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Grundlagen des Wirtschaftens 20 1.6 Substitution der Produktionsfaktoren Wird ein Produktionsfaktor durch einen anderen ersetzt (substituiert), geschieht dies meist mit der Absicht, die Wirtschaftlichkeit des Produktionsprozesses zu erhöhen. Beispiel: Produktionsschritte, die bisher von Mitarbeitern erledigt wurden, werden von Maschinen übernommen, die dies kostengünstiger, schneller und exakter durchführen, d. h., der Produktionsfaktor „ausführende Arbeit“ wird durch den Produktionsfaktor „Betriebsmittel“ ersetzt. Dieser seit Jahrzehnten feststellbare Trend in der Substitution von Arbeit durch Kapital ist auch umkehrbar. Beispiel: Die chemisch-maschinelle Unkrautvernichtung in der Landwirtschaft wird aus Umweltschutzgründen ersetzt durch eine mechanische Unkrautvernichtung von Hand. 1.7 Gesamtwirtschaftlicher Leistungsprozess Unternehmen können ihre Waren direkt von einem Industriebetrieb beziehen oder von einem zwischengeschalte- ten Großhändler, der seinerseits Waren verschiedener Hersteller auf Lager hat und dem Unternehmen dadurch die Warenbeschaffung erleichtert. Vielfach haben sich Unternehmen zu Einkaufsverbänden zusammengeschlossen (z. B. Vedes – Vereinigung deutscher Spielwarenhändler), zum Teil unter der Führung eines Großhändlers, z. B. A & O. Hauptziel der Zu- sammenschlüsse ist es, günstige Einkaufspreise durch den Kauf größerer Mengen zu erhalten. Die Hersteller von Produkten wiederum greifen auf Vorlieferanten für Rohstoffe und Halbfertigwaren zurück. Alle Beteiligten nehmen die Dienstleistungen von Banken, Versicherungen, Transportbetrieben u. a. in Anspruch. Bereiche der Wirtschaft Urerzeugung (Primärer Sektor) Land- und Forstwirtschaft Bergbau Fischerei Ölförderung Weiterverarbeitung (Sekundärer Sektor) Grundstoffindustrie Investitionsgüterindustrie Konsumgüterindustrie Produktionshandwerk Dienstleistungshandwerk Handel und Dienstleistungen (Tertiärer Sektor) Groß- und Einzelhandelhandel Kreditgewerbe Versicherungen Transport- und Touristikgewerbe Kommunikationsunternehmen 1.8 Betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren Für den Betrieb eines Handelsgeschäftes (Einzelhandel, Großhandel) sind bestimmte Einsatzmittel erforderlich. Diese Mittel nennt man betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren. Zu ihnen zählen die menschliche Arbeitsleistung, der Standort des Betriebes, die sachlichen Betriebsmittel (z. B. die Geschäftsausstattung) und die Ware. Kombination der betriebswirtschaftlichen Produktionsfaktoren Durch das Zusammenwirken der Produktionsfaktoren entsteht die Leistung des Betriebes. Ein Einzelhandelsge- schäft stellt seinen Kunden Dienstleistungen zur Verfügung (Verteilung von Waren, Beratung, Kundendienst u. Ä.). Je nach Art des Geschäftes, insbesondere in Abhängigkeit vom Verkaufssystem (siehe unten), haben diese Produktionsfaktoren ein unterschiedliches Gewicht. In manchen Betrieben ist z. B. die Beratung durch das Verkaufspersonal von großer Bedeutung (z. B. in einem Einzelhandelsfachgeschäft mit Bedienungssystem), in anderen kommt es vor allem auf die (häufig preisgünstige) Ware an (z. B. in einem Selbstbedienungs- Warenhaus), oder ein günstiger Standort ist für den Geschäftserfolg von ausschlaggebendem Wert (z. B. ein Einzelhandelsgeschäft mit hochmodischen Artikeln). Bei Großhandelsbetrieben kann der Geschäftserfolg z. B. in hohem Maße von der Qualität der Außendienstmitar- beiter und dem angebotenen Sortiment abhängen, während der Standort von geringerer Bedeutung ist, weil die Kunden den Betrieb nicht aufsuchen, sondern von den Außendienstmitarbeitern beraten werden. Verkaufssysteme im Einzelhandel Bedienung: Der Kunde, der das Geschäft betritt, wird in der Regel sofort angesprochen und bedient. Vorwahl: Der Kunde hat zunächst Gelegenheit, sich das Sortiment anzuschauen. Sobald er Interesse für bestimmte Produkte zeigt, wird er vom Verkaufspersonal angesprochen. Selbstwahl: Der Kunde bedient sich selbst, ohne das Personal in Anspruch zu nehmen. Das Personal gibt allenfalls kurze Informationen. Hersteller Großhändler

1.6 Substitution der Produktionsfaktoren 1.7 ... · 2 Wirtschaftskreislauf ... Um ein wenig näher an die Realität heranzurücken, muss das obige Modell um einen wichtigen Sektor

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Page 1: 1.6 Substitution der Produktionsfaktoren 1.7 ... · 2 Wirtschaftskreislauf ... Um ein wenig näher an die Realität heranzurücken, muss das obige Modell um einen wichtigen Sektor

Grundlagen des Wirtschaftens 20

1.6 Substitution der Produktionsfaktoren

Wird ein Produktionsfaktor durch einen anderen ersetzt (substituiert), geschieht dies meist mit der Absicht, die Wirtschaftlichkeit des Produktionsprozesses zu erhöhen.

Beispiel: Produktionsschritte, die bisher von Mitarbeitern erledigt wurden, werden von Maschinen übernommen, die dies kostengünstiger, schneller und exakter durchführen, d. h., der Produktionsfaktor „ausführende Arbeit“ wird durch den Produktionsfaktor „Betriebsmittel“ ersetzt.

Dieser seit Jahrzehnten feststellbare Trend in der Substitution von Arbeit durch Kapital ist auch umkehrbar.

Beispiel: Die chemisch-maschinelle Unkrautvernichtung in der Landwirtschaft wird aus Umweltschutzgründen ersetzt durch eine mechanische Unkrautvernichtung von Hand.

1.7 Gesamtwirtschaftlicher Leistungsprozess

Unternehmen können ihre Waren direkt von einem Industriebetrieb beziehen oder von einem zwischengeschalte-ten Großhändler, der seinerseits Waren verschiedener Hersteller auf Lager hat und dem Unternehmen dadurch die Warenbeschaffung erleichtert.

Vielfach haben sich Unternehmen zu Einkaufsverbänden zusammengeschlossen (z. B. Vedes – Vereinigung deutscher Spielwarenhändler), zum Teil unter der Führung eines Großhändlers, z. B. A & O. Hauptziel der Zu-sammenschlüsse ist es, günstige Einkaufspreise durch den Kauf größerer Mengen zu erhalten.

Die Hersteller von Produkten wiederum greifen auf Vorlieferanten für Rohstoffe und Halbfertigwaren zurück. Alle Beteiligten nehmen die Dienstleistungen von Banken, Versicherungen, Transportbetrieben u. a. in Anspruch.

Bereiche der Wirtschaft

Urerzeugung (Primärer Sektor)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Fischerei

Ölförderung

Weiterverarbeitung (Sekundärer Sektor)

Grundstoffindustrie

Investitionsgüterindustrie Konsumgüterindustrie Produktionshandwerk

Dienstleistungshandwerk

Handel und Dienstleistungen (Tertiärer Sektor)

Groß- und Einzelhandelhandel

Kreditgewerbe Versicherungen

Transport- und Touristikgewerbe Kommunikationsunternehmen

1.8 Betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren

Für den Betrieb eines Handelsgeschäftes (Einzelhandel, Großhandel) sind bestimmte Einsatzmittel erforderlich. Diese Mittel nennt man betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren. Zu ihnen zählen

die menschliche Arbeitsleistung,

der Standort des Betriebes,

die sachlichen Betriebsmittel (z. B. die Geschäftsausstattung) und

die Ware.

Kombination der betriebswirtschaftlichen Produktionsfaktoren

Durch das Zusammenwirken der Produktionsfaktoren entsteht die Leistung des Betriebes. Ein Einzelhandelsge-schäft stellt seinen Kunden Dienstleistungen zur Verfügung (Verteilung von Waren, Beratung, Kundendienst u. Ä.). Je nach Art des Geschäftes, insbesondere in Abhängigkeit vom Verkaufssystem (siehe unten), haben diese Produktionsfaktoren ein unterschiedliches Gewicht. In manchen Betrieben ist z. B. die Beratung durch das Verkaufspersonal von großer Bedeutung (z. B. in einem Einzelhandelsfachgeschäft mit Bedienungssystem), in anderen kommt es vor allem auf die (häufig preisgünstige) Ware an (z. B. in einem Selbstbedienungs-Warenhaus), oder ein günstiger Standort ist für den Geschäftserfolg von ausschlaggebendem Wert (z. B. ein Einzelhandelsgeschäft mit hochmodischen Artikeln).

Bei Großhandelsbetrieben kann der Geschäftserfolg z. B. in hohem Maße von der Qualität der Außendienstmitar-beiter und dem angebotenen Sortiment abhängen, während der Standort von geringerer Bedeutung ist, weil die Kunden den Betrieb nicht aufsuchen, sondern von den Außendienstmitarbeitern beraten werden.

Verkaufssysteme im Einzelhandel

Bedienung: Der Kunde, der das Geschäft betritt, wird in der Regel sofort angesprochen und bedient.

Vorwahl: Der Kunde hat zunächst Gelegenheit, sich das Sortiment anzuschauen. Sobald er Interesse für bestimmte Produkte zeigt, wird er vom Verkaufspersonal angesprochen.

Selbstwahl: Der Kunde bedient sich selbst, ohne das Personal in Anspruch zu nehmen. Das Personal gibt allenfalls kurze Informationen.

Hersteller

Großhändler

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Grundlagen des Wirtschaftens 21

Betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren in Industrie und Handwerk

Betriebsmittel stellen den äußeren Produktionsrahmen dar, dazu gehören Gebäude, Maschinen, Werkzeu-ge und Fahrzeuge.

Werkstoffe werden im Produktionsprozess verbraucht, z. B. Rohstoffe, Hilfsstoffe (z. B. Dübel, Lacke), Be-triebsstoffe (z. B. Energie) und Teile.

Ausführende Arbeitskräfte sind in der Produktion und in kaufmännischen Abteilungen weisungsgebunden tätig.

Leitende Arbeitskräfte planen und überwachen den Einsatz der übrigen Produktionsfaktoren, damit sie möglichst wirtschaftlich eingesetzt (kombiniert) werden.

Den Beitrag, den die leitenden Arbeitskräfte leisten, bezeichnet man auch als dispositiven Produktionsfak-tor, weil sie den Einsatz von Produktionsfaktoren disponieren (planen, steuern).

2 Wirtschaftskreislauf

2.1 Der einfache und der erweiterte Wirtschaftskreislauf

Wie wirkt sich in einer Volkswirtschaft die Erhöhung der Einkommen der Haushalte auf die Einnahmen der Unter-nehmen aus? Um diese Frage beantworten zu können, benötigt man ein Modell, welches die Wirkungszusam-menhänge zwischen diesen beiden Gruppen (Unternehmen und Haushalte) darstellt. Das Modell des einfachen Wirtschaftskreislaufs betrachtet die Beziehungen zwischen allen Unternehmen und allen Haushalten einer Volks-wirtschaft (z. B. die der Bundesrepublik Deutschland).

Alle privaten Haushalte werden zu einem Sektor (einer Gruppe) zusammengefasst. Mit allen Unternehmen macht man dies genauso. Die wirtschaftlichen Vorgänge (z. B. Kauf von Konsumgütern) nennt man Stromgrößen (z. B. Konsumausgaben). Diese Modelle werden genutzt, um die Realität vereinfacht darstellen zu können. So kann man z. B. die oben gestellte Frage zumindest tendenziell beantworten.

Das einfache Wirtschaftskreislaufmodell funktioniert dann wie folgt:

Die Unternehmen produzieren Güter, die sie an Haushalte verkaufen. Um diese Güter bezahlen zu können (Kon-sumausgaben), benötigen die Haushalte Geld. Das erhalten sie in Form von Einkommen von den Unternehmen (z. B. Einzelhandelsunternehmen, Industriebetriebe, Banken, Handwerksbetriebe), denen sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Es entsteht der folgende Kreislauf.

Um ein wenig näher an die Realität heranzurücken, muss das obige Modell um einen wichtigen Sektor erweitert werden: die Kapitalsammelstellen (Banken, private Versicherungen, Sozialversicherungen usw.). Es ist einleuch-tend, dass die Haushalte nicht ihr gesamtes Einkommen wieder ausgeben; einen Teil davon sparen sie und hin-terlegen dieses Geld bei den Kapitalsammelstellen. Die folgende Tabelle zeigt das Sparverhalten der privaten Hauhalte in der Bundesrepublik Deutschland.

Sektoren und Stromgrößen

Einfacher Wirt-schaftskreislauf

Erweiterung durch die Kapitalsammel-stellen

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Betrieblicher Leistungsprozess 31

2 Fertigungsverfahren

2.1 Produktionstypen der Fertigung

Betrachtet man das Produktionsziel eines Sachleistungsbetriebes nach der Menge der Erzeugnisse, unterschei-det man in Einzel- und Mehrfachfertigung.

Wird mit der Produktionsanlage eines Betriebes jeweils nur ein einzelnes Produkt erstellt, spricht man von Einzel-fertigung. Grundlage der Produktion ist gewöhnlich ein spezieller Kundenauftrag, der detaillierte Kundenwünsche enthält.

Beispiele für Einzelfertigung: Gebäude, Spezialmaschinen

Mit einer Einzelfertigung kann sich ein Betrieb an Veränderungen der Kundenansprüche sehr schnell anpassen. Andererseits ist die individuell ausgerichtete Produktion aufwendig.

Bei Mehrfachfertigung werden mit der Produktionsanlage gleichartige Produkte zur selben Zeit oder unmittelbar hintereinander erstellt.

Serienfertigung liegt vor, wenn die gleichartigen Produkte in begrenzter Stückzahl erzeugt werden. Massenfertigung ist durch eine unbegrenzte Anzahl von Produkten gekennzeichnet, die über lange Zeit-

räume erstellt werden.

Beispiele für

Serienfertigung: Tiefkühlfertiggerichte, Elektrokleingeräte, Medikamente, CDs Massenfertigung: Bier, Schrauben

Wiederholungen in der Arbeitsabfolge und die Möglichkeit, Spezialmaschinen einzusetzen, führen zu einer Ratio-nalisierung des Produktionsablaufs und damit zu einer Senkung der Stückkosten. Nachteilig ist die Mehrfachferti-gung, weil die aufwendige Fertigungsorganisation nur schwer auf Marktveränderungen umgestellt werden kann.

Produktionstypen

Einzelfertigung Mehrfachfertigung

Serienfertigung Massenfertigung

2.2 Organisationstypen der Fertigung

Im Fertigungsprozess werden bestimmte Tätigkeiten (Verrichtungen) in sachlich und zeitlich geordneter Abfolge angeordnet. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, diesen Fertigungsprozess zu organisieren:

Gleichartige Verrichtungen (z. B. Fräsen, Lackieren) werden räumlich zusammengefasst, und die Werkstücke müssen an diesen Ort gebracht werden. Die räumliche Anordnung der Arbeitsplätze und Betriebsmittel ist unabhängig von der Reihenfolge, in der die Arbeiten durchzuführen sind (verrichtungsorientierte Herstel-lung).

Der Ablauf, in dem ein Produkt erstellt wird (z. B. zuerst zuschneiden, dann Kanten bearbeiten usw.), be-stimmt die Anordnung der Tätigkeiten und der erforderlichen Betriebsmittel. Die Werkstoffe bewegen sich entlang dieser Produktionsfolge (objektorientierte Herstellung).

Werkstattfertigung

Sie entspricht der verrichtungsorientierten Herstellung. Arbeitsplätze und Maschinen, mit denen ähnliche Ar-beitsaufgaben erledigt werden, sind räumlich zusammengefasst worden. In der Industrie bezeichnet man jeden dieser Orte als Werkstatt, während man im Handwerk die Werkstatt als einen Ort kennzeichnet, in dem verschie-dene Maschinen angeordnet sind, mit denen spezielle Verrichtungen durchgeführt werden können.

Dieser Organisationstyp ist vor allem für die Einzelfertigung oder die Produktion kleiner Serien geeignet.

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Betrieblicher Leistungsprozess 32

Vorteile:

Man kann sich flexibel auf neue Produkte umstellen und damit auf Marktveränderungen reagieren.

Da die Maschinen universell einsetzbar sind und gewöhnlich in mehreren Exemplaren zur Verfügung stehen, sind technische Störungen leicht zu beheben.

Die Mitarbeiter erwerben durch breit gestreuten Arbeitseinsatz große Fachkenntnisse.

Nachteile:

Der Transport der Werkstücke zu den verschiedenen Werkstätten ist zeitaufwendig.

Die Maschinen müssen häufig für unterschiedliche Arbeitsschritte umgerüstet und neu eingestellt werden.

Der Produktionsablauf ist unübersichtlich.

Fließfertigung

Die Betriebsmittel und Arbeitsplätze sind in einer Weise angeordnet, die der logischen Abfolge bei der Herstellung des Produktes entspricht. Dieser Organisationstyp entspricht der objektorientierten Herstellung. Er eignet sich besonders für die Mehrfachfertigung. Bei der Massenfertigung wird in der Regel die Fließbandfertigung verwen-det. Dabei wird der Herstellprozess in kleinste, zeitgleiche Verrichtungen zerlegt und das Werkstück im Taktver-fahren an den einzelnen Arbeitsplätzen vorbeigeführt.

Beispiel: Herstellung von Tiefkühlgemüse nach der Ernte (Rotkohl)

Vorteile

Die Transportwege werden verkürzt.

Spezialmaschinen und eine starke Spezialisierung der Mitarbeiter beschleunigen den Produktionsablauf.

Durch die Einengung der Verrichtungen kann auf teure Fachkräfte verzichtet werden. Vielfach lassen sich Arbeitskräfte durch Maschinen ersetzen.

Der Produktionsprozess ist sehr übersichtlich.

Nachteile:

Die Spezialisierung von Maschinen und Mitarbeitern erschwert Produktionsumstellungen.

Ausfälle einzelner Produktionselemente können den gesamten Fertigungsprozess beeinträchtigen.

Die geringe Abwechslung in den Arbeitsabläufen, die manchmal auf wenige Handgriffe beschränkt sind, vermindert die Motivation der Mitarbeiter oft sehr stark.

Gruppenfertigung

Mit diesem Organisationstyp versucht man, die Vorteile der Werkstattfertigung und der Fließfertigung miteinander zu kombinieren. Das Grundmodell der Fließfertigung wird mit ganzheitlichen Verrichtungen durchgeführt. Statt die Arbeitsvorgänge z. B. am Fließband in immer kleinere Abschnitte zu zerlegen, bildet man komplexere Verrichtun-gen, die einer Fertigungsgruppe zugeordnet werden. Die Gruppe von Mitarbeitern kann dabei über die reine Mon-

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tage des Produktes hinaus auch zuständig sein für die Qualitätssicherung, die Instandhaltung der Maschinen und die Materialbereitstellung. Durch regelmäßige Information, durch Einbeziehung der Mitarbeiter in die Produktions-planung, durch Delegation der Planung des Arbeitseinsatzes auf die Gruppe und durch den Abbau der innerbe-trieblichen Hierarchie gelingt oft eine beträchtliche Motivationssteigerung beim Personal.

2.3 Organisationsformen im Dienstleistungsbereich

Auch in Dienstleistungsbetrieben wird die Erstellung der Dienstleistung planvoll organisiert, werden die Arbeits-schritte räumlich und zeitlich so angeordnet, dass die Leistungen gemäß den Unternehmenszielen mit geringen Kosten erstellt werden können.

Beispiele:

Eine Bank ordnet die Schalter für die täglichen Geldgeschäfte ihrer Kunden in der Nähe der Eingänge, damit sie von den Kunden leicht erreichbar sind und sich dafür eignen, eine große Zahl von Kunden „abzufertigen“. Zu diesem Zweck sind die Kundenschalter zwischen zwei Eingänge gelegt und – alphabetisch geordnet – bestimm-ten Kundengruppen zugewiesen worden. Zahlreiche kleine Schalter werden in aufgelockerter Form nebeneinan-der gruppiert, damit viele Kunden gleichzeitig bedient werden können. Für schwierigere Finanzierungsfragen stehen in weiter zurückliegenden Büros, in denen ungestört längere Bera-tungsgespräche durchgeführt werden können, spezialisierte Sachbearbeiter zur Verfügung. Verwaltungs-abteilungen, die keinen Kundenkontakt haben (z. B. Buchhaltung, Marketing), sind in den oberen Etagen des Gebäudes untergebracht. In einer Spedition holen Nahverkehrsfahrzeuge Stückgüter bei den Kunden ab und transportieren sie zum Ver-teillager der Spedition. An der Stirnseite des Gebäudes werden die eingehenden Sendungen entladen und auf Hubwagen gesetzt, die mit einer Unterflurkettenanlage im Kreisverkehr durch die Halle befördert werden. An den Ansetztoren für die ausgehenden Sendungen werden die Sendungen nach Beförderungsrichtungen (Relationen) gesammelt. Sobald der Fernverkehrs-Lkw an einem Ansetztor eintrifft, wird der Lkw beladen. Auf diese Weise wird ein Güterfluss von den eingehenden zu den ausgehenden Fahrzeugen geschaffen. Der Kettenanlage in der Mitte der Halle können kontinuierlich Sendungen übergeben und entnommen werden, sodass Staus weitgehend vermieden werden, falls zu einem Zeitpunkt besonders viele eingehende Sendungen zu vertei-len sind.

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Betrieblicher Leistungsprozess 34

2.4 Ökologische Erfordernisse in der Produktion

Das Bewusstsein der Menschen für die Gefährdung der Umwelt durch umweltschädigende Verhaltensweisen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen verkaufen wollen, müs-sen die Ansprüche der Konsumenten an umweltschonende Produkte beachten. Auch in der Produktion von Sach- und Dienstleistungen wird der Umweltschutzgedanke immer bedeutsamer. Insbesondere größere Betriebe be-mühen sich, sich als umweltbewusste Unternehmen darzustellen, weil sie im Blickpunkt des öffentlichen Interes-ses stehen.

Außerdem zwingt der Gesetzgeber die Betriebe zu einem umweltschonenden Verhalten, z. B. durch die Verpa-ckungsverordnung, die die Unternehmen zur Rücknahme und Verwertung von Verpackungsabfällen verpflichtet. Auch aus Kostengründen ist es für die Unternehmen ratsam, bereits bei der Produktion an die kostengünstige Verwertung der Verpackungsmaterialien zu denken.

Beispiele:

Eine Spedition, die bisher ausschließlich Lkw-Verkehr betrieben hat, gliedert ihrem Verteillager einen Gleisan-schluss an. Ausgehende Sendungen können zu einer Waggonladung zusammengefasst und einem Empfangs-spediteur zugestellt werden, der die Einzelsendungen per Lkw im Nahverkehr an die Endempfänger verteilt. Die Spedition entlastet dadurch den Straßenverkehr und leistet einen Beitrag zur Energie- sowie Schadstoffeinspa-rung. Gegenüber der Öffentlichkeit kann sich die Spedition darstellen als ein Unternehmen, das den aktuellen Forderungen nach umweltfreundlichem Verhalten gerecht wird.

Ein Hersteller von Tiefkühlfertiggerichten hat an verschiedenen Stellen des Fließbandes Behälter aufgestellt, in denen Verpackungsabfälle gesammelt werden. Außerdem ist am Ende des Produktionsprozesses auf eine Ver-richtung verzichtet worden, bei der in der Vergangenheit jeweils 6 Packungen mit einer Umverpackung aus Folie eingefasst wurden. Dies vermindert die Verpackungsabfälle, zu deren Rücknahme und Verwertung das Unter-nehmen nach der Verpackungsverordnung verpflichtet ist.

Weitere Beispiele für die Beachtung ökologischer Gesichtspunkte in der Produktion:

Schadstoffe werden abgesaugt und gefiltert.

Prozesswärme wird zurückgewonnen.

Schallschutzhauben vermindern Produktionslärm.

Die Anschaffung modernerer Maschinen vermindert den Energieverbrauch.

Kunststoffverpackungen werden durch leicht rückgewinnbare Kartonverpackungen ersetzt.

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Beschaffungswesen 104

7 Kaufvertragsstörungen

7.1 Mangelhafte Lieferung

7.1.1 Mangelarten

Der Verkäufer ist verpflichtet, die Ware frei von Sachmängeln und Rechtsmängeln zu liefern.

Es können drei verschiedene Mängel auftreten:

im Hinblick auf die Sache: - Mangel in der Art (Gattungsmangel): Falsche Ware wird geliefert.

- Mangel in der Menge (Quantitätsmangel): Es wurde zu wenig Ware geliefert.

- Mangel in der Güte (Qualitätsmangel):

- Die tatsächliche Beschaffenheit weicht von der vereinbarten Beschaffenheit ab. (Es fehlen zugesicherte Eigenschaften, z. B. ist ein Radträger auf der Anhängerkupplung als geeignet für drei Räder beschrieben, tatsächlich kann er aber nur zwei Räder tragen.)

- Die Beschaffenheit dient nicht dem Zweck, zu dem sie gekauft wurde. (Es wird fehlerhafte oder verdorbene Ware geliefert.)

- Mangel in der Werbung: Die gelieferte Ware entspricht nicht den Informationen in der Werbung, z. B. verbraucht ein Pkw mehr Benzin als in der Werbung angegeben.

- Mangel in der Montage: Der Verkäufer hat die Montage falsch durchgeführt.

- Mangel in der Montageanleitung: Die Montageanleitung ist so fehlerhaft, dass der Käufer die Sache nicht montieren kann oder fehlerhaft montiert.

im Hinblick auf die Rechte: Es besteht ein Rechtsmangel, wenn außer dem Käufer und Verkäufer noch eine andere Person (ein Dritter)

Rechte gegenüber dem Käufer geltend machen kann, also z. B., wenn der Käufer bei gestohlener Ware kein Eigentum erwerben kann.

im Hinblick auf die Erkennbarkeit: - Offener Mangel: Er ist sofort bei der Prüfung erkennbar.

- Versteckter Mangel: Er ist häufig erst später erkennbar, z. B. wenn die Ware benutzt wird.

- Arglistig verschwiegener Mangel: Der Mangel wird vom Lieferanten absichtlich verschwiegen.

7.1.2 Rügefristen

Die Dauer der Rügefristen hängt davon ab, zwischen welchen Personen der Vertrag zustande kommt.

Beim bürgerlichen oder einseitigen Handelskauf hat der Käufer die Ware innerhalb der Verjährungsfrist zu prüfen und zu rügen. Aus Gründen der Beweissicherheit sollte aber der Käufer die Ware so schnell wie möglich prüfen und rügen. Es gibt hier keine gesetzliche Frist innerhalb der Verjährungszeit.

Sind Käufer und Verkäufer Kaufleute (= zweiseitiger Handelskauf), muss der Käufer die Ware unverzüglich auf Güte, Menge und Art prüfen und gegebenenfalls rügen. Wenn der Käufer dieser Pflicht nicht nachkommt, gilt die Ware als genehmigt.

Gewährleis-tungspflicht des Verkäufers siehe Seite 105

Einseitiger Handelskauf – Bürgerlicher Kauf Zweiseitiger Handelskauf

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Beschaffungswesen 105

Unverzüglich bedeutet für den Unternehmer, dass er ohne schuldhaftes Verzögern nach der Lieferung die Ware untersucht. Nach der Rechtsprechung sind strenge Maßstäbe anzulegen. Maßgeblich hierbei ist die Sorg-falt eines ordentlichen Kaufmanns. Einwände wie Personalmangel, oder unfähiges Personal Brückentage oder Betriebsferien sind kein Grund, die Untersuchung nicht unverzüglich durchzuführen. Werden größere Mengen geliefert, so ist eine Stichprobe durchzuführen

Bei versteckten Mängeln muss der Käufer unverzüglich nach Entdecken rügen. Die Rügefrist verlängert sich dabei um die Zeit für die unverzügliche Untersuchung der Ware. Eine Rüge zwei Tage nach der Lieferung gilt bei verderblichen Waren als zu spät.

Beim zweiseitigen Handelskauf können die Rügefristen vertraglich verkürzt werden.

Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf (Verbraucherprivileg)

Von einem Verbrauchsgüterkauf spricht man, wenn ein Unternehmer als Verkäufer und ein Verbraucher als Käufer einer beweglichen Sache auftreten.

Wenn hierbei innerhalb von sechs Monaten ein Sachmangel auftritt, kann man unterstellen, dass der Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war (Rückwirkungsvermutung).

Der Verkäufer muss nun nachweisen, dass die Ware zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei war (Beweis-lastumkehr).

In der restlichen Gewährleistungsfrist muss der Käufer beweisen, dass die Ware bereits bei der Übergabe mit Mängeln behaftet war.

2 Jahre Gewährleistungsfrist

6 Monate 18 Monate Rückwirkungsvermutung

Beweislastumkehr

Der Käufer trägt die Beweislast.

Diese gesetzliche Vermutung gilt nicht, wenn sie mit der Art der Sache nicht vereinbar ist, z. B. bei gebrauchten Waren. Wegen des unterschiedlichen Abnutzungsgrades kann man nicht grundsätzlich von mangelfreier Ware ausgehen.

Verweigert der Verkäufer die Mängelrüge des Verbrauchers, so muss er beweisen, dass der Verbraucher die Ware beschädigt hat.

Um sicherzugehen, sollte jeder Käufer, also auch Privatpersonen, einen Mangel unverzüglich rügen. Unter-lässt der Käufer die Mängelrüge, so gilt die Ware als genehmigt.

Rügefristen und Mängelrüge

Rügefrist für

offene Mängel Rügefrist für versteck-

te Mängel Rügefrist für arglistig ver-

schwiegene Mängel

Käufer und Verkäufer sind Kaufleute (zweiseitiger Handelskauf, HGB § 377)

unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes

Verzögern)

unverzüglich nach Entdeckung

innerhalb von 3 Jahren nach der Entdeckung des Mangels (Beginn am Ende des Jahres)

Verbrauchsgüterkauf (einseitiger Handelskauf) (BGB § 474 ff.)

innerhalb von 6 Monaten nach Lieferung: Beweislastumkehr, ansonsten 2 Jahre

innerhalb von 3 Jahren nach der Entdeckung des Mangels (Beginn am Ende des Jahres)

7.1.3 Herstellerregress (Unternehmerrückgriff)

Hat nun ein Händler als Letztverkäufer vom Verbraucher die Ware wegen eines Mangels zurückgenommen, dann hat er die Möglichkeit, die gleichen Rechte aus der Mängelrüge gegenüber seinem Lieferanten wahrzu-nehmen. Der Mangel muss allerdings schon bei der Übergabe vom Hersteller zum Händler vorhanden gewesen sein.

Hersteller Händler Verbraucher

Regress (Rückgriff ) Gewährleistungsrecht