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Klimaökologische Untersuchung Gewerbegebietsentwicklung Starnberg-Schorn Auftraggeber: ASTO Campus Starnberg GmbH Tölzer Straße 32 82031 Grünwald Auftragnehmer: GEO-NET Umweltconsulting GmbH Große Pfahlstraße 5a 30161 Hannover Tel. (0511) 3887200 www.geo-net.de In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. G. Gross Anerkannt beratender Meteorologe (DMG), Öffentlich bestellter Gutachter für Immissionsfragen und Kleinklima der IHK Hannover-Hildesheim Hannover, Juni 2019

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Klimaökologische Untersuchung

Gewerbegebietsentwicklung Starnberg-Schorn

Auftraggeber:

ASTO Campus Starnberg GmbH

Tölzer Straße 32

82031 Grünwald

Auftragnehmer:

GEO-NET Umweltconsulting GmbH

Große Pfahlstraße 5a

30161 Hannover

Tel. (0511) 3887200

www.geo-net.de

In Zusammenarbeit mit:

Prof. Dr. G. Gross

Anerkannt beratender Meteorologe (DMG),

Öffentlich bestellter Gutachter für Immissionsfragen und Kleinklima der IHK Hannover-Hildesheim

Hannover, Juni 2019

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Die Erstellung der Stellungnahme erfolgte entsprechend dem Stand der Technik nach besten Wissen und Gewissen. Die Stellungnahme bleibt bis zur Abnahme und Bezahlung alleiniges Eigentum des Auftragnehmers.

Auftrag: Klimaökologische Begleitung des Planungsprozesses Gewerbe-

Gebietsentwicklung Starnberg-Schorn

Standort: Starnberg - Schorn

Auftraggeber: ASTO Campus Starnberg GmbH

Projektnummer: 2_19_029

Berichtsnummer: 2_19_029_Gewerbeentwicklung_Starnberg_Schorn_r02

Version: 3

Datum: 28.06.2019

Erstellt von:

M.Sc. Meteorologie Katja Lohmüller

Unter Mitarbeit von: Prof. Dr. Günter Groß

Geprüft von:

Dipl.-Geogr. Peter Trute

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1 Einleitung

Bei Starnberg Schorn ist geplant die Freiflächen nahe der Autobahnmeisterei östlich der A95 zukünftig

als Gewerbeflächen zu nutzen. Die klimaökologischen Auswirkungen des Vorhabens sollen mit der

vorliegenden, modellgestützten Klimaexpertise untersucht werden. Vor allem ist zu analysieren, welche

klimaökologischen Funktionen die Frei-/Grünflächen im Bereich Schorn erfüllen und wie diese mit

benachbarten Siedlungs- und Industrieflächen wechselwirken.

Abb. 1 zeigt ein Luftbild der aktuellen Flächennutzung im relevanten Bereich mit markiertem Plangebiet,

eingeordnet in das Untersuchungsgebiet. Um die klimaökologische Funktion der Frei- und Grünflächen

im Bereich Schorn und Wechselwirkungen mit benachbarten Siedlungs- und Industrieflächen

ausreichend zu untersuchen, wurde das Untersuchungsgebiet in einer Größe von 3,3 km x 3,0 um den

Geltungsbereich aufgespannt.

Abb. 1: Untersuchungsgebiet Starnberg Schorn (blau) mit gekennzeichnetem räumlichen Geltungsbereich (rot) aus dem B-Plan Entwurf (Stand 20.05.2019).

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Insgesamt wurden zwei Modellläufe durchgeführt:

Ist-Zustand = derzeitiger Zustand

Plan-Zustand = Umsetzung der geplanten Bebauung

Für die modelltechnische Umsetzung des Plan-Szenarios der Gewerbeentwicklung bei Schorn wurde der

B-Plan Entwurf mit Stand des 20.05.2019 (s. Abb. 2) umgesetzt. Nach Absprache mit den Stadtplanern

(bsgm Architekten und Stadtplaner, München) wird eine maximale Überbauung von 70 Prozent

innerhalb der Baugrenzen mit gewerbetypischer Bebauung realisiert. Die Höhen der Gewerbebebauung

ist dem B-Plan direkt pro Baufeld zu entnehmen.

Abb. 2: Ausschnitt des B-Plan Entwurfs (Stand 20.05.2019).

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Im Nachlauf zur Modellierung wurde zum B-Plan ein detaillierterer Grünordnungsplan (GOP) entworfen

(s. Abb. 3), welcher Baumstandorte im Geltungsbereich berücksichtigt und zudem südöstlich eine

Aufforstung des Bannwaldes als Ausgleich für die Abholzung der Waldfläche bei Baufeld GE7/GE8

realisiert. Dieser Stand wurde nicht als neues Szenario modelliert, im Ergebnisteil in Kapitel 2.4 wird

allerdings verbalargumentativ Stellungnahme zu den Auswirkungen der Maßnahmen genommen.

Abb. 3: Ausschnitt des GOP Entwurfs (Stand 06.06.2019).

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1.1 GRUNDLAGEN DER MODELLIERUNG

Die Übersichtsmodellierung wird mit dem Strömungs- und Klimamodell FITNAH durchgeführt. Bei einem

numerischen Modell wie FITNAH muss zur Festlegung und Bearbeitung einer Aufgabenstellung eine

Reihe von Eingangsdaten zur Verfügung stehen. Nutzungsstruktur und Geländehöhe sind wichtige

Eingangsdaten für die Windfeldmodellierung, da über die Oberflächengestalt, die Höhe der jeweiligen

Nutzungsstrukturen sowie deren Versiegelungsgrad das Strömungs- und Temperaturfeld entscheidend

beeinflusst wird. Das gesamte Rechengebiet (s. Untersuchungsgebiet in Abb. 1) hat bei einer Abmessung

von 3,3 km x 3,0 km eine Fläche von 9,9 km².

Die Modellierung der meteorologischen Parameter erfolgt mit einer Zellengröße von 10 m x 10 m,

wobei zur Aufbereitung der Nutzungsstrukturen die Daten des Urban Atlas1 verwendet werden. Um den

speziellen Anforderungen der Modellanalyse gerecht werden zu können, werden diese für die

Modellrechnung zu einem 15-klassigen Nutzungsschlüssel aggregiert. Außerdem wird ein digitales

Geländemodell2 in der Auflösung von 50 m (Stand 2017) verwendet. Eine Überprüfung bzw. Ergänzung

der Daten erfolgt auf der Basis von Luftbildern (Stand 2018) und dem B-Plan für das Plan-Szenario

(Abb. 2). Für die Einordnung des Oberflächenversiegelungsgrades werden nutzungsklassifiziert

vorliegende Literaturdaten (u.a. MOSIMANN et al. 1999) genutzt, die auf empirisch gewonnenen

Untersuchungsergebnissen aus mehreren deutschen Städten beruhen. Eine wichtige

Modelleingangsgröße stellt zudem die Höhe der Baustrukturen dar, welche einen maßgeblichen Einfluss

auf das lokale Windfeld ausübt. Als Datenquelle für die Höhe der Baustrukturen werden bewährte

Standardparameter für die 15-Nutzungsklassen verwendet. Auf dieser Grundlage ist den die Gebäude

repräsentierenden Rasterzellen eine individuelle Strukturhöhe zugewiesen. Mit der hohen räumlichen

Auflösung von 10 m x 10 m ist es möglich, die Gebäudestrukturen realitätsnah zu erfassen und ihren

Einfluss auf den nächtlichen Luftaustausch abzubilden.

Der Modellrechnung liegt eine sommerliche Strahlungswetterlage zugrunde (wolkenloser Himmel, keine

übergeordnete Windströmung), da die klimaökologischen Funktionen unter dieser Wetterlage fundiert

untersucht werden können.

2 Ergebnisse

Die Ergebnisse der Klimasimulation repräsentieren die Nachtsituation um 04:00 Uhr morgens bzw.

Tagsituation um 14:00 Uhr. Bei den modellierten Parametern handelt es sich um die bodennahe

Lufttemperatur, das bodennahes Kaltluftströmungsfeld sowie den Kaltluftvolumenstrom (jeweils

Nachtsituation) bzw. die PET als Maß für die Wärmebelastung am Tage.

Insgesamt ist bei der Betrachtung der Ergebnisse zu beachten, dass die Bebauung der

Gewerbeparkentwicklung eine exemplarisch angenommene ist, welche die Angaben der maximalen

Überbauung der Baufelder mit der maximalen Höhe darstellt. Die Bebauung beruht auf noch keinem

konkreten Raumkonzept und lässt noch Optimierungsspielraum für die klimatische Situation vor Ort zu.

1 https://land.copernicus.eu/local/urban-atlas/urban-atlas-2012

2 https://www.ldbv.bayern.de/produkte/weitere/opendata.html

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2.1 LUFTTEMPERATUR IN DER NACHT

In der Nacht steht weniger der Aufenthalt im Freien, sondern die Möglichkeit eines erholsamen Schlafes

im Innenraum im Vordergrund. Nach VDI-Richtlinie 3787, Blatt 2 besteht ein Zusammenhang zwischen

Außen- und Innenraumluft, sodass die Temperatur der Außenluft die entscheidende Größe für die

Beurteilung der Nachtsituation darstellt (VDI 2008, 25). Als optimale Schlaftemperaturen werden

gemeinhin 16 - 18 °C angegeben (UBA 2016), während Tropennächte mit einer

Minimumtemperatur ≥ 20 °C als besonders belastend gelten.

Abb. 4 zeigt die bodennahe Lufttemperatur zum nächtlichen Untersuchungszeitpunkt (04:00 Uhr). Unter

den angenommenen meteorologischen Rahmenbedingungen erreicht die nächtliche Lufttemperatur im

Untersuchungsgebiet Werte unter 6,5 °C über den Freiflächen bis hin zu 15 °C im Gewerbegebiet

Schorn, welches direkt südlich zum räumlichen Geltungsbereich liegt. Innerhalb der Waldflächen weist

die Temperatur Werte von circa 9 °C auf.

Abb. 4: Bodennahe nächtliche Lufttemperatur.

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Derzeit ist die Landnutzung im gekennzeichneten räumlichen Geltungsbereich der Gewerbeentwicklung

Starnberg Schorn durch Freiflächen sowie Teile des Bannwaldes zu charakterisieren. Somit bewegt sich

hier das Temperaturfeld zwischen der minimalen Temperatur im Untersuchungsgebiet von unter 6,5 °C

bis maximal 10 °C. Auf dem Gelände der Autobahnmeisterei direkt anschließend zum räumlichen

Geltungsbereich liegt die Temperatur bei maximal 14,5 °C.

Im Plan-Zustand nimmt aufgrund der erhöhten Versiegelung durch die Bebauung im Plangebiet deutlich

gegenüber dem Ist-Zustand zu. Dargestellt ist die Änderung der nächtlichen Lufttemperatur durch die

Gewerbeentwicklung in Abb. 5. Wie zu erkennen ist, nimmt die Lufttemperatur nahezu im gesamten

Plangebiet um mindestens 0,5 °C bis hin zu maximal mehr als 7,5 °C zu. Bis auf geringe Bereiche direkt

am Dreieck Starnberg der A 95, zwischen der Bebauung der Autobahnmeisterei sowie im südlich des

Plangebiets gelegenen Gewerbegebiet (geringe Temperaturzunahme um etwa 1 °C) beschränkt sich die

Temperaturzunahme direkt auf den Bereich des Plangebiets. Eine Temperaturänderung in den

Wohnsiedlungen von Schorn und Wangen durch die Gewerbeentwicklung ist nicht ersichtlich.

Abb. 5: Änderung der bodennahen nächtlichen Lufttemperatur zwischen Ist- und Plan-Zustand.

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2.2 KALTLUFTPROZESSGESCHEHEN IN DER NACHT

Die variable bodennahe Lufttemperaturverteilung bedingt horizontale und vertikale

Luftdruckunterschiede, die wiederum Auslöser für lokale thermische Windsysteme sind. Die wichtigsten

nächtlichen Ausgleichsströmungen dieser Art sind Hangabwinde und Flurwinde. Mit ihrer (dichten)

Bebauung stellen Stadtkörper ein Strömungshindernis dar, sodass deren Luftaustausch mit dem Umland

eingeschränkt ist. Speziell bei austauschschwachen Wetterlagen wirken sich diese Faktoren

bioklimatisch zumeist ungünstig aus, wenn der Siedlungsraum schwach bis gar nicht mehr durchlüftet

wird. Daher können die genannten Strömungssysteme durch die Zufuhr kühlerer (und frischer) Luft eine

bedeutende klimaökologische (und immissionsökologische) Ausgleichsleistung für Belastungsräume

erbringen. Da die potentielle Ausgleichsleistung einer grünbestimmten Fläche nicht allein aus der

Geschwindigkeit der Kaltluftströmung resultiert, sondern zu einem wesentlichen Teil durch ihre

Mächtigkeit mitbestimmt wird (d.h. durch die Höhe der Kaltluftschicht), wird zur Bewertung der

Grünflächen auch der sogenannte Kaltluftvolumenstrom herangezogen.

Abb. 6: Nächtliches bodennahes Windfeld im Ist-Zustand.

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Das nächtlich bodennahe Windfeld, dargestellt in Abb. 6, ist geprägt durch Hangabwinde und zudem

lässt sich überlagert eine Strömung in Richtung der Bereiche mit erhöhter Temperatur erkennen, der

Flurwind. Die Strömungsgeschwindigkeit liegt minimal bei weniger als 0,1 m/s im Waldbereich und weist

maximale Werte von über 1 m/s südlich des und im Plangebiet auf. Aufgrund der großen

Hinderniswirkung des Waldes ist die Strömung dort gering ausgeprägt. An den Waldkanten wird die

Strömung durch Reibungseffekte abgebremst und durch die zusätzliche Hinderniswirkung der

Waldkante abgelenkt. In das Plangebiet fließt die Strömung als Hangabwind aus Süden mit

Geschwindigkeiten von mehr als 1 m/s hinein und erfährt durch die derzeitig vorherrschenden

Freiflächen kaum eine Abbremsung und strömt so nahezu ungehindert in nördliche Richtungen durch

das Plangebiet hindurch.

Abb. 7 zeigt die Änderung der Strömungsgeschwindigkeit vom Ist- zum Plan-Zustand. Es ist ersichtlich,

dass vor allem im südlichen Teil des Plangebiets die Strömungsgeschwindigkeit im Plan-Zustand

Abb. 7: Änderung der Strömungsgeschwindigkeit zwischen Ist- und Planzustand.

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gegenüber der derzeitigen Situation um bis zu mehr als 1 m/s erhöht ist. Dies ist einerseits darauf

zurückzuführen, dass durch die Bebauung der Freiflächen die Temperatur im Plangebiet ansteigt und

somit größere Temperaturunterschiede zum Umland als in der Ist-Situation vorliegen. Somit erfährt die

Strömung im Plan-Zustand eine größere Beschleunigung in Richtung Plangebiet. Andererseits wird für

die Entwicklung des Campus Schorn eine Waldfläche an der östlichen Seite des Plangebiets abgeholzt

und somit eine höhere Durchströmung der abgeholzten Fläche im Plan-Zustand ermöglicht. Zusätzlich zu

beiden genannten Begründungen tritt in Gebäudenähe lokal Beschleunigung durch Turbulenz an

Gebäudekanten sowie Kanalisierung der Strömung durch die Anordnung der Gebäude zueinander auf.

Im nördlichen Teil des Plangebiets ist eine Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit im Plan-Zustand

gegenüber dem Ist-Zustand ersichtlich. Die Strömung tritt südlich in das Plangebiet ein und wird beim

Durchqueren des Gebiets etwa ab Auftreffen auf das Baufeld GE3/GE4 (vgl. B-Plan in Abb. 2) durch die

Hinderniswirkung der Gebäude abgebremst. Außerhalb des Plangebiets ist lediglich in direkter Nähe

Abb. 8: Nächtlicher Kaltluftvolumenstrom im Ist-Zustand.

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zum Plangebiet eine Änderung der Strömungsgeschwindigkeit zu erkennen. Die Strömung in den

Siedlungen Schorn und Wangen wird durch die Gewerbegebietsentwicklung nicht beeinflusst.

Der Kaltluftvolumenstrom im Untersuchungsgebiet verhält sich ähnlich zum Strömungsfeld (s. Abb. 8).

Auf den Freifeldern und in den Wäldern im Untersuchungsgebiet entsteht die Kaltluft und wird mit der

Strömung transportiert. Analog zur Strömungsgeschwindigkeit nimmt der Kaltluftvolumenstrom seine

maximale Ausprägung mit Werten von über 50 m³/(s*m) im südlichen Teil des Plangebiets ein und ist in

den Waldteilen des Untersuchungsgebiets lediglich gering ausgeprägt. Durch die Gewerbeentwicklung

ist in der Änderung des Kaltluftvolumenstroms (s. Abb. 9) analog zur Änderung der Windgeschwindigkeit

Abb. 9: Änderung des Kaltluftvolumenstroms zwischen Ist- und Plan-Zustand.

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im südlichen Teil des Plangebiets und im angrenzenden Bereich zum Plangebiets eine Zunahme des

Kaltluftvolumenstroms zu erkennen. Maximal ist der Kaltluftvolumenstrom um mehr als 20 % gegenüber

dem Ist-Zustand erhöht. Durch die in Richtung Norden zunehmende Bebauung im Plangebiet nimmt der

Kaltluftvolumenstrom analog zur Windgeschwindigkeit großflächig zwischen den Gebäuden und bis zur

Autobahnpolizei Oberdill um mehr als 20 % ab. Zudem ist bei Realisierung der angenommenen

Bebauung im Bereich des derzeit bereits bestehen Industriegebiets Starnberg Schorn und bei dem Gut

Schorn mit einer Reduzierung des Kaltluftvolumenstroms von bis zu maximal 20 % zu rechnen. In den

Siedlungsräumen westlich der A 59 und im Bereich des Reit- und Zuchthofs Reglauer nimmt größtenteils

der Kaltluftvolumenstrom um mehr als 20 % zu. In den Wohnsiedlungen Schorn und Wangen ist keine

signifikante Änderung des Kaltluftvolumenstroms durch die Gewerbeparkentwicklung zu erwarten.

2.3 WÄRMEBELASTUNG AM TAGE

Zur Bewertung der Wärmebelastung werden Indizes verwendet, die Aussagen zur Lufttemperatur,

Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit sowie zu kurz- und langwelligen Strahlungsflüssen kombinieren. In

Modellen wird der Wärmeaustausch einer „Norm-Person“ mit seiner Umgebung berechnet und die

Wärmebelastung eines Menschen abgeschätzt. Zur Bewertung der Tagsituation wird der humanbio-

klimatische Index PET um 14:00 Uhr herangezogen (Physiologisch Äquivalente Temperatur; Matzarakis

und Mayer 1996). Für die PET existiert in der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 9 eine absolute Bewertungsskala,

die das thermische Empfinden quantifiziert (z.B. starke Wärmebelastung ab PET 35 °C;

Tab. A 1).

Im Untersuchungsgebiet heben sich vor allem die Waldflächen mit einer schwachen Wärmebelastung

aufgrund der hohen Verschattung ab (s. Abb. 10). Zentral auf den Freiflächen und im Gewerbegebiet

Schorn bzw. zwischen den Gebäuden der Autobahnmeisterei sind extreme Wärmebelastungen

ersichtlich. Dies ist auf die fehlende Verschattung in den Bereichen und zudem im Falle der bebauten

Gebiete auf die erhöhte Versiegelung zurückzuführen. Innerhalb der Siedlungsbereiche Schorn und

Wangen sind je nach Bebauungsdichte schwache bis sehr starke Wärmebelastungen zu finden.

Die Wärmebelastung im Untersuchungsgebiet verändert sich durch die Gewerbeentwicklung

ausschließlich im räumlichen Geltungsbereich (s. Abb. 11). Durch die erhöhte Versiegelung und die

geringe Verschattung ist zwischen den Gebäuden und im Straßenraum der Gewerbeentwicklung mit

einer extremen Wärmebelastung zu rechnen. Durch fehlende Grünkonzepte im Bebauungsplan mit

Stand des 20.05.2019 hat sich die Wärmebelastung im Planbereich durch die Gewerbeentwicklung

erheblich gegenüber dem derzeitigen Zustand verschlechtert.

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Abb. 10: Wärmebelastung am Tage (PET) im Ist-Zustand.

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Abb. 11: Wärmebelastung am Tage (PET) im Plan-Zustand.

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2.4 EINFLUSS DES GOPS AUF DIE PARAMETER IM PLANGEBIET

Abb. 3 zeigt den GOP zur Gewerbeentwicklung des Campus Schorn mit Stand des 06.06.2019. Da dieser

zum Zeitpunkt der Modellierung nicht vorlag, konnte der GOP in der Aufbereitung der Eingangsdaten für

den Plan-Zustand nicht berücksichtigt werden. Grünflächen wurden ausschließlich im Bereich der im

B-Plan in Abb. 2 gekennzeichneten begrünten Flächen auf den Baugrundstücken realisiert und einzelne

Bäume nicht modelliert. Im folgenden Abschnitt wird der erwartete Einfluss der Maßnahmen des GOPs

auf die bisherigen Verhältnisse der modellierten Parameter dargelegt.

Es ist zu erwarten, dass die Berücksichtigung einzelner Baumstandorte in der Modellierung der

Klimaparameter signifikante Auswirkungen auf die Wärmebelastung am Tage im Plangebiet hat. In Abb.

12 ist der erwartete Einwirkbereich der Maßnahmen aus dem GOP schematisch dargestellt. In den

weißlich überblendeten Bereichen (Darstellung: Straßenräume durchgängig, Baumstandorte rund,

aufzuforstende Waldfläche gestrichelt) ist mit einer Abnahme von extremer Wärmebelastung auf bis zu

mäßiger Wärmebelastung zu rechnen. Gerade für Personen, welche im Bereich des Campus Schorn

ihren Arbeitstag verbringen oder auch für Radfahrer auf den Straßen erhöht sich der Aufenthaltskomfort

deutlich durch die zusätzlichen Bäume im Straßenraum und auf den Arealen zwischen den Gebäuden.

Durch Aufforstung des Bannwaldes im südlichen Teil des Plangebiets ist hier auf der betreffenden Fläche

zukünftig mit einer lediglich schwachen Wärmebelastung, analog zu den anderen Teilen des Waldes im

Untersuchungsgebiet, zu rechnen. Ein signifikanter Einfluss der Einzelbäume auf die anderen

modellierten Klimaparameter der Nachtsituation ist nicht zu erwarten.

Im Bereich des aufzuforstenden Bannwaldes ist mit voranschreitender Wuchshöhe und Bestandsdichte

mit einer Verringerung der Lufttemperatur am Tage gegenüber den modellierten Ergebnissen zu

rechnen. Jedoch stellt der Wald einen zunehmenden Wiederstand für die Strömung dar. Folglich ist hier

mit einer zukünftigen Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit und somit auch des nächtlichen

Kaltluftvolumenstroms im Plangebiet zu rechnen. Der Kaltluftvolumenstrom ist vor allem in den

Nachtstunden relevant, da dieser die Temperatur in überhitzen, versiegelten Gebieten verringert und

somit eine Entlastung der sich vor Ort befindlichen Personen darstellt. Aus klimaökologischer Sicht wäre

eine Verringerung des Kaltluftvolumenstroms durch Aufforstung im südlichen Plangebiet nicht relevant.

Diese Verringerung hätte lediglich Einfluss auf das Plangebiet und es ist davon auszugehen ist, dass sich

während der Nachtstunden in dem geplanten Gewerbegebiet keine oder nur wenige Personen

aufhalten. Zusätzlich ist die ausgeführte Beschäftigung während des Aufenthalts im zu untersuchenden

Gebiet entscheidend, denn für arbeitende Tätigkeiten gelten andere Temperaturrichtwerte als für einen

erholsamen Schlaf. Die Wohnsiedlungen von Wangen und Schorn sind nicht von dem Kaltluftvolumen,

welches südlich in das Plangebiet eindringt, beeinflusst. Zudem ist davon auszugehen, dass der

Kaltluftvolumenstrom nicht durch die Aufforstung vollständig zu erliegen kommt, sondern entlang der

neuen Waldkante abgelenkt in das Plangebiet strömen wird. Wahrscheinlich würde die Kaltluft jedoch

bei Überströmen des derzeitig bestehenden Gewerbegebiets Schorn eine geringe Erwärmung erfahren.

Des Weiteren ist zu beachten, dass die Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit und des

Kaltluftvolumenstroms sukzessiv und voraussichtlich über Jahrzehnte erfolgen und erst ab einer

bestimmten Bestandsdichte einsetzen wird.

Um dennoch den Eintrag des Kaltluftvolumens in das Plangebiet nicht zu verringern, wären Maßnahmen

notwendig. Eine Freihaltung in Form einer Kaltluftschneise im aufzuforstenden Waldgebiet wäre

denkbar, jedoch müsste hierfür erfahrungsgemäß eine Breite von mindestens 50 m freigehalten werden.

Da die Mächtigkeit der Kaltluftschicht auf der aufzuforstenden Fläche bisher bei etwa 40 m liegt, könnte

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durch Beschränkung der Wuchshöhe der aufgeforsteten Bäume auf 20 bis 30 m ein Transport des

Kaltluftvolumens oberhalb des Waldes in das Plangebiet hinein sichergestellt werden.

Grenzwerte für eine maximale Bestandsdichte zum Erhalt der Durchströmbarkeit innerhalb des

Waldgebiets sind nicht bekannt. Aus fachlicher Sicht ist zu sagen, dass bei Aufforstung um die laut GOP

geplante Fläche die Strömung bzw. der Kaltluftvolumenstrom bei Eindringen in den Waldbestand nach

und nach abgebremst werden würde und höchstwahrscheinlich vor Erreichen der relevanten Fläche der

Bebauung zum Erliegen käme. Lediglich bei einer Bepflanzung mit Einzelbäumen auf der

aufzuforstenden Fläche würde der Kaltluftvolumenstrom noch zu dem relevanten Bereich vorstoßen.

Abb. 12: Darstellung des erwarteten Einwirkbereichs der Maßnahmen aus dem GOP auf die PET.

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3 Fazit

Die modellgestützte Analyse mit FITNAH-3D hat verdeutlicht, welche klimaökologischen Funktionen das

Untersuchungsgebiet „Campus Schorn“ bei austauscharmen Strahlungswetterlagen erfüllt und welche

Klimaveränderungen sich durch die neu geplanten Strukturen der Gewerbeentwicklung ergeben.

Das Plangebiet des Campus Schorn ist aktuell sowohl am Tag als auch in der Nacht einer geringen

Wärmebelastung ausgesetzt, d.h. die nächtliche Lufttemperatur erreicht in den Plangebieten nicht mehr

als 9,5 °C und die PET um 14 Uhr fällt mit größtenteils unter 38 °C bzw. im Bereich der Freiflächen mit

größtenteils unter 41 °C für die jeweilige Nutzung verhältnismäßig gering aus.

Im Vergleich des Ist-Zustandes mit dem Plan-Zustand geht hervor, dass sich die in dem Planszenario

vorgesehenen Veränderungen klimatisch größtenteils auf das Plangebiet selbst und lediglich geringe

angrenzende Bereich mit dem geringsten Änderungssignal der jeweiligen Größe auswirken. Durch die

Hinderniswirkung von Gebäuden sind die Strömungsgeschwindigkeiten und Kaltluftvolumenströme im

Plangebiet teilweise herabgesetzt oder verstärken sich durch Kanalisierung der Strömung, wogegen das

großräumige Strömungsgeschehen bestehen bleibt. Mit der Realisierung des Entwicklungskonzeptes

sind in der Nacht im Bereich der neu entstehenden Gebäude moderate Temperaturen zwischen weniger

als 6,5 °C bis 15 °C zu erwarten. Dies kann als klimaökologisch vertretbar eingestuft werden. Bei einer

Umsetzung des Bauvorhabens ist zu erwarten, dass die Wärmebelastung am Tage in dem Plangebiet

stark zunehmen wird. Jedoch werden mit den Maßnahmen aus dem GOP durchgängige Bereiche mit

natürlicher Überschattung und damit einer verträglichen Wärmebelastung für Personen, die sich im

Freien aufhalten, geschaffen. In diesen Bereichen ist dann lediglich mit einer schwachen bis mäßigen

Wärmebelastung zu rechnen.

Insgesamt ist der im Planszenario vorgesehene Eingriff aus klimaökologischer Sicht in Bezug auf die

Umgebung des Plangebiets als nicht erheblich einzustufen. Aufgrund der hohen Wärmebelastung

(insbesondere am Tag) und der Reduktion des Kaltluftvolumenstroms innerhalb des Plangebiets sollten

entsprechende Anpassungsmaßnahmen im Plangebiet (z.B. helle Fassaden, Dachbegrünung, zusätzliche

Bäume zum GOP als Schattenspender) vorgenommen werden. Mögliche Maßnahmen zur Verbesserung

des Klimas einschließlich ihrer Wirksamkeit werden im nachstehenden Kapitel beschrieben.

4 Zu empfehlende Maßnahmen der Klimaoptimierung

In diesem Kapitel werden Maßnahmen aufgezeigt, welche zur klimatischen Optimierung des

Plangebietes beitragen. Ein Schwerpunkt beinhaltet vor allem die Reduktion der Wärmebelastung am

Tage. Insofern sind beispielweise ein hoher Grünanteil und Verschattungselemente (z.B. durch Bäume,

Sonnenschirme) von Bedeutung.

Mikroklimatische Vielfalt in den begrünten Freiräumen Campus Schorn

Damit innerstädtische Grün- und Freiflächen ihr Potential an klimaökologischen Dienstleistungen

umfänglich ausschöpfen können, sollten sie innerhalb von bebauten Flächen möglichst vielfältige

Mikroklimate bereitstellen. Als Leitbild kann der erweitere, für jedermann kostenlos begehbare

„Savannentyp“ (Kuttler 2013) dienen. Er besteht zu einem großen Anteil aus gut wasserversorgten

Rasenflächen und kleinen Baumgruppen, die mit offenen multifunktionalen Wasserflächen (z.B.

Wasserspielplatz und Retentionsraum für Starkregenereignisse), Hügellandschaften, verschatteten

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Wegen und Sitzgelegenheiten sowie weiteren Strukturmerkmalen (Beete, Rabatten, Blumenwiesen,

Sukzessionsflächen) angereichert sind. Die Übergangsbereiche zur angrenzenden Bebauung sollten

offen gestaltet sein. Es empfiehlt sich, den Baumanteil in den geplanten Freiräumen und im

Straßenraum des Campus Schorn gegenüber dem aktuellen geplanten Zustand zu erhöhen, um die

tagsüber auftretende Wärmebelastung zu minimieren.

Dach- und Fassadenbegrünung

Die Dach- und Fassadenbegrünung zählen zu den effektiven Maßnahmen, die Erwärmung der Gebäude

am Tage abschwächen. Sie wirkt zweifach positiv auf einen Gebäudebestand ein, da einerseits durch die

Schattenspende die Wärmeeinstrahlung am Tage reduziert wird und andererseits über die

Verdunstungskälte des Wassers Wärme abgeführt wird. Eine Fassadenbegrünung ist insbesondere an

West- und Südfassaden wirksam, da hier die stärkste Einstrahlung stattfindet. Darüber hinaus mindert

eine Begrünung die Schallreflexion und damit die Lärmbelastung und kann zu einem gewissen Grad

Stäube und Luftschadstoffe binden. Die Möglichkeiten bei der Realisierung einer Fassadenbegrünung

werden allerdings entscheidend von der baulichen Ausgangssituation mitbestimmt. In Bezug auf den

Abkühlungseffekt ist eine Fassadenbegrünung einer Dachbegrünung zu bevorzugen.

Bei einer Dachbegrünung wirkt die Vegetation zusammen mit dem Substrat isolierend und verringert

damit das Aufheizen darunter liegenden Wohnraums. Zudem senkt die Dachbegrünung die

Oberflächentemperatur des Daches aufgrund der Verdunstung von Wasser ab und verringert die

Temperatur in der oberflächennahen Luftschicht. Allerdings können nur relativ niedrige Gebäude (wie

z.B. Einzel- und Reihenhäuser) mit Dachbegrünung zu einem im bodennahen Bereich positiven

Abkühleffekt beitragen. Gründächer auf 3-5 geschossigen Gebäuden zeigen in der untersten Schicht der

Stadtatmosphäre (= Aufenthaltsbereich des Menschen, 2 m ü. Grund) keinen nennenswerten positiven

Temperatureffekt. Jedoch können zumindest die oberen Geschosse von der Kühlwirkung der

Dachbegrünung profitieren. Voraussetzung für die Kühlwirkung ist allerdings immer ein ausreichendes

Wasserangebot für die Vegetation. Im Winter isoliert ein Gründach zusätzlich und kann zur Senkung des

Heizbedarfes beitragen. Ein weiterer Vorteil von Dachbegrünung ist im Retentionsvermögen von

Regenwasser zu sehen, wodurch die Kanalisation vor allem bei Starkregenereignissen entlastet wird.

Hohe Oberflächenalbedo von Gebäuden

Eine Möglichkeit der Optimierung ist die Verwendung heller Oberflächen, die eine hohe Rückstrahlung

haben (Albedo). Eine hohe Albedo hat aus thermischer Perspektive sowohl eine positive Auswirkung auf

die Wärmeleitung als auch auf die Lufterwärmung. Je höher also die Albedo der Baumaterialien oder der

Fassadenanstriche („cool colors“) ist, desto mehr einfallende Sonnenstrahlung wird von ihnen reflektiert

und desto geringer fällt die Erwärmung der Oberfläche und der angrenzenden Luftmassen aus. Die

Gestaltung von hellen Fassaden und Belägen ist auch ein Belang der Stadtgestaltung und ist daher nicht

allein eine Frage der Klimaanpassung.

Verschattung von Gebäuden

Die Verschattung von Gebäuden und Freiflächen durch Bäume oder auch durch bautechnische

Maßnahmen (Ausführungsbeispiele hierfür sind Vordächer, Vertikallamellen, Markisen und

Sonnensegel) ist eine gute Maßnahme der Hitzevorsorge. Das primäre Ziel ist es, die direkte Aufheizung

sowie die Wärmespeicherung der Gebäude über die Gebäudehülle (Dach, Fassade, Fenster) oder auch

der befestigten Erschließungsflächen zu verringern. Sonnenexponierte Gebäudeseiten sind dabei von

besonderer Bedeutung. Großkronige Laubbäume sind gegenüber Nadelbäumen zu bevorzugen, da sie

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im Winter einen vergleichsweise geringeren Einfluss auf die Einstrahlung ausüben und dadurch zu einer

Reduktion von Heizenergie und damit von Heizkosten und Treibhausgasemissionen führen können. Im

Straßenraum sind Bäume bereits vorgesehen: Die Pflanzung von Bäumen nach dem GOP trägt zur

Verbesserung des Straßenklimas (insbesondere am Tag, vgl. Kapitel 2.4) bei. Bei der Gestaltung der

privaten Freiflächen kann der Aspekt der Verschattung in die Freiraumgestaltung integriert werden. Bei

den geplanten Gebäuden mit Zweck der gewerblichen Nutzung spielen auch Zeiten der Nutzung eine

Rolle. Die Gebäude werden vor allem tagsüber während der Betriebszeiten genutzt. Die Verschattung

mit Bäumen oder sonstigen Maßnahmen sollte insbesondere dieses Zeitfenster abdecken.

Vermeidung von Austauschbarrieren / Optimierung der nächtlichen Kaltluftströmung

Grün- und Freiflächen können ihre ausgleichende Wirkung nur dann entfalten, wenn Kalt- bzw. Frischluft

aus den Flächen möglichst ungehindert ausströmen kann. Durch die Hinderniswirkung der Gebäude sind

die Strömungsgeschwindigkeiten und Kaltluftvolumenströme im Plangebiet teilweise herabgesetzt. Um

diesen Effekt möglichst gering zu halten, empfiehlt sich eine Ausrichtung der Gebäudekörper in

Strömungsrichtung. Das bedeutet in dem Falle, dass die Gebäude in dem zukünftigen

Entwicklungskonzept für konkrete Bebauung möglichst in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet werden und

zudem in Ost-West Ausrichtung nicht zu breit geplant werden, um eine Durchströmung innerhalb der

Baufelder zu ermöglichen.

Mit den dargelegten Instrumentarien kann im Folgenden Verlauf die Struktur von Bauquartieren des

Campus Schorn auch einzeln feiner modelliert werden, sodass eine Optimierung der Baufeldstrukturen

aus klimaökologischer Sicht möglich ist.

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Literaturnachweis

Kuttler, W. (2013): Klimatologie. Kapitel: Lokale

Maßnahmen gegen den globalen Klimawandel.

Paderborn: Schöningh (2. Auflage).

Matzarakis, A. und H. Mayer (1996): Another kind of

environmental stress: Thermal stress. WHO

Newsletter No. 18: 7-10.

Mosimann, Th., P. Trute und Th. Frey (1999):

Schutzgut Klima/Luft in der

Landschaftsplanung. Informationsdienst

Naturschutz Niedersachsen, Heft 4/99.

UBA – Umweltbundesamt (2016): Heizen, Raum-

temperatur. Online (Abruf 26.06.2019):

www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft

-konsum/umweltbewusstleben/heizen-

raumtemperatur

VDI – Verein Deutscher Ingenieure (2004): VDI-

Richtlinie 3787 Blatt 9. Umweltmeteorologie.

Berücksichtigung von Klima und Lufthygiene.

VDI – Verein Deutscher Ingenieure (2008): VDI-

Richtlinie 3787 Blatt 2. Umweltmeteorologie.

Methoden zur human-biometeorologischen

Bewertung von Klima und Lufthygiene für die

Stadt- und Regionalplanung. Teil I: Klima.

Anhang

Tab. A 1: Zuordnung von Schwellenwerten für den Bewertungsindex PET in den Tagesstunden (Auszug nach VDI 2004).

PET Thermisches Empfinden Physiologische Belastungsstufe

20 °C Behaglich Keine Wärmebelastung

23 °C Leicht warm Schwache Wärmebelastung

29 °C Warm Mäßige Wärmebelastung

35 °C Heiß Starke Wärmebelastung

41 °C Sehr heiß Extreme Wärmebelastung