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Rinder 16 I  Milchviehhaltung M odern ist er gestaltet, der neue Stall der Familie Hermanns in Reistingen. Neben den ele- ganten Grautönen dominiert die rote Farbe der Stallaußenhülle. Äußerlich ansprechend und farblich interessant – innen ausgestattet nach den neuesten Erkenntnissen der Tiergesundheit und der optimalen Leistungsentwicklung der Fleckvieh-Population. Der Stall ist 95x40 m, zuzüglich 400 m² Auslauf – eine komplett freitragende Stahl- konstruktion mit einem Binderabstand von 8,65 m. Drei Roboter für 250 Kühe Milchviehhaltung Am Betrieb Hermanns stehen seit Oktober letzten Jahres 250 Milchkühe im Stall. Daneben sind Legehennen und eine Direktvermarktung als weitere Standbeine im Familienbetrieb integriert. Wir waren vor Ort und haben uns das Management angeschaut. „Wir wollten im Stall keinerlei Säu- len oder sonstige behindernden Ele- mente“, erklärt der 18-jährige Sohn und angehende Agrarstudent Bastian. „Die tägliche Arbeit muss rationell und im angemessenen Zeitrahmen von der Hand gehen“, pflichtet ihm sein Vater, Landwirtschaſtsmeister Josef Hermanns, bei. Die anfallende Arbeit in einem ver- träglichen Zeitaufwand bewältigen zu können war die große treibende Kraſt für die Investition und somit Teilaus- siedlung des „Schönfelder Hofs“. Das Betriebsleiterehepaar Stefanie und Josef definierte für sich bereits bei der Be- triebsübernahme 1995 die klare Vor- stellung, den Milchviehbestand von den regional üblichen 40 Milchkühen massiv aufzustocken. Bereits zwei Jahre später, nach dem Neubau des Jungviehstalls und dem Umbau des Milchviehstalls, erweiterten die beiden den Bestand auf 70 Milchkühe. Im Jahr 2006 wurde ein neuer Kälberstall für 50 Tiere sowie eine Bergehalle gebaut. Zusätzlich hielten sie Bei gleicher Arbeitszeit 150 Kühe mehr melken – drei Roboter machen es im Betrieb Hermanns möglich. Foto: Aigner dlz agrarmagazin ZLF 2012

16 I Milchviehhaltung Drei Roboter für 250 Kühemedia.repro-mayr.de/90/551290.pdf · 2012. 8. 9. · 1 Claas Medion 310 1 BSA Güllepumptankwagen 15 m. 3 • • • • • •

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  • Rinder

    16  I  Milchviehhaltung

    Modern ist er gestaltet, der neue Stall der Familie Hermanns in Reistingen. Neben den ele-ganten Grautönen dominiert die rote Farbe der Stallaußenhülle. Äußerlich ansprechend und farblich interessant – innen ausgestattet nach den neuesten Erkenntnissen der Tiergesundheit und der optimalen Leistungsentwicklung der Fleckvieh-Population. Der Stall ist 95x40 m, zuzüglich 400 m² Auslauf – eine komplett freitragende Stahl-konstruktion mit einem Binderabstand von 8,65 m.

    Drei Roboter für 250 KüheMilchviehhaltung Am Betrieb Hermanns stehen seit Oktober letzten Jahres 250 Milchkühe im Stall. Daneben sind Legehennen und eine Direktvermarktung als weitere Standbeine im Familienbetrieb integriert. Wir waren vor Ort und haben uns das Management angeschaut.

    „Wir wollten im Stall keinerlei Säu-len oder sonstige behindernden Ele-mente“, erklärt der 18-jährige Sohn und angehende Agrarstudent Bastian. „Die tägliche Arbeit muss rationell und im angemessenen Zeitrahmen von der Hand gehen“, pflichtet ihm sein Vater, Landwirtschaftsmeister Josef Hermanns, bei. Die anfallende Arbeit in einem ver-träglichen Zeitaufwand bewältigen zu können war die große treibende Kraft für die Investition und somit Teilaus-siedlung des „Schönfelder Hofs“. Das Betriebsleiterehepaar Stefanie und Josef

    definierte für sich bereits bei der Be-triebsübernahme 1995 die klare Vor-stellung, den Milchviehbestand von den regional üblichen 40 Milchkühen massiv aufzustocken. Bereits zwei Jahre später, nach dem Neubau des Jungviehstalls und dem Umbau des Milchviehstalls, erweiterten die beiden den Bestand auf 70 Milchkühe. Im Jahr 2006 wurde ein neuer Kälberstall für 50 Tiere sowie eine Bergehalle gebaut. Zusätzlich hielten sie

    Bei gleicher Arbeitszeit 150 Kühe mehr melken – drei Roboter machen es im Betrieb Hermanns möglich.

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    dlz agrarmagazin ◾ ZLF 2012

  • die komplette eigene weibli-che Nachzucht und die männ-lichen Tiere als Mastvieh.

    Lange Planungsphase – kurze BauzeitDer langen Planungsphase folgte eine kurze Bauphase über lediglich sieben Mo-nate. Schon erfolgte der Umzug des Milchviehs von der alten Hofstelle hin zum neuen sechsreihigen Milch-viehlaufstall mit den zwei au-ßenliegenden Futtertischen. Auf Vermittlung durch den Schwäbischen Fleckviehzucht-verband Wertingen konnten aus einem Betrieb 100 Stück Fleckvieh erworben werden, weitere 20 Milchviehkühe kamen aus kleineren Bestän-den. Urplötzlich standen 250 Milchkühe im Stall – die Ar-beitsbewältigung geht dabei nicht ohne zuverlässige Helfer. Das Betriebsleiterehepaar hat sich hier für drei Melkrobo-ter entschieden zusätzlich zur Fremdarbeitskraft am Betrieb. Aktuell gilt es, neben den Milchkühen etwa 110 Stück weibliche Nachzucht sowie etwa 60 Kälber zu versor-gen. Dazukommen weitere 60 Mastbullen und die 1.600 Legehennen. „Die Melkrobo-ter funktionieren seit Anfang nahezu problemlos, auch das Milchvieh hat sich sehr schnell an unsere Helfer gewöhnt“, er-klärt die 40-jährige Hauswirt-schaftsmeisterin Stefanie Her-manns nicht ohne Stolz. Sie und ihr Mann kümmern sich

    Milchviehhaltung  I  17

    täglich um den eigentlichen Melkvorgang, welcher früh und abends jeweils etwa zwei Stunden Arbeitszeit in An-spruch nimmt. Hierbei geht es darum, zunächst zu prüfen, welche Kuh nicht beim Melken war. Wird hierbei ein gesund-heitliches Problem festgestellt, wird das Tier separiert. Dafür ist im Stall eine Gruppenein-richtung mit Stroh vorhanden. Gemolken wird diese Gruppe am einseitigen 6er-EuroClass-600-Fischgrätenmelkstand. Gleiches gilt übrigens für die frisch behandelten, frisch ab-gekalbten und roboteremp-findlichen Milchkühe.

    Managementhelfer unabdingbar „Der Roboter wird gleich gut von den Tieren besucht“, stellt der angehende Agraringeni-eur Bastian fest. Häufig warten sogar einige Kühe vorm Melk-roboter, bis dieser wieder frei zugänglich ist. Über 24 Stun-den gesehen ist praktisch kein Roboter mehr als eine Stunde ohne Melkvorgang. „Dies ist einer der Vorteile unseres Systems“, erklärt Stefanie. Insgesamt braucht das Mel-ken weniger Gebäudefläche und die Liegeflächen lassen sich nahe an den Roboter rü-cken. „So gesehen ist der Stall durch unser Konzept kleiner und die Wege kürzer“, erklärt die Hauswirtschaftsmeisterin

    Die nächsten Schritte wollen Stefanie und Josef Hermanns erst unternehmen, wenn Sohn Bastian studiert hat.

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    Fragen Sie Ihre Tierärztin/Ihren Tierarzt!

    Metaphylaxe und Therapie bei Rindergrippe:

    Vorsprung durch Schnelligkeit

    Sehr schnell

    Lang anhaltend

    Einfach

  • dlz agrarmagazin ◾ ZLF 2012

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    18  I  Milchviehhaltung

    weiter. „Damit“, sichert Josef Hermanns zu, „können sich die Kühe stressfreier im Stall bewegen, was ja immer unser Ziel war“.

    dauernde Futtervorlage gewährleisten soll. Die Kühe kommen auf dem Weg zum Futtertisch an der Melkanlage vorbei und holen sich dort ihre Kraftfutterra-tion ab.

    Das integrierte Lichtprogramm über den Kühen steuert die gesamte Aus-leuchtung des Gebäudes über etwa 16 Stunden täglich. Damit kommen die Tiere auf ihre optimalen Lichtstunden – und die Hermanns auf die gewünsch-te Milchleistung. Aktuell sind das etwa 27 bis 28 Liter pro Kuh bei täglich 2,7 Melkvorgängen pro Kuh und Tag. Auch die Fruchtbarkeit lässt sich damit positiv beeinflussen. Der Roboter ermöglicht ein Wachsen der Milchleistung, ohne die Arbeitsleistung zu erhöhen. Für die Leis-tungsentwicklung misst der Astronaut A 4 täglich die Milchinhaltsstoffe, Fett und Eiweiß der Kühe.

    Außenwirtschaft in EigenregieVon der gesamten bewirtschafteten Fläche von 150 ha sind knapp 75 ha Grünland, 40 ha Silomais und 13 ha Zuckerrüben in Eigenregie zu bewerkstelligen. Josef Hermanns drischt die restlichen 22 ha

    Getreidefläche mit dem eigenen Mähdre-scher. Sämtliches produziertes Futter und Getreide, außer den Zuckerrüben, wird am Betrieb verwertet. Auch das Befüllen der etwa 5.000 m3 umfassenden Fahrsi-los sowie die Gülleausbringung aus den ebenfalls 5.000 m3 umfassenden Gül-lebehältern erfolgt in Eigenregie. „Dies ist nur deshalb möglich“, erklärt Josef Hermanns, „weil die Arbeitszeit der 250 Milchkühe mit Melkrobotern identisch zur Arbeitszeit von etwa 100 Milchkühen ohne Roboter ist“. So gesehen sind die Kosten von etwa 10.000 Euro pro Stall-platz inklusive Fahrsilo und Güllebehälter schon richtig investiert.

    Zusätzlich StandbeineSeit 2007 ist an der Hofstelle im Ort zu-sätzlich eine Direktvermarktung einge-richtet, wo die Eier aus den mobilen Le-gehennenställen der etwa 1.600 Hennen veräußert werden. Daneben sind Nudeln, Hähnchen und Enten erhältlich. Insbe-sondere Tochter Elisa ist hier aktiv und untermauert mit ihrem Einsatz und der Arbeitskraft die Vorteile der landwirt-schaftlichen Familienbetriebe in Bayern. Auch die Mutter von Stefanie Hermanns ist im Hof im Einsatz und übernimmt die Kälber an der alten Hofstelle. Neben der Direktvermarktung leistet die neu installierte Fotovoltaikanlage ihren Bei-trag zur Rendite des Betriebs. 600 kWh installierte Leistung sind aktuell auf den Betriebsgebäuden Stall, Berge- und Ma-schinenhalle.

    Ob weitere Standbeine in das Be-triebsportfolio aufgenommen werden, wird nach dem Studienende von Bastian im Kreise der Familie entschieden. Bis dahin ist die Familie mit den täglichen Aufgaben und Arbeiten gut ausgelastet und benötigt aktuell keinerlei weitere Aktivitäten. Christian Aigner

    Die freitragende Stahlkonstruktion des Stalls vermeidet Hindernisse und sorgt so für reibungslose Abläufe ...

    ... bei der Fütterung ebenso wie im Lauf-bereich. Das kommt auch dem Wohl der Milchviehherde zu gute.

    Stalltechnik:3 Lely Astronaut A4 Melkroboter1x6 Fischgrätenmelkstand Westfalia2 Lely Futterschieber Juno 100Lely LichtmanagementsystemBrunsterkennungssoftware

    Technik Außenwirtschaft:4 Deutz Schlepper 80 bis 165 PS 1 Strautmann Giga Vitesse CFS 4001 mit 38 m³ Ladevolumen1 Vierreihiger Fronthäcksler1 Claas Medion 3101 BSA Güllepumptankwagen 15 m3

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    r

    Milchfett- und Eiweißgehalt werden automatisch gemessen. Für ein besseres Herdenmanagement setzen Hermanns zudem auf eine elektronische Brunster-kennung ein. Die Selektion erfolgt an zwei Robotern automatisch.

    Foto

    : Aig

    ner

    Zur Standardsoftware ließ Hermanns die Brunsterkennung sowie das angebo-tene Lichtmanagementsystem integrie-ren. Bei dieser Betriebsgröße hilft der Roboter, Stillbrünstige zu finden. Zwei Roboter haben eine Selektion angeschlos-sen. In der Dritten Gruppe befinden sich Trächtige. Das Füttern übernimmt eine festangestellte Arbeitskraft, die Unter-nehmerfamilie kümmert sich in erster Linie um das Melken und die Eigenbe-samung. Als weiterer Helfer fungiert ein automatischer Futterschieber, was die

    Jeder in der Familie

    packt mit an