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Mittwoch, 6. Januar 2016 Ostschweizer Kultur 25 Bild: Hanspeter Schiess Fatih Özcelik und das Modelldes islamischen Friedhofs in Altach: Ein Zeichen, dass Migranten und ihre Werte in Vorarlberg angekommen sind. Serie Objektgeschichten Tausende, oft Zehntausende von Kunstwerken oder Gegenständen umfassen manche Sammlungen in Museen und Archiven. In einer losen Serie bitten wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, uns ein Objekt oder Werk vorzustellen, zu dem sie eine besondere Beziehung haben. (red.) Weitergehen mit Angekommenen Vorarlberg hat eine reiche Migrationsgeschichte: Im Vorarlberg-Museum wird sie unkonventionell thematisiert und präsentiert – etwa von Fatih Özcelik, der häufig Führungen mit Zuwanderern macht. Er selbst ist gebürtiger Dornbirner. BETTINA KUGLER BREGENZ. Noch bevor wir mit dem ausserplanmässigen Rund- gang beginnen, im Zickzack sei- nen Lieblingsobjekten einen Be- such abstatten, bleibt Fatih Öz- celik zwischen Treppenaufgang und Lift stehen. Eine Installation des Vorarlberger Künstlers Hu- bert Lampert hängt da, ein zartes Gebilde aus Metallstäben. «Was siehst du?», will er wissen. Zu- nächst nicht mehr als zufällig im Luftzug spielende Teile. Dann aber zeigt es sich plötzlich: Das Wort «ZeitRaum» wird lesbar. Es reicht, den Blickwinkel zu än- dern. Gut, wenn eine Ausstellung dazu beiträgt. Fatih Özcelik denkt gerne über Grundsätzliches nach. Wenn er mit Gruppen im Vorarl- berg-Museum unterwegs ist, dann zeigt der 37jährige Kultur- vermittler nicht einfach auf Sammlungsstücke hinter Glas und weiss jeweils, wie alt und kostbar sie sind oder wem sie einmal gehört haben. Er fragt vielmehr: Wie kommen sie hier- her? Wer sagt, dass sie im Mu- seum gezeigt werden sollen? Wie spricht man über sie? Kontakte zur «Community» Die Menschen, die er zu Füh- rungen unten im Atrium des Vor- arlberg-Museums begrüsst, füh- len sich nicht selten fremd an diesem Ort, angestarrt – etwa, weil sie ein Kopftuch tragen. «Fremdhässige», so hiessen sie in Vorarlberg lange, die Zugezoge- nen, die Reingeschmeckten, ob sie aus Südtirol kamen oder aus der Türkei, aus Kärnten oder vom Balkan. Fatih Özcelik ist ge- bürtiger Dornbirner, die Eltern leben seit 1973 hier; er versteht sich als Netzwerker, hat gute Kontakte zur türkischen «Com- munity» und weiss, wie man sie gut erreichen, «abholen» kann. Wirbel um einen Friedhof Gerade in Kultureinrichtun- gen fragen sich Menschen wie sie: Was mache ich hier? Gehöre ich dazu? Da passt es, dass auf einem von Fatih Özceliks Lieb- lingsobjekten in der landesge- schichtlichen Ausstellung «Vor- arlberg. Ein Making-of» ein Text- band angebracht ist. «Wer bin ich?», steht unter dem Modell des islamischen Friedhofs Alt- ach, von Bernardo Bader Archi- tekten geplant und 2013 mit dem Aga-Khan-Preis ausgezeichnet. Für einmal wird die Antwort gleich mitgegeben, in einem Wort, das Einheimischen wie Zu- wanderern Gesprächsstoff bie- tet: «Ein Heimatsuchender». Zehn Prozent der Bevölkerung Vorarlbergs sind Moslems, die Hälfte davon haben die österrei- chische Staatsbürgerschaft. Der Friedhof, neben dem in Wien der einzige islamische in Österreich, löste eine lebhafte Debatte aus, sagt Özcelik. Dass es ihn gibt, auch hier im Museum, zeigt, dass Moslems Teil der Gesell- schaft sind. Das westlichste Bundesland der Alpenrepublik versteht sich als Einwanderungsland mit Tra- dition; früh hat die Textilindus- trie «Gastarbeiter» angezogen; die meisten sind mit der Zeit an- gekommen, haben eine zweite Heimat gefunden. Das sollte sich auch in der Sammlungs- und Dokumentationstätigkeit des Museums spiegeln, findet Fatih Özcelik. Er selbst hat ein «Vielfal- tenarchiv» gegründet. Mit der Sammlung und Prä- sentation im Vorarlberg-Mu- seum aber kann er ebenfalls zu- frieden sein. 2013 wurde es nach einer Umbauphase und konzep- tionellen Neuorientierung wie- dereröffnet; zum See hin zeigt es seine historische Fassade, stadt- einwärts zum Kornmarkt ein neues, architektonisch aufse- henerregendes Gesicht. Auf mustergültige Weise ver- bindet das Vorarlberg-Museum Geschichte und Gegenwart; es wagt spannende Kontraste und Konfrontationen, lädt ein, ge- nauer hinzuschauen, eigene Er- fahrungen einzubringen und sich Gedanken zu machen. Etwa über die Schaufel, die der Künst- ler Wolfgang Flatz im Raum über die Vorarlberger Arbeitswelt an die Wand gehängt hat. Über die Speisekarte aus dem «Ländle- Kebab» in Dornbirn, in einer Vitrine neben Spezialitäten und Prospekten aus aller Herren Ländle. Oder die Kunstleder- Sporttasche der einstigen «Jugo- Liga», die es nicht mehr gibt. «Sie ist das Lieblingsobjekt unseres Direktors», sagt Fatih Özcelik schmunzelnd. Geschichte wird im Vorarlberg-Museum verstan- den als das, was Menschen der Region bewegt. Ein Land von A bis Z Im Museum kommen sie mit ihren Geschichten zu Wort. Buchstäblich: Die Ausstellung «Sein & Mein» beispielsweise präsentiert noch bis zum 18. Januar das Land als «akustische Passage» – als Hör-Ausstellung, die mit Stimmen, Erinnerungen, Geräuschen und musikalischen Fragmenten Lebenswelten ver- gegenwärtigt. In den Räumen von «buchstäblich vorarlberg» gibt es Einblicke in die Samm- lung als buntes, staunenswertes Sammelsurium, rubriziert nach Stichworten von A bis Z. Unter F wie «fremd» zieht Fatih Özcelik eine Schublade heraus mit Fotos von Migranten, aus den Sechzi- gern, aus den Achtzigerjahren, Türkinnen in Einbauküchen, Männer beim Gebet. Längst sind sie Angekommene – in einem Museum, das nicht stehenblei- ben, sondern mit seinen Besu- chern weitergehen will. «Was fremdist, hängt davon ab, wer das Sagen hat. Auch im Museum.» Fatih Özcelik Kulturvermittler Armando schaut schönen Frauen tief in die Augen Auf in die beliebten Traumländer Italien und Argentinien! Doch Vorsicht: Hinter der schönen Oberfläche und den flotten Schlagern steckt auch eine düstere Seite. Auf nach Sirnach also, wo gesungen, getanzt, geschmachtet wird, wo die Operette Sirnach ihrer neuen Produktion «Maske in Blau» den letzten Schliff verleiht. DIETER LANGHART SIRNACH. Haben Sie «Frühling in San Remo» noch im Ohr? Eve- lyne schwärmt von ihm. Kennen Sie «Schau einer schönen Frau nie zu tief in die Augen»? Arman- do singt davon. Schon seit 1937, als Fred Raymonds «Maske in Blau» in Berlin Premiere feierte. Und erneut am 9. Januar, wenn sich erstmals der Vorhang hebt an der Operette Sirnach. Dann kommt der Mitgiftjäger Was für eine bittersüsse Ge- schichte! Mann malt Frau. Ar- mandos Porträt «Maske in Blau» wird ausgezeichnet, die Unbe- kannte verspricht, aus Argenti- nien wiederzukommen. Evelyne kehrt zurück, gibt sich zu erken- nen, die zwei gestehen einander ihre Liebe. Doch da ist noch ein Mann. Pedro ist ihr nachgereist, er will ihre Liebe. Und ihr Geld. Wird das gutgehen? Es wird. Dafür sorgen der Regisseur (Leopold Huber) und der musi- kalische Leiter (Martin Baur), der Choreograph (Kinsun Chan) und der Bühnen- und Kostümbildner (Klaus Hellenstein); dafür sorgen zwei Solistinnen und fünf Solis- ten, Ensemble und Orchester; viele sind aus der Region, man- che seit Jahren dabei. Und dafür sorgen der Vorstand des Vereins Operette Sirnach und zahllose Helfer, die eine solche Produk- tion alle drei Jahre erst möglich machen. Treu: Publikum und Sponsoren «Maske in Blau» kostet rund eine Million. Sechs von zehn Franken bringen die Zuschauer ein, sechs von zehn Karten sind bereits verkauft, und die Unter- stützung durch die Sponsoren sei «höher als erwartet», hiess es an der Hauptprobe am Montag. Leopold Huber, Co-Leiter des See-Burgtheaters in Kreuzlin- gen, inszeniert bereits die dritte Operette in Sirnach. Als er den Stoff gelesen hatte, habe er sich gefragt: «Naja, was machen wir daraus?» Griffig sei diese Revue- Operette, weil nicht Literatur, sondern direkt für die Bühne ge- schrieben. «Die Operette ist als oberflächlich verschrien, doch das stimmt nur teilweise.» Denn hinter der Operette stecke das Volkstheater und hinter dem Volkstheater stecke die Comme- dia dell’arte. Hubers Domänen. Rothenberger im Hinterkopf Huber packt einen gehörigen Schuss Ironie in seine Inszenie- rung (siehe Ausgabe vom 27.12.), spielt mit den Gegensätzen Fik- tion und Realität, will «unterhal- ten ohne Reue». Und Ausstatter Klaus Hellenstein sagt: «Ich hatte Anneliese Rothenberger im Hin- terkopf. Ich will eine Glamour- welt erschaffen wie in einem Fernsehstudio.» Bild: Urs Bucher «Maske in Blau»: Evelyne (Petra Halper), Armando (Reto Hofstetter). FINISSAGE Ernte 2015 SCHAFFHAUSEN. Die jurierte Jah- resausstellung «Ernte» im Kunst- museum vereint alle zwei Jahre Werke von Schaffhauser Künst- lern und gibt mit 20 Positionen einen Einblick in das aktuelle Kunstschaffen der Region. Bis 10.1. (Führung 11.30 Uhr); Di–So, 11–17 Uhr Florian Schwarz KONSTANZ. Die Fotografien «Close by and far beyond. Portraits from along the way» sind bis 11. Ja- nuar auf grossen Plakaten als temporäre Installation in der Stadt zu sehen. Schwarz eröffnet seine Ausstellung am 8. Januar um 19 Uhr im Gewölbekeller des Kulturzentrums am Münster. Letzte KUB-Arena BREGENZ. Zum Abschluss der Ausstellung «Yes & No» der New Yorker Künstlerin Amy Sillman – der letzten Ausstellung im Rah- men der KUB-Arena überhaupt – führt Kuratorin Eva Birkenstock durch die Ausstellung (8.1., 17 Uhr), dann unterhält sich die Künstlerin mit dem New Yorker Psychoanalytiker David Lichten- stein (9.1., 18 Uhr). Bis 10.1., Kunsthaus Anton Henning FRIEDRICHSHAFEN. Zur Finissage von «Anton Henning – Malerei ohne Skrupel» im Zeppelin-Mu- seum referiert Kunstwissen- schafter und Medientheoretiker Wolfgang Ullrich über Hennin,g der die Geschichte der moder- nen Malerei wie kaum ein ande- rer zeitgenössischer Künstler verinnerlicht hat. So, 10.1., 11 Uhr «Wings» mit Harfe WINTERTHUR. Rigolo Swiss Nou- veau Cirque verlängert sein Gastspiel von «Wings In My Heart» bis zum 28. Januar. Heute und morgen tritt zudem Rüdiger Oppermann auf, der «Deutsche Meister der keltischen Harfe». Halle 52 (Do–So); www.rigolo.ch Führung zu Wilhelm Volz KONSTANZ. Die Städtische Wes- senberg-Galerie bietet zur Aus- stellung «Wilhelm Volz. 1855– 1901. Märchen, Mythos & Musik» heute um 15 Uhr eine öffentliche Führung an. Operette Sirnach Maske in Blau Premiere: Sa, 9.1., 18 Uhr 23 Aufführungen bis 19.3. Beginn: Fr 19.30, Sa 19, So 15.30 Uhr (Premiere und Derni` ere 18 Uhr) Dauer: 2.5 Stunden Spielort: Gemeindezentrum Dreitannen Reservationen: 071 966 33 66 (Do–Sa 15.30–18.30 Uhr, www.operette-sirnach.ch, Schalter Gemeindezentrum

160106 tgz armando schaut frauen tief in die augen

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Mittwoch, 6. Januar 2016 OstschweizerKultur 25

Bild: Hanspeter Schiess

Fatih Özcelik und das Modell des islamischen Friedhofs in Altach: Ein Zeichen, dass Migranten und ihre Werte in Vorarlberg angekommen sind.

SerieObjektgeschichten

Tausende, oft Zehntausendevon Kunstwerken oderGegenständen umfassenmanche Sammlungen inMuseen und Archiven. Ineiner losen Serie bittenwir Mitarbeiterinnen undMitarbeiter, uns ein Objektoder Werk vorzustellen,zu dem sie eine besondereBeziehung haben. (red.)

Weitergehen mit AngekommenenVorarlberg hat eine reiche Migrationsgeschichte: Im Vorarlberg-Museum wird sie unkonventionell thematisiert undpräsentiert – etwa von Fatih Özcelik, der häufig Führungen mit Zuwanderern macht. Er selbst ist gebürtiger Dornbirner.BETTINA KUGLER

BREGENZ. Noch bevor wir mitdem ausserplanmässigen Rund-gang beginnen, im Zickzack sei-nen Lieblingsobjekten einen Be-such abstatten, bleibt Fatih Öz-celik zwischen Treppenaufgangund Lift stehen. Eine Installationdes Vorarlberger Künstlers Hu-bert Lampert hängt da, ein zartesGebilde aus Metallstäben. «Wassiehst du?», will er wissen. Zu-nächst nicht mehr als zufällig imLuftzug spielende Teile. Dannaber zeigt es sich plötzlich: DasWort «ZeitRaum» wird lesbar. Esreicht, den Blickwinkel zu än-dern. Gut, wenn eine Ausstellungdazu beiträgt.

Fatih Özcelik denkt gerneüber Grundsätzliches nach.Wenn er mit Gruppen im Vorarl-berg-Museum unterwegs ist,dann zeigt der 37jährige Kultur-vermittler nicht einfach aufSammlungsstücke hinter Glasund weiss jeweils, wie alt undkostbar sie sind oder wem sieeinmal gehört haben. Er fragtvielmehr: Wie kommen sie hier-her? Wer sagt, dass sie im Mu-seum gezeigt werden sollen? Wiespricht man über sie?

Kontakte zur «Community»Die Menschen, die er zu Füh-

rungen unten im Atrium des Vor-arlberg-Museums begrüsst, füh-len sich nicht selten fremd andiesem Ort, angestarrt – etwa,weil sie ein Kopftuch tragen.«Fremdhässige», so hiessen sie inVorarlberg lange, die Zugezoge-nen, die Reingeschmeckten, obsie aus Südtirol kamen oder ausder Türkei, aus Kärnten odervom Balkan. Fatih Özcelik ist ge-bürtiger Dornbirner, die Elternleben seit 1973 hier; er verstehtsich als Netzwerker, hat guteKontakte zur türkischen «Com-munity» und weiss, wie man siegut erreichen, «abholen» kann.

Wirbel um einen FriedhofGerade in Kultureinrichtun-

gen fragen sich Menschen wiesie: Was mache ich hier? Gehöreich dazu? Da passt es, dass aufeinem von Fatih Özceliks Lieb-lingsobjekten in der landesge-schichtlichen Ausstellung «Vor-arlberg. Ein Making-of» ein Text-band angebracht ist. «Wer binich?», steht unter dem Modelldes islamischen Friedhofs Alt-ach, von Bernardo Bader Archi-

tekten geplant und 2013 mit demAga-Khan-Preis ausgezeichnet.

Für einmal wird die Antwortgleich mitgegeben, in einemWort, das Einheimischen wie Zu-wanderern Gesprächsstoff bie-tet: «Ein Heimatsuchender».Zehn Prozent der BevölkerungVorarlbergs sind Moslems, dieHälfte davon haben die österrei-chische Staatsbürgerschaft. DerFriedhof, neben dem in Wien dereinzige islamische in Österreich,löste eine lebhafte Debatte aus,sagt Özcelik. Dass es ihn gibt,auch hier im Museum, zeigt,dass Moslems Teil der Gesell-schaft sind.

Das westlichste Bundeslandder Alpenrepublik versteht sichals Einwanderungsland mit Tra-dition; früh hat die Textilindus-trie «Gastarbeiter» angezogen;die meisten sind mit der Zeit an-gekommen, haben eine zweiteHeimat gefunden. Das sollte sichauch in der Sammlungs- undDokumentationstätigkeit desMuseums spiegeln, findet FatihÖzcelik. Er selbst hat ein «Vielfal-tenarchiv» gegründet.

Mit der Sammlung und Prä-sentation im Vorarlberg-Mu-seum aber kann er ebenfalls zu-frieden sein. 2013 wurde es nacheiner Umbauphase und konzep-tionellen Neuorientierung wie-dereröffnet; zum See hin zeigt esseine historische Fassade, stadt-

einwärts zum Kornmarkt einneues, architektonisch aufse-henerregendes Gesicht.

Auf mustergültige Weise ver-bindet das Vorarlberg-MuseumGeschichte und Gegenwart; eswagt spannende Kontraste undKonfrontationen, lädt ein, ge-nauer hinzuschauen, eigene Er-fahrungen einzubringen undsich Gedanken zu machen. Etwaüber die Schaufel, die der Künst-

ler Wolfgang Flatz im Raum überdie Vorarlberger Arbeitswelt andie Wand gehängt hat. Über dieSpeisekarte aus dem «Ländle-Kebab» in Dornbirn, in einerVitrine neben Spezialitäten undProspekten aus aller HerrenLändle. Oder die Kunstleder-Sporttasche der einstigen «Jugo-Liga», die es nicht mehr gibt. «Sieist das Lieblingsobjekt unseresDirektors», sagt Fatih Özcelikschmunzelnd. Geschichte wirdim Vorarlberg-Museum verstan-den als das, was Menschen derRegion bewegt.

Ein Land von A bis ZIm Museum kommen sie mit

ihren Geschichten zu Wort.Buchstäblich: Die Ausstellung«Sein & Mein» beispielsweisepräsentiert noch bis zum 18.Januar das Land als «akustischePassage» – als Hör-Ausstellung,die mit Stimmen, Erinnerungen,Geräuschen und musikalischenFragmenten Lebenswelten ver-gegenwärtigt. In den Räumenvon «buchstäblich vorarlberg»gibt es Einblicke in die Samm-

lung als buntes, staunenswertesSammelsurium, rubriziert nachStichworten von A bis Z. Unter Fwie «fremd» zieht Fatih Özcelikeine Schublade heraus mit Fotosvon Migranten, aus den Sechzi-gern, aus den Achtzigerjahren,Türkinnen in Einbauküchen,Männer beim Gebet. Längst sindsie Angekommene – in einemMuseum, das nicht stehenblei-ben, sondern mit seinen Besu-chern weitergehen will.

«Was ‹fremd› ist,hängt davon ab,

wer das Sagen hat.Auch im Museum.»

Fatih ÖzcelikKulturvermittler

Armando schaut schönen Frauen tief in die AugenAuf in die beliebten Traumländer Italien und Argentinien! Doch Vorsicht: Hinter der schönen Oberfläche und den flotten Schlagern steckt auch eine düstere Seite.Auf nach Sirnach also, wo gesungen, getanzt, geschmachtet wird, wo die Operette Sirnach ihrer neuen Produktion «Maske in Blau» den letzten Schliff verleiht.DIETER LANGHART

SIRNACH. Haben Sie «Frühling inSan Remo» noch im Ohr? Eve-lyne schwärmt von ihm. KennenSie «Schau einer schönen Fraunie zu tief in die Augen»? Arman-do singt davon. Schon seit 1937,als Fred Raymonds «Maske inBlau» in Berlin Premiere feierte.Und erneut am 9. Januar, wennsich erstmals der Vorhang hebtan der Operette Sirnach.

Dann kommt der MitgiftjägerWas für eine bittersüsse Ge-

schichte! Mann malt Frau. Ar-mandos Porträt «Maske in Blau»wird ausgezeichnet, die Unbe-kannte verspricht, aus Argenti-nien wiederzukommen. Evelynekehrt zurück, gibt sich zu erken-nen, die zwei gestehen einanderihre Liebe. Doch da ist noch einMann. Pedro ist ihr nachgereist,

er will ihre Liebe. Und ihr Geld.Wird das gutgehen? Es wird.

Dafür sorgen der Regisseur(Leopold Huber) und der musi-kalische Leiter (Martin Baur), derChoreograph (Kinsun Chan) undder Bühnen- und Kostümbildner(Klaus Hellenstein); dafür sorgenzwei Solistinnen und fünf Solis-ten, Ensemble und Orchester;viele sind aus der Region, man-che seit Jahren dabei. Und dafürsorgen der Vorstand des VereinsOperette Sirnach und zahlloseHelfer, die eine solche Produk-tion alle drei Jahre erst möglichmachen.

Treu: Publikum und Sponsoren«Maske in Blau» kostet rund

eine Million. Sechs von zehnFranken bringen die Zuschauerein, sechs von zehn Karten sindbereits verkauft, und die Unter-stützung durch die Sponsoren

sei «höher als erwartet», hiess esan der Hauptprobe am Montag.

Leopold Huber, Co-Leiter desSee-Burgtheaters in Kreuzlin-gen, inszeniert bereits die dritteOperette in Sirnach. Als er denStoff gelesen hatte, habe er sichgefragt: «Naja, was machen wirdaraus?» Griffig sei diese Revue-Operette, weil nicht Literatur,sondern direkt für die Bühne ge-schrieben. «Die Operette ist alsoberflächlich verschrien, dochdas stimmt nur teilweise.» Dennhinter der Operette stecke dasVolkstheater und hinter demVolkstheater stecke die Comme-dia dell’arte. Hubers Domänen.

Rothenberger im HinterkopfHuber packt einen gehörigen

Schuss Ironie in seine Inszenie-rung (siehe Ausgabe vom 27.12.),spielt mit den Gegensätzen Fik-tion und Realität, will «unterhal-

ten ohne Reue». Und AusstatterKlaus Hellenstein sagt: «Ich hatteAnneliese Rothenberger im Hin-terkopf. Ich will eine Glamour-welt erschaffen wie in einemFernsehstudio.»

Bild: Urs Bucher

«Maske in Blau»: Evelyne (Petra Halper), Armando (Reto Hofstetter).

FINISSAGE

Ernte 2015

SCHAFFHAUSEN. Die jurierte Jah-resausstellung «Ernte» im Kunst-museum vereint alle zwei JahreWerke von Schaffhauser Künst-lern und gibt mit 20 Positioneneinen Einblick in das aktuelleKunstschaffen der Region.Bis 10.1. (Führung 11.30 Uhr);Di–So, 11–17 Uhr

Florian Schwarz

KONSTANZ. Die Fotografien «Closeby and far beyond. Portraits fromalong the way» sind bis 11. Ja-nuar auf grossen Plakaten alstemporäre Installation in derStadt zu sehen. Schwarz eröffnetseine Ausstellung am 8. Januarum 19 Uhr im Gewölbekeller desKulturzentrums am Münster.

Letzte KUB-ArenaBREGENZ. Zum Abschluss derAusstellung «Yes & No» der NewYorker Künstlerin Amy Sillman –der letzten Ausstellung im Rah-men der KUB-Arena überhaupt –führt Kuratorin Eva Birkenstockdurch die Ausstellung (8.1., 17Uhr), dann unterhält sich dieKünstlerin mit dem New YorkerPsychoanalytiker David Lichten-stein (9.1., 18 Uhr).Bis 10.1., Kunsthaus

Anton HenningFRIEDRICHSHAFEN. Zur Finissagevon «Anton Henning – Malereiohne Skrupel» im Zeppelin-Mu-seum referiert Kunstwissen-schafter und MedientheoretikerWolfgang Ullrich über Hennin,gder die Geschichte der moder-nen Malerei wie kaum ein ande-rer zeitgenössischer Künstlerverinnerlicht hat.So, 10.1., 11 Uhr

«Wings» mit HarfeWINTERTHUR. Rigolo Swiss Nou-veau Cirque verlängert seinGastspiel von «Wings In MyHeart» bis zum 28. Januar. Heuteund morgen tritt zudem RüdigerOppermann auf, der «DeutscheMeister der keltischen Harfe».Halle 52 (Do–So); www.rigolo.ch

Führung zu Wilhelm Volz

KONSTANZ. Die Städtische Wes-senberg-Galerie bietet zur Aus-stellung «Wilhelm Volz. 1855–1901. Märchen, Mythos & Musik»heute um 15 Uhr eine öffentlicheFührung an.

Operette SirnachMaske in Blau

Premiere: Sa, 9.1., 18 Uhr23 Aufführungen bis 19.3.Beginn: Fr 19.30, Sa 19,So 15.30 Uhr (Premiere undDerniere 18 Uhr)Dauer: 2.5 StundenSpielort: GemeindezentrumDreitannenReservationen: 0719663366(Do–Sa 15.30–18.30 Uhr,www.operette-sirnach.ch,Schalter Gemeindezentrum