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Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 119 13 Kommunaler Finanzausgleich 13.1 Grundlagen Alle Flächenländer der Bundesrepublik Deutschland kennen einen Kommunalen Finanzausgleich. Obwohl in jedem Bundesland im Detail anders ausgestaltet, verfolgen die Finanzausgleiche i.d.R. zwei Hauptziele: Die Kommunen mit ausreichenden Finanzmitteln für ihre Aufgaben auszustatten, d.h. eine all- gemeine Anhebung der kommunalen Finanzausstattung über ihre Steueranteile (Realsteuern, Einkommensteueranteil, Anteil an der Umsatzsteuer) hinaus herbeizuführen. Disparitäten in der Finanzausstattung und den Kostenbelastungen zwischen den Kommunen, z.B. aufgrund von Lage, Industriestruktur, Sonderlasten etc., zu einem gewissen Grade aus- zugleichen. Dabei stehen sich die politischen Ziele „Ausgleich“ und „Leistungsanreiz“ häufig konkurrierend gegenüber. Die Berechnungs- und Ausgleichsmechanismen der Kommunalen Finanzausgleiche sind im Finanzausgleichsgesetz (FAG) des jeweiligen Bundeslandes gesetzlich festgelegt. Obwohl sie sich im Detail voneinander unterscheiden (Abbildung 13-2), bestehen alle Kommunalen Finanz- ausgleiche im Wesentlichen aus den selben Grundelementen. Diese sind in Abbildung 13-1 schematisch dargestellt. Abbildung 13-1: Grundelemente des Kommunalen Finanzausgleichs in den Flächenländern Die Modellrechnungen dieser Studie sind differentieller Natur. Im Mittelpunkt steht nicht die absolu- te Höhe der Zuweisungen an eine betrachtete Gemeinde, sondern deren Veränderung durch den Bau und Bezug des jeweils simulierten Neubaugebiets. Vor diesem Hintergrund haben Aspekte, wie das Gesamtvolumen der Verteilungsmasse oder die Mindestfinanzgarantien, die unter anderen Fragestellungen von erheblicher Bedeutung sind, keinen Einfluss auf die Modellierung. Grundelemente des Kommunalen Finanzausgleichs in den Flächenländern 1. Grundelement: Finanzausgleichsmasse : Aus welchen Finanzquellen stellt das Bundesland Mittel in welcher Höhe als Verteilungsmasse zur Verfügung? 2. Grundelement: Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden : Wie werden die Einnahmen der Gemeinden (vor dem Finanzausgleich) zu einem Indika- tor (Meßzahl) für die Steuer kraft der Gemeinde zusammengefasst? 3. Grundelement: Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden : Wie wird aus den Strukturdaten der Gemeinden auf deren normativen Finanzbedarf – ausgedrückt in einem Indikator (Meß- zahl) – geschlossen? 4. Grundelement: Intensität des Ausgleichs : Zu welchem Anteil wird der Differenzbetrag zwischen dem Finanzbedarf (nach 3.) und der Steuerkraft (nach 2.) durch das Land aus den zu verteilenden Mitteln (nach 1.) ausgeglichen? 5. Grundelement: Landesspezifische Sonderregelungen : z.B. Mindestfinanzgarantien (alle Gemeinden sollen nach dem Finanzausgleich mindestens ...% der durchschnittlichen Steuerkraft aller Gemeinden haben) oder investiv gebundene Anteile der Zuweisungen

13 Kommunaler Finanzausgleich - VPL · veredelung“) das Kernstück der Bestimmung des normativ angenommenen Finanzbedarfs einer Gemeinde. Nach §5 FAG Nds errechnet sich zunächst

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Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 119

13 Kommunaler Finanzausgleich

13.1 Grundlagen Alle Flächenländer der Bundesrepublik Deutschland kennen einen Kommunalen Finanzausgleich. Obwohl in jedem Bundesland im Detail anders ausgestaltet, verfolgen die Finanzausgleiche i.d.R. zwei Hauptziele: • Die Kommunen mit ausreichenden Finanzmitteln für ihre Aufgaben auszustatten, d.h. eine all-

gemeine Anhebung der kommunalen Finanzausstattung über ihre Steueranteile (Realsteuern, Einkommensteueranteil, Anteil an der Umsatzsteuer) hinaus herbeizuführen.

• Disparitäten in der Finanzausstattung und den Kostenbelastungen zwischen den Kommunen, z.B. aufgrund von Lage, Industriestruktur, Sonderlasten etc., zu einem gewissen Grade aus-zugleichen. Dabei stehen sich die politischen Ziele „Ausgleich“ und „Leistungsanreiz“ häufig konkurrierend gegenüber.

Die Berechnungs- und Ausgleichsmechanismen der Kommunalen Finanzausgleiche sind im Finanzausgleichsgesetz (FAG) des jeweiligen Bundeslandes gesetzlich festgelegt. Obwohl sie sich im Detail voneinander unterscheiden (Abbildung 13-2), bestehen alle Kommunalen Finanz-ausgleiche im Wesentlichen aus den selben Grundelementen. Diese sind in Abbildung 13-1 schematisch dargestellt.

Abbildung 13-1: Grundelemente des Kommunalen Finanzausgleichs in den Flächenländern Die Modellrechnungen dieser Studie sind differentieller Natur. Im Mittelpunkt steht nicht die absolu-te Höhe der Zuweisungen an eine betrachtete Gemeinde, sondern deren Veränderung durch den Bau und Bezug des jeweils simulierten Neubaugebiets. Vor diesem Hintergrund haben Aspekte, wie das Gesamtvolumen der Verteilungsmasse oder die Mindestfinanzgarantien, die unter anderen Fragestellungen von erheblicher Bedeutung sind, keinen Einfluss auf die Modellierung.

Grundelemente des Kommunalen Finanzausgleichs in den Flächenländern

1. Grundelement: Finanzausgleichsmasse: Aus welchen Finanzquellen stellt das Bundesland Mittel in welcher Höhe als Verteilungsmasse zur Verfügung?

2. Grundelement: Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden: Wie werden die Einnahmen der Gemeinden (vor dem Finanzausgleich) zu einem Indika-tor (Meßzahl) für die Steuerkraft der Gemeinde zusammengefasst?

3. Grundelement: Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden: Wie wird aus den Strukturdaten der Gemeinden auf deren normativen Finanzbedarf – ausgedrückt in einem Indikator (Meß-zahl) – geschlossen?

4. Grundelement: Intensität des Ausgleichs: Zu welchem Anteil wird der Differenzbetrag zwischen dem Finanzbedarf (nach 3.) und der Steuerkraft (nach 2.) durch das Land aus den zu verteilenden Mitteln (nach 1.) ausgeglichen?

5. Grundelement: Landesspezifische Sonderregelungen: z.B. Mindestfinanzgarantien (alle Gemeinden sollen nach dem Finanzausgleich mindestens ...% der durchschnittlichen Steuerkraft aller Gemeinden haben) oder investiv gebundene Anteile der Zuweisungen

120 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Unter den beschriebenen Elementen stellt die Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden i.d.R. den entscheidenden Gegenstand der finanz- und raumordnungspolitischen Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs dar. Hier unterscheiden sich die in den dreizehn Flächenländern angewendeten Finanzausgleiche insbesondere danach, ob • sie einen allgemein steigenden Finanzbedarf pro Einwohner mit zunehmender Gemeindegröße

unterstellen (oft als „Hauptansatzstaffel“ oder „Einwohnerveredelung“ bezeichnet).75 • kreisfreie Städte ihre Zuweisungen aus einer eigenen – von den kreisangehörigen Gemeinden

getrennten – Finanzausgleichsmasse erhalten; somit also zwei Finanzausgleichsmassen im Rahmen des 1. Grundelements (Abbildung 13-1) zur Verfügung gestellt werden.

• die Zentralörtliche Funktion einer Gemeinde – festgelegt in den jeweiligen Raumordnungs-plänen – einen Einfluss auf die Höhe der Zuweisungen hat.

Abbildung 13-2 zeigt die wichtigsten Ausgestaltungsmerkmale des 3. Grundelements nach Abbil-dung 13-1 („Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden“) für die deutschen Flächenländer in einer Übersicht (vereinfachte Darstellung nach H. Schelpmeier, 1998).76 Bundesländer Haupt-

ansatzstaffel („Einwohner-veredelung“)

Schlüsselmasse für kreisfreie

Städte

Ansätze für Zentrale Orte (in verschiedener Ausgestaltung)

Baden-Württemberg x x 1 Bayern x Brandenburg x x x 3 Hessen x x Mecklenburg-Vorpommern x 2 x 4 Niedersachsen x x Nordrhein-Westfalen x Rheinland-Pfalz x 2 x 5 Saarland x x 5 Sachsen x x Sachsen-Anhalt x x Schleswig-Holstein x 2 x 4 Thüringen x x 4 Quelle: H. Schelpmeier: Finanzausgleich für zentrale Orte? in: Raumforschung und Raumordnung, Heft 4/1998, Seite 305, vereinfachte und auszugsweise Darstellung. 1) Stadtkreise, 2) Kreisfreie Städte und Kreise werden in einer gem-einsamen Schlüsselmasse berücksichtigt, 3) Modifikation der Hauptansatzstaffel, 4) gesonderte Teilmassen: Schlüssel- bzw. Zweckzuweisungen (M.-V.), 5) Nebenansatz

Abbildung 13-2: Ausgestaltung des 3. Grundelements („Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden“) in den Finanzausgleichsgesetzen der deutschen Flächenländer

75 Historische Grundlage des Ansatzes ist das Popitz’sche Gesetz (1932). Seine Anwendung als theoretische Grundlage des Kommunalen Finanzausgleichs wird häufig kritisiert, weil es eher ein empirisches Ergebnis („Größere Gemeinden geben in der Realität pro Einwohner mehr aus.“) denn eine theoretische Begründung dieses Mehrbedarfes darstellt. 76 Eine ausführliche Darstellung der länderspezifischen Finanzausgleichsgesetze vor dem Hinter-grund der Diskussion zur Weiterentwicklung des Kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Hol-stein findet sich bei: U. Hahne; G. v. Rohr.: Das Zentrale-Orte-System in Schleswig-Holstein, Auf-arbeitung der Kritik und Prüfung von Weiterentwicklungsvorschlägen, Studie im Auftrag der Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, Flensburg, Kiel, 1998

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 121

Aus Abbildung 13-2 wird ersichtlich, dass sich die beiden Flächenländer im Untersuchungsraum (Niedersachsen und Schleswig-Holstein) hinsichtlich der Struktur ihres Finanzausgleichs relativ stark unterscheiden. Im Sinne der Fragestellung der Studie wird dies als positiv bewertet, weil auf diese Weise eine gewisse Bandbreite der möglichen Ausgestaltungen des Kommunalen Finanz-ausgleichs im Rahmen der Untersuchung berücksichtigt werden kann.

13.2 Kommunaler Finanzausgleich in Niedersachsen Grundlage der Abbildung des Kommunalen Finanzausgleichs in Niedersachsen im Rahmen der Modellrechnungen ist das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG) vom 26. Mai 1999. Dieses Finanzausgleichsgesetz stellt eine Neuordnung des Kommunalen Finanzaus-gleichs in Niedersachsen dar. Ihm war ein Urteil des Niedersächsiches Staatsgerichtshofes vom 15.11.1997 vorausgegangen, in dessen Rahmen die bisherigen Regelungen des Kommunalen Finanzausgleiches in Niedersachsen als verfassungswidrig erklärt wurden.77 1. Grundelement nach Abbildung 13-1: Finanzausgleichsmasse

Der Finanzausgleich in Niedersachsen kennt zwei getrennte Finanzausgleichsmassen (1. Grund-element nach Abbildung 13-1)78: • Finanzausgleichsmasse für Gemeindeaufgaben (Zuweisungen an kreisangehörige Einheits-

und Samtgemeinden sowie kreisfreie Städte) • Finanzausgleichsmasse für Kreisaufgaben (Zuweisungen an Kreise und kreisfreie Städte) Entsprechend ihren Aufgaben erhalten kreisfreie Städte Zuweisungen aus beiden Finanzaus-gleichsmassen. Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden erhalten keine Zuweisungen79, stattdes-sen werden Samtgemeinden im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs wie Einheitsgemein-den behandelt (§6 FAG Nds.). 2. Grundelement nach Abbildung 13-2: Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden

Die Ermittlung der Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden („Steuerkraftmesszahl“) ist für den Bereich der Gemeindeaufgaben im §11 FAG Nds geregelt. Für die Modellrechnungen ergibt sich daraus das in Abbildung 13-3 dargestellte vereinfachte Schema. Die Vereinfachungen ergeben sich daraus, dass Änderungen der Gemeindeeinnahmen aus der Gewerbe- und Umsatzsteuer im Rahmen dieser Studie nicht betrachtet werden (Abschnitt 4.2). Bei der Berechung der Steuerkraftmesszahlen tritt – wie beim Kommunalen Finanzausgleichen üblich – eine Korrektur der Realsteuereinnahmen der Gemeinden um die jeweiligen Hebesätze auf. Der Einfluss der durch die Gemeinden selbständig festzulegenden Hebesätze soll so aufgehoben werden. Niedersachsen arbeitet in diesem Zusammenhang mit zwei Durchschnittshebesätzen, die je nach Gemeindegröße bei der Ermittlung der Steuerkraftmesszahl angewendet werden.

77 Dazu im Detail: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport: Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Niedersachsen, Studie des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Hannover, 1998. Gegenstand der Studie ist insbesondere die theoretische und empirische Überprüfung von Vorschlägen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs. 78 Daneben existieren Sondertöpfe für Bedarfszuweisungen und Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, detailliert dargestellt in: Statistisches Landesamt Niedersachsen, Kommunaler Finanzausgleich 2001 (L II/S – j/01), Hannover, 2001 79 Auf den intrakommunalen Ausgleich innerhalb von Samtgemeinden wird unter den landesspezi-fischen Regelungen innerhalb dieses Abschnitts eingegangen.

122 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Abbildung 13-3: Veränderung der Maßzahl für die Steuerkraft einer Gemeinde („Steuerkraftmesszahl“) im niedersächsischen Finanzausgleich für Gemeindeaufgaben aufgrund eines Neubaugebiets

Die in Abbildung 13-3 dargestellte Steuermesszahl gilt für die Berechnung der Zuweisungen für Gemeindeaufgaben. Wie oben dargestellt, erhalten kreisfreie Städte80 zusätzlich Zuweisungen für Kreisaufgaben. Dazu wird eine „Umlagekraftmesszahl“ (§8 FAG Nds), als Maßzahl für die Steuer-kraft der Kreise und kreisfreien Städte im Rahmen des Finanzausgleichs für Kreisaufgaben berechnet. Vereinfacht für die Modellannahmen geschieht dies nach dem in Abbildung 13-4 dargestellten Verfahren.

Abbildung 13-4: Veränderung der Maßzahl für die Steuerkraft einer kreisfreien Stadt („Steuerkraftmess-zahl“) im niedersächsischen Finanzausgleich für Kreisaufgaben aufgrund eines Neubau-gebiets

80 Im Rahmen der Modellrechnung nur Hamburg, so seine Standorte wie Flächen in Hannover be-handelt werden (Szenariengruppe „x1x“).

Die Faktoren A und B stehen für 90% des jeweiligen Landesdurchschnitts der Hebesätze und lagen für den Finanzausgleich 2001 bei:

Veränderung der Steuer-kraftmess-zahl (Ge-

meindeauf-gaben) einer Gemeinde aufgrund

eines Neu-baugebiets

= A x Veränderung der Grundsteuer A (aus Kapitel 11)

Hebesatz der Gemeinde für die Grundsteuer A

+ B x Veränderung der Grundsteuer B (aus Kapitel 11)

Hebesatz der Gemeinde für die Grundsteuer B

+ 90% x Veränderung der Einkommenssteuer (aus Kapitel 12)

Gemeinde unter 100.000 Einwohner

Gemeinde über 100.000 Einwohner

Faktor A 281 v.H. 310 v.H.

Faktor B 290 v.H. 416 v.H.

Der Faktor C steht für 90% des gewogenen Landesdurchschnitts der Umlagesätze der Kreisumlagen und lag für den Finanzausgleich 2001 bei 45 v.H.

Veränderung der Umlagekraftmess-zahl einer kreis-

freien Stadt (Kreisaufgaben)

aufgrund eines Neu-baugebiets

= C x

Veränderung der Steuerkraftmess-zahl einer kreis-freien Stadt (Ge-meindeaufgaben)

aufgrund eines Neu-baugebiets

+ 90% x

Veränderung der Schlüssel-

zuweisungen für Gemeindeaufgaben aufgrund eines Neu-

baugebiets

aus Abbildung 13-3 aus Abbildung 13-7

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 123

3. Grundelement nach Abbildung 13-2: Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden

Wie die meisten Kommunalen Finanzausgleiche bildet ein Gemeindegrößenansatz („Einwohner-veredelung“) das Kernstück der Bestimmung des normativ angenommenen Finanzbedarfs einer Gemeinde. Nach §5 FAG Nds errechnet sich zunächst der sogenannte „Bedarfsansatz“ durch die Multiplikation der Einwohnerzahl mit einem Faktor zwischen 100% und 180%, der sich aus dem in Abbildung 13-5 dargestellten Zusammenhang ergibt. Da Samtgemeinden wie Einheitsgemeinden behandelt werden, werden z.T. auch Einwohner von Kleinstgemeinden – sofern sie Mitglied einer Samtgemeinde mit mehr als 10.000 Einwohner sind – mit einem Gemeindegrößenansatzes über 100% berücksichtigt.

Abbildung 13-5: Gemeindegrößenansatz („Einwohnerveredelung“) im Rahmen des niedersächsischen Finanzausgleichs (Gemeindeaufgaben)

Die Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinde („Bedarfsmesszahl“) ergibt sich durch die Multi-plikation des Bedarfsansatzes mit einem Grundbetrag. Letzterer wird jedes Jahr durch das Innen-ministerium durch iterative Näherungsrechnung81 so ermittelt, dass die zur Verfügung stehende Finanzausgleichsmasse (1. Grundelement) in der Summe über alle Gemeinden genau aufgebraucht wird. Der Grundbetrag betrug im Finanzausgleich des Jahres 2001 für Gemeinde-aufgaben EUR 583,08. Wie bei der Steuerkraft wird auch beim Finanzbedarf eine eigene Maßzahl für die Kreisaufgaben errechnet („Bedarfsmesszahl für Kreisaufgaben“ nach §7 FAG Nds). Diese berücksichtigt u.a. die

81 Detaillierter beschrieben in: Statistisches Landesamt Niedersachsen, Kommunaler Finanz-ausgleich 2001, Statistische Berichte Niedersachsen L II/S – j/01, Hannover, 2001

Gemeindegrößenansatz („Einwohnerveredelung“) im Rahmen des niedersächsischen Finanzausgleichs (Gemeindeaufgaben)

80%

100%

120%

140%

160%

180%

200%

0 100.000 200.000 300.000 400.000 500.000 600.000 700.000

Einwohner

Gem

eind

egrö

ßen

ansa

tz z

ur E

rmitt

lung

der

B

edar

fsan

sätz

e be

i den

Sch

lüss

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sung

en

für

Gem

eind

eauf

gabe

n

Quelle: §5 Finanzausgleichsgesetz Niedersachsen

124 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Sozialhilfelasten der Kreise und kreisfreien Städte. Unter Modellannahmen sind diese konstant.82 Die ansonsten mehrstufige Formel zur Berechnung der Bedarfsmesszahl vereinfacht sich bei der ausschließlichen Betrachtung ihrer Veränderung infolge des simulierten Wohnungsneubaus zu einer Multiplikation der zusätzlichen Einwohner mit dem Grundbetrag für Kreisaufgaben. Im Finanzausgleich 2001 lag dieser bei EUR 344,93. Abbildung 13-6 zeigt die Berechung der für die Modellierung entscheidenden Veränderungen der Bedarfsmesszahlen (Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden) in einer zusammenfassenden Grafik.

Abbildung 13-6: Veränderung der Bedarfsmesszahlen im niedersächsischen Finanzausgleich aufgrund des Neubaugebiets

4. Grundelement nach Abbildung 13-2: Intensität des Ausgleichs

Einheitsgemeinden, Samtgemeinden, kreisfreie Städte und Kreise erhalten dann Zuwe isungen für Gemeinde- und/oder Kreisaufgaben, wenn ihre Bedarfsmesszahl größer als ihre Steuerkraft-messzahl bzw. Umlagekraftmesszahl ist. Gemeinden, bei denen dies nicht der Fall ist, werden als abundant bezeichnet und erhalten keine Zuweisungen. Es wird angenommen, dass sich die Eigenschaft einer Gemeinde, abundant oder nicht abundant zu sein, durch das jeweils in den Modellrechnungen betrachtete Neubaugebiet nicht verändert.

Abbildung 13-7: Veränderung der Zuweisungen für Gemeinde- bzw. Kreisaufgaben im niedersächsischen Finanzausgleich

Nicht abundante Gemeinden und Kreise in Niedersachsen erhalten 75% des Differenzbetrags zwischen Bedarfsmesszahl und Steuerkraftmesszahl bzw. Umlagekraftmesszahl als Zuweisungen. Davon sind seit der Neuordnung des niedersächsischen Finanzausgleichs 15,2% durch die

82 Vgl. hierzu die detaillierte Argumentation im Abschnitt 15.5.

Veränderung der

Bedarfsmesszahl einer Gemeinde für Gemeinde-aufgaben aufgrund eines

Neubaugebiets

Veränderung der Bedarfsmesszahl einer

Gemeinde für Kreis-aufgaben aufgrund eines

Neubaugebiets

=

=

Grundbetrag für Gemein-deaufgaben

(EUR 583,08 in 2001)

Grundbetrag für Kreis-aufgaben

(EUR 344,93 in 2001)

x

x

Anzahl der Bewohner

des Neubau-gebiets

Anzahl der Bewohner

des Neubau-gebiets

Gemeinde-größenansatz nach Abbil-dung 13-5

x

Veränderung der Zuweisungen für

Gemeindeauf-gaben bzw.

Kreisaufgaben aufgrund des

Neubaugebiets

=

0, falls Gemeinde abundant sonst:

Veränderung der Bedarfsmess-

zahl (Abb. 13-6) 75% x

Veränderung der Steuer-kraft- bzw. Umlagekraft-messzahl (Abb. 13-3/4)

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 125

kommunalen Gebietskörperschaften für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen zu ver-wenden („investiv gebundener Anteil der Zuweisungen“). In den Modellrechnungen ist somit zusätzlich zu prüfen, ob eine betrachtete Gemeinde abundant ist. Im niedersächsischen Teil des Untersuchungsraum galt dies im Kommunalen Finanzausgleich 2001 nur für eine Gemeinde, die Stadt Stade. Abbildung 13-7 zeigt die Veränderung der Zuwei-sungen aufgrund des jeweils simulierten Neubaugebiets. Da ein Neubaugebiet sowohl die Bedarfsmesszahl als auch die Steuerkraft- bzw. Umlagekraft-messzahl verändert, kann die in Abbildung 13-7 dargestellte Veränderung der Zuweisungen positive und negative Werte annehmen. 5. Grundelement nach Abbildung 13-2: Landesspezifische Sonderregelungen Von Bedeutung für die Modellrechnungen sind insbesondere drei Besonderheiten des Kommu-nalen Finanzausgleichs in Niedersachsen: • die Finanzausgleichsabgabe abundanter Kommunen (§16 FAG Nds) • der zusätzliche Ansatz für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises (§ 12 FAG Nds) • die optionale anteilige Weiterleitung der Schlüsselzuweisungen durch die Samtgemeinden an

ihre Mitgliedsgemeinden (§ 6(2) FAG Nds) Finanzausgleichsabgabe: Abundante Gemeinden haben 20% des Betrages, um den ihre Steuerkraftmesszahl die Bedarfsmesszahl übersteigt, an das Land abzuführen. Dieses erhöht damit die Finanzausgleichsmasse (Abbildung 13-1). Die Veränderungen von Steuerkraft- und Bedarfmesszahl einer abundanten Gemeinde durch ein simuliertes Neubaugebiet führen somit auch zu einer Veränderung der Finanzausgleichsabgabe dieser Gemeinde (Abbildung 13-8).

Abbildung 13-8: Veränderung der Finanzausgleichsabgabe einer abundanten Gemeinde im niedersächsi-schen Finanzausgleich aufgrund eines Neubaugebiets

Ansatz für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises:

Abbildung 13-9: Veränderung der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises einer Gemeinde im niedersächsischen Finanzausgleich aufgrund eines Neubaugebiets

Veränderung der Finanz-ausgleichsabgabe einer abundanten Gemeinde durch ein Neubaugebiet

Veränderung der Bedarfsmess-

zahl (Abb. 13-6) = 20% x

Veränderung der Steuer-kraft- bzw. Umlagekraft-messzahl (Abb. 13-3/4)

Veränderung der

Zuweisungen einer Gemeinde für die

Aufgaben des übertragenen

Wirkungskreises aufgrund eines Neubaugebiets

Satz in EUR/Einwohner (je nach Verwaltungsform der Gemeinde)

Kreisfreie Stadt 42,46 Große selbst. Stadt 34,79 Einheitsgemeinde 23,79

Werte aus dem Finanzausgleich 2001

Anzahl der Bewohner

des Neubau-gebiets

= x

126 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Durch die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs werden 75% der pauschalierten Nettokosten, die den Gemeinden durch die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises entstehen, durch einen Sonderansatz nach § 12 FAG Nds erstattet. Die Erstattung erfolgt pro Einwohner nach festgelegten Sätzen. In Abbildung 13-9 sind diese Sätze in die Struktur der Modellrechnungen übertragen. Weiterleitung der Schlüsselzuweisungen durch Samtgemeinden an Mitgliedsgemeinden: Wie be-reits dargestellt wurde, erhalten die Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden keine Zuweisungen im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs. An ihrer Stelle sind die Samtgemeinden Empfänger der Zuweisungen, die sich aus der Summe der Bedarfs- und Steuerkraftmesszahlen ihrer Mitgliedsgemeinden ergeben. Im §6 (2) des niedersächsischen Finanzausgleichsgesetzes werden die Samtgemeinden jedoch dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeiten mit den erhaltenen Schlüsselzuweisungen die Finanzkraft ihrer Mitgliedsgemeinden so auszugleichen, dass diese „bei angemessener Ausschöpfung ihrer Einnahmequellen ihre Aufgaben erfüllen können“. Bei der Interpretation dieser Bestimmung ist zu beachten, dass die Gemeinden gleichzeitig eine Samtgemeindeumlage an die Samtgemeinde zu zahlen haben.83 Somit stehen sich zwei Zahlungs-ströme in entgegengesetzten Richtungen gegenüber, deren Zielsetzung jeweils die Sicherstellung der ausreichenden Finanzausstattung der mittelempfangenden Gebietskörperschaft ist (Abbildung 13-10). Der Umfang der Weiterleitung der Zuweisungen des Kommunalen Finanzausgleichs und die Höhe der Samtgemeindeumlage stehen somit in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis.

Abbildung 13-10: Zusammenhang zwischen der Weiterleitung von Zuweisungen des Kommunalen Finanz-ausgleichs an die Mitgliedsgemeinden (Empfehlung nach § 6 (2) FAG Nds) und der Erhe-bung von Samtgemeindeumlagen in Niedersachsen

Eine Befragung der Kämmereien der Samtgemeinden im Untersuchungsgebiet ergab, dass die Weiterleitung der Zuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich an die Mitgliedsgemeinden vor dem Hintergrund der direkten Zusammenhänge mit der Samtgemeindeumlage sehr unter-schiedlich gehandhabt wird. Einige Samtgemeinden leiten Mittel aus dem Kommunalen Finanz-ausgleich überhaupt nicht weiter, andere nur einen bestimmten Anteil oder eine feste Summe, zum Teil mit dem Hinweis, dies sei wegen der Samtgemeindeumlage eigentlich nur eine „pro forma“-Weiterleitung. 83 Zu den Finanzbeziehungen innerhalb von Samtgemeinden genauer: H.-K Völkel: Die räumliche Verteilung öffentlicher Mittel in gebietsreformierten Gemeinden, Hamburg, Heidenau, 2002. In dieser Studie stehen die Investitionen im Vordergrund der Betrachtung.

Land Niedersachsen

Samtgemeinde

Mitgliedsgemeinde der Samtgemeinde

Zuweisungen im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs

teilweise Weiterleitung der Zuweisungen aus dem

Kommunalen Finanzausgleich

Samtgemeindeumlage

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 127

Im Rahmen dieser Studie stehen die Mitgliedsgemeinden im Mittelpunkt des Interesses, da sie über die Bebauungsplanung entscheiden bzw. Wünsche nach Änderungen des Flächennutzungs-planes gegenüber der Samtgemeinde formulieren. Entsprechend werden die fiskalischen Wir-kungen auf diese und nicht auf die Samtgemeinden betrachtet.

Verteilungsmasse der Weiterleitung Verteilungsschlüssel der Weiterleitung

Samtgemeinde

keine Wei-terlei-tung Anteil an den

investiv gebunde-nen Mitteln

(entspricht 12,3% der allgemeinen Zuweisungen an

die Samt-gemeinde)

Anteil 1) an den gesamten Zu-weisungen der Samtgemeinde

(ohne Zuweisun-gen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises)

nach der Ein-wohnerzahl

nach der Steuerkraft-messzahl

SG Apensen x SG Bardowick x SG Elbmarsch x SG Fredenbeck 1% 100% SG Gellersen 50% 50% 2) 50% 2) SG Hanstedt x SG Harsefeld x SG Hollenstedt 34% 3) 50% -50% 4) SG Horneburg 38% 100% 5) SG Jesteburg 40% 100% 6) SG Lühe 4% 7) 50% 8) 50% 8) SG Salzhausen 11% 9) 100% SG Scharnebeck 6% 100% SG Tostedt x

Quelle: Eigene Befragung der Kämmereien der genannten Samtgemeinden. Die zur Darstellung auf volle Prozentpunkte gerundeten Angaben beziehen sich auf die Praxis im Haushaltsjahr 2001. 1) Über die Höhe der weiterzuleitenden Mittel entscheidet die Samtgemeinde i.d.R. in Form eines festen Betrags im Haushalt. Die Anteile an den Zuweisungen wurden entsprechend zurückgerechnet. 2) Informationen zum Verteilungsschlüssel lagen nicht vor. 3) Geschätzt aus Daten zum Kommunalen Finanzausgleich 2001 und zum Internen Finanzausgleich der Samtgemeinde Hollenstedt für das Haushaltsjahr 2003. Nicht berücksichtigt sind Sonderzuweisungen für Musikschulen und besondere Lagen, die nicht auf ein Neubaugebiet reagieren. 4) negatives Vorzeichen, da 50% der Verteilungsmasse nach dem „negativen Steueraufkommen“ verteilt werden, d.h. eine steigende Steuerkraftmesszahl einer Mitgliedsgemeinde führt - ceteris paribus - zu einer abnehmenden Samtgemeinde-internen Ausgleichszahlung. 5) zusätzlich fester Betrag für alle Mitgliedsgemeinden, der nicht auf Veränderungen durch Neubaugebiete reagiert. 6) Vereinfachung. Der reale Verteilungsschlüssel beinhaltet neben einem Einwohnersatz als wichtigster Komponente weitere Parameter wie die fiktive Anspruchsberechtigung auf Schlüsselzuweisungen nach FAG Nds, die Anzahl der Kindergartenplätze und die Finanzlage der Mitgliedsgemeinden. 8) Vereinfachung. Zusätzlich existieren Grundbeträge für jede Mitgliedsgemeinde sowie abschließende Veränderungen der Berechnungsergebnisse durch Ratsbeschluss. 8) Vereinfachung. Der interne Verteilungsschlüssel besteht je zu einem Drittel aus der Einwohnerzahl, der Steuerkraft und der Bedürftigkeit (Finanzlage) der Mitgliedsgemeinden. Da die allgemeine Finanzlage im Rahmen der Modellierung nicht abgebildet werden kann, wird sie als konstant interpretiert und die interne Verteilungsmasse entsprechend reduziert. 9) entspricht 12% der nicht investiv gebundenen Mittel.

Abbildung 13-11: Weiterleitungspraxis der Samtgemeinden an ihre Mitgliedsgemeinden nach §6 (2) FAG Nds. im Haushaltsjahr 2001 hinsichtlich der Zuweisungen aus dem Kommunalen Finanz-ausgleich

128 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Aufgrund dieses Blickwinkels ist es notwendig, auch die - sehr heterogen strukturierte - Weiterleitung der Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich an die Mitgliedsgemeinden in den Modellrechnungen zu berücksichtigen. Dazu wurden alle Samtgemeinden des Untersuchungsrau-mes befragt, ob und wie sie im Haushaltsjahr 2001 Schlüsselzuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich an ihre Mitgliedsgemeinden weitergeleitet haben. Abbildung 13-11 zeigt das Ergebnis dieser Befragung. Die in Abbildung 13-11 dargestellten Verteilungsmechanismen stellen eine Momentaufnahme dar. Sie können nur im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Wertegerüst des Kommunalen Finanz-ausgleichs und der Samtgemeindeumlage (Kapitel 18) interpretiert werden. Diese Daten fließen ebenfalls in die Modellrechnung ein und werden im Kapitel 19 zu einer abschließenden Saldierung zusammengeführt.84

13.3 Kommunaler Finanzausgleich in Schleswig-Holstein Grundlage für die Berücksichtigung des Kommunalen Finanzausgleichs Schleswig-Holstein im Rahmen der Modellrechnungen ist das Gesetz über den Finanzausgleich in Schleswig-Holstein in der Fassung vom 4.2.1999. 1. Grundelement nach Abbildung 13-1: Finanzausgleichsmasse

Der schleswig-holsteinische Finanzausgleich kennt - neben einer Reihe von Sondertöpfen (§§ 16-25 FAG SH)85 - vier getrennte Finanzausgleichsmassen (§7 in Verbindung mit § 12 (1) FAG SH), und zwar jeweils für • Gemeinden, • Kreisfreie Städte, • Kreise und • übergemeindliche Aufgaben. Für die Modellrechnungen sind lediglich die Finanzausgleichsmassen „Gemeinden“, und „Kreisfreie Städte“ relevant. Kreisfreie Städte erhalten sowohl Zuweisungen aus der Finanz-ausgleichsmasse „Gemeinden“ als auch aus der Finanzausgleichsmasse „Kreisfreie Städte“. Bei amtsangehörigen Gemeinden sind die Gemeinden selbst Empfänger der Zuweisungen, nicht aber die Ämter. Die Finanzausgleichsmasse „Übergemeindliche Aufgaben“ (§15 FAG SH) stellt die in Abbildung 13-2 bereits als Besonderheit Schleswig-Holsteins ausgewiesene gesonderte Teilmasse für die Berücksichtigung zentralörtlicher Funktionen im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs dar. In Abhängigkeit ihrer zentralörtlichen Funktion nach den entsprechenden Raumordnungsplänen erhalten die Zentralen Orte feste Anteile an der Verteilungsmasse. Diese Anteile verändern sich nur im Falle einer Neuzuordnung zentralörtlicher Funktionen. Da davon auszugehen ist, dass sich die zentralörtliche Funktion der jeweils in den Modellrechnungen betrachteten Gemeinde nicht durch das simulierte Neubaugebiet verändert, treten durch den Bezug der neuen Wohnungen keine Veränderungen der Zuweisungen der Gemeinde aus der Finanzausgleichsmasse „Überge-meindliche Aufgaben“ ein86. Die Berücksichtigung der zentralörtlichen Funktion im Rahmen des

84 Die vielschichtigen Zusammenhänge zwischen Steuerkraft, Umlagesätzen, Zuweisungen und Weiterleitungen sind eine häufige Quelle von Missverständnissen, nicht zuletzt in Pressedarstel-lungen (z.B. beim Vergleich von Umlagesätzen verschiedener Samtgemeinden). 85 Die Wirkung dieser Sondertöpfe ist in den Nettostellungen der kommunalen Haushaltsdaten („Ausgabensätze“) in Kapitel 15 enthalten. 86 Die einzig denkbaren Veränderungen könnten sich unter bestimmten Konstellationen aus dem Bau einer Schule (Kapitel 16) als Folge einer Neubaugebietsausweisung ergeben. Diese Wirkungskette scheint aber kaum verallgemeinerungsfähig.

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 129

schleswig-holsteinischen Finanzausgleichs hat somit eher sichernden Charakter hinsichtlich der allgemeinen Finanzausstattung der Zentralen Orte. Sie entfaltet aber keine projektbezogene Wirkung. 2. Grundelement nach Abbildung 13-2: Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden

Die Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden („Steuerkraftmesszahl“) für die Zuweisungen aus der Finanzausgleichsmasse „Gemeinden“ ergibt sich aus den Regelungen des §10 FAG SH. Nach den Vereinfachungen für die Modellrechnung (keine Berücksichtigung der Umsatz- und Gewerbesteuer) ergibt sich die in Abbildung 13-12 dargestellte Berechnungsvorschrift.

Abbildung 13-12: Veränderung der Steuerkraftmesszahl für die Finanzausgleichsmasse „Gemeinden“ im Kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holstein aufgrund eines Neubaugebiets

Die Berechnung der Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinden („Finanzkraftmesszahl“) für die Zuweisungen aus der Finanzausgleichsmasse „Kreisfreie Städte“ ist in §14 (2) FAG SH definiert. Bei ausschließlicher Berücksichtigung der für die Modellrechnungen relevanten Elemente ergibt sich der in Abbildung 13-13 dargestellte Zusammenhang.87

Abbildung 13-13: Veränderung der Finanzkraftmesszahl für die Finanzausgleichsmasse „Kreisfreie Städte“ im Kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holstein aufgrund eines Neubaugebiets

87 Zu den Vereinfachungen für die Modellrechnungen zählt auch, dass die Finanzausgleichsum-lage nach §30 FAG SH nicht weiter berücksichtigt wird, da die Landeshauptstadt Kiel (einzige kreisfreie Stadt im niedersächsischen Teil des Untersuchungsraumes) nicht abundant ist.

Veränderung der Steuer-kraftmess-zahl für Ge-

meinden aufgrund

eines Neu-baugebiets

= 260% x Veränderung der Grundsteuer A (aus Kapitel 11)

Hebesatz der Gemeinde für die Grundsteuer A

+ 260% x Veränderung der Grundsteuer B (aus Kapitel 11)

Hebesatz der Gemeinde für die Grundsteuer B

+ 100% x Veränderung der Einkommenssteuer (aus Kapitel 12)

+ 100% x Veränderung des Familienleistungsausgleichs (aus Kap. 12)

Veränderung der Finanzkraftmess-zahl einer kreis-

freien Stadt aufgrund eines Neubaugebiets

= 100% x

Veränderung der Steuerkraft-

messzahl der kreisfreien Stadt (Ausgleichmasse

„Gemeinden“) aufgrund eines Neubaugebiets

+ 100% x

Veränderung der Schlüsselzuweisun-gen der kreisfreien

Stadt aus der Ausgleichsmasse

„Gemeinden“ aufgrund eines Neubaugebiets

aus Abbildung 13-12 aus Abbildung 13-15

130 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

3. Grundelement nach Abbildung 13-2: Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinden

Im Gegensatz zum Kommunalen Finanzausgleich in Niedersachsen (Abbildung 13-5) und den meisten anderen Flächenländern (Abbildung 13-2) kennt der Finanzausgleich Schleswig-Holstein keinen Gemeindegrößenansatz („Einwohnerveredelung“). Die Berechnung der Maßzahl für den Finanzbedarf („Ausgangsmesszahl“) erfolgt durch eine Multi-plikation der Einwohnerzahl der Gemeinde mit einem Grundbetrag, den das Innenministerium jährlich festlegt.88 Damit ergeben sich die in Abbildung 13-14 zusammengestellten Berechnungs-vorschriften.

Abbildung 13-14: Veränderung der Ausgangsmesszahlen für die Finanzausgleichsmassen „Gemeinden“ und „Kreisfreie Städte“ im Kommunalen Finanzausgleich Schleswig-Holstein aufgrund eines Neubaugebiets

4. Grundelement nach Abbildung 13-2: Intensität des Ausgleichs

Gemeinden erhalten allgemeine Gemeindeschlüsselzuweisungen aus der Finanzausgleichmasse „Gemeinden“, wenn ihre Ausgangsmesszahl (Abbildung 13-14, oben) größer als ihre Steuer-kraftmesszahl (Abbildung 13-12) ist.

Abbildung 13-15: Veränderung der Zuweisungen aus den Ausgleichsmassen „Gemeinden“ und „kreisfreie Städte“ im Finanzausgleich Schleswig-Holstein

Die Zuweisungen entsprechen 50% der Differenz. Abundante Gemeinden erhalten keine Zuwei-sungen. Kreisfreie Städte erhalten zusätzlich Zuweisungen aus der Finanzausgleichsmasse

88 Zur Berechnung des Grundbetrages siehe entsprechende Fußnote zum Kommunalen Finanzausgleich Niedersachsen.

Veränderung der

Ausgangsmesszahl einer Gemeinde für die Ausgleichs-masse „Gemeinde“ aufgrund

eines Neubaugebiets

Veränderung der Ausgangs-messzahl einer kreisfreien Stadt

für die Ausgleichsmasse „Kreisfreie Städte“ aufgrund eines

Neubaugebiets

=

=

Grundbetrag für Ausgleichsmasse

„Gemeinden“ (EUR 751,00 in

2002)

Grundbetrag für Ausgleichsmasse „Kreisfreie Städte“ (EUR 1.319,40 in

2002)

x

x

Anzahl der Bewohner

des Neubau-gebiets

Anzahl der Bewohner

des Neubau-gebiets

Veränderung der Zuweisungen aus den Ausgleichs-

massen „Gemein-den“ bzw. „kreisfreie Städte“ aufgrund des

Neubaugebiets

=

0, falls Gemeinde abundant sonst:

Veränderung der Ausgangsmess-

zahl (Abb. 13-14) 50% x

Veränderung der Steuer-kraft- bzw. Finanzkraft-

messzahl (Abb. 13-12/14) –

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 131

„Kreisfreie Städte“, wenn ihre Ausgangsmesszahl für die Ausgleichsmasse „Kreisfreie Städte“ (Abbildung 13-14, unten) größer als ihre Finanzkraftmesszahl (Abbildung 13-13) ist. Auch hier beträgt die Höhe der Zuweisungen 50% des Differenzbetrags.89 Grundsätzlich sind 8,5% der allgemeinen Zuweisungen investiv gebunden. Für die Modellrechnungen ergibt sich somit der in Abbildung 13-15 dargestellte Zusammenhang für die Berechnung der Veränderungen der Zuweisungen aus den Ausgleichsmassen „Gemeinden“ und „kreisfreie Städte“. Wie auch im niedersächsischen Finanzausgleich kann die Veränderung der Zuweisungen für die betrachteten Gemeinden des Untersuchungsraumes ein positives oder negatives Vorzeichen besitzen. 5. Grundelement nach Abbildung 13-2: Landesspezifische Sonderregelungen Besonderheiten des Kommunalen Finanzausgleichs mit Bedeutung für die Modellrechnungen bestehen in der Finanzausgleichsumlage (§30 FAG SH). Ähnlich den Regelungen in Niedersach-sen müssen abundante Gemeinden, also Kommunen, deren Steuerkraftmesszahl (Abbildung 13-12) ihre Ausgangsmesszahl (Abbildung 13-14, oben) übersteigt, eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 20% abführen.90 Analog der Situation in Niedersachsen (Abbildung 13-8) ergibt sich somit der folgende Zusammen-hang zur Berechnung der Veränderung der Finanzausgleichsumlage bei abundanten Gemeinden.

Abbildung 13-16: Veränderung der Finanzausgleichsumlage einer abundanten Gemeinde im Finanzaus-gleich Schleswig-Holstein aufgrund eines Neubaugebiets

89 Aufgrund ihrer statischen Eigenschaften werden in der Modellierung die im Rahmen der Haushaltskonsolidierung in das FAG SH aufgenommenen pauschalen Kürzungsbeträge für die Jahre 1999 bis 2008 im §12 (4) FAG SH nicht berücksichtigt. 90 Die Finanzausgleichsumlage geht je zur Hälfte an das Land und den Kreis. Letzteres geht insbesondere auf die Initiative des Landkreises Stormarn zurück.

Veränderung der Finanz-ausgleichsumlage einer abundanten Gemeinde durch ein Neubaugebiet

Veränderung der Ausgangsmess-zahl (Abb. 13-14)

= 20% x Veränderung der Steuer-

kraftkraftmesszahl (Abb. 13-12)

132 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

13.4 Statistische Zeitverzögerungen Die Eingangsparameter der Berechnungsvorschriften für die Kommunalen Finanzausgleiche Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind Daten aus amtlichen Statistiken bzw. Ergebnisse anderer Steuerverteilungsmechanismen, z.B. der Einkommensteuer. So kommt es zu einer Kette von zeitlichen Verzögerungen, bis der Bezug eines Neubaugebiets sich im Wert aller relevanten Bemessungsgrößen niedergeschlagen hat. Betroffen davon sind • die Einwohnerstatistik • die Einnahmen der Gemeinden aus der Einkommensteuer (Abschnitt 12-4) • die Maßzahl für die Finanzkraft der Gemeinde • die Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinde • die Zuweisungen Abbildung 13-17 zeigt die kaskadenartigen Auswirkungen des Zuzugs einer Einkommensteuer zahlenden Person in eine Gemeinde.91 • Die Person zieht zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Gemeinde, z.B. in eine neu gebaute

Wohnung. Mit ihrer Anmeldung beim Einwohnermeldeamt ist sie in den Einwohnerstatistiken berücksichtigt.

• Der zusätzliche Einwohner führt erst im Folgejahr „Zuzug + 1“ zu einer Erhöhung der ent-sprechenden Maßzahl für den Finanzbedarf im Rahmen des jeweiligen Finanzausgleichs, da dieser jeweils auf die Einwohnerdaten des Vorjahres zurückgreift. Zusätzlich werden die ggf. steigenden Einnahmen aus der Grundsteuer berücksichtigt (nicht dargestellt)92. Da der Zunahme der Maßzahl für den Finanzbedarf der Gemeinde keine entsprechende Zunahme der Maßzahl für die Steuerkraft gegenübersteht, steigen die allgemeinen Zuweisungen an die Gemeinde.

• Wie in Abschnitt 12.4 ausführlich dargestellt, verändert der zusätzliche Steuerpflichtige im Durchschnitt erst im Jahr „Zuzug + 6“ die Schlüsselzahlen für die Aufteilung der Gemeinde-anteile an der Einkommensteuer.

• Der Kommunale Finanzausgleich berücksichtigt den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer des Vorjahres bei der Berechnung der Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinde. Hier findet der zusätzliche Einkommensteuerzahler Niederschlag im Jahre „Zuzug + 7“. Dem Ansteigen der Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinde steht kein Ansteigen der Maßzahl für den Finanzbedarf gegenüber. Entsprechend sinken die allgemeinen Zuweisungen an die Gemeinde.

91 Der hier beschriebene „Einschaukeleffekt“ findet sich für Gemeinden in Nordrhein-Westfalen beschrieben in: F.-J. Bade, M. Junkernheinrich, G. Micosatt, J. Schelte: Finanzielle Auswirkungen von Baulandausweisungen, Bochum, 1993 92 Dies ist eine Vereinfachung. Wie im Kapitel 11 beschrieben, finden die Neubewertungen der Grundstücke in der Realität oft erst später statt. Zwar kann die Grundsteuer rückwirkend bis zur Baufertigstellung durch die Gemeinden erhoben werden, sodass diese keine Steuerverluste hinnehmen muss. Im Kommunalen Finanzausgleich führt dieser ungleichmäßige Geldfluss aber zu jährlich veränderten Schlüsselzuweisungen. Auf eine Abbildung dieses Effekts wird verzichtet. Es wird vereinfachend angenommen, dass die volle Grundsteuer ab dem Einzugsjahr bezahlt wird und somit ab dem Jahr „Zuzug + 1“ mit einer konstanten Mehreinnahme der Gemeinde im Kommunalen Finanzausgleich zur Anrechnung gebracht wird.

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 133

Abbildung 13-17: Zeitliche Verzögerungen des statistischen Niederschlags des Zuzugs einer Einkommen-steuer zahlenden Person in eine Gemeinde

Aus der Darstellung wird ersichtlich, dass etwa sieben Jahre vergehen, bis sich der Kommunale Finanzausgleich „eingeschaukelt“ hat. Die im folgenden Abschnitt dargestellten Modellergebnisse sind daher nach den in Abbildung 13-17 hergeleiteten Zeitabschnitten zu differenzieren.

13.5 Modellergebnisse Die nachfolgenden Abbildungen 13-18 bis 13-25 zeigen die Ergebnisse der Modellrechnungen. Für die betrachteten Szenariengruppen wird dabei jeweils zwischen dem Zeitraum „Jahr 2 bis Jahr 7 nach dem Bezug“ und „ab Jahr 8 nach dem Bezug“ differenziert. Dargestellt wird • die Szenariengruppe „11x“: „mit Immobilienmarkt“ und „Behandlung der Hamburger Standorte

wie Flächen in Hannover (Niedersachsen)“: Abbildung 13-18 (Jahre 2-7) und 13-19 (ab Jahr 8) • die Szenariengruppe „12x“: „mit Immobilienmarkt“ und „Behandlung der Hamburger Standorte

wie Flächen in Kiel (Schleswig-Holstein)“: Abbildung 13-20 (Jahre 2-7) und 13-21 (ab Jahr 8) • die Szenariengruppe „21x“: „ohne Immobilienmarkt“ und „Behandlung der Hamburger

Standorte wie Flächen in Hannover“ (Niedersachsen)“: Abbildung 13-22 (Jahre 2-7) und 13-23 (ab Jahr 8)

• die Szenariengruppe „22x“: „ohne Immobilienmarkt“ und „Behandlung der Hamburger Standorte wie Flächen in Kiel (Schleswig-Holstein)“: Abbildung 13-24 (Jahre 2-7) und 13-25 (ab Jahr 8)

Wie in allen Modellrechnungen beziehen sich auch bei Abbildungen dieses Abschnittes alle Werte auf den Vergleichsfall „ohne Neubaugebiet“ (Abbildung 2-1).

Kommunaler Finanzausgleich Jahr Einwohner-statistik der Gemeinde

Gemeindeanteil an der

Einkommen-steuer **)

Maßzahl für die Steuerkraft der Gemeinde

Maßzahl für den Finanz-bedarf der Gemeinde

Zuweisungen an Gemeinde (im Vergleich zum Vorjahr)

Zuzug *) + ∆ unverändert Zuzug + 1 + ∆ steigt Zuzug + 2 unverändert Zuzug + 3 unverändert Zuzug + 4 unverändert Zuzug + 5 unverändert Zuzug + 6 + ∆ unverändert Zuzug + 7 + ∆ sinkt Eigene Darstellung. Effekt mit etwas anderen Zeitverzögerungen für NRW beschrieben in: F.-J. Bade, M. Junkern-heinrich, G. Micosatt, J. Schelte: Finanzielle Auswirkungen von Baulandausweisungen, Bochum, 1993 *) Zuzug erfolgt innerhalb der ersten drei Monate des Jahres. Ansonsten verlängern sich die Verzögerungen um ein weiteres Jahr. **) detaillierte Beschreibung der Verzögerung in Abschnitt 12.4. In Schleswig-Holstein zusätzliche Wirkung auf die Zuweisungen aus dem Sonderausgleich nach § 31 a FAG SH im Rahmen der Neuregelung des Familien-leistungsausgleichs (Abschnitt 12.8)

134 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Abbildung 13-18: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 11x: „Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 11x („Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“) Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 135

Abbildung 13-19: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 11x: „Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 11x („Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“) Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

136 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Abbildung 13-20: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 12x: „Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 12x („Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“) Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 137

Abbildung 13-21: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 12x: „Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 12x („Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“) Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

138 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Abbildung 13-22: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 21x: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 21x („Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“) Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 139

Abbildung 13-23: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 21x: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 21x („Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“) Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

140 Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich

Abbildung 13-24: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 22x: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 22x („Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“) Zeitraum „Jahr 2 bis 7 ab dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

Kapitel 13 – Kommunaler Finanzausgleich 141

Abbildung 13-25: Modellergebnis: Einnahmen der Gemeinden aus dem Kommunalen Finanzausgleich im Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“ (Szenariengruppe 22x: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Quelle: Eigene Modellierung

Bilanz der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich pro Wohneinheit

Szenariengruppe 22x („Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“) Zeitraum „ab Jahr 8 nach dem Bezug des Neubaugebiets“

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 0 EUR

0 bis +400 EUR +400 bis +800 EUR

+800 bis +1.200 EUR +1.200 bis +1.600 EUR +1.600 bis +2.000 EUR

über +2.000 EUR

142 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

14 Ausgabenanteil der Gemeinde bei der Baulandbereit-stellung

14.1 Kosten der Baulandbereitstellung Mit der Errichtung neuer Wohnungen sind in aller Regel Kosten verbunden, die über die reinen Baukosten der Häuser hinausgehen. Diese Kosten betreffen insbesondere den Anschluss der neuen Häuser an die städtischen Netze für Verkehr, Wasser, Abwasser, Gas, Strom, Fernwärme, Abfallentsorgung und Telekommunikation.

Kostenträger Stadttechnisches Netz bzw. Kostenbereich

Gemeinde Woh-nungs-

besitzer 1)

Allgemein-heit der Nutzer 2)

Gesetzliche Grundlage

Verkehr X X

Öff. Grünflächen 3) X X

Lärmschutz X X

der öffentlichen Flächen

X X

Erschließungsbeitragsrecht nach §127 ff BauGB

Ab-was-ser der privaten

Flächen

X X

Wasser X X

Ortssatzung nach Kommunal-abgabengesetz (KAG)

Abfallbeseitigung X X

Elektrizität X X

Gas X X

Fernwärme X X

Telekommunikation X X

Privatrechtliche Anschluss- und Nutzungsverträge der Haus-halte mit öffentlichen oder pri-vaten Versorgungsunterneh-men 4)

Öffentlicher Personen-nahverkehr (ÖPNV) X

Rechtsverhältnis zwischen Gemeinde und ÖPNV-Anbieter

Ökologischer Eingriffsausgleich

X

Bundesnaturschutzgesetz

Eigene Darstellung. Anmerkungen: 1) Ggf. weitergeleitet durch Projektentwickler 2) Die Beteiligung der Allgemeinheit der Netznutzer ergibt sich i.d.R. durch Kapazitätsanpassungen im Gesamtnetz, die den neu hinzukommenden Woh-nungen nicht oder nur pauschaliert, nicht aber in Form von Grenzkosten in Rechnung gestellt werden. Übersteigen die Grenzkosten der Netzerweiterungen/Neuanschlüsse die Anschlussgebühren der Neunutzer, zahlen alle Netznutzer den Differenzbetrag über ihre Nutzungsgebühren. Im Falle von Verbesserungen der Netzauslastung kann es auch zu einer Besserstellung aller Netznutzer kommen. Vgl. hierzu: Ecoplan, Siedlungsentwicklung und Infrastrukturkosten, Studie i.A. des Schweizerischen Bundesamtes für Raumentwicklung, Bern, 2000 3) Soweit sie im Zusammenhang mit den zuvor genannten Verkehrsflächen stehen oder zur städtebaulichen Einbindung notwendig sind; keine Kinder-spielplätze (§ 127 (2) Punkt 4) 4) Die gesetzlichen Grundlagen (z.B. Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV), entsprechend AVBGasV, AVBFernwärmeV, AVBWasserV) kennen neben den Nutzungsgebühren pro Leistungseinheit i.d.R. die folgenden Kostenkategorien im Zusammenhang mit Neuanschlüssen: Baukostenzuschüsse der Neukunden für zurechenbare Netzerweiterungen, Hausanschlusskosten sowie Kostenerstattungen für die Inbetriebsetzung der Kundenanlage. Informationen dieser Abbildung sind zum Teil entnommen aus: H. Weeber, M. Rees.: Kostenfaktor Erschließungsanlagen, Stuttgart, 1999

Abbildung 14-1: Kostenaufteilung bei der Baulandbereitstellung

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 143

Die dabei entstehenden Kosten teilen sich die Wohnungseigentümer, die Gemeinde und die Allgemeinheit der Netznutzer. Projektentwickler treten in aller Regel nur als Mittler auf, da sie ihre Kostenanteile auf die späteren Käufer der Wohnungen umlegen. Abbildung 14-1 zeigt die Kostenaufteilungen für die verschiedenen stadttechnischen Netze sowie weitere Kostenbereiche im Zusammenhang mit der Baulandbereitstellung.93 Aus Abbildung 14-1 wird ersichtlich, dass aus Sicht der Kosten für die Gemeinde die Bereiche: • Verkehrsanlagen (Abschnitt 14.2 und 14.3) • Öffentliche Grünflächen (Abschnitt 14.4) • Lärmschutz (Abschnitt 14.5) • Entwässerung der öffentlichen Flächen (Abschnitt 14.6) • sowie Öffentlicher Personennahverkehr (Abschnitt 14.3) genauer zu betrachten sind. Die in den folgenden Abschnitten detaillierter dargestellten Kostenabschätzungen können dabei nur den Stellenwert von Näherungen und Durchschnittsbetrachtungen annehmen. Verschiedene Studien der letzten Jahren haben immer wieder große Varianzen bei den tatsächlichen Kosten der Baulandbereitstellung - bzw. des Anteils der Gemeinden daran - festgestellt.94 Die Besonderheiten jedes einzelnen Baugebiets haben somit erhebliche Auswirkungen auf die Kosten der Bauland-bereitstellung. In den nachstehenden Abschnitten 14.2 bis 14.8 werden zunächst die Gesamtkosten der aufge-listeten Bereiche angenähert. Ihre Aufteilung zwischen der Gemeinde und den Wohnungsbesitzern (Abbildung 14-1) erfolgt im darauf folgenden Abschnitt 14.9.

14.2 Verkehrsanlagen der inneren Erschließung Zu den Verkehrsanlagen der inneren Erschließung zählen nach der Definition des §127 BauGB: • die öffentlichen, zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze, • die Wege für den Fuß- und Radverkehr innerhalb des Wohngebiets, • sowie die Sammelstraßen innerhalb des Wohngebiets. Die Gesamtkosten der Verkehrsanlagen der inneren Erschließung ergeben sich aus den Bau- und Materialkosten für die Herstellung zuzüglich der Kosten für die benötigten Flächen. Da es sich bei den Verkehrsanlagen um Tiefbauarbeiten handelt, deren Kosten im Wesentlichen durch ihre flächige Ausbreitung bestimmt sind, erscheint es sinnvoll, für beide Kostenanteile den Flächenbedarf als zentrale Bestimmungsgröße zu betrachten (Abbildung 14-2).

93 Abbildung 14-1 enthält u.a. Informationen aus: H. Weeber, M. Rees.: Kostenfaktor Erschlie-ßungsanlagen, Stuttgart, 1999 94 So z.B.: Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Wege zur preiswerten Erschließung. Neue Wohn- und Mischgebiete im Städtevergleich (Empiri-sche Studie der Firma Empirica), Düsseldorf, Berlin, 1997; F.-J. Bade, M. Junkernheinrich, G. Micosatt, J. Schelte: Finanzielle Auswirkungen von Baulandausweisungen, Bochum 1993 (Exper-tengespräche); Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen, Wirtschafts-ministerium Baden-Württemberg: Effizient erschließen. Innovative Konzepte zur kosten- und flächensparenden Erschließung von Wohngebieten (Empirische Auswertung eines Kommunal-wettbewerbs in Baden-Württemberg), Schwäbisch Hall, 1999; ohne Veröffentlichung: Kommunal-befragung der BfLR zu den Kosten der Baulanderschließung im Jahre 1997

144 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

Abbildung 14-2: Bestandteile und Flächenbezug der Kosten für Verkehrsanlagen der inneren Erschließung (vereinfachende Modellannahmen im Rahmen der Modellrechnungen)

Verschiedene Quellen zeigen eine Abhängigkeit des Flächenbedarfs für die innere Verkehrs-erschließung von der Dichte der Bebauung, letztere z.B. ausgedrückt in der durchschnittlichen GFZ eines Wohngebiets (Abbildung 8-5). Wie Abbildung 14-3 zeigt, steigt der Flächenbedarf für Verkehrsanlagen pro Hektar Nettowohnbaufläche mit zunehmender Dichte. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Flächenbedarf zur Verkehrserschließung pro Wohnung bei freistehenden Einfamilienhäusern um das Zwei- bis Dreifache höher als beim Geschosswohnungsbau liegt.

Abbildung 14-3: Abhängigkeit des Flächenbedarfs der inneren Verkehrserschließung von der Bebauungs-dichte (indizierte Darstellung)

Im Rahmen der Modellrechnungen dieser Studie wird daher der Flächenbedarf für die Verkehrs-anlagen der inneren Erschließung aus der Geschossflächenzahl abgeleitet. Dazu wurde eine

0%

50%

100%

150%

200%

250%

1 2 3 4

Ver

kehr

sers

chlie

ßun

g in

m2

grau

: pro

Woh

nein

heit

schw

arz:

pro

ha

Net

tow

ohnb

aula

nd

Abhängigkeit des Flächenbedarfs der inneren Verkehrserschließung von der Bebauungsdichte (indizierte Darstellung)

Index: 100% entspricht jeweils dem Flächenbedarf eines Wohngebiets mit zweigeschossigen Reihenhäusern (GFZ 0,61)

Freistehende Einfamilienhäuser

(GFZ = 0,23)

Gekuppelte Einfamilienhäuser

(GFZ = 0,40)

Zweigeschossige Reihenhäuser (GFZ = 0,61)

Wohnhäuser mit 3 bis 4 Geschossen

(GFZ = 0,88)

Eigene Darstellung: Daten nach C. Braumann: Zusammenhänge von Bebauungsdichte, Bebauungsart und Erschlie-ßungskosten, Salzburger Institut für Raumforschung, Salzburg, 1986

Kosten der

Verkehrsanlagen der inneren

Erschließung

Flächenbedarf für Verkehrsanlagen

der inneren Erschließung (ha)

Bau- und Materialkosten pro Flächen-einheit (ha)

Grundstücks-kosten pro

Flächeneinheit (ha)

= x +

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 145

Regression über die städtebaulichen Größen von 36 in der Literatur dokumentierten Neubaugebie-ten berechnet. Im Ergebnis ergibt sich der in Abbildung 14-4 dargestellte Zusammenhang.

Abbildung 14-4: Herleitung des Flächenbedarfs für Verkehrsanlagen der inneren Erschließung aus der Geschossflächenzahl und dem Nettowohnbauland

Die Eingangsdaten der Gleichung in Abbildung 14-4 (Geschossflächenzahl und Nettowohn-bauland) wurden bereits im Kapitel 8 für alle betrachteten Neubaugebiete ermittelt. Für die Bestimmung der Bau- und Materialkosten pro Flächeneinheit der Verkehrsanlagen werden die in Abbildung 14-5 dargestellten Kostensätze angesetzt. Dabei setzen sich die Bau- und Materialkosten aus den drei Komponenten Freilegung, Straßenbau (ohne Entwässerung) und Beleuchtung zusammen. Kostenbestandteil für Material und Bau Kostenansatz 2001 im Rahmen

der Modellrechungen (in EUR / m2 Verkehrsfläche)

Quelle

Freilegung der Flächen 14 (1) Straßenbau ohne Entwässerungsanlagen 67 (2) Beleuchtung 5 (2) Summe 86 Verwendete Quellen: (1) Technische Universität Dresden, Prof. Herz, Arbeitsblatt Nr. 36 zum Stadtbauwesen, Dres-den, o.J. (Preisstand im Original: 1995), umgerechnet auf Preisstand 2001; (2) Gesetz über die Höhe der Ein-heitssätze nach dem Hamburgischen Wegegesetz (Einheitssätze-Gesetz, EsG) i.d.F. vom 19.12.2000.

Abbildung 14-5: Kostensätze im Rahmen der Modellrechnungen für die Bau- und Materialkosten der Verkehrsanlagen der inneren Erschließung

Bei der Berechnung der Grundstückskosten für die benötigten Flächen ist zu beachten, dass es sich hierbei - zum Zeitpunkt des Erwerbs - um nicht erschlossene Flächen handelt. Wie Abbildung 14-6 zeigt, steigt der Wert einer Fläche erheblich mit dem Planungs- und Erschließungsfortschritt. Im Rahmen der Modellrechnungen wird vereinfachend davon ausgegangen, dass eine vorausschauende Kommune die Flächen für die Anlagen der inneren Verkehrserschließung zwischen den Konkretisierungsschritten „Planungsüberlegungen“ und „Flächennutzungsplan“ erwirbt. Entsprechend werden die Kosten der Flächen der inneren Verkehrserschließung mit 15% der Bodenpreise des voll erschlossenen Baulandes angesetzt.

Flächenbedarf für Ver-kehrsanlagen der inne-ren Erschließung (ha)

Mittlere Geschoss-flächenzahl (GFZ)

des Neubaugebiets

Nettowohnbau-land des

Neubaugebiets = 0,1284 x + 0,1109 x

Eigene Berechnung. Regression über n = 36 Neubaugebiete, davon 26 Beispiele aus: Ministerium für Stadtentwick-lung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Wege zur preiswerten Erschließung. Neue Wohn- und Misch-gebiete im Städtevergleich (Firma Empirica), Düsseldorf, Berlin, 1997, sowie 10 Beispiele aus: H. Weeber, M. Rees: Kostenfaktor Erschließungsanlagen, Stuttgart, 1999. Das Bestimmtheitsmaß der Regression ist R2 = 0,12 sehr niedrig, da individuelle Eigenschaften der Wohngebiete eine entscheidende Rolle spielen. Der Zusammenhang wird trotzdem verwendet, da der Trend der Daten gut erkennbar ist und der Zusammenhang plausibel erscheint.

146 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

.

Abbildung 14-6: Exemplarische Wertentwicklung einer Fläche im Verlauf der Planungskonkretisierung Für die Neubaugebiete der Modellrechnung wird der Bodenpreis für das voll erschlossene Bauland durch die Multiplikation des Bodenpreises für Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser (Abbildung 6-3) mit dem Korrekturfaktor nach Abbildung 6-2 (in Abhängigkeit der mittleren Geschoss-flächenzahl nach Kapitel 8) errechnet (Abbildung 14-7).

Abbildung 14-7: Ermittlung der Grundstückskosten für die Flächen der inneren Verkehrserschließung (ver-einfachende Modellannahmen im Rahmen der Modellrechnungen)

14.3 Verkehrsanlagen der äußeren Erschließung Neben den Verkehrsanlagen der inneren Erschließung - gemäß ihrer Definition in §127 BauGB - ist es für eine reibungslose Integration der neuen Quell- und Zielverkehre des Neubaugebiets in manchen Fällen nötig, zusätzliche bauliche Veränderungen an den bestehenden Verkehrsnetzen außerhalb des Neubaugebiets vorzunehmen. Im Gegensatz zu den Kosten der inneren Erschließung, die nicht zuletzt aufgrund der mit dem Erschießungsbeitragsrecht verbundenen Abrechnungen relativ gut dokumentiert sind, konnten keine quantitativen Angaben zu den Kosten der äußeren Erschließung in der Literatur gefunden werden.

3% 5%

100%

75%

50%

10%

20%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

1 2 3 4 5 6 7

Wer

tent

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roze

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es B

aula

ndpr

eise

s

Ackerland Langfristige Bau-

erwartung

Planungs-über-

legungen

Flächen-nutzungs-

plan

Bebau- ungs- plan

rechtskräftig

Beginn der Erschließung

Boden geordnet

Bauland

Exemplarische Wertentwicklung einer Fläche im Verlauf der Planungskonkretisierung

Quelle: T. Krüger: Vorlesungsmaterial „Stadtplanerisches Projektmanagement“ an der TU Hamburg-Harburg, Ham-burg, 2002

Grundstücks-

kosten pro Flächeneinheit

(ha) nach Abbildung 14-2

Preis für Bauland für Ein- und Zwei-

familienhäuser nach Abbildung

6-3

Korrekturfaktor für das zulässige Maß der bauliche Dichte nach Abbildung 6-2

(in Abhängigkeit der mittleren GFZ nach Abbildung 8-5)

x = 15% x

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 147

Aus diesem Grunde wurde im Rahmen dieser Studie eine Gemeindebefragung durchgeführt, deren Ergebnisse in einer eigenen Veröffentlichung dokumentiert wurden.95 Eine Auswertung von 217 Neubauprojekten in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein hinsichtlich Umfang und Kosten der äußeren Verkehrserschließung ergab, dass zwei Einflussfaktoren bei einer Kosten-abschätzung zu berücksichtigen sind: • die Projektgröße (Anzahl der Wohneinheiten pro Neubaugebiet) • und die Lage des Neubaugebiets innerhalb des Gemeindegebiets.

Abbildung 14-8: Durchschnittliche Größe der erfassten Neubauprojekte - in Abhängigkeit der Gemeinde-größe (Gleitender Durchschnitt über je 50 Projekte)

Grundsätzlich zeigt sich bei einer Betrachtung der Kosten für Maßnahmen der äußeren Verkehrs-erschließung eine sehr hohe Varianz der Einzelwerte. Einzelfallabhängige Einflussgrößen spielen somit eine große Rolle. Die im Rahmen dieser Studie abgeschätzten Kosten können daher nur den Charakter von Durchschnittswerten haben, in deren Herleitung die tendenziellen Abhängigkeiten Berücksichtigung finden:

95 J.-M. Gutsche: Kommunale Investitionskosten für soziale Infrastruktur und äußere Erschließung bei neuen Wohngebieten, ECTL-Working Paper 16, Hamburg, 2003, Kapitel 4

0

50

100

150

200

250

100 1.000 10.000 100.000 1.000.000

Durchschnittliche Größe der erfassten Neubauprojekte - in Abhängigkeit der Gemeindegröße (Gleitender Durchschnitt über je 50 Projekte) -

Gemeindegröße (Einwohnerzahl, logarithmische Darstellung)

Dur

chsc

hnitt

liche

Anz

ahl d

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pro

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beba

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/Neu

baug

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t

Quelle: Eigene Erhebung und Berechnung. n = 217 Wohnungsbauprojekte in Niedersachsen, Hamburg und Schles-wig-Holstein. Ausführliche Dokumentation in: J.-M. Gutsche: Kommunale Investitionskosten für soziale Infrastruktur und äußere Erschließung bei neuen Wohngebieten, ECTL-Working Paper 16, Hamburg, 2003. Die Abbildung zeigt einen gleitenden Durchschnitt über jeweils 50 Neubauprojekte. Sprünge in der Funktion ergeben sich aus der Wirkung von sehr großen oder sehr kleinen Einzelprojekten auf die Durchschnittsbildung.

148 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

• Größere Projekte benötigen tendenziell umfangreichere Maßnahmen der äußeren Erschlie-ßung, verursachen dabei pro Wohneinheit in der Tendenz aber geringere Kosten.

• In die bestehende Siedlung integrierte Standorte verursachen tendenziell geringere Kosten als Standorte in Randlage oder außerhalb des bestehenden Siedlungszusammenhangs.

Über die Projektgröße - d.h. die Anzahl der Wohneinheiten, die bei einem Projekt (z.B. einem Bebauungsplan) neu geplant und gebaut werden - wurden in den Betrachtungen der bisherigen Kapitel keine Annahmen getroffen. Eine Auswertung der Daten der Gemeindebefragung ergab, dass die durchschnittliche Projektgröße in einer Gemeinde mit der Gemeindegröße steigt (Abbildung 14-8). Auf Basis einer weitergehenden Auswertung der Daten wurden daher Wahrscheinlichkeiten für die Projektgrößen in den Modellrechnungen festgelegt. Die so getroffenen Annahmen zeigt Abbildung 14-9.

Abbildung 14-9: Modellannahme: Anteil der Projektgrößenklassen an den neu errichteten Wohneinheiten Zur Abschätzung der durchschnittlichen Kosten pro Wohneinheit für Maßnahmen der äußeren Verkehrserschließung wird somit für jeden betrachteten Standort zunächst eine Wahrscheinlich-

Modellannahme: Anteil der Projektgrößenklassen an den neu errichteten Wohneinheiten

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

100 1.000 10.000 100.000 1.000.000

500 WE und mehr

200-499 WE

100-199 WE50-99 WE20-49 WE10-19 WE

1-9 WE

1.000.000 und mehr

Gemeindegröße (Einwohnerzahl, logarithmische Darstellung)

Ant

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n

Eigene Setzung auf Basis einer Gemeindebefragung mit n = 217 Neubauprojekten in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein (J.-M. Gutsche: Kommunale Investitionskosten für soziale Infrastruktur und äußere Erschließung bei neuen Wohngebieten, ECTL-Working Paper 16, Hamburg, 2003). Die Anteile der Projektgrößenklassen für Ge-meinden unter 750 Einwohner bzw. über 200.000 Einwohner werden als konstant angenommen. Lesehilfe (Beispiel): Für eine Gemeinde mit 1.000 Einwohnern wird im Rahmen der Modellrechnungen angenommen, dass etwa 3% der neu errichteten Wohnungen in Projekten mit 1-9 Wohneinheiten entstehen, etwa 20% in Projekten mit 10-19 WE, etwa 42% in Projekten mit 20-49 WE, etwa 30% in Projekten mit 50-99 WE und die restlichen 5% der Wohnungen in Projekten mit 100-199 Wohneinheiten.

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 149

keitsverteilung zur Projektgröße in Abhängigkeit von der Gemeindegröße aus den Festlegungen in Abbildung 14-9 abgeleitet.96 Die Wahrscheinlichkeitsverteilung zur Projektgröße wird dann in einem zweiten Schritt mit den in Abbildung 14-10 dargestellten Kostensätzen pro Wohneinheit multipliziert. Bei diesen Kostensät-zen handelt es sich um eigene Festsetzungen auf Basis der Ergebnisse der Gemeindebefra-gung.97 Die Kostensätze der äußeren Erschließung enthalten - abweichend von den Herleitungen für die Anlagen der inneren Verkehrserschließung - bereits die Kosten für die Entwässerung der Verkehrsanlagen.

Abbildung 14-10: Modellannahme: Durchschnittliche Kosten für Maßnahmen der äußeren Verkehrserschlie-ßung pro Wohneinheit

In den Kosten der Abbildung 14-10 sind Maßnahmen für den Öffentlichen Personennahverkehr (Abbildung 14-1) nicht enthalten, da dazu keine Angaben von den Kommunen im Rahmen der Gemeindebefragung erhoben wurden. Die hierfür ggf. anfallenden Kosten bzw. die Anteile der Gemeinde können im Rahmen der Modellrechnungen daher nicht berücksichtigt werden. 96 Dieses Vorgehen stellt eine Vereinfachung dar, da vermutlich auch die Größe der Nachbar-gemeinden eine Rolle spielt. So werden wahrscheinlich in kleineren Gemeinden in unmittelbarer Nähe der Kernstadt im Durchschnitt größere Projekte realisiert als in gleich großen Gemeinden des weiteren Umlands. Diese Zusammenhänge werden im Rahmen der Modellrechnungen jedoch nicht abgebildet. 97 J.-M. Gutsche: Kommunale Investitionskosten für soziale Infrastruktur und äußere Erschließung bei neuen Wohngebieten, ECTL-Working Paper 16, Hamburg, 2003, Abbildung 4-12

Modellannahme: Durchschnittliche Kosten für Maßnahmen der äußeren Verkehrserschließung pro Wohneinheit

7.500

5.500

1.600

1.100 1.000 1.000 1.000

7.500

6.600

3.700

2.9002.700 2.700 2.700

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

1-9 WE 10-19 WE 20-49 WE 50-99 WE 100-199 WE 200-499 WE 500 WE undmehr

Lageklasse "Integrierte Lagen"

Lageklasse "Randlagen"

Projektgrößenklasse

Dur

chsc

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Eigene Setzung auf Basis einer Gemeindebefragung mit n=217 Neubauprojekten in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein (J.-M. Gutsche: Kommunale Investitionskosten für soziale Infrastruktur und äußere Erschließung bei neuen Wohngebieten, ECTL-Working Paper 16, Hamburg, 2003)

150 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

In Abbildung 14-10 werden zwei Lagekategorien verwendet, um die Standorte innerhalb der Gemeindegebiete zu unterscheiden. Hintergrund dieser Unterscheidung ist der bereits beschriebene Zusammenhang, dass Projekte gleicher Größe an Standorten, die in das bestehen-de Siedlungsgefüge integriert sind, im Durchschnitt geringere Kosten für Maßnahmen der äußeren Erschließung verursachen als an Standorten am Rande oder außerhalb der Besiedlung.98

Abbildung 14-11: Zuordnung der Standorte im Untersuchungsraum zu Lageklassen für die Abschätzung der Kosten der äußeren Verkehrserschließung (Kartendarstellung)

98 J.-M. Gutsche: Kommunale Investitionskosten für soziale Infrastruktur und äußere Erschließung bei neuen Wohngebieten, ECTL-Working Paper 16, Hamburg, 2003, Abschnitt 4.8

Quelle: Eigene Modellierung

Lageklassen für äußere Erschließungskosten Unterscheidung in „Integrierte Lagen“ (dunkel) und „Randlagen“ (hell)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte Lageklasse „integrierte Lage“

Lageklasse „Randlage“

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 151

Aufgrund der hohen Einzelfallabhängigkeit der Kosten kann die Unterscheidung nur durch eine recht grobe Klasseneinteilungen realisiert werden. Dazu werden die Standorte des Untersuchungs-raumes den zwei in Abbildung 14-10 bereits verwendeten Klassen „Integrierte Lage“ und „Rand-lage“ zugeordnet. Abbildung 14-11 zeigt diese Zuordnung der Standorte für den Großraum Ham-burg. Grundlage der Zuordnung ist eine Rasterberechnung mit dem verwendeten Geoinforma-tionssystem auf Basis der bestehenden Siedlungsflächen und den Abständen der Standorte zu deren Randbereichen.

14.4 Öffentliche Grünflächen Nach §127 BauGB (2) Punkt 4 zählen zur inneren Erschließung eines Baugebietes auch Parkflächen und Grünanlagen, die Bestandteil der Verkehrsanlagen der inneren Erschließung (Abschnitt 14.2) sind oder „nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb des Baugebiets zu deren Erschließung notwendig sind“. Eine explizite Ausnahme bilden hierbei Kinderspielplätze, die nicht zur inneren Erschließung nach §127 BauGB zählen. Auch bei den Grünflächen ergeben sich die Gesamtkosten - analog der Abbildung 14-2 bei den Verkehrsanlagen der inneren Erschließung - aus der Summe der Kosten für den Flächenerwerb und die Herstellungskosten der öffentlichen Grünflächen. Der Flächenbedarf für öffentliche Grünflächen nimmt in der Tendenz mit der Dichte der Wohn-bebauung zu. Abbildung 14-12 zeigt das Ergebnis einer Regressionsrechnung für die Neubau-gebiete, die bereits für den Bedarf an Verkehrsflächen der inneren Erschließung (Abschnitt 14.2) ausgewertet wurden.

Abbildung 14-12: Herleitung des Flächenbedarfs für Verkehrsanlagen der inneren Erschließung aus der Geschossflächenzahl und dem Nettowohnbauland

Für die Kosten des Flächenerwerbs werden in den Modellrechnungen die gleichen Annahmen zugrunde gelegt wie im Abschnitt 14.2 für die Flächen der Verkehrsanlagen der inneren Erschließung. Damit werden 15% der GFZ-korrigierten Bodenpreise nach Abbildung 6-3 angesetzt. Für die Kosten der Herrichtung und Gestaltung der öffentlichen Grünflächen wird in den Modellrechnungen mit einem Kostensatz von EUR 25,- pro Quadratmeter99 gearbeitet.

99 Quelle: Eigene Festsetzung auf Basis der Auskunft von Landschaftsplanungsbüros im Groß-raum Hamburg sowie: Technische Universität Dresden, R. Herz, Arbeitsblatt Nr. 36 zum Stadt-bauwesen, Dresden, o.J.

Flächenbedarf für öffentliche Grünflächen

(ha)

Mittlere Geschoss-flächenzahl (GFZ)

des Neubaugebiets

Nettowohnbau-land des

Neubaugebiets = 0,0782 x + 0,0354 x

Eigene Berechnung. Regression über n = 36 Neubaugebiete, davon 26 Beispiele aus: Ministerium für Stadtent-wicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Wege zur preiswerten Erschließung. Neue Wohn- und Mischgebiete im Städtevergleich (Firma Empirica), Düsseldorf, Berlin, 1997, sowie 10 Beispiele aus: H. Weeber, M. Rees: Kostenfaktor Erschließungsanlagen, Stuttgart, 1999. Das Bestimmtheitsmaß der Regression ist R2 = 0,02 extrem niedrig. Die Anwendung der Funktion hat somit eher den Charakter eines „qualifizierten Durchschnitts“.

152 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

14.5 Lärmschutzeinrichtungen In einigen Fällen ist bei der Errichtung neuer Wohngebiete der Bau von Lärmschutzeinrichtungen notwendig. Gesetzliche Grundlage ist das Bundesimmissionschutzgesetz. In aller Regel handelt es sich bei den Lärmquellen um Straßen- oder Schienenverkehr. Die Einrichtung und die Kosten von Lärmschutzeinrichtungen sind in starkem Maße abhängig von den besonderen Lageeigenschaften der neuen Wohngebiete. Im Sinne einer groben Abschätzung werden die Standortraster des Untersuchungsraums (Ab-schnitt 2.3) vier Lärmstufen zugeordnet. Das Prinzip dieser Zuordnung folgt einer eigenen Setzung und ist in Abbildung 14-13 dargestellt. Lärmquelle Zuordnung zu Lärmstufen wenn Lärmquelle ...

Straße Schiene näher als 300m näher als 600m weiter als 600m

Bundesautobahn ICE/IC-Verkehr oder

starker Güterverkehr

Lärmstufe 3 Lärmstufe 2 Lärmstufe 0

Bundesstraße S-Bahn oder dichter Regionalverkehr

Lärmstufe 2 Lärmstufe 1 Lärmstufe 0

sonstige Hauptverkehrsstraße

sonstige Schienenstrecke

Lärmstufe 1 Lärmstufe 0 Lärmstufe 0

Abbildung 14-13: Zuordnung der Standorte im Untersuchungsraum zu Lärmstufen im Rahmen der Modell-rechnung

Abbildung 14-14 zeigt die Anwendung dieser Klassifizierung auf alle im Rahmen der Modellrech-nung betrachteten Standorte. Entscheidender Einflussfaktor auf die Kosten von Lärmschutzeinrichtungen ist deren Länge. Im Sinne einer Vereinfachung wird die Länge der benötigten Lärmschutzeinrichtung als Wurzel aus der Gesamtfläche des Wohngebiets angenähert. Dies entspräche der Länge einer Seitenkante des Baugebiets, wenn dieses exakt quadratisch wäre. Zur Ermittlung der durchschnittlich notwendigen Länge von Lärmschutzeinrichtungen pro Wohnung ist damit - wie schon bei der äußeren Verkehrs-erschließung - die Projektgröße von Bedeutung. Dabei kann auf die in Abbildung 14-9 dargestellte Wahrscheinlichkeitsverteilung der Projektgrößen in Abhängigkeit der Gemeindegröße zurück-gegriffen werden. Damit ergibt sich für jede der Projektgrößenklassen aus Abschnitt 14.3 der in Abbildung 14-15 dargestellte Zusammenhang. Der Wurzelterm in Abbildung 14-15 enthält die beiden Faktoren „Anzahl der Wohneinheiten im Projekt“ und „Bruttowohnbauland pro Wohneinheit“. Für den ersten Faktor werden im Rahmen der Modellrechnungen jeweils die Klassenmittelwerte, also z.B. 35 WE für die Projektgrößenklasse „20-49 WE“ angesetzt. Im Gegensatz dazu variiert der Faktor „Bruttobauland pro Wohneinheit“ im Falle der Szenariengruppe „Mit Immobilienmarkt“ mit der in Kapitel 9 bestimmten Dichte der Wohngebiete.100 Für die Berechnungen der Szenariengruppe „Ohne Immobilienmarkt“ ergeben sich - unter den genannten Vereinfachungen - die in Abbildung 14-16 tabellierten Längen der Lärmschutzeinrichtungen.

100 Vereinfachend wird für einen Standort eine einheitliche Dichte über alle Projektgrößenklassen hinweg angenommen, obwohl vermutlich in der Tendenz größere Projekte höhere Dichten auf-weisen.

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 153

Abbildung 14-14: Zuordnung der Standorte im Untersuchungsraum zu Lärmstufen im Rahmen der Modell-rechnung (Kartendarstellung)

Abbildung 14-15: Berechnung der Länge der Lärmschutzeinrichtungen für eine Projektgrößenklasse

Länge der Lärmschutz-

einrichtungen zur Abschir-mung eines Projekts der

Projektgrößenklasse i

Anzahl der Wohneinheiten

im Projekt =

Bruttowohnbauland (Netto-wohnbauland plus Verkehrs- und

Grünflächen) pro Wohneinheit x

Quelle: Eigene Festsetzung und Modellierung

Lärmbelastung der Standorte Vereinfachende Zuordnung der betrachteten Standorte zu vier Lärmstufen nach Abbildung 14-8

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte Lärmstufe 0 Lärmstufe 1 Lärmstufe 2 Lärmstufe 3

154 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

Länge der Lärmschutz-einrichtungen

Projektgrößenklasse Anzahl der Wohn-einheiten im Projekt (Klassenmittelwert)

Bruttowohn-bauland pro WE 2) in ha

pro Projekt pro WE

1-9 WE 5 44,3 8,9 10-19 WE 15 76,7 5,1 20-49 WE 35 117,2 3,3 50-99 WE 75 171,5 2,3 100-199 WE 150 242,6 1,6 200-499 WE 350 370,6 1,1 500 WE und mehr 750 1)

0,039

542,4 0,7 Anmerkungen: 1) Setzung 2) Für die Szenariengruppe „Ohne Immobilienmarkt“ (Bodenpreis EUR 190,-/m2 für alle Standorte) ergibt sich ein Nettowohnbaulandbedarf von 0,030 und eine durchschnittliche GFZ von 0,73. Daraus errech-net sich ein Bedarf an Verkehrsflächen der inneren Erschließung von 0,006 ha (Abschnitt 14.2) und für öffentliche Grünflächen von 0,003 ha (Abschnitt 14.2).

Abbildung 14-16: Längen der Lärmschutzeinrichtungen zur Abschirmung eines Projekts - nach Projektgrö-ßenklassen - in der Szenariengruppe 2xx („Ohne Immobilienmarkt“)

Als Lärmschutzeinrichtungen kommen Lärmschutzwälle oder Lärmschutzwände in Betracht. Lärmschutzwälle sind i.d.R. kostengünstiger, nicht zuletzt, weil bei ihrer Herstellung Über-schussmassen aus anderen Bautätigkeiten verwendet werden können.101 Lärmschutzwälle nehmen dafür erheblich mehr Platz ein als Lärmschutzwände102, sodass sich neben den Kosten- oft auch Platz- und Gestaltungsfragen stellen. Um Scheingenauigkeiten zu vermeiden, wird daher auf weitere Differenzierungen verzichtet und einheitlich von einem Kostensatz von 600 EUR pro laufendem Meter Lärmschutzeinrichtung ausgegangen.103 Die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Lärmschutzeinrichtung errichtet werden muss, ist von der oben definierten Lärmstufe abhängig. Sie wird durch einen Faktor „Notwendigkeit“ (Abbildung 14-17) zwischen 0% (Lärmstufe 0) und 70% (Lärmstufe 3) zum Ausdruck gebracht. Bei diesen Werten handelt es sich um eigene Setzungen. Somit ergibt sich für die Abschätzung der Kosten für Lärmschutzeinrichtungen pro Wohneinheit der folgende Berechnungsansatz (Abbildung 14-17).

101 Die an Bundesfernstraßen gebauten Lärmschutzwälle kosten pro laufendem Meter etwa 220 EUR, Lärmschutzwände pro laufendem Meter etwa 1.070 EUR (eigene Berechnungen nach Anga-ben in: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Statistik des Lärmschutzes an Bundesfernstraßen 2000, Bonn, 2001). 102 Die Breite eines Lärmschutzwalls liegt in der Größenordnung von 15 Metern, die einer Lärm-schutzwand von einem Meter. 103 Eigene Festsetzung auf Basis von Überschlagsrechnungen mit Werten aus: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Statistik des Lärmschutzes an Bundesfernstraßen 2000, Bonn, 2001

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 155

Abbildung 14-17: Abschätzung der Kosten für Lärmschutzeinrichtungen pro Wohneinheit

14.6 Entwässerung der öffentlichen Flächen Die Verkehrsflächen der inneren und äußeren Erschließung (Abschnitte 14.2 und 14.3) müssen aufgrund ihrer Versiegelung entwässert werden.104 Dabei können unterschiedliche Systeme (z.B. Mischsiele oder getrennte Siele für Regenwasser und Abwasser) zum Einsatz kommen. Im Rahmen der Modellrechnung werden dafür einheitlich Kosten von 35 EUR pro Quadratmeter Verkehrsfläche angesetzt.105

14.7 Planungskosten In vielen Fällen ist mit dem Bau neuer Wohnungen die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans durch die Gemeinde verbunden. Ausnahmen bilden Bauvorhaben nach §34 BauGB, die sich auf frühere Planungsentscheidungen berufen können. Die mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes verbundenen Arbeiten kann die Gemeinde durch Mitarbeiter ihrer eigenen Bauverwaltung durchführen lassen. Sie kann sie aber auch ganz oder teilweise an private Planungsbüros vergeben. In beiden Fällen entstehen Planungskosten, die dem Neubauvorhaben direkt zugerechnet werden können. Im Rahmen der Modellrechnung werden die Planungskosten nach den Sätzen der Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI) abgeschätzt.106 Diese stellt unter §41 eine Honorartafel für Grundleistungen bei Bebauungsplänen zur Verfügung.

104 Die Kosten für die Entwässerung der Verkehrsanlagen der äußeren Erschließung sind bereits in den Kostensätzen des Abschnitts 14.3 enthalten, da dort mit einem Projekt- anstelle eines Flä-chenbezugs gerechnet wird. 105 Eigene Festsetzung auf Basis von Überschlagsrechnungen mit Werten aus: Gesetz über die Höhe der Einheitssätze nach dem Hamburgischen Wegegesetz (HGVBl 2000, Seite 401) sowie: Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Wege zur preiswerten Erschließung. Neue Wohn- und Mischgebiete im Städtevergleich (Firma Empirica), Düsseldorf, Berlin, 1997 106 Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure i.d.F. der Fünften ÄnderungsVO unter Berücksichtigung des 9. EUR-Einführungsgesetzes (Stand: 1.1.2002)

x 600 EUR / lfd. Meter

Notwendigkeit 70% für Lärmstufe 3 40% für Lärmstufe 2 20% für Lärmstufe 1 0% für Lärmstufe 0

Kosten für Lärm-schutz-einrich-tungen pro WE

Projektgrößenklassen

Anteilswahr-scheinlichkeit für Projekt-

größenklasse

Länge der Lärmschutz-einrichtung pro WE in m

x x =

aus Abb. 14-9

aus Abb. 14-16 *)

Anmerkung: *) für Szenariengruppe „1xx“ („Mit Immobilienmarkt“) nach Abbildung 14-15 für jeden Standort individuell zu berechnen.

156 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

Eingangsparameter dieser Tafel sind die Größe des Neubaugebiets und die Komplexität der Planungsleistung. Die Größe des Neubaugebiets ergibt sich aus der Summe der Nettowohnbau-flächen (Abbildung 7-2), der Verkehrsflächen der inneren Erschließung (Abbildung 14-4) und der öffentlichen Grünflächen (Abbildung 14-8). Die Komplexität der Planungsaufgabe wird in §36 a HOAI durch eine Liste von Kriterien bestimmt. Unter diesen Kriterien findet sich die Dichte des Gebiets sowie andere Anforderungen, z.B. an die Erschließung oder die Nutzungen, die mit der Dichte in engem Zusammenhang stehen. Im Rahmen der Modellrechnung wird daher die „Honorarzone“ (Komplexität der Planungsaufgabe in der Bezeichnung der HOAI) aus der durchschnittlichen GFZ (Abbildung 8-5) des jeweils betrachteten Gebiets abgeleitet.107

14.8 Flächenrecycling versus Erstinanspruchnahme von Flächen Einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Umfang nahezu aller in den vorigen Abschnitten diskutierten Kostenbestandteile der Baulandbereitstellung hat die Frage, ob es sich bei den betrachteten Flächen um eine erstmalige Inanspruchnahme für Siedlungszwecke handelt oder ob die Flächen bereits zuvor Teil des Siedlungsbereiches waren, zu einem gewissen Zeitpunkt brach fielen und nun durch die Neubebauung einer neuen Nutzung zugeführt werden („Flächen-recycling“). In der Bundesrepublik Deutschland wurden Ende der 90er Jahre pro Tag 129 ha erstmalig für Verkehrs- oder Siedlungsbau in Anspruch genommen.108 Angesichts der Nichtvermehrbarkeit des Bodens wird diese Umwandlungsrate in der umwelt- und siedlungspolitischen Diskussion von vielen Beteiligten als zu hoch eingeschätzt. Entsprechend rückt das Flächenrecycling in den Mittelpunkt des Interesses. Nach einer Kommunalbefragung aus dem Jahr 2000 wird der Bestand an Brachflächen in Deutschland auf etwa 128.000 ha geschätzt.109 Für ihre verstärkte Nutzung wurden in den letzten Jahre verschiedene politische Anstrengungen unternommen: • Nach der zum 18.8.1997 geänderten Fassung des Raumordnungsgesetzes (ROG) zählt es zu

den Grundsätzen der Raumordnung, dass „der Wiedernutzung brachgefallener Siedlungs-flächen [...] der Vorrang vor der Inanspruchnahme von Freiflächen zu geben [ist].“ (§2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 ROG i.d.F. vom 18.8.1997)

• Das Umweltbundesamt und andere staatliche Einrichtungen haben in den letzten Jahren vermehrt Studien zur Aufdeckung und Beseitigung von Hindernissen des Flächenrecyclings in Auftrag gegeben.110

• Die Bundesregierung verfolgt im Rahmen der „Nachhaltigkeitsstrategie“ die Zielsetzung, die Neuinanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungszwecke bis zum Jahr 2020 auf 30 ha pro Tag zu begrenzen, d.h. auf unter 25% der heutigen Rate.111

107 Einer durchschnittlichen GFZ von 0,26 (nur Einfamilienhäuser) wird die Honorarzone II, einer durchschnittlichen GFZ von 1,10 (nur Mehrfamilienhäuser) die Honorarzone IV nach §36 a HOIA zugeordnet. Da in der Realität oft Zusatzkosten durch Sonderleistungen nach §42 HOAI bzw. Nebenkosten nach §7 HOAI zu den Sätzen §41 hinzukommen, wird für die Modellrechnungen jeweils mit Honorarsätzen gerechten, die um 60% der Differenz zwischen Höchst- und Mindestsatz über dem Mindestsatz nach Honorartafel zu §41 (1) HOAI liegen. 108 F. Dosch, G. Beckmann: Siedlungsentwicklung in Deutschland: auf Zuwachs programmiert, in: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 8/1999, Seite 493ff 109 Repräsentative Befragung bei Städten und Grundstücksbesitzern sowie Hochrechnung auf das gesamte Bundesgebiet; dokumentiert in: A. Rüpke, H. Burmeier, P. Doetsch: Boden-Wert-Bilanz: Eine neue kommunale Planungsgrundlage für das Flächenrecycling, in: altlasten spektrum 1/2000, Seite 11-18 110 so z.B. Umweltbundesamt: Revitalisierung von Altlaststandorten versus Erschließung von Naturflächen, Texte des Umweltbundesamtes 15/97, Berlin, 1997; S. Tomerius, T. Preuß: Flächenrecycling als kommunale Aufgabe, hrgs. vom Difu, Berlin, 2001; Freie und Hansestadt Hamburg, Stadtentwicklungsbehörde: Weiterentwicklung von Wohnsiedlungen durch Nachver-dichtung. Leitfaden zur Projektberatung, Hamburg, 2000

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 157

Über das Verhältnis der Kosten zwischen erstmalig und erneut genutzten Flächen gibt es sehr wiedersprüchliche Angaben. Im Bereich der Forschung wird an verschiedenen Stellen immer wieder auf die Kostenvorteile des Flächenrecyclings hingewiesen. Demzufolge sind häufig wesentliche Teile der Erschließungssysteme bereits vorhanden.112 Zudem seien Brachflächen häufig günstiger zur restlichen Siedlungsfläche gelegen, sodass eine Integration der Neubebauungen in die bisherige Dorf- oder Stadtstruktur oft leichter realisiert werden könne. Demgegenüber stehen Erfahrungswerte von Mitarbeitern kommunaler Planungsämter, die von z.T. erheblichen Mehrkosten bei der Wiederverwendung von Flächen im Vergleich zu „Grüne Wiese“-Standorten berichten.113 So sei die vorhandene Infrastruktur in vielen Fällen nicht für die zukünftige Nutzung zu gebrauchen und müsse sogar zunächst aufwendig entsorgt werden, bevor mit den eigentlichen Erschließungsarbeiten begonnen werden könne. Trotz des oft maroden Zustandes der Flächen vor der Inwertsetzung seien zudem die Preisvorstellungen der Eigentümer aufgrund der zentraleren Lagen häufig in einer Größenordnung, die weit über dem in Abschnitt 14.2 angesetzten Wert von 15% des Preises für erschlossenes Bauland lägen. In der Praxis erstünden den Gemeinden aufgrund der Verhandlungsergebnisse mit den Eigentümern erhebliche Mehrkosten. Dies gelte im Besonderen für die Herstellung öffentlicher Grünflächen im Rahmen von Maßnahmen des Flächenrecyclings, bei denen die Gemeinden aufgrund einer eher schwachen Verhandlungsposition nicht selten nahezu den vollen Preis für erschlossenes Bauland bezahlen müssten. Des Weiteren spielen Belastungen der Flächen mit Altlasten eine erhebliche Rolle. Nicht immer stehen dabei wirkliche Belastungen, sondern häufig auch Image- und Haftungsfragen als Reali-sierungshemmnis im Raum. Die Beseitigung von Altlasten kann - sofern an einem Standort notwendig wird - erheblichen Einfluss auf den letztendlichen Verkaufspreis des Baugrunds haben. Tritt die Kommune als Flächenzwischenkäufer für die Phase der Inwertsetzung auf, hat sie die Kosten der Altlastensanierung zu tragen. Wenn sie nach der Sanierung einen entsprechenden Bodenpreis am Markt erzielen kann, werden ihre Kosten durch den Verkauf der sanierten Flächen gedeckt. Kann sie den entsprechenden Preis beim Verkauf nicht erzielen, wird sie das Projekt nicht realisieren.114 Andernfalls ist die bei der Kommune verbleibende Kostendifferenz (Ankaufs-preis plus Sanierungskosten minus Verkaufspreis) dem Bereich der städtebaulichen Subven-tionierung aus wohnungs-, stadtentwicklungs- oder umweltpolitischen Gründen zuzurechnen. Wie bei den Ausgaben der Gemeinden für den Sozialen Wohnungsbau (Abschnitt 3.3) werden in dieser Studie diese - inhaltlich aus Sicht der Gemeinden ggf. sehr sinnvollen - freiwilligen Subventionierungen ausgeklammert.

111 Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie wurde am 17.4.2002 durch das Bundeskabinett verab-schiedet. Genanntes Flächenziel in: „Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.): Perspektiven für Deutschland - unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung“, Kurzfassung, Berlin, 2002, Seite 21 112 H. Weeber, R. Weeber, M. Lindner, C. Blankenfeld: Ergänzender Neubau in bestehenden Wohnsiedlungen, Bauforschung für die Praxis, Band 39, Stuttgart, 1997, Seite 167; Ecoplan: Siedlungsentwicklung und Infrastrukturkosten, Studie i.A. des Schweizerischen Bundesamtes für Raumentwicklung, Bern, 2000; Senator für Bau und Umwelt der Freien Hansestadt Bremen: Gewerbliche Entwicklungspotenziale in Bestandsgebieten, Bremen, 2002; Deutsches Institut für Urbanistik: Flächenrecycling als kommunale Aufgabe, Berlin, 2001 113 Die nachfolgenden Einschätzungen wurden im Wesentlichen auf einem Workshop „Kosten der Zersiedlung“ der Vereinigung der Stadt-, Regional- und Landesplaner (SRL) am 11.-12.4.2003 in Hofgeismar bei Kassel vorgetragen. 114 B. Schulz: Aktive Ankaufs- und Verkaufspolitik von Grundstücken als Beitrag zur Umsetzung von Stadtentwicklungszielen, Vortrag im 431. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin „Flächen- und Projektmanagement in der Kommunalentwicklung“ vom 8.04.-10.04.2002 in Berlin

158 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

In der Summe gestaltet sich somit der Planungsprozess bei Neunutzungen von brachgefallenen Flächen häufig komplexer als bei „Grüne Wiese“-Standorten und führt zu höheren Planungs-kosten.115 Der Umfang der genannten Vor- und Nachteile bei der Kostenentstehung im Bereich der berück-sichtigten Bestandteile (Abschnitte 14.2 bis 14.7) ist in hohem Maße vom Einzelfall des Standortes abhängig. Die im Folgenden angesetzten Korrekturfaktoren (Abbildung 14-18) können daher nur eine grobe Annäherung an die Realität sein. In Ermangelung einer entsprechenden empirischen Grundlage handelt es sich um eigene Setzungen auf der Basis von qualitativen Angaben in der Literatur sowie von Expertengesprächen. Ausgangspunkt der Tabelle in Abbildung 14-18 sind die in den vorigen Abschnitten bestimmten Kosten im Falle der erstmaligen Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungszwecke. Dieser Kostenreferenz (jeweils 100%) wurden für die verschie-denen Bereiche aufgrund der dargestellten Vor- und Nachteile des Flächenrecyclings bei der Kostenentstehung geschätzte Kostenfaktoren gegenübergestellt.

Kostenentstehung 2) Kostenbereich der Baulandbereitstellung

Kosten-referenz in Abschnitt

Erstmalige Inanspruchnahme

Flächenrecycling

Innere Verkehrserschließung 14.2 100% 150% Äußere Verkehrserschließung 14.3 100% 75% Öffentliche Grünflächen 14.4 100% 200% Lärmschutzeinrichtungen 14.5 100% 100% Entwässerung Verkehrsfläche 1) 14.6 100% 150% Planungskosten 14.7 100% 150% Anmerkungen: 1) „Entwässerung Verkehrsflächen“ bezieht sich nur auf die Verkehrsanlagen der inneren Erschließung. Kosten für äußere Erschließung enthalten bereits Entwässerungskosten. 2) Eigene Festsetzungen auf Basis von Expertengesprächen und qualitativen Angaben in der Literatur

Abbildung 14-18: Unterscheidung bei der Kostenentstehung zwischen Erstinanspruchnahme einer Fläche und Flächenrecycling

Für die Modellrechnungen ist somit für jeden Standort (Rasterfeld nach Abschnitt 2.3) zu entschei-den, ob ein Neubauprojekt an dieser Stelle eine erstmalige Inanspruchnahme der Fläche für Sied-lungszwecke oder die Wiedernutzung einer brachgefallenen Fläche bedeuten würde. Zur Vereinfa-chung wird dazu auf das Merkmal „Fläche ist bereits Siedlungsfläche“ zurückgegriffen, das bereits im Zusammenhang mit der Grundsteuer angewendet wurde. Das bedeutet, dass ein Flächenrecyc-ling genau für die Standorte angenommen wird, bei denen in Abschnitt 11.3 davon ausgegangen wurde, dass sie bereits vor dem Bau des simulierten Neubaugebiets der Grundsteuer B unter-lagen.

14.9 Kostenteilung zwischen Gemeinde und Wohnungsbesitzern Abschließend sind die in den Abschnitten 14.2 bis 14.8 zusammengetragenen Kosten zwischen der Gemeinde und den Besitzern der Wohnungen aufzuteilen. Zunächst liegt die Verantwortung für die Erschließung eines Baugebiets bei der Gemeinde (§123 BauGB). Sie kann die Eigentümer der

115 S. Tomerius,T. Preuß: Flächenrecycling als kommunale Aufgabe, hrsg. vom Difu, Berlin, 2001, Seite 37

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 159

Wohnungen des Baugebiets jedoch über Beitragssatzungen mit bis zu 90% (§129 BauGB) an den Kostenbestandteilen der Baulandbereitstellung beteiligen, die in §127 BauGB aufgelistet sind. Darüber hinaus besteht für die Gemeinde die Möglichkeit, über andere Rechtskonstruktionen einen Vertrag mit einem Dritten, z.B. einem Projektentwickler, abzuschließen, der diesen zur vollen Finanzierung der Erschließungsanlagen verpflichtet. Rechtliche Möglichkeiten bieten hierzu der Erschließungsvertrag nach §124 BauGB116, der Städtebauliche Vertrag nach §11 BauGB117 oder der Vorhaben- und Erschließungsplan nach §12 BauGB118. Hierbei besteht auch die Möglichkeit, der Kosten der äußeren Verkehrserschließung auf den Investor zu übertragen.119 Gerade vor dem Hintergrund der angespannten kommunalen Haushaltslage haben Kommunen in den letzten Jah-ren vor diesen Möglichkeiten regen Gebrauch gemacht.120 Letztendlicher Kostenträger des so übertragenen Gemeindeanteils sind die Besitzer der neu gebauten Wohnungen, da sich Projekt-entwickler nur dann auf eine Übernahme der gesamten Erschließungskosten einlassen werden, wenn sie ihre Mehrkosten an die Endkunden weiterreichen können.

Kostenaufteilung in den Szenarien gemäß Abschnitt 5.6

Szenario „xx1“ (Beiträge nach §129 BauGB)

Szenario „xx2“ (Erschließungs-

vertrag)

Kostenbereich der Baulandbereitstellung

Kosten-referenz in Abschnitt

Gemeinde Eigentümer Gemeinde Eigentümer

Innere Verkehrserschließung 14.2 / 14.8 10% 90% - 100% Äußere Verkehrserschließung 14.3 / 14.8 100% - - 100% Öffentliche Grünflächen 14.4 / 14.8 10% 90% - 100% Lärmschutzeinrichtungen 14.5 / 14.8 10% 90% - 100% Entwässerung Verkehrsfläche 1) 14.6 / 14.8 10% 90% - 100% Planungskosten 14.7 / 14.8 100% - 20% 2) 80% 2) Anmerkungen: 1) „Entwässerung Verkehrsflächen“ bezieht sich nur auf die Verkehrsanlagen der inneren Erschließung. Kosten für äußere Erschließung enthalten bereits Entwässerungskosten. 2) Eigene Festsetung. Nach §11 (1) Punkt 1 BauGB kann die Kommune im Rahmen eines Städtebaulichen Vertrages die Vorbereitung eines Bebauungsplanes einem Investor auf dessen Kosten übertragen. Sie bleibt aber in der gesetzlichen Verantwortung für das Plan-aufstellungsverfahren. Zudem hat sie den Vertragsinhalt kontinuierlich zu kontrollieren.

Abbildung 14-19: Kostenaufteilung zwischen Gemeinde und Eigentümern - differenziert nach den Szenarien „xx1“ (Beiträge nach §129 BauGB) und „xx2“ (Erschließungsvertrag)

116 hierzu im Detail: G. Walker: Handbuch Städtebauliche Verträge, herausgegeben von der Bun-desvereinigung der Landesentwicklungsgesellschaften und Heimstätten e.V., Baden-Baden, 1999, Seite 141ff; sowie: LBS-Bundesgeschäftsstelle: Leitfaden Baulandbereitstellung, Bonn, 1999 117 hierzu im Detail: Forschungsgruppe Stadt+Dorf: Baulandbereitstellung. Bodenpolitische Grund-satzbeschlüsse. Fallstudien, Dokumentationen, Anwendungshinweise. Endbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin, 2001 118 hierzu im Detail: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS): Vorhaben- und Entwicklungsplan. Beispieldokumentation, Nr. 97, Dortmund, 1999 119 Dies ist z.B. in Hamburg gängige Praxis (Auskunft der Behörde für Bauen und Verkehr, Tiefbau) 120 J. Meyer: Modelle der kooperativen privatwirtschaftlichen Baulandentwicklung und Baulandbe-reitstellung, in: Flächenmanagement und Bodenordnung, Heft 2/2000, Seite 61ff; o.V.: Stadtent-wicklung ohne Haushaltsbelastung. Rauenberg. Privatrechtliche Erschließung von Neubaugebie-ten, in: Kronimus aktuell, Heft 9/2002, Seite 12ff; B. Schulz: Aktive Ankaufs- und Verkaufspolitik von Grundstücken als Beitrag zur Umsetzung von Stadtentwicklungszielen, Vortrag im 431. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin „Flächen- und Projektmanagement in der Kommunalentwicklung“ vom 08.04.-10.04.2002 in Berlin

160 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

Da die Abwälzung des Gemeindeanteils auf die Wohnungseigentümer in der Vergangenheit immer wieder im Interesse der politischen Diskussion um die Baulandbereitstellung gestanden hat, wird im Rahmen der Modellrechnungen dieser Studie eine Fallunterscheidung vorgenommen. Die bereits im Abschnitt 5.5 angekündigte Szenarienbildung („xx1“ und „xx2“ in Abbildung 5-4) wird in Abbildung 14-19 hinsichtlich der Erschließungskosten konkretisiert.

14.10 Ergebnisse der Modellrechungen Abbildung 14-20 zeigt zunächst ein beispielhaftes Ergebnis der Kostenberechnungen in tabellarischer Form, um einen Eindruck der Größenordnungen der betrachteten Kostenbereiche aus den Abschnitten 14.2 bis 14.7 zu vermitteln. Entsprechend sind die Gesamtkosten der jeweiligen Kostenbereiche angegeben, von denen die Kommune - je nach Szenario - die in Abbildung 14-19 dargestellten Kostenanteile zu tragen hat. Die in Abbildung 14-20 dargestellten Kosten sind das Modellergebnis für die Parameterkom-bination: • Geschossflächenzahl = 0,73 (entspricht Standardannahme für alle Standorte im Szenario

„Ohne Immobilienmarkt“) • Nettowohnbauland pro Wohneinheit = 303 m2 (entspricht Standardannahme für alle Standorte

im Szenario „Ohne Immobilienmarkt“) • Bodenpreis für Einfamilienhäuser = 190 EUR/m2 (entspricht Standardannahme für alle Stand-

orte im Szenario „Ohne Immobilienmarkt“) • Erstinanspruchnahme der Fläche (kein Flächenrecycling) • Lärmzone 1 (Abbildung 14-13) • Randlage (Abbildung 14-10) • Gemeinde mit 35.000 Einwohnern Kostenbereich der Baulandbereitstellung EUR pro m2 Nettowohnbauland Innere Verkehrserschließung 25,94 Äußere Verkehrserschließung inkl. Entwässerung 9,21 Öffentliche Grünflächen 6,18 Lärmschutzeinrichtungen 0,52 Entwässerung der inneren Erschließung 7,15 Planungskosten 0,72 Summe 49,72 Eigene Berechnung. Eingangsparameter: GFZ = 0,73; 303 m2 Nettowohnbauland pro WE; 190,- EUR/m2 Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser; Erstinanspruchnahme der Bauflächen; Lärmzone 1 nach Abbildung 14-13; Randlage nach Abbildung 14-10; Realisierung in Gemeinde mit 35.000 Einwohnern

Abbildung 14-20: Beispielhafte Berechnung der berücksichtigten Kostenbestandteile bei der Baulandbereit-stellung

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 161

Bei den kommunalen Kosten der Baulandbereitstellung wurden keine länderspezifischen Rege-lungen betrachtet. Aus diesem Grunde kann für die Kartendarstellungen auf eine Unterscheidung der Szenariengruppen „x1x“ und „x2x“ (Handhabung der Standorte in Hamburg) verzichtet werden. Die Ergebnisse der Szenarien „xx2“ (Erschließungsvertrag) beinhalten nur die mit 20% angesetzten Planungsrestkosten der Gemeinden (Abbildung 14-19), auf deren Kartendarstellung an dieser Stelle ebenfalls verzichtet wird. Die beiden nachfolgenden Abbildungen zeigen dementsprechend die Modellergebnisse für • die Szenariengruppe „1x1“: „Mit Immobilienmarkt“ und „Beiträge nach §129 BauGB“ (Abbildung

14-21) • die Szenariengruppe „2x1“: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Beiträge nach §129 BauGB“ (Abbil-

dung 14-22) Im Vergleich der beiden Ergebnisse zeigt sich die Wirkung der unterschiedlichen Wohndichten, die sich in der Szenariengruppe „Mit Immobilienmarkt“ durch die von der Kernstadt ins Umland abfal-lende Bodenpreise ergibt. Im Gegensatz zu den gesamten Kosten der Baulandbereitstellung (Abbildung 14-20) kommt beim Gemeindeanteil der äußeren Verkehrserschließung die zentrale Rolle zu, da diese in voller Höhe durch die Gemeinde zu finanzieren ist (Abbildung 14-19). In Ab-schnitt 14.3 wurde angenommen, dass diese Kosten u.a. von der durchschnittlichen Projektgröße abhängen, die – vereinfachend – mit steigender Gemeindegröße zunimmt. In Verbindung mit den dichteabhängigen Kosten der inneren Verkehrserschließung ergeben sich für beide Szenarien-gruppen so im Bereich sehr dünner Besiedlung – trotz der vielfach angenommenen Kostenvorteile von Erstinanspruchnahme von Flächen (Abbildung 14-18) – tendenziell höhere Kosten für die Gemeinden.

162 Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung

Abbildung 14-21: Modellergebnis: Kostenanteil der Gemeinde bei der Baulandbereitstellung (Szenarien-gruppe „1x1“: „Mit Immobilienmarkt“ und „Beiträge nach §129 BauGB“)

Quelle: Eigene Modellierung

Kostenanteil der Gemeinde bei der Baulandbereitstellung pro Wohneinheit Szenariengruppe 1x1

(„Mit Immobilienmarkt“ und „Beiträge nach §129 BauGB“)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 3.000 EUR

3.000 – 3.500 EUR 3.500 – 4.000 EUR 4.000 – 4.500 EUR 4.500 – 5.000 EUR 5.000 – 5.500 EUR

über 5.500 EUR

Kapitel 14 – Ausgabenanteil bei der Baulandbereitstellung 163

Abbildung 14-22: Modellergebnis: Kostenanteil der Gemeinde bei der Baulandbereitstellung (Szenarien-gruppe „2x1“: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Beiträge nach §129 BauGB“)

Quelle: Eigene Modellierung

Kostenanteil der Gemeinde bei der Baulandbereitstellung pro Wohneinheit Szenariengruppe 2x1

(„Ohne Immobilienmarkt“ und „Beiträge nach §129 BauGB“)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte unter 3.000 EUR

3.000 – 3.500 EUR 3.500 – 4.000 EUR 4.000 – 4.500 EUR 4.500 – 5.000 EUR 5.000 – 5.500 EUR

über 5.500 EUR

164 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

15 Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

15.1 Allgemeiner Blickwinkel bei der Analyse der kommunalen Ausgaben

In den Kapiteln 11 bis 13 wurden Wirkungsketten der betrachteten Neubaugebiete behandelt, die im Wesentlichen die Einnahmenseite der Kommunen betreffen. In den Kapiteln 14 bis 18 steht die Ausgabenseite im Mittelpunkt. Während die Einnahmeseite vor allem durch gesetzliche Rege-lungen (Steuergesetzgebung) sowie Verwaltungsvorschriften und -entscheidungen (insbesondere bei Verteilungsmechanismen) geprägt ist, sind die Ausgaben in mehr oder weniger starkem Maße von den individuellen Entscheidungen der Kommune abhängig. Zwar gelten für eine Reihe von kommunalen Aufgaben gesetzliche Regelungen und Standards, darüber hinaus bleibt das tatsächliche Ausgabenvolumen einer Gemeinde für eine Aufgabe aber immer auch abhängig von: • den Einnahmen (d.h. den zur Verfügung stehenden Mitteln) • den politischen Schwerpunktsetzungen der Gemeinde • der Effizienz der Aufgabenerfüllung • der „allgemeinen Ausgabenneigung“ einer Kommune • den – aus Sicht einer Kommune positiven oder negativen – „Spill Over“-Effekten kommunaler

Angebote aufgrund der Lage der Gemeinde Für das methodische Vorgehen bei der Analyse der kommunalen Ausgaben und ihrer späteren Abbildung im Rahmen der Modellrechnungen ist es daher wichtig, den Blickwinkel der Analyse möglichst genau festzulegen. Dieser Blickwinkel muss von der Forschungsfrage des Gesamt-projekts ausgehen. Diese lautet: Welche Standorte für Neubaugebiete werden vom kommunalen Steuersystem tendenziell (d.h. „im Durchschnitt“ oder „i.d.R. aufgrund der Struktur der Finanzgesetzgebung“) bevorzugt bzw. benachteiligt, weil sich die fiskalische Bilanz (zusätzliche Einnahmen minus zusätzliche Ausgaben) für die gebietsausweisenden Kommunen günstiger oder ungünstiger als an anderen Standorten darstellt. Aus diesem Grunde wird die angewandte Methodik zur Abschätzung der zusätzlichen Ausgaben der Gemeinden durch die simulierten Neubaugebiete in den nachfolgenden Abschnitten in einer detaillierten Darstellung schrittweise hergeleitet. Diese Herleitungsschritte betreffen • die unterschiedlichen Formen der Leistungserstellung kommunaler Leistungen (eigene Erstel-

lung oder Umlagefinanzierung) (Abschnitt 15.2) • den methodischen Umgang mit empirisch ermittelten Ausgabesätzen der Gemeinden

(Abschnitte 15.3 und 15.7) • die Berücksichtigung von „Spill Over“-Effekten (Abschnitt 15.4) • die Auswahl der relevanten Ausgabenbereiche (Abschnitt 15.5) • das empirische Vorgehen bei der Bestimmung der Ausgabensätze (Abschnitt 15.6) Einleitend sei an dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es auf Basis der kamera-listischen Buchführung der Gemeinden nicht möglich ist, Aussagen über die Kosten (den „Werteverzehr“) der kommunalen Aufgaben zu machen. Stattdessen können nur die getätigten Ausgaben betrachtet und angenommen werden, dass sich diese Messgröße den eigentlich relevanten Kosten immer stärker annähert, je größer der betrachtete Zeitraum ist. Dies wird bei den laufenden Ausgaben des Verwaltungshaushaltes schneller der Fall sein als bei den Investitionen des Vermögenshaushaltes. Bis zur flächendeckenden Einführung der Doppik in die Kommunalverwaltungen121 sind für übergeordnete Betrachtungen wie diese Studie entsprechende Abweichungen nicht zu vermeiden. Aus diesem Grunde wird im folgenden der Begriff „Ausgaben-satz“ anstelle des geläufigeren Begriffs „Kostensatz“ verwendet.

121 so z.B. das laufende Umstellungsprogramm in Nordrhein-Westfalen

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 165

15.2 Umgang mit den unterschiedlichen administrativen Formen kommunaler Leistungserstellung

Die Kommunen des Untersuchungsraumes haben einen unterschiedlichen Status innerhalb des föderalen Verwaltungsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland: • die Gemeinden gehören zu verschiedenen Bundesländern mit unterschiedlichen Zuständig-

keitsregelungen für öffentliche Aufgaben • die Gemeinden gehören verschiedenen Kreisen an (innerhalb der beiden Flächenländer sind

alle Gemeinden des Untersuchungsraumes kreisangehörig) • in Niedersachsen sind die Gemeinden entweder Einheitsgemeinden oder Mitgliedsgemeinden

von Samtgemeinden (mit entsprechenden Aufgabenaufteilungen) • in Schleswig-Holstein sind die Gemeinden amtsfrei oder Mitglied eines Amtes. Diese Unterschiede sind bei der Abbildung – und dem Vergleich – der Mehrausgaben einer Gemeinde aufgrund eines Neubaugebiets zu berücksichtigen. Dabei wird von der folgenden Prämisse ausgegangen:

Abbildung 15-1: Interpretation von Umlagen als den Ausgabesätzen der eigenen Aufgabenerfüllung gleichwertige Ausgaben

Alle Gemeinden müssen ihre pflichtigen kommunalen Aufgaben erfüllen und können darüber hinaus freiwillig kommunalen Leistungen im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten erbringen. Dabei stehen die Gemeinden jedesmal vor der Wahl, diese Aufgabe selbständig zu erfüllen oder eine übergeordnete Ebene (Samtgemeinde, Amt, Kreis) mit der Leistungserstellung zu beauftragen.122 Durch die Erbringung der kommunalen Leistungen durch übergeordnete Gebiets-körperschaften können i.d.R. Größenvorteile besser ausgenutzt werden, sodass die Gemeinde mit einer geringeren Ausgabenbelastung als im Falle der eigenen Leistungserstellung rechnen kann. An Stelle der laufenden und investiven Ausgaben der eigenen Leistungserstellung treten Umlagen

122 Allerdings sind die Gemeinden in ihren Entscheidungen über die Zugehörigkeit zu einem Kreis, einem Amt oder einer Samtgemeinde nicht frei. In vielen Fällen ist die Aufgabenteilung zwischen den kommunalen Verwaltungsebenen in den Ländergesetzgebungen festgelegt. Die Entschei-dungsfreiheit der Gemeinden ist somit nicht mit der eines Unternehmens („make or buy“) zu vergleichen. Gleichwohl wird hier davon ausgegangen, dass durch die Übernahme kommunaler Aufgaben durch übergeordnete Gebietskörperschaften i.d.R. Kostenvorteile für die Gemeinden entstehen.

Mehraus-gaben für einen ge-meindli-

chen Auf-gabenbe-reich auf-grund des Neubaus

=

Ausgabensatz pro Nachfrage-einheit im eigenen Haushalt

Umlagesatz der Samtgemeinde bzw. des Amtes (so vorhanden)

Umlagesatz des Kreises (so vorhanden)

+

+

x

x

x

delta Nachfrageeinheiten durch neues Wohngebiet

delta Eingangsparameter Umlageberechnung SG / Amt

delta Eingangsparameter Umlageberechnung Kreis

166 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

für Kreise, Ämter, Samtgemeinden. Umlagen an Zweckverbände werden der eigenen Leistungs-erstellung zugeordnet.123 Im Rahmen der Analyse und der nachfolgenden Modellrechnungen werden daher Umlagen und Ausgaben für die eigene Leistungserstellung als gleichwertige Ausgabenarten aufgefaßt (Abbil-dung 15-1). Gleichwertig meint, dass beide Ausgabenarten im Rahmen der Saldierung (Kapitel 19) miteinander verrechnet werden können. Eine zusätzliche Nachfrage nach kommunalen Leistungen durch die Bewohner des jeweiligen neuen Wohngebiets führt somit zu zusätzlichen Ausgaben der Gemeinde für die eigene Leistungserstellung oder zu höheren Umlagezahlungen der Kommune an die übergeordneten Verwaltungsebenen.

15.3 Pro und Contra der Nutzung realer kommunaler Ausgabesätzen bei der Modellierung

Die laufenden Ausgaben einer betrachteten Gemeinde für die eigene Leistungserstellung ihrer kommunalen Aufgaben lassen sich aus den Jahresrechnungsstatistiken entnehmen. Für die Modellrechnung stellt sich nun die Frage, ob sich aus der so empirisch ermittelten Ausgabenstruk-tur einer Gemeinde hinreichend genau auf die zu erwartenden zusätzlichen laufenden Ausgaben der eigenen Leistungserstellung aufgrund eines simulierten Neubaugebiets schließen läßt. Wenn auch nicht vollständig deckungsgleich, so ist diese Frage mit der Diskussion um den Ausga-benbedarf von Kommunen verknüpft, wie sie bei der Ausgestaltung der Kommunalen Finanz-ausgleiche (Kapitel 13) geführt wird. Konsens besteht in dieser Diskussion zunächst darin, dass der Ausgabenbedarf einer Kommune nicht direkt messbar ist, sondern immer auch subjektive und normative Komponenten enthält.124 Die in der Diskussion um die adäquate Bestimmung des kommunalen Ausgabenbereichs vorge-brachten Argumente lassen sich nach M. Junkernheinrich im Wesentlichen auf zwei Positionen zurückführen, die von J. Popitz und A. Jessen in den 30er Jahren vertreten wurden.125 Vereinfachend lassen sich die Positionen wie folgt darstellen: • Nach J. Popitz lässt sich empirisch ein mit der Gemeindegröße ansteigender kommunaler

Ausgabenumfang pro Einwohner feststellen. Diese ansteigenden Ist-Ausgaben begründen das Zugeständnis höherer Pro-Kopf-Ausgabenbedarfe für größere Gemeinden, wie sie heute z.B. in der Einwohnerveredelung der meisten Kommunalen Finanzausgleiche zum Ausdruck kommt. Die Kritik an diesem Vorgehen spricht hierbei von einem methodischen Zirkelschluss. Hohe Einnahmen von Gemeinden führen i.d.R. zu hohen Ausgaben, die bei der Popitzschen Untersuchung als hoher Finanzbedarf interpretiert werden, während ein sparsames Ausgabeverhalten von Gemeinden mit schwachen Einnahmen als niedriger Ausgabenbedarf

123 Die Zuordnung der Umlagezahlungen an Zweckverbände zur eigenen Leistungserstellung ist u.a. deshalb zweckmäßig, weil ihre haushaltstechnische Verbuchung (in Niedersachsen z.B. unter Gliederungsnummer 713) aufgabenspezifisch erfolgt und somit in den in Abschnitt 15.6 gebildeten Ausgabensätzen mit erfasst wird. Im Gegensatz dazu erfolgt die Verbuchung der Kreis-, Samtge-meinde- und Amtsumlagen im Einzelplan 9 (Allgemeine Finanzwirtschaft) und beeinflusst die im Abschnitt 15.6 gebildeten Ausgabensätze für die eigene Leistungserstellung nicht. 124 in diesem Sinne z.B.: W. Leibfritz: Ermittlung des Finanzbedarfs im bayerischen kommunalen Finanzausgleich, in: Innenministerium Nordrhein-Westfalen, Die Bedarfsermittlung im kommunalen Finanzausgleich, Berlin, 1991, Seite 123; sowie M. Junkernheinrich: Alternative Methoden zur Bestimmung des kommunalen Ausgabenbedarfs, Bochum, 1989, Seite 3 und 24. 125 M. Junkernheinrich: Alternative Methoden zur Bestimmung des kommunalen Ausgabenbedarfs, Bochum, 1989, Seite 6; M. Junkernheinrich: Sonderbedarfe im kommunalen Finanzausgleich, Berlin, 1992; J. Popitz: Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, Berlin, 1932; A. Jessen: Der deutsche Finanzausgleich in Theorie und Praxis, Berlin, 1932

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 167

gemessen wird.126 Ein weiterer Kritikpunkt besteht darin, dass raumstrukturelle Ineffizienzen bei der Aufgabenerfüllung - hier insbesondere eine zu starke Ballung - tendenziell eher belohnt denn unter finanziellen Druck gesetzt werden.127

• Der Gegenvorschlag von A. Jessen arbeitet bei der Bestimmung des kommunalen Ausgaben-bedarfs mit differenzierten Bedarfsindikatoren. Im Idealfall sollen für jede kommunale Aufgabe Bedarfsindikatoren gebildet und mit durchschnittlichen Kosten pro Bedarfseinheit (z.B. als Landesdurchschnitt) verknüpft werden. Der Finanzbedarf der Gemeinden ließe sich so durch die Aufsummierung der Einzelbedarfe für jede einzelne Aufgaben ermitteln.128

Die Modellrechnung hat einen etwas anderen Blickwinkel, wird sich aber tendenziell an der Position Jessens orientieren. Zielsetzung ist nicht die Bestimmung eines „möglichst gerechten“ Bedarfsansatzes für einen Kommunalen Finanzausgleich, sondern die Abschätzung der zu erwartenden zusätzlichen Ausgaben einer konkreten Gemeinde aufgrund eines Neubaugebiets. Zugleich sollen aus der Summe der Zuordnungen der zu erwartenden Mehrausgaben der Gemeinden an allen betrachteten Standorten des Untersuchungsraumes aber auch Rückschlüsse auf die Eigenschaften des aktuellen kommunalen Finanzsystems als Ganzes gezogen werden (Kapitel 1). Vor dem Hintergrund dieser Aufgabenstellung und den Erfahrungen bei der Bestimmung der kom-munalen Finanzbedarfe wird im Rahmen dieser Studie das nachfolgende Vorgehen zur Bestim-mung der zu erwartenden kommunalen Mehrausgaben für die eigene Leistungserstellung fest-gelegt: • Zur Abschätzung der zusätzlichen Ausgaben der Gemeinden für die eigene Leistungs-

erstellung durch die simulierten Neubaugebiete werden empirische Daten aus den Jahresrech-nungsstatistiken der Gemeinden für die Jahre 1990 bis 1999 verwendet.

• Die Ausgabenbestimmung erfolgt nach Aufgaben differenziert. Dabei werden im Rahmen der verfügbaren Daten möglichst aufgabenspezifische Bedarfsindikatoren („Nachfragegrößen“) gebildet.

• Aus den Jahresrechnungsstatistiken der Kommunen werden gemeindespezifische Ausgaben-sätze für jede betrachtete kommunale Aufgabe abgeleitet. Diese Ausgabensätze stellen die Nettoausgaben der Gemeinden pro Nachfrageeinheit dar. Nettoausgaben sind das Saldo aus den aufgabenbezogenen Einnahmen (z.B. Gebühren, zweckgebundenen Zuschüssen, Kosten-erstattungen) und Ausgaben.

• Es wird vereinfachend angenommen, dass sich die Ausgabenstruktur der betrachteten Ge-meinden durch das Neubaugebiet nicht ändert. Das bedeutet, dass - im Grundsatz - empirisch ermittelte Ausgabensätze der Vergangenheit („1990 bis 1999 hat die Gemeinde durch-schnittlich ... EUR pro Nachfrageeinheit ausgegeben“) auch für die betrachtete Zukunft als bestmögliche Näherung angesehen werden können.129 Allerdings wird auch angenommen,

126 Kritik in diesem Sinne z.B. bei: M. Junkernheinrich: Alternative Methoden zur Bestimmung des kommunalen Ausgabenbedarfs, Bochum, 1989, Seite 12, dort Verweis auf: M. Gantner: Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel als Problem der Länder und Gemeinden, Wien, 1978, Seite 65. Relativierung des „Zirkelschluss“-Problems z.B. in: W. Leibfritz: Ermittlung des Finanzbedarfs im bayerischen kommunalen Finanzausgleich, in: Innenministerium Nordrhein-Westfalen, Die Bedarfsermittlung im kommunalen Finanzausgleich, Berlin, 1991, Seite 123 127 M. Junkernheinrich: Alternative Methoden zur Bestimmung des kommunalen Ausgabenbedarfs, Bochum, 1989, Seite 9 128 M. Junkernheinrich schätzt ein solches Vorgehen als „sachlich differenzierter, normativ redlicher und [...] bedarfsgerechter“ ein (M. Junkernheinrich: Alternative Methoden zur Bestimmung des kommunalen Ausgabenbedarfs, Bochum, 1989, Seite 23). Politische Umsetzungsschwierigkeiten sieht W. Leibfritz (W. Leibfritz: Ermittlung des Finanzbedarfs im bayerischen kommunalen Finanzausgleich, in: Innenministerium Nordrhein-Westfalen, Die Bedarfsermittlung im kommunalen Finanzausgleich, Berlin, 1991, Seite 129) 129 Entsprechendes Vorgehen in: R. Burchell, D. Listokin, W. Dolphin: Development Impact Assessment Handbook, Washington, D.C., Urban Land Institute, 1994, Seite 129 bzw. R. Burchell, D. Listokin, W. Dolphin: The New Practitioner‘s Guide to Fiscal Impact Analysis, New Brunswick,

168 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

dass eine direkte Anwendung der empirisch ermittelten, gemeindespezifischen Ausgabensätze in den Modellrechnungen aufgrund der in ihnen enthaltenen kommunalen Besonderheiten u.U. zu Fehleinschätzungen über die zukünftige Finanzbelastung der Gemeinde durch das jeweils betrachtete Neubaugebiet führen kann. Vor ihrer Verwendung im Rahmen der Modellrech-nungen werden die Ausgabensätze der Gemeinden daher z.T. modifiziert. Abbildung 15-2 zeigt Ziele und Vorgehen dieser Modifikationen.

Abbildung 15-2: Modifikation der empirisch ermittelten Ausgabensätze Den in Abbildung 15-2 dargestellten Fall 1 („Spill Over“-Effekte) erläutert der anschließende Abschnitt 15.4 genauer. Im Fall 2 werden die empirisch ermittelten Ausgabenbereiche auf 200% des Landesdurchschnittes aller Gemeinden begrenzt. Ziel ist es hierbei, Extremwerte abzufangen, die sich z.B. bei kleineren Gemeinden mit entsprechend niedrigen Nachfragegrößen bei der Division der Ausgaben durch die Nachfragegröße ergeben. Fall 3 betrifft reine Verwaltungs-aufgaben, bei denen die Anwendung der spezifischen Ausgabensätze der Kommunen aufgrund der Kostenträgheit von reinen Verwaltungsaufgaben nicht sinnvoll erscheint. Die Zuordnung der betrachteten Ausgabenbereiche zu den drei Modifikationsfällen werden in den Abbildung 15-6 und 15-7 skizziert.

15.4 „Spill Over“-Effekte Wie in Abschnitt 14.1 erläutert, ist es das erklärte Ziel bei der Modellierung der Ausgabenseite der Kommunalhaushalte, „Spill Over“-Effekte zu berücksichtigen, da sie einen raumstrukturellen Vor- oder Nachteil von Gemeinden darstellen. Die Bedeutung dieser raumstrukturellen Vorteile bestimmter Gemeinden, insbesondere in Ballungsräumen, konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden.130

CUPR, Rutgers University, 1985, Seite 9, dort als „Per Capita Multiplier“-Methode bezeichnet. 130 So z.B. für Bayern in: Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umwelt-

Empirisch ermittelter Ausgabensatz einer Gemeinde pro Nachfrageeinheit (Abschnitt 15.6)

Fall 1: Ausgabenbereich ist durch „Spill Over“-Effekte geprägt (Abschnitt 15.4)

Fall 2: Ausgabensatz kann für besondere Gemeinden Extremwerte annehmen

Fall 3: Gegenstand des Ausgabenbereich sind

reine Verwaltungsaufgaben

Anwendung je nach Eigenschaften des betreffenden Ausgabenbereichs (Abschnitt 15.5)

Anwendung der individuellen Ausgabesätze der Gemein-den bis zu einem Kappungs-betrag „Landesdurchschnitt

über alle kommunalen Aufgabenträger“

Anwendung der individuellen Ausgabesätze der Gemein-den bis zu einem Kappungs-betrag in doppelter Höhe der Landesdurchschnitte nach Verwaltungstyp in Fall 3

Anwendung des landes-durchschnittlichen

Ausgabesatzes über alle Gemeinden mit der

Verwaltungsform der betrachteten Gemeinde

Ziel: Ausgleich von „Spill Over“-Nachteilen

Ziel: Ausschluss empirischer Extremwerte

Ziel: Ausgleich der Kostenträgheit

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 169

Für die Berücksichtigung der „Spill Over“-Effekte bei den kommunalen Ausgaben131 im Rahmen der Analysen und Modellrechnungen dieser Studie wird von dem in Abbildung 15-3 dargestellten Verständnis ausgegangen.

Abbildung 15-3: „Spill Over“-Vorteile auf der Ausgabenseite Das in Abbildung 15-3 veranschaulichte Verhältnis der Ausgaben der Neubaugebietsgemeinde und der Nachbargemeinden für die Inanspruchnahme kommunaler Leistungen durch die Bewohner eines Neubaugebiets kann i.d.R. nicht genau bestimmt werden. Allerdings schlagen sich die Überlagerungen aller haushaltsrelevanten „Spill Over“-Vorteile in der Ausgabenstruktur jeder einzelnen Gemeinden in der Region nieder (Abbildung 15-4).

fragen: Finanzrelevante Probleme zwischen Stadt und Umland, München, 1992 sowie - explizit aufbauend auf der bayerischen Studie - für Hessen: W. Gretz, W. Kisseler: Finanzkraft und Zuschußbedarf hessischer Kommunen, Wiesbaden, 1995. 131 „Spill Over“-Effekte existieren auch auf der Einnahmenseite, z.B. wenn durch Suburbanisierung eine Umlandgemeinde gut verdienende Haushalte ansiedeln kann, deren Arbeitsplatz in der zentralen Nachbargemeinde liegt. Durch die relativ detaillierte Ableitung des Einzugsverhaltens im Rahmen des Vormodells „Immobilienmarkt“ (Kapitel 6 bis 10) wird davon ausgegangen, dass die „Spill Over“-Effekte der Einnahmenseite in dessen Ergebnissen - nicht zuletzt über die Mechanis-men der Bodenpreisbildung - bereits abgebildet werden.

Jeder Haushalt in einem Neu-

baugebiet ...

... fragt kom-munale Leis-

tungen ...

... in einem bestimmten Umfang nach. Dieser ist abhängig von der Soziodemografie, den individuellen Bedürfnissen

und der räumlichen Entfernung der Angebote.

Leistung 1

Leistung 2

Leistung 3

Leistung n

...

Bereitgestellt und finanziert werden diese Leistungen durch ...

die Gemeinde des Neubaugebiets

andere Gemeinden in der Region, insbesondere solche höherer Zentralität

Das Verhältnis : ist damit ein Indikator für die Bedeutung der „Spill Over“-Vorteile der Gemeinde

170 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

Art der Ausgabe Wirkung der „Spill Over“-Vorteile Kapitel Eigene Aufgaben-erfüllung: Lau-fende Ausgaben

„Spill Over“-Vorteile einer Gemeinde führen ceteris paribus zu geringeren Ausgabensätzen (laufende Ausgaben pro Einwohner) für die kommunalen Leistungen in eigener Leistungserstellung

15

Eigene Aufgaben-erfüllung: Investive Ausgaben

„Spill Over“-Vorteile einer Gemeinde führen ceteris paribus zu geringeren Ausgabensätzen (investive Ausgaben pro Einwohner) für die kommunalen Leistungen in eigener Leistungserstellung

16

Samtgemeinde- bzw. Amtsumlage

„Spill Over“-Vorteile einer Samtgemeinde bzw. eines Amtes führen ceteris paribus zu geringeren Samtgemeinde- bzw. Amtsumlagen

17

Kreisumlage „Spill Over“-Vorteile eines Kreises führen ceteris paribus zu geringeren Kreisumlagen

18

Abbildung 15-4: Wirkungen von „Spill Over“-Vorteilen auf die Ausgabenarten der Modellrechnungen „Spill Over“-Vorteilen einer Gemeinde stehen immer „Spill Over“-Nachteile anderer Gemeinden gegenüber. So kann z.B. für einen zentralen Ort das in Abbildung 15-2 dargestellte Finanzierungs-verhältnis „eigene Gemeinde : andere Gemeinden“ 100% zu 0% betragen. Die gesamte Nachfrage der eigenen Bevölkerung nach einer kommunalen Leistung (z.B. nach Schulbildung) wird somit im zentralen Ort erbracht. Das Verhältnis „100% : 0%“ sagt aber nichts darüber aus, ob nicht zusätzlich zu den eigenen Einwohnern noch Bewohner der Nachbargemeinden die Leistung „Schulbildung“ des zentralen Ortes in Anspruch nehmen. Im Falle einer Gemeinde mit „Spill Over“-Vorteil hinsichtlich einer Leistung kann davon ausgegan-gen werden, dass sich diese auch bei den Ausgaben der Gemeinde für die zusätzliche Nachfrage der Bewohner des Neubaugebiets nach dieser Leistung in etwa gleicher Größenordnung wie für alle anderen Bewohner bemerkbar machen wird. Ausgabensätze aus den kommunalen Jahresrechnungsstatistiken (Abschnitt 14.2) können somit als Grundlage für die Berechnung der Ausgaben durch zusätzliche Nachfrage herangezogen werden. Im Falle einer Gemeinde mit „Spill Over“-Nachteilen ist dies nicht der Fall. Da sich die gesuchten Ausgabensätze (Abschnitt 15.6) nur auf die eigenen Einwohner beziehen, obwohl die Leistungen auch durch die Einwohner anderer Gemeinden in Anspruch genommen werden, würde eine Anwendung der Ausgabensätze zu einer Überschätzung der zu erwartenden Ausgaben der Gemeinde für die zusätzliche Nachfrage aus dem Neubaugebiet führen. Alle Ausgabensätze sind daher auf „Spill Over“-Nachteile zu überprüfen. Dies geschieht durch die Bestimmung eines maximalen, „Spill Over“-bereinigten Ausgabensatzes für alle betrachteten kommunalen Leistungen (Abbildung 15-2). Dabei sind für jede Leistung maximale Ausgabensätze sowohl für die laufenden als auch für die investiven Ausgaben der eigenen Leistungserstellung zu ermitteln. Für die laufenden Ausgaben werden landesweite Ausgabensätze für die betrachteten kommunalen Leistungen berechnet (Abschnitt 15.7). Diese stellen die Ausgaben aller kommunalen Gebietskörperschaften (Gemeinden, Ämter, Samtgemeinden, kommunale Zweckverbände, Kreise) der Gesamtmenge aller Nachfrager im jeweiligen Land gegenüber. Aufgrund der Größe der Bundesländer wird davon ausgegangen, dass sich „Spill Over“-Vorteile und -Nachteile in der Summe aufheben und mögliche Verzerrungen an den Landesgrenzen nicht ins Gewicht fallen. „Spill Over“-Nachteile brauchen bei den Umlagen (Kreis, Samtgemeinde, Amt) nicht berücksichtigt werden, da im Rahmen der Modellrechnungen davon ausgegangen wird, dass sich durch das neu Wohngebiet die Umlagesätze nicht verändern. Strukturelle Nachteile sind in den Umlagesätzen der übergeordneten Gebietskörperschaften enthalten.

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 171

15.5 Relevante Bereiche der kommunalen Leistungserstellung (Laufende und investive Ausgaben)

Nicht alle kommunalen Aufgaben sind in gleicher Weise vom Bau und Bezug eines Neubau-gebietes betroffen. Für viele Bereiche können nur indirekte – und damit oft nur bedingt vorhersagbare – Wirkungsketten beschrieben werden. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, aus der Liste kommunaler Aufgaben (zugleich Ausgabenbereiche) die im Rahmen der Untersuchung relevanten herauszufiltern. Dies geschieht über mehrere Schritte, die in Abbildung 15-5 dargestellt sind. Filterungsschritt Ausgabenbereiche eines Kommunalhaushalts

(1) Ausgabenbereich reagiert auf das Neubaugebiet

ja nein

(2) Ausgabenbereich hat nur einen relativ kleinen Verursacherkreis aber erheblichen Ausgabenumfang

nein ja

(3) Leistungen des Ausgabenbereich werden durch öffentliche oder private Unternehmen erbracht, die i.d.R. kostendeckend arbeiten

nein ja

(4) Mehrausgaben können dem Neu-baugebiet mehr oder weniger direkt zugeordnet werden, d.h. nicht nur über einen allgemeinen Einwohnerzuwachs

ja nein

(5) Umfang der Mehrausgaben unter-liegt im Wesentlichen der politischen Willensbildung in der Gemeinde

nein ja

Berücksichtigung in den Modellrechnungen zu den Ausgaben der eigenen Leistungserstellung:

• Laufende Ausgaben (Kapitel 15)

• Investive Ausgaben (Kapitel 16)

Aus-gaben-stufe 1

Aus-gaben-stufe 2

keine Berücksichtigung im Rahmen der

Modellrechnungen

Abbildung 15-5: Auswahl der relevanten Ausgabenbereiche (Aufgaben) der eigenen Leistungserstellung für die Abbildung der laufenden (Kapitel 15) und investiven Ausgaben (Kapitel 16) im Rahmen der Modellrechnungen

Anhand des abgebildeten Schemas lassen sich durch Ausschluss die für die Modellrechnungen relevanten Ausgabenbereiche ermitteln (Abbildungen 15-6 und 15-7). Ausgangspunkt ist eine Gliederungssystematik für Kommunalhaushalte, wie sie von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) sowie den Statistischen Landesämtern herausgegeben werden. Im ersten Filterungsschritt werden alle Ausgabenbereiche ausgeschlossen, auf welche die be-trachteten Neubaugebiete voraussichtlich keinen Einfluss haben, so z.B. „Land- und forstwirt-

172 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

schaftliche Unternehmen“ (Gliederungsnummer 85). Ebenfalls an dieser Stelle ausgeschlossen werden kommunale Aufgaben sehr hoher Zentralität, insbesondere in den Bereichen Kultur (z.B. Theater) und Wissenschaft (z.B. Forschungseinrichtungen und Museen). Der zweite Filterungsschritt stellt eine nicht unbedeutende Festlegung im Rahmen des methodi-schen Vorgehens dar. Er dient im Besonderen der Ausblendung der Sozialhilfe aus den Modell-rechnungen.132 Die Sozialhilfe, obwohl im Wesentlichen durch Bundesgesetze festgelegt, ist durch die Gemeinden zu finanzieren. Insbesondere die Städte leiden zunehmend unter der erheblichen Zunahme der finanziellen Belastungen durch die Sozialhilfe in den letzten Jahrzehnten. Für die Städte lag im Jahre 2001 der Anteil der sozialen Leistungen insgesamt bei etwa 19,2% der gesamten Ausgaben.133 Die Ermittlung eines Ausgabensatzes „Ausgaben für Sozialhilfe pro Einwohner“ und dessen modellhafte Anwendung auf die Neubaugebiete erscheint nicht plausibel. Zum einen sind die Ausgaben im Einzelfall relativ hoch, zum anderen erscheint es recht unwahr-scheinlich, dass Personen mit einem Anspruch auf Sozialhilfe in eine freifinanzierte Neubauwoh-nung ziehen. Im Rahmen des zweiten Filterungsschrittes wurden auch Ausgabenbereiche wie Einrichtungen für Behinderte und einzelfallbezogene Finanzhilfen im Rahmen der Jugendhilfe aus-geschlossen. Die meisten Leistungen der stadttechnischen Versorgung werden durch kommunale Unternehmen oder durch Privatunternehmen im kommunalen Auftrag durchgeführt. In vielen Bereichen arbeiten diese Unternehmen kostendeckend, weil sie entsprechende Nutzungsgebühren erheben können. Da davon auszugehen ist, dass auch der Bau eines Neubaugebiets an der Kostendeckung dieser Unternehmen keine größeren Veränderungen hervorrufen wird134, werden die kommunalen Ausgabensätze für diese Unternehmen auf Null gesetzt und entsprechend nicht mehr weiter betrachtet.135 Die verbliebenen Ausgabenbereiche werden durch zwei abschließende Unterscheidungen drei Ausgabentypen zugeordnet. Zunächst wird zwischen den Ausgabenbereichen unterschieden, bei denen Ausgaben durch die direkte Nachfrage der Bewohner des Neubaugebiets entstehen (z.B. Schulen, Kindergärten, etc.) und solchen, bei denen sich Ausgaben eher über das allgemeine Wachstum der Gemeinde aufgrund des Neubaugebiets ergeben, ohne dass die Bewohner der neuen Wohnungen die Leistungen im Einzelnen direkt nachfragen. Beispiele für den zweiten Fall sind: Gemeindeorgane, Hauptamt, Umweltschutz, Rettungsdienst, allgemeine Bauverwaltung etc. Die Ausgabenbereiche, deren Zusatzausgaben durch eine direkte Nachfrage der Bewohner der neuen Wohnungen entstehen, werden abschließend noch danach unterschieden, inwieweit die Gemeinden individuelle Ausgestaltungsmöglichkeiten besitzen, d.h. welche Rolle die gemeinde-politischen Entscheidungen und Ausrichtungen spielen. Während z.B. bei Grundschulen und Kindergärten aufgrund von Schulpflicht und Anspruch auf einen Kindergartenplatz nur sehr einge-schränkter Entscheidungsspielraum für die Gemeinde besteht, ist z.B. der Umfang der Angebote und Einrichtungen im Bereich der Jugendarbeit - in Form eigener Angebote oder Förderung anderer Träger – weitgehend von der politischen Willensbildung des Gemeinderates abhängig.

132 Ein ähnliches Vorgehen findet sich bei F.-J. Bade, M. Junkernheinrich, G. Micosatt, J. Schelte: Finanzielle Auswirkungen von Baulandausweisungen, Bochum, 1993, Seite 36 133 H. Karrenberg, E. Münstermann: Gemeindefinanzbericht 2002, in: Der Städtetag, Heft 4/2002 134 Neubaugebiete haben - ceteris paribus - durchaus einen Einfluss auf den Kostendeckungsgrad eines Versorgungsunternehmens. Insbesondere Gebiete mit niedriger Dichte haben einen hohen Versorgungsaufwand pro Haushalt zur Folge. Allerdings steht den Unternehmen die Möglichkeit offen, ihre Preise entsprechend anzupassen. Dabei werden i.d.R. die Zusatzkosten durch eine dünne Siedlungsdichte auf alle Nutzer des Netzes über den Preis pro Versorgungseinheit umgelegt (Abschnitt 14.1). 135 Eine Auswertung der Jahresrechnungsstatistiken Niedersachsen und Schleswig-Holstein läßt dies plausibel erscheinen.

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 173

Wie in Abbildung 15-5 dargestellt, werden die drei zuletzt genannten Ausgabentypen für die Mo-dellierung zu zwei Ausgabenstufen zusammengefasst. Diese Ausgabenstufen sollen bei der späteren Interpretation der Ergebnisse der Modellrechnungen helfen. Ausgabenstufe 1 enthält die zusätzlichen Ausgaben, welche sich nach dem Bezug eines Neubaugebiets mit einer gewissen Zwangsläufigkeit für die gebietsausweisende Gemeinde einstellen. Demgegenüber umfasst die Ausgabenstufe 2 die Ausgabenbereiche im Zusammenhang mit dem Neubaugebiet, über deren Umfang die Gemeinde einen gewissen Gestaltungsspielraum hat, sei es aufgrund ihrer niedrigeren Pflichtigkeit136 oder der indirekteren Wirkungsketten („allgemeine Bevölkerungszunahme“). Bei den investiven Ausgaben der eigenen Leistungserstellung (Kapitel 16) wurden auf die Berücksichtigung der Zusatzausgaben aufgrund der allgemeinen Bevölkerungszunahme verzichtet (Abbildung 15-5). Eine entsprechende Zurechnung von Investitionen - z.B. einer Rathauserweiterung - zu den Folgekosten eines Neubaugebiets würde vermutlich eher zu Interpretationsschwierigkeiten denn zu besseren Ergebnissen führen. Die Anwendung der beschriebenen Auswahlsystematik ist im Anhang 2 tabellarisch im Detail dargestellt. Aus ihr ergeben sich für die laufenden Ausgaben der eigenen Leistungserstellung die beiden nachstehenden Listen (Abbildung 15-6 und 15-7), bei denen - wie beschrieben - zwischen Ausgabenstufe 1 und 2 unterschieden wird. Den Ausgabenbereichen beider Listen wurde jeweils die entsprechenden Nachfragegröße zugeordnet. Die Nachfragegrößen sind Beschreibungsgrö-ßen der Bevölkerung und der baulichen Struktur der Gemeinden, die bei der Bildung der Ausga-bensätze (Abschnitte 15-6 bis 15-8) als Bezugsgröße verwendet werden. Sie wurden den jeweiligen amtlichen Statistiken entnommen. Gl.Nr. Ausgabenbereich Nachfragegröße Fall nach

Abb. 15-2 20 Schulverwaltung Einwohner 6-18 Jahre 1 21 Grundschulen und Vorschulklassen Einwohner 6-10 Jahre 1 21 Hauptschulen Einwohner 10-18 Jahre 1 22 Realschulen Einwohner 10-18 Jahre 1 23 Gymnasien Einwohner 10-18 Jahre 1 28 Gesamtschulen Einwohner 10-18 Jahre 1 24 Berufsschulen, Berufsaufbauschulen Einwohner 15-18 Jahre 1 25 Fachschulen, Berufsfachschulen Einwohner 15-18 Jahre 1 26 Fachoberschulen, Fachgymnasien Einwohner 15-18 Jahre 1 27 Sonderschulen Einwohner 10-15 Jahre 1 290 Schülerbeförderung Einwohner 6-18 Jahre 2 292 Übrige schulische Aufgaben Einwohner 6-18 Jahre 1 464 Tageseinrichtungen für Kinder Einwohner 3-6 Jahre 1 63 Gemeindestraßen Verkehrsfläche 3 670 Straßenbeleuchtung Verkehrsfläche 3 675 Straßenreinigung Verkehrsfläche 3 Gl.Nr. = Gliederungsnummer nach dem bundeseinheitlichen Gliederungsplan 1999

Abbildung 15-6: Ausgabenbereiche der 1. Ausgabenstufe (laufende Ausgaben)

136 Zur Pflichtigkeit kommunaler Aufgaben: M. Junkernheinrich: Gemeindefinanzen. Theoretische und methodische Grundlagen ihrer Analyse, Berlin,1991, Seite 131 bzw. H. Zimmermann, U. Hardt, R.-D. Postlep: Bestimmungsgründe der kommunalen Finanzsituation - unter besonderer Berücksichtigung der Gemeinden in Ballungsräumen, Bonn, 1987, Seite 337

174 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

Gl.Nr. Ausgabenbereich Nachfragegröße Fall nach Abb. 15-2

00 Gemeindeorgane Einwohner insgesamt 3 02 Hauptverwaltung Einwohner insgesamt 3 03 Finanzverwaltung Einwohner insgesamt 3 05 Besondere Dienststellen der allg. Verwaltung Einwohner insgesamt 3 11 Öffentliche Ordnung Einwohner insgesamt 3 13 Brandschutz Einwohner insgesamt 3 16 Rettungsdienst Einwohner insgesamt 3 350 Volkshochschulen Einwohner über 18 Jahre 1 352 Öffentliche Büchereien Einwohner insgesamt 1 355 Sonstige Volksbildung Einwohner insgesamt 2 366 Heimatpflege Einwohner insgesamt 2 37 Kirchen Einwohner insgesamt 2 407 Verwaltung der Jugendhilfe Einwohner unter 18 Jahre 3 408 Versicherungsamt Einwohner insgesamt 3 409 Lastenausgleichsverwaltung Einwohner insgesamt 3 431 Soziale Einrichtungen für Ältere (ohne Pflege) Einwohner über 65 Jahre 1 432 Soz. Einr. für pflegebedürftige Menschen Einwohner über 65 Jahre 1 439 Andere soziale Einrichtungen Einwohner insgesamt 1 451 Jugendarbeit Einwohner unter 18 Jahre 1 452 Jugendsozialarbeit, Kinder- u. Jugendschutz Einwohner unter 18 Jahre 1 453 Förderung der Erziehung in der Familie Einwohner unter 18 Jahre 1 454 Förd. v. Kindern in Tageseinrichtungen / -pflege Einwohner unter 18 Jahre 1 460 Einrichtungen der Jugendarbeit Einwohner unter 18 Jahre 1 462 Einrichtungen der Familienförderung Einwohner 3-10 1 463 Einr. für werdende Mütter oder Eltern mit Kind Einwohner 0-3 1 465 Erziehungs- und Familienberatungsstellen Einwohner unter 18 Jahre 1 47 Förderung anderer Träger der Wohlfahrtspflege Einwohner insgesamt 1 50 Gesundheitsverwaltung Einwohner insgesamt 3 51 Krankenhäuser Einwohner insgesamt 1 54 Sonstige Einrichtungen der Gesundheitspflege Einwohner insgesamt 1 55 Förderung des Sports Einwohner insgesamt 1 56 Eigene Sportstätten Einwohner insgesamt 1 58 Park- und Gartenanlagen Einwohner insgesamt 1 59 Sonstige Erholungseinrichtungen Einwohner insgesamt 1 60 Bauverwaltung Siedlungsfläche 3 61 Städteplanung, Vermessung, Bauordnung Siedlungsfläche 3 62 Wohnungsbauförderung Einwohner insgesamt 3 75 Bestattungswesen Einwohner über 65 Jahre 1 82 Verkehrsunternehmen Einwohner insgesamt 3 Gl.Nr. = Gliederungsnummern nach dem bundeseinheitlichen Gliederungsplan 1999

Abbildung 15-7: Ausgabenbereiche der 2. Ausgabenstufe (laufende Ausgaben)

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 175

15.6 Empirisches Vorgehen bei der Bestimmung der Ausgabensätze Für die empirische Herleitung der in den Abschnitten 15.1 bis 15.5 beschriebenen Ausgabensätze standen die Jahresrechnungsstatistiken über 10 Jahre (1990 bis 1999) aller Gemeinden der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf Ebene der Einzeleinträge, d.h. differenziert nach Gliederung und Gruppierung137, zur Verfügung. Die Ausgabensätze für jeden Ausgabenbereich (Abbildungen 15-6 und 15-7) werden in mehreren Arbeitsschritten aus den Jahresrechnungsstatistiken abgeleitet (Abbildung 15-8). Ziel ist es, ausgehend von den Einzeleinträgen der Jahresrechungsstatistiken für jeden Ausgabenbereich und jedes Bundesland (Niedersachsen und Schleswig-Holstein) jeweils einen nettogestellten durchschnittlichen jährlichen Ausgabesatzes pro Nachfrageeinheit für den Zeitraum 1990 bis 1999 zu ermitteln. Die Auswertungen erfolgen getrennt für jede Gemeinde des Untersuchungsraumes138 sowie für jeden Ausgabenbereich der Listen aus den Abbildungen 15-6 und 15-7. Dabei wird dem jeweils betrachteten Ausgabenbereich in einem ersten Schritt die Einträge der entsprechenden Gliederung zugeordnet. Hierbei ist zu beachten, dass sich aufgrund gesetzlicher Regelungen oder anderer Einflüsse die Zuweisung der Gliederungsnummern zu den Ausgabenbereichen über den betrachteten Zeitraum in einigen Fällen ändern. In einem zweiten Schritt sind die Einträge der ausgewählten Gliederungsnummer zu jährlichen Nettoausgaben zusammenzufassen. Für die laufenden Ausgaben der eigenen Leistungserstellung sind hierzu alle Einnahmen der Gliederungsnummer von allen Ausgaben der Gliederungsnummer (jeweils nur im Verwaltungshaushalt 139) abzuziehen (Abbildung 15-9). Unter Gliederungs-nummern, die einer konkreten kommunalen Aufgabe zugeordnet werden können, finden sich nur Einnahmen, die direkt aus dieser kommunalen Leistung - z.B. durch Benutzergebühren, Beiträge oder Erstattungen - generiert werden. Sie enthalten somit keine allgemeinen Steuereinnahmen, welche die Ausgabensätze verfälschen könnten.

137 „Gliederung“ und „Gruppierung“ bilden das Koordinatensystem der kommunalen Haushalts-systematik. Jeder Einzeleintrag im Haushalt einer Gemeinde ist durch eine Gliederungs- und eine Gruppierungsnummer gekennzeichnet. Dabei gibt die Gliederungsnummer an, zu welchem kommunalen Aufgabenbereich der Eintrag (Einnahme oder Ausgabe) zählt. So kennzeichnet z.B. die Gliederungsnummer 670 alle Einnahmen und Ausgaben für die kommunale Aufgabe „Straßen-beleuchtung“. Die Gruppierungsnummer jedes Eintrages beschreibt dessen finanztechnische Wesensart. So ergibt sich aus ihr, ob es sich bei einem Eintrag um eine Einnahme oder eine Ausgabe handelt, ob er zum Verwaltungs- oder zum Vermögenshaushalt zählt, ob es sich um Zuschüsse, Erstattungen, Steuern, Zinsen handelt, usw. In Finanzstatistiken werden Haushalte i.d.R. nach Gliederung oder Gruppierung zusammengefasst. Statistiken auf Ebene der Einzelein-träge ermöglichen hingegen sehr viel differenziertere Auswertungen. 138 Zur Kontrolle der Ergebnisse wurden die Berechnungen für alle Gemeinden in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, d.h. auch außerhalb des Untersuchungsraumes, durchgeführt. 139 Kommunale Haushalte bestehen aus einem Verwaltungs- und einem Vermögenshaushalt. Die in diesem Kapitel betrachteten laufenden Ausgaben entsprechen dem Verwaltungshaushalt, die im Kapitel 16 betrachteten investiven Ausgaben dem Vermögenshaushalt. Die Zuordnung eines Einzeleintrags zum Verwaltungs- oder Vermögenshaushalt ist durch die erste Stelle der Grup-pierungsnummern möglich (Abbildung 15-9).

176 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

Abbildung 15-8: Vorgehen bei der Bestimmung der durchschnittlichen Ausgabensätze Die Nutzung nettogestellter Ausgabensätze im Rahmen der Modellrechnungen erlaubt es, metho-dische Schwierigkeiten weitestgehend zu umgehen, die sich aus dem unterschiedlichen Grad der Pflichtigkeit der kommunalen Aufgaben ergeben. So stehen in den Listen der Abbildungen 15-6 und 15-7 freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben neben pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben und solchen des übertragenen Wirkungskreises. Auch innerhalb dieser - nicht immer ganz zweifels-

Haus- haltsjahre

Gruppierung

Glie

deru

ng

Einzel-einträge der

Jahres-rechnungs-statistiken

(0) Ausgangspunkt:

Einzeleinträge der Jahresrechnungsstatistiken der Gemeinden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein 1990 bis 1999, differenziert nach: • Gruppierung • Gliederung • Haushaltsjahr • Gemeinde (getrennt auszuwerten)

Haus- haltsjahre

Gruppierung (1) Auswahl der Gliederung für den betrachteten Ausgabenbereich (Abbildungen 15-6 und 15-7)

Verbleibende Differenzierung: • Gruppierung • Haushaltsjahr

Haus- haltsjahre

Nettogestellte Ausgaben (2) Nettostellung (Abbildung 15-9)

Abzug der Einnahmen innerhalb der Gliederungs-stelle von deren Ausgaben (nur Verwaltungshaus-halt). Danach verbleibende Differenzierung: • Haushaltsjahr

Haus- haltsjahre

Nettogestellte Ausgaben (3) Bildung jährlicher Ausgabensätze

Division der nettogestellten Ausgaben durch die jeweilig aktuelle Anzahl der Nachfrager, differenziert nach: • Haushaltsjahr

Anzahl Nachfrager

Ausgaben- satz

÷ =

Haus- haltsjahre

Ausgaben-satz (4) Deflation und Durchschnittsbildung

Multiplikation des Ausgabensatzes mit einem jahres-spezifischen Deflator (Abbildung 15-10), danach Durchschnittsbildung

Deflator Durchschnitt-licher Aus-gabensatz

x ∅

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 177

freien140 - Typisierung der Aufgaben nach ihrer Pflichtigkeit unterscheiden sich diese in ihrer Finanzierungspraxis. So können die Aufwendungen der Kommune für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises entweder über direkte Erstattungen des Landes oder z.B. über entsprechende Ansätze im kommunalen Finanzausgleich abgerechnet werden141 (mit entspre-chenden Überschüssen oder Fehlbeträgen im konkreten Einzelfall). Beide Kostenerstattungsrege-lungen können mit den aus den Jahresrechnungsstatistiken abgeleiteten nettogestellten Aus-gabensätze abgebildet werden. Diese enthalten sowohl aufgabenspezifische Erstattungen anderer Gebietskörperschaften (z.B. aus der Gruppierungsnummer 16) als auch Ausgaben der Kommune für eine übertragene Aufgabe, denen keine direkte Erstattung gegenübersteht und deren Kostenabgeltung z.B. erst im Kommunalen Finanzausgleich (Kapitel 13) erfolgt. In den Modellrech-nungen geschieht die zuletzt genannte Kostenerstattung142 im Rahmen der abschließenden Saldierung (Kapitel 18).

Abbildung 15-9 Nettostellung der laufenden Ausgaben (Verwaltungshaushalt) Nicht zuletzt durch den nahezu kontinuierlichen Konsoldierungsdruck in vielen Gemeinden wurden in der Vergangenheit viele Aufgaben aus dem Kommunalhaushalt in privatrechtliche Unternehmen oder andere Sonderformen ausgegliedert. Diese sogenannten „Budgetflüchtlinge“ erscheinen nur 140 Zur Zuordnung der Aufgaben ausführlicher: M. Junkernheinrich: Gemeindefinanzen. Theoreti-sche und methodische Grundlagen ihrer Analyse, Berlin,1991, Seite 131ff bzw. H. Zimmermann, U. Hardt, R.-D. Postlep: Bestimmungsgründe der kommunalen Finanzsituation - unter besonderer Berücksichtigung der Gemeinden in Ballungsräumen, Bonn, 1987, Seite 337ff 141 Als Beispiel sei an dieser Stelle auf den Streit zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der Niedersächsischen Landesregierung im Zusammenhang mit der Kostenerstattung des Landes für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises verwiesen. In diesem Zusammenhang hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof am 15.08.1995 das Land Niedersachsen zu einer Kostenerstattungsregelung verpflichtet, nachdem das Land zum 1.01.1993 die bis dahin geltende Regelung zur Kostenerstattung aufgehoben hatte und die so frei werdenden Mittel den allgemeinen Schlüsselzuweisungen des Kommunalen Finanzausgleichs (Kapitel 13) zugeordnet hatte. Vgl. für Details: Niedersächsischer Landkreistag: Kosten des übertragenen Wirkungskreises, in: NLT-Informationen, Heft 4/1999, Seite 15ff 142 Kostenerstattungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs sind - so nicht sehr feine Nebenansätze enthalten sind - relativ grob, sodass Kommunen u.U. nur Teile ihrer realen Kosten erstattet bekommen. Durch die Verknüpfung der Modellrechnungen zum Kommunalen Finanzausgleich (Kapitel 13) und den Nettoausgaben der Jahresrechnungsstatistiken (Kapitel 15 und 16) wird dieses in den Modellrech-nungen abgebildet.

Netto-gestellte

Aus-gaben

zur Glie-

derungs-nummer

X (Verwal-tungs-

haushalt)

Summe der Hauptgruppen (Gruppierungsnummern) 4 (Personalausgaben) 5/6 (Sächl. Verwaltungs- und Betriebsaufwand) 7 (Zuweisungen u. Zuschüsse [als Ausgaben]) 8 (Sonstige Finanzausgaben)

unter der Gliederungsnummer X

Summe der Hauptgruppen (Gruppierungsnummern) 0 (Steuern, allgemeine Zuweisungen) 1 (Einnahmen aus Verwaltung und Betrieb) 2 (Sonstige Finanzeinnahmen)

unter der Gliederungsnummer X

ist gleich

minus

178 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

noch in einer Nettoveranschlagung im Kommunalhaushalt, sei es als Defizitausgleich oder als Gewinnabführung. In den meisten Fällen führt eine solche Ausgliederung nur zu einer Verände-rung der Gruppierungsnummer (Beispiel: aus Personalkosten werden Zuweisungen), nicht aber zu einer Veränderung der Gliederungsnummer. Gleiches gilt auch für den Fall, dass nicht-kommunale Träger kommunale Aufgaben wahrnehmen (Beispiel: kirchlicher Kindergarten mit kommunalen Zu-schüssen).143 Es wird daher davon ausgegangen, dass die beschriebene Nettostellung der kom-munalen Ausgaben auch durch Ausgliederungen kommunaler Aufgaben aus dem Haushalt i.d.R. nicht verfälscht werden. Im nächsten Schritt werden die Nettoausgaben für jedes der zehn betrachteten Haushaltsjahre der jeweils in diesem Jahr aktuellen Nachfragergröße (Abbildungen 15-6 und 15-7) gegenübergestellt. Diese wurden den entsprechenden Kommunalstatistiken 1990-1999 entnommen.144 Durch Division der Nettoausgaben durch die jeweiligen Nachfragegröße ergeben sich die jährlichen Aus-gabensätze. Für die abschließende Durchschnittsbildung über den zehnjährigen Betrachtungszeitraum sind die jährlichen Ausgabensätze um die Preissteigerungsrate zu bereinigen. Kommunale Haushalte fol-gen dabei nicht der für Privathaushalte relevanten „allgemeinen Preissteigerung“. Da es bei den Statistischen Bundes- und Landesämtern kein standardisiertes Verfahren zur Bestimmung von Deflatoren für öffentliche Haushalte existiert145, wurden eigene Deflatoren gebildet.

Jahr Preisindizes für die Lebenshaltung

(Gesamtindex) in der Bundesrepublik

Deutschland (Kehrwert)

Bruttowert-schöpfung des Wirt-

schaftsbereiches „Öffentliche Verwal-tung, Verteidigung, Sozialversicherung“

in Hamburg (Kehrwert)

Entwicklung der Einkommen im

öffentlichen Dienst (Kehrwert)

Abgeleitete Deflatoren für kommunale

Verwaltungs-haushalte

1990 123,6% 121,0% 125,8% 123,4% 1991 120,3% 116,4% 119,8% 118,8% 1992 114,5% 112,3% 114,5% 113,8% 1993 109,6% 108,7% 110,3% 109,6% 1994 106,7% 107,8% 109,1% 107,9% 1995 104,9% 104,5% 104,9% 104,8% 1996 103,5% 103,7% 103,8% 103,7% 1997 101,5% 102,7% 102,8% 102,3% 1998 100,6% 101,7% 101,0% 101,1% 1999 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

Eigene Berechnung. Quellen der Eingangsdaten: Statistisches Bundesamt: Preisindizes für die Lebenshaltung (Ge-samtindex = alle 12 Abteilungen); Statistisches Landesamt Hamburg: Bruttowertschöpfung des Wirtschaftsbereiches „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung“ in Hamburg zu Herstellungspreisen in jeweiligen Preisen des Jahres; Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Entwicklung der Einkommen im öffentlichen Dienst, in: „GEW tarif aktuell“ vom 14.6.2000.

Abbildung 15-10: Herleitung von Deflatoren für kommunale Verwaltungshaushalte

143 Auskunft des Statistischen Landesamtes Niedersachsen, Kommunale Haushaltssystematik 144 Für kleinere Gemeinden und kleinere Nachfragegruppen (z.B. Grundschüler) mußten für einige Nachfragegrößen aufgrund der Geheimhaltungsregeln der amtlichen Statistik Annahmen getroffen werden. 145 Auskunft des Statistischen Landesamtes Hamburg bzw. des Statistischen Bundesamtes

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 179

Die für die Verwaltungshaushalte relevante Inflationsrate ist vor allem durch die Entwicklung der Besoldungs- und Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst und die Preisentwicklung für Sachmittel bedingt. Die Deflatoren für die Verwaltungshaushalte wurden daher als jeweiliger Mittelwert der Entwicklung der folgenden drei Preisindizes gebildet: • Preisindex für die Lebenshaltung (Gesamtindex) • Bruttowertschöpfung des Wirtschaftsbereiches „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und

Sozialversicherung“ in Hamburg • Entwicklungsindex der Einkommen im öffentlichen Dienst Eine Multiplikation aller Ausgabensätze mit dem jeweiligen Deflator bezieht die Ausgabensätze einheitlich auf den Preisstand 1999. Eine anschließende Durchschnittsbildung über die so preis-bereinigten und nettogestellten Ausgabensätze liefert die gesuchten Ausgabensätze der Gemeinden für die verschiedenen kommunalen Leistungen.

15.7 Kappungsgrenzen und Durchschnitte nach Verwaltungsform In Abbildung 15-2 wurde zwischen drei Fällen bei der Anwendung der empirisch hergeleiteten Ausgabensätze unterschieden. Die dafür benötigten Kappungsgrenzen und Durchschnittssätze sind in den nachstehenden Abbildungen dargestellt. Eingang in die Kappungsbeträge für den Fall 1 (Ausgabenbereiche mit „Spill Over“-Effekten) finden die Ausgaben aller kommunalen Aufgabenträger (Gemeinden, Kreise, Ämter, Samtgemeinden, Zweckverbände, Schulverbände, etc.). Ausgabensätze von Gemeinden, die über diesen Kap-pungsgrenzen liegen, werden auf diese begrenzt, da sie vermutlich „Spill Over“-Nachteile der Gemeinde enthalten (Abschnitt 15.4).

Kappungsbetrag (Fall 1 nach Abb 15-2): „Landesdurchschnitt über alle kommunalen

Aufgabenträger“ in EUR pro Nachfragegröße und Jahr

Gl.Nr. Ausgabenbereich Nachfrage-größe

Schleswig-Holstein Niedersachsen 20 Schulverwaltung Einw. 6-18 J. 46 5 21 Grundschulen und Vorschulkl. Einw. 6-10 J. 883 654 21 Hauptschulen Einw. 10-18 J. 120 22 Realschulen Einw. 10-18 J. 172 23 Gymnasien Einw. 10-18 J. 214 28 Gesamtschulen Einw. 10-18 J. 40

insg. 563

24 Berufsschulen, -aufbauschulen Einw. 15-18 J. 391 25 Fachschulen, Berufsfachsch. Einw. 15-18 J. 35 26 Fachoberschulen, -gymnasien Einw. 15-18 J. 25

insg. 395

27 Sonderschulen Einw. 10-15 J. 169 91 292 Übrige schulische Aufgaben Einw. 6-18 J. 28 47 464 Tageseinrichtungen für Kinder Einw. 3-6 J. 1.095 1.367 Eigene Berechnung. Eingangsdaten: Statistische Landesämter Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Gl.Nr. = Glie-derungsnummer nach dem bundeseinheitlichen Gliederungsplan 1999. Die unterschiedliche Struktur für Schleswig-Holstein und Niedersachsen ergibt sich aus Unterschieden bei der Gliederung der Jahresrechnungsstatistiken der Statistischen Landesämter. Angaben auf volle Eurobeträge gerundet, Modellrechnung mit ungerundeten Werten.

Abbildung 15-11: Kappungsbetrag nach Fall 1 in Abbildung 15-2 („Landesdurchschnitt über alle kommunalen Aufgabenträger“) zum Ausgleich möglicher „Spill Over“-Nachteile in den Ausgabensätzen der 1. Ausgabenstufe (in EUR pro Nachfragegröße)

180 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

Kappungsbetrag (Fall 1 nach Abb 15-2): „Landesdurchschnitt über alle kommunalen

Aufgabenträger“ in EUR pro Nachfragegröße und Jahr

Gl.Nr. Ausgabenbereich Nachfrage-größe

Schleswig-Holstein Niedersachsen 350 Volkshochschulen Einw. über 18 6 4 352 Öffentliche Büchereien Einw. insg. 8 6 431 Soziale Einr. für Ältere Einw. über 65 14 3 432 Soziale Einr. für pflegebed. M. Einw. über 65 8 1 439 Andere soziale Einrichtungen Einw. insg. 1 1 451 Jugendarbeit Einw. unter 18 20 18 452 Jugendsozialarbeit Einw. unter 18 3 4 453 Förderung der Erziehung Einw. unter 18 6 5 454 Förd. von Kindern in Tageseinr. Einw. unter 18 31 26 460 Einrichtungen der Jugendarbeit Einw. unter 18 75 43 462 Einr. der Familienförderung Einw. 3-10 1 1 463 Einr. für werdende Mütter Einw. 0-3 30 1 465 Erziehungs-/Familienberatung Einw. unter 18 8 17 47 Förd. and. Träger Wohlfahrt Einw. insg. 6 2 51 Krankenhäuser Einw. insg. 1 2 54 Sonst. Einr. der Gesundheit Einw. insg. 4 2 55 Förderung des Sports Einw. insg. 7 4 56 Eigene Sportstätten Einw. insg. 6 7 58 Park- und Gartenanlagen Einw. insg. 18 17 59 Sonst. Erholungseinrichtungen Einw. insg. 1 1 75 Bestattungswesen Einw. über 65 7 17 Eigene Berechnung. Eingangsdaten: Statistische Landesämter Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Gl.Nr. = Glie-derungsnummer nach dem bundeseinheitlichen Gliederungsplan 1999. Angaben auf volle Eurobeträge gerundet, Modellrechnung mit ungerundeten Werten.

Abbildung 15-12: Kappungsbetrag nach Fall 1 in Abbildung 15-2 („Landesdurchschnitt über alle kommunalen Aufgabenträger“) zum Ausgleich möglicher „Spill Over“-Nachteile in den Ausgabensätzen der 2. Ausgabenstufe (in EUR pro Nachfragegröße)

Für die Ausgabenbereiche, die in den Abbildungen 15-6 und 15-7 den Fällen 2 und 3 zugeordnet wurden, werden durchschnittliche Ausgabensätze für Gemeinden der unterschiedlichen Verwaltungsformen benötigt. Bei Ausgabenbereichen des Falles 2 werden die Ausgabensätze auf die Kappungsgrenze korrigiert, wenn sie das Doppelte des betreffenden Durchschnittsatzes übersteigen (Abbildung 15-2). Ziel ist das Herausfiltern empirischer Extremwerte. Auf die gleichen Durchschnittssätze wie im Fall 2 greifen Ausgabensätze des Falles 3 zurück. Da es sich hierbei um reine Verwaltungsaufgaben handelt (Abbildung 15-2), werden die individuellen Ausgabensätze der Gemeinden durch die verwaltungsformspezifischen Durchschnittssätze ersetzt. Die Landesdurchschnitte berücksichtigen die Ausgaben aller Gemeinden einer Gemeindeform ohne die Ausgaben der Kreise, Ämter, Samtgemeinden und Zweckverbände.

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 181

Schleswig-Holstein Niedersachsen Ausgabenbereich Nach-frage-größe

Fall

Kreis-freie Stadt

Amts-frei Ge-

mein-de

Amts-ange-hörige Gem.

Kreis-freie Stadt

Große selbst-stän-dige Stadt

Ein-heits-ge-

mein-de

Mit-glieds-

ge-mein-

de Schülerbeförderung Einw. 6-18 2 22 39 10 105 9 0 0 Gemeindestraßen Verkehrsfl. 3 3.889 3.193 652 5.277 3.629 1.136 388 Straßenbeleuchtung Verkehrsfl. 3 1.541 949 132 1.346 1.127 334 146 Straßenreinigung Verkehrsfl. 3 517 301 10 310 379 106 3 Eigene Berechnung. Eingangsdaten: Statistische Landesämter Niedersachsen und Schleswig-Holstein. „Fall“ bezieht sich auf die in Abbildung 15-2 definierten Anwendungsfälle der empirisch bestimmten Ausgabensätze der Gemeinden. Verkehrsfläche in ha. Angaben auf volle Eurobeträge gerundet, Modellrechnung mit ungerundeten Werten.

Abbildung 15-13: Landesdurchschnittliche Ausgabensätze der Gemeinden in Ausgabenbereichen der Fälle 2 und 3 nach Abbildung 15-2 (1. Ausgabenstufe) in EUR pro Nachfragegröße

Schleswig-Holstein Niedersachsen Ausgabenbereich Nach-frage-größe

Fall

Kreis-freie Stadt

Amts-frei Ge-

mein-de

Amts-ange-hörige Gem.

Kreis-freie Stadt

Große selbst-stän-dige Stadt

Ein-heits-ge-

mein-de

Mit-glieds-

ge-mein-

de Sonstige Volksbildung Einw. insg. 2 0 0 0 2 0 0 0 Heimatpflege Einw. insg. 2 2 2 3 2 3 1 2 Kirchen Einw. insg. 2 0 0 0 0 0 0 0 Gemeindeorgane Einw. insg. 3 10 24 16 14 16 17 8 Hauptverwaltung Einw. insg. 3 51 64 5 52 52 44 6 Finanzverwaltung Einw. insg. 3 20 29 0 23 23 22 0 Bes. Dienststellen Einw. insg. 3 8 3 0 6 5 3 0 Öffentliche Ordnung Einw. insg. 3 0 0 0 17 19 14 0 Brandschutz Einw. insg. 3 48 10 15 38 19 7 0 Rettungsdienst Einw. insg. 3 1 0 0 1 0 0 0 Verw. der Jugendhilfe Einw. < 18 3 84 2 0 87 16 4 0 Versicherungsamt Einw. insg. 3 0 0 0 1 0 0 0 Lastenausgleichsverw. Einw. insg. 3 1 0 0 1 0 0 0 Gesundheitsverwaltung Einw. insg. 3 13 0 0 11 1 0 0 Bauverwaltung Siedl.-fl. 3 1.202 722 5 768 696 261 1 Städteplanung, Bauord. Siedl.-fl. 3 833 214 68 553 521 91 34 Wohnungsbauförderung Einw. insg. 3 1 0 0 7 0 0 0 Verkehrsunternehmen Einw. insg. 3 6 1 0 0 0 0 0 Eigene Berechnung. Eingangsdaten: Statistische Landesämter Niedersachsen und Schleswig-Holstein. „Fall“ bezieht sich auf die in Abbildung 15-2 definierten Anwendungsfälle der empirisch bestimmten Ausgabensätze der Gemeinden. Siedlungsfläche in ha. Angaben auf volle Eurobeträge gerundet, Modellrechnung mit ungerundeten Werten.

Abbildung 15-14: Landesdurchschnittliche Ausgabensätze der Gemeinden in Ausgabenbereichen der Fälle 2 und 3 nach Abbildung 15-2 (1. Ausgabenstufe) in EUR pro Nachfragegröße

182 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

15.8 Bereinigte Ausgabensätze der Gemeinden im Untersuchungsraum Durch die unterschiedlichen Korrekturen (Abbildung 15-2 bzw. Abschnitt 15.7) ergeben sich die bereinigten Ausgabensätze der Gemeinden im Untersuchungsraum. Es erscheint an dieser Stelle aus Platzgründen nicht sinnvoll, diese Ausgabensätze für jeden Ausgabenbereich und jede Gemeinde im Detail darzustellen. Stattdessen zeigt Abbildung 15-13 eine beispielhafte grafische Darstellung der bereinigten Sätze für den Ausgabenbereich „Tageseinrichtungen für Kinder“, der zur 1. Ausgabenstufe zählt. Wie Abbildung 15-15 zeigt, kommt im Bereich „Tageseinrichtungen für Kinder“ bei Gemeinden aller Verwaltungsformen im niedersächsischen Teil des Untersuchungsraumes zum Fall „Eigene Leis-tungserstellung“. Zum Vergleich zeigt Abbildung 15-16 die Ausgabensätze des Bereichs „Volks-hochschulen“. Aus den empirischen Ausgabensätzen lassen sich deutlich die Unterschiede der Zuständigkeiten zwischen den Verwaltungsformen in Niedersachsen sowie die vorgenommenen Korrekturen zum Ausgleich von „Spill Over“-Nachteilen der Zentralen Orte erkennen. Während die kreisfreie Stadt Hannover, die große selbstständige Stadt Lüneburg und einige der Einheits-gemeinden die Aufgabe „Volkshochschule“ in eigener Leistungserstellung erbringen, beteiligen sich die Mitgliedsgemeinden sowie die restlichen Einheitsgemeinden bei diesen Aufgaben per Umlagenfinanzierung an den Leistungserstellungen übergeordneter Gebietskörperschaften oder sie nutzen „Spill Over“-Vorteile. Entsprechende Abbildung ließen sich auch für die schleswig-holsteinischen Gemeinden sowie für die anderen betrachteten Ausgabenbereiche erstellen.

Abbildung 15-15: Beispielhafte Darstellung der empirisch ermittelten und korrigierten Ausgabensätze (hier: Ausgabensätze der niedersächsischen Gemeinden des Untersuchungsraums im Ausga-benbereich „Tageseinrichtungen für Kinder“)

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

100 1.000 10.000 100.000 1.000.000

Kreisfreie Städte (nur Hannover)Große selbstständige Städte (nur Lüneburg)

EinheitsgemeindenMitgliedsgemeinden

Beispielhafte Darstellung der empirisch ermittelten und korrigierten Ausgabensätze

hier: Ausgabensätze der niedersächsischen Gemeinden des Untersuchungsraums im Ausgabenbereich „Tageseinrichtungen für Kinder“

(laufende Ausgaben pro Jahr und Einwohner zwischen 3 und 6 Jahren) Kappungsgrenze nach Abbildung 15-11: 1.367 EUR pro Jahr und Einwohner 3-6 Jahre

Kor

rigie

rte

Aus

gabe

n fü

r Tag

es-

einr

icht

unge

n fü

r K

inde

r pr

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in-

woh

ner z

wis

chen

3 u

nd 6

Jah

ren

in

EU

R p

ro J

ahr

Größe der Gemeinde (Einwohner, logarithmische Darstellung)

Eigene Berechungen. Quelle für alle verwendeten Eingangsdaten: Statistisches Landesamt Niedersachsen

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 183

Abbildung 15-16: Beispielhafte Darstellung der empirisch ermittelten und korrigierten Ausgabensätze (hier: Ausgabensätze der niedersächsischen Gemeinden des Untersuchungsraums im Ausga-benbereich „Volkshochschulen“)

0,00

0,50

1,00

1,50

2,00

2,50

3,00

3,50

4,00

100 1.000 10.000 100.000 1.000.000

Kreisfreie Städte (nur Hannover)Große selbstständige Städte (nur Lüneburg)EinheitsgemeindenMitgliedsgemeinden

Eigene Berechungen. Quelle für alle verwendeten Eingangsdaten: Statistisches Landesamt Niedersachsen

Beispielhafte Darstellung der empirisch ermittelten und korrigierten Ausgabensätze

hier: Ausgabensätze der niedersächsischen Gemeinden des Untersuchungsraums im Ausgabenbereich „Volkshochschulen“ (laufende Ausgaben pro Jahr und Einwohner)

Kappungsgrenze nach Abbildung 15-11: 3,78 EUR pro Jahr und Einwohner

Kor

rigie

rte

Aus

gabe

n fü

r V

olks

hoch

schu

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pro

Ein

woh

ner

in E

UR

pro

Jah

r

Größe der Gemeinde (Einwohner, logarithmische Darstellung)

184 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

15.9 Modellhafte Berechnung der zusätzlichen laufenden Ausgaben aufgrund des betrachteten Neubaugebiets

Die in den vorigen Abschnitten hergeleiteten Ausgabenbereiche werden im Rahmen der Modellrechnung für den jeweils betrachteten Standort mit den Eigenschaften des simulierten Neubaugebiets verknüpft. Aus den baulichen und sozialen Eigenschaften des Neubaugebiets (z.B. der Anzahl der Kinder zwischen 3 und 6 Jahren) ergeben sich durch eine Multiplikation mit den relevanten Ausgabensätzen die in der Modellrechnung angenommenen zusätzlichen Ausgaben der Gemeinde aufgrund der zusätzlichen Nachfrage.

Abbildung 15-17: Abschätzung der zusätzlichen Ausgaben der eigenen Leistungserstellung durch ein Neubaugebiet

Aus einer Summierung aller zusätzlichen Ausgaben (Ausgabenstufe 1 und 2)146 ergeben sich die in den nachfolgenden Abbildungen 15-17 bis 15-20 dargestellten zusätzlichen Ausgaben der Gemeinden für die eigene Leistungserstellung: • Abbildung 15-18: Szenariengruppe „11x“ - „mit Immobilienmarkt“ und Behandlung der Hambur-

ger Standorte wie Flächen in Hannover (Niedersachsen) • Abbildung 15-19: Szenariengruppe „12x“ - „mit Immobilienmarkt“ und Behandlung der Hambur-

ger Standorte wie Flächen in Kiel (Schleswig-Holstein) • Abbildung 15-20: Szenariengruppe „21x“ - „ohne Immobilienmarkt“ und Behandlung der Ham-

burger Standorte wie Flächen in Hannover (Niedersachsen) • Abbildung 15-21: die Szenariengruppe „22x“: „ohne Immobilienmarkt“ und Behandlung der

Hamburger Standorte wie Flächen in Kiel (Schleswig-Holstein)

146 Auf eine Differenzierung der Ausgabenstufen wird bei den folgenden Abbildungen verzichtet. Auf sie wird jedoch im Rahmen der Saldierung (Kapitel 19) zurückgegriffen.

zusätzliche laufende

Ausgaben der eigenen

Leistungs-erstellung

aufgrund eines Neubaugebiets

=

Veränderung der Nachfragegröße des

Ausgabenbereichs durch das Neubaugebiet

Korrigierter Ausgabensatz für den Ausgabenbereich nach

Abbildung 15-12/13

x

Ausgabenbereiche (differenziert nach Ausgabenstufe 1 (Abbildung 15-6) und Ausgabenstufe 2 (Abbildung 15-7)

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 185

Abbildung 15-18: Modellergebnis: Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7 (Szenariengruppe 11x: „Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Quelle: Eigene Modellierung

Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden pro Wohneinheit durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7

Szenariengruppe 11x („Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte0 – 200 EUR

200 – 400 EUR400 – 600 EUR600 – 800 EUR

800 – 1.000 EUR1.000 – 1.200 EUR

über 1.200 EUR

186 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

Abbildung 15-19: Modellergebnis: Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7 (Szenariengruppe 12x: „Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Quelle: Eigene Modellierung

Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden pro Wohneinheit durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7

Szenariengruppe 12x („Mit Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte0 – 200 EUR

200 – 400 EUR400 – 600 EUR600 – 800 EUR

800 – 1.000 EUR1.000 – 1.200 EUR

über 1.200 EUR

Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung 187

Abbildung 15-20: Modellergebnis: Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7 (Szenariengruppe 21x: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Quelle: Eigene Modellierung

Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden pro Wohneinheit durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7

Szenariengruppe 21x („Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Hannover“)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte0 – 200 EUR

200 – 400 EUR400 – 600 EUR600 – 800 EUR

800 – 1.000 EUR1.000 – 1.200 EUR

über 1.200 EUR

188 Kapitel 15 – Laufende Ausgaben der eigenen Leistungserstellung

Abbildung 15-21: Modellergebnis: Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7 (Szenariengruppe 22x: „Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Quelle: Eigene Modellierung

Zusätzliche laufende Ausgaben der Gemeinden pro Wohneinheit durch die eigene Erstellung der kommunalen Leistungen nach Abbildung 15.6 und 15.7

Szenariengruppe 22x („Ohne Immobilienmarkt“ und „Hamburger Standorte wie Kiel“)

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen Bad Oldesloe

Quickborn

Norderstedt

Elmshorn Bargteheide

Ahrensburg

Trittau Stade

Harsefeld

Pinneberg

Wedel

Buxtehude

Schwarzenbek Reinbek

Geesthacht

Winsen (Luhe)

Seevetal

Lüneburg

Buchholz i.d.N.

Tostedt

Neu Wulmstorf

Hamburg

keine Werte0 – 200 EUR

200 – 400 EUR400 – 600 EUR600 – 800 EUR

800 – 1.000 EUR1.000 – 1.200 EUR

über 1.200 EUR