagt war.Wichtiger aber ist wohl, daß sie zu den we-nigen BEDEUTENDEN deutschen Bandsgehören. Man kann sie nicht klein kriegen,den Hein und den Seffcheque und die an-deren, was sie machen hat Hand und Fußund Kopf. 5 Titel finden sich aufdieser Mi-ni-LP, beide Seiten ihrer letzten Single, eineDU Bversioti von ‚Traumvon Übermorgen’und zwei neue Stücke. Ihre Musik istO. R.A.V., wer Peter Hein singen hört,wird zwar tintveigerlieh an vergangene Tagedenken, aber einen deutschen Soul wird esnie geben. Unser James Brown heißt tiättt-lich Roberto. Und mit Nachnamen Blanco.Sei froh wenn du die Platte hast, drch dieAnlage auf und spiel FAMILY 5 deinemkleinen I3rttder oder Schwester vor. Sag ih-nett, daß die nicht aus England kommen.

    Olaf Karnik

    1.2" Disco Single 45

    ’Grapsch"‘Skyliner’

    Belziger Str. 23 1000 Berlin 62

    ‘NtztildtMag L'EqlisP des Crocodiles

    Die NachtSeen Links Schlösser Rechts Single

    Vorankündigung:Frieder Butzmann Zte LP incl. Rubber Toy

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    MDKDer Tag schlägt zuMaxi-Single

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