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Logistik – Effiziente und sichere Warenketten 3. Fachtagung zur Logistik 12. IFF-WISSENSCHAFTSTAGE 16.-17. Juni 2009 FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR FABRIKBETRIEB UND -AUTOMATISIERUNG IFF

12. IFF-WISSENSCHAFTSTAGE 16.-17. Juni 2009 · 2009. 11. 24. · 16.-17. Juni 2009. Nachhaltige und energieeffiziente Logistik durch Kon-zeption und Bewertung von unternehmensübergreifen-den

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Logistik – Effiziente und sichere Warenketten 3. Fachtagung zur Logistik

12. IFF-WISSENSCHAFTSTAGE 16.-17. Juni 2009

F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R F A B R I K B E T R I E B U N D - A U T O M A T I S I E R U N G I F F

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12. IFF-Wissenschaftstage 2009

Tagungsband

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort Seite 9 Prof. Dr.-Ing. habil. Dr.�Ing. E. h. Michael Schenk, Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung

Grüne Logistik CO2PERATION - Übergreifender Klimaschutz in globalen Sourcing- Prozessen des Textilhandels Seite 11 Dr. Michael Arretz, Dipl.-Theol. Norbert Jungmichel, Nora Meyer Nachhaltige und energieeffiziente Logistik durch Konzeption und Bewertung von unternehmensübergreifenden Logistikmodellen Seite 19 Ao. Univ.-Prof. Dr. techn. Kurt Matyas, Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wilfried Sihn, Dipl.-Ing. Felix Meizer

Mobilität und Verkehr Systempartnerschaften von Verkehrsdienstleistungsunternehmen - Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für mehr Effizienz im Luftverkehr Seite 31 Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Wollschläger, Dr.-Ing. Marco Emmermann Intelligente M2M-Innnovation in der globalen Luftfracht-Kühltransportkette: Ein Praxisbeispiel der globalen Online-Kommunikation, -Ortung, -Identifikation und -Steuerung Seite 39 M.A., M.Sc. Markus Witte, Cand. B.Sc. Christian Portele Einsatz von Smart Container Technologie für nachhaltige Logistik Seite 47 Dipl.-Wirtsch.-Ing. Marco Lewandowski, M.Sc. Christian Gorldt, Dipl.-Wirtsch.-Ing. Ernesto Morales Kluge, Dr.-Ing. Wolfgang Echelmeyer (Referent) KASSETTS – Kostenreduktion und Effizienzsteigerung in der Logistik für KMU Seite 57 Dipl. Betrw. (FH), BA (Hons) European Business Katrin Reschwamm, Dipl-Kff. Corinna Kunert Mit MINERVA um den Stau herum - Möglichkeiten und Grenzen der On-Board Verkehrsinformation im städtischen Lieferverkehr Seite 65 Dipl.-Ing. Bertram Meimbresse, Dipl-Wirtsch.-Ing. (FH) Christine Behnke, Ralf Lipinski Einsatz von Binnenschifffahrtsinformationsdiensten (RIS) zur Effizienzsteigerung von multimodalen Transport- und Logistikketten in Süd- und Osteuropa Seite 75 Mag. Dr. Gerhard Schilk, Karoline Vasiljevic, Dipl.-Ing. (FH) Ralph Fromwald Zukunftsmärkte in der Logistik erkennen Seite 87 Dipl.-Betrw. Enno Däneke

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Grüne Logistik

Nachhaltige und energieeffiziente Logistik durch�Konzeption und Bewertung von unter�nehmensübergreifenden Logistikmodellen

Ao. Univ.-Prof. Dr. techn. Kurt MatyasDipl.-Ing. Felix MeizerProf. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wilfried Sihn

12. IFF-Wissenschaftstage � 16.-17. Juni 2009

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Nachhaltige und energieeffiziente Logistik durch Kon-zeption und Bewertung von unternehmensübergreifen-den Logistikmodellen

Ao. Univ.-Prof. Dr. techn. Kurt Matyas, Dipl.-Ing. Felix Meizer, Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wilfried Sihn

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Nicht nur um den aufstrebenden Markt zu nutzen, sondern auch auf Grund der niedrigen Lohnkosten haben in den letzen Jahren viele Automobilhersteller und Automobilzulieferbetriebe neue Produktionsstandorte in der Automotive Region Eastern Europe (AREE) errichtet bzw. bestehende Standorte dorthin verlagert [1]. Durch die Verlagerungstrends hat sich gezeigt, dass der Austausch von Gütern neue Aufgaben und Herausforderungen an Transport und Logistik stellen. Einer der Schwerpunkte auf volkswirtschaftlicher Ebene der Logistik ist in diesem Kon-text die Planung und Steuerung der Transportkapazitäten zur Bewältigung der Transportflüsse und die damit verbundene Planung und Steuerung von Logistik-netzwerken für Güter, Dienstleistungen und Informationen [2]. Ausgehend von dieser Situation wurde im Zuge des Forschungsprojekts Trans Austria ein neues Simulations- und Bewertungsmodell, das die Entwicklung und Bewertung neuer Logistikkonzepte unterstützt und das sich grundlegend von bis-her publizierten klassischen Modellen unterscheidet, entwickelt. Dieses wird für die Validierung und Bewertung unternehmensübergreifender Logistikmodelle einge-setzt. Aufgrund der ganzheitlichen, unternehmensübergreifenden Betrachtungs-weise können Optimierungspotenziale in den Bereichen Emissionen, Kosten und logistische Wettbewerbsfähigkeit aufgezeigt und mit diesen Analyseergebnissen neue nachhaltige und energieeffiziente Logistikmodelle entwickelt werden.

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Für unternehmensübergreifende Logistikmodelle gibt es verschiedene Ansätze, welche dem allgemeinen Logistik-Netzwerkmodell entsprechen [3]. Diese Modelle stellen Netzwerke dar, in denen Rechte, Güter, Finanzströme und Informationen fließen und somit Raum-, Mengen-, Informations- und Zeitdifferenzen als auch Unternehmensgrenzen überschreiten [4]. Maßgebend sind die Parameter, welche die Struktur eines Logistiknetzwerkes definieren:

– Anzahl, Standorte und Funktion der Quellen (= Beladeorte, Güterbereitstellung) – Anzahl, Standorte und Funktion der Senken (= Entladungsorte, Empfangspunk-

te, Güterverwendung) – Anzahl, Standorte, Funktionen der Verbindungen bzw. Knoten zwischen den

Quellen und Senken

Die Knoten in den Netzwerken werden als Umschlagpunkte (Transshipment Ter-minals) bezeichnet. Dies impliziert, dass nur der Umschlag jedoch im Allgemeinen keine Lagerung (kein Bestand) an diesen Orten vorgesehen ist. Umschlagpunkte haben die Funktion von Konsolidierungspunkten (Consolidation Terminals), an denen Güterströme gesammelt werden und/oder von Auflösungspunkten (Break-Bulk Terminals), an denen die Ströme wiederum verteilt werden [7]. Die Grundstruktur von Transportbeziehungen kann einerseits als Direktverbindung („point-to-point“ Verkehr) als einfachste Form (eingliedrige, ungebrochene Trans-portkette) und als mehrstufiges System mit Vorlauf, Hauptlauf und Nachlauf mit

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Umschlagpunkten für Konsolidierung und Auflösung (Abbildung 4) dargestellt wer-den.

Abbildung 1: Verkettete Struktur

In der logistischen Netzwerkstrategie wird über die Zusammensetzung der logisti-schen Systeme aus den angegebenen Grundstrukturen entschieden. Mit der Über-lagerung von den Logistikkapazitäten werden dann die Prozesse gestaltet. Neben den Grundstrukturen der Systeme ist auch die Fließgeschwindigkeit der Ströme zwischen den einzelnen Punkten des Systems zu berücksichtigen [5]. Der Netzwerkstrategie liegen auch wirtschaftgeographische Überlegungen zu Grunde wie zum Beispiel die langfristige Entwicklung der Kundennachfrage oder der gefor-derten Lieferzeit. Wichtige Punkte bei der Umsetzung und Bewertung von Logis-tikmodellen sind:

– Logistikkosten – Liefer- und Versorgungsservice – Anpassungsfähigkeit – Störanfälligkeit – Transparenz – Zeit für die Planung und Errichtung des Systems [5]

Abbildung 2: Übersicht über betrachtete Logistikmodelle

Die Szenarien der Transportbündelung setzen an den einzelnen Parametern der Logistiknetzstruktur an. So werden sowohl Quellenbündelung oftmals nach dem Prinzip des „Milk-Run“ (Die für eine Empfangsstelle bestimmten Sendungen von

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mehreren Versendern, von benachbarten Lieferstellen oder aus einen Sammelge-biet werden zusammen abgeholt und gemeinsam bearbeitet), Senkenbündelung (Sendungen einer Versandstelle, die für mehrere Empfangsstellen oder für ein Zustellgebiet bestimmt sind, werden gemeinsam bearbeitet und zusammen beför-dert) sowie Transportbündelung, bei denen die Ladungen auf einer Tour abgeholt und auch zugestellt werden, eingesetzt. Weitere Formen der Bündelungen können auch die Bestandsbündelung oder zeit-liche Bündelung, die Fahrzeugbündelung und die Umschlaglager- oder Transitter-minalbündelung als räumliche Bündelungsarten sein. Insgesamt ist aber bei allen Bündelungsarten darauf zu achten, dass die Einsparungen durch die Konsolidie-rungs- und Synergieeffekte ausreichen, um die Betriebskosten der Umschlagpunk-te und die höheren Transportkosten, durch längere Wege als bei Direktverbindun-gen, zu decken.

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Für die Konzeption und Evaluierung neuer Logistikmodelle wurde zunächst der Stand der Technik in Bezug auf bereits bekannte Logistikmodelle und -strukturen, die eine ökologische Transportgestaltung beinhalten, berücksichtigt. Die Stellgrö-ßen um die Ziele (Minimierung der Emissionen, Reduktion der Logistikkosten und Erhöhung der logistischen Wettbewerbsfähigkeit) zu erreichen, sind:

– Verkehrsvermeidung: Verkehr effizienter gestalten (Verbesserung der Fahr-zeugauslastung, Einsparen von Transportkapazitäten)

– Bündelung von Güterströmen: Konsolidierung um die Substitutionsbeziehung zwischen Transport- und Bestandskosten zu optimieren

– Verlagerung von Verkehren auf andere Verkehrsträger: Intermodalität

Langfristig ist es auch notwendig, das Ergebnis der Modellkonzeption zu validie-ren. Dieses soll nach den drei Hauptzielgrößen der Modelle - Emissionen, Kosten und Wettbewerbsfähigkeit – geschehen.

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Bei der Bewertung dieser Zielgröße spielt vor allem die angestrebte Intermodalität der Modelle eine wichtige Rolle. Es werden in diesem Punkt nur eine Auswahl der schädlichsten Emissionen - CO2, NOX und die Partikelanzahl – ausgewertet, die sich vor allem bei dem vorherrschenden Verkehrsträger dem Straßenverkehr nie-derschlagen. Abhängig sind die Emissionswerte zum einen vor allem von der Transportstrecke, also der Wegstrecke die auf dem vorgegebenen Streckenprofil zurückgelegt wird und der zugeordneten Transportressource. Zum anderen spielt bei dem Emissionsausstoß der Dieselverbrauch bzw. der Stromverbrauch die aus-schlaggebende Rolle.

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Das Kostenberechnungsmodell stellt sich etwas umfangreicher dar und kann in drei verschiedene Posten unterteilt werden. Das Transportkosten, Umschlagkosten und Differenzkosten durch geringere Kapitalbindung bei der Reduktion von Lager-beständen. Bei den Transportkosten ist es wichtig, dass im Modell von den wirklichen Kosten, also Verbrauchskosten, Mautkosten, Zollabwicklung und Personalkosten ausge-gangen wird und nicht von Transportpreisen, wie sie von Speditionsunternehmen angeboten werden.

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Als drittes Kriterium zur Bewertung der Optimierungsmodelle steht die logistische Wettbewerbsfähigkeit, die sich aus Lieferfähigkeit (Ist ein Maß dafür, inwieweit die vom Kunden geforderte Logistikleistung vom Unternehmen zugesagt werden kann. Wichtig für eine hohe Lieferfähigkeit sind vor allem kurze Lieferzeiten im Vergleich zu Wettbewerben) und Liefertreue (Die Liefertreue bewertet die Leistungserbrin-gung des Logistikprozesses. Sie gibt an, wie groß der Anteil der vollständig und pünktlich abgelieferten Aufträge an allen ausgelieferten Aufträgen ist) zusammen-setzt [6]. Die Bewertungsmodelle werden mit Daten aus realen Erhebungen bzw. teilweise aus Annahmen und Rechercheergebnissen befüllt und dann ausgewertet oder sind Ergebnis eines Simulationsmodells.

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Um einen Transport nach ökonomischen, ökologischen und wettbewerbsfähigen Kriterien zu bewerten, sind die maßgeblichen Einflussfaktoren in der Prozesskette zu identifizieren. Beispielsweise beeinflussen die Festlegung des Verkehrsträgers und die Streckenführung einander gegenseitig und können auf die unterschiedli-chen Zielkriterien gegenläufig wirken. So kann die Sicherstellung der Wettbewerbs-fähigkeit durch kurze Transportzeiten und hohe Zeitpuffer durch höhere Kosten erkauft werden. Die Transportprozesse unterliegen zufallsbedingten Schwankungen, deren Aus-prägungen die nachfolgenden Prozesse beeinflussen. Die Zusammenhänge sind nicht linear und können in der Folge sprunghaft auf Kosten, Umweltbelastung und Transportzeiten wirken. So unterliegen die Wartezeiten am Zoll hohen Schwan-kungen und bewirken beispielsweise zusätzliche Mautkosten, wenn aufgrund der verspäteten Weiterfahrt eine Nachtmaut zu entrichten ist. Die Wechselwirkungen sind mannigfaltig und erschweren eine mathematische Formulierung und deren analytische Lösung. Aufgrund der dynamischen Zusammenhänge unter Berücksichtigung stochasti-scher Phänomene bietet sich die Simulation zur Bewertung an. Durch die Be-schreibung des Verhaltens und der Möglichkeit, Prozesszeitschwankungen anhand von Verteilungsfunktionen zu hinterlegen, können durch eine Anzahl von Replika-tionen (Simulationsläufe mit einander unabhängigen Zufallszahlen) so genannte Vertrauensintervalle bestimmt werden, die eine Aussage ermöglichen, in welchen Bandbreiten sich die Zielgrößen bei einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit bewe-gen werden. Durch die Bandbreite der oberen und unteren Schranken der Ergeb-nisgrößen gewinnt der Anwender ein Gespür für die Robustheit der Lösung. Diese Aussage dient als Grundlage zum Vergleich mit anderen Transportketten auf Basis alternativer Verkehrsträger oder anderen Streckenführungen. Üblicherweise stehen für eine Transportaufgabe von A nach B nur wenige in Frage kommenden Alternativen zur Verfügung. Im Zusammenhang einer unternehmens-übergreifenden Betrachtung von Transporten sind weitergehende Szenarien denk-bar. Die Zusammenfassung von teilweiser oder durchgängiger Bündelung von Waren unternehmensfremder Gütertransporte rücken Verkehrsträgerkonzepte in den Vordergrund, die für die Einzelunternehmen allein zu unrentabel oder zu un-flexibel wären. Mit dem Vergleich des Gesamtszenarios einer unternehmensüber-greifenden Transportabwicklung mit den Einzelszenarien der Unternehmen sind Aussagen hinsichtlich Einsparpotentiale, einer Reduktion der Umweltbelastung sowie die Auswirkungen auf die logistische Lieferfähigkeit und -flexibilität möglich.

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Die Ermittlung der Ergebnisgrößen basiert auf verschiedenen Berechnungsschrit-ten, deren zentrales Element die logistische (ereignisdiskrete) Simulation ist. Die ökologische Bewertung erfolgt in der Ermittlung der Belastung mit CO2 und NOx sowie einer Abschätzung der an die Umwelt abgegebenen Partikelanzahl (Feinstaub). Als Basisinformationen gehen Daten über die Wegstrecke (Distanz, Höhenprofil), der Fahrzeit und dem Fahrverhalten ein. Die Simulation liefert die Informationen über die Auslastung der Verkehrsträger, womit der Verbrauch als grundlegendes Datum abgeleitet und in die Emissionsberechnung eingehen kann. Der Verbrauch geht zudem als Teil der Transportkosten in die ökonomische Be-wertung mit ein. Die Gesamtkosten ergeben sich aus der Summe von Transport-, Umschlags- und Differenzkosten Lager. Die Transport- und Umschlagskosten er-rechnen sich aus den Prozessinformationen (Zeiten, Mengen) der Simulation, mul-tipliziert mit den relevanten Kostensätzen z.B. der Maut. Die Differenzkosten Lager berücksichtigen die Veränderungen der Lagerstände in den Werken, um den Vor-teil niedrigerer Kapitalbindungskosten und Lagerhaltungskosten bei erhöhten Transportzyklen quantitativ aufzuzeigen. Die Wettbewerbsfähigkeit misst sich am Lieferservicegrad. Dieser ist stark davon abhängig, welche logistischen Anforderungen an die Versorgung der Werke ge-stellt werden. Die logistischen Vorgaben des Transports sind zumeist statische Zeitvorgaben mit Sicherheitsreserven. Dies liegt darin begründet, dass sich die aktuell gewählten Transportzeiten und -mengen an die verfügbare Transportlogistik und -kosten orientieren und nicht an die tatsächlichen Bedürfnisse der Produktion. Dies führt einerseits aufgrund der Kostenoptimierung des Logistikdienstleisters zu einer hohen Transportauslastung, andererseits wird der Lieferant aufgrund drasti-scher Pennalen bei Lieferverzug einen hohen Pufferbestand vorhalten. Die Eva-luierung von alternativen Transportkonzepten lassen nur dann hinreichende Opti-mierungspotentiale erwarten, wenn die tatsächlichen logistischen Anforderungen der Zielwerke transparent aufgedeckt werden können. Ziel der Bewertung unterschiedlicher Szenarien ist die Ermittlung von robusten Transportlogistikketten, die in Abhängigkeit einer aktuell vorliegenden Transportsi-tuation zur Auswahl stehen sollen. So kann in einer Woche die Anlieferung an die Werke durch die Lieferanten jeweils unabhängig voneinander erfolgen, in der da-rauf folgenden Woche ist die unternehmensübergreifende Nutzung eines alternati-ven Verkehrsträgers wie z.B. die Bahn aufgrund des Transportaufkommens sinn-voller. Die Entscheidung basiert auf die vorab untersuchten alternativen Logistik-modellen, die anhand der dynamischen Bewertung unter Berücksichtigung sto-chastischer Einflüsse den Faktor Zufall schon berücksichtigt haben. Diese Bewer-tung ist kontinuierlich durchzuführen, um Änderungen in den Kosten, Zeiten und sonstigen Grundlagen (z.B. Emissionsverhalten von Verkehrsträgern) nachzufüh-ren und ihre Auswirkungen auf die Transportlogistikketten zu bewerten und um ggfs. neue alternative Logistikmodelle zu entwickeln.

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Als Grundlage für das Simulationsmodell dienen einzelne Logistikbausteine (Werk, Umschlagspunkt, etc.), die für die Abbildung beliebiger logistischer Konzepte (Di-rektverkehr, Konsolidierungspunkt, Milk Run) miteinander kombiniert werden kön-nen. Ausgehend von den analysierten Transportströmen wurden diese Bausteine in der Simulationsumgebung Flexsim® erstellt und in einer Bibliothek gespeichert. Die Generierung des Simulationsmodells erfolgt somit automatisiert: auf Basis der in der Datenbank hinterlegten Struktur- und Lastdaten werden die Simulationsob-jekte aus der Bibliothek erzeugt, parametrisiert und miteinander durch Transport-beziehungen verknüpft.

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Die einzelnen Simulationsbausteine werden in verschiedenen Phasen, wie sie in Abbildung 3 aufgezeigt sind, durchlaufen.

Abbildung 3: Phasen des Simulations- und Bewertungsprozesses

Zur Modellierung des Simulationssystems bedarf es struktureller, prozessoraler und ressourcenbezogener Daten. Durch die Modellierung von Bausteinen werden die Struktur sowie das Verhalten einzelner Ressourcenbausteine in sich als auch in der Wechselwirkung mit anderen Bausteinen beschrieben. Dieses inhärente Wissen der Einzelbausteine wird durch die Konfiguration von Bausteinen zu einem Gesamtmodell genutzt und erweitert. Die Modellierung der Transportlogistikketten erfolgt interaktiv. Der Grundbaustein der Modellierung ist die Route, die ins Layout gezogen wird. Die nachfolgend an-geführten Bausteine sind mit einer Route verknüpft und werden der Route zuge-ordnet und parametriert.

– Product: Dieser Baustein beschreibt die Systemlast in Form einer Zeitplantabel-le, die angibt, wann welche Menge an Produkten im Startstandort verfügbar ist.

– Factory: Für jede Route sind der Start- und die Zielstandorte anzugeben. – Vehicle: Die alternativ eingesetzten Transportressourcen sind der Route zuzu-

ordnen. – Handlingpoint: Dieser Baustein beschreibt einen Umschlagspunkt, bei dem

eingehende Transporte komplett entladen und auf ausgehende Transporte ver-teilt werden.

– Processingpoint: Eine Route besteht aus einen oder mehreren Wegstrecken, die durch Bearbeitungspunkte mit Zeitverbrauch unterbrochen sein können. So wird beispielsweise die Weiterfahrt der beladenen Transportressource durch den Aufenthalt am Zoll verzögert.

Die Bausteine sind mit Vorgabewerten belegt, die sie durch die Verknüpfung mit einer Datenbank zum Konfigurationszeitpunkt auslesen. Der Anwender kann nun diese Werte übernehmen bzw. modifizieren. Durch die Anordnung der einzelnen Bausteine in einem Layout ist eine transparente Darstellung der Transportketten-szenarios gegeben (Abbildung 4). Zur Simulation werden die Zeitplantabellen der Startwerke ausgewertet und anhand der hinterlegten Verhaltensregeln die Trans-porte determiniert. Das Aufkommen von Produkten, die auf der ihr zugeordneten Route transportiert werden müssen, wird zu den Abfahrzeiten der Transportres-sourcen geplant und geladen. Zudem kann ein Transport angeregt werden, sollte eine vorgegebene Mindestmenge überschritten werden. Nunmehr wird die Trans-portressource über die konfigurierte Route simuliert, d. h. die Zeitanteile je Weg-strecke sowie die Zeitbedarfe in den Umschlags- und Prozesspunkten werden berechnet. Dabei werden z.B. bei der Berechnung der Fahrzeit auf den Wegstre-

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cken die Informationen zum Wegprofil (Distanz, Steigungs- und Straßenprofil) be-rücksichtigt. Das Modell sieht ebenfalls vor, dass an verschiedenen Zielwerken Produkte abgeladen werden können, sodass auch Konzepte wie beispielsweise Milk-Run abbildbar sind.

Abbildung 4: Schematische Modellierung von Transportketten im Layout

Zur Simulationszeit werden alle Daten kontinuierlich historisiert und in eine Daten-bank geschrieben. Die in der Simulation gewonnenen (logistischen) Ergebniswerte können in der Folge durch die Verrechnung mit Datenquellen zum Emissionsver-halten, zur Kostenbewertung und zum Vergleich der logistischen Zielerreichung herangezogen werden. Aufgrund der einfach zu handhabenden Modellierung sind Änderungen an den Systemparametern (z.B. veränderte Transportzyklen, Einsatz unterschiedlicher Verkehrsressourcen und -trägern, usw.) leicht durchzuführen und erlauben den Vergleich der Auswirkungen auf die drei Zielfelder von Ökono-mie, Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit. Das mit Hilfe der beschriebenen Vorgangsweise entwickelte Simulations- und Be-wertungsmodell ist in Abbildung 5 dargestellt. Als Ergebnis liegen mit jedem Sze-nario die Kennzahlen in den genannten Zielfeldern zur Ökologie, Ökonomie und Wettbewerbsfähigkeit vor. Aufgrund der gegenläufigen Zielrichtungen kann die Entscheidungsfindung nur durch Vergleich unterschiedlicher Szenarien und der Abwägung von Für und Wider der unterschiedlichen Kompromisslösungen darstel-len. So mag in einem Fall die Erfüllung der logistischen Anforderungen absolute Priorität haben, die zu Lasten betriebswirtschaftlicher und ökologischer Vorgaben gehen. Das Simulations- und Bewertungsmodell ermöglicht die transparente Dar-stellung des dynamischen Verhaltens und stellt somit eine Entscheidungsgrundla-ge für den Anwender dar.

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Das Modell dient als Grundlage zur Bewertung unterschiedlicher Logistikkonzepte. Das Ausnutzen transmodaler Logistikkonzepte scheitert oftmals an der nicht mög-lichen Prognostizierbarkeit der Auswirkungen von Änderungen, da die informati-onstechnischen Systeme entweder nicht vorliegen oder die entsprechende Flexibi-lität bzw. den ganzheitlichen Bewertungsansatz aufweisen. Mit diesem Projekt soll diese Lücke geschlossen werden, um das Potential zur Nutzung gebündelter Wa-renflüsse voll auszuschöpfen. Letztendlich sollen der Analyse von Szenarien durch

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das Simulations- und Bewertungssystem keine Grenzen gesetzt sein, um die je-weils optimale Konfiguration von Logistikprozessketten einzustellen.

Abbildung 5: Aufbau des Simulations- und Bewertungsmodells

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[1] Sihn, W., Palm, D., Matyas, K., Kuhlang, P., 2006, Automotive Region Eastern Europe –AREE: Chancen und Potentiale des „Detroit des Ostens“ für Automobilzu-lieferer, Wien [2] Engelhardt-Nowitzki C./Oberhofer, A.F., 2006, Innovationen für die Logistik- Wettbewerbsvorteile durch neue Konzepte, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co Ber-lin [3] Kinkel, S., Lay, G., Maloca, S., 2004, Produktionsverlagerungen ins Ausland und Rückverlagerungen, Report on the BMF research project no. 8/95, Fraunhofer-ISI, Karlsruhe:13. [4] Vahrenkamp R., 2007, Logistik: Management und Strategien, 6.Auflage, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH [5] Pfohl H.-C., 2004, Logistikmanagement: Konzeption und Funktionen, 2., über-arbeitete und erweiterte Ausgabe, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York [6] Wiendahl, H. –P., 1996, Erfolgsfaktor Logistikqualität. Springer, Heidelberg

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Impressum

Tagungsband»Logistik – Effiziente und sichere Warenketten3. Fachtagung zur Logistik«12. IFF-Wissenschaftstage, 16.-18. Juni 2009, Magdeburg

Veranstalter: Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF

Herausgeber: Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF

Prof. Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E. h. Michael Schenk

Sandtorstraße 2239106 MagdeburgTelefon 0391 4090-0 | Telefax 0391 [email protected]://www.iff.fraunhofer.de | http://www.vdtc.de

Redaktion: Dipl.-Kff. Corinna Kunert

Bibliografische Information der DeutschenNationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publika -tion in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte biblio-grafische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.

ISBN 978-3-8396-0023-8

Titelgestaltung/Umschlaggestaltung: Bettina Rohrschneider

Fotos, Bilder, Grafiken: Soweit nicht anders angegeben,liegen alle Rechte bei den Autoren der einzelnen Beiträge.

Alle Rechte vorbehaltenFür den Inhalt der Vorträge zeichnen die Autoren verant-wort lich. Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teileurheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über dieengen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, istohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig undstrafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Über-setzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung inelektronischen Systemen.Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen und Handels -namen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme,dass solche Bezeichnungen im Sinne der Warenzeichen- undMarkenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wärenund deshalb von jedermann benutzt werden dürften.Soweit in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze,Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI) Bezug genom-men oder aus ihnen zitiert worden ist, kann der Verlagkeine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualitätübernehmen.

© 6/2009 Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung