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D ie Verurteilung des ehema- ligen rheinland-pfälzischen Finanzministers Ingolf Deubel (SPD) zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ist ein hartes Urteil, allerdings eines von vorbildlicher Härte. Nicht, weil er sich persönlich be- reichert hätte, sondern weil er sich in 14 Fällen der besonders schweren Untreue zu Lasten der Allgemeinheit schuldig ge- macht hat. Dieses Urteil ist nicht nur ein Novum, es ist ein bun- desweit vernommener Warn- schuss an die Politik, dass es bei grobem Fehlverhalten wie dem Verschleudern von Staatsvermö- gen nicht mehr allein mit politi- schen Konsequenzen getan ist, sondern dass auch strafrechtli- che Folgen drohen. Mitleid mit Deubel ist fehl am Platze, denn als promovierter Ökonom muss er genau gewusst haben, auf welch riskantes Spiel mit Steu- ermillionen er sich beim Projekt Nürburgring einlässt. Ein neu in das Strafgesetz- buch aufgenommener Tatbe- stand „Steuerverschwendung“ dürfte nicht nur den Bürgern gefallen, sondern auch dem Steuerzahlerbund und den Rechnungshöfen, deren regel- mäßige Berichte über die Ver- schwendung öffentlicher Mittel in Milliardenhöhe für die Verur- sacher stets juristisch ohne Fol- gen bleiben. Doch wer nun danach ruft, Politiker und Be- amte in verantwortlichen Posi- tionen grundsätzlich für Fehler in Haftung zu nehmen, schießt über das Ziel hinaus. Strafrecht- liche Sanktionen sollten nur bei Vorsatz oder in besonders schweren Fällen angewandt werden. Andernfalls würde es bald keine Minister, Bürgermei- ster oder Dezernenten mehr geben. Denn das Risiko, immer mit einem Bein im Gefängnis zu stehen, dürfte kaum jemand für ein öffentliches Amt eingehen. JAN HEITMANN: Warnschuss Schlachtfeld fremder Interessen Die Ukraine wird von mächtigen Akteuren missbraucht – Berlin bleibt blass Drei deutsche Ex-Kanzler warnen davor, mit Russland zu brechen, doch Angela Merkel ignoriert ihre Vorgänger. Der Krieg der Lügen und der Propaganda um die Ukraine spitzt sich weiter zu. Verblüffend ist die Dreistigkeit, mit welcher die strei- tenden Parteien vorgehen. Sie fol- gen offenkundig der Devise: Egal, wie durchschaubar eine Lüge auch sein mag – wenn du sie oft und laut genug wiederholst, wird sie irgendwann schon wirken, ja vielleicht sogar für die Wahrheit gehalten. Wer sich dem Treiben wider- setzt, muss mit Folgen rechnen: In Deutschland tobt die Jagd auf die „Putin-Versteher“. US-freundliche Medien knöpfen sich einzelne Per- sonen vor, die vor einem Anheizen der Konfrontation mit Moskau warnen, und beschuldigen sie, fin- steren Motiven zu folgen, korrupt zu sein oder einer irrationalen Russland-Begeisterung zu erlie- gen. Bizarrerweise gerieten so sämt- liche Bundeskanzler zwischen dem toten Willy Brandt und der Amtsinhaberin Angela Merkel auf die schwarze Liste: Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Ger- hard Schröder warnen einhellig vor den Folgen einer Beschädi- gung des deutsch-russischen Ver- hältnisses. In der Tat mag ein Zerwürfnis zwischen Berlin und Moskau zwar US-Interessen ent- gegenkommen. Für Deutschland brächte es großen Schaden, geo- politisch wie wirtschaftlich. Umso überraschender ist, dass Kanzlerin Merkel den dringenden Rat aller ihrer noch lebenden Vor- gänger komplett in den Wind schlägt. Allein ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier unter- nimmt noch zaghafte Versuche, die Lage zu entschärfen. Doch ohne Rückendeckung der Regie- rungschefin vermag er wenig aus- zurichten. Und Angela Merkel sitzt fest im Lager der Scharfma- cher. Undurchschau- bar erscheint zur- zeit, welches Endziel der Kreml und das Weiße Haus eigentlich anstreben. Für beide Seiten dürfte klar sein, dass es ihnen jeweils unmöglich ist, die gesamte Ukraine unter ihre Kon- trolle zu bringen. Für die USA bedeutet es aber einen Fortschritt, dass ein neuer Brandherd in Europa entsteht, der ihre Rolle als Schutz- und Ord- nungsmacht neu belebt. Dafür be- darf es schließlich des Gefühls von Bedrohung und Unordnung, wel- ches mittels der Ukraine-Krise viele Europäer erneut erfasst hat. Russland wiederum wollte ein starkes Stopp-Signal gegen eine weitere Ostausdehnung westlicher Bündnisstrukturen aussenden. Auch dies könnte gelingen. Auf der Strecke bleibt das ukrai- nische Volk, missbraucht als Schlachtfeld fremder Interessen und regiert von einer zweifelhaf- ten Riege aus De-facto-Putschi- sten, die sich in der Vergangenheit vor allem auf die Verfechtung sehr persönlicher, materieller Interes- sen verstand. Dass Berlin hier wenig machen kann, ist tragisch. Dass die Kanzlerin daran auch kein großes Interesse zeigt, ist be- schämend und verfehlt die deut- sche Rolle in Europa. Hans Heckel Einigkeit geht vor Muslimische Organisationen verweigern Verantwortung für radikale Glaubensbrüder Deutschland 5 DIESE WOCHE Volk ohne Land Roma beharren auf traditionellen Lebensmodellen Aktuell 2 Houston, bitte melden! Ukraine-Konflikt: US-Raumfahrt zur ISS von Russland abhängig Hintergrund 4 USA immer stärker isoliert Washington trifft bei G20 und IWF auf Widerstand Ausland 6 Herr der Klassiker Verleger von Goethe, Schil- ler & Co.: J. F. Cotta Kultur Kampf um Wowereits Nachfolge SPD: Raed Saleh und Jan Stöß sammeln Bataillone Preußen / Berlin 3 9 Ist Chaos in der Region das eigentliche Ziel? Einzelverkaufspreis: 2,50 Euro Nr. 17 – 26. April 2014 U NABHÄNGIGE W OCHENZEITUNG FÜR D EUTSCHLAND C5524 - PVST. Gebühr bezahlt »Der Friede scheint gerettet« Vor 75 Jahren bricht Berlin mit Warschau Geschichte 10 Wie bereits in Libyen greifen nun auch in der Ukraine Milizen nach der Macht: Checkpoint nahe Donezk Bild: action press Rote Karte für Schulz EU-Fraktionen fordern Rücktritt des Parlamentspräsidenten Tricksen auf dünnem Eis US-Staatsanleihen von mysteriösen Käufern vor Absturz bewahrt M it Ausnahme der Soziali- sten fordern alle Fraktio- nen den Rücktritt des EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD). In der Debatte über die Entlastung des Parlamentshaus- haltes am Mittwoch vergangener Woche warfen sie ihm vor, sein ihn zu parteipolitischer Neutralität ver- pflichtendes Amt und seine Funk- tion als sozialdemokratischer Spitzenkandidat für die EU-Wahlen nicht voneinander zu trennen. Die CDU-Europaabgeordnete Ingeborg Gräßle spricht von einer Roten Karte und einem Platzverweis für Schulz. Außerdem beschuldigt sie ihn der Zensur, weil er eigenmächtig eine für ihn kritische Passage aus dem Bericht zu der Debatte entfernt habe. Sie verlangt eine klare Trennung der Funktionen, damit der Steuerzahler „nicht für den Wahlkampf europäi- scher Spitzenkandidaten zu bezah- len hat“. Schulz wird unter anderem dafür kritisiert, dass er offizielle Auftritte als Parlamentspräsident mit an- schließenden Wahlkampfauftritten kombiniere. Für erhebliche Verärge- rung sorgt auch, dass er seinen Prä- sidenten-Account beim Kurznachrichtendienst Twitter ein- fach in einen Wahlkampf-Account umgewandelt hat. Auf diese Weise „folgen“ dem Spitzenkandidaten Schulz nun automatisch 90000 Nut- zer, während dem Präsidenten Schulz auf seinem neu eingerichte- ten Präsidenten-Profil gerade einmal 4000 Nutzer „folgen“. Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, moniert, das sei so, „wie wenn die Abonnenten von ‚Das Parlament‘ auf einmal den ‚Vor- wärts‘ bekommen“. Schulz’ Parteifreunde weisen die Kritik als „plumpe Angriffe“ auf ihren Spitzenkandidaten zurück. Sein Wahlkampfleiter erklärte, dass Schulz seinen Pflichten als Parla- mentspräsident nachkomme und beide Rollen auch finanziell vonein- ander zu trennen wisse. J.H. W er ist ,Belgien‘?“ Diese Frage stellte die österrei- chische Tageszeitung „Die Presse“. Doch es gibt noch mehr, die an einer Antwort auf die Frage in- teressiert sind. Vor allem Internet- publikationen wie „Wallstreet- online“ befassen sich mit der Frage und meinen damit jedoch keines- wegs das kleine Land, in dem die EU ihren Sitz hat. In diesem Fall geht es um den In- halt einer Statistik des US-Finanz- ministeriums, in der „Belgien“ in den letzten Monaten eine immer bedeutendere und vor allem myste- riösere Rolle spielt. Denn im Januar hielt „Belgien“ US-Staatsanleihen im Wert von 310 Milliarden US-Dol- lar. Allein im letzten Dezember und Januar wurde der Bestand um 47 beziehungsweise 53 Milliarden auf- gestockt. Interessanterweise zu einem Zeitpunkt, an dem sich Län- der wie Russland, die Türkei und Thailand von ihren Beständen trennten und China nur noch wenig Interesse an Zukäufen zeigte. Selbst Investoren wie die Allianz-Tochter Pimco verkauften US-Staatsanlei- hen, so dass im Januar insgesamt 100 Milliarden US-Dollar abgesto- ßen wurden ... und zum Großteil von „Belgien“ aufgekauft wurden. Doch die US-Statistik, die die Daten immer mit dreimonatiger Verzögerung veröffentlicht, so dass keine aktuelleren Daten als Januar vorliegen, besagt nur, dass der Kauf mit jemandem in Belgien abgewik- kelt wurde. Da das Land Belgien auch nur ein Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 370 Milliarden Euro hat, kommt es als Käufer auch gar nicht infrage. Kaufen ausländische Investoren über belgische Banken US-Staatsanleihen? Und wenn, warum verdeckt plötzlich alle über Belgien zu einem Zeitpunkt, an dem andere verkaufen? Skeptiker be- fürchten, die USA lancieren auf die- sem Wege Stützungskäufe. Stimmte dies, drohte eine globale Währungs- krise (siehe Seite 8). Bel »Keine Trennung von Amt und Wahlkampf« Medien fragen: Wer ist »Belgien«? Das Ostpreußenblatt Islam: Funktionäre schließen die Reihen S.5

2 3 4 S ch la tf ed rm I ns - Preußische Allgemeine Zeitungarchiv.preussische-allgemeine.de/2014/paz2014-17.pdf · 2015-03-03 · S ch la tf ed rm I ns Die Ukraine wird von mächtigen

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Die Verurteilung des ehema-ligen rheinland-pfälzischen

Finanzministers Ingolf Deubel(SPD) zu einer Haftstrafe vondrei Jahren und sechs Monatenist ein hartes Urteil, allerdingseines von vorbildlicher Härte.Nicht, weil er sich persönlich be-reichert hätte, sondern weil ersich in 14 Fällen der besondersschweren Untreue zu Lasten derAllgemeinheit schuldig ge-macht hat. Dieses Urteil ist nichtnur ein Novum, es ist ein bun-desweit vernommener Warn-schuss an die Politik, dass es beigrobem Fehlverhalten wie demVerschleudern von Staatsvermö-gen nicht mehr allein mit politi-schen Konsequenzen getan ist,sondern dass auch strafrechtli-che Folgen drohen. Mitleid mitDeubel ist fehl am Platze, dennals promovierter Ökonom musser genau gewusst haben, aufwelch riskantes Spiel mit Steu-ermillionen er sich beim ProjektNürburgring einlässt.Ein neu in das Strafgesetz-

buch aufgenommener Tatbe-stand „Steuerverschwendung“dürfte nicht nur den Bürgerngefallen, sondern auch demSteuerzahlerbund und denRechnungshöfen, deren regel-mäßige Berichte über die Ver-schwendung öffentlicher Mittelin Milliardenhöhe für die Verur-sacher stets juristisch ohne Fol-gen bleiben. Doch wer nundanach ruft, Politiker und Be-amte in verantwortlichen Posi-tionen grundsätzlich für Fehlerin Haftung zu nehmen, schießtüber das Ziel hinaus. Strafrecht-liche Sanktionen sollten nur beiVorsatz oder in besondersschweren Fällen angewandtwerden. Andernfalls würde esbald keine Minister, Bürgermei-ster oder Dezernenten mehrgeben. Denn das Risiko, immermit einem Bein im Gefängnis zustehen, dürfte kaum jemand fürein öffentliches Amt eingehen.

JAN HEITMANN:

Warnschuss

Schlachtfeld fremder InteressenDie Ukraine wird von mächtigen Akteuren missbraucht – Berlin bleibt blass

Drei deutsche Ex-Kanzler warnendavor, mit Russland zu brechen,doch Angela Merkel ignoriert ihreVorgänger.

Der Krieg der Lügen und derPropaganda um die Ukraine spitztsich weiter zu. Verblüffend ist dieDreistigkeit, mit welcher die strei-tenden Parteien vorgehen. Sie fol-gen offenkundig der Devise: Egal,wie durchschaubar eine Lügeauch sein mag – wenn du sie oftund laut genug wiederholst, wirdsie irgendwann schon wirken, javielleicht sogar für die Wahrheitgehalten.Wer sich dem Treiben wider-

setzt, muss mit Folgen rechnen: InDeutschland tobt die Jagd auf die„Putin-Versteher“. US-freundlicheMedien knöpfen sich einzelne Per-sonen vor, die vor einem Anheizender Konfrontation mit Moskauwarnen, und beschuldigen sie, fin-

steren Motiven zu folgen, korruptzu sein oder einer irrationalenRussland-Begeisterung zu erlie-gen. Bizarrerweise gerieten so sämt-

liche Bundeskanzler zwischendem toten Willy Brandt und derAmtsinhaberin Angela Merkel aufdie schwarzeListe: HelmutSchmidt, HelmutKohl und Ger-hard Schröderwarnen einhelligvor den Folgeneiner Beschädi-gung des deutsch-russischen Ver-hältnisses. In der Tat mag einZerwürfnis zwischen Berlin undMoskau zwar US-Interessen ent-gegenkommen. Für Deutschlandbrächte es großen Schaden, geo-politisch wie wirtschaftlich. Umso überraschender ist, dass

Kanzlerin Merkel den dringenden

Rat aller ihrer noch lebenden Vor-gänger komplett in den Windschlägt. Allein ihr AußenministerFrank-Walter Steinmeier unter-nimmt noch zaghafte Versuche,die Lage zu entschärfen. Dochohne Rückendeckung der Regie-rungschefin vermag er wenig aus-

zurichten. UndAngela Merkelsitzt fest im Lagerder Scharfma-cher.Undurchschau-

bar erscheint zur-zeit, welches

Endziel der Kreml und das WeißeHaus eigentlich anstreben. Fürbeide Seiten dürfte klar sein, dasses ihnen jeweils unmöglich ist, diegesamte Ukraine unter ihre Kon-trolle zu bringen.Für die USA bedeutet es aber

einen Fortschritt, dass ein neuerBrandherd in Europa entsteht, der

ihre Rolle als Schutz- und Ord-nungsmacht neu belebt. Dafür be-darf es schließlich des Gefühls vonBedrohung und Unordnung, wel-ches mittels der Ukraine-Kriseviele Europäer erneut erfasst hat.Russland wiederum wollte ein

starkes Stopp-Signal gegen eineweitere Ostausdehnung westlicherBündnisstrukturen aussenden.Auch dies könnte gelingen.Auf der Strecke bleibt das ukrai-

nische Volk, missbraucht alsSchlachtfeld fremder Interessenund regiert von einer zweifelhaf-ten Riege aus De-facto-Putschi-sten, die sich in der Vergangenheitvor allem auf die Verfechtung sehrpersönlicher, materieller Interes-sen verstand. Dass Berlin hierwenig machen kann, ist tragisch.Dass die Kanzlerin daran auchkein großes Interesse zeigt, ist be-schämend und verfehlt die deut-sche Rolle in Europa. Hans Heckel

Einigkeit geht vorMuslimische Organisationenverweigern Verantwortungfür radikale Glaubensbrüder

Deutschland

5

DIESE WOCHE

Volk ohne LandRoma beharren auf traditionellen Lebensmodellen

Aktuell

2

Houston, bitte melden!Ukraine-Konflikt: US-Raumfahrt zur ISS vonRussland abhängig

Hintergrund

4

USA immer stärker isoliertWashington trifft bei G20und IWF auf Widerstand

Ausland

6

Herr der KlassikerVerleger von Goethe, Schil-ler & Co.: J. F. Cotta

Kultur

Kampf um Wowereits NachfolgeSPD: Raed Saleh und JanStöß sammeln Bataillone

Preußen /Berlin

3

9 Ist Chaos in der Region das

eigentliche Ziel?

Einzelverkaufspreis: 2,50 Euro

Nr. 17 – 26. April 2014 U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U T S C H L A N D C5524 - PVST. Gebühr bezahlt

»Der Friede scheint gerettet«Vor 75 Jahren bricht Berlin mit Warschau

Geschichte

10

Wie bereits in Libyen greifen nun auch in der Ukraine Milizen nach der Macht: Checkpoint nahe Donezk Bild: action press

Rote Karte für SchulzEU-Fraktionen fordern Rücktritt des Parlamentspräsidenten

Tricksen auf dünnem EisUS-Staatsanleihen von mysteriösen Käufern vor Absturz bewahrt

Mit Ausnahme der Soziali-sten fordern alle Fraktio-nen den Rücktritt des

EU-Parlamentspräsidenten MartinSchulz (SPD). In der Debatte überdie Entlastung des Parlamentshaus-haltes am Mittwoch vergangenerWoche warfen sie ihm vor, sein ihnzu parteipolitischer Neutralität ver-pflichtendes Amt und seine Funk-tion als sozialdemokratischerSpitzenkandidat für die EU-Wahlennicht voneinander zu trennen. DieCDU-Europaabgeordnete IngeborgGräßle spricht von einer Roten Karteund einem Platzverweis für Schulz.Außerdem beschuldigt sie ihn derZensur, weil er eigenmächtig einefür ihn kritische Passage aus demBericht zu der Debatte entfernt habe.

Sie verlangt eine klare Trennung derFunktionen, damit der Steuerzahler„nicht für den Wahlkampf europäi-scher Spitzenkandidaten zu bezah-len hat“.

Schulz wird unter anderem dafürkritisiert, dass er offizielle Auftritteals Parlamentspräsident mit an-schließenden Wahlkampfauftrittenkombiniere. Für erhebliche Verärge-rung sorgt auch, dass er seinen Prä-sidenten-Account beimKurznachrichtendienst Twitter ein-fach in einen Wahlkampf-Account

umgewandelt hat. Auf diese Weise„folgen“ dem SpitzenkandidatenSchulz nun automatisch 90000 Nut-zer, während dem PräsidentenSchulz auf seinem neu eingerichte-ten Präsidenten-Profil gerade einmal4000 Nutzer „folgen“. Herbert Reul,Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppeim EU-Parlament, moniert, das seiso, „wie wenn die Abonnenten von‚Das Parlament‘ auf einmal den ‚Vor-wärts‘ bekommen“.Schulz’ Parteifreunde weisen die

Kritik als „plumpe Angriffe“ aufihren Spitzenkandidaten zurück.Sein Wahlkampfleiter erklärte, dassSchulz seinen Pflichten als Parla-mentspräsident nachkomme undbeide Rollen auch finanziell vonein-ander zu trennen wisse. J.H.

Wer ist ,Belgien‘?“ DieseFrage stellte die österrei-chische Tageszeitung „Die

Presse“. Doch es gibt noch mehr, diean einer Antwort auf die Frage in-teressiert sind. Vor allem Internet-publikationen wie „Wallstreet-online“ befassen sich mit der Frageund meinen damit jedoch keines-wegs das kleine Land, in dem dieEU ihren Sitz hat. In diesem Fall geht es um den In-

halt einer Statistik des US-Finanz-ministeriums, in der „Belgien“ inden letzten Monaten eine immerbedeutendere und vor allem myste-riösere Rolle spielt. Denn im Januarhielt „Belgien“ US-Staatsanleihenim Wert von 310 Milliarden US-Dol-lar. Allein im letzten Dezember und

Januar wurde der Bestand um 47beziehungsweise 53 Milliarden auf-gestockt. Interessanterweise zueinem Zeitpunkt, an dem sich Län-der wie Russland, die Türkei und

Thailand von ihren Beständentrennten und China nur noch wenigInteresse an Zukäufen zeigte. SelbstInvestoren wie die Allianz-TochterPimco verkauften US-Staatsanlei-hen, so dass im Januar insgesamt100 Milliarden US-Dollar abgesto-ßen wurden ... und zum Großteilvon „Belgien“ aufgekauft wurden.

Doch die US-Statistik, die dieDaten immer mit dreimonatigerVerzögerung veröffentlicht, so dasskeine aktuelleren Daten als Januarvorliegen, besagt nur, dass der Kaufmit jemandem in Belgien abgewik-kelt wurde. Da das Land Belgienauch nur ein Bruttoinlandsproduktin Höhe von 370 Milliarden Eurohat, kommt es als Käufer auch garnicht infrage. Kaufen ausländischeInvestoren über belgische BankenUS-Staatsanleihen? Und wenn,warum verdeckt plötzlich alle überBelgien zu einem Zeitpunkt, an demandere verkaufen? Skeptiker be-fürchten, die USA lancieren auf die-sem Wege Stützungskäufe. Stimmtedies, drohte eine globale Währungs-krise (siehe Seite 8). Bel

»Keine Trennung vonAmt und Wahlkampf«

Medien fragen: Wer ist »Belgien«?

Das Ostpreußenblatt

Islam: Funktionäre

schließen die Reihen S.5

AKTUELL2 Nr. 17 – 26. April 2014

MELDUNGEN

Waffen für Unoverschwunden

Abidjan – Auf dem Weg von Chinanach Mali sind rund 21 TonnenWaffen und Munition verschwun-den, die für chinesische UN-Solda-ten bestimmt waren. UN-Kontrol-leure haben festgestellt, dass diechinesische Regierung tatsächlich24 Tonnen auf den Weg nach Maligebracht, allerdings nur rund dreiTonnen Kriegsgerät deklariert hat,die dann auch am Ziel eintrafen.Das fehlende Material ist nach UN-Angaben irgendwo auf dem Trans-portweg über die Elfenbeinküste„verloren gegangen“. Brisant daranist, dass es seit 2005 ein Waffenem-bargo gegen den westafrikanischenStaat gibt. Das chinesische Außen-ministerium erwiderte auf die Kri-tik der Uno, es fehle nichts und beiden 21 Tonnen handele es sich um„Güter des täglichen Bedarfs“ fürdie chinesischen Teilnehmer ander MINUSMA-Mission. J.H.

Die Schulden-Uhr:

Arm gerechnet

Im Gegensatz zum Durch-schnittsbürger können sichReiche und Unternehmen fürdie Steuer arm rechnen. Dieshat auch die staatliche Förder-bank Kfw gemacht. Nachdemsie 2012 einen Gewinn in Höhevon 2,41 Milliarden Euro ge-macht hatte, stand Finanzmini-ster Wolfgang Schäuble sofortparat, um hiervon zu profitie-ren. Diesen Fehler machte dieKfW 2013 nicht noch einmalund so halbierte sich der Ge-winn auf 1,27 Milliarden Euro.Zwar sank wegen der niedrigenZinsen auch regulär der Zins-überschuss, doch über laut Ex-perten grenzwertig hohe Ab-schreibungen vor allem imSchiffbereich wurde der Ge-winn stark gedrückt. Des Weite-ren kaufte sich die KfW von re-gelmäßgenen Zahlungen fürden Klimaschutz frei, indem sieeinmalig 264 Millionen Euronach Berlin überwies. Bel

2.047.952.386.809 €Vorwoche: 2.047.651.477.322 €Verschuldung pro Kopf: 25.346 €Vorwoche: 25.342 €

(Dienstag, 22. April 2014, Zahlen: www.steuerzahler.de)

Im der kommunistischen Ära offi-ziell assimiliert, verloren viele Ro-ma in Osteuropa nicht erst seitder Finanzkrise ihre wirtschaftli-che Grundlage, denn deren tradi-tionelle Berufe wie Kesselflickeroder Tanzbärenführer sind immodernen Europa nicht gefragt.Ihre große Mehrheit lebt in tief-ster Armut und hat ein immenses,historisch aufgehäuftes Moderni-sierungsdefizit. Nicht wenige wer-den in die Kriminalität gedrängtoder machen sich in das wirt-schaftlich verheißungsvollereWesteuropa auf. PAZ-Autor ThiloGehrke hat sich in ihren Her-kunftsländern umgesehen.

Dorthin, wo die Gassen immerenger werden und die Hautfarbeder Menschen immer dunkler,verirrt sich selten ein Tourist.Nicht weit entfernt vom neuen fu-turistischen Einkaufszentrum amBusbahnhof von Varna, einer bul-garischen Großstadt am Schwar-zen Meer, liegt ein Stadtteil, der inkeinem Stadtplan verzeichnet ist.In engen Verschlägen ohne sanitä-re Anlagen hausen Romafamilien– sie selbst nennen sich „Zigeu-ner“ – am Berghang inmittenschwelender Müllberge.Vor einer Baracke hat die mobi-

le Ambulanz heute Sprechstunde,um eine Gesundheitsversorgungfür die Ärmsten der Stadt zu er-möglichen. Neben einer langenWarteschlange aus elenden Ge-stalten wird ein Schaf ausgewei-det. Ein Mann mit verlebtem Ge-sicht greift meinen Arm und willmein Geld sehen. Schnapsgeruchentströmt seinem zahnlosenMund. Schnellen Schrittes, meineWertsachen fest im Griff, entferneich mich. Lange bleibe ich jedochnicht unbemerkt. Dennoch ge-lingt es mir, versteckt einige Auf-nahmen von diesem Ort zu ma-chen. Es ist ein Ort der Hoff-nungslosigkeit inmitten einerscheinbar modernen Stadt, dernicht mitten in Europa, sondernin der Dritten Welt zu seinscheint. Die stumpfen Blicke unddie gebeugte Körperhaltung derElenden in der Warteschlange vordem Ambulanzmobil zeugen vonSe lb s tau f g abeund Depression.Der gespielte Pio-niergeist west-licher Gutmen-schen, das Elendder Roma an derWurzel zu be-kämpfen und immer wieder neueEU-Millionen ohne Kontrolle inkorrupte osteuropäische Länderzu schicken, wirkt angesichts deswenig motivierenden Umfeldswie Hohn.Laut johlend folgt mir bereits

eine Handvoll schmutziger Kin-der mit filzigem Haar und betteltum Geld. Einige von ihnen versu-chen, mich zu berühren, als wäreich eine Erscheinung aus einer fürsie unerreichbaren Welt. Mit flin-ken Bewegungen zieht ein Jungeeinen Prospekt aus meiner Ge-säßtasche und lässt ihn zu Bodenfallen, sobald er die Wertigkeitdes Objekts erkannt hat. Nach-dem ich schon vor einiger Zeit in Genua Erfahrungen mit ge-schickten Kinderhänden machendurfte, trage ich meine Börse stetsam Körper. Damals sagte der er-mittelnde Polizist wenig mitfüh-lend zu mir: „Klauen ist das, wasdie Zigeunerkinder am bestenkönnen, denn sie kennen nichtsanderes. Wir vertreiben sie regel-mäßig, aber sie wissen nicht wo-hin und kommen zurück. Sie sindwie Hunde.“Im Eilmarsch erreiche ich eine

Brücke. Sie führt über eineSchlucht. Es sind zwei künstlicheBerge aus Müll, die sich aufeinan-der zu bewegen. Auf Höhe derMitte der Brücke machen die Bet-

telkinder plötzlich kehrt. Esscheint, als sei hier eine unsicht-bare Mauer, die sie am Verlassenihres Ghettos hindert. Vielleichtsind es aber auch nur die raschheranziehenden dunklen Wolken.Ein kräftiger Regenguss entlädtsich. Ich suche Schutz unter demBrückenbogen und bin auch hier

nicht allein. EinTeenager hat essich auf einemKarton bequemgemacht, nebenihm liegt eine Tu-be Klebstoff. Erinhaliert ein Gas-

gemisch aus einer Plastiktüte undscheint mich in seinem Rauschnicht zu bemerken. Speichel ent-weicht seinem Mundwinkel. DerRinnsal, der die beiden Müllbergeder Schlucht trennt und die Kana-lisation der Siedlung zu seinscheint, ist durch den Regen nunin einen reißenden Fluss verwan-delt worden. Das reinigende Ge-witter spült den angesammeltenMüll ins Schwarze Meer und mei-ne Illusionen vom lustigen undleichten Zigeunerleben, versinn-bildlicht mit dem kitschigen Kon-terfei der schönen und verschla-genen weinenden Zigeunerin, imGoldrahmen hängend über demheimischen Kamin, ernüchtertfort.Die extrem prekären Lebensbe-

dingungen – Analphabetismus,fehlende Gesundheitsvorsorge,Arbeitslosigkeit, Abhängigkeitvon geringfügigen staatlichen Hil-fen – oder ein Abgleiten in Prosti-tution und Kleinkriminalität sindin vielen Roma-Gruppen in Ost-europa seit mehreren Generatio-nen das gültige Existenzmodell.Sie stehen am untersten Rand

der Gesellschaft, sie haben keineLobby und sind politisch schlechtorganisiert. Der Rassismus gegensie ist ein gesellschaftlicher Kon-sens, der von einem Großteil derherrschenden Eliten länderüber-

greifend legitimiert wird. MancheBeobachter sprechen bereits voneinem Scheitern der Zivilgesell-schaft in Osteuropa. Tatsächlichscheinen viele Länder der Regionnur auf dem Papier wirklich gutin das moderne politische Europaintegriert zu sein. Im bulgarischenVarna erinnert auch hier auf denersten Blick nichts an die sozialeSchieflage, die sich angesichts derwirtschaftlichen Krise, an derauch Rumäniens NachbarlandBulgarien trotz des boomendenTourismus am nahen Gold undSonnenstrand leidet, abzeichnet.In Westeuropa häufig unbeach-

tet, ist der Diskurs osteuropäi-scher Eliten geprägt von Ras-sismus und Nationalismus, Ge-walt gegen Minderheiten und oftdurch das eigene Verhalten derRoma somit indirekt legitimiert.Es ist ein Krieg gegen die Roma.Es gibt Aufmärsche gegen sie,selbsternannte Ordnungshüterschikanieren und bedrohen sie;um die Viertel, in denen sie woh-nen, werden Mauern errichtet.Selbst in Frankreich wurden ille-

gal im Land lebende Roma vonder Regierung Sarkozy als Gefahrfür die innere Sicherheit und zumFeindbild erklärt. Im Sommer2012 räumte die Polizei rigorosdie Roma-Lager und Massenab-schiebungen fanden statt.Doch das Geflecht der Ursa-

chen für die ausufernde Gewaltgegen Roma in Osteuropa istkomplexer. Gemein ist den eigent-lich sehr unterschiedlichen Ro-ma-Gemeinschaften vor allem ei-nes: Ihre große Mehrheit lebt intiefster Armut und hat ein im-menses, historisch aufgehäuftes

Modernisierungsdefizit. Unterden kommunistischen Diktaturenwurde dieses Defizit durch denformalen Schul- und Arbeits-zwang kaschiert, aber nicht besei-tigt. Nicht selten wurden in gutgemeinter Absicht Siedlungen er-richtet, um Roma sesshaft zu ma-chen. Da dies je-doch ein Bruchihrer Traditionund ihres Selbst-verständnissesals fahrendesVolk ist, haustenoftmals nur derenNutztiere in den Neubauten. Zu-dem werden typische Roma-Be-rufe wie Kupferschmied, Tanzbä-renführer oder Kesselflicker inder heutigen modernen Industrie-gesellschaft nicht mehr benötigt.Nach 1989 überließen die post-kommunistischen Regierungendie Roma-Gruppen sich selbst.Es gibt in keinem einzigen ost-

europäischen Land und auch aufEU-Ebene keine umfassende Stra-tegie, um den betroffenen Romaaus dieser Situation herauszuhel-fen. Zwar stellen einzelne Länderund die EU immer wieder Milli-onenbeträge als Roma-Hilfe zurVerfügung, doch das Geld versik-kert häufig in Behörden, für Stu-dien oder Konferenzen und beiRoma-Organisationen selbst. Letz-teres konstatiert beispielsweiseder rumänische Soziologe NicolaeGheorghe, lange Jahre Roma-Be-auftragter der Organisation für Si-cherheit und Zusammenarbeit inEuropa (OSZE): Die winzigen Ro-ma-Eliten in Osteuropa hätten esnicht geschafft, der Mehrheit derRoma auch nur punktuell aus ih-rem Elend zu helfen. Stattdessengebe es inzwischen überall in Ost-europa eine kleine, verbürokrati-sierte Roma-Elite, die Fördergel-der konsumiere.Die Perspektivlosigkeit der Ro-

ma in Osteuropa hat dazu geführt,dass viele von ihnen in den We-

sten wandern, vor allem aus Ru-mänien und Bulgarien. Nach Ita-lien, Spanien, Frankreich undEngland sind neuerdings wiederdeutsche Großstädte Ziele der Ro-ma. Eine Bleibe in einer deut-schen Asylbewerberunterkunftmit einer garantierten gesundheit-lichen Mindestversorgung ist immit Romaverfolgung historischvorbelasteten Deutschland immernoch lukrativer als die ungewisseZukunft in der Heimat. In westeu-ropäischen Ländern arbeiten siefür ein paar Euro pro Stunde inPutzdiensten, auf dem Bau oderals Buntmetallsammler, oder siebetteln, nicht wenige stehlen. Jenach Gesetzeslage erhalten sie So-zialhilfe oder Kindergeld. Für vie-le ist das mehr, als sie in ihrenHeimatländern jemals erwartenkönnen. Doch natürlich ist West-europa damit überfordert, diejahrzehntealten sozialen Proble-me ganzer osteuropäischer Bevöl-kerungsschichten zu lösen. Es be-dürfte einer gesamteuropäischenStrategie, um den Roma vor Ortaus ihrer Perspektivlosigkeit zuhelfen. Dabei sollte sich niemandIllusionen über schnelle Erfolgemachen. Gefragt ist über Jahrehinweg aufwendige Sozialarbeit.Und der Wille aller Beteiligten,vor allem der Romavertreterselbst, eine Lösung zu finden.„Es gibt ein Recht auf Freizügig-

keit, aber kein Recht auf Einwan-derung in die nationalen Sozialsy-steme“, stellt das deutsche Büroder EU-Kommission unter Beru-fung auf EU-Recht klar. Nach An-sicht der Brüsseler EU-Kommis-sion wird die deutsche Wirtschaftvon der Einführung einer unein-geschränkten Freizügigkeit für Ar-beitnehmer aus Bulgarien undRumänien seit dem 1. Januar die-ses Jahres profitieren. Dass es sichin der Mehrzahl nicht um die inder Bundesrepublik angeblich sodringend benötigten Fachkräfte,sondern um Armutsflüchtige, Sin-ti und Roma handelt, wird gernein den Medien verschwiegen. InDeutschland gelten die Roma als„verfolgte Minderheit“, erhaltenSozialhilfe, Kindergeld und

Wohnraum. Dochwelchen konkre-ten Handlungs-spielraum hat ei-ne deutscheKommune, wennplötzlich eine ar-me Familie mit

Kindern aus einem EU-Partner-land Aufnahme begehrt? Es feh-len große Wohnungen für die kin-derreichen Familien. Zudem be-obachten die Kommunen, dassauf dem freien Markt Zuwande-rern „Schrottimmobilien“ undMehrbetten-Zimmer zu überteu-erten Preisen angeboten werden –zu Lasten des Kostenträgers, desdeutschen Steuerzahlers.Die Segnungen des deutschen

Sozialstaats sind für viele Romamehr, als sie in ihren Heimatlän-dern jemals erwarten können –und das, ohne etwas dafür zutun. Bei Armenspeisungen indeutschen Großstädten kommt esnicht selten zu langen Wartezei-ten vor den Ausgabestellen, vorder sich einige Roma in ihrenAutos bereits häuslich eingerich-tet haben. Seit Einführung vonHartz IV in Deutschland habensich Suppenküchen und Tafelaus-gabestellen vervierfacht. Seit demAnsturm der Osteuropäer auf die-se Einrichtungen sind viele vonihnen überfordert und können diedeutschen Bedürftigen nur nochunzureichend versorgen. Bei derVerteilung von Wartemarken voreiner christlichen HamburgerSuppenküche spielten sich un-längst tumultartige Szenen ab.„Deutsche zuerst“, skandierte dieOrdensschwester mit den Mar-ken. Sie stammt aus Bangladesch.

Pulitzerpreis fürNSA-EnthüllungNew York – Der Pulitzer-Preis 2014in der Kategorie „Public Service“(Dienst an der Öffentlichkeit) gehtan die US-Tageszeitung „The Wa-shington Post“ und die US-Ausgabeder britischen Tageszeitung „TheGuardian“. Zur Begründung heißtes, ihre Journalisten, darunter diebislang weitgehend unbekanntenGlenn Greenwald, Laura Pitras undBarton Gellman, hätten durch ihrehartnäckige Berichterstattung einenherausragenden und verdienstvol-len Beitrag dazu geleistet, die Öf-fentlichkeit über die weit verbreite-ten Ausspähaktion des US-Ge-heimdienstes NSA aufzuklären undeine öffentliche Debatte darüber inGang zu bringen. Die weltweit be-gehrteste Auszeichnung für Me-dienschaffende wird jährlich voneiner aus Publizisten und Verlegernbestehenden Jury der renommier-ten Columbia Universität verliehen.Die diesjährige Verleihung wird alsSignal dafür gewertet, dass auch dieUS-amerikanische Zivilgesellschaftnicht mehr bereit ist, eine unkon-trollierte Überwachung der Bürgerdurch den Staat hinzunehmen. J.H.

Leben auf der Müllkippe: Varna in Bulgarien, auch wenn es aussieht wie Dritte Welt Bilder (2): T. Gehrke

»Klauen ist das, wasZigeunerkinder ambesten können«

Die EU hat keine Strategie, wie sie dasProblem lösen soll

Überall Perspektivlosigkeitund Ausgrenzung

Volk ohne LandRoma beharren auf traditionellen Lebensmodellen – Westeuropa übernimmt jahrzehntealte Probleme Osteuropas

PREUSSEN / BERL IN Nr. 17 – 26. April 2014 3

FigurentauschVon VERA LENGSFELD

Im inoffiziellen Rennen, wer sein zerstörtesStadtschloss schneller wieder aufgebauthat, ist Berlin von Potsdam um Längen ge-schlagen worden. Seit Beginn dieses Jahressteht das Potsdamer Schloss in voller Schön-heit auf seinem angestammten Platz und esist fast so, als wäre es nie weggewesen. Essieht noch ein wenig zu neu aus, aber das istauch der übliche Effekt bei einer Fassadenre-novierung.Von seinen ursprünglich 70 Attika-Figuren

sollen 38 wieder aufgestellt werden. Davonstehen 18 erhaltene Figuren in den Depots,von ebenso vielen sind noch Fragmente vor-handen. Bereits durch Spenden restauriertsind etwa die eleganten Heymüller-Skulptu-ren Herkules und Minerva.Acht Originale, antike Liebespaare, zieren

das Dach der Humboldt-Universität Unterden Linden, die Prachtstraße der Hauptstadt.Da stehen sie seit dem Jahre 1966 auf Anwei-sung des DDR-Denkmalschutzes, dem es ge-lungen war, einige Plastiken beim Abriss derHohenzollernresidenz vor der Vernichtung zubewahren. Um diese acht Figuren ist zwi-schen Berlin und Potsdam ein kurioser Streitentbrannt.Je mehr sich die Fertigstellung näherte, de-

sto dringlicher forderten die Potsdamer, dassdie Plastiken, die von der Zeit und dem Berli-ner Taubendreck recht mitgenommen wirken,nach Potsdam zurückkehren. Man wollte sierestaurieren und bei der Einweihung an ih-rem ursprünglichen Platz präsentieren. Mehrals 300 historische Bauteile sind bereits indie Fassade des Neubaus integriert worden.Doch die Berliner zeigten den Potsdamerndie kalte Schulter.Das Schloss sei eine Kopie, also solle man

auch nur Kopien der Attika-Figuren aufstel-len. Alles andere wäre „restaurativ“, ließ dieregierende SPD vermelden und düpierte da-mit ihre Genossen in Brandenburg. Und nichtnur die. Kein Berliner mit Geschichtsbe-wusstsein kann die SPD-Haltung nachvollzie-hen.Die Rückgabe wäre ein Zeichen gewesen,

dass die Abrissorgien der DDR nicht das letz-te Wort über die Stadtgeschichte Potsdamsbehalten. Deshalb haben die Potsdamer ausBerlin tatkräftige Unterstützung erhalten. EinBürgerbündnis Nordwest macht sich für dieRückgabe stark. Auch einige Abgeordnete derCDU im Berliner Abgeordnetenhaus unter-stützen das.Die Haltung der SPD Berlins ist umso un-

verständlicher, als eines Tages der umgekehr-te Fall eintreten könnte: Nach Kenntnis desBerliner Kulturpolitikers Uwe Lehmann-Brauns lagern in Potsdamer Depots auchSpolien des Berliner Schlosses wie etwa dieSkulptur des Moritz von Oranien und eineAdlersäule. Vielleicht könne man ja auch ei-nen Austausch arrangieren. Wie wäre es mitder traditionsreichen Glienicker Brücke?

Führende Berliner SPD-Politiker lau-fen sich warm für den Kampf um dieNachfolge von Bürgermeister KlausWowereit (SPD). Schon auf dem Lan-desparteitag am 17. Mai könnte es zumoffenen Schlagabtauch zwischen denHauptrivalen Raed Saleh und Jan Stößkommen.

Der Fraktionschef der Berliner SPD,Raed Saleh (36), und der SPD-Landes-vorsitzende und Parteilinke Jan Stöß(40) ringen um die Nachfolge von Bür-germeister Klaus Wowereit. WeitereKandidaten sind nicht ausgeschlossen,seit Dilek Kolat (47) eine Verhand-lungslösung für das Oranienplatzlagerfür sich verbucht hat. EinstigenWunschnachfolgern Wowereits hinge-gen fehlt die Hausmacht in der Partei.Eine Kampfkandidatur der Haupt-

kontrahenten ist absehbar, wenn auchnach wie vor unerklärt. Die Zeitdrängt, denn im Wahljahr 2016 benö-tigt die SPD Ruhe. Bisher lähmten sichJan Stöß und Raed Saleh gegenseitig.Ein offener Schlagabtausch erscheintdaher zunehmend unausweichlich. Sa-leh könnte Stöß den Landesvorsitzstreitig machen, um dann als Anführerder Abgeordneten und der SPD-Mit-glieder in Personalunion Wowereit un-angefochten zu beerben. Nach Plan steht das Erbe erst 2016

mit den nächsten regulären BerlinerWahlen zur Verteilung an. Es könnteaber auch viel schneller kommen: DassWowereit sich so lange hält, gilt ange-sichts der Skandale und dem schwin-denden Rückhalt der Genossen nach

fast 13 Jahren im Amt als unwahr-scheinlich. Der Verwaltungsrichter Stöß suchte

bisher nicht zuletzt wegen des Flugha-fens BER die offene Konfrontation zuWowereit, dessen rot-schwarzem Senatund Wowereits unmittelbarem Macht-umfeld. Im Juni 2012 entriss Stöß dembis dahin als Kronprinzen gehandeltenStadtentwicklungssenator MichaelMüller den SPD-Landesvorsitz. Es warein Hieb gegen den Bürgermeisterdurch den linken Flü-gel der SPD, derenSprachrohr Stöß ist.Seitdem gibt es einelinke Gegenpolitikgegen den eigenenSenat, so Spötter. Die substanzielle

Bilanz der linken Vorstöße sieht indesdurchwachsen aus. So ist der Rückkaufder Wasserbetriebe zwar abgeschlos-sen, doch das ist nicht sein Verdienst,wie Stöß selbst zugibt, denn: „Darüberreden wir seit einem Jahrzehnt.“ Aufanderem Gebiet droht Stöß sogar, sei-nen eigenen Rückhalt zu unterminie-ren. So tritt er als Befürworter vonmehr sozialem Wohnungsbau für eineBebauung des Tempelhofer Feldes einund bringt so 200000 Stimmen star-ken Widerstand aus der Bevölkerunggegen sich auf: „Berlin braucht bezahl-bare Wohnungen, keine Blockade“,hielt Stöß den Gegnern vor. Der Volksentscheid hierzu am

25. Mai ist eher geeignet, das Klima fürStöß weiter zu vergiften. Der SPD-Chefhat bis jetzt mangels Stimme im Senat

kaum Einfluss, der KoalitionspartnerCDU umso mehr. So erfolgreich er imeigenen Lager auch netzwerkt, bei denVorstandswahlen auf dem SPD-Bundesparteitag im November verwei-gerten ihm die Genossen im erstenAnlauf die nötige Stimmenzahl für denBundesvorstand – ein Signal. Anderer-seits verweist er auf die zahlreichenOrganisationen und Kreise, die ihnzum Parteitag am 17. Mai für den Lan-desvorsitz nominiert haben.

Indes: Hilfe auf demWeg nach oben darfsich auch Mitte-Rechts-Flügler RivaleSaleh nicht erhoffen.Dass er sich beimStreit um den Min-destlohn 2012 allein

gegen Wowereit stellte und unterlag,lehrte ihn aber, solche Kraftproben zuverschieben. Kaum ein Sozialdemokratspricht so häufig von „Stabilität“, dochist Saleh vielen Genossen unbekannt,besonders im Osten. Umso besser sindseine Kontakte zur CDU, die das politi-sche Kernanliegen Salehs, die Integra-tion von Zuwanderern, zu ihremSchwerpunkt erkoren hat. Der in Palä-stina geborene Aufsteiger arbeitete sichin der SPD wie im Berufsleben nachoben: Abitur, Geschäftsführer einer Im-bisskette und Parteikarriere trotz Kiez-herkunft. Nach außen bescheiden,wollte Saleh am Mittwoch nicht wie er-wartet zu Nachfolgegerüchten Stellungnehmen: Das schade bloß. Mit Integrationsunwilligen redet er

Klartext. Die Stadt könne es sich nicht

länger leisten, wenn Zweijährige stun-denlang vor dem Fernseher „geparkt“würden und ihre älteren GeschwisterKlassenkameraden in die Mülltonnestopften. Dem parteiinternen Multikul-ti-Kritiker Heinz Buschkowskyschenkte Saleh Gehör. Er versteht sich auch mit Finanzse-

nator Ulrich Nußbaum (57) gut, wasnoch hilfreich werden könnte. WennSaleh Geld für Kitas und Schulen be-nötigt, wird der ihn nicht auflaufenlassen, so das Kalkül. Kritikern zufolgefehlt Saleh indes selbst der Überblick,wie seine Projekte – kostenlose Kin-derkrippen und Ausbau der Sprach-förderpflicht vor der Einschulung – zuBuche schlagen. Vergangenen Monatkündigte er ein Projekt für kostenloseBildung bis zur Hochschulreife an.Wie hoch der jedenfalls zweistelligeMillionenbetrag zur Finanzierung ge-nau sein muss, konnte er nicht bezif-fern. Sein Vorteil: Saleh mischt sich

unters Volk, sucht Brennpunkte auf. ImSommer soll er dabei in Neukölln ei-nem Intensivtäter (23) beim Besuchdes Programms „Stark gegen Gewalt“erlaubt haben, seinen Dienstwageneinzuparken, ohne Führerschein. DerMann, mit dem er auch ins Fitnessstu-dio ging, entpuppte sich später als Se-rienräuber und Saleh ärgerte sich„schwarz“, so sein Umfeld. Als Aufstei-ger aus eigener Kraft hat er viel Arbeitvor sich, doch er „kann Deutschlandserster Ministerpräsident mit arabi-schen Wurzeln werden“, schreibt der„Spiegel“. Sverre Gutschmidt

Kampfkandidaturabsehbar:Raed Saleh (l.) undJan Stöß auf demjüngsten Landes-parteitag derBerliner SPD imvergangenenNovember

Bild: Davids

Bei den Verantwortlichen fürBerlins Flughafen BER rei-ßen die Nerven, es kam

zum Eklat: Hartmut Mehdorn,Geschäftsführer des auf bis zusieben Milliarden Euro Gesamt-kosten geschätzten Bauprojekts,verließ fluchtartig den Branden-burger Landtag. Die Sitzung, aufwelcher der Sonderausschuss zurFinanzfrage sich damit befassensollte, platzte, bevor sie begonnenhatte. Zwar kam Mehdorn trotz eines

Autounfalls auf dem Hinweg gutgelaunt an, entdeckte aber dannmit dem Ex-Immobilienchef desBER Harald Siegle einen von ihmjüngst gefeuerten internen Kriti-ker seines Führungsstils im Publi-kum. Wortlos verließ er den Saal.Das sei ein Warnsignal, ließ derManager später verbreiten. AlsGeschäftsführer eines Unterneh-mens benötige er Vertrauen. DieAufsichtsräte, sagte Mehdorn undmeinte damit die Politiker, seienindes in Reaktion auf Kontroll-

mängel der Vergangenheit dazuübergegangen, bis tief in operati-ve Details hineinzuregieren. Mehdorns Flucht aus dem

Landtag fällt mitten in den Bran-denburger Wahlkampf, in demRot-Rot gegen Berlin und denBund mit einem „Ja“ zum Nacht-

flugverbot punkten will. Auch da-für stand Mehdorn nicht zur Ver-fügung. Finanzminister ChristianGörke (Linke) und Wirtschaftsmi-nister Ralf Christoffers (Linke) lie-ßen sich beide vorab entschuldi-gen. Während die Opposition Fehler

aufdecken will, wollen Branden-burgs Regierungspolitiker imWahlkampf möglichst wenig mitdem BER in Verbindung gebracht

werden. Doch das dürfte schwie-rig werden. Das Land Berlin undder Bund versuchen, die Potsda-mer Wähler-Anbiederung mit denNachtflugverboten zu stoppen,um die Internationalität und da-mit die Wirtschaftlichkeit desBER zu retten. Nun setzte Mehdorn sein

Stoppsignal, denn Siegle hatteInterna an die Politik getragenund sich in einem öffentlich ge-wordenen Brief über Mehdornbeschwert. Mehdorn seinerseitshinterließ dem Ausschuss bloß ei-nen Brief: Harald Siegle habe sichverrannt. Der Potsdamer Landtag wollte

Siegle ursprünglich nur anhören,doch selbst als Gast im Publikumwar er zu viel für Mehdorn. Sieglezielt nicht nur auf die PersonMehdorn: In den Decken, Kabel-trassen und der Brandschutzanla-ge sieht er Mängel, deren Folgendas Management, sprich Meh-dorn, mangels geeigneter Struktu-ren nicht absehen könne. SV

Mehdorn flieht vor KritikerEklat zum BER im Potsdamer Landtag: Lage ist völlig verfahren

Kampf um Wowereits NachfolgeSPD-Politiker Raed Saleh und Jan Stöß sammeln ihre Bataillone – erstes Duell am 17. Mai?

Teures AufräumenOranienplatz kostet sechs Millionen Euro

Nachdem der Berliner Ora-nienplatz fast 18 Monate lang

für ein „Flüchtlings-Camp“ okku-piert worden war, kommen aufden Bezirk Friedrichshain-Kreuz-berg nach der Räumung des Plat-zes erhebliche Kosten zu. Be-wacht von der Berliner Polizei,hat nach dem Abbruch der vonden Besetzern er-richteten Zelteund Hütten dieWiederherstel-lung des Terrainsbegonnen. Die dürfte unerwartet teuer

werden: Die Berliner Stadtreini-gung (BSR) hat nach Angaben des„Tagesspiegel“ mit DutzendenLkw-Fuhren inzwischen 440 Ku-bikmeter Müll abgefahren, mitspeziellen Fahrzeugen wurdenzudem große Mengen an Elektro-geräten entsorgt, welche die La-gerbewohner hinterlassen hatten.Wie von einer Sprecherin derStadtreinigung mitgeteilt wurde,sind für den Oranienplatz sechs

Millionen Euro zur Verfügung ge-stellt worden. Tatsächlich befindet sich der

Platz nach anderthalb JahrenZweckentfremdung in einem de-solaten Zustand. Da die Grünflä-chen nahezu vollständig zerstörtwurden, musste eine Gärtnerko-lonne des Bezirksamts großflä-

chig neuen Roll-rasen auslegen. Um eine neuer-

liche Besetzungdes Platzes undneue Zeltbauten

zu verhindern, bleibt die BerlinerPolizei mit mehreren Mann-schaftswagen vorerst weiter amOrt präsent. Gemäß der Vereinba-rung, die IntegrationssenatorinDilek Kolat (SPD) mit den Beset-zern getroffen hat, soll mit einerSondergenehmigung des Bezirks-amts neben einem sogenannten„Infopoint“ auch ein neuer Pavil-lon für Veranstaltungen und Ver-sammlungen auf dem Oranien-platz entstehen. N.H.

Anbiederung andie Wähler

dürfte schiefgehen

»Der ersteMinisterpräsident mitarabischen Wurzeln«

Grünflächen nahezuvollständig zerstört

»Antifa« rüstetgegen AfD

Die Alternative für Deutsch-land (AfD) gerät zunehmend

ins Visier des gewaltbereitenLinksextremismus. Am vorver-gangenen Wochenende fand inden Räumlichkeiten der Techni-schen Universität Berlin ein„Antifa-Kongress“ statt. Beteiligtwar auch die „Vereinigung derVerfolgten des Naziregimes –Bund der Antifaschistinnen undAntifaschisten“ (VVN-BdA), dievom bayerischen Verfassungs-schutz als „bundesweit größtelinksextremistisch beeinflussteOrganisation im Bereich des Anti-faschismus“ klassifiziert wird. DasMotto lautete „Antifa in der Kri-se?!“ Zentrales Thema war dieFrage, wie die linksextreme Szeneauf die AfD „reagieren“ könne. Diskutiert wurden Maßnahmenwie „Kader rechter Parteien in derAfD aufdecken, AfD-Parteitagestören oder AfD-Parteibüros mitFarbe bewerfen“. Ein Workshophatte das Thema „Keine Alternati-ve für Deutschland: Die AfD, ihrPotenzial und was wir dagegentun sollten!“ TM

HINTERGRUND4 Nr. 17 – 26. April 2014

Die Krise um die Ukraine und denStatus der Halbinsel Krim wirktsich seit Anfang April auch auf dieZusammenarbeit von Russlandund den USA im Weltraum aus.

Charles Bolden, der Direktorder US-Raumfahrtbehörde Nasa,hatte sich bei Gesprächen auf demKapitol in Washington und beiPresseterminen zu Monatsanfangnoch bedeckt gehalten. Aber dannteilte die Raumfahrtbehörde überihre Facebook-Seite mit, sie „setztdie Mehrheit der laufenden Arbei-ten mit Russland aus, sofern sienicht dazu dienen, den sicherenund fortdauernden Betrieb derInternationalen Raumstation ISSsicherzustellen“. Die Nasa begrün-dete diesen Schritt mit Russlands„anhaltenden Verletzungen derSouveränität und territorialen In-tegrität der Ukraine“. Nasa-Mitar-beitern und anderen Regierungs-mitarbeitern ist es nicht mehr er-laubt, mit ihren russischen Gegen-übern zu sprechen oder sie zutreffen.Aber die Zusammenarbeit bei

der Internationalen Raumstation

ließe sich für die USA nicht auf-kündigen, ohne jahrelange Inve-stitionen in die Station und in de-ren Betrieb zu entwerten. DieUSA verlören dann nämlich ih-ren einzigen Zugang zur Station,denn Russland sichert mit seinenRaumschiffen die Versorgung undsorgt auch für den regelmäßigenAustausch der internationalenBesatzungen. A u ß e r d e m

kann keine Parteidie ISS allein be-treiben. Nachdem Ende desKalten Kriegesarbeiten die frü-heren konkurrierenden Super-mächte gerade in der bemanntenRaumfahrt eng zusammen. Wie esscheint, taten sich die Verant-wortlichen in Washington aberschwer, Aktivitäten zu finden, diesie als Zeichen politischen Un-willens auf Eis legen oder ganzeinstellen konnten. Außer der ISSgibt es nämlich kaum gemeinsa-me Projekte von Nasa und Roskosmos, der russischen Welt-raumagentur.

Die meisten sind reine For-schungsprojekte. Russische In-strumente fliegen auf US-ameri-kanischen Raumsonden mit. Auchder Nasa-Mars-Rover „Curiosity“fährt einige Sensoren „Made inRussia“ auf dem Roten Planetenherum. Auf dem Lunar Reconnais-sance Orbiter (Mond-Aufklä-rungs-Orbiter) ist ein russischer

Neutronendetek-tor installiert.Außerdem ist dieNasa eine ArtTrittbrettfahrerbei der europä-isch-russischenMa rs -M i s s i on

„ExoMars“. Die Mission geht aufeine europäische Initiative zurück.Ironischerweise hatte die Nasa zu-nächst abgelehnt und die europäi-sche Raumfahrtagentur Esa so da-zu gebracht, sich um eine Partner-schaft mit Russland zu bemühen. Allerdings ist das bestenfalls

symbolische Politik. So dürfte„Curiosity“ gar nicht betroffensein, weil auf russischer Seite dasInstitut für Weltraumforschungder Akademie der Wissenschaften

federführend ist. Und das ist keineRegierungseinrichtung. Sogar dieNasa-Beteiligung an einer wichti-gen internationalen Konferenzüber Weltraumforschung in Mos-kau dürfte nicht in Frage stehen,weil es eben eine internationaleVeranstaltung ist und kein Kontaktzwischen Regierungseinrichtun-gen.Nasa-Direktor Charles Bolden

nutzte die Krise, um für dieWiederaufnahme der bemanntenRaumfahrt durch die USA zu wer-ben, insbesondere die bemannte„Orion“-Kapsel und die neueschwere Trägerrakete SLS. Beidesetzen aber voraus, dass die ISS ak-tiv bleibt. „Ich möchte nicht, dassjemand glaubt, ich bräuchte dieSLS oder ‚Orion‘, wenn ich keineInternationale Raumstation habe“,sagte er vor US-Parlamentariern.Und faktisch ist die Abhängigkeitder USA von russischen Raumfahr-zeugen selbstverschuldet. Denn so-wohl Barack Obama als auch seinVorgänger haben die nötigen Inve-stitionen in eine neue Raumfähreund neue Trägerraketen gescheut.

Friedrich List

Anfangs stand die bemannteRaumfahrt der USA undRusslands im Zeichen der

Konkurrenz. Aber Mitte der 70erJahre machten beide SupermächteSchritte aufeinander zu. Teil die-ser politischen Entspannung warauch eine gemeinsame Weltraum-Mission. Beim sogenannten Apol-lo-Sojus-Test-Projekt (ASTP) soll-ten ein US-amerikanisches Apol-lo-Raumschiff und ein sowjetischSojus-Schiff aneinanderkoppelnund gemeinsam eine Serie wis-senschaftlicher Experimentedurchführen. Nach über zwei Jah-ren der Vorbereitung und des ge-meinsamen Trainings koppeltenbeide Besatzungen am 17. Juli1975 ihre Schiffe aneinander. Aufbeiden Seiten waren erfahreneRaumfahrer beteiligt. Alexei Leo-now, der Sojus-Kommandant, hat-te als erster Mensch eine Raum-kapsel verlassen. Der US-Astro-naut Deke Slayton war ein Veterander Mondflüge, und auch Apollo-Kommandant Thomas Staffordhatte in Gemini- und Apollo-Kap-seln mehrere Raumflüge absol-viert. Nach knapp 50 Stunden trenn-

ten sich die beiden Raumschiffewieder und kehrten zur Erde zu-

rück. Die Nasa stellte die Apollo-Kapsel in ein Museum. Fast 20 Jahre sollten vergehen,

bis Raumfahrer aus Ost und Westwieder zu gemeinsamen Missio-nen aufbrachen. Nach dem Endedes Kalten Krieges einigten sichbeide Seiten zügig auf eine Zu-sammenarbeit. Russland brachte

die Raumstation „Mir“ und diegroße Erfahrung bei Langzeitmis-sionen ein, die USA ihren SpaceShuttle. Am 17. Juni 1992 unter-schrieben der damalige russischePräsident Boris Jelzin und seinUS-amerikanischer AmtskollegeGeorge Bush sen. eine Vereinba-rung über das Shuttle-Mir-Pro-gramm. Sie begannen mit demShuttle-Flug STS-60 im Februar1994, bei dem mit Sergej Krikal-jow erstmals ein russischer Kos-monaut bei den Amerikanern mit-flog. Allerdings dockte der Shuttlenoch nicht an der „Mir“ an. Dasblieb den folgenden Flügen vorbe-

halten. Bis 1998 folgten zehn wei-tere Flüge, bei denen US-Raum-fähren einen Kopplungsadapter,Austauschbesatzungen und Ver-sorgungsgüter zur „Mir“ brachten.Außerdem blieben US-Astronau-ten längere Zeit auf der Station.Beide Seiten legten so die

Grundlage für ihre jetzige Zu-sammenarbeit bei der Internatio-nalen Raumstation ISS. Im No-vember 1993 einigten sich US-Präsident Bill Clinton und Jelzinauf den Bau einer gemeinsamenStation. Bis 1998 hatten sich elfweitere Länder angeschlossen. DieISS besteht nach dem Vorbild der„Mir“ aus Modulen. Die einzelnenBaugruppen wurden von SpaceShuttles und russischen Trägerra-keten ins All gebracht und dortmontiert. Erstes Modul war das imNovember 1998 gestartete Fracht-modul Sarja. Inzwischen ist derUS-amerikanische Teil komplett,während Russland noch minde-stens drei weitere Module in denOrbit bringen will. Seit 2008 istdas überwiegend in Deutschlandgebaute „Columbus“-Labor derEsa-Teil der ISS. Die zurzeit gülti-gen Vereinbarungen sehen einenBetrieb der Station bis mindestens2024 vor. F.L.

Zeitzeugen

Ohne Aufklärungssatellitenwäre die Supermacht USA

ziemlich blind und ziemlich taub.Denn Flugzeuge, Drohnen oderbodengebundene Horchpostenkönnen die Perspektive aus derErdumlaufbahn nicht bieten. DieUSA wären auf den Stand der60er Jahre zurückgeworfen, alsinsbesondere Bilder von damalssowjetischen Industriezentrenoder Militäreinrichtungen nurunter großen Risiken zu beschaf-fen waren. Aber genau das könn-te eintreten, wenn sich die Krisezwischen Russland und den west-lichen Staaten ausweiten sollte.Denn in den Atlas- und Delta-

Trägerraketen, mit denen das US-Militär seine Spionagesatellitenins All schießt, brennen russi-sche Raketentriebwerke. Die Uni-ted Launch Alliance (ULA), ein2006 gegründetes Joint Venturezwischen Boeing und Lockheed-

Martin, nutzt das vom russischenHersteller Energomasch geliefer-te RD-180-Triebwerk. Das RD-180 gilt als effizient und extremzuverlässig. Pratt & Whitney undEnergomasch betreiben ein Ge-meinschaftsunternehmen, dasULA mit RD-180-Triebwerkenversorgt. Obwohl diese rein indu-strielle Zusammenarbeit bishernicht von Sanktionen betroffenist, kann sich das schnell ändern.Immerhin kann der russischeStaat jederzeit den Export ver-bieten. Welch Glück für die US-Ame-

rikaner, dass Pratt & Whitney ei-ne Produktionslizenz erworbenhat. Auch die ULA ist auf Pro-bleme vorbereitet. „Wir habengenügend Reserven für dienächsten zwei Jahre“, sagteULA-Präsident Michael C. Glassdem zuständigen Senatsaus-schuss. Außerdem könne dasRD-180 auch in den USA produ-ziert werden. Allerdings schätzt das Penta-

gon, dass Aufbau und Anlaufender Produktion fünf Jahre dauernund rund eine Milliarde US-Dol-lar kosten würden. F.L.

Oleg Ostapenko – Der Roskos-mos-Direktor ist Generalleutnantder russischen Weltraumtruppen.Seine Karriere begann noch zuSowjetzeiten. Er hatte leitende Po-sitionen in der russischen Raum-fahrt inne und war zuletzt stellver-tretender Verteidigungsminister.

Sergej Konstantinowitsch Krikal-jow – Der 55-Jährige ist mit 803Tagen im Weltraum der Raumfah-rer mit der längsten Flugdauer.Den Zusammenbruch der Sowjet-union erlebte er auf der Raumsta-tion „Mir“ mit. Er flog mit Sojus-Kapseln und Space Shuttles. Heu-te leitet er das Trainingszentrumfür zivile Raumfahrt.

Alexei Archipowitsch Leonow –Der 79-Jährige ist der ersteMensch, der einen Weltraumspa-ziergang unternahm. Er gehörtezur ersten Kosmonautengruppeder UdSSR, flog auf Woschod-und Sojus-Missionen und kom-mandierte 1975 die Sojus-Mis-sion, die zum Rendezvous mit ei-nem US-amerikanischen Apollo-Schiff startete.

Michael C. Gass – Als Präsidentund Chief Executive Officer(CEO) der United Launch Alli-ance steht Gass an einer derSchnittstellen der US-amerika-nisch-russischen Kooperation.Gass arbeitete vorher für Lok-kheed-Martin und war dort inverschiedenen Positionen des At-las-Programms tätig.

Charles Bolden – Er leitet seit Ju-li 2009 die US-RaumfahrtbehördeNasa. Er ist Kampfflieger mit Viet-nam-Erfahrung und Testpilot. Vorseiner Pilotenausbildung beimUS-Marinecorps studierte erElektrotechnik. Seit 1980 Astro-naut, flog Bolden viermal aufShuttle-Missionen ins All.

Kalter Krieg bremste ausRaumfahrt-Kooperation zwischen USA und Russland begann 1975

Houston, bitte melden!US-Raumfahrt zur ISS von Russland abhängig – Ukraine-Konflikt behindert Kooperation

Chefredakteur:Dr. Jan Heitmann

(V. i. S. d. P.)

Chefin vom Dienst, Politik, Bücher:Rebecca Bellano; Politik, Wirtschaft:Hans Heckel; Kultur, Lebensstil, Le-serbriefe: Harald Tews; Geschichte,Ost preußen heute: Dr. Manuel Ruoff; Heimatarbeit: Manuela Rosenthal-Kappi; Ostpreußische Familie: Ruth Geede.Freie Mitarbeiter: Liselotte Millauer(Los Angeles), Norman Hanert (Ber-lin), Hans-Jürgen Mahlitz, JurijTschernyschew (Königsberg).Verlag und Herausgeber: Landsmann-schaft Ostpreußen e.V., Anschrift vonVerlag und Redaktion: Buchtstraße 4,22087 Hamburg. Für den Anzeigenteilgilt: Preisliste Nr. 32.Druck: Schleswig-Holsteinischer Zei-tungsverlag GmbH & Co.KG, Feh-marnstraße 1, 24782 Büdelsdorf. –ISSN 0947-9597.Die Preußische Allgemeine Zeitungist das Organ der LandsmannschaftOstpreußen (LO) und erscheint wö-chentlich zur Information der Mit-glieder des Förderkreises der LO.Bezugspreise pro Monat seit 1. Januar2013: Inland 10 Euro einschließlich 7Prozent Mehrwertsteuer, Ausland12,50 Euro, Luftpost 16,50 Euro. Ab-bestellungen sind mit einer Frist voneinem Monat zum Quartals endeschriftlich an den Verlag zu richten.Konten: HSH Nordbank, IBAN: DE632105 0000 0192 3440 00, BIC:HSHNDEHH oder Postbank Hamburg,IBAN: DE44 2001 0020 0008 4262 04,BIC: PBNKDEFF (für Vertrieb).Für unverlangte Einsendungen wirdnicht gehaftet.

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USA bald blindund taub?

Von Apollo-Sojus bis zur Internationalen

Raumstation

USA fehlt Trägerraketezur Versorgung

der Raumfahrtstation

Satelliten brauchenTechnik aus Russland

Ohne Hilfe Russlands im All verloren: US-Astronauten sind auf russische Sojus als Transportmittel angewiesen Bild: action press

DEUTSCHLAND Nr. 17 – 26. April 2014 5

MELDUNGEN

Minusgeschäftmit Studenten

Berlin – Die Bundesregierung willdie Zahl ausländischer Studentenin Deutschland bis zum Jahr 2020um rund ein Drittel auf etwa350000 erhöhen. Zur Begründungverweist sie auf die Nachfrage derWirtschaft nach Fachkräften.Deutschland ist nach den USA undGroßbritannien das drittwichtigsteGastland für ausländische Studen-ten. Jedes Jahr wendet der deutscheSteuerzahler im Durchschnitt13000 Euro pro Kopf für das Stu-dium von Ausländern auf. Da stattder erforderlichen 30 Prozent nur26 Prozent der ausländischen Stu-denten nach Abschluss des Studi-ums mindestens fünf Jahre inDeutschland arbeiten, macht derStaat mit der Finanzierung ihrerStudienplätze ein Minusgeschäft.Die Abbrecherquote bei ausländi-schen Studenten ist zudem deutlichhöher als bei einheimischen. J.H.

Inzwischen kämpfen rund 300 ge-waltbereite Salafisten aus Deutsch-land im syrischen Bürgerkrieg aufSeiten militanter Islamisten. Derdeutsche Staat und seine Sicher-heitsorgane warnen vor gewaltbe-reiten Rückkehrern. Doch was tuneigentlich die muslimischen Orga-nisationen hierzulande?

„Mein Sohn hat sich immer ge-meldet, selbst wenn er sich einehalbe Stunde verspätete, rief er anund entschuldigte sich dafür. Wasist passiert? Was haben sie mit ihmgemacht?“ Diese Worte einer ver-zweifelten Mutter veröffentlichteRadio Bremen vor einigenWochen. Nachdem in derHansestadt bereits vier mus-limische Jugendliche offen-bar mit dem Ziel syrischerBürgerkrieg verschwundensind und verzweifelte Elternbereits Anfang März vor derMasjidu-I-Furqan-Moschee,die von allen vier radikali-sierten jungen Männern be-sucht worden war, demon-striert hatten, griff die Bre-mer Polizei zum Monats-wechsel hart durch. Erstwurde die Moschee durch-sucht, dann Wohnungen ver-dächtiger Personen. Es wur-den Gas- und Schreckschuss-pistolen, aber auch Reisepäs-se konfisziert, um zu verhin-dern, dass weitere sieben Sa-lafisten in den Dschihad zie-hen. Nachdem das Bundes-amt für Verfassungsschutzseine 16 Landesämter darü-ber informiert hat, dass isla-mistische Gruppen in Syrienausländischen Kämpfern alsBeweis für ihre Loyalität dasgrausame Töten von Gefangenenabverlangen, fürchtet man im Falleder Rückkehr dieser Dschihadi-sten, dass sie völlig verroht auchhierzulande zu allem bereit seinkönnten. Der Leiter des schleswig-holsteinischen Verfassungsschut-zes, Dieter Büddefeld, bezeichnetdaher den Salafismus als zurzeitgrößte Bedrohung. Derweil reagiert die ins Faden-

kreuz der Ermittlungen geratene

Masjidu-I-Furqan-Moschee in Bre-men auf die Anschuldigungen miteiner Klarstellung, in der sie jegli-che Vorwürfe von sich weist. Mansei seit Jahren nicht negativ aufge-fallen und es gäbe keine Beweise.Unerwähnt bleibt dabei jedoch,dass der Gründer des Kultur- undFamilienvereins Masjidu-I-Furqan2011 wegen Unterstützung der Ter-rororganisation Al-Kaida zu dreiJahren Gefängnis verurteilt wordenist. Auf die Anfrage der PAZ, wa-rum man, so man denn unschuldigsei, trotzdem von der Radikalisie-rung gleich mehrerer Vereinsmit-glieder nichts gemerkt haben will,

kam keine Rückmeldung. Immer-hin meldete sich die Schura Bre-men, auf die Frage, warum die Isla-mische Religionsgemeinschaft inder Hansestadt nicht rechtzeitigeingeschritten ist. „Was die Furqan-Gemeinde betrifft, so ist sie keinMitglied unseres Vereins“, so Pres-sereferentin Farina Kemp. Vorabheißt es zudem: „Wir möchten zu-nächst betonen, dass die SchuraBremen für Einheit im Islam plä-

diert und keinerlei Bestrebungenunterstützt, welche zur Spaltungunter den Muslimen führt – sei esvon muslimischer oder nicht-mus-limischer Seite.“ Distanzierungund Kritik kommen in dem Schrei-ben nicht vor, dafür der Hinweis,dass viele muslimische Elterngrundsätzlich die Religiosität ihrerKinder willkommen heißen, je-doch die Sorge besteht, sollten siein die „falschen Kreise“ geraten,den Kontakt zu verlieren. Für sol-che Fälle biete Schura Bremen pro-fessionelle Beratung an. Diese bietet der Zentralrat der

Muslime (ZMD) mit seinen rund

20000 Mitgliedern in Deutschlandoffenbar nicht an. 2007 sagte derVorsitzende Aiman Mazyek zwar,man solle sich aus falsch verstan-dener Brüderlichkeit nicht scheu-en, Dinge wie im Namen des Is-lams begangenen Terrorismusbeim Namen zu nennen, doch2013 hatte er seine sechs Jahre zu-vor getätigten Aussagen anschei-nend wieder vergessen. Im Inter-view mit der „Welt“ meinte er zum

Thema Radikalisierung: „Im Übri-gen trägt die Gesellschaft insge-samt auch Schuld daran. Immerwenn solche Dinge passieren, wirdnach den Muslimen gerufen. Wennwir aber sagen, dass Deradikalisie-rungsprogramme eine gesamtge-sellschaftliche Aufgabe sind, dannducken sich alle weg und man lässtsie alleine.“ Allerdings betont er ineiner Pressemitteilung, dass manExtremismus keinen Raum gebenwolle. Als Beweis für die Einstel-lung wird hervorgehoben, dass derZMD 2010 zwei seiner über hun-dert Imame zu einer Gewalt-Prä-ventionsschulung geschickt habe.

Dem deutschen Staat vorzuwer-fen, dass er die Muslime allein las-se, ist hingegen stark überzogen.Die Bundesministerien für Inneresund Soziales, aber auch der Verfas-sungsschutz bieten Beratungsstel-len und Aussteigerprogramme.Auch auf Länderebene gibt es ver-einzelt Einrichtungen. Allerdings,so merkt der ZMD an, habe vor al-lem der Verfassungsschutz auf vie-le Muslime eine abschreckende

Wirkung, so dass man regionaleProgramme bevorzuge. Mohammad Dawood Majoka,

Pressesprecher der 30000 Mitglie-der zählenden Ahmadiyya-Ge-meinde in Deutschland, erwidertauf Anfrage der PAZ, dass man aufPrävention setze. Zudem sei derFamilienverbund sehr eng, die Bil-dung der Gemeindemitgliederüberdurchschnittlich, so dass fürRadikalisierung anfällig machendeUrsachen wie Perspektiv- oderOrientierungslosigkeit kein Pro-blem darstellten. Zudem lehneman jegliche Gewalt im Namen derReligion ab, was zur Folge habe,

dass radikale Gruppierungenunter den Muslimen der Ah-madiyya eine Affinität zuNicht-Muslimen vorwerfenund sie sogar als Agentenwestlicher Mächte betrachte. Auch die Aleviten werden

von anderen muslimischenGlaubensrichtungen nichtgeschätzt. Für diese sind siewegen einer besonnenerenAuslegung des Korans Un-gläubige. Yilmaz Kahraman,Bildungsbeauftragter derAlevitischen GemeindeDeutschland, hebt jedoch imGespräch mit der PAZ her-vor, dass auch die Alevitenwie Deutsche nicht davor ge-feit seien, dass Mitglieder ih-rer Gemeinden radikalisiertwerden. Über das Internet,aber auch über die Schuleund Sisha-Cafés kämen dieJugendlichen in Berührungmit Salafisten. Damit der ei-gene Nachwuchs nicht um-gedreht wird, beitreibe manPrävention. In dem Projekt„Zeichen setzen“ wurde eine

Handreichung für Eltern und Lehr-kräfte erarbeitet. Vielleicht auchdank der so erfolgten Sensibilisie-rung meldeten sich bereits zwei-mal Eltern von in salafistischeKreise geratenen Jugendlichen inder Zentrale in Köln und baten umHilfe. Den Hamburger Jugend-lichen konnte man noch mit Argu-menten bekehren, der andere ver-weigert sich hingegen dem Ge-spräch. Rebecca Bellano

Einigkeit geht vorMuslimische Organisationen verweigern überwiegend die Verantwortung für radikale Glaubensbrüder

Land will teurenBeauftragten

Hannover – Die von der Landesre-gierung im Hauruck-Verfahrenvollzogene Ernennung des frühe-ren Helmstedter Landrates Matthi-as Wunderling-Weilbier (SPD) zumLandesbeauftragten für regionaleLandesentwicklung für Braun-schweig kommt das Land Nieder-sachsen teuer zu stehen. Weil dieRegierung nicht auf die Zustim-mung des Landkreises Helmstedtals Wunderlings Arbeitgeber war-ten wollte, muss das Land nun180000 Euro Pensionslasten ausdessen Zeit als Landrat überneh-men. Der Landkreis wirft der Re-gierung vor, seinen Finanzdezer-nenten unter Druck gesetzt unddas Verfahren bewusst in derWeih nachtszeit durchgezogen zuhaben, um Widerstand zu umge-hen – auf Kosten der Steuerzahler.Kaum im Amt, sorgt Wunderlingfür neue Irritationen. Obwohl ihmnur ein Audi A4 als Dienstwagenzusteht, will er mit Hinweis auf sei-ne Körpergröße von 1,92 Meternein größeres Fahrzeug haben. J.H.

Der Linksextremismus ist inder Mitte der Gesellschaftangekommen. Anders lässt

es sich nicht erklären, dass die Lei-tung der Technischen UniversitätBerlin kein Problem darin gesehenhat, die Hochschule vom 11. biszum 13. April für den „Antifa-Kon-gress“ zu öffnen, obwohl der Ver-fassungsschutz der Hauptstadt vordieser Veranstaltung gewarnt hatte.Ebenso symptomatisch ist die Ent-scheidung der sozialdemokrati-schen Familienministerin ManuelaSchwesig, einerseits die Extremis-musklausel zu kippen, die verhin-dern sollte, dass linksextreme Ak-tionsbündnisse in den Genussstaatlicher Fördermittel kommen,und andererseits solche Gruppie-rungen zum Beispiel über dieAmadeu Antonio Stiftung zu spon-sern. Des Weiteren sei auf MichaelHartmann verwiesen, seines Zei-chens Innenexperte von SchwesigsPartei, der den KoalitionspartnerCDU beschwört: „Wir sollten unsgemeinsam der guten Sache, derFörderung von Demokratie, ver-schreiben und nicht das alte Mär-chen bedienen, der linke Rand seigenau das Gleiche wie der rechte.“Wie der frühere Referatsleiter

Linksextremismus/Linksterro-rismus beim Bundesamt für Verfas-sungsschutz Rudolf van Hüllenund der innenpolitische Sprecher

der CDU/CSU-BundestagsfraktionStephan Mayer kürzlich feststell-ten, ist diese Gefahrenblindheit ei-ne klare Folge des „Kampfes gegenRechts“: Nichtrechte Formen desExtremismus würden gar nichtmehr als ernsthafte Bedrohungwahrgenommen. Und tatsächlichspielen ja mittlerweile sogar diestaatlichen Sicherheitsorgane

linksextreme Attacken auf die eige-nen Dienstsitze herunter, zuletzt inBremen Ende vergangenen Jahres. Daher fühlen sich die rund

30000 Linksextremisten in derBundesrepublik, von denen etwa7000 auch gewaltbereit sind, im-mer noch recht stark. Davon zeugtunter anderem der rapide Anstieglinksextremer Gewalttaten in Ham-burg, wo es von 2012 zu 2013 zu ei-ner Verdoppelung der Delikte kam.Dabei richten sich diese Straftateninzwischen nicht mehr nur gegenvermeintliche oder tatsächliche„Rechte“ und „Bullen“, sondern zu-nehmend auch gegen bürgerlicheParteien und deren Exponenten:So gab es erst kürzlich Anschläge

auf die CDU-Landesgeschäftsstellevon Sachsen-Anhalt und den Berli-ner CDU-Abgeordneten KurtWansner. Trotzdem aber steckt der deut-

sche Linksextremismus in der Kri-se. Zum einen lassen sich nämlichselbst die traditionellen Hätschel-kinder aus den Reihen der Asylbe-werber immer schwerer instru-mentalisieren, wie die Ausein-andersetzungen auf dem BerlinerOranienplatz beweisen, die ausdem Verschwinden von 11000 Eu-ro Spendengeldern resultierten.Zum anderen klagen linksextremeFlaggschiffe, allen voran die Antifa,neuerdings über Nachwuchspro-bleme. Diese führen Insider wieMartin Peters von „Rassismus tö-tet“ und Henning Obens von„Avanti“ in einem Interview mitder „taz“ auf den „staatlich bezu-schussten Antifaschismus“ zurück,der die „fittesten Leute“ abziehe.Außerdem habe man es nunmehrmit einem breiten Rechtsextre-mismus der Mitte zu tun, gegenden die klassischen Strategienkaum mehr greifen würden. Dieneuen Rechtsparteien wie die „Al-ternative für Deutschland“ seien„Elitenprojekte“, denen man nichtwie der NPD mittels „Suchen undZerstören“ beikommen könne, waspotenzielle Aktivisten frustriere.

Wolfgang Kaufmann

Nachdem im vergangenenHerbst bereits ein 21-Jähri-ger in den Flammen seines

Autos ums Leben gekommen war,ist es nun zu einem weiteren To-desfall eines Zeugen im Rahmendes Prozesses um den Nationalso-zialistischen Untergrund (NSU) ge-kommen. Wie der „Spiegel“ berich-tet, soll Thomas R., ein langjährigerV-Mann des Bundesamtes für Ver-fassungsschutz, bereits Ende Märzleblos in einer Wohnung in Nordr-hein-Westfalen aufgefunden wor-den sein. Gestorben sei der 39-Jährige an einer zuvor nicht er-kannten Diabetes-Erkrankung.Nach vorläufigen Ermittlungen ge-be es bislang keine Anhaltspunktefür eine „Fremdeinwirkung“. Dass die Todesnachricht Anlass

für Verschwörungstheorien ist,kann angesichts des Lebenslaufsvon Thomas R. aber kaum verwun-dern. In einschlägigen Kreisen mitBezug auf die Hitlerjugend als „HJTommy“ bekannt, beim Verfas-sungsschutz unter dem Deckna-men „Corelli“ geführt, gilt R. miterhaltenen 180000 Euro nach der-zeitigem Kenntnisstand als derbestbezahlte V-Mann in der rechts-extremen Szene überhaupt. Damitnicht genug. Einiges spricht dafür,dass der erst 2012 deaktivierte In-formant einige der offenen Fragenin Sachen NSU, vor allem aber zum

Heilbronner Polizistenmord, derbislang dem NSU zugeschriebenwird, hätte beantworten können.So war „Corelli“ eine von minde-sten drei Quellen, die das Bundes-amt für Verfassungsschutz im Um-feld der Verdächtigen hatte, wieder Sonderermittler des NSU-Untersuchungsausschusses desBundestages, der frühere Richter

Bernd von Heintschel-Heinegg, re-konstruieren konnte. Nicht befrie-digend geklärt ist bis heute, warumeinerseits die gesamte rechtsradi-kale Szene mit Spitzeln wie „Corel-li“ geradezu durchsetzt war, ande-rerseits aber das NSU-Trio angeb-lich fast 13 Jahre unentdeckt in derIllegalität leben konnte. Nicht weniger obskur wirkt die

Rolle „Corellis“ in einem deut-schen Ableger des US-Geheim-bundes Ku-Klux-Klan, der nachdem Jahr 2000 in Schwäbisch Hallbestanden hat. Zu den etwa 20 Mit-gliedern der Gruppe zählte nebendem Spitzel Thomas R. auchAchim S. Dieser war nicht nur An-führer des Geheimbundes, son-

dern ebenfalls Informant und zwardes baden-württembergischen Ver-fassungsschutzes. Zu den Kapu-zenmännern gehörten ebenso min-destens zwei, vielleicht sogar fünfPolizeibeamte der Böblinger Be-reitschaftspolizei. In derselben Po-lizeieinheit arbeitete später die2007 ermordete Polizistin MichèleKiesewetter. Diese Zusammenhän-ge wären es wert, untersucht zuwerden. Stuttgarts grün-rote Koali-tion lehnt aber einen parlamentari-schen NSU-Untersuchungsaus-schuss für Baden-Württemberg ab. Der Ausschuss des Bundestages

hatte für den gesamten Komplexrund um den Heilbronner Polizi-stenmord lediglich zwei Tage Zeit.Bemühungen, Thomas R. alias „Co-relli“ zu befragen, sind Anfang2013 an der Blockadehaltung desdamaligen Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) gescheitert.Dabei wäre dringend zu klären ge-wesen, ob der V-Mann „Corelli“durch seine Aktivitäten im RaumHeilbronn Informationen zumMord an Kiesewetter besessen hat.Nachdem sich nun in Erfurt dieZeichen mehren, dass der Thürin-ger NSU-Untersuchungsausschussseine Arbeit nach den Landtags-wahlen im Herbst fortsetzen soll,wäre früher oder später mit einerLadung von Thomas R. nach Erfurtzu rechnen gewesen. N. Hanert

Freie Fahrt für die AntifaNicht nur SPD-Ministerin wertet Linksextremisten nicht als Gefahr

Weiterer NSU-Zeuge totThomas R. kannte einschlägige Kreise bestens

Nachwuchsprobleme,weil »fittesten Leute«für den Staat arbeiten

Innenminister 2013gegen Anhörung des

V-Mannes

Als Informationskampagne getarnte Missionierung: Salafisten finden in Deutschland immer öfter Anhänger

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AUSLAND6 Nr. 17 – 26. April 2014

MELDUNGEN

Mussolini ziehtnoch immer

Rom – Laut aktuellen Umfragendroht der Partei Forza Italia von Sil-vio Berlusconi bei den EU-Wahleneine historische Niederlage. Da dereinst populäre und kürzlich wegenSteuerbetrugs verurteilte Ex-Mini-sterpräsident nicht mehr als Zug-pferd im Wahlkampf taugt, hat erAlessandra Mussolini, Enkelin desheute noch von vielen Italienernverehrten faschistischen DiktatorsBenito Mussolini, für diese Rolleverpflichtet. Die 51-jährige ehema-lige Schauspielerin sitzt als Forza-Italia-Senatorin im römischen Par-lament. Ihre Zusage begründete siemit Solidarität mit Berlusconi: „Ichbin nicht wie andere, die ihm imMoment der größten Schwierigkei-ten den Rücken kehren.“ J.H.

Westliche Versuche zur diplomati-schen Isolierung Russlands nachder Krim-Krise haben sich bisherweitgehend als Fehlschlag ent-puppt. In der G20-Runde sitzt Wa-shington stattdessen nun selbst aufder Anklagebank.

Lediglich eine Stunde wurde be-raten, da stand für die Staats- undRegierungschefs der sieben füh-renden Industrienationen fest: Einfür Juni geplanter G8-Gipfel imrussischen Sotschi wird als Reak-tion auf die Krim-Krise abgesagt.Aus der G8-Runde wird künftigwieder ein G7-Treffen. RusslandsAußenminister nahm den Raus-wurf aus dem exklusiven Kreis derführenden Industrienationenscheinbar gelassen: „Jetzt werdenalle wichtigen Fragen in der G20diskutiert“, so Lawrow. Das Vorha-ben, Russland auch aus dem Kreisder G20 zu verbannen, ist inzwi-schen gescheitert. „Die Vormund-schaft über die G20 gehört allenMitgliedsstaaten gleichermaßenund kein einzelnes Mitgliedslandkann einseitig Beschlüsse darüberfassen“, blockten die Staatschefsvon Brasilien, Indien, China undSüdafrika in einer gemeinsamenErklärung Russlands Rauswurf ab. Inzwischen sitzen bei den G20

sogar die USA selber auf der An-klagebank. Scharf wurde Washing-ton aufgefordert, endlich einen be-reits 2010 beschlossenen Reform-plan für den Internationalen Wäh-rungsfonds (IWF) zu ratifizieren.Geplant ist dabei eine Aufstockungder Mittel, aber auch mehr Einflussfür das aufstrebende China. Bereitsvor Jahren als Durchbruch be-schlossen, kommt die IWF-Reformdurch eine Blockade im US-Kon-gress nicht voran. Zum LeidwesenBarack Obamas, der das Vorhabenan sich unterstützt, wird der Re-formplan durch die Republikanerim US-Kongress blockiert. Ange-führt werden in erster Linie Kosten-argumente. Eine Skepsis gegen-über multilateralen Institutionen, indenen die USA nicht das Sagen ha-ben, dürfte bei den Republikanernaber ebenso eine Rolle spielen.

Nach fast vierjähriger Wartezeitauf die USA ist der Ton inzwischenrecht scharf geworden: „Für michist Ende des Jahres der letztmögli-che Zeitpunkt“, so Brasiliens Fi-nanzminister Guido Mantega, dersich für eine harte Haltung gegen-über den USA stark gemacht hat.Inzwischen sieht sich Washingtonalso mit einem Ultimatum kon-frontiert. Sollte der US-Kongressdie vereinbarten Veränderungennicht bis zum Jahresende beschlie-

ßen, behalte

sich die Gruppe alternative Schrit-te vor, so die Finanzminister undNotenbankchefs der G20. Der energischen Sprache zum

Trotz gibt es aber kaum Möglich-keiten, beim IWF etwas gegen dieUSA zu erzwingen. Mit einemStimmenanteil von 15 Prozent hat

die Supermacht bisher eine Sperr-minorität. Trotzdem wird die US-amerikanische BlockadehaltungFolgen haben. Schon jetzt ist zu be-

obachten, dass sich die Schwellen-länder zunehmend untereinanderabstimmen. In der Vergangenheit

kaum denkbar hattenbeim jüng-

sten IWF-Treffen Vertreter von Bra-silien, Indien, China und Südafrikaschon mal vorab zwei Tage lang ih-re Postionen koordiniert. Hält die-se Entwicklung an, droht den USAund Europa ein zunehmender Ein-flussverlust. Die Gründung einergemeinsamen Entwicklungsbank

haben die Brics-Staaten Brasilien,Russland, Indien, China und Süd-afrika bereits beschlossen. Womög-lich ist das nur ein kleiner Vorge-schmack auf weitere Organisatio-nen, bei denen der Westen von An-fang an gar nicht mehr mit an Bordist. Werden die Reformen beimIWF noch lange hinausgezögert,dann ist nicht einmal auszuschlie-ßen, dass die Brics-Staaten sich un-ter der Führung Chinas einen eige-nen Währungsfonds zulegen. Schon im Zuge der bisherigen

Euro-Krise ist von den Schwellen-ländern immer wieder Kritik amIWF laut geworden. So wurde be-

klagt, dass der Fokus unter derIWF-Chefin Christine Lagarde zusehr auf Europa liege, während an-dere Problemregionen das Nachse-hen hätten. SüdamerikanischeLänder kritisierten mit einigemRecht, dass Länder wie Griechen-land nicht die gleichen strengen

Auflagen erfüllen müssten, wiedies der IWF in der Vergangenheitvon ihnen verlangt habe. Gerade mit Blick auf den weite-

ren Umgang mit Griechenlandherrscht beim Währungsfonds in-zwischen eine gereizte Stimmung.Seit geraumer Zeit macht eineGruppe von Schwellen- und Ent-wicklungsländern immer stärkerFront gegen ein weiteres Engage-ment im Rahmen der Troika ausEU, EZB und IWF. Im Vordergrundsteht dabei der Vorwurf, die EU-Kommission sei „extrem politi-siert“. Im Klartext: Bei der Euro-Rettung regierten politische Vorga-ben, nicht wirtschaftliche Vernunft.Dass der Westen vor diesemHintergrund damit abgeblitzt ist,Russland aus der G20-Runde hin-auszuwerfen, kann eigentlich

nicht verwundern. Einigerma-ßen überra-schend wur-

den die USAauch vor der UN-Vollver-

sammlung im Re-gen stehen ge-lassen und das

ausgerechnet von ih-rem bisher engsten Part-

ner Israel. Initiiert von westlichenLändern, ist am 27. März die An-gliederung der ukrainischen Halb-insel Krim an Russland verurteiltworden. Zur Verwunderung derUSA, die Israel bei der Uno immerverlässlich Rückendeckung gege-ben haben, fehlten die israelischenVertreter bei der Abstimmung. Alsoffizieller Grund wurde ein Streikdes diplomatischen Dienstes ange-führt. Dass man in Washingtontrotz der plausibel klingenden Ent-schuldigung laut einer israelischenZeitung „getobt hat“, ist leichtnachvollziehbar. Schon zuvor hattenämlich der israelische Außenmi-nister Avigdor Lieberman in einemFernsehinterview betont, dass sichIsrael nicht in den Konflikt überdie Ukraine zwischen den USAund Russland einmischen wolle.Ähnliches war auch von IsraelsPremier Benjamin Netanjahu zuhören gewesen. Norman Hanert

USA immer stärker isoliertOb bei der G20-Runde oder dem IWF: Washington stößt auf Widerstand der Schwellenländer

Streit wegenMigranten-AbwehrCanberra – Australien bemühtsich, Differenzen mit Indonesienbeizulegen, die dadurch entstan-den waren, dass australischeKriegsschiffe verschiedentlich inindonesische Hoheitsgewässer ein-gedrungen waren. Dies geschahimmer dann, wenn australischeWachboote Wirtschaftsmigrantendaran hindern wollten, nach Au-stralien zu gelangen. Die von Indo-nesien geforderten Entschuldigun-gen blieben jedoch hinter den Er-wartungen zurück. Australienstrebt ein Kooperationsabkommenan, wie es bereits mit Malaysia undSri Lanka unter Dach und Fach ge-bracht wurde. Die australische Ma-rine folgt einer neuen Strategie, il-legale Migranten schon weit vorden australischen Gewässern abzu-fangen und zur Umkehr „zu veran-lassen“. Daneben unterstützt Au-stralien die Seestreitkräfte der Ko-operationspartner materiell. Zu-nächst je zwei Boote der „Bay“-Klasse sollen der paramilitärischenMalaysian Maritime EnforcementAgency (MMEA) und der MarineSri Lankas überlassen werden.H.L.

IWF angeblich gegenüber Athen viel zu milde

Seit 2004 ist Bulgarien Nato-Mit glied, doch als Nato-Ge-neral se kretär Anders Fogh

Rasmussen kürzlich in Sofia denzehnten Jahrestag be gehen wollte,hörte er bö se „Nato ’raus“-Rufe.Seit 2007 ge hört Bulgarien der EUan, aber schon im März drohte dersozia li stische Premier Plamen Ore-sch arski an, EU-Sanktionen gegenRussland mit einem bulgarischenVeto zu blockieren. Seine Soziali s -tische Partei (BSP) gab die Paro leaus „Niemals gegen Russland, nie-mals gegen die EU“. Wenn BSP-Mitglieder wie Außenminister Kri-stian Vigenin verbal aussche ren,noch dazu in Berlin, tun sie es nureinmal, wenn auch deut lich: „Russ -land sucht die Konfrontation, wasfür Bulgarien inakzeptabel ist; vonnun an werden unsere Bezie -hungen anders sein.“ Noch führt die BSP in Umfragen,

aber im Zen trum Sofias häufensich Proteste, die unter EU-Fahnengegen die BSP-Politik auftreten, dieBulgarien zum ärm sten EU-Landmachte. „Stop Pu tin“-Proteste brin-gen wiederum die „Bulga risch-Russische Indus trie- und Handels-kammer“ in Rage, aus Angst vorbulgarischen Milli onen einbußen,falls Russland sei ne 450 MilliardenHandelsumsatz mit der EU zurück-fährt. BSP und Pre mier fürchtenauch Kürzungen rus sischer Gas-und Öllieferungen und sind sich

hierbei einig mit der national-kon -servativen GERB, die mit der BSPum die Führung in der Wähler-gunst ringt. Bulgarien hat das russische

Krim-Referendum abgelehnt, mehrnicht, weil nach Ansicht des Po -litologen Daniel Smilow Bul garennicht wissen, ob sie Russ land oderder EU „und ihren Wer ten“ mehr

Loyalität schulden. Um fra gen ver-deutlichen die Unsicher heit: 43Prozent der Menschen sind unent-schlossen, 27 Prozent prorussisch,30 Prozent für eine Ukra i ne „mitbaldigem EU-Beitritt“. Linke und Rechte trommeln für

Russland, an die Russo phi lie derBul ga ren rührend. Sie entstandim Rus sisch-Tür kischen Krieg1877/78, der Bul ga rien die Be-freiung vom „Türkenjoch“ brach-te. Im Zentrum Sofias steht dasDenkmal für den Befrei er-ZarenAlexander II., gestiftet vom„dankbaren Bul ga rien“. Dabeibleibt unberücksichtigt, dass oh -ne Hilfe bulgaris cher Freischärlerdie Russen ih ren Krieg ver lorenhätten. Doch danach herrschte

über Jahrzehnte Eiszeit zwischenbeiden Ländern. Wie unterstützt Bulgarien die

Nato, fragt der Westen seinen Alli-ierten an der Schwarzmeer-Kü ste.Vor 1989 war Bulgarien Speer -spitze des War schau er Pakts ge genJugosla wi en, Griechenland und dieTürkei sowie entsprechend hochgerüs tet. Von 400 Kampf jets, die esbis zur „promjana“ („Wende“) be -kam, blie ben nur 15, und davonbloß die Hälfte flugfähig. Bes sersteht es um die Kriegsmarine, ob-wohl de ren Fre gatten und Kor -vetten schon um 1983 in derUdSSR ge baut wur den. Damit sollBulgarien an 354 Kilome tern Küste„border po licing“ betrei ben, beäugtvon mit Elek tro nik vollgestopftenrussischen Aufklärungsflugzeugendes Typs Ilju schin Il-20. Die Nato habe Bulgarien im Stich

gelassen, klagt General Sybi Sy bev,bulgarischer Vertreter im Nato-Hauptquartier. Sie habe Waffenund Soldaten abgebaut und so dieArmee „degra diert“. Jetzt sei Bul-garien wehrlos, warnt seit MonatenBulgariens Präsident Ro sen Plev-neliev von Wien bis Lon don undmacht Stimmung gegen Moskau.Russland sei eine „große Atom-macht“, die hinter den Kulis senagiere, nach der Krim sei die Rei hean Bulgarien, Worten und Unter -schriften Moskaus sei nicht zutrau en. Wolf Oschlies

Die Regierung in Aserbaid-schan fürchtet, dass der„Blumenvirus“ auf das

Land übergreifen könnte. Späte-stens seit der Majdan-Revolutionin der Ukraine ist klar, wie Unru-hen entfacht werden: Über Nicht-regierungsorganisationen (NGOs)wird die gewünschte politischeIdeologie verbreitet, die der Regie-rung schaden soll. In der südkau-kasischen Republik Aserbaidschanunterstützt der Westen seit JahrenNGOs, doch auch Russland gibtviel Geld für die „Entwicklung derbürgerlichen Gesellschaft in Aser-baidschan“ aus. Die USA beschul-digen Russland, sich nach der An-nexion der Krim weitere ehemalssowjetische Territorien einverlei-ben zu wollen. Dies betreffe vor al-lem den Süd-Kaukasus. Beide Großmächte haben ein

starkes geopolitisches Interesse ander Region als Brückenkopf zwi-schen Europa und Asien. Da Geor-gien plant, ein Assoziierungsab-kommen mit der EU zu unter-zeichnen, wird Moskau wie in derUkraine seinen Druck erhöhen.Moskaus einziger strategischerVerbündeter im Süd-Kaukasus istArmenien. Dort unterhält Russ-land einen Militärstützpunkt. Ge-orgien befürchtet, dass die Russeneinen Korridor über georgischesTerritorium zu seinen Stützpunk-ten im Nordkaukasus durchsetzen

könnten. Aserbaidschan, das sich als Bin-

deglied zwischen Europa undAsien sieht, laviert derweil zwi-schen West und Ost. Präsident Il-ham Alijew führte vor Kurzem inTeheran Gespräche über eine Zu-sammenarbeit mit seinem irani-schen Amtskollegen Hassan Roha-ni, der in Kürze in Baku zum

Gegenbesuch antritt. Es geht umgemeinsame Bauprojekte wieElektrizitätswerke, Teheran hatAlijew aber auch militärischeUnterstützung zugesichert. Auchbeim ewigen Streitthema der Auf-teilung des Kaspischen Meers willman gemeinsam eine Einigung mitden Anrainerstaaten erzielen. Ba-ku ist einerseits an den Energieres-sourcen im Kaspischen Meerinteressiert, andererseits will esdas von Armenien besetzte ab-trünnige Gebiet Berg-Kara-bachzurückgewinnen.Das werden Eriwan und Mos-

kau mit allen Mitteln verhindernwollen. In Armenien sind alle stra-tegisch und industriell wichtigenObjekte in der Hand russischer

Konzerne. Mit Hilfe der Türkeiwill der Westen den russischenEinfluss zurückdrängen. Sie sollnicht nur für eine Verbesserungder armenisch-aserbaidschani-schen Beziehungen sorgen, son-dern auch die West-Ost-Achse, be-stehend aus den USA, der Türkei,Georgien und Aserbaidschan, aus-bauen. Diese Achse ist für denTransport von Öl und Gas aus derKaspi-Region wichtig. Aserbaid-schan, Kasachstan und Turkmeni-stan liefern Rohstoffe über dieseAchse in den Westen unter Umge-hung Russlands. Das Wachsen der wirt-schaft-

lichen und politischen Präsenz derTürkei im Süd-Kaukasus beunru-higt Moskau ebenso wie die Ge-spräche zwischen Baku und Tehe-ran, da der Iran bislang mit Russ-land und Armenien die Nord-Süd-Achse als Gegengewicht zur Ost-West-Achse bildete. Aserbaidschan, das Mitglied im

Europarat ist und über die östlicheNachbarschaft gute Beziehungenzur Nato anstrebt, hat ebenso wiedie Türkei kein Interesse daran,sich mit Moskau zu überwerfen.Alijew versucht, sich nach allenSeiten abzusichern, indem er mitdem moskaunahen Iran und derauf Seiten des Westens stehendenTürkei gleichzeitig verhandelt.

Manuela Rosenthal-Kappi (siehe Seite 8)

Sofia zwischen den FrontenTraditionell russlandfreundliche Bulgaren uneins über Ukraine-Kurs

Ringen um AserbaidschanRussland droht seinen Einfluss im Kaukasus zu verlieren

Russland ist wichtigerHandelspartner des EU-Mitglieds

Ilhan Alijew laviertzwischen

West und Ost

Weltmacht in Nöten: Schwellenländer gegen von den USA gewünschte Ächtung Russlands

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WIRTSCHAFT Nr. 17 – 26. April 2014 7

Während in der Politik die Forde-rungen nach weiteren Sanktionengegen Russland immer lauterwerden, schlägt Hans-WernerSinn vom Münchner ifo Institutdas genaue Gegenteil vor.

„Der Einschluss Russlands inein Freihandelsabkommen könntesich für alle Beteiligten als wahreGoldgrube erweisen. Der Freihan-del mit einem Land, dessen Spe-zialisierung auf Rohstoffe komple-mentär zur Industrie-Spezialisie-rung Westeuropas liegt, versprichtbesonders große Handelsgewinne– viel größere jedenfalls als derFreihandel zwischen ähnlichenVolkswirtschaften“, so Sinn ineinem Gastbeitrag für die „Wirt-schaftswoche“.

Die Wahrscheinlichkeit, dassder Vorschlag in absehbarer ZeitRealität wird, ist allerdings denk-bar gering. Noch in einer wesent-lich besseren politischenAtmosphäre hatte WladimirPutin bei seinem Deutsch-landbesuch 2010 zu einergemeinsamen Freihandels-zone aufgerufen. Der Vor-stoß wurde von Bundes-kanzlerin Angela Merkelmit Verweis auf die damali-ge NichtmitgliedschaftRusslands in der Welthan-delsorganisation (WTO)abgeblockt. Seit 2012 istRussland nun WTO-Mit-glied. Obwohl der angeführ-te Hinderungsgrund damitentfallen ist, war für diedeutsche Politik ein Frei-handelsabkommen mitRussland auch schon vorder Krim-Krise geradezuein Nicht-Thema.

Zu der leichtfertigen Ver-gabe der Chance auf einenFreihandelsvertrag mitRussland droht nun sogarein Wirtschaftskrieg mitdem rohstoffreichen Land,der am Ende die deutscheEnergiewende endgültigzum Absturz bringen kann.Dem Münchner ifo Institutzufolge ist die Nutzung vonrussischem Gas die einzigewirtschaftlich halbwegs ver-tretbare Lösung, die starken

Schwankungen bei der „regenera-tiven“ Stromerzeugung auszuglei-chen. Angesprochen ist damit einAspekt der Energiewende, derbisher gern übergangen wird. Fürden Fall, dass Wind- und Solaran-lagen wetterbedingt nicht imerforderlichen Maß Energie lie-fern, fehlt bislang eine Möglich-keit, Ökostrom als Reserve zuspeichern. Der Versuch, die fürDeutschland nötigen Energiere-serven mit Pumpspeicherwerkenabzudecken, würde nach Berech-nungen des ifo Instituts 3000Anlagen notwendig machen. Mitanderen Worten: Bei astronomi-schen Kosten müssten die deut-schen Gebirge mit Pumpspeicher-anlagen zugepflastert werden.

Ein anderes technisch mögli-ches Speicherverfahren drohtebenso die Kosten der Energie-wende weiter hoch zu treiben. Beider „Power to Gas“-Technik wer-

den Öko-Stromspitzen zur Pro-duktion von Wasserstoff genutzt.Aus dem in einem weiterenSchritt gewonnenen Methangaskönnen Gaskraftwerke bei Bedarfwieder Strom erzeugen. Für dasVerfahren spricht einiges: Methan

ist speicherungsfähig, Deutsch-land hat zudem eines der ambesten ausgebauten Gasleitungs-netze weltweit. Negativ zu Bucheschlägt aber, dass durch die mehr-malige Energieumwandlung dertechnische Wirkungsgrad dra-stisch absinkt. Am Ende käme derso zwischengespeicherte Stromden Kunden sehr teuer zu stehen.

Mit russischem Erdgas erzeugt,kostet die Kilowattstunde Stromrund drei Cent. Das Methan-Windgas wäre sechsmal so teuer,so Berechnungen des ifo Instituts.

Angesichts der drohendenKosten beider Speicherverfahren,fällt die Empfehlung eindeutigaus: „Der Strom aus den Wind-und Solaranlagen kommt herbei-gezappelt und wird mit Strom ausMethanspeichern geglättet, dievon Putins Leuten gefüllt unddann intermittierend geleert wer-den. So entsteht in der Summe eingleichmäßig verfügbarer Strom.Nur dieser Weg geht. Alles anderesind Hirngespinste“, so Sinn.

Als Hirngespinste lassen sichgetrost auch aktuelle Forderungenvon Politikern bezeichnen,Deutschland solle verstärkt Erd-gas aus Nordafrika, Katar oder denUSA beziehen, um Importe ausRussland zu ersetzen. Libyens

schleichende Verwandlung ineinen gescheiterten Staat und Isla-misten-Angriffe auf Förderanlagenin Algerien empfehlen Nordafrikanämlich kaum als zuverlässigeLieferregion. Auch Katar ist alsLieferant mit Vorsicht zu genie-ßen. Mit seinen Petro-Dollarsunterstützt das Emirat nicht nurweltweit Islamisten, nach bisheri-gen Plänen würde eine PipelineKatars in Richtung Europa auchüber türkisches Gebiet gehen.Energiepolitisch wäre Deutsch-land damit unversehens abhängigvon den unberechenbaren Groß-macht-Allüren Ankaras. Zweifel-haft ist ebenso, ob Nordamerikaals Erdgaslieferant in Fragekommt. Angesichts hoher Kostenbei drastisch nachlassenden För-derraten wachsen selbst in denUSA immer mehr die Zweifel, obder bisher umjubelte Schiefergas-Boom noch lange andauert.

Mit Blick auf russischesErdgas scheint selbst beiengen Verbündeten derUSA, wie der Türkei undGroßbritannien, wesentlichmehr Realismus zu herr-schen als unter hiesigenPolitikern. Ungeachtet derKrim-Krise haben sichAnkara und Moskau vorKurzem über einen Ausbauder bereits bestehendenErdgaspipeline Blue Streamgeeinigt. Zur besseren Ver-sorgung der Türkei mit rus-sischem Erdgas soll dieKapazität der Leitung vonderzeit 16 Milliarden auf 19Milliarden Kubikmeter jähr-lich ausgebaut werden. InGroßbritannien hat bereitsim März der Konzern Centri-ca bekanntgegeben, dass erab Oktober mit dem Direkt-import von russischem Gasbeginnen will. Der Schritthat Signalwirkung. AlsEigentümer von British Gasist Centrica der größteStrom- und Gasversorger imVereinigten Königreich. Bis-her importiert Großbritan-nien russisches Erdgas nochüber Deutschland und ande-re europäische Länder.

Norman Hanert

Wirtschaftskrieg gefährdet EnergiewendeFreihandelszone zwischen EU und Russland würde Deutschland nützen – Handel hilft, Frieden zu bewahren

Die Washingtoner Verhand-lungen zwischen den Ver-einigten Staaten von Ameri-

ka und der Europäischen Unionüber das gemeinsame „Transatlan-tische Freihandelsabkommen“befinden sich nun in der viertenPhase. Schon jetzt sind beide Sei-ten einander der größte Handels-partner. Nach Daten der US-Regie-rung betrug das gemeinsame Han-delsvolumen vergangenes Jahrrund 649 Milliarden US-Dollar.Doch dürfte sich dies, so der Plan,durch neue Rahmenbedingungenwie den Wegfall von Zöllen undvon Beschränkungen bei Investitio-nen noch erheblich erhöhen. Sodurch eine signifikante Stimulationdes jeweiligen Wirtschaftswachs-tums und des Arbeitsmarktes.Besonderes Interesse zeigen beideSeiten an einem Ausbau des Han-dels in den Bereichen Automobil,Chemie, Pharmazie, Energie,Finanzen und Kommunikation.

Doch gibt es auch warnendeStimmen. Vor allem was diegeplante Angleichung des Stan-dards bezüglich der angebotenenProdukte betrifft, denn da existie-ren zwischen den USA und der EUUnterschiede. So graust es vielenEuropäern vor in den USAüblichen genetischen Veränderun-

gen von Obst und Gemüse wiezum Beispiel Sojabohnen. Auchbei Fleisch ist der Verbraucher-schutz in Europa größer. Auf euro-päischer Seite haben sich daherProteste gegen das Abkommenerhoben, zumeist von Umwelt-schützern, aber auch Gewerkschaf-ten. Auch spielt das Misstrauengegen die USA nach dem NSA-Spionage-Skandal eine Rolle.

Laut einer Umfrage, die die Ber-telsmann Foundation (eine US-Tochter der Bertelsmann-Stiftung)zusammen mit dem Meinungsfor-schungsinstitut Pew Research Cen-ter durchgeführt hat, befürwortetmit 53 Prozent der US-Amerika-ner und 55 Prozent der Deutschenjeweils nur eine knappe Mehrheitdas Abkommen. Dabei ist dieZustimmung mit 67 Prozent beider jungen US-Bevölkerung amgrößten. 68 Prozent dieser 18- bis29-Jährigen stehen laut dem PewResearch Center jedoch auch hin-ter einem vergleichbaren Handels-

abkommen mit Asien, über dasdie USA ebenfalls verhandeln,der Trans Pacific Partnership(TPP). Sie sind sogar der Mei-nung, dass Asien noch wichtigerfür die USA sei als Europa.Genau diese Tendenz fürchtetman auch in Europa.

Die US-Gegner des Abkommensmit der EU, mit 23 Prozent in derMinderheit, sehen vor allem einenmöglichen Verlust von Arbeitsplät-zen und Probleme für kleinere Fir-men durch die ausländische Kon-kurrenz des exportstarken deut-schen Mittelstands. Nach demMotto: „Die Großen machenGewinn, die Kleinen gehen unter.“

Wenn die Verhandlungen fürden, wie es heißt, „größten Han-delspakt der Geschichte“ abge-schlossen sind, müssen EU-Parla-ment und US-Kongress nochzustimmen. Überraschenderweisesind mehr Demokraten (60 Pro-zent) dafür als Republikaner (44Prozent). So ist noch alles offen.Dazu Stefan Grobe, von „euronewsWashington“: „Beobachter hiersehen das Abkommen als den letz-ten Versuch des Westens, in einerWelt zu dominieren, die zuneh-mend von China, Indien undanderen, wie Brasilien, beeinflusstwird.“ Liselotte Millauer

Auf beiden Seiten ÄngsteFreihandel zwischen EU und USA auch bei US-Bürgern umstritten

Zu Tode »stabilisiert«Athen kehrt an den Finanzmarkt zurück – Ressourcen aber aufgebraucht

Bereits 2010 bat Putin Berlin um

Freihandelszone

Verbraucherschutzhier, dort

Arbeitsplätze

MELDUNGEN

Mehr Geld fürAufsichtsräte

Berlin – Die Deutsche Schutzver -einigung für Wertpapierbesitz haterrechnet, dass die Aufseher der 30Dax-Konzerne im vergangenen Jahrrund fünf Millionen Euro bezie-hungsweise 7,6 Prozentpunktemehr verdienten als im Jahr zuvor.Insgesamt erhielten sie knapp 70Millionen Euro. Das Durchschnitts-gehalt eines Dax-Aufsichtsratschefsbetrug im vergangenen Jahr rund300000 Euro. J.H.

Gütesiegelin Gefahr

Brüssel – Das EU-Parlament hatam Dienstag vergangener Wochedie verpflichtende Herkunfts-kennzeichnung („Made in …“) vonWaren beschlossen. Sie soll, vor-behaltlich der Zustimmung desEU-Rates, für mehr Transparenzin der Produktlieferkette sorgenund die bisherige freiwilligeKennzeichnung ersetzen. Konser-vative deutsche EU-Abgeordnetewarnen davor, dass dem weltweitals Gütesiegel geltenden „Made inGermany“ wegen niedriger Hür-den bei der Zuerkennung derHerkunftsbezeichnung schwererSchaden drohe. J.H.

Etappensiegfür den Fiskus

München – Im Streit um sogenann-te „Cum-Ex“-Aktiengeschäfte hatdie Finanzverwaltung vor demBundesfinanzhof einen Etappen-sieg errungen. In dem Verfahrenhatte eine Beteiligungsgesellschaftmit dem Finanzamt über denAnspruch auf Anrechnung vonKapitalertragssteuer gestritten.Dabei ging es um Aktiengeschäfte,die Banken, aber auch Fonds betrie-ben haben sollen. Weil dabei ein-mal gezahlte Kapitalertragssteuermehrfach erstattet wurde, soll derFiskus mit den schnellen Aktien-käufen und -verkäufen rund umden Dividendenstichtag um Milli-arden gebracht worden sein. J.H.

Griechenlands erfolgreicheRückkehr an den Kapital-markt wird weithin als

Wendemarke hin zu einer Besse-rung gefeiert. Dass am EndeGebote von rund 550 Investorenim Volumen von über 20 Milliar-den Euro vorlagen, taugt aus Sichtkritischer Beobachter hingegenwenig als Beweis für eine Gesun-dung Griechenlands. „Zurückzu-führen ist die Platzierung nichtauf erfolgreiche Reformen, son-dern darauf, dass die finanz- undgeldpolitischen Interventionender vergangenen Jahre die markt-wirtschaftlichen Kräfte außerKraft gesetzt haben“, lautet etwadie Einschätzung des FreiburgerCentrums für Europäische Politik(CEP). Tatsächlich sind viele Inve-storen längst auf eine Entwick-lung aufmerksam geworden, dievon der „Wirtschaftswoche“ wiefolgt beschrieben wird: Griechen-land hat Konditionen für einenPleitestaat erhalten, der einfachnicht pleitegehen darf. So beträgtdie durchschnittliche Laufzeit derKredite aus dem Euro-Rettungs-fonds inzwischen 30 Jahre, derdurchschnittliche Zinssatz liegtbei 1,5 Prozent. Zinsen zahltAthen wegen eines zehnjährigenZinsmoratoriums momentan

ohnehin keine, wirklich getilgtwerden müssen die Hilfskrediteerst nach 2040. Alles Zeichen, dieInvestoren signalisieren, dass imNotfall EU und EZB schon dafürsorgen werden, dass Athen flüssigbleibt.

Einer Augenwischerei im Vor-feld der EU-Wahlen kommt dieMeldung eines überraschendhohen Primärüberschusses im grie-

chischen Staatshaushalt gleich.Laut griechischem Finanzministe-rium belief sich im ersten Quartal2014 der Überschuss auf 1,57Milliarden Euro. Verschwiegenwurde freilich, dass der vermeint-liche Primärüberschuss, also einHaushaltsüberschuss abzüglichZinslasten, nur gemeldet werdenkonnte, weil geleistete Bankenhil-fen herausgerechnet wurden. Esfehlen ebenso noch offene Rech-nungen des Staates und zurückge-haltene Steuerrückerstattungen.

Geht es nach dem Council onForeign Relations, einem privaten

US-amerikanischen sogenanntenThink Tank, dann ist der gemelde-te Haushaltsüberschuss ein Früh-indikator für eine endgültige Plei-te Griechenlands. Länder inSchuldenkrisen wurden wieArgentinien im Jahr 2001 oderVenezuela im Jahr 1998 oft zujenem Zeitpunkt zahlungsunfä-hig, an dem sie einen Primärüber-schuss erreicht hatten.

Auch im Fall Griechenlandsspricht einiges dafür, dass die bis-herige Sparpolitik auf Dauer nichtdurchzuhalten ist. So hat Grie-chenland nach den Vorgaben derinternationalen Kreditgeber seineGesundheitsausgaben auf sechsProzent der Wirtschaftsleistungdes Landes zusammengestrichen– Deutschland liegt zum Vergleichbei rund elf Prozent.

Als Folge der radikalen Einspa-rungen steht GriechenlandsGesundheitssystem nun voreinem Kollaps: Die Säuglings-sterblichkeit ist seit Beginn derKrise um 43 Prozent gestiegen,rund 800000 Griechen habenmittlerweile keine Krankenversi-cherung mehr. Allein die Norma-lisierung der Gesundheitsausga-ben würde Griechenlands Haus-haltsdefizit wieder explodierenlassen. N.H.

Investoren vertrauenauf Solvenz

der EU und EZB

Begehrter Rohstoff: Türkei und Großbritannien setzen verstärkt auf russisches Gas Bild: action press

FORUM8 Nr. 17 – 26. April 2014

Wassertaufe. Wir sind inAthen, in einem der vie-len die Küste wie ein

Kranz umgebenden Seebäder, mitdank deutscher Technik seit Lan-gem gutem, klarem Wasser am En-de einer kleinen Bucht. Plötzlich,das sieht man ja nun nicht alle Ta-ge, stürmt ein Haufen schöner, jun-ger, durchgängig schwarzer Mäd-chen neben uns ins Wasser, ki-chernd und fröhlich. Eine Reise-gruppe aus Ghana? Aus Südafrika?Aus den USA? In Athen ist nichtsunmöglich. Und wie in allen Großstädtender Welt guckt niemand groß hin, wennetwas Auffälliges passiert. Am Wasser an-gekommen, heben und senken sie selt-sam die Arme, formieren sich zu einemGänsemarsch, halten aber Abstand, lau-fen, immer eins hinter dem anderen, undstreben mit seltsamen Verbeugungen aufeinen Punkt im Meer zu. Dort, halbhochim Wasser steht ein etwas älterer Schwar-zer, der das erste Mädchen empfängt, ihmüber die Stirn und übers Haar streicht,sich das Mädchen in seinen Arm legt,sich dann seitlich dreht und es ins Meertaucht, einmal, zweimal, dreimal. Danndas nächste Mädchen. Eine Taufe also,klar. Die rituelle Was-sertaufe einer Sekteoder Religionsge-meinschaft. Aber waswir erst beim zweitenHingucken bemer-ken: Alle haben einHandy und alle fil-men sich gegenseitig beim Getauft wer-den, aber auch beim Filmen und Zurück-kommen. Anschließend stehen alle undsind wieder mit dem Handy beschäftigt.Offenbar um die neuen Fotos nach Gha-na, nach Südafrika oder nach New Yorkzu senden, zu „posten“, wie man das heu-te nennt. Und das Heben und Senken derArme war das Filmen der anderen mit ih-rem Handy, die Bemühung, die Taufe fest-zuhalten für die Ewigkeit eines Augen-

blicks: des Absendens der Bilder – anwen auch immer. „Schade, dass wir kei-nen Fotoapparat dabei haben“, sagte mei-ne griechische Freundin, ein Reflex auseiner fernen Vergangenheit.Was uns, einmal aufmerksam gewor-

den, auffiel und denkwürdig erschien:Ein Kleinkind, fast noch ein Baby, in ei-nem Park in Paris, mit einem Schnullerim Mund, das in seinen Händchen, wiefrüher eine Rassel oder/und eine Kinder-klapper, ein Smartphone umklammerteund ordentlich die Bilder der Reihe nacherscheinen ließ und beiseite wischte,während die Mutter sich seelenruhig miteiner anderen Mutter unterhielt.

Oper in Köln. Siefindet in einem Zeltstatt, das ursprünglichfür Musicals gebautwar, die so laut waren,dass man vor Betretendes ZuschauerraumsOhrstöpsel angeboten

bekam. Nun also der „Freischütz“. Wirbeobachteten eine Gruppe junger Mäd-chen, die offenkundig zum ersten Mal inihrem Leben in die Oper gingen und äu-ßerst aufmerksam zuhörten. Immerhinwar es noch die Musik von Carl Mariavon Weber, von guten Sängern dargebo-ten und vom Gürzenich-Orchester be-gleitet. Das war aber auch alles. Der heu-te üblichen Unsitte folgend, Opern undTheaterstücke aus dem 19. Jahrhundert

„gegen den Strich zu bürsten“, das heißtnach Kräften zu verballhornen, war derRegisseur auf die geniale Idee gekom-men, den Freischütz in einen Zirkus zuverlegen, mit roten Pappnasen und Zir-kus-Kostümen. Unsere Teenager störtedas nicht, denn andere Aufführungenkannten sie ja nicht, würden sie auch niekennenlernen, da es weit und breit keinenicht „aktualisierten“ Aufführungenmehr gibt.Kaum ist die Pause eingeläutet, löst

sich die gespannte Aufmerksamkeit. So-fort beugen sich die drei Mädchen überihr Handy, wie selbstverständlich. Jedegibt eine anscheinend wichtige Botschaftdurch. Vielleicht haben sie auch Fotos ge-macht und „posten“ die. Wir fragen, wieihnen die Oper gefallen habe. Klasse.Krass. Das war nicht mal falsch. Die Operfiel am Ende mit einem Buh-Konzert fürden Pappnasen-Regisseur durch. Einmalim Gespräch, fragen wir die Mädchen, obsie den Komponisten mögen und was sieüber ihn wissen. Die Antwort ist ein so-fortiges Fingerwischen. Dann zeigen sieuns triumphierend das Display. Porträt,Lebenslauf, die wichtigsten Opern, aufWunsch Musik auf Youtube. Wisch undweg. Die eine Hälfte der Nation versteht im-

mer nur Bahnhof, wenn sie vom Internet,Twitter, Facebook, Instagram hört, die an-dere Hälfte kann sich ein Leben ohne ihr„Tablet“ oder ihr Smartphone gar nicht

mehr vorstellen, wie die „Spiegel“-Re-dakteurin Ann-Kathrin Netzig, die ganzoffen bekennt: „Ich halte das Internet fürdie beste Erfindung nach dem Rad.“Allerdings gibt sie zu: „Internet undSmartphone habenmich zur Unselbst-ständigkeit erzogen.Ich bin nicht mehr fä-hig, einen Pfannku-chen zu backen odereine Adresse zu fin-den ohne die Hilfevon Google.“Die eine Hälfte der Deutschen ruft im-

mer noch ein Reisebüro an, wenn sie ei-nen Flug oder einen Urlaub buchen will,sie vertraut auf die ihr lange bekanntenMitarbeiter, freut sich auf die Reise undlässt sich überraschen. Die andere weißalles schon vorher. Sie kennt alle Einzel-heiten des Landes, mit Fotos, Videos undMusik. Die besten Restaurants und Se-henswürdigkeiten sind ihr bereits be-kannt, und eigentlich ist nichts überra-schend. Und durch Deutschland geht ein tiefer

Riss. Ist es aussichtslos zwischen den bei-den Positionen zu vermitteln? Kommt einnur noch digitales Zeitalter, eine kalteWelt der Isolation und gegenseitiger Ab-schottung? Oder? Drehen wir den Spießeinmal um. Das neue Medium Internetgibt dem sonst nahezu machtlosen Bür-ger erstaunlich viele Möglichkeiten. Nut-

zen wir die neue Technik, unter-stützt im Notfall von unseren En-kelkindern, für die gute Sache, diewir vertreten. Nächsten Monat, beider EU-Wahl. Das Internet beißt nicht. Man

muss es nur nutzen und vielPhantasie haben und – keineAngst. Das fordert jedenfalls einAutor, dessen Buch schon von al-len Linken schlecht besprochenwurde. (Die PAZ berichtete be-reits über den in Istanbul gebore-nen, erfolg-reichen und in 17

Sprachen übersetzten Krimiautor AkifPirincci.) Es steht bereits an der Spitzeder Bestsellerlisten, und das ist gut füruns. Pirinçci sagt alles etwas laut undüberdeutlich, weil er fürchtet, sonst

nicht verstanden zuwerden. „Mir ist esegal, ob man mich ei-nen Nazi schimpftoder eine Klobürste!“Der kleine Akif mitder großen Klappewill den Deutschen

vor allem die Angst ausreden: „Was wür-de passieren, wenn sich die Hälfte allerKneipengäste plötzlich eine Zigaretteanstecken würde? Drohte den Protest-paffenden dann der Galgen? Und waswürde passieren, wenn wir das Gleichemit unserem Todfeind, der Deutschlandhassenden bescheuerten EuropäischenUnion anstellten, ihre Schizo-Befehleverweigerten und uns ihre Raubzügedurch unser Staatsbudget verbitten wür-den? Dann würde auch dieses Gesindelinnerhalb von zwei Monaten pleitege-hen. Aber wir werden uns nicht wider-setzen, wir werden weder in der Kneiperauchen noch die Zahlungen an die EUeinstellen. Weil wir Angst haben. Gottweiß wovor. Wir sind Opfer unserer ei-genen Angstdämonen.“ Bravo, Akif. Fangen wir an, die Dämo-

nen zu vertreiben. Wir sind stärker, alswir denken.

Moment mal!

Ein neuer Riss geht durch Deutschland

Von KLAUS RAINER RÖHL

Die eine Hälfte macht inzwischen fast

alles online

Internet statt Wissen heißt die neue

Devise

Syriens Machthaber Bascharal-Assad tritt so selbst- und

siegesbewusst auf wie schon lan-ge nicht mehr. Angesichts der do-minanten Berichterstattung überdie Ukraine weitgehend unbeach-tet, hat er in den vergangenenMonaten erhebliches Terrainwiedergewonnen – nicht nur geo-grafisch, sondern auch hinsicht-lich der Stimmung im Land. DieSyrien-Politik des Westens mitdem Ziel des raschen Sturzes desAssad-Regimes ist gescheitert.Da dürfte es kaum ein Zufall

sein, dass gerade jetzt die US-Re-gierung angeblich über Hinweiseauf den Einsatz „handelsüblicherIndustriechemikalien“ gegen ein

von der sogenannten Oppositionkontrolliertes Dorf verfügt. Vonchemischen Waffen ist wohlweis-lich nicht die Rede, rühmt mansich doch, bereits 80 Prozent dersyrischen Chemiewaffen vernich-tet zu haben. Doch dieser Ver-such, erneut die Empörung desWeltgewissens gegen Assad zurichten, will nicht recht fruchten.Nicht, weil die syrische Regierungden Vorwurf vehement zurück -weist, sondern weil mittlerweilejedermann weiß, dass auch die„Rebellen“ zu jeder Untat fähigund bereit sind. Da gibt es nichteinmal mehr einen Aufschrei inder Welt, wenn sie zu Opfern vonChemiewaffen erklärt werden.

Kein AufschreiVon Jan Heitmann

Chaos-MacherVon Manuela Rosenthal-Kappi

Folgt nach Libyen, Syrien undder Ukraine nun Aserbaid-

schan als Austragungsort für denSchlagabtausch fremder Interes-sen? Aserbaidschans PräsidentIlhan Alijew scheint sich daraufvorzubereiten, indem er, wieeinst Viktor Janukowitsch, ver-sucht, sich nach allen Seiten ab-zusichern: Er nutzt Gesprächemit dem Iran dazu, sich gegen dieOst-West-Achse, mit der er ande-rerseits paktiert, abzusichern.Dass der Kaukasus ein Pulverfassist, in dem seit Jahrhundertenverfeindete Ethnien in Nachbar-schaft leben und in dem Konflik-te jederzeit wieder aufflammenkönnen, ist kein Geheimnis.Wenn ausländische Nichtregie-rungsorganisationen dazu be-nutzt werden, die Ideologie einesLandes oder einer Großmacht, et-wa der USA oder Russlands, ineine junge Republik zu transpor-tieren – die Republiken entstan-den erst nach dem Zerfall der

Sowjetunion –, tragen sie zurVerschärfung der Konflikte stattzur Befriedung der Völker bei.Die genannten Beispiele zeigendies. Auch wenn unsere Politikerso tun, als sei ihr Handeln vonmoralischen Werten geprägt,zeigt die Wirklichkeit, dass ihrDrang, auf Geheiß WashingtonsDemokratie in alle Welt zu expor-tieren, daran scheitert, dass garnicht alle Völker eine Demokratiebevorzugen. Vor allem islamischeLänder wie Aserbaidschan oderselbst die Türkei unter Erdoganhaben eine andere Vorstellungdavon, wie ihr Land regiert wer-den sollte, als die Herrscher imfernen Amerika. Moralisch ver-werflich ist, dass die „Chaos-Ma-cher“ nur deswegen Unruhenschüren, weil sie selbst ein wirt-schaftliches Interesse dabei ver-folgen. Bei der Einflussnahme inAserbaidschan geht es um dieKontrolle über die Energie-ressourcen Zentralasiens.

Augen zu und durchVon Rebecca Bellano

Während Pessimisten diemysteriösen US-Staats-anleiheaufkäufe über

Käufer aus Belgien bereits als daserste Anzeichen einer heraufzie-henden weltweiten Währungskri-se deuten, da sie US-freundlichenInvestoren oder den USA direktStützungskäufe unterstellen, mes-sen Optimisten diesem Detail inder US-Statistik keinen nennens-werten Informationsgehalt zu.Stattdessen freuen sie sich darü-ber, dass am Ostermontag dieKurse für US-Staatsanleihen wie-der gestiegen sind. Wirtschafts-meldungen war zu entnehmen,dass Händler US-Staatsanleihengerade aufgrund der Ukraine-Kri-se als „sicheren Hafen“ feiertenund wenn selbst einige US-Inve-storen wie Pimco die US-Schuld-papiere verkauften, dann läge dasnur an den positiven Meldungenaus der US-Wirtschaft, die wieder

lukrativere Geldanlagemöglich-keiten böte als die Wertpapiere,die beispielsweise bei einer zwei-jährigen Laufzeit nur 0,45 Prozentböten. Und Länder wie Chinawürden derzeit nur nicht mehrUS-Staatsanleihen im großen Stilkaufen, weil siewirtschaftlicheProbleme hätten.Zudem, wennaus den USAStützungskäufefür US-Staatsan-leihen lanciertwürden, dann würde das Mekkader Geheimdienste und der Fi-nanzindustrie doch bestimmt ge-schickter vorgehen und seineSpuren verwischen. Also alles gut? Mitnichten!

Denn selbst wenn sich demnächsteine logische Erklärung dafür fin-det, warum Investoren neuerdingsüber Belgien massenhaft US-

Staatsanleihen kaufen, dann än-dert das immer noch nichts anden gigantischen US-Staatsschul-den. 17,3 Billionen US-Dollar be-trug die US-Staatsverschuldungim Januar und lag damit über 108Prozent des US-Bruttoinlandspro-

duktes. Für einLand, das dieWeltleitwährungDollar stellt, istdas keine ver-trauenserwek-kende Kennziffer.Und dann ist da

auch noch der Umstand, dass sichRepublikaner und Demokraten imUS-Kongress nicht das Schwarzeunterm Fingernagel gönnen, ge-schweige denn, dass sie dazu inder Lage sind, gemeinsam langfri-stige Lösungen für die Schulden-problematik zu finden. Diese finanziellen Probleme

konnten die USA auch nur auf-

häufen, weil sie einen treuenGeldgeber haben. Denn größterHalter von US-Schuldpapieren istnicht China (1,27 Billionen US-Dollar), Japan (1,20 Billionen),Belgien (310 Milliarden) oder einGroßinvestor wie Pimco, sonderndie US-Zentralbank Fed. Sie hältUS-Staatspapiere im Wert von 2,3Billionen US-Dollar. Zwar redu-ziert sie derzeit offiziell ständigden monatlichen Zukauf, der der-zeit bei 55 Milliarden US-Dollarliegt, doch noch immer finanziertsie so die Politik der US-Regie-rung. Das Fundament, auf dem dieWeltleitwährung Dollar fußt, istalso instabil. Doch warum zieht dann nie-

mand die Reißleine? Zumindestdiese Antwort ist einfach: Weil imwahrsten Sinne des Wortes allemit drin hängen und es auch bis-her keine wirkliche Alternativegibt, siehe Euro-Krise.

US-Dollar in Nöten: Wer finanziertkünftig die ver-schuldeten USA,wenn China,Russland, Inve-storen und die US-ZentralbankFed ihre Nach-frage nach US-Staatspapierenreduzieren?

Bild: action press

Droht eine globale

Währungskrise?

KULTUR Nr. 17 – 26. April 2014 9

MELDUNG

Wagners liebster Feind

Diese Kränkung konnte Ri -chard Wagner nicht überwin-

den. Als Giacomo Meyerbeerpreußischer Generalmusikdirek-tor der Berliner Oper war, wolltesich Wagner bei ihm regelrecht„einschleimen“, damit seine frü-hen Opern Aufnahme ins BerlinerRepertoire fanden. Wagner hul-digte: „Meyerbeer schrieb Thatender Musik, Musik, wie sie vor ihmHändel, Gluck und Mozart schrie-ben, und diese waren Deutscheund Meyerbeer ist ein Deutscher.“Diese Lobhudelei nutzte nichts.

Meyerbeer ließ die Werke desKollegen nicht ins Haus. Jahrespäter, als Meyerbeer der gefeier-te Komponist an der Pariser Operwar, rächte sich Wagner nacheinem Besuch in der Seine-Stadt1849: „In den letzten Jahrzehntensind unter Meyerbeers Geldein-flusse die Pariser Opernkunstan-gelegenheiten so stinkendscheußlich geworden, daß sichein ehrlicher Mensch nicht mitihnen abgeben kann.“ In seinemantisemitischen Pamphlet „DasJudentum in der Musik“ ist Mey-erbeers Schaffen neben demMendelssohn Bartholdys ein Bei-spiel für die künstlerisch „seelen-lose“ Musik von Juden.Als Wagner das schrieb, war

Meyerbeer am Zenit angelangt.Weder Rossini noch Berlioz nochWagner übertrafen ihn zu seinenLebzeiten in der Publikumsgunst.

Der 1791 inTasdorf beiBerlin alsJakob Lieb-mann MeyerBeer geboreneP r e u ß e ,schrieb in sei-nen Jahren inParis, wohiner 1814 erst-mals zog undwo er als Mey-

erbeer lebte, einen Opernhit nachdem anderen: „Robert der Teufel“(1831), „Die Hugenotten“ (1836),„Der Prophet“ (1849) und „DieAfrikanerin“ (postum 1865). Meyerbeer nahm die Schmä-

hungen Wagners gelassen hin.Dessen großer Stern ging erst sorichtig auf, als Meyerbeer vor 150Jahren, am 2. Mai 1864, starb.Heute ist Wagner der Star undMeyerbeer nahezu vergessen. tws

Ohne den am 27. April 1764 inStuttgart geborenen Johann Fried -rich Cotta wäre die deutsche Klas-sik und Romantik vielleicht nurein laues Lüftchen geblieben.Seine Cotta’sche Verlagsbuch-handlung verbreitete die Schriftender Dichter und Denker undmachte sie so erst berühmt.

Eine bedeutende Persönlich-keit in der deutschen Verlags-und Literaturgeschichte istJohann Friedrich Cotta. 1817geadelt und 1822 in den Frei-herrnstand erhoben, trug erseitdem den Fami-liennamen Cotta vonCottendorf. Dem Un -ternehmergeist desVerlegers von Goe-the, Schiller, Kleistund zahlreichen an -deren Klassiker ver-dankt der heutigeVerlag Klett-Cottamit einiger Wahr-scheinlichkeit seinüber 350-jähriges Beste-hen. 1787 wurde CottaInhaber der Cotta’schenBuchhandlung in Tübin-gen, die schon damalseine lange Traditionhatte, und führte sie zuWeltruhm. Gründer der Tübinger Verlags-

buchhandlung war Cottas Urur-großvater Johann Georg Cotta(1631−1692), der durch Ehe-schließung in den Besitz von Sor-timent und Verlag eines Buchge-schäftes gekommen war, das erseit 1659 unter dem Namen J. G.Cotta’sche Buchhandlung fort-führte. Die Firma blieb in Fami-lienbesitz, sie war aber hoch ver-schuldet, als sich Johann Fried -rich Cotta im Alter von 23 Jahrennach einem Mathematik-, Ge -schichts- und Jurastudium ent-schloss, seine beruflichen Plänezu ändern, um die marode Buch-handlung käuflich zu erwerben. Dank seiner umsichtigen Kal-

kulation und günstiger Umständesetzte eine wirtschaftliche Gesun-dung des Unternehmens ein.Erneut belebte Cotta die verlege-rischen Aktivitäten und gingdabei hohe Risiken ein. So

gewährte er den von ihm unterVertrag genommenen Schriftstel-lern großzügige Vorauszahlungen,womit er Autoren wie FriedrichSchiller zu einem sorgenfreienLeben verhalf. Im Mai 1794 warer Schiller erstmals begegnet, alsdieser seinen früheren Lehrer ander Tübinger Karlsschule besuch-

te. Es begann

eine enge geschäftliche Verbin-dung, aus der sich bald daraufeine Freundschaft entwickelte.Cotta übernahm 1795 den Verlagder von Schiller herausgegebenenMonatsschrift „Die Horen“, die alswichtiger Impulsgeber der Wei-marer Klassik gilt. Als Autorenwirkten führende Künstler undGelehrte der Zeit mit wie Goethe,Johann Gottlieb Fichte und Wil-helm von Humboldt. Über Schiller wurde der Kon-

takt zu Goethe geknüpft, denCotta 1797 in seinem Haus naheder Stiftskirche empfing. Nachdieser ersten Begegnung äußertesich Goethe äußerst positiv: „Jenäher ich ihn kenne, desto bessergefällt er mir; für einen Mann vonstrebender Denkart und unter-

nehmender Handlungsweise hater so viel Mäßiges, Sanftes undGefasstes, so viel Klarheit undBeharrlichkeit, daß er mir eineseltene Erscheinung ist.“ Zwar wurde das Erscheinen der

„Horen“ schon 1797 eingestellt,aber die auf Vertrauen gestützteVerbindung des Tübinger Verle-gers mit den beiden berühmten

Dichtern war von Dauer. Verliererdieser fest gegründeten Allianzwar der vorherige Verleger vonGoethe und Schiller, Georg Joa-chim Göschen. Es folgten Ver-tragsabschlüsse mit anderenbedeutenden Schriftstellern, dar-unter Hölderlin, Hebel, Uhland,Schwab, Schelling, Fichte, Hein-rich von Kleist und Pestalozzi.1806 erschien bei Cotta die ersteGesamtausgabe der Werke Goe-thes. Von 1806 bis 1867 verfügteder Cotta’sche Verlag über dasausschließliche Recht, Werke vonSchiller und Johann Wolfgang vonGoethe zu veröffentlichen. Auf Anregung Schillers gründe-

te Cotta 1798 eine politischeTageszeitung, deren Name „Neue-ste Weltkunde“ noch im selben

Jahr in „Allgemeine Zeitung“umgeändert wurde. Diese, eineder wichtigsten ZeitungenDeutschlands im 19. Jahrhundert,erschien seit 1803 in Ulm, seit1810 in Augsburg und seit 1882 inMünchen. 1824 wurde in derDruck werkstatt die erste Dampf-schnellpresse Bayerns aufgestellt.J ahrzehnte -

langer Erfolg war auch Cottas Kul-turzeitschrift „Morgenblatt fürgebildete Stände“ beschieden, dieer 1807 gründete. In dasselbe Jahrfällt auch die Eröffnung einerlithografischen Anstalt in Stutt-gart, der ersten in Württemberg.Bereits von 1798 bis 1803 hatteCotta in Stuttgart auch eine Ver-lagsfiliale unterhalten, die 1810Geschäftssitz wurde. 1820 erfolg-te die Gründung des „Polytechni-schen Journals“, der führendentechnischen Zeitschrift des 19. Jahrhunderts.Auf diplomatischer Ebene war

Cotta 1799 und 1802 in Erschei-nung getreten, als er sich in Parisaufhielt, um die Interessen Würt-tembergs in Frankreich zu vertre-ten. Auf dem Wiener Kongress

plädierte er im Auftrag der deut-schen Buchhändler zusammenmit Friedrich Bertuch für die Klä-rung rechtlicher Fragen und fürPressefreiheit. Gleichzeitig mitseiner Erhebung in den Adels-stand erhielt er von preußischerSeite den Titel „Geheimer Hofrat“. Seit 1819 war er Mitglied deswürttembergischen Landtags,seit 1829 ritterschaftlicherAbgeordneter des Schwarz-waldkreises. Zudem wurde derrechtskundige Verleger zurMitarbeit bei verschiedenenGesetzgebungsverfahren heran-

gezogen, so für dieSchaffung des Deut-schen Zollvereins.Als Privatmann warer Aktionär beiDampfschifffahrts-Gesellschaften, auchbesaß er mehrereLandgüter. Nach seinem Tod

am 29. Dezember1832 in Stuttgart ging

das mit einem hohenPassivstand belastete,weitverzweigte Geschäftan seinen Sohn FreiherrJohann Georg von Cottaüber, der weiterhin Aus-gaben deutscher Klassi-ker verlegte, darunter

Geibel, Uhland, Rückert, Platen,Kerner und Mörike; ferner Ale-xander von Humboldt, Ranke undGregorovius. Für Prachtausgabengewann er Künstler wie Schnorrvon Carolsfeld, Wilhelm Kaulbachund Moritz von Schwind. Seit 1839 galt der Greif als Ver-

lagszeichen. Freiherr Georg vonCotta erwarb die GöschenscheVerlagsbuchhandlung in Leipzigund gründete Bibelanstalten inStuttgart und München. 1865übernahm sein ältester Sohn Frei-herr Georg Adolf von Cotta denVerlag, den er 1889 an die BrüderAdolf und Paul Kröner verkaufte.Unter dem Firmennamen J. G.Cotta’sche Buchhandlung wurdendie Geschäfte fortgeführt, seit1899 als GmbH. Alle Anteile ander Firma erwarb 1977 der ErnstKlett Verlag. Der abgekürzte Fir-menname lautet seitdem Klett-Cotta. D. Jestrzemski

Herr der KlassikerEinflussreicher Verleger von Goethe, Schiller & Co.: Der vor 250 Jahren geborene J. F. Cotta

Verlagsgenie Johann Friedrich Cotta im Kreis seiner ebenso genialen Autoren: Goethe, Droste-Hülshoff, Hegel, Kleist, Alexander v. Humboldt und Schiller (von links unten). Bilder: mauritius (1), Archiv (6)

Geschichtsthemen verkau-fen sich im Fernsehen gut.Kaum eine Woche, in der

nicht ein neuer Film einen derbeiden Weltkriege, die 68er, Baa-der-Meinhof, Honecker, Mauer-bau und -fall oder kürzlich sogardie Wulff-Affäre wiederkäut. Jetztserviert uns das öffentlich-rechtli-che Fernsehen einen Fall, dereher eine geschichtliche Randno-tiz in den frühen 1960er Jahrendarstellt: „Die Spiegel-Affäre“.Am 2. Mai auf Arte und am

7. Mai im Ersten ist um jeweils20.15 Uhr der beste Sendeplatzfür eine allerdings in jeder Hin-sicht gelungene Geschichtsstundereserviert. Bei diesem spannen-den Duell zwischen dem „Spie-gel“-Macher Rudolf Augstein unddem damaligen Verteidigungsmi-nister Franz Josef Strauß erlebtder Zuschauer eine zeitlose Lek-tion über den bewusst inszenier-ten Sturz des tragischen Helden.Zu Guttenberg, Wulff, Schavan,

Friedrich – sie alle mussten ausbanalen Gründen zurücktreten,weil die Öffentlichkeit auf sie ein-getreten hat. „Wir haben den Filmauch in Hinblick auf heutige Affä-ren gedreht“, sagt RegisseurRoland Suso Richter über seinenFilm, „wenn ich mit dem Film in

eine Redaktionsstube hinein-schaue und das Ego von Mei-nungsmachern zeige, dann ist dasetwas, was der heutigen Zeit sehrgleicht.“ Heute wird bei Politikernauch gefragt, ob man da etwasausgraben kann, um den einenoder anderen fertigzumachen.In dem Film ist es die „Chemie“,

die zwischendem nordischkantigen Aug-stein und dembayerisch-ba -rocken Urge-stein Straußnicht stimmt,kurz: Sie kön-nen sich nichtriechen. „DerMann mussweg“, entschei-det Augsteinnach einemnächtlichen Ge -lage in seinerVilla mit Strauß,als dieser sich im Suff als Atom-bombenbefürworter ausweist.Von nun an schreibt die „Spie-

gel“-Mannschaft den Verteidi-gungsminister regelrecht „weg“.Am Ende skandalisiert die Politikeinen eigentlich faden Artikel mitdem Titel „Bedingt abwehrbereit“,

in dem zuvor schon bekanntgewordene Pläne des Verteidi-gungsministeriums zur atomarenAufrüstung der Bundeswehr ent-hüllt werden. In dem Zusammen-hang wurde das Hamburger Ver-lagshaus polizeilich durchsuchtund Haftbefehle gegen führendeRedakteure erlassen. Herausgeber

Augstein saß sogar 103 Tage inUntersuchungshaft.Kanzler Adenauer spielte den

Empörten. „Wir haben einenAbgrund von Landesverrat imLande“, schimpfte er im Parla-ment am 7. November 1962. Dasser seinen Verteidigungsminister

selbst verriet und ihn fallen ließ,weil er ihm wegen seines Ehrgei-zes gefährlich werden konnte,zeigt der Film aber auch.Regisseur Richter hat den Film

nicht mit den üblichen Starsbesetzt. Seine Lieblingsschauspie-ler wie Kai Wiesinger, mit dem er1997 mit dem Knastfilm „14 Tage

lebenslänglich“erfolgreich war,Heino Ferchoder ThomasKret schmannsind diesmalnicht mit dabei. Stat tdes sen

sieht man un -verbrauchte Ge -sichter wie dievon SebastianRudolph, derdem hagerenAugstein auchäußerlich ähn-lich ist, oderFrancis Fulton-

Smith, der „zwei Monate langordentlich gefuttert hat“ (Richter),um der fülligen Statur von Straußnahezukommen. Und AlexanderHeld spielt den Untersuchungs-richter Siegfried Buback, den erschon im Film „Der Baader Mein-hof Komplex“ verkörpert hat.

Basierte schon der Terroristen-Film auf einer Vorlage des Ex-Chefredakteurs des „Spiegel“ Ste-fan Aust, so hat dieser auch beider „Spiegel-Affäre“ als Autormitgewirkt. Aust plaudert prak-tisch aus dem Nähkästchen. Dasgilt besonders hinsichtlich desPorträts von Rudolf Augstein, dasnicht gerade schmeichelhaft aus-fällt. Der „Spiegel“-Gründererscheint hier als ein wollüstigesund rücksichtsloses Alpha-Tier.Weil er Strauß zu Fall gebracht

und das Thema Pressefreiheitzum Politikum gemacht hat, seiAugstein für ihn aber kein Held,betont Regisseur Richter. Im Filmist Augstein auch der Anti-Held,denn er hat sich das Ziel gesetzt,einen Mann zu vernichten. Daskommt einem bekannt vor.Deswegen sind auch Ge -

schichtsthemen derzeit modern:Sie bieten sich als Folie für heuti-ge Affären, Skandale, Attentateoder Unglücke an. Richter hat Er -fahrungen damit, hat er doch mit„Der Tunnel“, „Das Wunder vonBerlin“, „Dresden“ und „Mogadi-schu“ bereits ähnliche historischeDramen verfilmt. Sein nächstesProjekt ist übrigens „Grzimek“,ein Filmporträt des tierlieben TV-Onkels. Harald Tews

Da steckt ein kluger Kopf hinter: Sebastian Rudolph als Augstein

Menzel-Bildzurück in BerlinBerlin − Vor wenigen Tagen ist dieGouache „Aschermittwochmor-gen“ von Adolph von Menzel(1815−1905) nach Berlin zurück -gekehrt. Das Werk galt seit demZweiten Weltkrieg als verschol-len. Vor einigen Jahren wurde dieStiftung Preußischer Kulturbesitz(SPK) auf seinen Verbleib imLitauischen Kunstmuseum inWilna aufmerksam. Im Zuge einesGerichtsverfahrens erkannte dasBezirksgericht Wilna das Bild alsEigentum der SPK an. Das 1885auf braunem Papier entstandene,39,4 mal 24,7 Zentimeter großeWerk wurde im Jahr seiner Ent-stehung für die Berliner Museenerworben. Im Zweiten Weltkriegwurde es, wie auch andereBestände der Museen, zumSchutz vor Luftangriffen ausgela-gert. „Aschermittwochmorgen“befand sich ab März 1944 im Kel-ler des Berliner Reichsbankge-bäudes und galt seit 1945/46 alsverschollen. Die Gouache zählt zuden bedeutendsten Stadtansich -ten Menzels, der durch Historien-Bilder wie „Flötenkonzert Fried -richs des Großen in Sanssouci“oder „Krönung Wilhelms I. inKönigsberg“ berühmt wurde. tws

»Ein Abgrund an Landesverrat«»Spiegel«-Affäre verfilmt − Die Rolle von Franz Josef Strauß als Verteidigungsminister in neues Licht gerückt

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Seit 150 Jahrentot: Meyerbeer

GESCHICHTE10 Nr. 17 – 26. April 2014

»Der Friede scheint gerettet«Vor 75 Jahren kündigte Berlin den Nichtangriffspakt mit Warschau und das Flottenabkommen mit London

Die Schatten eines drohendenKrieges wurden länger, als dasDeutsche Reich am 28. April 1939den deutsch-polnischen Nichtan-griffspakt kündigte. Das ohnehinlabile Verhältnis zwischen beidenStaaten war vor 75 Jahren durcheine Reihe von Verweigerungenund Provokationen besondersstark belastet.

Der Kündigung desNichtangriffspakts war ei-nen knappen Monat zuvoreine französisch-britischeErklärung vom 31. März1939 vorausgegangen, inder die beiden westeuropä-ischen Großmächte Polenjeden Beistand zusicher-ten, sollte es militärisch be-droht werden. In einem ge-heimen Zusatzprotokollwurde der mutmaßlicheAggressor benannt:Deutschland. Gleichzeitighatte Polen einen vomDeutschen Reich ge-wünschten Beitritt zumAntikominternpakt sowieForderungen nach einerexterritorialen Eisenbahnund einer Autobahn durchden polnischen Korridorentschieden abgelehnt.Obwohl Adolf Hitler die

französisch-britische Er-klärung vom März für blo-ßes Säbelrasseln hielt, rea-gierte er scharf. Er kündig-te umgehend den deutsch-polnischen Nichtangriffs -pakt und das deutsch-briti-sche Flottenabkommen.Dazu nutzte er eine Redein der Berliner Krolloper,die mit großem Propagandaauf-wand angekündigt worden war.Für die jüngeren Schüler gab esschulfrei, die Geschäfte schlossenum 12 Uhr, in den Betrieben, Gast-stätten, Kinos und Theatern wur-den die Radios aufgedreht, eigenszu dem Anlass erschien eineSonderbriefmarke. Noch währendHitler sprach, wurden in War-

schau und London die Kündi-gungsschreiben überreicht. EinSonderflugzeug brachte 100 Ab-schriften nach Paris.Es war niemals mit offenen Kar-

ten gespielt worden. Zwar war derdeutsch-polnische Nichtangriffs -pakt im Januar 1934 geschlossenworden, aber bereits im Herbstdes Jahres erklärte Hitler einigen

höheren Parteifunktionären: „AlleAbmachungen mit Polen habennur vorübergehenden Wert. Ichdenke gar nicht daran, mich ernst-lich mit Polen zu verständigen.“Das politische Schachern mit

Pakten und Bündnissen, das Euro-pa bereits in den Ersten Weltkrieghatte taumeln lassen, wurde nachdessen Ende mit immer neu ge-

mischten Karten fortgesetzt. Nach-dem preußische Provinzen als Fol-ge des Vertrages von Versailles Po-len hatten überlassen werdenmüssen und Danzig zur FreienStadt erklärt worden war, seit derPolnische Korridor das Reichdurchschnitt, galt Polen in derWeimarer Republik als FeindNummer 1. Die Wunde war tief.

1925 hatte Gustav Stresemannnoch gegenüber dem polnischenAußenminister erklärt, er lehneden förmlichen Verzicht auf dieMöglichkeit eines Krieges ab. Viel-mehr schlossen die Weimarer Re-publik und die Sowjetunion 1926den Berliner Vertrag, in dem einemilitärische Zusammenarbeit ver-einbart wurde. Damit sollte Polen

geschwächt werden, denn dieReichsregierung wollte ebenso wiedie UdSSR die Grenzen zur Repu-blik Polen revidieren. 1931 wurdeeine Verlängerung des Vertragesum drei Jahre vereinbart. Polen, zu dieser Zeit mit Frank-

reich verbündet, schloss 1932 ei-nen Nichtangriffspakt mit derSow jetunion. Gleichzeitig warb

Benito Mussolini für die Bildungeines „Viererpaktes“, dem Großbri-tannien, Frankreich, Deutschlandund Italien angehören sollten.Auch dieses Bündnis – das nie-mals zustande kam – wurde vonPolen als Bedrohung empfunden.Die Regierung in Warschau, derenStreitkräfte zu jenem Zeitpunktdenen des Reiches deutlich über-

legen waren, drohte Deutschlandmit Krieg, sollte der Vierervertragratifiziert werden. Die Stimmungwar nationalistisch aufgeheizt.Immer wieder kam es im Polni-

schen Korridor und in der FreienStadt Danzig zu Übergriffen aufDeutsche, die deutsche Bevölke-rung im polnischen Staatsgebietwurde drangsaliert. Ein Krieg

schien jederzeit möglich. In dieser Situation setzte

Hitler 1933 auf Entspan-nung. Er wirkte auf die Par-teigenossen in Danzig mä-ßigend ein und tastete sichdiplomatisch auf vermin-tem Terrain vor. Die Reichs-wehr war noch schwach,und Hitler sprach von Frie-den. Immer wieder wies erdarauf hin, dass er sich alseinziger deutscher Politi-ker für die Versöhnung mitPolen einsetze. Zu den Zeichen guten

Willens gehörte auch daserste Fußball-Länderspielgegen Polen im Dezember1933 in Berlin. Es wurdeim Poststadion ausgetra-gen, weil das Deutsche Sta-dion im Grunewald geradefür die Olympischen Spiele1936 umgebaut wurde.35000 Zuschauer sahenein spannendes Spiel, daserst in letzter Minute miteinem Siegtor für die deut-sche Mannschaft endete.Die Stimmung bei beidenMannschaften war präch-tig. Zwei Monate nach die-sem Spiel, am 26. Januar1934, unterzeichnetenReichsaußenminister Kon-

stantin Freiherr von Neurath undder Botschafter Polens in Berlin,Jozef Lipski, in der Reichshaupt-stadt einen deutsch-polnischenNichtangriffspakt – Polen übri-gens, ohne den französischen Ver-bündeten zuvor in Kenntnis ge-setzt zu haben. Was die Stunde 1939 nach der

Kündigung des deutsch-polni-

schen Nichtangriffspakts geschla-gen hatte, wurde in Deutschlandunterschiedlich bewertet. Ein An-griff auf Polen habe ohne Kriegs-erklärung zu erfolgen, hatte Hitlerfür den „Fall Weiß“ angeordnet.Die militärische Bedeutung erläu-terte das Buch „Kriegskunst heuteund morgen“, verfasst von demOberst im Generalstab HermannFoertsch. Auszüge aus diesemBuch wurden im April 1939 indeutschen Zeitungen veröffent-licht: „Jeder Deutsche steht heutein der großen Wehrgemeinschaftdes Dritten Reiches und für jedenDeutschen ist es wichtig, die rich-tigen Vorstellungen über alles zuhaben, was mit der großen Lan-desverteidigung zusammenhängt… Eine Kriegseröffnung durchÜberfall hat nur dann wirklichenSinn, wenn der Erfolg eines sol-chen Überfalls kriegsentscheiden-

de Wirkung hat. Er muss lohnen …Auch bedeutet die überfallartigeKriegseröffnung eine politischeBelastung, die zu Beginn dasKriegs kaum in Gewicht fällt, beiVerlust des Krieges sich aber sehrungünstig auswirken kann.“Während derartige Überlegun-

gen allgemein publiziert wurden,atmeten viele Deutsche nach Hit-lers Rede in der Krolloper auf.„Welche Entspannung! Hitlers Re-de kein Kriegssignal“, notierte derSchriftsteller Jochen Klepper inseinem Tagebuch. „So viel ist inden vergangenen Wochen über ei-nen möglichen Krieg gesprochenworden. Und jetzt hat Hitler zwarzwei wichtige Verträge gekündigt,zugleich aber scheinbar neue Ver-handlungen angeboten. Die Stim-mung der Menschen ist zuver-sichtlich: Der Friede scheint geret-tet.“ Klaus J. Groth

Die PAZ-Autorin Vera Lengsfeld war seitden 1970er Jahren in der Opposition ge-gen das SED-Regime aktiv und seitdemMitorganisatorin aller wichtigen Veran-staltungen der Friedens- und Umweltbe-wegung der DDR. 1988 wurde sie wegen„Versuchter Zusammenrottung“ verhaftetund nach einem Monat in den Westen ab-geschoben. Am Morgen des 9. November1989 in die DDR zurückgekehrt, wurdesie Mitglied der Verfassungskommissiondes Runden Tisches und später der er-sten und zugleich letzten frei gewähltenVolkskammer. Von 1990 bis 2005 gehörtesie dem Deutschen Bundestag an. An die-ser Stelle wird die bekannte Bürgerrecht-lerin monatlich aus eigenem Erlebenüber die Ereignisse der Jahre 1989/90 inder DDR berichten.

Das Eis bricht im Frühling der Fried-lichen Revolution: Im April 1989 be-kommt das Sozialistische Lager unüber-sehbar kräftige Risse.In der DDR veröffentlicht das SED-Re-

gime nur zwei Tage nach der Ankündi-gung, das Reisegesetz erneut zu novellie-ren, eine Bestimmung, nach der zukünf-tig Ehepaare auch gemeinsam zu beson-deren Anlässen wie runden Geburtsta-gen, Hochzeiten, Taufen und Beerdigun-gen Verwandte in der Bundesrepublikbesuchen dürfen. Bisher durfte immernur ein Partner fahren. Der andere bliebsozusagen als Pfand zurück.Eine Novelle des Reisegesetzes war be-

reits Anfang des Jahres verabschiedetund in tausenden Eingaben der Bevölke-rung als unzureichend empfunden wor-den. Was im Jahr zuvor noch als revolu-tionäres Zugeständnis begrüßt wordenwäre, genügt nicht mehr.Auch die Evangelische Kirche der DDR

kritisiert umgehend die neue Reiseord-nung.

Sie verweist auf die Reformpolitik inPolen und Ungarn, wo es längst nichtmehr nur um Zugeständnisse, sondernum grundlegende Veränderungen geht.Die Kirche will sich nicht mehr mit derihr zugedachten Rolle als nichtmarxisti-sches Legitimationselement des SED-Staates begnügen. Sie will sich aktiv ein-mischen, nicht nur von den Oppositions-gruppen zum Handeln getrieben werdenund nimmt deshalb mit deutlichen Wor-ten die mangelnde Bereitschaft des Hon-ecker-Regimes ins Visier, echte Reformenzuzulassen. Mit dem Hinweis, dass das,was in Polen und Ungarn möglich ist, inder DDR nicht unmöglich sein kann, er-öffnet sie die Phase der offenen Ausein-andersetzung mit dem Staat. Von diesemempfindlichen Schlag wird sich das Regi-me nicht mehr erholen. Die Regierung Honecker spürt eine

weitere Gefahr und versucht, sich aus derSchusslinie zu bringen.Staats- und Parteichef Erich Honecker,

der gleichzeitig der Vorsitzende des Na-tionalen Verteidigungsrates ist, schafft et-was ab, das es offiziell gar nicht gebendurfte: den Schießbefehl. Er reagiert da-mit auf die anhaltenden Proteste gegendie Schießereien an der Grenze, denenzwei Monate zuvor der 20-jährige ChrisGueffroy zum Opfer gefallen war. Die un-aufhörlichen Fluchtversuche sorgten inden letzten Wochen immer wieder fürUnruhe. Das Regime befürchtet einenmassiven Imageschaden. Der Schießbefehl war eine der

schlimmsten Willkürmaßnahmen desSED-Staates. Entsprechend hartnäckig

wird seine Existenz immer noch geleug-net. Ein schriftliches Dokument fehlt.Immerhin wurden in der Verfassung derDDR 1982 Bestimmungen verankert,nach denen Schusswaffengebrauch nurbei Notwehr und nach klaren Warnungenlegitimiert war. Demnach waren die Schüsse an der

Grenze ein wissentlicher Bruch der Ver-fassung.Das beweist ein Stasi-Dokument von

1983, das noch deutlicher wurde: „Es istnotwendig, … dass Sie … die Schusswaffekonsequent anwenden, um den Verräterzu stellen bzw. zu liquidieren.“ Und wei-ter: „Zögern Sie nicht mit der Anwen-dung der Schusswaffe, auch dann nicht,wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauenund Kindern erfolgen, was sich die Verrä-ter schon oft zunutze gemacht haben.“ Als hätte das Regime nicht schon Ärger

genug, wird einen Monat vor den Kom-munalwahlen die Versorgungslage in derDDR immer prekärer. Viele Lebensmittelund Waren des täglichen Bedarfs, vor al-lem Obst und Gemüse, sind in den Kauf-hallen nur noch vormittags vorrätig. Werkeine Gelegenheit hat, während der Ar-beitszeit einkaufen zu gehen, stehtabends vor halb leeren Regalen. Eine sol-che Knappheit hat es seit Beginn der70er Jahre nicht mehr gegeben.Das heizt die Stimmung im Lande an.

Die Staatssicherheit der DDR arbeitet aufHochtouren: Sie erstellt einen umfangrei-chen Bericht über die von der Opposi-tion geplanten Aktivitäten zu den Kom-munalwahlen. Die Bandbreite reicht vonAufrufen zum Boykott der Wahlen bis hin

zu Aufrufen, gegen die Einheitsliste zustimmen. Ein solches Ausmaß an Akti-vitäten, einen solchen Willen zum Wider-spruch hat die Staatssicherheit nie zuvorfestgestellt. Sie kann nicht ahnen, dass sie bis zu

ihrer Auflösung nicht mehr zum Ausru-hen kommt und ständig Sonderschichtenfahren muss. Durch die ZDF-Sendung „Kontraste“,

die über DDR-Bürgerrechtler berichtet,die für freie Wahlen in der DDR eintretenoder einen Wahlboykott fordern, wirddas Vorhaben der Opposition im ganzenLand bekannt. Schließlich flüchtet diegroße Mehrheit der DDR-Bevölkerungallabendlich per TV in den Westen.Im Ergebnis besteht in Mecklenburg

die Einheitsliste bereits nicht mehr zu100 Prozent aus Vertretern der Parteiender Nationalen Front. Bei einer Listenauf-stellung war ein unabhängiger Kandidatmit genügend Unterstützern aufgetauchtund prompt nominiert worden. Niemandtraute sich, diese Panne auszubügeln.In der Sowjetunion geht es längst nicht

mehr nur um Kommunalwahlen. Dort findet der zweite Wahlgang zum

Kongress der Volksdeputierten statt. Zuden Kandidaten zählt auch der Friedens-nobelpreisträger Andrej Sacharow. Mitseiner Wahl endete eine der spektakulär-sten Dissidentenkarrieren der Sowjetu-nion.Schon als Wissenschaftler und Mitwir-

kender am sowjetischen Atomwaffenpro-gramm hatte Sacharow begonnen, sichgegen die Atomtests der Sowjetunionauszusprechen. Als er sich 1968 auch

noch gegen die Niederschlagung des Pra-ger Frühlings durch die sowjetischenTruppen wandte, bekam er Berufsverbot.Danach wurde er zum bekanntesten Dis-sidenten der UdSSR und zum Leitbild fürviele Oppositionelle in Osteuropa. In Polen unterzeichnen Regierung und

Opposition als erstes Zwischenergebnisder Verhandlungen am Runden Tisch ei-nen „Gesellschaftsvertrag“ über Refor-men. Dieser Vertrag war noch nicht vielmehr als eine erste Einigung über dieAusgangspositionen, die bisher ausRück sicht auf die Befindlichkeiten derKommunisten noch nicht publiziert wor-den waren.Während in Polen, Ungarn und der

UdSSR längst mit den Oppositionellenverhandelt wird, denkt man in der DDRdarüber nach, wie man Proteste aus derBevölkerung gewaltsam unterbindenkann.In Leipzig berät die SED-Führung über

den Einsatz von Kampfgruppen gegenoppositionelle Demonstranten. Sie wer-den für Einsätze vorgesehen, bei denenPolizei oder Staatssicherheit aus Grün-den der Gesichtswahrung gegenüberdem Ausland nicht eingesetzt werdensoll. Jeder Chef der Bezirksparteileitungist gleichzeitig der Militärische Ober-kommandierende des Bezirks. Das warauch Hans Modrow, Bezirkschef vonDresden, bevor er als sogenannter Refor-mer letzter Partei- und Staatschef derDDR wurde.Am Ende werden auch die Kampfgrup-

pen das Regime nicht mehr retten kön-nen.

Die Autorin dieses Beitrags ist Verfasse-rin des unlängst erschienenen Buches„1989 – Tagebuch der Friedlichen Revo-lution – 1. Januar bis 31. Dezember“, TvRMedienverlag Jena.

Vorboten der Friedlichen RevolutionAus dem Tagebuch von Vera Lengsfeld: April 1989

»Die Stimmung der Menschen ist zuversichtlich«

Da galt der Nichtangriffspakt noch: Adolf Hitler empfängt den polnischen Außenminister Jozef Beck (Mitte) aufder Freitreppe des Berghofes auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden Bild: Ullstein

PREUSSEN Nr. 17 – 26. April 2014 11

Vom Hass auf Napoleon getriebenFriedrich Gentz führte auf dem Wiener Kongress Protokoll und gilt als einer der Väter der Karlsbader Beschlüsse

Graf Georg von Lehndorff –ein Name, der klingenwird, solange Pferde ge-

züchtet werden!“ Mit diesen Wor-ten würdigte der PreußischeOberlandstallmeister Gustav Rauseinen ostpreußischen Vorgänger,der das Amt von 1887 bis 1911 in-negehabt hatte und in dieser Zeitzu einer absoluten Legende wur-de. Am 30. April jährt sich Lehn-dorffs Todestag zum 100. Male. Der einzige Deutsche, dem je-

mals die Auszeichnung zuteil wur-de, Ehrenmitglied im hochexklusi-ven britischen Jockey Club zu wer-den, war Georg Hermann AlbrechtGraf von Lehn-dorff. Er ent-stammte einemuralten ostpreußi-schen Adelsge-schlecht und er-blickte am 4. Dezember 1833 aufSchloss Steinort nahe Königsberg,dem Stammsitz derer von Lehn-dorff, das Licht der Welt. Von sei-nem Vater, dem Kavallerie-Gene-ralleutnant a.D. und preußischenLandhofmeister Karl von Lehn-dorff, erbte er die Liebe zu Pfer-den. So verbrachte er einen Groß-teil seiner Kindheit auf dem Voll-blutgestüt in Lugowen im Land-kreis Insterburg und trat dann1850 anlässlich der Mobilma-chung gegen Österreich in das Kü-rassier-Regiment Nr. 3 in Königs-berg ein. Kurz darauf gewann der17-jährige Fähnrich auf dem

Schimmel-Wallach Bravo sein er-stes Rennen und läutete damit ei-ne glanzvolle Karriere als Herren-reiter, das heißt als Amateur-Rennreiter, ein.1855 quittierte von Lehndorff

den Dienst, um sich in Laserkeimin Ostpreußen einen eigenenRennstall zu schaffen. Allerdingsverkaufte er das Gut bereits fünfJahre später wieder und baute ge-meinsam mit seinem Bruder KarlMeinhard in Haselhorst bei Span-dau einen größeren Rennstall auf,der dann ebenfalls wieder abge-stoßen wurde, als von Lehndorff1866 erneut zum Militär ging, um

mit dem 2. Garde-Ulanen-Regi-ment am Krieg gegen Österreichteilzunehmen.In den elf Jahren bis dahin hatte

sich der Pferdefachmann zu einemder erfolgreichsten Herrenreiterüberhaupt entwickelt. Nicht nurauf den heimatlichen Plätzen, son-dern auch international konnte erbrillieren. Als erster deutscherReiter nahm er an Rennen in Mos -kau und Sankt Petersburg teil.Ebenso ging der Graf in Warschau,Wilna, Wien, Budapest und Parisan den Start. Insgesamt bestrittvon Lehndorff über 400 Rennenund gewann 142 davon; dazu ka-

men 68 zweite Plätze. Damit wur-de der Ostpreuße zwischen 1853und 1864 sechsmal bester deut-scher Amateur-Rennreiter. Undsein englisches Vollblut Fontenoywar 1864 das europaweit erfolg-reichste Rennpferd überhaupt. DasPreisgeld, das er mit seinen Siegenerzielte, belief sich auf insgesamt170000 Taler – eine für die dama-lige Zeit exorbitant hohe Summe.Bereits während seiner zweiten

Militärdienstzeit, die er am 7. Juli1868 im Range eines Rittmeistersbeendete, wurde Georg von Lehn-dorff auf Vorschlag des preußi-schen Oberland stallmeisters Karl

Freiherr vonMaltzahn mit derkommissarischenVerwaltung desp r e u ß i s c h e nH a u p t g e s t ü t s

Graditz bei Torgau und des sächsi-schen Landgestüts Reitz betraut.Dem folgte am 16. November 1867die Ernennung zum Landstallmei-ster und zum Leiter der beidenEinrichtungen.Als solcher agierte von Lehn-

dorff mit derartigem Geschick,dass er bald im In- und Auslandzur Legende wurde. So attestierteihm der führende englische Renn-pferdetrainer Sir George Lambton,dass er „als Beurteiler von Zucht-pferden der beste auf der Welt“ ge-wesen sei. Aufgrund seines über-ragenden Könnens schuf der Grafeinen komplett neuen Pferdetyp,

nämlich den Graditzer Vollblüter,der für die preußische Landes-pferdezucht fundamentale Bedeu-tung erlangte. Ebenso phänome-nal waren die Erfolge des Gradit-zer Rennstalls, den von Lehndorffaufgebaut hatte. In den ersten 25Jahren von dessen Bestehen liefen189 Pferde bei 1246 Rennen mitund gewannen 496 davon, was einPreisgeld von 1934661 Mark er-brachte. Das führte am Ende sogarzur Ausschreibung von Rennen,an denen keine Graditzer Pferdeteilnehmen durften!In Würdigung all dieser Erfolge

wurde Georg Graf von Lehndorffam 1. Oktober 1887 durch aller-höchste Kabinettsordre zum Kö-niglich-Preußischen Oberland -stallmeister und damit zum Chefaller Staatsgestüte ernannt. Damitoblag ihm nun die Reorganisationder gesamten preußischen Pferde-zucht, die größte Dringlichkeit be-saß, da infolge der Kriege der ver-gangenen Jahrzehnte immer nochbedenkliche Bestandslücken klaff-ten. Und wieder bewies der ostpreu-

ßische Pferdeexperte eine ausneh-mend glückliche Hand. Durch sei-ne geniale Ankaufspolitik und dieZentralisierung der besten Tiere inSpitzengestüten hob von Lehn-dorff die preußische Pferdezuchtin den nächsten 25 Jahren aufWeltniveau. Dafür regnete es dannauch Ehrungen aller Art. So er-hielt er 1891 das Komturkreuz des

Hohenzollerschen Hausordensverliehen, 1897 folgte der Kronen-orden I. Klasse, verbunden mit derErnennung zum Wirklichen Ge-heimrat, und 1911 gab es schließ-lich gar den Roten AdlerordenI. Klasse mit Brillanten. Darüber

hinaus wurde der Oberlandstall-meister zum Vorsitzenden desGroßen Schiedsgerichtes in Renn-angelegenheiten sowie Vizepräsi-denten des Union-Klubs und desBerliner Rennvereins gewählt.Ebenso konnte er die Kreise Tor-gau und Liebenwerda im Preußi-

schen Abgeordnetenhaus vertre-ten.Nachgerade unsterblich wurde

Graf von Lehndorff durch seinHauptwerk „Handbuch für Pferde-züchter“, das bis heute als absolu-ter Klassiker gilt. Darin finden sichsolch bemerkenswerte Sätze wie:„Blut ist der Saft, der Wunderschafft!“Ab 1906 zog sich von Lehndorff

dann langsam aus den zahlreichenÄmtern zurück, die er innehatte.So übertrug er die Leitung desGraditzer Hauptgestüts an seinenältesten Sohn Siegfried Graf vonLehndorff, der die preußischeLandespferdezucht zu weiterengroßen Erfolgen führte. Und Ende1911 gab Georg von Lehndorffdann auch das Amt des Ober-landstallmeisters auf. Zu diesemZeitpunkt war er bereits 78 Jahrealt und konnte auf eine 61-jährigeKarriere ohne Skandale oderernst hafte Misserfolge zurückblik-ken. Allerdings konnte der nun-mehrige Pensionär seinen Ruhe-stand nur kurz genießen, denn erstarb bereits am 30. April 1914 inBerlin.In Würdigung der außerordent-

lichen Verdienste des ostpreußi-schen Grafen stiftete die DeutscheReiterliche Vereinigung in Waren-dorf 1998 die Georg-Graf-von-Lehndorff-Plakette, die seither anbesonders erfolgreiche Pferdewir-te verliehen wird.

Wolfgang Kaufmann

An der Seite und als Feder desösterreichischen RegierungschefsClemens von Metternich wurdeFriedrich Gentz zur Zielscheibeder nationalliberalen Bewegung.Dabei war der Publizist imStaatzsdienst ursprünglich nichtnur Preuße, sondern sogar preußi-scher Beamter und darüber hin-aus ein Verteidiger von Aufklärungund Französischer Revolution

Der am 2. Mai 1764 in Bres-lau geborene Friedrich Gentzentsprach so gar nicht demgängigen Bild des korrektenpreußischen Beamten. Er warGenießer, liebte neben Speisund Trank auch die Frauen undnicht nur eine, neigte dazu,über seine Verhältnisse zu le-ben, arbeitete lieber zuhauseals im Büro und hatte einen bo-hemienhaften Lebensstil. Wennauch zu seiner Verteidigung an-geführt wird, dass er dafürnichts tat, was seinen politi-schen Überzeugungen wider-sprach, so war er doch auchempfänglich für Zuwendungen,um das Leben eines Grandseig-neurs finanzieren zu können.Darüber hinaus war er eitel,Schmeicheleien zugänglichund über alle Maßen mitteil-sam. Dabei stammte der gebürtige

Preuße, der mütterlicherseitsmit dem hugenottischen Mini-ster Preußens Jean Pierre Fré-déric Ancillon eng verwandtwar, väterlicherseits aus einerpreußischen Beamtenfamilie.Sein Vater war Münzmeister,später Generalmünzdirektor inBerlin. Ungeachtet seines Natu-rells schickte sich der jungeFriedrich Gentz an, die Fami-lientradition fortzusetzen. NachSchulbesuch in Breslau und Berlinging er auf Wunsch des Vaters andie Königsberger Albertina, wo erJura studierte. Dort gehörte er zumSchülerkreis Immanuel Kants. DieKönigsberger Geistesgröße sprachseinen Intellekt an, formte aber

nicht seinen Charakter. Vom kate-gorischen Imperativ oder dempreußischen Ideal, im Dienste fürGemeinschaft, Staat und/oder Kö-nig aufzugehen, war Gentz’ Stre-ben weniger geprägt. Vielmehrstrebte er nach Selbstverwirkli-chung.Nichtsdestotrotz schlug er nach

einem zweijährigen, unvollende-ten Jurastudium 1785 die Beam-

tenlaufbahn ein. Standesgemäßheiratete er acht Jahre später dieTochter des Oberbaurats DavidGilly. Die Rolle eines Rädchens impreußischen Staatsapparat genügteihm jedoch nicht. Bereits in derSchule waren sein gewandter Stilund seine Rednergabe aufgefallen.

Deshalb versuchte sich der Beam-te zusätzlich in der Publizistik. Da-mit verband er die Hoffnung, seineBeamtenbezüge aufbessern zukönnen und aus dem Gros der na-menlosen Staatsdiener hervorzu-stechen.Wie viele seiner geistig aufge-

weckten und aufgeschlossenenZeitgenossen war Gentz ein Kindder Aufklärung und stand der

Französischen Revolution als demvermeintlichen Versuch, der Ver-nunft an die Macht zu verhelfen,positiv gegenüber. Hiervon istauch sein erster schriftstelleri-scher Versuch, „Ueber den Ur-sprung und die obersten Prinzi-pien des Rechts“, geprägt, der 1791

in der „Berlinischen Monats-schrift“ erschien.Wie viele deutsche Geistesgrö-

ßen entfremdeten ihn jedochschließlich die gewaltsamen Ex-zesse vom französischen Experi-ment. Geradezu einen Hass ent-wickelte er auf Napoleon, der nachder Hegemonie auf dem Kontinentstrebte. Eine neue politische Hei-mat fand Gentz in England, dasmit einer Konsequenz undKontinuität wie keine andereeuropäische Großmacht Napo-leons HegemonialstrebenWiderstand entgegensetzte. ImGeiste der Briten setzte Gentznun auf Reformen statt auf Re-volutionen sowie auf Gleichge-wicht. Den Briten und Clemensvon Metternich geistig ver-wandt, setzte er auf ein vonGroßbritannien unterstütztessowie von Preußen und Öster-reich einvernehmlich geführtesDeutschland als ruhenden Polgegenüber Hegemonialbestre-bungen Frankreichs (und späterRusslands). Beredten Ausdruckfindet Gentz’ Hinwendung zuden Briten in seiner von Wohl-wollen und Empathie gepräg-ten kommentierten und er-weiterten Übersetzung von Ed-mund Burkes Werk „Betrach-tungen über die französischeRevolution“ aus dem Jahre1793.Gentz’ unverblümt antinapo-

leonische Einstellung in seinennun folgenden Veröffentlichun-gen kollidierte mit der Neutra-litätspolitik Friedrich Wil-helms III., der 1797 das Erbeseines Vaters antrat. Zusätzlicherschwert wurde Gentz’ Stel-lung durch seine Scheidung,seine Schulden und dadurch,

dass er es wagte, an seinen neuenKönig zu dessen Regierungsantrittmit Empfehlungen heranzutreten.Dank Kontakten mit dem öster-

reichischen Gesandten in Berlin,Johann Philipp von Stadion, ge-lang ihm der Wechsel in die Dien-ste des damals napoleonkritische-

ren Österreich. Finanziell gesi-chert durch feste Bezüge, aber vonallen Regierungsgeschäften ent-bunden, konnte der kaiserlich kö-nigliche Rat sich nun der antina-poleonischen Propaganda hinge-ben. In Österreichs Hauptstadtwurde er zum Sammelpunkt derantinapoleonischen Agitation.1805 kam es schließlich zum Aus-bruch des Dritten Koalitionskrie-ges zwischen Österreich undFrankreich, den Österreich verlor.Ab 1806 focht jedoch nun Preu-

ßen gegen Frankreich und Gentzwar als Gast des preußischenHauptquartiers dabei. Aber auchdiesmal obsiegte Napoleon. UndGentz kehrte nach Österreich zu-rück. Nun unter der Leitung von Sta-

dion stellten sich die Österreicher1809 im Fünften Koalitionskriegein weiteres Maledem Fran zo sen -kaiser zum Kampfe.Das am 15. April1809 in der „WienerZeitung“ veröffent-lichte Kriegsmanifest ließ Stadiondurch Gentz formulieren. Undwieder blieb der Korse siegreich. Gentz versuchte, nach England,

der einzig verbliebenen antinapo-leonischen Großmacht, auszuwei-chen, aber der Versuch scheiterte.Sein Widerstand erlahmte und erversuchte, sich mit NapoleonsHerrschaft zu arrangieren. Er wur-de zum engsten Mitarbeiter vonMetternich, mit dem ihn manchesverband. Metternich hatte als Bot-schafter in Paris zum Fünften Koa-litionskrieg geraten, angesichts desunbefriedigenden Kriegsverlaufsjedoch noch während des Kriegeseine „Anschmiegung an das trium-phierende französische System“vorgeschlagen. Mit dieser Einstel-lung wurde er Nachfolger Stadionsals Regierungschef. MetternichsRealpolitik machte Österreich zumZünglein an der Waage in den Be-freiungskriegen und damit ihn sel-ber zum Präsidenten des WienerKongresses, auf dem Europa nach

Napoleons Niederlage neu geord-net wurde. Gentz wurde Metter-nichs erster Sekretär und über-nahm die Führung des Kongress -protokolls. Metternich erkannte,dass das Nationalstaatsprinzipdem habsburgischen Vielvölker-staat widersprach und bekämpftedie nationalliberale Bewegung, mitGentz an seiner Seite und als rech-te Hand. Wie auf dem Wiener Kon-gress diente Gentz Metternichauch auf den nachfolgenden Mo -narchenkongressen in Aachen,Troppau, Laibach und Verona so-wie den Ministerkonferenzen inKarlsbad und Wien als Protokoll-führer. Gentz machte sich zumHassobjekt der Nationalliberalen,indem er Metternichs Politik derRestauration und Reaktion seineFeder lieh. Schließlich kam es doch noch

zur Entfrem-dung zwischenden beiden, daGentz imGegensatz zuMetternich am

Ende zu dem Schluss kam, dassder Kampf gegen die nationallibe-rale Bewegung ein Kampf gegenWindmühlenflügel sei. Als Folgedieser späten Erkenntnis reagierteGentz entspannter und friedferti-ger als Metternich auf die Folgender 1830er Revolution in Frank-reich, Polen und Belgien. DieseZweifel an der Haltbarkeit des Sy-stems Metternich ließen Gentz inder Gunst des Staatskanzlers sin-ken und der bürgerliche Publizistim Staatsdienst musste erkennen,wie wenig gefestigt seine außeror-dentliche Stellung im Staatsappa-rat war. Nach der Abkühlung derBeziehungen zu seinem vormali-gen Gönner politisch wie gesell-schaftlich isoliert, zog sich Gentzmit seiner 46 Jahre jüngeren Ge-liebten, die er 1828 bei einemTheaterbesuch kennengelernt hat-te, in sein Schlösschen im damali-gen Wiener Vorort Weinhauszurück, wo er am 9. Juni 1832starb. Manuel Ruoff

»Blut ist der Saft, der Wunder schafft«Vor 100 Jahren starb mit Georg Graf von Lehndorff der bedeutendste aller deutschen Hippologen

Mit dem Graditzer Vollblüter schuf der Ostpreuße einen komplett neuen Pferdetyp

Georg Graf von Lehndorff

Friedrich Gentz: Undatierter Kupferstich von Johannes Lindner nach ei-nem Gemälde von Friedrich Lieder aus dem Jahre 1824 Bild: akg

Publizist im Staatsdienst

Bild: A

rchiv

LESERFORUM12 Nr. 17 – 26. April 2014

Ukrainische Schachpartie: Ein gegen den Westen fast verlorenes Schachspiel um die Ukraine hatRusslands Präsident Putin gegenwärtig in eine Pattsituation umgedreht Bild: action press

Leserbriefe geben die Meinung derVerfasser wieder, die sich nicht mitder der Redaktion decken muss.Von den an uns gerichteten Briefenkönnen wir nicht alle, und viele nurin Auszügen, veröffentlichen. Alleabgedruckten Leserbriefe werdenauch ins Internet gestellt.

Zu: EU hat Ukraine zu lange ver-nachlässigt (Nr. 14)

Der Gastkommentar beziehtsich auf die Feststellung des Her-ausgebers der „Frankfurter Allge-meinen Zeitung“, Berthold Koh-ler, über die Wirkung der russi-schen Propaganda in Deutsch-land. Die Bemerkungen des PAZ-Autors Michael Leh die russi-schen Reaktionen betreffend sindextrem aggressiv und lassen jedeObjektivität vermissen. Allein dieÄußerungen der US-DiplomatinVictoria Nuland, des Sicherheits-beraters Zbigniew Brzezinski unddes Politikberaters Robert Kagansind sehr aufschlussreich undnicht „scheinbar schlüssige Ver-schwörungstheorien“, wie Lehmeint. Die dort aufgeführten Aus-sagen können bis ins Unermessli-che ergänzt werden. Man könnte mit den Doktrinen

des amerikanischen Admirals Al-fred Thayer Mahan beginnen, derbereits um 1890 feststellte, werdie Seemacht besitzt, besitzt dieWeltmacht. Später wurde die

Doktrin in „Das EurasischeSchachbrett“ umbenannt, dessenIdeengeber der oben erwähnteBrzezinski ist, der bekannt ist alsRatgeber diverser amerikanischerPräsidenten.Den Anmerkungen des PAZ-

Autors über den deutschen Wohl-standsbürger und dessen Verhal-ten der Ukraine gegenüber stim-me ich jedoch zu. Allerdings ver-misse ich einen Hinweis darauf,wie es zu der hohen Anzahl Per-sonen deutschen Ursprungs inder Ukraine gekommen ist.Schließlich war es eine ehemaligedeutsche Prinzessin, die spätereKatharina die Große, die vomGrafen Potemkin die Ukraine er-warb und in russischen Besitzbrachte. Da die Ukraine zu derZeit nicht besiedelt war, holte sieauch deutsche Siedler ins Land. Dass Otto von Habsburg immer

wieder vor Putin gewarnt hat, isterklärlich. Schließlich erwuchs inPutin der westlichen Wertege-meinschaft, insbesondere denUSA, ein nicht zu unterschätzen-der Gegner heran. Die amerikani-

sche Marionette Jelzin löste er abund den zunehmenden Einflussder amerikanischen Wirtschaft,insbesondere den der Ölfirmen,auf Russland stoppte er. Eine fastverlorene „Schachpartie“ wurdein eine Pattsituation mit geringenVorteilen für Russland umge-dreht. Ich glaube nicht, dass die

Ukrainer noch rechtzeitig erken-nen werden, dass sie lediglich einBauernopfer in diesem „Spiel“sind und die Freundschaft derAmerikaner nichts wert ist, wiedie Beispiele Irak und zuletzt Mu-barak in Ägypten gezeigt haben.Autor Leh empfiehlt als ein-

schlägige Literatur das Buch „DieUkraine: Machtvakuum zwischenRussland und der EuropäischenUnion“ von Winfried Schneider-Deters. Ich empfehle BernhardRodes Buch „Das EurasischeSchachbrett“, in dem die Ursa-chen und Gründe der Grenzpro-bleme Russlands und auch dieder Ukraine detailliert dargestelltwerden. Gebhard Knull,

Buxtehude

Zu: Alles Rassismus? (Nr. 14)

Die Autoren des rezensiertenBuches „Alle Menschen sindgleich“, Chua und Rubenfeld, füh-ren letztlich eine nationale Vari-ante der Max-Weber-These ein,die David Landes in „Wohlstandund Armut der Nationen“ bereitssupranational erweitert hatte. Er-klärte Weber den ökonomischenErfolg der Protestanten inDeutschland mit deren Glaubenund der damit verbundenenAskese, so wird bei Chua und Ru-benfeld ebenfalls auf die innereEinstellung abgestellt.

Dieser Erfolg ist, wie bei Lan-des, der die Japaner gegen Endedes 19. Jahrhunderts als „Prote-stanten“ im Weberschen Sinnebezeichnete, letztlich von mehre-ren Faktoren und nicht allein vompraktizierten Protestantismus ab-hängig. Die Religion spielt sicher-lich dahingehend eine Rolle, obsie den Gläubigen, wie beim Pro-testantismus, in seiner Suchenach Heilsgewissheit auf sichselbst zurückwirft oder im Fata-lismus belässt; denn davon hängtab, ob die persönliche Lebenssi-tuation als veränderbar aufgefasstund die sich bietenden bezie-

hungsweise gebotenen Chancenergriffen werden.Die Beschreibungen der Auto-

ren treffen auch auf Deutschlandzu. Während Vietnamesen frühe-rer Generationen mit magerenDeutschkenntnissen hierzulandeschlecht bezahlter Arbeit nach-gingen, zeigt sich, dass deren Kin-der sehr gut Deutsch können undnach höherer Schulausbildungstreben. Also ist die finanzielleAusgangslage nicht der Haupt-grund für ausbleibenden Erfolg,sondern die Einstellung der Men-schen. Gernot Schmidt,

Wilnsdorf

Karriereerfolg baut nicht auf Wohlstand auf Blankes Entsetzen

Zu: Aus dem Takt (Nr. 14)

PAZ-Chefredakteur Jan Heit-mann schreibt über die Zeitum -stellung treffend: Nicht nur Un-fug, sondern gefährlicher Unfug!Der angebliche „Nutzen“ derSommerzeitumstellung hat sichjetzt sogar als potenzieller Scha-densverursacher entpuppt. Eswird aber noch immer daran fest-gehalten, obwohl man schonzweimal damit gescheitert ist: Im„Tausendjährigem“ Reich und inden ersten Nachkriegsjahren. Aber: Nur nicht von den Tatsa-

chen irritieren lassen! Steht dennhinter diesem unsinnigen Festhal-ten an der Umstellung eine ande-re Absicht? Das Mürbemachender Bürger hat Methode. Es wer-den Dinge solange wiederholt, bisdie Bürger müde werden und esnicht mehr wahrnehmen wollenoder können, was man mit ihnenalternativlos vorhat. Die Euro-Einführung ist ein gutes Beispieldafür. Martin Knappke,

Karlsruhe

Schattenfraktionen haben das WortZu: Die falsche Botschaft (Nr. 9)

Damit mehr Kinder auf die Weltkommen, müssen mehr Frauenerwerbstätig werden, lautet dieLogik der OECD? Was für ein Un-sinn. Wie man solche perversenGedanken überhaupt haben kann,ist mir unverständlich. Haben Po-litik und Wirtschaft immer nochnicht begriffen, warum Frauenkeine Kinder mehr bekommenwollen? Holt doch alle die frem-den Leute ins Land, dann werdensie es schon richten! Und einesschönen Tages gibt es tatsächlichkeine Deutschen mehr.Auch um die Mütterrente wird

schon wieder gestritten, dabeisind es doch die Frauen, die dieFamilien am Leben erhalten. Ichhabe drei Kinder geboren undseinerzeit einen ganzen Punkt fürdie Rente angerechnet bekom-men. Das war damals schon Be-trug an den Müttern und krimi-nell dazu. Aber was kümmert dasdie Wirtschaft und die Politik. Siejammern nur wegen zu wenig ge-eigneten Personals herum.Hört endlich auf damit, unser

sauer verdientes Geld ins Auslandzu schaffen, und hört endlich aufdamit, diese riesengroßen Ver-schwendungen zu bagatellisieren.Dann stünde unser Land sehr vielbesser da! In heutiger Zeit hätteich keine drei Kinder gehabt. Dassehe ich an meiner Enkelin, diegern arbeiten möchte als kauf-männische Angestellte – be-kommt aber keinen Platz, trotzAusbildung. So wird es sicherweitergehen, wir sind ja so gedul-dig. Der deutsche Michel lässtgrüßen. Ich bin wirklich entsetztüber den Inhalt des PAZ-Artikels,aber Autor Hans Heckel hat jaRecht, wie immer. Christel Rau,

Bosau

Zu: Zwickmühle trotz Windmühle(Nr. 15)

In seinem Gastkommentarbricht der Autor Klaus RainerRöhl eine Lanze für die Atom-energie. Doch die gefährlichste al-ler Technologien auf dem Sektorder Energiegewinnung endet be-kanntlich nicht mit der Stillle-gung, sondern mit der sogenann-ten Entsorgung des Atommülls.Und diese Entsorgung gibt es bisheute überall auf der Welt nicht.Atomkraftwerke sind aus diesemGrunde nichts weniger als einVerbrechen an der Menschheit. Das Hohe Lied auf die klima-

freundlichen Atomkraftwerke, diekein klimaschädliches Kohlendio-xid produzieren, muss der Gast-kommentator Röhl in seinem Ar-tikel umso vehementer anstim-men, damit wieder die Grund-satzfrage übertönt beziehungs-weise gar nicht erst gestellt wer-den darf: „Wer bringt denn denMüll weg?“ Brunhilde Krüger,

Hamburg

Der Dreck bleibt

Und Tschüss!

Zu: Die falsche Botschaft (Nr. 9)

Da viele deutsche Politiker ih-ren Amtseid oftmals nur für einelästige und unverbindliche Pro-Forma-Klausel halten, gibt es inmeinen Augen nur zwei Möglich-keiten. Entweder die Wähler be-enden diesen Spuk oder sie ver-lassen dieses Land unserer Vor-fahren für immer. Es ist erstens sowieso nur ein

Bruchteil des eigentlichenDeutschlands und zweitens istdas, was übrig geblieben ist, auchnicht mehr das Land, das wirnoch kennen oder das Reich, wiees unsere Eltern und Großelternkannten. Seien wir nicht so egoi-stisch und „ewiggestrig“. Machenwir es doch lieber nach alter Vä-ter Sitte, als Gemeinnutz noch vorEigennutz ging. Überlassen wirdieses, von allen heißbegehrteStück EU-Territorium doch ein-fach den Einwanderern, Linksex-tremen, Islamisten, grünen Re-genbogen-Alternativen, allenDeutsch- und Heimathassern, denimmer politisch korrekten Gut-menschen und vor allen Dingenunseren EU-hörigen Politikern.Vielleicht gibt es irgendwo auf

der Welt doch noch ein StückLand, auf das alle Gott achtendeund Weihnachten-feiernde Chri-sten, Vorfahren-ehrende und fa-milienliebende, nach deutschenoder preußischen Tugenden le-bende Patrioten flüchten und alsfreie Bürger leben könnten. Diedeutschen Bürger − oderzumindest ein Teil von ihnen −müsste ja nicht zum ersten Maldie Heimat verlassen und bei Nullanfangen. Letzteres sollte aber niein Frage kommen. Thomas Höse,

Wittenberg

Zu: Stumpfes Schwert (Nr. 15)

Dass die EU seit ihrer Entste-hung unter dem Einfluss Wa -shingtons steht, belegen ihre Fi-nanzordnung, ihre Einbindung indie Nato und ihre Außenpolitikseit Langem. Solches in dem Arti-kel zu beklagen, war überflüssig.Solange die Bundesrepublik als

Protektorat des großen Brudersnach der Pfeife des militärisch-wirtschaftlichen Komplexes jen-seits des Atlantiks tanzt, wirdKanzlerin Angela Merkel die Rol-le des Schafes an der langen Lei-ne auch künftig spielen. Das zeigt

sich an Projekten der USA, wiedem geplanten Freihandelsab-kommen oder der Beteiligungdeutscher Soldaten an internatio-nalen Einsätzen unter Führungder Vereinigten Staaten.Dabei haben sicher auch künf-

tig die zahlreichen Schattenfrak-tionen, Stiftungen und Netzwerkewie die „Atlantiker“, der Lobbyor-ganisation ERT und die anderenNichtregierungsorganisationenmehr Einfluss auf die EU-Politikals sämtliche gewählten Abgeord-neten in allen Parlamenten derEU zusammen. Dietmar Fürste

Rattiszell

Zu: Bildungsplan spaltet (Nr. 10)

Ich finde es in Ordnung, wennKinder nicht über ihre körperli-che Entwicklung im Unklaren ge-lassen werden. Nur, ist es dafürim Alter von neun Jahren nicht et-was zu früh? Muss ein Kind indiesem Alter wirklich alles wis-sen? Ist die Kinderseele dafür reifgenug? Meiner Erfahrung nach stellen

Kinder in jedem Alter passende,ihrem Entwicklungsstand ent-sprechende Fragen. Ein Kind inKlasse vier der Grundschule stelltjedoch noch keine Fragen überdas Lustempfinden bei Mann undFrau und wie man dieses erreichtoder steigert. Es will auch nichtwissen, wo man eine Frau oder ei-nen Mann anfassen muss, damit

er/sie „kommt“, wie man sichbeim Geschlechtsakt bewegenmuss oder wie man ein Kondombenutzt und es, wie an unsererSchule, im „Selbstversuch“ überein Reagenzglas zieht. EinemKind ist es egal, wie viel Rotebee-tesaft ein Tampon aufnehmenkann, und es stellt keine Fragenzur Verhütung allgemein. Und esinteressiert sich nicht für gleich-geschlechtliche und sonstige Lau-nen der Natur. Ich sehe hier eine billigend in

Kauf genommen Kindeswohlge-fährdung auf dem Weg zu ...? Ja,zu was denn eigentlich? Oderwurden Lehrpläne und Unter-richtsmaterial von einer ver-schworenen Gruppe Pädophilererarbeitet? Ingo Gerbitz,

Menden

Mürbe gemacht

Zu: Politische Motive vermutet(Nr. 10)

Es war ein feiger Mord an demdeutschen Bürgermeister DieterPrzewdzing aus Deschowitz inOberschlesien. So beschrieb esdie polnische Presse, und dieStaatsanwaltschaft Oppeln bestä-tigte dieses. Das ist ein schwererSchlag für die deutsche Volks-gruppe in Oberschlesien.Ist es jetzt in der Planung ge-

wisser Chauvinisten, unliebsameDeutsche auf diese Art und Weiseaus dem Verkehr zu ziehen? Derumgebrachte Bürgermeister warauch bei seinen polnischen Be-wohnern des Ortes beliebt. Ersetzte sich aber entschieden fürdie deutschen Interessen ein undwollte auch nach und nach eine

Autonomie für Schlesien. Dieseswäre für Deutsche und Polen imBereich Schlesiens langfristigsehr zum Vorteil. Dieser Mordfall muss genau

untersucht werden, damit dieSchuldigen unbedingt gefundenund bestraft werden. Nur einfriedliches Miteinander derVolksgruppen führt für alle in ei-ne gute Zukunft. Wehret den An-fängen, damit es nicht zu weiterenVorfällen dieser Art kommt. Wol-len bestimmte Kräfte eine Versöh-nung auf der Grundlage vonRecht und Wahrheit verhindern?Unseren Landsleuten in Schlesienrufe ich zu: Bleibt besonnen undauf der Wacht! Klaus Hoffman,Vorsitzender des Freundschafts-

und Hilfswerk Ost e.V.,Bad Bevensen

West-östliche HängepartieZu: Volk ohne Fürsprecher (Nr. 14)

Als die Schweizer in einerVolksabstimmung für eine Be-grenzung des Ausländerzuzugsvotierten, setzte in Europa ein hy-sterisches Geschrei ein. In unse-rem Land überschlug man sichförmlich, um für die Freizügigkeitzu werben. Obwohl uns die Aus-länder immer mehr auf die Pellerücken und bedrohlich werden,wirbt Bundespräsident JoachimGauck für noch mehr Ausländer.Auf seiner kürzlichen Asienrei-

se rief er die Asiaten dazu auf,nach Deutschland zu kommen,weil bei uns angeblich so vielPlatz sei. Was soll man bloß voneinem Staatsoberhaupt halten,das gegen das eigene Volk arbei-tet? Was in zwei Weltkriegen nichtgelungen ist, nämlich die Zer-schlagung Deutschlands, das ge-schieht jetzt auf „friedlichem“Wege. Wie lange wollen wir unsdas noch stillschweigend anse-hen? Gerhard Synowzik,

Stadtoldendorf

Zu: Deutsche zahlen die Zeche(Nr. 13)

Die USA neigen dazu, ausländi-sche Individuen zu dämonisieren.Dies ist scheinbar eine Spezialitätihrer Politik. Nur weil diese ge-schieht, konnten die USA in derVergangenheit bis in die Gegen-wart 300 Kriege seit 1945 führen.Die Gegenwart hat gezeigt, US-Präsident Obama lügt, seine Äu-ßerungen, von Deutschland auswerden keine Drohneneinsätzegeflogen, sind unwahr. Das ge-naue Gegenteil ist der Fall. Deutschlands Politiker müssen

sich fragen: Sind die USA wirk-lich unsere Freunde? Es sind be-rechtigte Zweifel angebracht.Deutschland sollte aus geschicht-licher, wie auch wirtschaftlicherHinsicht viel mehr mit Russlandkooperieren. Auch wenn Kanzle-rin Merkel US-Interessen vertritt– Sanktionen gegen Russland zuunterstützen, wäre töricht undschädlich für Deutschland in jeg-licher Hinsicht. Wolfgang Rohde,

Sigmaringen

Zu: Magere Ernte (Nr. 14)

Ich nehme nur den letzten Ab-schnitt des Artikels zum Anlass,um folgende Frage zu stellen: Wieviele Stunden müssen für dieSumme von 42800 Euro getätigtwerden? An diesen Verdienstkommt kein normaler Arbeiter inDeutschland heran. Es ist zum Erbrechen, wenn von

anderthalb- bis zweiprozentigenTeuerungsraten gesprochen wird.Jeder Bürger der Mittel- undUnterschicht spürt in der Geld-börse, dass die Entwertung zwi-schen vier und sechs Prozentliegt. Für mich stellt sich die Fra-ge: Wo bleibt das verdiente underarbeitete Geld des einzelnenBürgers? Fredi Volkmann,

Dortmund

Zum Erbrechen

Obama lügtDicht auf der Pelle

Wehret den Anfängen!Muss ein Kind alles wissen?

MELDUNGEN

Das Dutzend ist voll

Osterode – In der Kunstgalerie imSchloss Osterode ist die Ausstel-lung „Die Geschichte des Deut-schen Ordens von der Gründungbis zur Gegenwart“ eröffnet wor-den. Wolfgang Freyberg, der Di-rektor des Kulturzentrums Ost-preußen in Ellingen, betonte beider Vernissage der von seiner In-stitution konzipierten Plakataus-stellung, dass diese inzwischenzum zwölften Mal in einem polni-schen Museum gezeigt werde.Dennoch sei sie jedes Mal anders,so Freyberg: „Der jeweilige Partnervor Ort kann zusätzlich Exponateaus seinem Fundus zeigen, da-durch ergibt sich eine lokale Indi-vidualität.“ Weitere Präsentationensind geplant, denn es gibt in derWoiwodschaft Ermland-Masurennoch viele Orte, deren Existenzmit dem Deutschen Orden ver-bunden sind. Das gilt auch für dasSchloss in Osterode, schließlichsind die gotischen Gewölbe derGalerie, welche die Ausstellungmalerisch umrahmen, und dasganze Gebäude als Komturei ent-standen. Mitorganisator ist die„Werkstätte für Bürgeraktivität undDokumentation des Erbes“, dievon der Osteroder Kulturgesell-schaft „Sasinia“ ins Leben gerufenwurde. Die Schirmherrschaft ha-ben Stadt und Landkreis Osterodeübernommen. U.H.

Die Landsmannschaft Ost-preußen (LO) hat im An-schluss an die Jahresver-

sammlung des Verbandes derdeutschen Gesellschaften in Erm-land und Masuren (VdGEM), dieim Sitz der Sensburger deutschenGesellschaft „Bärentatze“ statt-fand, im Sensburger Hotel „Anek“eine zweitägige Arbeitstagung fürdie Vorsitzenden der deutschenVereine durchgeführt. Im Zentrumder verschiedenen Beratungenund Vorträge stand die deutscheSprache.Neben den Vereinsvorsitzenden

konnte der stellvertretende LO-Sprecher Gottfried Hufenbach alsGastgeber der Arbeitstagung denVorsitzenden des Verbandes derdeutschen sozial-kulturellen Ge-sellschaften in Polen (VdG), Ber-nard Gaida, und die Geschäftsfüh-rerin des VdG, Maria Neumann ausOppeln, sowie die Generalkonsulinder Bundesrepublik Deutschland inDanzig, Annette Klein, begrüßen.Gaida ging in seinem Vortrag zu

den „Perspektiven der deutschenMinderheit in Polen“ besonders auf

die Rolle der deutschen Sprache inder Bildung ein. Er geht von etwa350000 bis 400000 Deutschen inder Republik Polen aus, von denen80000 in den Organisationen derdeutschen Volksgruppe aktiv sind.40000 Kinder lernten Deutsch alsMuttersprache, also in einem umdrei Wochenstunden erweitertemUmfang. Das hält Gaida für zu we-nig, besonders dann, wenn in denFamilien die Unterstützung durchdie mittlere Gene-ration fehlt. Zwarkönne dadurch ei-niges aufgefangenwerden, dass manzu Hause selbstDeutsch spreche und die Kinderund Enkel zum Deutschsprechenmotiviere. Dennoch ist sein Ge-samteindruck wenig optimistisch.„Mit dem Nachbarschaftsvertragzwischen Polen und Deutschland1991 endete zwar die Diskriminie-rung der Deutschen, aber nicht dieder deutschen Sprache“, fasst er zu-sammen. Daher das starke Engage-ment des VdG in der Bildungspoli-tik. Als Grund dafür stellt er knall-

hart fest: „Ohne Entwicklung desSchulwesens wird es uns nichtmehr geben.“ Das Ziel sei die Gründung von

Schulen mit Deutsch als Unter-richtssprache vor allem in Schle-sien, wo die deutsche Volksgruppeunter eigenem Namen erfolgreichpolitisch aktiv sei. Unterstützungsoll es von der Regierung in War-schau geben, denn so würden dieSchulen gegen „das alte Denken in

vielen Vertretern der polnischenMehrheit“ legitimiert. Flankiertwerden sollen diese Maßnahmenzum Erhalt der deutschen Sprachedurch Fernseh- und Radiosender,die ein volles deutschsprachigesProgramm ausstrahlen. Die Per-spektiven der deutschen Volks-gruppe in der Republik Polen fürdie Zukunft hängen, wie BernardGaida zugibt, vor allem von den80000 Aktiven ab. Folgerichtig ap-

pellierte Generalkonsulin AnnetteKlein an die einzelnen Mitgliederder deutschen Gesellschaften, sichzu fragen, inwieweit sie in ihrenOrganisationen initiativ werdenkönnen. Einen unterhaltsamen Einblick

in den Umgang mit den deutschenOrtsnamen in West- und Ostpreu-ßen direkt nach dem Zweiten Welt-krieg bot der Elbinger HistorikerLech Słodownik in seinem Referat.

Einen Grund fürdie schnelle Än-derung der Na-men nennt die„Przeglad Za-chodni“ (West-

Rundschau) 1947: „Den Eifrigen …schien es die Ehre eines Polen zuverletzen, wenn die deutschen Na-men so lange belassen worden wä-ren.“ Dass nicht alle so dachten,beweist laut Słodownik eineÄußerung des Professors StanisławSrokowski: „Es geht nicht darum,dass wir alle Namen in Ostpreußensofort polonisieren …, sondern da-rum, dass wir die Seele des Landes… begreifen.“ Der Ostpreußenken-

ner und vormalige Konsul in Kö-nigsberg war später Mitglied derKommission zur Festlegung vonOrtsnamen KUNM, die Ordnungin das Chaos aus willkürlichen,manchmal nationalistischen, häu-fig aus Unwissen über die Regionentstandenen Bezeichnungenbrachte, welche die neuen Siedlerverwendeten. Rein klangliche Polo-nisierung, der Rückgriff auf prussi-sche Namen und meist gelungeneÜbersetzungen aus dem Deut-schen kennzeichnen die Arbeit derKommission in Ostpreußen. Ironie des Schicksals: Ausge-

rechnet Srokowski wurde mit ei-nem willkürlich von der Kommis-sion gewählten Namen geehrt: ne-ben „Mragowo“ für Sensburg und„Ketrzyn“ für Rastenburg findetman statt Drengfurth nunmehr„Srokowo“ auf der Landkarte.Doch selbst beim heute möglichenSchmunzeln über manche vonSłodownik aufgezeigten Namens-ideen blieb der Ernst der damali-gen Geschehnisse, das Entfernendes Deutschen aus dem Alltag,präsent. Uwe Hahnkamp

Die Muttersprache stand im ZentrumArbeitstagung der Landsmannschaft Ostpreußen mit den Vorsitzenden der deutschen Vereine in Sensburg

Das Grundstück, auf dem sich dieehemalige Königsberger Kunsthal-le und der Wrangelturm befinden,soll mit einem Einkaufszentrumbebaut werden. Das zuständigeAmtsgericht verhalf einer Textilfir-ma zur Baugenehmigung für einEinkaufszentrum, ohne die Denk-malschutzauflagen zu berücksich-tigen. Gegen diese Entscheidungwill nun die Denkmalschutzbehör-de vorgehen.

Politiker betonen immer wieder,dass sie sich um den Erhalt histo-rischer Gebäude kümmern wollen,um Touristen einen Anreiz zu bie-ten, die Region zu besuchen. Dochleider geht trotz dieser Verspre-chen der Bau weiter: Überall ent-stehen hinter Bauzäunen weitereEinkaufszentren. Und das, obwohlschon jetzt viele Verkaufsflächenin Königsberg halb leer stehen undkeine Mieter finden. Offensichtlichgibt es innerhalb der Behördenunterschiedliche Auffassungendarüber, was geschützt werdensoll. Ein weiteres Einkaufszentrum

ist aktuell in der Nähe einer derbedeutendsten Sehenswürdigkei-ten von Königsberg geplant. EndeMärz erteilte der stellvertretendeBürgermeister Arthur Krupin derFirma „Textil GmbH“ die Geneh-migung zum Bau eines Handels-zentrums mit Café und Parkplatz.Am Wallring soll ein fünfstöckigesGebäude mit einer Fläche von4000 Quadratmetern entstehen. Der Erteilung der Baugenehmi-

gung war eine Gerichtsverhand-lung vorausgegangen. Die TextilGmbH hatte 2013 ihre Projektpla-nung zur Prüfung vorgelegt, diezuständige Behörde wollte keineBaugenehmigung erteilen. Sie be-gründete ihre Absage mit demFehlen städtebaulicher Vorschrif-ten für das Grundstück. Das ange-

rufene Amtsgericht entschied je-doch zugunsten der Textil GmbHund verpflichtete die Stadt zur Er-teilung einer Baugenehmigung.Dieses Grundstück in der Nähedes Zentralmarkts wird seit 1999vermietet. Zurzeit befindet sichdort ein Lager der Textil GmbH ineinem Ausstellungssaal der ehe-maligen Kunsthalle. Direkt dahin-ter befindet sich der Wrangelturm.Das Gebäude der Kunsthalle

wurde 1912/1913 neben dem altenBurggraben erbaut. Der Bau, dervor allem durch private Spendender Gesellschaft der Künste ver-wirklicht wurde, erfolgte durchden Architekten Friedrich Lahrs.Der Architekt plante den Bau ei-nes Museums- und Ausstellungs-gebäudes, das in seiner äußerenForm an einen antiken Tempel er-

innern sollte. Es entstand ein Ge-bäude im Stil des Neoklassizismusmit zwei identischen antiken Gie-beln und einem teilweise gläser-

nen Dach. Zur Eröffnung derKunsthalle war eine Gedächtnis-ausstellung der Erhebungszeit von1813 gegen Napoleon eröffnetworden. Kaiser Wilhelm II. hattedie Ausstellung eröffnet. Während des Zweiten Welt-

kriegs wurde das Gebäude nurteilweise beschädigt. Erst Anfangder 50er Jahre wurde es repariertund als Lager genutzt. Die ehema-lige Kunsthalle behielt zwar ihr

äußeres Erscheinungsbild, dieInnenaufteilung wurde jedoch anihre neue Funktion angepasst. Inden letzten Jahren wurde die Hal-le als Textillager genutzt. Krupin erklärte, dass das Gelän-

de zur Zone des kulturellen Erbesgehört, in der die Regeln der kon-ventionellen Stadtplanung norma-lerweise keine Anwendung finden.Deshalb müsse die Textil GmbHbeim Bau den Erhalt der Kunsthal-le gewährleisten, das heißt, einekulturhistorische Expertise durch-führen lassen, damit dieses Objektdes kulturellen Erbes nicht verlo-ren geht. Um die Entscheidung desSchiedsgerichts müsse sich jetztdie Denkmalschutzbehörde küm-mern.Diese reagierte, indem sie die

Entscheidung des Amtsgerichts

anfechten wird. Sie kündigte an,sich an das Gebietsgericht zuwenden. In diesem Zusammen-hang ist es erwähnenswert, dassim Sommer 2013 regionale Behör-den die Möglichkeit eingeschränkthaben, direkt neben Objekten deskulturellen Erbes zu bauen. In derListe von 382 schützenswertenObjekten befand sich auch dasGebäude der Kunsthalle. Weder ein Textillager in der ehe-

maligen Kunsthalle noch der Baueines Handelszentrums entspre-chen dem Wunsch der Behörden,Touristen anzulocken. Die Nutzungder ehemaligen Kunsthalle in ihrerursprünglichen Funktion mit Aus-stellungen, Aufführungen oder kul-turellen Veranstaltungen wäre wohleher dazu geeignet, Besucherströmeanzulocken. Jurij Tschernyschew

Tauziehen um KunsthalleEinkaufszentrum neben Wrangelturm geplant – Denkmalschutzbehörde will klagen

Denkmalgeschützte Architekturdenkmäler: Kunsthalle (links) und Wrangelturm (rechts) Bild: J.T.

Michelin investiert

Amtsgericht gab Bauherren recht

Nr. 17 – 26. April 2014

„Ohne Entwicklung des Schulwesens wird es uns nicht mehr geben«

Allenstein – Der französischeKonzern Michelin modernisiertfür umgerechnet 100 MillionenEuro seinen Betrieb in Allensteinzur Produktion von Reifen fürlandwirtschaftliche Fahrzeuge.Dadurch wird die Allensteiner Fa-brik die größte dieses Typs auf derWelt. Ein entsprechender Vertragist in der Woiwodschaftshaupt-stadt unter anderem vom polni-schen Wirtschaftsminister JanuszPichocinski unterschrieben wor-den. Diese Investition der Franzo-sen bringt neue Arbeitsplätze,aber wie viele es sein werden, istzurzeit noch unklar, wie der Di-rektor der Allensteiner Fabrik, Ja-roslaw Michalak, einräumte. PAZ

Stapellauf aufder Jantar-WerftKönigsberg – In OstpreußensHauptstadt ist auf der Jantar-Werft,der ehemaligen Schichau-Werft,die Fregatte „Admiral Grigoro-witsch“ vom Stapel gelaufen. Dasam 18. Dezember 2010 auf Kiel ge-legte Kriegsschiff ist zur Bekämp-fung feindlicher Überwasserein-heiten und U-Boote sowie zur Ab-wehr von Luftangriffen geeignet. Essoll die auf der Krim stationierteSchwarzmeerflotte verstärken. Be-nannt ist es nach dem ehemaligenSeeminister und Kommandantenvon Port Artur Iwan Grigorowitsch.Bis 2017 sollen insgesamt sechsEinheiten dieses Typs für dieKriegsmarine der Russischen Fö-deration fertiggestellt werden, fünfdavon auf der Jantar-Werft. PAZ

14 Nr. 17 – 26. April 2014

Es war wohl in den 30er Jah-ren, als auf der Flugstreckeder Lufthansa von Berlin

nach Königsberg Blinkfeuer einge-richtet wurden, die diese Flug-schneise sicherer machen sollten.Nun erhellte in den Abendstundendieses „Fliegerlicht“ bei Grunaunicht nur die Dächer von Heiligen-beil, sondern auch alle halbe Mi-nuten Wohn- und Schlafzimmerder Bewohner der Wermkestraße 1in der ersten Etage mit den hohenFenstern. Man war gezwungen,schwarze dichte Vorhänge anzu-bringen, und zunächst auf die Flie-ger nicht so gut zu sprechen. Andererseits war diese Anschaf-

fung nicht so sinnlos, denn ab 1939musste verdunkelt werden undman hatte dazu bereits die entspre-chende Ausrüstung. Zuvor gab eseine Einladung für Schüler undSchülerinnen, an einem Rundflugüber Königsberg teilzunehmen fürgenau fünf Reichsmark mit der„Messerschmidt-Kinder-Möwe“.Das war schon eine spannende An-gelegenheit, zum ersten Mal dieWelt von oben sehen zu dürfen.

Für mich mit meinen zwölf Jahrenwar es doch etwas enttäuschend,da man die Fenster während desFluges nicht öffnen durfte und ichmit dem großen Taschentuch, dasich mir extra mitgenommen hatte,leider nicht winken konnte. Wenige Jahre danach wurde der

Flugplatz Heiligenbeil komplettausgebaut, eine Fliegerschule ein-gerichtet und noch vor Kriegsaus-bruch ein Kampfgeschwader statio-niert. Man sah viele Männer inweißen Sakkos in die Stadt laufen,die nicht alle mit der Molkerei zutun haben konnten, wie wir es ge-wohnt waren. Es sprach sich he-rum, dass dieses Geschwader imMittelmeer zum Einsatz kommensollte und die Piloten bereits ent-sprechend eingekleidet waren. Da-vor wurden Einsätze nach Polengeflogen mit der Dornier Do 17und der Junkers Ju 88. MeineGroßmutter saß mit Strickstrumpfam Fenster, zählte die Maschinenund war beunruhigt, wenn von dendrei Fliegern nur zwei zurückka-men. Bald sah man vor den Gärt-nereien große Kränze mit Schär-pen des Geschwaders ausgestellt.

Nach ein paar Jah-ren hatten die Mäd-chen meiner Klasseden vorgeschriebe-nen Arbeitsdienst ab-solviert und wir tra-fen uns in froherRunde im Hotel amMarkt. Neben uns amNachbartisch saß ei-ne Gruppe von Pilo-ten in Lederkombismit gelbem Schal undvielen Auszeichnun-gen, wild gestikulie-rend, mit den Hän-den in der Luft ihreletzten Einsätze alsJagdflieger beschrei-bend. Noch vor zehn Uhr

abends dann unserAufbruch, denn ichmusste pünktlich zuHause sein. Dasprang ein langer Pi-lot auf und half mir inden Mantel. Gleich-zeitig bat er darum,mich nach Hause be-gleiten zu dürfen. Na,hoffentlich sieht michniemand mit einemFlieger, war mein er-ster Gedanke, denndiese Männer sindheute hier und mor-gen dort und sicherrecht unzuverlässig!Jedenfalls war die-

ser junge Mann dochsehr gut erzogen undunsere Unterhaltungrecht anregend. Ich stimmte einemTreffen in zwei Tagen zu. Kurz dar-auf flog er mit seiner Focke-WulfFw 190 ins Kurland, da Heiligen-beil nur ein Rückhalt-Kommandohatte. Es folgten fast tägliche Briefehin und her, unter anderem mit derSchilderung der recht mangelhaf-ten Verpflegung im Kurland-Kessel.Folglich fuhr ich über Land zu Ver-wandten mit dem großen Hof inKahlholz und hamsterte Butter undEier für eine Buttercremetorte. PerKurier-Maschine wollte ich dieseins Kurland senden. Da Verpak-kung Mangelware war, habe ich dieTorte in Pergamentpapier zwischenzwei Aktenordnern als Paket gutverschnürt und abgeliefert. MeineDienststelle war inzwischen in derKommandantur, so dass ich pro-blemlos in den Fliegerhorst gelan-gen konnte. Lange Zeit kam keineNachricht von dem Erhalt der Sen-dung und auf meine Anfrage hin

gab es eine prompte Erklärung sei-ner Kameraden: „Ach, du meinstdie Torte? Tja, die haben wir schonin Heiligenbeil aufgegessen, zumalein Tag schlechtes Flugwetter warund sie sonst nicht mehr frisch ge-nug gewesen wäre!“Den nächsten Urlaub verlebte

mein Flieger dann in Ostpreußenund er hatte ernste Absichten, baldzu heiraten. „Sonst schnappt dichnoch ein anderer weg!“ „MeinGott, ein Flieger!“, war der Kom-mentar meines Großvaters in Bal-ga. „Das ist ein Mensch, der hatkein Land, nicht mal ein Pferd. Dasingst du am Ersten des Monatswie bei Beamten ‚Großer Gott wirloben dich‘, am Zehnten des Mo-nats ‚Jesus meine Zuversicht‘ undam 25. ‚Aus tiefer Not schrei ich zudir‘!“Nun waren wir trotzdem verlobt

und mein begeisterter Flieger floginzwischen den ersten Düsenjäger

im Westen. „Wenn sie auf michschießen, nehme ich das Geschossunter den Arm und fliege weiter“,war seine Schilderung. Doch wardie Geschwindigkeit gewöhnungs-bedürftig und in Minuten flog ervon Lechfeld aus plötzlich über dieSchweiz. Große Entschuldigungnoch Jahre später, als ein Major ausLuzern auf unserer Reise nach Le-ningrad an unserem Tisch saß und

sich genau daran erinnern konnte,dass die ganze Schweiz Flieger-alarm hatte und er zwei Stundenim Luftschutzkeller sitzen musste.Das würde eine Flasche Champag-ner kosten heute Abend! – LeichteÜbung!Während er im Westen flog, wur-

den wir in Heiligenbeil von derrussischen Armee eingekesselt.Niemand hatte damit gerechnet

und guter Rat war teuer. Ich be-suchte noch meine Tante, die imFliegerhorst das Kasino leitete, alsein Pilot mit einer Kuriermaschinelandete und am nächsten Tag mitder Arado Ar 96 zurück ins Reichfliegen sollte. Ein bis zwei Plätzeseien noch frei und ich sagte kurzentschlossen zu. Schneller Ab-schied von Mutter und Großeltern.In der Maschine wurde der zweiteSitz hinter dem Piloten entfernt, sodass ich, mit einer Kollegin mitdem Kopf zum Piloten nebenein-anderliegend, Platz nehmen konn-te. Abflug bei empfindlicher Kälteam Nachmittag des 24. Januars.Noch einmal sah man den Markt-platz mit dem Rathaus in der Mitteunter uns und ich sang: „Nun adedu mein lieb Heiligenbeil, lieb Hei-ligenbeil ade …“ Wie gut, dass wirdoch die Flieger und den Flugplatzdort hatten. Denn noch viele kin-derreiche Familien hatten die Mög-lichkeit, mit größeren Maschinenmitfliegen zu können.Fast zehn Jahre später wurde die

deutsche Bundeswehr wieder ge-gründet und auch deutsche Pilotenkonnten wieder starten. Obwohlviele inzwischen in guten Positio-nen tätig waren, zog es die meistenwieder in die Lüfte. „Fliegt IhrMann auch Düse?“, fragte mich inBonn eine Dame und ich habe daseigentlich gerne bestätigt, obwohlso allerlei Beschwernisse für dieFamilie damit verbunden waren.Jedenfalls konnten wir feststellen,dass die Leidenschaft zum Fliegenwirklich international verbreitet istund es entstanden Freundschaftenüber Kontinente hinweg. Es erfolg-ten Einladungen in viele LänderEuropas sowie in die USA undnach Kanada.Als wir 1990 mit Hilfsgütern ver-

sehen nach Ostpreußen reisendurften, fanden wir das alte Flug-feld einsam und verlassen vor. DieGebäude waren zerstört, aber überuns flogen die Jets der Russen undübten Formationen. Gisela Hannig

OSTPREUSS ISCHE FAMIL IE

Idyllische Ruhe vor dem Sturm: Rathaus in Heiligenbeil Bild: Archiv

»Fliegt Ihr Mann auch Düse?«Mit der Fliegerschule in Heiligenbeil kam Leben in die Stadt – Piloten brachten erst Unruhe, dann die Rettung

Spendenaufruf der Bruderhilfe Ostpreußen für die Landsleute in der Heimat

Liebe Leser der Preußischen Allgemeinen Zeitung,Liebe Landsleute und Freunde Ostpreußens,

Stephan GrigatRechtsanwalt

Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen

Wenn Sie helfen möchten, überweisen Sie Ihre Zuwendung auf das Konto der Landsmannschaft Ostpreußen – Bruderhilfe e.V. bei der HSH Nordbank, IBAN: DE 93 2105 0000 0600 5020 00, BIC:HSHNDEHH, Konto-Nr.: 600 502 000, BLZ 210 500 00.

in einer Welt, in der sich die Scherezwischen Arm und Reich immer weiteröffnet, besinnt sich die Bruderhilfe aufdas Wesentliche – die Hilfe am Mit-menschen. Auch fast 70 Jahre nachdem Ende des Zweiten Weltkrieges gibtes noch immer zahlreiche hilfsbedürfti-ge deutsche Landsleute in der HeimatOstpreußen, denen es am Notwendig-sten mangelt. Die ohnehin schon hoheArbeitslosigkeit und Altersarmut in derRegion haben sich in den letzten Jahrennoch weiter vergrößert; die medizini-sche Versorgung ist für viele Menschenkaum erschwinglich. Oft fehlt es angrundlegenden Dingen – an Heizmate-rial, an Kleidung und Medikamenten.

Für uns Ostpreußen ist es wichtig, di-rekt dort anzusetzen, wo Hilfe drin-gend benötigt wird. Dieser Aufgabestellt sich die Bruderhilfe Jahr für Jahr– mit Hilfe Ihrer Spenden. Daher wen-de ich mich auch heute wieder mit derBitte an Sie, unser humanitäres Hilfs-werk zu unterstützten. Die Bruderhilfe der Landsmann-

schaft Ostpreußen hat eine lange underfolgreiche Arbeit aufzuweisen: Be-reits 1951 wurden die ersten Päckchenund Pakete in das südliche Ostpreußenversandt. Die Russlanddeutschen imKönigsberger Gebiet und die Landsleu-te im Memelland haben wir nach demFall der Mauer in unsere Fürsorge ein-

bezogen. Unter besonderer Obhut derLandsmannschaft Ostpreußen stehendie Wolfskinder, die nach dem Kriegvielfach nur ihr nacktes Leben rettenkonnten. Ihrer deutschen Identität be-raubt, konnten sie sich erst nach derpolitischen Zeitenwende im Osten Eu-ropas in einem Verein zusammenfin-den und ihre Interessen nach außenvertreten. Materielle Hilfe und ideelleUnterstützung haben hier einen ganzbesonderen Stellenwert. Durch die fi-nanzielle Zuwendung erhalten unsereLandsleute in Ostpreußen nicht nur ei-nen kleinen Beitrag zum Lebensunter-halt; vielmehr wird auch ihr Selbst-wertgefühl gestärkt. Die zwischen-

menschliche Verbindung in die Heimatreißt nicht ab: Durch die Bruderhilfeerfahren die Daheimgebliebenen, dasssie auch nach all den Jahren von denLandsleuten in der BundesrepublikDeutschland nicht allein gelassen wer-den. Das bedeutet für sie Trost undStärkung. Noch immer erreichen uns neue Hil-

ferufe von in Not geratenen Landsleu-ten, denen wir schnell und unbürokra-tisch helfen können. Unsere Kreisge-meinschaften sind Garanten dafür, dassIhre Spende direkt beim Bedürftigenankommt.Um die kulturellen und emotionalen

Bindungen zu unseren Landsleuten in

Ostpreußen aufrechtzuerhalten, ladenwir in diesem Jahr eine größere Anzahlvon Mitgliedern der Deutschen Vereinein Ostpreußen zum Deutschlandtreffennach Kassel ein. Eine starke Gemein-schaft als Teil der weltweiten Ostpreu-ßen-Familie zu erleben stärkt auch dieeigene Identität. Bitte unterstützen Sie die Fortsetzung

unserer humanitären friedensstiften-den Arbeit und helfen Sie mit, armenLandsleuten mit einer Spende zu mehrLebensqualität zu verhelfen. Deutschehelfen Deutschen, Ostpreußen unter-stützen heimatverbliebene Ostpreußen. Allen Spendern sage ich ein herzli-

ches Dankeschön!

Liebe Leserinnen und Leser,

die Redaktion der Preußischen Allgemeinen Zeitungist stolz, mit Ruth Geede die älteste noch tätige Jour-nalistin der Welt in ihren Reihen zu haben. Dabei sindes nicht allein preußische Pflichterfüllung und einselbst im hohen Alter nicht erlahmender Schaffens-drang, sondern es ist die Verbundenheit mit „ihren“Ostpreußen, die sie auch im 99. Lebensjahr noch im-mer Tag für Tag am Schreibtisch sitzen lässt. Ihr Wir-ken geht weit über das gedruckt Nachlesbare hinaus,

stellt sie doch gern nicht nur Landsleuten ihr uner-schöpfliches Wissen über Ostpreußen zur Verfügung.Seit Jahrzehnten erscheint in unserer Zeitung wö-

chentlich aus ihrer Feder die „Ostpreußische Fami-lie“. In dieser Ausgabe suchen Sie die Kolumneallerdings vergeblich. Doch kein Grund zur Sorge,Ruth Geede hat die Feder nicht aus der Hand gelegt.Auch die Unermüdliche muss lediglich einmal einelängst verdiente Pause einlegen. Danach wird siesich wieder an alter Stelle und in gewohnter Weiseihrer „Ostpreußischen Familie“ widmen.

Flieger galten alsschlechte Partie

GLÜCKWÜNSCHE Nr. 17 – 26. April 2014 15

Jahr 2014

17./18. Mai: Deutschlandtreffen der Ostpreußen, Messe Kassel.6. bis 9. Juni: Ostpreußisches Musikwochenende, Bad Pyrmont.14./15. Juni: Ostpreußische Jugendolympiade in Ortelsburg.21. Juni: Ostpreußisches Sommerfest in Allenstein.19. bis 21. September: Geschichtsseminar, Bad Pyrmont.13. bis 19. Oktober: Werkwoche, Bad Pyrmont.18. Oktober: 7. Deutsch-Russisches Forum im Königsberger Gebiet(geschlossener Teilnehmerkreis).

24. bis 26. Oktober: Schriftleiterseminar, Bad Pyrmont.1./2. November: Ostpreußische Landesvertretung, Bad Pyrmont.3. bis 7. November: Kulturhistorisches Seminar für Frauen in BadPyrmont.

Jahr 2015

7./8. März: Arbeitstagung der Kreisvertreter, Bad Pyrmont.

Auskünfte bei der Bundesgeschäftsstelle der LandsmannschaftOstpreußen, Buchtstraße 4, 22087 Hamburg, Telefon (040) 414008-26 oder [email protected].

TERMINE DER LO

SONNABEND, 26. April, 12.45Uhr, SWR: Von Meisterhand– Der Reetdachdecker. Be-rufsporträt.

SONNABEND, 26. April, 14 Uhr,Arte: Yourope. Europa in Ge-fahr: Pulverfass Ukraine.

SONNABEND, 26. April, 15.05Uhr, Deutschlandradio Kul-tur: nach dem Fest. Wasbleibt von Gartenschauen,Olympia und Co.?

SONNABEND, 26. April, 18.30Uhr, 3sat: Tier gewinnt –Baustopp für den Arten-schutz. Reportage, D 2013.

SONNABEND, 26. April, Arte,20.15 Uhr: Wilhelm der Er-oberer. Doku, F 2013.

SONNTAG, 27. April, 8.05 Uhr,WDR 5: Osteuropa-Magazin.

SONNTAG, 27. April, 9.05 Uhr,Deutschlandfunk: Kalender-blatt. Vor 250 Jahren: DerVerleger Johann FriedrichCotta geboren.

SONNTAG, 27. April, 20.15 Uhr,SWR: Das Mittelalter imSüdwesten. Die Welt der Rit-ter und Konstanz – Stadt desKonzils.

MONTAG, 28. April, 20.15 Uhr,ZDF: Das Attentat – Sarajevo1914. Historiendrama A/D 2014.

MONTAG, 28. April, 20.15 Uhr,3sat: Spion wider Willen.Doku über den SchweizerMechaniker Urs Tinner, dergeheime Lieferungen vonNuklearmaterial an Muam-mar al-Gadaffi der CIA ver-riet.

MONTAG, 28. April, 21 Uhr,3sat: Auge um Auge. Wie derlibysche Diktator dieSchweiz erpresste.

MONTAG, 28. April, 21.55 Uhr,ZDF: Sarajevo – Der Weg indie Katastrophe. Doku, D 2014.

MONTAG, 28. April, 22.25 Uhr,3sat: Die Klüngel-Republik:Korruption und Misswirt-schaft in Deutschland.

DIENSTAG, 29. April, 17.45 Uhr,3sat: Die Karpaten – Leben inDraculas Wäldern. Land-schaftsporträt.

DIENSTAG, 29. April, 20.15 Uhr,Arte: 14 – Tagebücher des Er-sten Weltkriegs (1+2/8). Doku.

DIENSTAG, 29. April, 22.10 Uhr,Arte: Die Arier. Doku, D 2014,über Bedeutung und Herkunftdes Begriffs „Arier“.

MITTWOCH, 30. April, 10.10 Uhr,Deutschlandfunk: Länderzeit.Siegen meist die wirtschaft-lichen Interessen? Derschwierige Kampf gegen denLärm.

MITTWOCH, 30. April, 20.15 Uhr,SWR: Betrifft: Der Zecken-Krieg. Reportage über die Ge-fahr der von Zecken ausgelö-sten bakteriellen Infektion.

MITTWOCH, 30. April, 21 Uhr,3sat: Böhmerwald – Wildnisim Herzen Europas. Naturdo-ku, D 2001.

MITTWOCH, 30. April, 21.45 Uhr,Eins Plus: Klub Konkret: Euro-pas Krisenkinder. Jugendar-beitslosigkeit in Südeuropaauf Rekordhöhe. Gibt esLichtblicke? Reportage.

DONNERSTAG, 1. Mai, 15.30 Uhr,Phoenix: Wir Europäer. EineSpurensuche nach den Wur-zeln der europäischenIdentität. Doku, D 2008.

DONNERSTAG, 1. Mai, 21 Uhr,Phoenix: Karl der Große. Do-ku, D 2013.

FREITAG, 2. Mai, 20.15 Uhr, 3sat:Gott hat hohe Nebenkosten.Wer wirklich für die Kirchezahlt. Doku.

FREITAG, 2. Mai, 20.15 Uhr, Arte:Die Spiegel-Affäre. Politthril-ler, D 2014.

HÖRFUNK & FERNSEHEN

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Seinen 93. Geburtstagfeierte am 25. April 2014

Heinz Lettauaus Stollendorf bei Arys

jetzt Veilchenweg 6,89275 Elchingen, Tel. 0 73 08 – 37 95

AnzeigeZUM 100. GEBURTSTAG

Fricke, Herta, geb. Naujok, ausTawe, Kreis Elchniederung, am26. April

ZUM 98. GEBURTSTAG

Schöttke, Hedwig, geb. Hoff-mann, aus Zimmerbude, KreisSamland, am 27. April

ZUM 97. GEBURTSTAG

Kallweit, Heinz, aus Heinrichs-walde, Kreis Elchniederung, am29. April

ZUM 96. GEBURTSTAG

Kinas, Reinhold, aus Moddelkau,Neidenburg, am 28. April

Skopnik, Dr. Klaus-Dietrich, ausLyck, Memeler Weg, am 26. April

ZUM 95. GEBURTSTAG

Ragoszat, Walter, aus Eydtkau,Kreis Ebenrode, am 26. April

Ueckert, Ida, geb. Totzi, ausSchuttschenofen, Kreis Neiden-burg, am 30. April

ZUM 94. GEBURTSTAG

Pellny, Elfriede, aus Teichwalde,Kreis Treuburg, am 27. April

Pofalla, Helene, geb. Warda, ausRundfließ, Kreis Lyck, am 2. Mai

Schneider, Ingeborg, geb. Soer-gel, aus Lyck, am 27. April

Wilken, Elfriede, geb. Mazeyzik,aus Prostken, Kreis Lyck, am 2. Mai

ZUM 93. GEBURTSTAG

Dobler, Gisela, geb. Schön, ausPillau, Kreis Samland, am 30. April

Kaiser, Erich, aus Ebenfelde,Kreis Lyck, am 30. April

Kukulies, Willi, aus Tawe, KreisElchniederung, am 29. April

Rohde, Carla, geb. Schween, ausWehlau, am 26. April

Scheer, Dr. Inge, aus Wollin, Pom-mern, am 30. April

ZUM 92. GEBURTSTAG

Dziomba, Heinrich, aus Neiden-burg, am 29. April

Enskat, Hedwig, geb. Enskat, ausHolländerei, Kreis Wehlau, am29. April

Hülle, Lita, geb. Kurrek, aus Her-zogskirchen, Kreis Treuburg,am 1. Mai

Leonhardt, Jutta, geb. Schulz, aus

Altenkirch, Kreis Tilsit-Ragnit,am 1. Mai

Lieder, Else, aus Tilsit, am 2. Mai

Ludeneit, Kurt, aus Paterswalde,Kreis Wehlau, am 29. April

Martzian, Edith, geb. Urban, ausNeumalken, Kreis Lyck, am 27. April

Mett, Johanna, geb. Zahlmann,aus Stadtfelde, Kreis Ebenrode,am 30. April

Ries, Ingeborg, geb. Steinke, ausIrglacken, Kreis Wehlau, am 28. April

Schmidtke, Ernst, aus Treuburg,am 27. April

Schröder, Irmgard, geb. Schnei-der, aus Hüttenfelde, Kreis Til-sit-Ragnit, am 27. April

Sonntag, Günter, aus Lyck, am 1. Mai

Walther, Ursula, geb. Elfert, ausAdlig Linkuhnen, Kreis Elchnie-derung, am 1. Mai

Wieser, Alice, geb. Enseleit, ausMühlenkreuz, Kreis Elchniede-rung, am 2. Mai

Zachau, Marianne, geb. Verbrüg-gen, aus Wehlau, am 27. April

ZUM 91. GEBURTSTAG

Andresen, Ingeborg, geb. Linck,aus Wehlau, am 26. April

Biallowons, Erika, geb. Tanski,aus Lindenort, Kreis Ortelsburg,am 26. April

Fritz, Erna, geb. Krafzig, aus Bo-bern, Kreis Lyck, am 26. April

Goetzke, Marianne, aus Neukirch,Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Heer, Gertrud, geb. Ratschpichler,aus Kreizingen, Kreis Elchnie-derung, am 27. April

Lucka, Erika, aus Neidenburg, am28. April

Mlinarzik, Helmut, aus Klein Rau-schen, Kreis Lyck, am 2. Mai

Montro, Hildegard, geb. Slembek,aus Magdalenz, Kreis Neiden-burg, am 26. April

Onusseit, Ruth, aus Ebenrode, am26. April

Petereit, Franz, aus Schakendorf,Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Verch, Horst, aus Neidenburg, am29. April

Weiß, Anna, geb. Kuczewski, ausRummau-West, Kreis Ortels-burg, am 26. April

Wenk, Renate, aus Garbseiden,Kreis Samland, am 28. April

ZUM 90. GEBURTSTAG

Becker, Franz, aus Sarkau, KreisSamland, am 28. April

Bodo-Skopnik, Barbara, geb.Skopnik, aus Lyck, Königin-Lui-se-Platz, am 28. April

Buchholz, Werner, aus Borschim-men, Kreis Lyck, am 27. April

Dietrich, Waltraut, geb. Bendig,aus Kuckerneese, Kreis Elch-niederung, am 1. Mai

Eybe, Egon, aus Uderhöhe, KreisWehlau, am 27. April

Gregersen, Margaretha, geb.Schöttke, aus Zimmerbude,Kreis Samland, am 29. April

Gruhn, Auguste, aus Lyck, am 28. April

Jopp, Erich, aus Nußberg, KreisLyck, am 29. April

Lendzian, Ingeborg, aus Lyck, am1. Mai

Meggersee, Gertrud, geb. Müller,aus Rauschen, Kreis Samland,am 26. April

Pradler, Erwin, aus Pregelswalde,Kreis Wehlau, am 30. April

Rohde, Waltraud, geb. Stabagins-ki, aus Lindendorf, Kreis Weh-lau, am 28. April

Rohmann, Lisbeth, geb. Boguth,aus Milucken, Kreis Lyck, am26. April

Sondermann, Else, geb. Lusga,aus Reuß, Kreis Treuburg, am27. April

ZUM 85. GEBURTSTAG

Bär, Erna, geb. Stannull, aus Er-len, Kreis Elchniederung, am29. April

Böhnke, Kurt, aus Lindental,Kreis Elchniederung, am 26. April

Dombrowski, Heinz, aus Meru-nen, Kreis Treuburg, am 27. April

Foerster, Winfried, aus Herzogs-höhe, Kreis Treuburg, am 27. April

Gazioch, Martha, geb. Wolter, ausWaldpusch, Kreis Ortelsburg,am 30. April

Götza, Willi, aus Krokau, KreisNeidenburg, am 27. April

Grosch, Maria, geb. Eisenmenger,aus Tapiau, Kreis Wehlau, am30. April

Helwing, Rudi, aus Grünwalde,Kreis Heiligenbeil, am 27. April

Horn, Ilse, geb. Bronkowski, ausSarken, Kreis Lyck, am 30. April

Jessat, Walter, aus Schirrau, KreisWehlau, am 29. April

Knuth, Gerhard, aus Treuburg,am 29. April

Kobuß, Fritz, aus Gellen, KreisOrtelsburg, am 28. April

Köhler, Waltraut, geb. Rothgän-ger, aus Lengau, Kreis Treu-burg, am 27. April

Kollak, Elfriede, geb. Zeeh, ausSeedorf, Kreis Lyck, am 27. April

Kunz, Christel, geb. Waschnews-ki, aus Lykusen, Kreis Neiden-burg, am 27. April

Kunz, Martha, geb. Gentz, ausSoffen, Kreis Lyck, am 02. Mai

Lagershausen, Eva, geb. Nagait-schik, aus Goldenau, KreisLyck, am 27. April

Lambertus, Ruth, geb. Reichert,Kreis Elchniederung, am 28. April

Leissner, Johannes, aus Lieben-berg, Kreis Ortelsburg, am 1. Mai

Narkus, Paul, aus Robkojen, KreisTilsit-Ragnit, am 27. April

Otto, Erich, aus Wehlau, am 28. April

Preußner, Irmgard, geb. Zimmer,aus Korschen, Kreis Rasten-burg, am 30. April

Reinke, Gerhard, aus Tapiau,Kreis Wehlau, am 29. April

Schneider, Helene, geb. Kloss,aus Grünwalde, Kreis Ortels-burg, am 27. April

Schwabe, Franz, aus Kögsten,Kreis Ebenrode, am 28. April

Schwermer, Horst, aus Uderhöhe,Kreis Wehlau, am 27. April

Stinka, Gerhard, aus Großschmie-den, Kreis Lyck, am 2. Mai

Warlich, Helga, geb. Didlaukies,aus Treuburg, am 30. April

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bajohr, Gerhard, aus Korschen,Kreis Rastenburg, am 28. April

Bednarczyk, Ilse, geb. Roehr, ausNeukirch, Kreis Elchniederung,am 30. April

Bercz, Christianna, geb. Danows-ki, aus Fronicken, Kreis Treu-burg, am 1. Mai

Berg, Siglinde, aus Heiligenwald,Kreis Preußisch Holland am 29. April

Brünner, Hannelore, geb. Grieb-ner, aus Neukirch, Kreis Elch-niederung, am 30. April

Dell, Waltraut, geb. Engelke, ausAhlgarten, Kreis Elchniederung,am 29. April

Donnerstag, Klaus, aus Allenburg,Kreis Wehlau, am 27. April

Dronsek, Dr. Ing. Gerhard, ausHenneberg, Kreis Lyck, am 30. April

Eggert, Bernhard, aus Schönrade,Kreis Wehlau, am 1. Mai

Gäde, Gertraud, geb. Babbel, ausWehlau, am 1. Mai

Giersch, Anneliese, geb. Grud-zenski, aus Samplatten, KreisOrtelsburg, am 2. Mai

Jach, Wally, geb. Litzbarski, ausStobingen, Kreis Elchniede-rung, am 26. April

Kahlfeld, Reinhard, aus GroßHoppenbruch, am 27. April

Kalisch, Elisabeth, geb. Lork, ausSeenwalde, Kreis Ortelsburg,am 1. Mai

Klatt, Anneliese, geb. Schulz, ausTapiau, Kreis Wehlau, am 30. April

Klauß, Edith, geb. Trinogga, ausSeedorf, Kreis Lyck, am 30. April

Korte, Martin, aus Schwentainen,Kreis Treuburg, am 27. April

Kraus, Margarete, geb. Strupat,aus Pregelswalde, Kreis Weh-lau, am 1. Mai

Kuckluck, Horst, aus Sechshu-ben, Kreis Wehlau, am 1. Mai

Meyn, Kurt, aus Reuß, Kreis Treu-burg, am 27. April

Mossakowski, Helmut, aus Schie-manen, Kreis Neidenburg, am30. April

Niklas, Evamarie, geb. Danowski,aus Fronicken, Kreis Treuburg,am 1. Mai

Plewa, Gerhard, aus KleinRauschken, Kreis Ortelsburg,am 26. April

Priwall, Heinz, aus Frischenau,Kreis Wehlau, am 2. Mai

Raufeisen, Günter, aus Sanditten,Kreis Wehlau, am 30. April

Schlegel, Erika, aus Moschnen,Kreis Treuburg, am 29. April

Steppan, Inge, geb. Röhrig, ausZinten, Kreis Heiligenbeil, am29. April

Vocke, Traute, geb. Skiendziel,aus Kölmersdorf, Kreis Lyck,am 29. April

Volkmann, Ernst, aus Rossen-Gerlachsdorf, Kreis Heiligen-beil, am 29. April

Werner, Hildegard, geb. Thomas,aus Heinrichswalde, KreisElchniederung, am 2. Mai

Wünscher, Ilse, geb. Stolzke, ausSorgenau, Kreis Samland, am28. April

Zbikowski, Gerhard, aus Kyschie-nen, Kreis Neidenburg, am 27. April

ZUM 75. GEBURTSTAG

Acktun, Armin, aus Schillenberg,Kreis Wehlau, am 2. Mai

Baginski, Reinhard, aus Ortels-burg, am 26. April

Bieber, Gerhard,aus Lindenort,Kreis Ortelsburg, am 1. Mai

Böttcher, Irene, geb. Schulz, ausCanditten, Kreis Preußisch Ey-lau, am 30. April

Brockmann, Reinhard, aus Wei-ßensee, Kreis Wehlau, am 26. April

Brzoska, Helmut, aus Wetzhau-sen, Kreis Neidenburg, am 27. April

Hehl, Margot, geb. Bestvater, ausKattenau, Kreis Ebenrode, am28. April

Herres, Edith, geb. Janz, aus Alt-schanzenkrug, Kreis Elchniede-rung, am 29. April

Jondral, Dieter-Heinz, aus Eben-dorf, Kreis Ortelsburg, am 28. April

Karwowski, Ingrid, geb. Dopatka,aus Wilhelmshof, Kreis Ortels-burg, am 29. April

Kreutz, Dietrich, aus Balga, KreisHeiligenbeil, am 29. April

Naujeck, Gerhard, aus Gowarten,Kreis Elchniederung, am 1. Mai

Naujeck, Rudi, aus Gowarten,Kreis Elchniederung, am 1. Mai

Neumann, Manfred, aus Neiden-burg, am 26. April

Reich, Bärbel, geb. Harksel, ausGilgetal, Kreis Elchniederung,am 27. April

Saborowski, Dieter, aus Satti-cken, Kreis Treuburg, am 30.April

Schauroth, Friedchen, aus Kassu-ben, Kreis Ebenrode, am 28. April

Schneider, Helga, geb. Birth, ausLandsberg, Hindenburgstraße,Kreis Preußisch Eylau, am 28. April

Stoll, Lothar, aus Hochdünen,Kreis Elchniederung, am 26. April

Vogt, Sigrid, geb. Hollack, ausFronicken, Kreis Treuburg, am29. April

Dittchenbühne zeigt Filmklassiker:Dienstag, 20. Mai, 19 Uhr: Filmvorführung „Wir Wunderkinder“ ausdem Jahr 1958 (Regie: Kurt Hoffmann). Eintritt 6 Euro pro Person.Informationen unter Telefon (04121) 8971-0.

Alle auf den Seiten »Glückwünsche« und »Heimatarbeit« abgedruckten

Berichte und Terminankündigungen werden auch ins Internet gestellt.

Eine Zusendung entspricht somit auch einer Einverständniserklärung!

HEIMATARBE IT16 Nr. 17 – 26. April 2014

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Landesgruppe – 17./18. Mai:Deutschlandtreffen der LM Ost-preußen in Kassel. 12. bis 18. Mai:Busfahrt der Landesgruppe zu-sammen mit der AdM Mannheim.Fahrt nach Holland in den Früh-lingspark Keukenhof und zumDeutschlandtreffen der Ostpreu-ßen in Kassel. Reiseroute: 1. Tag:Busfahrt Mannheim Rotterdam,Stadtbesichtigung und Hafen-rundfahrt. 2. Tag: Führung DenHaag, Eintritt Porzellanmanufak-tur Delft, Besichtigung einer Kä-serei und der Stadt Gouda. 3. Tag:Besuch Tulpenland Keukenhof in-klusive Eintritt. 4. Tag: Amster-dam mit Stadtführung und Grach-tenfahrt. 5. Tag: Rotterdam – Kas-sel – Baunatal, unterwegs Besich-tigung der Windmühlen von Kin-derdijk. 6. und 7. Tag: Deutsch-landtreffen in Kassel und Rückrei-se. Leistungen: Vier Übernachtun-gen mit Halbpension im Vier-Sterne-Hotel in Rotterdam, zweiÜbernachtungen mit Halbpensionim Best Western Ambassador inKassel-Baunatal, Führung undHafenrundfahrt in Rotterdam,Führung in Den Hag, Eintritt Por-zellanmanufaktur Delft, Besichti-gung Käserei mit Kostprobe, Be-such inklusive Eintritt TulpenlandKeukenhof, Stadtführung und

Grachtenfahrt Amsterdam, Ein-tritt Deutschlandtreffen, BusfahrtMannheim – Holland – Kassel –Mannheim inklusive aller Rund-fahrten. Preis pro Person im Dop-pelzimmer 660 Euro, Einzelzim-merzuschlag 148 Euro. DurchKrankheit sind drei Plätze frei ge-worden. Bitte umgehend anmel-den Uta Lüttich, 70192 Stuttgart,Feuerbacher Weg 108, Telefon(0711) 854093 oder Uwe Jurgsties,Kirschblütenweg 13, 68542 Hed-desheim, Telefon (06203) 43229.– Sonnabend, 3.,/Sonntag 4. Mai,Bad Mergentheim: Delegierten-und Kulturtagung mit einer Preu-ßischen Tafelrunde und einemreichhaltigen kulturellen Pro-gramm. Die Landesgruppe West-preußen organisiert eine Busfahrtvon Stuttgart nach Bad Mergent-heim mit Zusteigemöglichkeitenin Pforzheim, Ludwigsburg, Heil-bronn. Der Pauschalbetrag wirdmit 40 Euro veranschlagt. Dieserbeinhaltet das gemeinsame Essender Tafelrunde sowie Busfahrtund Eintrittspreise. Die Vorsitzen-den der Gruppen werden gebe-ten, an der Tagung teilzunehmen.Nähere Auskünfte und Anmel-dung bei Hans-Werner Schwalke,Wilhelm-Stähle-Straße 8, 70736Fellbach, Telefon (0711) 512907,Fax (0711) 5160341. Lahr – Donnerstag, 8. Mai, Zum

Zarko, Schillerstraße 3: Die Grup-pe trifft sich zum Stammtisch. Ludwigsburg – Für das

Deutschlandtreffen am 17./18. Maiin der Messe Kassel bietet dieLandesgruppe eine Busfahrt vom12. bis 18. Mai mit vorherigem Be-such von Rotterdam, Den Haag,Gouda, Keukenhof und Amster-dam in Holland an. Reutlingen – Sonnabend,

3. Mai, 14 Uhr, Treffpunkt für Äl-tere, Gustav-Werner-Straße 6a:Frühlingsfest. Das Programm ge-stalten das Orchester „Zweite Le-benshälfte“ mit der Sängerin An-ne Munding unter der Leitungvon Herbert Sieren aus Pfullingensowie ein Filmvortrag von PeterJermann: „Rückblick LO 2013“.Weitere interessante Unterhaltun-gen bei Kaffee und Kuchen. DieGruppe freut sich auf ihr schönesFrühlingsfest und lädt herzlichein. Informationen über die Fahrtzum Ostpreußentreffen nach Kas-sel stehen auch auf der Tagesord-nung. – Die Gruppe fährt zumgroßen Heimattreffen aller Ost-preußen aus nah und fern nachKassel. Das Treffen findet vom 17.bis 18. Mai in der Messe Kasselstatt. Die Fahrt geht ab Reutlingen

vom 16. bis 19. Mai, also vier Tagemit drei Übernachtungen mitFrühstück in das Viersterne Wald-hotel Schäferberg Espenau beiKassel. Leistungen: Busfahrt, dreiÜbernachtungen, dreimal Früh-stücksbüffet. Der Transfer zurMesse zum Heimattreffen ist in-klusive. Am Tag der Anreise istnoch eine Stadtrundfahrt in Kas-sel und die Besichtigung der Wil-helmshöhe geplant. Auch fürSonntag, 18. Mai, nach dem Tref-fen wird es noch eine Überra-schung geben. Am Montag, 19.Mai, wird die Gruppe nach demFrühstück auf der Heimfahrt denEdersee besuchen. Nach Abspra-che ist eine Schifffahrt möglich.Die Kosten für Fahrt, Übernach-tung und Frühstück betragen 300Euro pro Person. Alle Landsleuteund Freunde der unvergessenen,verlorenen Heimat sind herzlicheingeladen mitzufahren, denn:Ostpreußen lebt! Weitere Aus-kunft bei Ilse Hunger, Telefon(07121) 52541. Es sind noch Plät-ze frei. Es werden wieder interes-sante und unvergessliche Tagewerden.Stuttgart – Donnerstag, 8. Mai,

14.20 Uhr, Haus der Heimat, Gro-ßer Saal, Schloßstraße 92: Jahres-hauptversammlung der Kreis-gruppe mit Berichten des 1. Vor-sitzenden, des Kassenwarts, derLeiterin der Frauengruppe undder Kassenprüfer. AnschließendAussprache und Antrag auf Entla-stung für das Jahr 2013. Anschlie-ßend wird ein Film über Ostpreu-ßen gezeigt. Gäste sind herzlichwillkommen.

Altmühlfranken – Sonnabend,17., bis Sonntag, 18. Mai: Deutsch-landtreffen der Ostpreußen inKassel. Gemeinsame Fahrt mitdem Reisebus nach Kassel. Ansbach – Sonnabend, 10. Mai,

15 Uhr, Orangerie: Filmvortrag„Die pommersche Ostseeküste“.Gemütliches Beisammensein. 16.bis 18. Mai: Fahrt nach Kasselzum Ostpreußentreffen.Kitzingen – Bericht über die

Versammlung am Freitag, dem 11.April, mit Ehrungen von Edel-traud Kannapin und Gustav Patz –Von den derzeit noch 30 Mitglie-dern im Kreisverband Kitzingenkam mit 14 Teilnehmern immer-

hin fast die Hälfte zur Jahres-hauptversammlung. Im Mittel-punkt stand die Ehrung von Gu-stav Patz, der seit 35 Jahren Mit-glied und seit 25 Jahren Vorsit-zender ist. „In heutiger Zeit sind25 Jahre als Vorsitzender eine hal-be Ewigkeit“, erklärte KulturwartWolfgang Peconik. Gustav Patz istseit 35 Jahren Mitglied im Kreis-verband Kitzingen. Der Heimatverbunden zu sein, zeichne dieLiebe zu ihr aus. Peconik bedank-te sich bei Patz für die geleisteteArbeit. Gustav Patz war unter an-derem 18 Jahre Kreisvorsitzender,Bezirksausschussvorsitzenderund Landesvorstandsmitgliedbeim VdK sowie Mitglied im Se-nioren- und Behindertenbeiratder Stadt Kitzingen. „Ich bin stolzdarauf“, bekannte Patz bei derÜberreichung der Ehrenurkun-den und er werde weiterhin fürseine Mitmenschen da sein, wenner gebraucht werde. Patz verwies darauf, dass 40

Prozent der alten Menschen imLandkreis die Kosten für eineHeimunterbringung nicht mehrstemmen könnten, dazu gehörtenvor allem auch Angehörige derLandsmannschaften. Er bat umTeilnahme am Deutschlandtreffender Ostpreußen in Kassel vom 17.bis 18. Mai und wies auf den Hei-matabend des BdV (Sudetendeut-sche, Schlesier, Deutsche ausRussland und Ostpreußen) imRathauskeller am 24. Mai hin. Schriftführerin Waltraud Patz

zitierte ein Gedicht, in dem dieSehnsucht nach der Heimat inZeilen wie „einmal noch die Hei-materde berühren und das ver-gangene Leben spüren“, deutlichwurde. Die Zeit heile alle Wun-den, doch seien Bilder auch nach64 Jahren noch in Erinnerung. Peconik berichtete anschlie-

ßend von der Kulturwartetagungim Schloss Ellingen und über dasLeben des Nikolaus Copernicus.Copernicus wurde am 19. Februar1473 in Thorn geboren. Seingrößtes Werk „De RevolutionibusOrbium Coelestium,“ mit dem ersich fast 30 Jahre seines Lebensbefasste, geht davon aus, dass sichdie Sonne nahe dem Mittelpunktdes Weltalls in Ruhe befindet,während sich die Erde einmal amTag um ihre eigene Achse drehtund jährlich um die Sonne kreist.Der einzige Himmelskörper, dersich um die Erde dreht, ist derMond. Copernicus befasste sichnicht nur mit der Astronomie,sondern er war ebenfalls ein ge-bildeter Arzt, Jurist, Ökonom undMathematiker. Er starb, ohne zuwissen, welch unschätzbarenDienst er der Menschheit erwie-sen hatte, am 24. Mai 1543 undwurde in Frauenburg im Dom bei-gesetzt. Der Vortrag war sehrinteressant und nach einem ge-meinsamen Kaffeetrinken ging einschöner Nachmittag zu Ende. An diesem Tag sollte auch Frau

Edeltraud Kannapin für 60 JahreMitgliedschaft und Treue zur Hei-mat Ostpreußen geehrt werden.Da sie sich im Pflegeheim befin-det und aus gesundheitlichenGründen nicht kommen konnte,wurde sie im Pflegeheim von Gu-stav und Waltraud Patz besuchtund ihr eine Ehrenrkunde undein wunderschönes Blumenge-binde überreicht.

München – Jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, Haus des Deut-schen Ostens: OstpreußischerSängerkreis. Kontakt: Dr. GerhardGräf, Offenbachstraße 60, 85598Baldham, Telefon (08106) 4960. –Freitag, 9. Mai, 14 Uhr, Haus desDeutschen Ostens, Am Lilienberg9, 81669 München: Zusammen-kunft der Frauengruppe zur Mut-tertagsfeier.Weiden – Österliche Vorfreude

bei den Ost- und Westpreußen –Zum Heimatnachmittag konnteder 1. Vorsitzende NorbertUschald eine erfreulich großeSchar von Mitgliedern und Freun-den im Café Mitte willkommenheißen. Gemeinsam wurden dieHeimatlieder „Land der dunklenWälder“ und „Westpreußen meinlieb Heimatland“ gesungen. Da-nach berichtete der Vorsitzendevon der Kulturtagung der Landes-gruppe Bayern im KulturzentrumEllingen. Uschald wies auch aufden ersten Osterbrunnen in derStadt Weiden hin, der vom Hei-matring und seinen Mitgliedsver-einen gestaltet wurde. Er lud be-sonders zum traditionellen Mai-baumaufbau am 1. Mai um 14 Uhrvor dem Alten Eichamt ein. Auchin diesem Jahr beteiligt sich dieKreisgruppe am Maibaumfestzugund die Moderation übernimmtwieder Norbert Uschald. Die Kas-siererin Ingrid Uschald gratulierteden Geburtstagskindern des Mo-nats April und trug ein Osterge-dicht vor. Barbara Uschald erfreu-te die Anwesenden mit einigenflotten Weisen, die sie mit derBlockflöte zum Besten gab.Im Anschluss daran wurden die

Mitglieder und Gäste vom Oster-hasen mit bunten Eiern und Sü-ßigkeiten beschenkt. Daraufhinintonierte der Vorsitzende mitseiner Flöte zahlreiche Frühlings-lieder, die von den Landsleutengesanglich begleitet wurden. Mitden besten Wünschen zum bevor-stehenden Osterfest und demLied „Kein schöner Land“ verab-schiedete man sich bis zur Mut-tertagsfeier am Sonntag, 4. Mai,um 14.30 Uhr im Café Mitte.

Bartenstein – Sonn-abend, 26. April, 14Uhr, Rathaus Zeh-lendorf, Zimmer 21,Kirchstraße 1 – 3,

14163 Berlin. Anfragen: ElfriedeFortange (030) 4944404.

Rastenburg – Sonn-tag, 4. Mai, 15 Uhr,Restaurant Stamm-haus, Rohrdamm24B, 13629 Berlin.

Anfragen bei Martina Sontag, Te-lefon (033232) 188826.

Frauengruppe –Mittwoch, 14. Mai,13.30 Uhr, Pflege-stützpunkt, Wil-helmstraße 116-117,

10963 Berlin: Muttertag mit Bei-trägen der Frauen. Anfragen beiMarianne Becker, Telefon (030)7712354.

An g e r -b u r g/ D a r -kehmen/Goldap

– Donnerstag, 22. Mai, 14 Uhr, Re-staurant Oase Ame-ra, Borussiastraße62, 12102 Berlin:

Muttertag. Anfragen bei bei Mari-anne Becker, Telefon (030)7712354.

Königs -b e r g/ S a m -land/La-biau –

Donnerstag, 22. Mai,14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Jo-hann-Georg-Straße10, 10709 Berlin:

Treffen der Gruppen. Anfragenbei Professor Wolfgang Schulz, Te-lefon (030) 2515995.

Lyck – Sonnabend,31. Mai, 15 Uhr,Kleiner Ratskeller,Am Rathaus 9,10825 Berlin: Treffen

der Gruppe. Anfragen bei PeterDziengel, Telefon (030) 8245479.

T i l s i t -R a g n i t/T i l s i t -Stadt –S o n n -

abend, 31. Mai, 15 Uhr, RatskellerCharlottenburg, Otto-Suhr-Allee102, 10585 Berlin. Anfragen beiHermann Trilus, Telefon (03303)403881.

BEZIRKSGRUPPE

Hamburg/Wilhelmsburg –Mon-tag, 28. April, 15 Uhr, GasthausWaldquelle, Meckelfeld, Höpen-straße 88, (mit Bus 443 bis Wald-quelle): Heimatnachmittag.

KREISGRUPPE

Insterburg – DieGruppe trifft sich je-den 1. Mittwoch imMonat (außer Januarund Juli) mit Liedern

und kulturellem Programm um 12Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Froh-mestraße 123–125. Kontakt: Man-fred Samel, Friedrich-Ebert-Stra-ße 69 b, 22459 Hamburg. Tele-fon/Fax (040) 587585, E-Mail:[email protected].

Sensburg – Sonn-abend, 26. April, 14Uhr, Café Prinzess,Alsterdorfer Straße572, Hamburg-Ohls-

dorf: Jahreshauptversammlung.Um zahlreiches Erscheinen wirdgebeten.

SALZBURGER VEREIN

Sonnabend, 17. Mai,13 Uhr, Hotel St. Ra-phael, Adenaueral-lee 41: Treffen derGruppe. Vortrag:

„Preußisch-Litauen – Hauptan-

LANDSMANNSCHAFTLICHE ARBEIT

LANDESGRUPPEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Ham-burg, Tel.: (040) 4140080, E-Post:[email protected],www.junge-ostpreu ssen.de.

BUND JUNGESOSTPREUSSEN

Vors.: Uta Lüttich, FeuerbacherWeg 108, 70192 Stuttgart, Telefonund Fax (0711) 854093, Ge-schäftsstelle: Haus der Heimat,Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart,Tel. und Fax (0711) 6336980.

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vorsitzender: Friedrich-WilhelmBöld, Telefon (0821) 517826, Fax(0821) 3451425, Heilig-Grab-Gas-se 3, 86150 Augsburg, E-Mail: [email protected], Internet: www.low-bayern.de.

BAYERN

Besuch im Pflegeheim: Gustav Patz überreicht Edeltraud Kanna-pin Blumen und die Ehrenurkunde der Kreisgruppe Bild: KG

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch,Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon(030) 2547345, E-Mail:[email protected], Internet:www.ostpreussen-berlin.de. Ge-schäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb derGeschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

BERLIN

Erster Vorsitzender: HartmutKlingbeutel, Kippingstr. 13, 20144Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mo-biltelefon (0170) 3102815. 2. Vor-sitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459Hamburg, Telefon/Fax (040)587585, E-Mail: [email protected].

HAMBURG

Landsmannschaftl. ArbeitFortsetzung auf Seite 17

Im November 2013 verstarb Pro-fessor Dr. med. Günter Brilla. Erist den Ostpreußen vor allem alsPräsident der PRUSSIA-Gesell-schaft bekannt, die er 22 Jahre lei-tete.Günter Brilla, 1927 in Königs-

berg geboren, hatte trotz frühzei-tigen Schulabschlusses durchLuftwaffenhelfer- und Frontein-satz bei Kriegsende das Vorkriegs-Ostpreußen noch voll erlebt underfasst. Nach französischer Gefan-genschaft in Mecklenburg zumJunglehrer ausgebildet, studierteer in Rostock Biologie und assi-stierte dort am PhysiologischenInstitut der Medizinischen Fakul-tät. Da er mit dem DDR-Regime

nicht konform ging, musste er1954 für zwei Jahre ins Zucht-haus. 1958, frisch verheiratet, floher mit seiner Frau Renate in denWesten. In Bonnsetzte er die wis-senschaf t l icheArbeit im glei-chen Fach fortund absolviertedaneben ein volles Medizinstu-dium bis zur Habilitation im FachPhysiologie. 1972 wurde er aufden Lehrstuhl für allgemeine undHumanbiologie an der PH Aa-chen berufen, später wechselte eran die Universität Köln und setztedort auch nach der Emeritierungseine Vorlesungen und Kurse so-wie die naturnahen pädagogi-schen Exkursionen nach Kärntenund später nach Ostpreußen fort. Von den 90er Jahren an enga-

gierte sich Brilla zunehmend fürOstpreußen und konzentrierteseine Aktivitäten dabei immermehr auf die PRUSSIA, derenLeitung er 1988 übernommenhatte. Als der sowjetische Teil derHeimat sich öffnete, erkannteauch er, wie damals viele, dieneue Chance. Obgleich weder Hi-storiker noch gar Archäologe,sondern „nur“ Naturwissen-schaftler, knüpfte Brilla dank sei-ner Kontaktfähigkeit und seinerVerwurzelung im akademischenBereich Verbindungen über dieGrenzen hinweg, zu Wissen-schaftlern aller Fakultäten, die amkulturellen Erbe Ostpreußens

interessiert waren. Besonderswichtig waren hierbei die Kon-takte in seine Heimatstadt Kö-nigsberg, zur heutigen russischenUniversität, deren Angehörige

sich in der Tradi-tion der alten Al-bertina sehen. Brilla konnte

auf dieser Basisnicht nur interes-

sante Exkursionen in alle TeileOstpreußens durchführen, son-dern auch ein reiches Vortrags-programm bestreiten. So standenneben der traditionellen Thema-tik der PRUSSIA, der Vor- undFrühgeschichte, auch Referateüber das Deutschland- bezie-hungsweise Preußenbild aus derSicht der Nachbarländer. Die zweimal im Jahr in Duis-

burg, am Sitz des Museums StadtKönigsberg, veranstalteten Tref-fen der PRUSSIA waren und sindnach wie vor gut besucht. DiesesForum des geistigen Austauschsauf hohem Niveau, eingefasst ineinen nahezu familiären Rah-men, ist das Werk Günter Brillasund vor allem auch seiner Frau.Unter seiner Leitung vervierfach-te sich die Zahl der PRUSSIA-Mitglieder. Die Aufgabe, das Erbe Ost- und

Westpreußens zu bewahren,bleibt bestehen. Günter Brilla,der neben seiner Frau drei Söhneund zwei Enkel hinterlässt, hatdafür in rastloser Aktivität we-sentliche Grundlagen geschaffen.

Martin Lehmann

siedlungsgebiet der SalzburgerEmigranten 1732“.

Darmstadt-Dieburg – Sonn-abend, 3. Mai, 15 Uhr, Bürgerhausam See, Grundstraße 10, Neu-Kranichstein: Treffen der Gruppe.Nach dem Kaffeetrinken lautetdas Motto „Fröhlich in den Früh-ling“. Unter musikalischer Beglei-tung wird mit Gesang, Gedichtenund kleinen Geschichten derLenz begrüßt.Kassel – Donnerstag, 8. Mai,

14.30 Uhr: Lesestunde mit HelgeTismer: „Ich will dir was erzäh-len“. Texte aus alten Schulbü-chern.Wetzlar – Montag, 12. Mai, ab

19 Uhr, Wetzlarer Grillstuben,Stoppelberger Hohl 128: Altvor-steher Pfarrer Dieter Nebelingspricht über den Neuanfang desKönigsberger Diakonissen-Mut-terhauses der Barmherzigkeit. Gä-ste sind willkommen. – Bericht –Liebevolle Erinnerungen an dieHeimat Ostpreußen geweckt hatbeim April-Treffen der Rheinlän-der Rudolf Virnich bei den Ost-und Westpreußen und ihren Gä-sten mit einem Bericht über dieEvakuierung seiner Familie nachMasuren. In Köln am Rhein gebo-ren und später wegen der Berufs-tätigkeit seines Vaters in Aachenwohnhaft, habe seine Mutter ihnund seine Geschwister in den Jah-ren 1941/42 vor den Bombenan-griffen der Alliierten auf dieGrenzstadt in dem kleinen OrtSpechtsboden im masurischenKreis Goldap in Sicherheit ge-bracht. Fernab von Kriegshand-lungen – die deutsche Wehrmachtbefand sich noch vor den TorenMoskaus – habe er die glücklich-sten Kindheitstage verlebt, fassteder spätere stellvertretende Di-rektor an der Wetzlarer Kestner-schule seine Eindrücke von sei-nem Ostpreußenaufenthalt alsNeunjähriger zusammen: Im er-sten Quartier nicht gut aufgenom-men, fanden sie jedoch auf demHof der Schwester des Ortsbür-germeisters und Ortsgruppenlei-ters eine neue Heimat. Ohne elek-trischen Strom, Gas und fließen-des Wasser hätten die Dorfbewoh-ner damals leben müssen. Wer„mal musste“, hätte über den Hofzum Plumpsklosett gehen müs-sen. Im Winter seien „Schlorren“(Holzklumpen) angesagt gewesen,weil sonst in der großen Kälte dieFüße erfroren wären. Einmal seidas Thermometer auf Minus 38Grad gesunken. Der nahegelegene Goldaper See

und die Bruchlandschaft an derangrenzenden Rominter Heidehabe sie als Kinder immer wiederangezogen. Auch die Ställe mitden Pferden, Kühen und dem Fe-dervieh hätten auf ihn eine großeAnziehungskraft ausgeübt. Ein-mal seien sie bei einer Holzabfuhreiner Elchkuh begegnet. Die Pfer-de seien von selbst stehen geblie-ben, als ihnen das mächtige Tierüber den Weg gelaufen sei, be-richtete Virnich. Von der Rassen-ideologie der Nationalsozialistenhabe er in Spechtsboden nur ein-mal etwas mitbekommen, als dieauf dem Hof ihrer Gastgeber täti-gen polnischen Zwangsarbeiternebenbei als „Untermenschen“bezeichnet worden waren. DieFaszination von einem auf demmasurischen Hof betriebenen„Göpel“, einer mechanischen An-triebsvorrichtung für Maschinen,hat Virnich bis heute nicht verlas-sen. Als Modell mit Legosteinennachgebaut, demonstrierte er

nach seinem über einstündigenVortrag begeistert dessen Funk-tionsweise.

Helmstedt – Donnerstag, 8. Mai,15 Uhr, Begegnungsstätte, Schüt-zenwall 4: Treffen der Gruppe.Rinteln – Donnerstag, 8. Mai, 15

Uhr, Hotel Stadt Kassel, Kloster-straße 42, 31737 Rinteln: Bei die-sem Monatstreffen der RintelnerGruppe spricht Ralf-Peter Wun-derlich über „Preußens Nieder-gang und Wiederaufstieg zu Be-ginn der 19. Jahrhunderts“. Nebenden Mitgliedern der Gruppe sindauch Freunde und interessierteGäste aus Nah und Fern herzlichwillkommen. Weitere Auskünfteund Informationen zur lands-mannschaftlichen Arbeit in Rin-teln gibt es beim Vorsitzenden Jo-achim Rebuschat unter Telefon(05751) 5386 oder über: [email protected]ück – Dienstag, 6. Mai,

16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhal-ler Weg 152: Kegeln.

Landesgruppe – Für die Fahrtzum Ostpreußentreffen am 17./18.Mai in Kassel sind noch einigewenige Plätze frei, ebenso Zim-mer im gebuchten Hotel. BeiInteresse bitte melden bei Man-fred Ruhnau, Kreisgruppe Bonn,Telefon (02241) 311395. Dortmund – Jeden dritten Mon-

tag von 14.30 bis 16.45 Uhr Tref-fen in der Heimatstube MärkischeStraße. Auskünfte erteilt MarliesHein unter Telefon (0209)98894112. – Wegen der Oster-feiertage findet der heimatlicheNachmittag am Dienstag, 22.April, in der Zeit von 14.30 Uhrbis 16.45 Uhr statt. Das Motto die-ses Treffens sind Osterbräucheund Frühlingslieder. Zum 90. Ge-burtstag wird Frau Christa Wankgratuliert. Sie hat ihre Zusage zumKaffeetrinken gegeben. Hierzusind alle eingeladen, die FrauWank gratulieren möchten. Düsseldorf – Jeden Mittwoch,

18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichen-dorff-Saal, 1. Etage: Chorprobeder Düsseldorfer Chorgemein-schaft. – Mittwoch, 30. April, 13 Uhr: Führung durch die Jo-seph-Schmidt-Ausstellung mit Dr.Katja Schlenker. – Montag, 5. Mai,19 Uhr, Staatskanzlei NRW: „25Jahre Umbruch in Ostmitteleuro-pa und 10 Jahre EU-Mitglied-schaft der Republiken Polen undTschechei“. Podiumsdiskussion. –Mittwoch, 7. Mai, 15 Uhr, Eichen-dorff-Saal: Film „08/15“, Teil 2 (D1955). – Mittwoch, 7. Mai, 15 Uhr,GHH/Raum 311/SiebenbürgerSachsen: Ostdeutsche Stickereimit Helga Lehmann und ChristelKnackstädt. – Freitag, 9. Mai, 18Uhr, Restaurant Lauren’s, Bis-marckstraße 62: Stammtisch. –

Mittwoch, 14. Mai, 19 Uhr,GHH/Konferenzraum: Vortragvon Prof. Dr. Jost Düffler „AndreasHillgruber (1925–1989) – Eindeutscher Historiker“. – Donners-tag, 15. Mai, GHH/KB: Lesung mitWilhelm Böhm: „Zu neuenUfern“. – Donnerstag, 15. Mai,19.30 Uhr, GHH/Raum 412: Offe-nes Singen mit Barbara Schoch. –Freitag, 16., bis Dienstag, 20. Mai:Fünftagesfahrt zum Deutschland-treffen der Ostpreußen in Kassel. Essen – Freitag, 16. Mai, 15 Uhr,

Gastronomie St. Elisabeth, Dol-lendorfstraße 51, 45144 Essen:Thema „Reisen über das östlichePolen nach Belarus, von dort nachDeutschland“. Referenten: Anne-liese und Bernhard Kehren.Gütersloh – Donnerstag, 8. Mai,

15.30 Uhr, Gütersloher Brauhaus,Unter den Ulmen 9: Treffen derostpreußischen Frauengruppe.Leverkusen – Sonnabend,

17. Mai, 15 Uhr, Haus Klippen-berg, Oberbüscherhof: Die Grup-pe feiert mit ihren Mitgliedernund Gästen ihr jährliches Blu-menfest unter Einbeziehung deralten prussischen Tradition derWahl der schönsten Blume zurKönigin. Ein schönes, buntes Pro-gramm wird geboten, vorbereitetvom Chor „Heimatmelodie“, derTanzgruppe „Die flotten Marjell-chen und Bowkes“ sowie der „Lai-en- und Deklamationsgruppe“.Anmeldungen und Informationenab sofort bei Frau Pelka, Telefon(0214) 95763.Neuss – Sonntag, 27. April,

15 Uhr (Einlass 14 Uhr), Marien-haus, Kapitelstraße 36: Früh-lingsfest mit Tanz, Vorträgen undeiner Tombola. – Freitag, 16., bisMontag, 19. Mai: Jahresausflugnach Kassel mit Besuch desDeutschlandtreffens der Ost-preußen am 17. und 18. Mai. An-meldung bei Peter Pott, Zollstra-ße 32, 41460 Neuss, Telefon(02131) 3843400. Programm bitteanfordern.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr,Café Oase, Schönbornstraße 16,55116: Die Gruppe trifft sich zumKartenspielen. – Freitag, 16., bisSonntag, 18. Mai: Busfahrt zumDeutschlandtreffen der Ostpreu-ßen in Kassel. Die Fahrt wird vonder Kreisgruppe Darmstadtdurchgeführt. Auskunft erteilt derVorsitzende Gerhard Schröder,Telefon (06151) 148788.

Limbach-Oberfrohna – Sonn-abend, 3. Mai, 14 Uhr, Esche Mu-seum: Veranstaltung der Gruppe.Dieser Heimatnachmittag stehtunter dem Motto: „Trakehnen undseine weltberühmte Pferdezucht“.Erinnerungen an die Heimat unddie unvergessliche Tüchtigkeitder Vorfahren werden die Teil-nehmer erfreuen und verbinden.Kultur und Brauchtum bleibenstets der Mittelpunkt der Veran-staltungen. In Großwaltersdorf(Sachsen) gibt es ein gemütlicheskleines Landhotel Der Trakehner-hof. Familie Richter besitzt eineTrakehner Pferdezucht und ist je-derzeit gerne bereit, Führungendurchzuführen. Sie zeigten vollerStolz ihre edlen Pferde. Für die-sen Nachmittag werden vielespannende Erlebnisse erwartet.Ausstellungsstücke werden zu se-hen sein, die an die Heimat erin-nern. Diese Veranstaltung ist nur

möglich durch die finanzielleUnterstützung des sächsischenInnenministeriums Dresden. DieGruppe sagt herzlichen Dank da-für. Alle Landsleute und Gästesind recht herzlich zu dieserinteressanten Veranstaltung ein-geladen.

Magdeburg – Freitag, 9. Mai, 16Uhr, TuS, Zielitzer Straße: Treffendes Singekreises. – Sonntag, 11.Mai, 14 Uhr, Sportgaststätte Spiel-hagenstraße: Muttertag. –Dienstag, 13. Mai, 13.30 Uhr,Immermannstraße: Treffen derStickerchen.

Bad Malente – Freitag, 2. Mai, 18Uhr, Restaurant-Bistro Marktplatz,Lindenallee 14: TraditionellesFleck-, Königsberger-Klops- undWellwurst-Essen. Die Gruppemöchte nach alter ostpreußischerund schlesischer Art einen gemüt-lichen Abend gestalten, wobei je-der Einzelne zur Unterhaltungbeitragen kann. Teilnehmer kön-nen auch Freunde und Bekanntemitbringen. Jeder Gast ist herzlichwillkommen. Auch über die Teil-nahme von Kurgästen freuen sichdie Organisatoren. Es kann auchein Gericht nach Karte bestelltwerden. Um Anmeldung für dasEssen wird bis spätestens 25. Aprilim Blumenhaus Franck (InhaberR. Dluzak), Bahnhofstraße 26, Ma-lente, gebeten. Teilnehmer vonaußerhalb können sich auch unterTelefon (04523) 2659 (KlausSchützler) anmelden. Eine PortionFleck, Königsberger Klopse oderWellwurst kostet 9 Euro, dazuwird ein Schnaps gereicht.Schönwalde – Freitag, 16. Mai,

19 Uhr, Landhaus Schönwalde:Jahreshauptversammlung. Tages-ordnung: Eröffnung und Begrü-ßung, Bericht des Vorsitzenden,Bericht der Kassenwartin, Berichtder Kassenprüfer und Entlastung,Entlastung des Vorstands, Gruß-worte der Gäste, Filmvortrag überOstpreußen, Verschiedenes. Wiealljährlich gibt es am Abend Kö-nigsberger Klopse. Kostenbeitrag10 Euro. Um Anmeldung bis zum12. Mai wird gebeten beim 1. Vor-sitzenden Hans-Alfred Plötner, Te-lefon (04528) 495, oder beim 2.Vorsitzenden Ulrich Schrank, Te-lefon (04528) 9901.

Apolda, Jena, Hermsdorf –Sonntag, 18. Mai: Tagesfahrt zumDeutschlandtreffen der Ostpreu-ßen, Messe Kassel. Für die Fahrtmit Reisebus sind noch ein paarPlätze frei. Info unter Telefon(03641) 9264301.Eisenach – Dienstag, 13. Mai,

14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimat-nachmittag.Erfurt – Montag, 5. Mai,

10 Uhr, Hauptfriedhof: ZentraleGedenkveranstaltung des BdVThüringen.

HE IMATARBE IT Nr. 17 – 26. April 2014 17

Landsmannschaftl. ArbeitFortsetzung von Seite 16

Vorsitzender: Eberhard Traum,Wächtersbacherstraße 33,63636 Brachtal, Telefon (06053)708612.

HESSENVorsitzende: Dr. Barbara Loeffke,Alter Hessenweg 13, 21335 Lüne-burg, Telefon (04131) 42684.Schriftführer und Schatzmeister:Gerhard Schulz, Bahnhofstraße30b, 31275 Lehrte, Telefon(05132) 4920. Bezirksgruppe Lü-neburg: Manfred Kirrinnis, Wit-tinger Straße 122, 29223 Celle,Telefon (05141) 931770. Bezirks-gruppe Braunschweig: Fritz Fol-ger, Sommerlust 26, 38118 Braun-schweig, Telefon (0531) 2 509377.Bezirksgruppe Weser-Ems: Ottov. Below, Neuen Kamp 22, 49584Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

NIEDERSACHSEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Ge-schäftsstelle: Buchenring 21,59929 Brilon, Tel. (02964) 1037,Fax (02964) 945459, E-Mail: [email protected],Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Worm-ser Straße 22, 55276 Oppenheim.

RHEINLAND-PFALZ

Vorsitzender: AlexanderSchulz, Willy-Reinl-Straße 2,09116 Chemnitz, E-Mail: ale-x a nd e r. s ch u l z - a g e n t u [email protected], Telefon (0371) 301616.

SACHSEN

Vors.: Michael Gründling, GroßeBauhausstraße 1, 06108 Halle,Telefon privat (0345) 2080680.

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Edmund Ferner. Geschäfts-stelle: Telefon (0431) 554758, Wil-helminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga ander Elster, Tel. (036623) 25265.

THÜRINGEN

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auch im Internet

Prof. Günter Brilla Bild: M.L.

Kontakte zur Albertina geknüpft

Heimat im HerzenEx-PRUSSIA-Leiter Prof. Brilla verstorben

Neugier weckenHaus der Landsmannschaften Pforzheim

Ein restauriertes BrötzingerBauernhaus (Jahreszahlen

1563 und 1760) im Bereich desStadtmuseumareals wurde 1989zum Museum für die Heimatver-triebenen, Flüchtlinge und Um-siedler aus den deutschen Ostge-bieten und den östlichen Sied-lungsräumen. Vor dem Museumerinnert ein Denkmal an dieMillionen Toten von Flucht undVertreibung. In zehn Heimatstuben der ost-

deutschen Landsmannschaftenwird das geschichtliche und kul-

turelle Erbe sichtbar. Das Mu-seum möchte Neugier wecken aufdie östliche deutsche Kulturland-schaft, berühmte Persönlichkei-ten, Handwerk, Industrie undlandwirtschaftliche Besonderheitsowie auf die früheren Verbin-dungen zu Pforzheim. EB

Haus der LandsmannschaftenKirchenstraße 9, 75172 Pforz-heim/Brötzingen, Telefon (07231)441980. Öffnungszeiten: Sonntag13 bis 17 Uhr. Sonderführungnach Vereinbarung.

Beherbergt Kulturgut: Brötzinger Bauernhaus Bild: Stadt Pforzheim

HEIMATARBE IT18 Nr. 17 – 26. April 2014

Deutschlandtreffender OstpreußenDDeeuuttsscchhllaannddttrreeffffeennddeerr OOssttpprreeuußßeenn

Sensburg

AllensteinStadt

Angerapp Angerburg Bartenstein Braunsberg Ebenrode Elchniederung Goldap Gumbinnen Heiligenbeil Heilsberg Heydekrug

InsterburgStadt / Land

Treuburg

Allenstein-Land

KönigsbergStadt

Labiau

KönigsbergLand

LyckMemelStadt / Land

OrtelsburgSchloßberg OsterodePr. EylauPr. HollandRastenburgRößel

Tilsit-Stadt

Tilsit-Ragnit

Wehlau

Lötzen

Fischhausen Gerdauen

Johannisburg

Neidenburg Mohrungen

17.-18. Mai 2014, Messe KasselGroßkundgebung am Sonntag,

18. Mai 2014, 11.00 Uhr, Rothenbach-HalleLandsmannschaft Ostpreußen · Buchtstr. 4 · 22087 Hamburg · Telefon: 040/41 40 08-0

www.ostpreussen.de

Ostpreußen hat

Zukunft.

Nach einem aktiven Leben vol-ler Lebenskraft und Kreativitäthat uns Werner Drost nach langerschwerer Krankheit am 1. April2014 für immer verlassen. Am 15.April fand in Neu Wulmstorf dieTrauerfeier für Werner Drost statt,an der auch Kreisvertreter Kurt-Werner Sadowski mit seiner Frauteilgenommen hat. Werner Drost wurde am

24. Oktober 1924 in Pietrellen imKreis Angerburg als Sohn einesErbhofbauern geboren. DieserBauernhof mittlerer Größe befandsich seit vielen Generationen imFamilienbesitz. So erhielt WernerDrost als Hoferbe zunächst aucheine landwirtschaftliche Ausbil-dung. Im Jahr 1943 wurde er zuden Waffen gerufen und nahm alsFlak-Soldat bis zur Kapitulationder Wehrmacht am 8. Mai 1945am Zweiten Weltkrieg teil. DasKriegsende erlebte Werner Drostin Kurland mit anschließenderGefangenschaft in Russland, ausder er im Mai 1948 entlassenwurde. Wie so viele Angehörigeseiner Generation musste sichDrost nach dem verlorenen Zwei-ten Weltkrieg und dem Verlustseiner geliebten Heimat beruflichneu orientieren. Er wurde Beam-ter im Zollgrenzdienst. Als Regie-rungsamtsrat trat er am 31. Okto-ber 1984 in den Ruhestand. Schon sehr früh hat Werner

Drost in der KreisgemeinschaftAngerburg ehrenamtlich mitgear-beitet. Er war Mitgründer der Ar-beitsgemeinschaft der jüngerenGeneration in der Kreisgemein-schaft im Jahr 1959. Bereits 1961wurde er in die Kreisvertretunggewählt, der er bis 2005 angehörthat. 30 Jahre war er auch Mitglieddes Kreisausschusses. Von 1979

bis 1985 hat er als Schatzmeisterdie Finanzen der Kreisgemein-schaft Angerburg gewissenhaftverwaltet. Aber auch in der Re-daktion des Angerburger Heimat-briefes hat Werner Drost sich ein-gebracht. Er war immer da, wenner gebraucht wurde. In Würdigung seines vorbild-

lichen Einsatzes für Angerburgund Ostpreußen verlieh dieLandsmannschaft OstpreußenWerner Drost das Goldene Ehren-zeichen. Unsere Achtung und An-erkennung gelten der Lebenslei-stung von Werner Drost. Aufrich-tigkeit, Ehrlichkeit und menschli-che Wärme zeichneten ihn aus.Seine Art, Menschen zu begeg-nen, hat ihm viele seiner Wegbe-gleiter zu Freunden werden las-sen. Werner Drost wird uns un-vergessen bleiben.

Vom 1. bis 10. Juni wird eine Rei-se in die Elchniederung, das Me-melland und weiter bis nach Rigastattfinden. Folgender Reiseverlaufist geplant: 1. Juni: Fahrt ab Hanno-ver mit Zustiegsmöglichkeiten ent-lang der Fahrtroute. Am Abend er-reichen Sie Marienburg zurZwischenübernachtung. 2. Juni:Führung durch die Marienburgund Weiterreise über den polnisch-russischen Grenzübergang bisnach Tilsit, Unterkunft im Hotel„Rossija“. 3. Juni: Ausflug überNeukirch und Seckenburg nachRauterskirch und dort Empfangdurch die örtliche Bevölkerungund Besichtigung der historischenKirche. In der auch mit deutschenMitteln unterstützten Sanitätssta-tion ist der Tisch zu einem kleinenImbiss gedeckt. AnschließendFahrt nach Heinrichswalde mitFolklorekonzert in der renoviertenKirche sowie Besuch des neuendeutsch-russischen Heimatmu-

seums. Am Nachmittag Rückfahrtüber Groß Friedrichsdorf undKreuzingen nach Tilsit. In Tilsit ge-führter Stadtrundgang. Für alle, dienicht am organisierten Programmteilnehmen möchten, besteht dieMöglichkeit zu eigenen Unterneh-mungen mit dem bewährten Taxi-service vor Ort. 4. Juni: Rundfahrtdurch die Elchniederung, insbe-sondere in die Gebiete nördlichder Gilge mit Besuch von Sköpen,Kuckerneese, Herdenau, Karkeln,Inse, zum Jagdschloss Pait, weiterüber Milchhof, Alt-Dümpelkrug,Rautersdorf, Bretterhof, Rauten-burg und zurück nach Tilsit. Natür-lich besteht auch an diesem Reise-tag die Möglichkeit zu eigenenUnternehmungen, sofern Sie nichtam geführten Ausflugsprogrammteilnehmen möchten. 5. Juni:Weiterreise über die Luisenbrückenach Litauen. Besichtigung der Kir-che in Heydekrug, Picknick in Kin-ten und Schiffsfahrt über die Min-ge und durch das Naturparadiesdes Memeldeltas. Abendessen undÜbernachtung in Heydekrug. 6. Juni: Weiterreise durch Litau-

en nach Norden und Besuch desBerges der Kreuze sowie desSchlosses Rundale in Lettland. Ge-gen Abend erreichen Sie Riga.Abendessen und Übernachtung inRiga. 7. Juni: Ausführliche Stadtfüh-rung durch die lettische Haupt-stadt. Riga ist heute die größteStadt des Baltikums mit einer be-eindruckenden Altstadt sowie ei-nem reichen Bestand an sehr schö-nen Jugendstilbauten. Am AbendOrgelkonzert im Rigaer Dom, demgrößten Sakralbau des Baltikums.Übernachtung in Riga. 8. Juni: Be-such von Jurmala, einem der be-kanntesten Badeorte des Baltikumund Rückreise nach Litauen. Be-such von Polangen [Palanga] mitdem berühmten Bernsteinmu-seum. Abendessen und Übernach-tung in Memel [Klaipeda]. 9. Juni:Geführter Rundgang durch die Alt-stadt von Memel und Einschiffungauf das Fährschiff der ReedereiDFDS von Memel nach Kiel.Abendessen und Übernachtung anBord. 10. Tag: Am Vormittag genie-ßen Sie die Zeit auf See, bevor IhrSchiff gegen Mittag Kiel erreicht.Anschließend Rückreise mit demBus nach Hannover. Weitere Informationen zur Reise

und Anmeldung bei Peter West-phal, Obere Wiesenbergstraße 26,38690 Vienenburg, Telefon/Fax(05324) 798228, oder Partner-Rei-sen in Lehrte, Telefon (05132)588940.

In diesem Jahr trafen sich amWochenende der Zeitumstellung22 Interessierte zum Sondertref-fen des Kirchspieles Zinten-Land. Leider mussten sechs Per-sonen aus gesundheitlichenGründen absagen, unserer Grüßeund guten Wünsche können siegewiss sein. Am Freitag trafen nach und

nach die meisten Teilnehmer einund schnell füllte sich die gemüt-liche Gaststube, das Plachandernund Schabbern bei Kaffee undKuchen und auch den erstenBierchen ging sofort los. Alte Be-kannte wurden begrüßt, neuevorgestellt und sofort mit einbe-zogen. Am ersten Abend dannwar gar keine Zeit für Lieder, Ge-dichte und Geschichten, zu vielgalt es zu erzählen und zu be-richten vom vergangenen Jahr.Der Sonnabend zeigte sich

sonnig und mit frühlingshafter

Wärme. So bereute niemand dieam Vorabend getroffene Ent-scheidung, eine gemeinsameSchiffsfahrt auf dem Okerstauseezu unternehmen. Bei klaremblauen Himmel ging es los, undobwohl der milde Winter denWasserstand sehr niedrig gehal-ten hatte, konnte das Schiff unseineinhalb Stunden über dasWasser bewegen. Die meistenvon uns fuhren direkt im An-schluss nach Clausthal-Zeller-feld, wo die evangelische Kirchedie Renovierungsarbeiten abge-schlossen hatte und in neuem,hölzernem Glanz erstrahlte. Ei-ne Teilnehmerin aus Kukehnenfühlte sich direkt in die heimatli-che Kirche von Zinten versetzt,die Ähnlichkeit in Art und Auf-bau der Innenausstattung er-schien ihr sehr groß. So hattenwir uns die heutigen Kuchenund Torten verdient und erfreu-ten die Wirtsleute zurück imQuellenhof, es blieb kein Krümelübrig. Der Abend war dann geprägt

von Geschichten über Kurdup-pelchen, über das Wie, Wannund Wo des Küssens, den (ost-preußischen) Jüngling und vielesmehr. Nicht zuletzt zeigte unsein humorvolles Quiz, dass wirmanchmal nicht einfach genugdenken. Das Singen wollte nichtso recht in Gange kommen, wasvor allem von Irmgard Lenz be-dauert wurde, aber dank einerbesonders schönen und kräfti-gen Stimme klang wenigstensdas Ostpreußenlied richtig undvon allen mitgesungen durchden Raum.Auch wenn es jedes Jahr für

Irmgard Lenz und ihren MannEugen nicht unbedingt leichterwird, die lange Strecke zu bewäl-tigen – nach diesem Wochenendemit dieser wieder durchweg gu-ten Laune und der Bereitschaftaller, im nächsten Jahr wieder da-bei zu sein, wird ihnen nicht vielanderes übrig bleiben, als sichauch 2015 wieder auf den Wegnach Altenau zu machen.

Sonnabend, 26. April, 10 bis 16 Uhr: Das Lötzener Heimatmu-seum in der Patenstadt Neumün-ster, Sudetenlandstraße 18 h(Böcklersiedlung), hat geöffnet.Zu sehen ist neben Teilen derDauerausstellung zur Geschichtevon Stadt und Kreis Lötzen dieSonderausstellung „Ostpreußen,wie es war – Kindheitserinnerun-gen in der Malerei von HeleneDauter“. Die für diesen Tag (16.15 Uhr)

angekündigte Filmvorführung„Flucht aus Goldap – Schicksaleiner ostpreußischen Familie“muss leider entfallen. Sie wird zueinem späteren Zeitpunkt nach-geholt.

Im Namen des Sprechers derLandsmannschaft Ostpreußenwurde Anorthe Nilson in Würdi-gung ihres langjährigen Einsatzesfür Heimat und Vaterland das Eh-renzeichen von der Kreisvertrete-rin Bärbel Wiesensee an ihrem70. Geburtstag verliehen. FrauNilson, geboren am 10. April 1944in Lyck, ist seit dem 7. November1990 Ortsvertreterin von Morgen-

AUS DEN HEIMATKREISENDie Kartei des Heimatkreises braucht Ihre Anschrift. Melden Sie deshalb jeden Wohnungswechsel.

Bei allen Schreiben bitte stets den letzten Heimatort angeben

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sa-dowski. Kreisgemeinschaft An-gerburg e.V., Landkreis Rotenburg(Wümme), Postfach 1440, 27344Rotenburg (Wümme), Landkreis:Telefon (04261) 9833100, Fax(04261) 9833101.

ANGERBURG

Abschied von Werner Dost

Kreisvertreter: Manfred Romeike,Anselm-Feuerbach-Str. 6, 52146Würselen, Telefon/Fax (02405)73810. Geschäftsstelle: HartmutDawideit, Telefon (034203) 33567,Am Ring 9, 04442 Zwenkau.

ELCH-NIEDERUNG

Juni-Reise

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auch im Internet

Kreisvertreterin: Elke Ruhnke, ImBökel 76, 42369 Wuppertal, Tel.:(0202) 46 16 13. E-Mail: [email protected]. Stellvertreter: ChristianPerbandt, Im Stegfeld 1, 31275Lehrte, Tel.: (05132) 57052. E-Mail: perbandt-@kreisge -meinschaft-heiligenbeil.de. 2.stellvertretender Kreisvertreter:Bernd Schmidt, Heideweg 24,25578 Dägeling, Telefon (04821) 842 24. E-Mail: [email protected]. 2. Schriftleiterin:Brunhilde Schulz, Zum Rothen-stein 22, 58540 Meinerzhagen,Tel.: (02354) 4408, E-Mail:[email protected]. Internet:www. kreisgemeinschaft-heili-genbeil.de

HEILIGENBEIL

Altenau: 26. Sondertreffen

Zinten-Land

Bei sonnigem Wetter: 26. Sondertreffen Zinten-Land

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bi-lenbarg 69, 22397 Hamburg. Ge-schäftsstelle: Ute Eichler, Bi-lenbarg 69, 22397 Hamburg,Telefon (040) 6083003, Fax:(040) 60890478, E-Mail:[email protected]

LÖTZEN

Filmvorführung entfällt

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesen-see, Diesberg 6a, 41372 Nieder-krüchten. Stellvertr. Kreisvertre-ter: Dieter Czudnochowski, Lär-chenweg 23, 37079 Göttingen, Te-lefon (0551) 61665. Karteiwart:Siegmar Czerwinski, Telefon(02225) 5180, Quittenstraße 2,53340 Meckenheim.

LYCK

Verleihung des Ehrenzeichens an Anorthe Nilson

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HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung auf Seite 19

grund. 2006 übernahm sie auchdie Funktion der Ortsvertreterinder Ortschaft Baitenberg. Seitdem Jahr 2000 veranstaltet FrauNilson die im regelmäßigen Tur-nus stattfindenen OrtstreffenMorgengrund / Mostolten / Sie-gersfeld / Stettenbach in Bad Pyr-mont. Seit dem 28. August 2010ist sie 2. Kassenprüferin derKreisgemeinschaft Lyck. Der Vor-stand der Kreisgemeinschaft Lyckwünscht Frau Nilson für ihrenweiteren Lebensweg viel Freude,Gesundheit und Schaffenskraft.

Die nächste Ostpreußenfahrtwird, wie geplant, vom 5. bis 17. September 2014 stattfinden. Essind nur noch wenige Plätze zuvergeben. Die Reise beginnt ganzfrüh am 5. Sepember in Roten-burg/Wümme. Dort treffen wiruns am Tag vorher im Gästehausder Stadt, einer freundlichen,schön im Wald gelegenen Jugend-herberge. Am Abend gibt es dorteine Einstimmung auf die Reise.Der Bus holt uns dort ab. Mit demPkw Anreisende parken ihr Autosicher auf dem Gelände des Bus-unternehmens. Ziel des 1. Tagesist Danzig. Da wir früh abfahren,können wir noch am gleichenAbend die Altstadt von Danzig invollen Zügen und bei Nacht ge-nießen. Die Dreistadt bereisen wiram 2. Tag mit Zoppot, Kirche Oli-va mit Orgelkonzert und geführ-tem Stadtrundgang Danzig. DerNachmittag steht zur freien Verfü-

gung, zum Beispiel für die loh-nende, preiswerte Fahrt auf einemPiratenschiff zur Westernplatte.Tag 3 füllt eine Rundfahrt aus mitBesichtigungen der Marienburgund des Frauenburger Doms, ei-ner Fahrt entlang des FrischenHaffs zum Trakehner-Gestüt Cadi-nen mit tausendjähriger Eiche.Eventuell setzen wir auch auf dieFrische Nehrung über bezie-hungsweise fahren über Kahlbergnach Danzig zur Übernachtung.Am 4. Tag geht die Reise nach Ma-suren, Aufenthalt in Nikolaikenvor einer Fahrt auf dem Spirding-see bis Niedersee [Rucianny],Staaken auf der idyllischen Kru-tinna und auf Wunsch großesFischessen satt über der Krutinnazum Spottpreis. Tag 5 ist der Tagdes Grenzübertritts ins nördlicheOstpreußen. Vorher besichtigenwir die berühmte Wallfahrtskir-che Heiligelinde und erleben dortein Orgelkonzert. Gleich nachdem Grenzübertritt ist es nichtweit nach Tharau, wo Ännchenvon Tharau geboren wurde. Dortsteht auch eine mächtige Kirchen-ruine. Die Kirche, auf Feldstein-fundament erbaut, stammt ausdem 14. Jahrhundert. Nach derPause in Tharau wird uns Reise-leiterin Tatjana, die am Grenz-übergang zugestiegen ist, auf demWeg nach Königsberg viel erzäh-len. In Königsberg angekommen,bleibt noch Zeit für eine Stadt-rundfahrt, die wir am folgendenTag 6 fortsetzen mit Besuch desDoms und des Hafens. Etwa zurMittagszeit geht es dann weitergen Osten. Zunächst an Inster-burg vorbei, wo wir dreimal näch-tigen, fahren wir nach Gumbin-nen zum Besuch der SalzburgerKirche und Diakonie. Der Leiter,Alexander Michel, wird uns si-cher wieder überraschen mit sei-nen Späßen und anderem. Nachdem Besuch der Diakonie wird esZeit, das wir über das Storchen-dorf Kraupischken/Breitenstein,hier mit kurzem Fotostopp errei-chen,um im dortigen Hotel in In-sterburg unsere großzügigen Zim-mer zu beziehen. Am Tag 7 ist ei-ne Rundfahrt geplant, zunächstnach Tilsit mit Stadtrundgang,Memel und Luisenbrücke. ÜberRagnit, wo wir an der gewaltigenBurgruine Stopp machen, kom-

men wir zur Mittagszeit an einenidyllisch gelegenen Memelbogen.Hier tischt, um auch einmal dietäglich gute Bewirtung am Bus zuerwähnen, unsere Buscrew großauf mit einem rustikalen Büfett.Dazu Rot- und Weißwein satt. DasProgramm sieht eine Kranznieder-legung auf dem Schloßberger Sol-datenfriedhof vor und danach einerussische Folkloreveranstaltung inHaselberg [Krasnosnamensk], derheutigen Rajonhauptstadt. Danachgeht es zurück ins Hotel nach In-sterburg. Tag 8 ist der Tag zurfreien Verfügung. Wer seinen Hei-matort besuchen will, dem kannein Taxi organisiert werden. DieFahrer kennen sich gut aus, bemü-hen sich, sprechen gut Deutschund fahren zu günstigen Tarifen.Allen anderen Mitreisenden wirdeine Rundreise, unter anderemnach Trakehnen, geboten mit Be-sichtigung des Landstallmeister-hauses. Am9. Tag geht es wiedergen Westen, vorbei an Königsbergzur Samlandküste. Wir machen inRauschen einen großen Rundgangdurch die Stadt und entlang derSeeterrassen. Ein interessanterStopp auf der Weiterfahrt auf derNehrung in Richtung Nidden istPillkoppen. Dort besichtigen wirdie Vogelwarte Rossitten. Danachhaben wir bald den Grenzüber-gang nach Nidden/Litauen er-reicht, wo wir für drei Nächte einHotel beziehen. In Nidden sind ne-ben einer Stadtrundfahrt per Reet-dachbus Ausflüge zu Land und zuWasser geplant. Die Rückreise be-ginnt am Tag 12. Über Schwarzortund durch Übersetzen über dasHaff per Fähre erreichen wir Me-mel. Dort ist eine geführte Stadtbe-sichtigung und der Besuch einesgroßen Einkaufszentrums geplant.Dann wird es bald Zeit, uns auf dieKielfähre einzuschiffen. Entspan-nung ist am letzten Reisetag ange-sagt: die beliebte Fahrt über Seebis Kiel.Interessenten wenden sich bitte

umgehend an Jörg Heidenreich,Bockwischer Weg 22, 25569

Kremperheide, Telefon (04821)8881580, Fax 8881581 oder E-Mail: [email protected]

Kürzlich konnte Dr. Axel Beervon der Uni Mainz bei einer Auk-tion die kompletten Jahrgänge1892 und 1893 des „RagniterKreisblatts“ erwerben, das von1846 bis 1922 in wöchentlichenAusgaben erschien. Es handeltsich um ein typisches preußischesAmtsblatt, wie es in zahlreichenStädten veröffentlicht wurde; in-haltlich überwiegen (neben über-aus interessanten Werbeanzeigen)behördliche Bekanntmachungen,Verordnungen, Steckbriefe unddergleichen mehr. Von besonde-rem personengeschichtlichenWert sind die Listen der Militär-pflichtigen – in den beiden Bän-den mehr als 900 Personen derJahrgänge 1870 bis 1873 –, die mitNamen, Geburtsort und -datum,Wohnort sowie Beruf aufgeführtwerden. Daneben finden sichnoch Verzeichnisse von Waffen-scheininhabern, Gewerbetreiben-den, Wahlvorstehern, (neuen)Rentenempfängern und mancheandere personengeschichtlich be-merkenswerte Notiz.Lediglich die Berliner Staatsbi-

bliothek verfügt ansonsten über

einen, und zwar umfangreichen,wenn auch bei weitem nicht voll-ständigen, Bestand an komplettenJahrgängen der Zeitung (1846–1855, 1861–1864, 1871, 1872,1874, 1882, 1883, 1885–1891,1894, 1898–1901, 1906, 1907,1910, 1911, 1913); die jetzt aufge-tauchten Bände fehlen dort undwerden demnächst Herrn FritzLoseries, der das auf Ostpreußenkonzentrierte genealogischeInternetportal Ahnenspuren be-treibt (http://www.portal-ost-preussen.eu/) zur Auswertung an-vertraut, wobei zunächst die rele-vanten Teile eingescannt werdensollen. Überdies ist eine Bestel-lung der in Berlin vorhandenenMikrofilme zunächst ausgewähl-ter Jahrgänge bereits im Gange,um in einem weiteren Schritt denUmfang der personengeschicht-lich auswertbaren Verzeichnissefestzustellen und einen Plan füreine zielgerichtete Erfassung undZugänglichmachung des Materi-als entwerfen zu können.Selbstverständlich werden ger-

ne Auskünfte aus den erwähntenbeiden Bänden gegeben; Kopiensind leider nicht möglich, da dasPapier überaus empfindlich unddie Bindung (bei insgesamt mehrals 1000 Seiten) sehr eng ist.Dr. Axel Beer, Hauptstraße 22,

55270 Klein-Winternheim, Tele-fon (06136) 45522. E-Mail: [email protected]

Die Schulgemeinschaft „Neu-städtische Schule Tilsit“ wird2014 von Montag, 4. August, bisMittwoch/Donnerstag, 7./8. Au-gust, ihr Jahrestreffen zum neun-ten Male in der Lüneburger Heide

durchführen. Es findet statt in der„Zur Alten Fuhrmanns-Schänke“,Dehningshof 1, 29320 Hermanns-burg/OT Oldendorf, Telefon(05054) 98970, E-Mail:[email protected] dem Verlust von GüntherVoigt 2013 haben wir in diesemJahr schon wieder den Tod einestreuen Mitstreiters, Dr. ReinhardMattern aus Erfurt, zu verschmer-zen. Wir, „das letzte Aufgebot“ derNeustädtischen, gestalten die Er-innerung an unsere ostpreußischeHeimat zu allen Gelegenheiten,solange Gesundheit und Fitnessdas zulassen. Das bedeutet auchdie Teilnahme am Großen Ost-preußentreffen in Kassel.

Schulsprecher Erwin Feige

HE IMATARBE IT Nr. 17 – 26. April 2014 19

Geschenkfür Abc-Schützen

das Glät-ten derOber-fl äche

ungari-scherNational-tanz

NameeinesDruck-werkes

Ver-wandt-schaft,Familie

Vergan-genheite. Men-schen

gegerbteTierhaut

Sultanatam Ara-bischenMeer

asiati-scherTempel-bau

Tabak-ware

Rad-mittel-stück

Brauch,Sitte(latei-nisch)

bayrisch:Rettich

kaufen,anschaf-fen (ugs.)

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Haupt-sitz dergriech.Götter

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franzö-sischerApfel-wein

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asiati-schesGebirge

hervor-ragend;außeror-dentlich

Staat inOstasien

oberbay-rischerLuft-kurort

Ball-abgabe

linkerNeben-fl uss derDonau

Feuer Tages-abschnitt

nordi-scheMünze

deutscherReichs-präsident(Friedrich)

Kurs aneinerHoch-schule

Teil derDamen-garde-robe

Opern-solo-gesang

Art,Gattung(Kunst,Medien)

Welt-religion

fl eißig,uner-müdlich

norweg.Schrift-stellerin(Sigrid)

Treib-,Gärungs-mittel

aus-gedehntnach denSeiten

InsektmitStachel

Fort-bewe-gungs-art

denAtom-kern be-treffend

Fisch-atmungs-organ

heftigwehen

griechi-scherGötter-vater

chem.Element,Halb-metall

amerik.-engl.Dichter(T. S.)

Anzahl,Masse

Vorder-asiat,Perser

mit-einanderVer-mählte

dieAcker-krumelockern

nicht vertraut

Klient,Auftrag-geber

Zitter-pappel

Schreib-fl üssig-keit

abwer-tend:Feigling

Wort-schwall

Körner-frucht

dasUnsterb-liche

wohlrie-chendesWachs-licht

schänd-lich,nieder-trächtig

Vor-nameLaurels

Un-beweg-lichkeit

alt-griech.Philo-soph

persönl.Geheim-nummer(Abk.)

klang-voll,voll-tönend

Schnell!;Ab!

kath.Heilige,PatroninSpaniens

mengen-mäßigerAnteil

FlusszurSeine

sehrgernhaben,mögen

vulkan.Gesteins-schmelz-fl uss

Täu-schung

schweiz.Kurortin Grau-bünden

süd-franzö-sischeStadt

Konsu-mentvonNahrung

Wett-kampf-stätte;Manege

feinerSchmutz

west-afrik.Binnen-staat

Ver-nunft,Einsicht

feineHaut-öffnung

Winter-sport-anlage

einEuropäer Schwur Fährte,

AbdruckAusfl ug(eng-lisch)

Stadtan derWeißenElster

ostasia-tischesBrett-spiel

Schiff-fahrts-hinder-nis

frottie-ren;scheu-ern

deutscheBiathletin(Magda-lena)

Leid,Not

letti-scheHaupt-stadt

ein Süd-afrikaner

SchüttelrätselIn diesem ungewöhnli chen Kreuzworträtsel stehen anstelle der Fragen die Buchstaben der gesuchten Wörter alphabetisch geordnet in den Fragefeldern. Zur Lösung beginnen Sie am besten mit den kurzen Wörtern (Achtung: ORT kann z. B. ORT, TOR oder auch ROT heißen).

1 KARAMELL FARBEN

2 TOR SCHUSS

3 GROSS TAG

4 BLITZ SAHNE

5 BIER WURST

6 DURCH MUSTER

7 FILM WAND

MittelworträtselErweitern Sie die linken und rechten Wörter je weils durch ein gemeinsames Wort im Mittel block. Auf der Mittelach se ergibt sich in Pfeilrichtung die Bezeichnung für die Lehre und Wissenschaft von Pflanzen.

MagischSchreiben Sie waagerecht und senk-recht dieselben Wörter in das Dia-gramm.

1 Leib der Lebewesen

2 Kanzelrede

3 Verlauf eines Geschehens

Mittelworträtsel: 1. Bonbon, 2. Pfosten, 3. Mutter, 4. Schlag, 5. Schinken, 6. Schnitt, 7. Plakat – Botanik Magisch: 1. Koerper, 2. Predigt, 3. Hergang

S C B V O Z U R C E L S I U S O L Y M P I N S T A N Z C H I N A C I D R E A A R G A U D U U N R U H P O L D I N G A B S P I E L K L E I D T P E E O E R E A M E T B A R I E B R A N D E E M S I G U N D S E T G E B R E I T B I E N E Z E U S G E H E N E S T U E R M E N T N S E L E N N U K L E A R I N E G G E N F R E M D I A T I N T E S E E L E M E M M E R A H I N F A M S T A R R E D I O G E N E S P I N E P Q U O T E D T H E R E S I A F L A V A A R O S A T O U L O N N T D N R S K I P I S T E R A E S O N E S E S P U R T R I P T R E I B E I S G E R A G O Z R E I B E N N E U N E R E L E N D R I G A B U R E

So ist’s richtig:

Schüttelrätsel:

BEERS AGRT AGNST ACHHS AEHR EGIL CENT

CCHI

EEGNW EEEGGH

AABENPRSU

AETT AHLT

S A S W E G E N C H I C R R G E H E G E B A U S P A R E N E T A T H A L T

PAZ14_17

HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung von Seite 18

Kreisvertreter: Michael Gründ-ling, Große Brauhausstraße 1,06108 Halle/Saale. Geschäftsstel-le: Renate Wiese, Tel. (04171)2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen(Luhe).

SCHLOSSBERG(PILLKALLEN)

Ostpreußenfahrt

Alle auf den Seiten »Glückwünsche« und »Heimatarbeit« abgedruckten

Berichte und Terminankündigungen werden auch ins Internet gestellt.

Eine Zusendung entspricht somit auch einer Einverständniserklärung!

Kreisvertreter: Dieter Neukamm,Am Rosenbaum 48, 51570 Win-deck, Telefon (02243) 2999, Fax(02243) 844199. Geschäftsstelle:Eva Lüders, Telefon/Fax (04342)5335, Kührenerstraße 1 b, 24211Preetz, E-Mail: [email protected].

TILSIT-RAGNIT

Eine wichtige personengeschichtliche

Quelle

Stadtvertreter: Hans Dzieran,Stadtgemeinschaft Tilsit, Post-fach 241, 09002 Chemnitz.Geschäftsführer: ManfredUrbschat, E-Mail: info@ tilsit-stadt.de.

TILSIT–STADT

Schultreffen

Ostpreußisches Landes-museum

Sonnabend, 24. Mai, 11 bis 17 Uhr, Sonntag,25. Mai, 11 bis 16 Uhr:Malworkshop für Er-wachsene, „Akademi-sche Strenge und künst-lerische Freiheit“.Kun s ta kadem i s cheSichtweisen im Zei-chen- und Malunter-richt des 19. und 20.Jahrhunderts. Mal-workshop und kunsthi-storische Exkurse mitder Breklumer Künstle-rin Elena Steinke. Ko-sten für beide Tage: 100Euro pro Person inklu-sive Museumseintrittund Materialkosten. In-formationen und An-meldung unter Telefon(04131) 75995-20 oder75995–0, E-Mail: [email protected]. Die Teil-nehmerzahl ist auf ma-ximal zehn Personenbegrenzt. Wir empfeh-len rechtzeitige Reser-vierung.

Ostpreußisches Landes-museum, Ritterstraße10, 21335 Lüneburg, Te-lefon (04131) 75995-0.

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Ostpreuße im RheinlandDer Schriftsteller Karl-Heinz Jakobs wurde 85 Jahre alt

Nur einmal hat der einsti-ge DDR-SchriftstellerKarl-Heinz Jakobs seine

ostpreußische Heimat in seinenBüchern erwähnt.

In seinem dokumentarischenBuch „Das endlose Jahr“ (1983),das zwei Jahre nach seiner Aus-bürgerung aus dem SED-Staatnur in Westdeutschland erschei-nen konnte und eigentlich derunglaublichen Lebensgeschichteder Altkommunistin DorotheaGarai gewidmet war, beschrieber, wie er während eines Besuchszu DDR-Zeiten in der Sowjetre-publik Litauen heimlich auf dieKurische Nehrung gefahren unddort bei Nidden auf der HohenDüne umhergeirrt war wie da-mals als Kind, bis er das Kuri-sche Haff hatte aufleuchten se-

hen und aus der Verirrung her-ausgefunden hatte.

Der Schriftsteller, der seit 1981in Velbert/Rheinland lebt unddort am 20. April seinen 85. Ge-burtstag feierte, wurde 1929 inKiauken im Landkreis Elchnie-derung, der Ort wurde später inWartenberg umbenannt, gebo-ren.

Zum Kriegsende 1945 wurdeer noch als Flakhelfer eingezo-gen, geriet in Kriegsgefangen-schaft und wurde in die Sowjeti-sche Besatzungszone entlassen,wo er 1948 eine Maurerlehre be-gann. Von der Belegschaft derBaustelle des Kraftwerks Tratten-dorf bei Spremberg in derNiederlausitz wurde er 1956zum Studium an das LeipzigerLiteraturinstitut delegiert, seit1958 arbeitete er dann als Jour-nalist und Schriftsteller und ver-öffentlichte 1961, wenige Wo-chen vor dem Mauerbau in Ber-lin, seinen ersten Roman „Be-schreibung eines Sommers“, derihn über Nacht berühmt machte.

Dieser Roman, der bereits1962 mit Manfred Krug undChristel Bodenstein in denHauptrollen von der Defa ver-filmt wurde, ist das erste Zeugnisder DDR-„Ankunftsliteratur“zwölf Jahre nach der Staatsgrün-

dung 1949. Berichtet wird vombeschwerlichen und mühevollenAufbau eines Chemiewerks imungewöhnlich heißen Sommer1959 in Schwedt an der Oder, imBuch Wartha genannt, was zum„Jugendobjekt“ ausgerufen wor-den war.

Hunderte begeisterungsfähiger„Jugendfreunde“ sind aus allenGegenden der noch jungen Re-publik angereist, leisten harteArbeit und, wenn es die Planer-füllung erfordert, auch Über-

stunden für den „Aufbau des So-zialismus“. In ihren Anstrengun-gen werden sie oft zurückgewor-fen aus Materialmangel, durchWaldbrände, die zeitraubend zulöschen sind, und durch Sabota-geakte von „Klassenfeinden“,wobei zwei Toten zu beklagensind. Dennoch sitzen sie abendssingend am Lagerfeuer undschwärmen von der kommunisti-schen Zukunft!

Der Roman wurde, trotz eini-ger Schwachstellen, zum begehr-ten Lesestoff wegen der unge-wöhnlichen und aufregendenLiebesgeschichte zwischen demparteilosen Bauingenieur TomBreitsprecher (30), einem Säuferund Frauenverführer, und derverheirateten Junggenossin Mar-grit Marduk, deren parteifrom-mer Ehemann in Oelsnitz/Erzge-birge unter Tage arbeitet.Schließlich wird diese nach Par-teikriterien „ungesetzliche“ Lie-besbeziehung von einem Partei-gericht für beendet erklärt, ob-wohl Tom überhaupt kein SED-Mitglied ist.

Der Leser aber bleibt zornigund ratlos zurück. Das begehrteBuch erreichte bis zum Mauer-

fall 1989 eine Auflage von200000 Exemplaren.

Sein Autor Karl-Heinz Jakobswurde im Januar 1977, wegenseiner Solidarisierung mit demvertriebenen „Liedermacher“Wolf Biermann, aus der SED aus-geschlossen und 1979, nach ei-ner ungenehmigten Lesung imDüsseldorfer „Haus des Deut-schen Ostens“ (heute: Gerhart-Hauptmann-Haus), auch ausdem DDR-Schriftstellerverband.Da war sein Buch „Das endloseJahr“ (1983), an dem er in diesenletzten DDR-Jahren arbeitete,noch nicht erschienen.

Dieses Buch von außerge-wöhnlicher Sprengkraft, das bisheute auf seine Ausschöpfungwartet, konnte erst 1990, nachdem Mauerfall, im Ostberliner

Morgenbuch-Verlag erscheinen.Es geht um das Schicksal der ausGörlitz/Schlesien stammendenAltkommunistin Dorothea Garai(1899-1982), die mit ihrem Ehe-mann, einem ungarischen Kom-munisten, nach 1933 nach Mo-skau emigriert war, dort 1937verhaftet und zu zehn Jahren La-gerhaft in Sibirien verurteiltwurde und 1947 zu weiterenzehn Jahren „Verbannung“. Am29. November 1956 durfte sie indie DDR, nach Dresden, ausrei-sen, wo sich niemand für ihreGeschichte interessierte.

Im Januar schrieb sie ihm, der1975 ein Reisebuch über Sibirienveröffentlicht hatte, nach Falken-see bei Berlin und machte ihmdeutlich, dass sie auch in Sibi-rien „gelebt“ habe. Er war völligahnungslos, was sie meinte,wenn sie vom OchotskischenMeer, von Magadan und derHalbinsel Kolyma schrieb, weiler von den Exzessen des Hoch-stalinismus nicht das Geringstewusste. Er besuchte sie mehr-mals in Dresden, brachte immerbesprochene Tonbänder mit, dieer heimlich außer Landes brin-gen ließ. Sie starb im Jahr 1982in Dresden, ein Jahr später er-schien das Buch in Düsseldorf.

Jörg Bernhard Bilke

Schöpfer des Taugenichts Lycker Künstler Wys rekonstruierte Denkmal für Breslau

Stanislaw Wysocki, ein inLyck geborener Bildhauer,hat das Breslauer Eichen-

dorff-Denkmal rekonstruiert. Eineüberarbeitete Vorform der Statuesteht im Park von Haus Schlesienin Königswinter-Heisterbacherott.

Wysocki – unter dem Künstler-namen Stan Wys europaweit be-kannt – verriet bei der Einwei-hung der Vorform des im Botani-schen Garten von Breslau stehen-den Denkmals, dass er froh sei,sie in einem so passenden Rah-men zu sehen. Mitten im Park deshistorischen Bauensembles ist dieweiße Eichendorff-Figur ein Blickfang. Aus aktuellem Anlasswurde sie im Rahmen einer Pres-severanstaltung von einem „Emp-fangskomitee“ begrüßt, bestehendaus dem Künstler und MaciejŁagiewski, Vorstandsmitglied derDeutsch-Polnischen Gesellschaftder Universität Breslau und Leiterder Städtischen Museen Breslau,sowie Vorstandsmitgliedern desVereins Haus Schlesien e.V. AuchFreunde des Hauses ließen es sichnicht nehmen, die neue Attrak-tion zu würdigen. Zu Ehren desDichters wurde unter dem Motto„Er ist wieder da“ ein Vortragüber die Verbundenheit des Hau-ses mit Eichendorff und der Sta-tue geboten.

Nicola Remig, Leiterin des Do-kumentations- und Informations-zentrums für schlesische Landes-kunde, betonte, dass mithilfe vonSpenden die Vor-Figur der Ei-chendorff-Statue im Haus Schle-sien eine dauerhafte Bleibe fin-den konnte. Die Identifikationsfi-gur für Schlesien passe sehr gut indas Konzept der Einrichtung, dienicht nur über einen Eichendorff-saal verfügt, sondern den Roman-tiker immer wieder in themati-schen Ausstellungen würdigt.

Am Rande der Einweihung inKönigswinter sprach Wysocki so-wohl über die Entstehung der Sta-tue als auch über seinen Geburts-ort und künstlerischen Weg. DerBildhauer wurde am 15. August1949 in Lyck geboren. Die StadtLyck gehört zu Ostpreußen undliegt rund 120 Kilometer östlichder Stadt Allenstein am Lyck-See.Auch wenn der Künstler im Laufeder Jahre in Breslau heimisch ge-worden ist und dort ein Atelierbetreibt, behält sein Geburtsortimmer einen besonderen Platz inseinem Herzen. Da seine Mutter

und weitere Familienangehörigenoch in Masuren leben, pflegt ergute Kontakte dahin und ist oft inseiner früheren Heimat.

Die Vorform für den Bronze-guss des rekonstruierten Eichen-dorff-Denkmals für den Botani-

schen Garten in Breslau war be-reits im Sommer 2013 im Königs-winterer Park zu sehen gewesen.Wysocki schuf gemeinsam mitseinem Sohn Michał die original-getreue Replik der Bronze-Figur,die bis 1945 im Scheitniger Parkvon Breslau stand. Die Kunst-stoff-Figur war Teil der Skulptu-ren-Ausstellung „Schönheit derForm“, die von Juli bis Oktobergezeigt wurde.

Viele Besucher konnten sichden Park ohne dem frohen Wan-dersmann kaum noch vorstellen.Nachdem feststand, dass dieSkulptur in Königswinter verwei-len darf, verbrachte der Künstler

sie in sein Breslauer Atelier. Hierwurde sie überarbeitet und miteinem neuen Sockel aus Granitversehen. Bei dieser Gelegenheitwurden auch Hut und Stock fest-geschraubt, so dass ihn der näch-ste Wind nicht wegblasen kann.

Die Original-Statue des schle-sischen Dichters Joseph Freiherrvon Eichendorff war vom Bild-hauer Alexander Kraumann ausFrankfurt am Main im Auftragder Stadt Breslau geschaffen undim Jahr 1911 im Beisein desDichterenkels Hartwig Freiherrvon Eichendorff eingeweiht wor-den.

Die Anregung zur Wiederher-stellung des zerstörten Denkmalskam aus dem Kreise der Mitglie-der der Deutsch-Polnischen Ge-sellschaft der Universität Bres-lau. Mit Wysocki wurde ein pro-minenter Breslauer Bildhauerfür das Projekt gewonnen.Łagiewski trug wesentlich dazubei, dass Stan Wys das für dieMetropole Breslau so wichtigeDenkmal schuf, das seit Mai2012 im Botanischen Gartensteht. Dieter Göllner

Im Park von Königswinter: Stan Wys mit Eichendorff-Skulptur

Mit der Heimat Masuren verbunden

Autor Karl-Heinz Jakobs

In Kiauken, Kreis Elchniederung,

geboren

Buch über Verbannung erschienerst nach Mauerfall

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ulturstift

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LEBENSST IL Nr. 17 – 26. April 2014 21

MELDUNG

Omega-3 gegenHeuschnupfen

Tübingen − Mit dem Frühlings-start jucken bei vielen die Augenund schwellen die Nasen zu: Esist Heuschnupfenzeit. Doch eineentzündungshemmende Ernäh-rung kann die Beschwerden lin-dern. Zu diesem Ergebnis kommteine Studie, welche eine TübingerForschungsgruppe um Dr. Wolf-gang Feil durchgeführt hat. Diesportmedizinische Forschungs-gruppe, zu denen der Biologe Feilsowie der Arzt und frühere Welt-klasse-Leichtathlet Thomas Wes-singhage zählen, stellte fest, dasseine Nährstoffkombination ausprobiotischen Bakterien, Kalzium,Zink und Mangan sowie aushochwertigen Omega-3-Fettsäure-quellen wie Speiseleinöl undHanfsamen entzündete Schleim-häute stabilisieren. Von 100 Stu-dien-Teilnehmern verspürte deut-lich über die Hälfte innerhalbeiner kurzen Zeit von nur neunWochen eine deutliche Verbesse-rung, in dem sie regelmäßig Nähr-stoffgetränke in Verbindung mitHanfnüssen und Speiseleinöl zusich nahmen. tws

Nizza ist eine Stadt der Gegensät-ze. Während die Reichen undSchönen an der berühmten Pro-menades des Anglais flanieren,fristen andere ein armseligesLeben in den Vororten.

Nizza. Perle der Côte d’Azurnennt sie sich. Die Schöne, diemehrere Hunderttausend Touri-sten im Jahr anlockt. Paläste undteure Hotels säumen die Uferpro-menade an der Baie des Anges,der Engelsbucht. LuxussanierteStadtvillen aus drei Jahrhunder-ten schmücken die Boulevards inder Innenstadt. Jenseits der Bahn-linie beginnt das andere Nizza:Billige Hochhäuser aus den 60erund 70er Jahren, rußgraue Alt-bauten, Armut. Allein von denetwa 25000 jüdischen Bewoh-nern Nizzas lebt fast jeder Zehntevon weniger als 750 Euro imMonat. Michel und Marga Groszhelfen: In einer Gasse hinter demBahnhof hat das Paar einekoschere Tafel eröffnet. Bedürftigebekommen hier ein komplettesMenü für zwei Euro und Hilfe infast allen Lebenslagen. Ein hagerer Mann hebt an

einem der Tische die Hand undbittet um Ruhe. Grosz erinnertmit wenigen Worten an einenkürzlich Verstorbenen: „Ihr kenntihn alle.“ Die Menschen an denTischen der koscheren „TableOuverte“, der jüdischen Tafel, ver-tiefen sich ins Gebet: Kaddisch,Totengebet für einen Gast, dervielen hier ein Freund war. Nach dem Gedenken servieren

Männer und Frauen in weißenKitteln das Hauptgericht: Jederbekommt seine Portion Couscousmit Merguez-Würstchen undRatatouille-Gemüse oder einePizza gereicht. Jemand schenktWein und Wasser ein. An denfreundlich gedeckten Tischen sit-zen Menschen, die man anderswoin Nizza selten sieht. Mütter, diefür ihre Kinder nicht genug zumEssen kaufen können oder Älterewie der 71-jährige Micha: 1962kam er „mit einem Koffer und 30Francs in der Tasche“ aus Alge-rien. Arbeit fand er auf dem Bau,bei der Bahn und schließlich beider Post. Trotzdem reicht seineRente nicht für seine beidenbehinderten Kinder und die blin-de Frau. Ruhig und sachlich

erzählt der vom Schicksalgebeugte Mann seine Geschichte.Er weiß nicht, was er ohne dieUnterstützung der „Table Ouver-te“ machen würde: „Ich dankediesen Menschen von ganzemHerzen für ihr Engagement.“„Sie sind alle Menschen wie

wir“, sagt Marga Grosz. Jedererhält das gleiche Essen und diegleiche Zuwendung. „Wir wolltenkeine typische Armenküche“,ergänzt Gründer Grosz. Weil sichder Armut meist die Falschen, dieArmen, schämen, verkauft Grosz

die Essensmarken diskret in einerEcke am Eingang. Jeder zahlt, waser kann: Zwei Euro die Armen,acht Euro Selbstkostenpreis, werkann, gibt mehr. Dafür erhaltenMittellose ihre Essensmarke oftkostenlos. Am Tisch zeigen alledas gleiche Ticket − für Groszeine Frage der Würde.Grosz begrüßt seine Gäste per-

sönlich, geht zu den Tischen, umsich mit den Menschen zu unter-halten. Er kennt ihre Geschichten− wie die von Rosi: Mit ihren fünfKindern lebt die 37-Jährige ineiner Ein-Zimmer-Wohnung für600 Euro. Ihr Mann hat sie verlas-sen, zahlt keinen Unterhalt. Wenndie Kinder in der Schule sind,geht Rosi putzen oder hilft altenLeuten beim Einkaufen. Oft zah-

len ihre Auftraggeber nur fünfEuro die Stunde − oder nichts.Einklagen kann sie ihren Lohnjedenfalls nicht: Schwarzarbeit.Jetzt soll sie eine Wasserrechnungvon 800 Euro bezahlen. Denn derVermieter repariere die Leitungnicht, die leck ist. Für Notfälle hat Grosz aus

Spenden eine Kasse angelegt.Damit hilft er seinen Gästen,wenn sie die Miete, Strom oderWasser nicht bezahlen können. Auch für die Toten seiner

Gemeinde sammelt Grosz. Für

rund 120000 Euro hat er eineGrabstätte auf dem Nizzaer Ost-friedhof gekauft. Vor allem Gläu-bige quäle es, dass sie in einemanonymen Gemeinschaftsgrab be -stattet würden, wenn ihre Fami-lien ein jüdisches Begräbnis nichtbezahlen können.Nizza ist teuer. Selbst in den

günstigeren, vielerorts herunter-gekommenen Vierteln im Nordenkosten Mietwohnungen kaum we -niger als in Paris, Tel Aviv oderMünchen. Damit wenigstens dieKinder satt werden, verzichtetRosi oft aufs Essen. Sie sieht blassaus. Die Reparatur ihres Gebisseskann sie sich nicht leisten. Grosz hat einen Zahnarzt ge -

funden, der den Bedürftigenkostenlos die Zähne repariert.

Drei Optiker fertigen ehrenamt-lich Brillen. Ein Fleischer spendetGutscheine für koscheres Fleisch.„Hauptberuflicher Schnorrer“

nennt sich Grosz lachend. Äußer-lich unterscheidet sich der 70-Jährige kaum von seinenGästen: kariertes Hemd untereinem schlichten dunkelblauenPullover, einfache Hose. In derStadt fällt er nur durch seineschwarze Kipa auf. Bedroht fühleer sich deswegen in Nizza nicht.Wenn überhaupt höre er von ara-bischen Jugendlichen mal dumme

Kommentare. „Als ehemaligerisraelischer Soldat kann ich michwehren, falls mich wirklich maljemand angreift.“Seine Familie stammt aus

Ungarn. 44 seiner Angehörigenüberlebten den Holocaust nicht.Seine Eltern sind ins damaligePalästina geflohen. Dort kam er1943 zur Welt. Aufgewachsen inIsrael arbeitete er als junger Mannauf dem Bau in Deutschland, stu-dierte Betriebswirtschaft, wurdeManager und Unternehmensbe-rater. Er hat gut verdient undzusammen mit seiner Frau Margaeine auskömmliche Rente. Als Jude widmet er sein Leben

den Menschen, die nicht so vielGlück hatten. Ein Jude müsse guteTaten erbringen. Jeder Mensch

besitze ein „N’Eschamá“, eineSeele, mit einem eigenen Ziel, dasman vielleicht in seinem vorheri-gen Leben nicht erreicht hat.Wenn jemand stirbt, bevor erankommt, kehrt seine Seele ineinem anderen Menschen zurück,um diese Aufgabe abzuschließen.Vor 14 Jahren hat Grosz seine

Bestimmung gefunden. Im Fern-sehen sah er einen Bericht übereine 80-Jährige, die in Nîmes eineTafel gegründet hatte. „Die Frauhat mich mit ihren leuchtendenAugen und ihrer Energie beein-

druckt. Ich rief siesofort an“, erin -nert sich Grosz.Er fuhr hin, bliebvier Tage undbrachte das Kon-zept mit nachNizza, wo ereinen Saal der jü -dischen Gemein-de für die ko -schere „Table Ou -verte“ mietete. Imletzten Jahr ha -ben sie 15000 ko -schere Mahlzei-ten verteilt. DieHaup tge r i ch teliefert die Küchedes jüdischenAltersheims, Vor-und Nachspeisenbereiten ehren-amtliche Helferzu. Grosz ist mitseinem Werkzufrieden. Jetztfühle er sich im

„Schalom“, im Frieden.Der Glaube gibt ihm die Kraft

für sein Engagement. Sein Haupt-gesellschafter, sagt Grosz lachend,„ist der große Boss da oben“, undzeigt mit dem Finger zur Decke.Der finde immer eine Lösung.Zwischen zwölf und 20 Ehren-

amtler erledigen bei der Tafel diegesamte Arbeit − von der Küchebis zur Buchhaltung. Groszs Ehe-frau Marga ist eine von ihnen. Siefreut sich, „nützlich zu sein“ undden Menschen in Not ihre Auf-merksamkeit zu schenken. Vieleder ehrenamtlichen Helfer seiengute Freunde geworden. „Wir wer-den nicht bezahlt. Da gibt es keineKonkurrenz untereinander.“Die meisten Helfer der offenen

koscheren Tafel in Nizza sind

Rentner, aber auch ein Pilot istdabei, der im Liniendienst fliegt.Neben Juden helfen ein paar„Gojim“ (Nichtjuden) in derKüche oder beim Servieren:Michel Fénard hat „das Glück,gesund und vermögend zu sein“.Er möchte Menschen helfen, de -nen das Schicksal weniger gewo-gen ist. „Das klassische Motiv fürehrenamtliches Engagement“,analysiert er nüchtern. Als Wis-senschaftler mag er den scharfenjüdischen Geist, dem Europa vielzu verdanken habe. Hier finde erneben einer sinnvollen Aufgabeauch „Esprit und Spiritualität“.Über die Jahre haben sich Gäste

und Gastgeber kennengelernt. Diemeisten duzen sich, hören einan-der zu, lachen und genießen dieAchtung voreinander.Grosz empfindet die Tafel mitt-

lerweile als Routine: „Sie brau-chen mich nur noch als Geld-sammler.“ Deshalb plant er sein

nächstes Projekt: Weil die Vermie-ter in Nizza von jedem Bewerbereinen Einkommensnachweis undeine Mietbürgschaft verlangen,finden Geringverdiener undArbeitslose kaum noch eine Blei-be. Ältere hätten gar keine Chan-ce mehr. „Wer eine Wohnung mie-ten will, muss nachweisen, dass erim Monat das Dreifache der Mieteverdient“, erklärt Grosz, „wenndu 600 Euro im Monat hast undein Ein-Zimmer-Appartment ineiner schlechten Gegend schon400 Euro kostet, kannst du dir dieWohnungssuche sparen.“ Deshalbwill Grosz mit Vermögenden eineGesellschaft gründen, die Unter-künfte mietet und an arme Woh-nungssuchende untervermietet. „Wir haben hier 400, 500 Leute,

die regelmäßig zum Essen kom-men, und noch mal so viele Arme,die da draußen umherirren.“, sagter. Als Betriebswirt rechnet er wieein Geschäftsmann. So kommt erauf ein Ausfallrisiko von bis zu20000 Euro im Jahr. „Für vieleReiche“, rechnet er aus, „ist derBetrag so viel wie für dich 50Euro – oder weniger.“ Peanutseben. Robert B. Fishman

Pizza in NizzaDie Perle der Côte d’Azur hat nicht nur glänzende Seiten − Koschere Armutstafel für Menschen in Not findet regen Zulauf

Ein paar Cent für das Mittagessen hinzuverdient: Straßenmusikanten beim Blumenmarkt von Nizza Bild: tws

Potsdams Garten EdenSanssouci bietet in einer großen Gartenschau »Paradiesäpfel« an − Lustwandeln wie im mythischen Arkadien

Zwischen Hecken, Rabattenund mit roten Bändernumwickelten Baumgrup-

pen, bleiben die Blicke unweiger-lich hängen. Bisher war hier allesimmer grün. Auf einmal lockenrote Flecken. Wenn man die Naturso richtig sichtbar machen möch-te, muss man schon zur Komple-mentärfarbe greifen.Erstmals würdigt die Stiftung

Preußische Schlösser und Gärten(SPSG) in einer Ausstellung dasHerz des preußischen Arkadiensschlechthin: den Park Sanssouci.Diese seit 1990 zum Weltkulturer-be gehörende Kulturlandschaft isteinzigartig in der Welt. Dass soetwas auf märkischem Boden ent-stehen konnte, verdanken wirFriedrich dem Großen, der 1744einen schlichten Hügel zum ter-rassierten Weinberg anlegen ließ.Der König liebte es, das Schönemit dem Nützlichen zu verbin-den. So folgten Anlagen für köstli-ches Obst, Wein und Südfrüchte. Die Arbeit der unzähligen Gärt-

ner zu würdigen, ist auch Themader jüngst eröffneten ersten Frei-luft-Ausstellung in Sanssouci.Unter dem Titel „Paradiesap fel“

läuft sie − bei freiem Eintritt −noch bis zum 31. Oktober.Ohne die gärtnerische Arbeit

wäre der märkische Garten Edenschnell versandet. Man kann indas Landschaftsgemälde durchdrei Tore gelan-gen. Wer amNeuen Palaisstartet, findetsich im erstenThemenbereich„Inszenierung“wieder. Fried -richs Pa last,seine „Fanfaro-nade“, überwäl-tigt nicht alleindurch die Aus-maße, sondernauch durch dasEnsemble dergegenüberlie-genden Com-muns. Hier wirdim Septemberdie barocke Pferdeoper „Le Car-rousel de Sanssouci“ die Gästebegeistern. Ungleich zarter wirkt das neben

dem Schloss gelegene Heckenthe-ater. Zum 300. Ge burtstag Fried -

richs 2012 wieder freigelegt, lädtes zu barocken Sinnesfreuden ein.Ein Höhepunkt ist hier der ehe-malige Rosengarten der KaiserinAuguste Viktoria. Keine vorgege-bene Richtung zwingt den Besu-

cher, seinen Spaziergang zu absol-vieren. Ganz im Sinne höfischerVerspieltheit darf man lustwan-deln und nur den Sinnen folgen.Rote Fähnchen mit unterschied-

lichen Symbolen weisen den Weg

zu 19 Stationen dreier Themen,die es zu entdecken gilt. Unter-wegs warten 20 versteckte „Sin-neswecker“, die durch Düfte dieWahrnehmungsorgane betören.Ein irdisches Paradies bedürfe

der Pflege, ließder Generaldi-rektor der Stif-tung, HartmutDorgerloh, wis-sen und verwiesauf 270 Jahrewährende gärt-nerische Lei-stung im Park.289 HektarAreal sind zubewirtschaften.Dazu gehört

auch das The ma„Ernte“. Wersich auf dieSüdhänge zwi-schen Klaus-berg, Weinberg-

schloss und Winzerberg be gibt,erkennt die wiederhergestelltenObstgärten. Des Königs liebsteFrucht, die Kirsche, wird hier seit2005 auch wieder angebaut. Insfrühe 19. Jahrhundert führt einen

der Weg, wenn man zu den Römi-schen Bädern abbiegt. Der„Architekt auf dem Thron“, Fried -rich Wilhelm IV., ließ hier alsKronprinz ab 1825 seiner Italien-sehnsucht freien Lauf und beauf-tragte Peter Joseph Lenné undKarl Friedrich Schinkel, ein nord-italienisches Landgut mit Gartenanzulegen. Italienisch grün-weiß-rot ge streift, deuten jetzt Holzstä-be die Ausmaße der 400 Quadrat-meter großen ehemaligen Pflanz-fläche davor an. Hier soll wiedersüdländisches Gemüse wachsen.„Genuss“ heißt das dritte The -

ma. Ein mediterraner Garten zumTräumen, ganz nah das SchlossCharlottenhof mit historischemRosengarten und Pergola. Wenhält es da daheim? Auf nach Ar -kadien, wo die Zitronen blühen!Wer nicht so gut zu Fuß ist,

kann kostenfrei zwei Shuttlesbenutzen. Für alle Laufmüden,sind rote Bänke aufgestellt. Ergän-zend dazu findet im Hofgärtner-haus der Römischen Bäder dieAusstellung „Von Blumenkam-mern und Landschaftszimmern.Der Garten als Landschaftsraum1740−1860“ statt. Silvia Friedrich

Der Frühling naht: Innenhof der Römischen Bäder Bild: Friedrich

Auch die »Gojim«helfen mit

NEUE BÜCHER22 Nr. 17 – 26. April 2014

Diplomatieversagte

Nach dem Attentat 1914

Faschistische SchattenScharfe Islamkritik mit beängstigenden, aber guten Argumenten

Nur 33Tage la-gen zwi-s c h e n

dem tödlichen Attentat in Saraje-vo auf Erzherzog Franz Ferdi-nand von Österreich-Este,Thronfolger der österreichisch-ungarischen Monarchie, und sei-ner Frau Sophie und dem Aus-bruch des Ersten Weltkrieges.Marko Rostek hat diese Zeit inseinem Roman „33 Tage. Derletzte Sommer des alten Europa“thematisiert und die Aktionender Beteiligten akribisch geschil-dert. Das Attentat ereignete sich in

einer Zeit, als Europa sich imUmbruch befand. Die europäi-schen Staaten hatten seit derJahrhundertwende immer weiteraufgerüstet und rasselten mit ih-ren Waffen. Dem Dreibund der„Mittelmächte“, bestehend ausDeutschland, Österreich-Ungarnund Italien stan-den England,Frankreich undRussland als„Triple Entente“gegenüber. Nachdem Attentat auf den österreichi-schen Thronfolger war die allge-meine Erwartungshaltung, dassÖsterreich-Ungarn jetzt Stärkegegenüber Serbien zeigen müsse,obwohl es auch abwägende Stim-men gab. Noch handelte es sichum einen regionalen Konflikt,der aber durch politische Zaude-rer auf der einen und Befürwor-ter eines schnellen energischenAngriffsschlages gegen Serbienauf der anderen Seite ausgewei-tet wurde. Und während im hi-storischen Rückblick abstrakt dieTaten der Staaten als Ganzes be-trachtet werden, wurde dieserKrieg letztendlich durch dieHandlungen von Menschen aus-gelöst, von Herrschern, Politi-kern, Diplomaten und auch denMilitärs. Rostek schildert den Ablauf

der letzten Tage im Frieden chro-nologisch wie ein Tagebuch undzeigt minutiös, was die Handlun-

gen und Entscheidungen dermaßgeblichen Protagonisten inder komplexen europäischen Be-ziehungslage bewirkten und wiees letztendlich zu einem Welt-krieg kam. Dabei ging es mit derKriegsbereitschaft auf und ab.Auch der Deutsche Kaiser ver-suchte noch, mit den Russen undden Engländern eine Überein-kunft zur Abwendung desKriegsausbruchs zu finden. Dochdie Situation war zum Schluss sofestgefahren, dass es nur nochum den Zeitpunkt der Mobilma-chung ging, um nicht als Aggres-sor dazustehen. Der Erste Welt-krieg begann.Rostek lässt den Leser tief in

die Gedanken der Akteure ein-tauchen. Hier verschwimmen na-turgemäß auch Tatsachen undFiktion, allerdings hat Rostek esso gut umgesetzt, dass beim Le-sen der Eindruck entsteht, ge-nauso müsste es gewesen sein.

Die Gesprächeund Ereignisse,die auf den Wegin den Kriegführten, sindhautnah geschil-

dert und historisch fundiert dar-gestellt. Die Charaktere sind sehrgenau gezeichnet. Man glaubtden Akteuren ihre Zwiespälteund dass auch Zweifel ihre Ent-scheidungen begleiteten. Die Be-trachtung aus Sicht der verschie-denen Staaten zeigt das tiefeKonfliktpotenzial und den Wegin den Krieg. Dabei entstehtbeim Lesen der Eindruck, dassdieser Weg nicht unausweichlichwar, sondern durchaus andereAuswege bestanden hätten. DerAutor zieht den Leser mit fes-selnden Beschreibungen in denBann der Ereignisse. Auch wenndas historische Ende bekannt ist,mag man das Buch bis zur letz-ten Seite nicht aus der Hand le-gen. Britta Heitmann

Marko Rostek: „33 Tage. Derletzte Sommer des alten Euro-pa“, Styria Premium, Wien 2014,geb., 400 Seiten, 22,99 Euro

Es war schon fast erstaunlich,wie ruhig der Autor HamedAbdel-Samad auf die mei-

sten Aussagen des in der Talkshow„Maischberger“ neben ihm sitzen-den Leipziger Imam Hassan Dab-bagh reagierte. Allerdings bestätig-te dieser mit seiner Weigerung, diegegen den 1972 in Kairo gebore-nen Abdel-Samad ausgesprocheneMord-Fatwa zu verurteilen, auchvor laufender Kamera die Thesendes Autors. Etwas Besseres konntedem ägyptischen Islamkritiker al-so nicht passieren.In „Der islamische Faschismus.

Eine Analyse“ legt Abdel-Samaddar, warum er den Islam für einefaschistische Religion hält. Vieleseiner Argumente überzeugen,doch trotzdem liest sich seinBuch zäh. Möglicherweise relati-viert der unterschwellige Groll,ja Hass gegenüber der Religion

seiner Ahnen den Wert der Ana-lyse. Der Autor beginnt mit dem

Mord-Aufruf, den ein einflussrei-cher ägyptischer Salafist gegen ihngetätigt hat. „Sie glauben, jeman-den töten zu können, nur weil eranders über das denkt, was ihnenheilig ist. Wie sollte man das an-ders nennen als islamischen Fa-schismus“, fragt der Autor, der Is-lam und Islamismus fast überwie-gend gleichsetzt. In seinen Ausfüh-rungen konzentriert sich Abdel-Samad aber dar-auf, Parallelenzwischen demFaschismus unddem Islamismusherzustellen, er-wähnt aber auchanhand von Bei-spielen, dass im Islam selbst be-reits der Anspruch der Überlegen-heit angelegt sei und vermeintlichnur die eigenen Gläubigen denZugang zur absoluten Wahrheithätten. Doch das sind Positionen,die sich auch in anderen Religio-nen finden lassen, was der Autorunerwähnt lässt, auch wenn diesenicht wie der Islam zur Vernich-tung „Ungläubiger“ aufrufen.„Da, wo Faschisten, Kommuni-

sten oder Islamisten die Machtübernahmen, verwandelten sich

die Gesellschaften in Freiluftge-fängnisse“, behauptet der Autor,wobei ihm zu widersprechen ist,denn aus Frauensicht ist Saudi-Arabien noch nicht einmal einFreiluftgefängnis, da das Haus zuverlassen nur unter strengen Be-dingungen erlaubt ist.Vor allem der Geschichte und

Entwicklung der Muslimbrüderwidmet sich der Autor. Aber auchder Islamisten außerhalb Ägyp-tens wie zum Beispiel im Libanonund im Iran nimmt er sich an. Des

Weiteren spieltder im Islam be-deutende Antise-mitismus eine Rol-le. Zudem be-schäftigt sich derAutor mit dersch i zophrenen

Einstellung, wonach Sexualität imLeben der Moslems keine Rolle zuspielen habe, im Paradies hinge-gen es so viel Sex gebe, wie Mannwill. Und wer im Kampf für denGlauben stirbt, wird extra belohnt.Abdel-Samad zitiert aus islami-schen Büchern, die das Paradiesbeschreiben, was selbst abgeklär-ten Lesern die Schamesröte insGesicht treibt, da es Pornografiepur ist. Dann erwähnt er noch Ex-tremisten, für die Ungläubigewertloser sind als Tiere und zu de-

ren „Schlachtung“ indirekt aufru-fen.Da Abdel-Samad immer wieder

in das Land seiner Geburt gereistist, schildert er dort gemachte Er-lebnisse. So berichtet er von einemTreffen mit dem Gründer der „Ver-einigung ägyptischer Atheisten“,die es erst seit Kurzem gibt. Odervon dem Frust einer jungen Tune-sierin, für die der Umstand, dasssie als Frau nicht an der Beerdi-gung ihres Großvaters teilnehmendurfte, eine Art Erweckungserleb-nis war, das sie zur Atheistin wer-den ließ. „Was ist das für ein Glau-be, der eine Mauer zwischen mirund meinem geliebten Großvaterbaut?“, zitiert Abdel-Samad sie. Abschließend betont der Autor,

dass das, was er als deutschen undjapanischen Faschismus bezeich-net, nur durch Druck von außenhabe vernichtet werden können.Und so ruft er den Staat auf, Is-lamverbänden nicht zu viel Machteinzuräumen, denn in ihnen wür-den sich vor allem konservativeMuslime organisieren, die ihr Ge-sellschaftsbild verbreiten wollten.

Rebecca Bellano

Hamed Abdel-Samad: „Der islami-sche Faschismus. Eine Analyse“,Droemer, München 2014, geb.,221 Seiten, 18 Euro

Der Groll des Autors schadet jedoch

der Analyse

Lieber Original als KopieZwei Bücher über Karl den Großen: Unterhaltung contra Geschichtsforschung

Wenn manan einemJahrtausend-Ereignis wiedem Todes-jahr Karls

des Großen interessiert ist, gibt eszweierlei Möglichkeiten, sich demThema zu nähern. Wenn Sie einvielbeschäftigter und ungeduldi-ger Internet-Nutzer sind, suchenSie Karl den Großen bei Google.Da finden Sie unsagbar viele Infor-mationen. Aber alle verschwindenauch schnell wieder vom Bild-schirm wie eine flüchtige Sinnes-täuschung, ohne sich in Ihrem Ge-dächtnis angedockt zu haben. Dasheißt, im Kopf bleibt nichts. OderSie lesen ein Buch über den erstendeutschen Kaiser, der das heutigeDeutschland und sogar Europaentscheidend mitgeprägt hat.2014 ist das Jubiläumsjahr Karls

des Großen, also musste ein

„Spiegel“-Buch her. So wie vorherdas Buch „Wer war Jesus wirk-lich?“ herauskam und morgen einBuch „Wer war Uli Hoeneß wirk-lich?“ vorliegen wird. Dietmar Pie-per und Johannes Saltzwedel ha-ben so „Karl der Große. Der mäch-tigste Kaiser des Mittelalters“ her-ausgebracht. 22 Schreiber habenjeweils nur ein paar Seiten Platz,über alles, was für sie interessantist, zu plaudern, zu spekulierenund zu tratschen, am liebsten na-türlich über Karls Potenz, seinevielen Frauen, sein Verhältnis zumGeld, seine privaten Vorliebenund Macken. Er liebte es, warm zubaden, war kinderlieb, konnteaber auch sehr brutal sein. DieHerausgeber haben wirklich analles gedacht, vor allem daran,dass wir einen deutschen Sach-verständigen und Autor haben,der nun mal das beste Buch, ein-fach das Buch über Karl den Gro-

ßen geschrieben hat: JohannesFried. Der Mediävist ist geradezuSpezialist für die Beantwortungder Frage: Wer war Karl der Gro-ße? Das wussten die klugen Ma-cher des „Spiegel“-Buches natür-lich auch und lösten den Fall ganzeinfach: Sie nahmen in ihren Bandein Interview mit Fried auf. Undso konnte niemand behaupten, siehätten nichts von ihm gewusstoder alles nur geklaut.Zum Glück können Sie beide

Bücher kaufen. Doch die Auswahlfällt eigentlich nicht schwer. Friedbeschäftigt sich seit 30 Jahren mitdem Thema, während die „Spie-gel“-Schreiber – husch, husch –die ihnen wichtigen Informationenherausgepickt und in den „Spie-gel“-Einheitston gepresst haben.Dabei unterliefen einige Fehler.Erst rebellierten die Sachsen ge-gen Karl. „Dann verschmolzen siemit den Franken und anderen

Stämmen zum Volk der Deut-schen.“ So einleuchtend wiefalsch. Mein Rat an alle, die sich für

Karl den Großen und seineSchöpfung Europa interessierenund die die Frage interessiert, wo-her wir kommen und wohin wirgehen, und an den langen Aben-den noch nicht zu erschöpft sind:Kaufen Sie sich das fundamentaleBuch von Fried und vermachenSie es später Ihren Enkelkindern.Es ist haltbar bis zum Jahr 3000und darüber hinaus. K. R. Röhl

Johannes Fried: „Karl der Große.Gewalt und Glaube“, C.H. BeckVerlag, München 2013, geb. 736Seiten, 29,95 Euro; Dietmar Pie-per, Johannes Saltzwedel (Hrsg.):„Karl der Große. Der mächtigsteKaiser des Mittelalters“, DVA,München 2013, geb., 288 Seiten,19,99 Euro

D a sDeutscheReich wol-le nie-mand inden Schat-

ten stellen, „aber wir verlangenauch unseren Platz an der Sonne“.Diese Worte des Staatssekretärsfür die auswärtigen Angelegenhei-ten Bernhard von Bülow in seinerersten Reichstagsrede am 6. De-zember 1897 wurden zur Meta-pher für das Weltmachtstrebendes deutschen Kaiserreiches, vomKaiser angefangen bis weit insBürgertum. Das Protokoll desReichstags verzeichnet an dieserStelle der Rede „Lebhafter Beifall“.Drei Jahre später war BülowReichskanzler und preußischerMinisterpräsident; die vielzitierte„Ära Bülow“ dauerte bis zum Juli1909.Bernhard von Bülow (1849–

1929), seit dem Jahr 1905 Fürst,war einer der schillerndsten Poli-

tiker im Kaiserreich. Für die einenwar er ein „zweiter Bismarck“, fürandere ein Blender und Scharla-tan, der mit einer dilettantisch be-triebenen GroßmachtpolitikDeutschland in die Isolation ge-trieben und indirekt Mitschuldam Ersten Weltkrieg habe. Zu einer Zeit, in der dieser

Krieg so intensive Beachtung fin-det, rücken auch die Jahrzehntedavor wieder stärker ins Blick-feld, eben jene Jahre, in denenBülow die Politik des Reiches be-stimmte. Darum nimmt man ger-

ne die umfangreiche Biografiedes lange an der BayerischenAkademie der Wissenschaften tä-tigen Historikers Peter Winzen„Reichskanzler Bernhard von Bü-low. Mit Weltmachtphantasien in

den Ersten Weltkrieg“ zur Hand,der in akribischer DetailarbeitBülows Leben und dabei vor al-lem dessen politische Jahre 1897bis 1909 in den Blick nimmt. Bülow, mit glänzenden intellek-

tuellen Fähigkeiten ausgestattetund meist von gewinnender Lie-benswürdigkeit, kam durch seinenVater noch unter Bismarck in dieauswärtige Politik und diente sichrasch an die Spitze des Auswärti-gen Amtes empor. Für ihn gab esnur eines: Reichskanzler in derNachfolge Bismarcks zu werdenund dem Reich die ihm gebühren-de Weltmachtstellung zu verschaf-fen. Dank einflussreicher Freundewie Philipp zu Eulenburg kam erin den engsten Freundeskreis vonKaiser Wilhelm II., der ihn baldüberaus schätzte und ihn „meinenBismarck“ nannte. Drei Jahre musste er als Staatssekretär – defacto war er damit Außenminister– ausharren, am 17. Oktober 1900war das heiß ersehnte Ziel er-

reicht. Neun Jahre später stand eraußen- wie auch innenpolitischvor einem Scherbenhaufen. Winzen zeichnet Bülows Politik

minutiös nach. Vor allem die irra-tionale Abneigung gegen Englandverleitete Bülow zu folgenschwe-ren Fehleinschätzungen. Zu Rechtwird in der Literatur beklagt, dasser die von England um 1900 ange-botene engere Zusammenarbeitmit Deutschland brüsk zurückge-wiesen hat; als sich dann um 1907die befürchtete „Einkreisung“ inForm einer britisch-französisch-russischen Allianz tatsächlich ein-stellte, war es zu spät.Im Innern erlebte Bülow ein

ähnliches Desaster wie zwei Jahr-zehnte zuvor sein großes VorbildBismarck. Eine Weile gelang dasSpiel mit wechselnden Parteien-bündnissen, aber im Frühsommer1909 brach Bülows ebenso eigen-sinnig wie starr betriebene Block-politik zusammen. Der Eklat derberühmten „Daily Telegraph“-Af-

färe, in deren für den Kaiser bla-mablem Verlauf der Kanzler sei-nem Herrn nicht beisprang, warbereits der Anfang vom Ende.Winzen zeichnet einen Politiker,

dessen Ansichten, dessen Verhal-ten und dessen politisches Han-

deln aus heutiger Sicht nur mitKopfschütteln verfolgt werdenkann. Vereinfachend gesagt: Derschöne Schein habe hinten undvorn getrogen; Bülow sei fürDeutschland einer der verhäng-nisvollsten Politiker, den es je ge-habt habe, gewesen, nur gehaltendurch seine „berechnende Unter-würfigkeit“ gegenüber dem Kaiserund geprägt von großdeutschenAllmachtsphantasien. Historiker sollen, so das Diktum

des römischen Geschichtsschrei-

bers Tacitus, vorurteilsfrei undunparteilich sein. Bei Bülow legtes der Autor, so hat man dochmehrfach den Eindruck, mitunterallzu sehr darauf an, von ihm einrundweg negatives Bild zu zeich-nen. Aber man muss doch auchsehen: Mit seiner Mentalität standBülow nicht allein; diese war ty-pisch – zumindest bis in denKrieg hinein – für weite Kreise al-ler gesellschaftlichen Schichten.Als er 1929 in Hamburg starb,säumten Tausende seinen Weg.Die Reichsregierung war vertre-ten, der Sarg war unter Kränzenkaum noch zu sehen, die öffent-lichen Gebäude waren halbmastgeflaggt. Dirk Klose

Peter Winzen: „ReichskanzlerBernhard von Bülow. Mit Welt-machtphantasien in den ErstenWeltkrieg. Eine politische Biogra-fie“, Verlag Friedrich Pustet, Re-gensburg 2013, geb., 576 Seiten,36,95 Euro

Ein »zweiter Bismarck« oder nur ein Blender?Aufschlussreiche, aber zu zeitgeistig geratene Biografie über Reichskanzler Bernhard von Bülow

Er verlangte »Platz an der Sonne«

Alles nur Allmachtsphantasien?

33 Tage zwischenKrieg und Frieden

RAUTENBERG BUCHHANDLUNG Nr. 17 – 26. April 2014 23

PANORAMA24 Nr. 17 – 26. April 2014

MELDUNGEN MEINUNGEN

UnverfälschtWieso sie an den Pirinçci nicht rankommen, warum Pussy Riot nicht vulgär ist, undwo alle plötzlich gegen Multikulti sind / Der Wochenrückblick mit HANS HECKEL

Nun wischen sie sich erstmal den Schweiß von derStirn und ziehen Bilanz.

Die fällt leider ziemlich durch-wachsen aus: So richtig sind sienicht rangekommen an den„Skandalautor“ Akif Pirinçci, dersie mit seinem Buch „Deutsch-land von Sinnen“ aus den Sesselngeschubst hat.Irgendwie unerklärlich, denn

eigentlich sind die politisch kor-rekten Medienmacher der Mei-nung, alles Erdenkliche gegen denProvokateur aufgefahren zu ha-ben. Sie haben ihn sogar zum„Hitler“ gemacht oder ihm vorge-worfen, auf der geistigen Blutspurvon Anders Breivik zu wandeln.So etwas hätte den Mann doch ge-sellschaftlich töten müssen! Ha-ben die Mainstream-Medien etwaihre Macht verloren?Die ganz Schlauen machten

sich ausschließlich über den vul-gären Stil des neuesten deutschenBestsellers her. Die Tour ist be-sonders geschickt, weil man nurvom hohen Olymp der guten Ma-nieren herab näseln muss, um da-bei zu sein. Der Geschmäcklermuss sich weder mit den Inhalteneines Textes befassen noch mitdessen möglicher Berechtigung.Er beobachtet die brausendeSchlacht aus sicherer Entfernungund stöhnt: „Mir ist egal, wer ge-winnt. Hauptsache, der Krachhört auf, der beleidigt mein zartesOhr.“Die Inhalte interessieren die

übrigen Kritiker aber auch kaum.Sie werden nur insofern gestreift,als man ein paar Schlagwörterherauspickt und sie geschickt zu-sammenstellt, um den rassisti-schen, minderheitenfeindlichenCharakter herauszukitzeln. EineMethode, an die wir uns schonlängst gewöhnt haben: Der Tu-gendwächter hört nicht mehr zu,er horcht die Leute ab in der gei-len Erwartung, ein Wort, eine For-mulierung aufzustöbern, die „andas dunkelste Kapitel der deut-schen Geschichte erinnert“, umdann zuzuschlagen.Pirinçcis Verlagsleiter Andreas

Lombard wundert sich zudem,dass die Kritiker nicht einmal aufden Auslöser des Buches einge-gangen sind. Es war die Bluttatvon Kirchweyhe 2013, wo einTürke völlig grundlos einen jun-gen Deutschen totgetreten hat. Als

Reaktion darauf berief der Bür-germeister den „Runden Tisch ge-gen Rechts“ ein, weil er in Trauerund Empörung über das Verbre-chen nichts als „Rassismus“ ent-decken wollte – die PAZ berichte-te damals. Gegen „Rechts“? Weilein Türke einen Deutschen er-schlug? Da ist Akif Pirinçci derKragen geplatzt, woraus das Buch„Deutschland von Sinnen“ ent-stand. Wie zu erwarten, wurde esein Wut-Buch. Der Autor ist etwas, was man in

Deutschland nicht sein darf: Erhat sich, Zehnjährig nachDeutschland gelangt, zum glühen-den deutschen Patrioten gemau-sert. Er ist also voll und ganz „as-similiert“, einAusländer, dermit BegeisterungDeutscher wur-de. Für die Multi-

kulti-Phalanx istdas furchtbar:I mm i g r a n t e nsollen sich nichtassimilieren, siesollen gefälligst Nichtdeutschebleiben. Das verhasste Deutsch-land soll doch langsam ver-schwinden, und außerdem lebtdie gesamte Integrations- undAntirassismus-Industrie davon,dass Migranten Migranten blei-ben, das ganze Leben lang undauch für die kommenden, längsthier geborenen Generationen. So offen sagt man das natürlich

nicht, sondern spricht von „Inte-gration unter Beibehaltung ihrerkulturellen Wurzeln“. Für dieAnti-Rassismus-Industrie ist dasenorm wichtig mit den „Wurzeln“,denn das sichert ihre Erwerbs-quelle.Unbemerkt hat sie den Deut-

schen damit nämlich eine unent-rinnbare Rassismus-Falle gestellt.Denn Rassismus ist es ja bekannt-lich schon, wenn ein Deutscheröffentlich bemerkt, dass derNicht- oder Halbdeutsche irgend-wie anders ist als er, der „Nur-Deutsche“. Wenn wir nun dafürsorgen, dass die Zuwanderer ihreausländischen Wurzeln hegenund pflegen, bleibt das Anders-sein zentral für ihr Selbstver-ständnis. Wenn der Deutsche dasaber öffentlich bemerkt, ist erautomatisch ein Rassist, der sichdauernd entschuldigen muss und

dennoch schuldig bleibt. Sehrpraktisch: Wer sich schuldig fühlt,ist fügsam.So fügen wir uns in eine wirk-

lich witzige Abmachung: JederZugewanderte hat das Recht, ja,ist sogar dazu aufgefordert, seineBesonderheit hervorzuheben,weil er ja noch die fremden Wur-zeln besitzt, die er den „Nur-Deutschen“ voraus hat. Stellen Sie sich aber mal vor,

der „Nur-Deutsche“ kontert ein-fach, dass er dem Zugewandertendafür auch etwas voraus habe,nämlich, dass er ein vollständigerDeutscher sei und der anderehöchstens ein Teils-Teils-Germa-ne. Jeder von Ihnen lebt lange ge-

nug in unsererd e u t s c h e nGegenwart, umsich vorstellenzu können, wel-che Lawine anRassismus-Vor-würfen über die-sen „Nur-Deut-schen“ herein-bräche. Wir ge-

ben uns daher lieber fügsam undlassen das sein. Pirinçci hängt diese Fügsamkeit

und Verlogenheit zum Hals her-aus, und er brüllt seine Wut inserschrockene Land. Dabei tritt et-was zutage, was die Sache für sei-ne politisch korrekten Gegnervollends zur Tortur macht: Sodeutsch-patriotisch er auch seinmag, Pirinçcis Philippika kommtim Tonfall des pöbelnden Türken-prolls unserer Brennpunkt-Stadt-teile daher. Dass allein ist nicht das Pro-

blem: Hätte der Autor auf dieseWeise die Deutschen, die „Spie-ßer“, die verkappten Nazishinterm Jägerzaun angefahren,hätte man ihn nicht „vulgär“ ge-nannt, sondern „authentisch“. Pi-rinçci würde nicht angegiftet obseiner „Beleidigungen“ und der„Fäkalsprache“, sondern gelobt,weil er „die verlogene Bürgerlich-keit einer vermeintlich gepflegtenSprache herausgefordert“ habe –oder so ähnlich. Glauben Sie nicht? Dieselben,

die Pirinçci wie von Sinnen an-greifen, bejubeln seit Monaten ei-ne Bande namens Pussy Riot undräumen ihr eine (im Verhältniszur wahren „Bedeutung“) gerade-zu atemberaubende Medienreso-

nanz ein: halbnackte Frauen mitgroben Parolen auf den bloßenBrüsten, schreiend, zeternd, gernauch handgreiflich. Die aber sindeben nicht vulgär, sondern „pro-vokant“, nicht „umstritten“ (heißt:böse), sondern „kritisch“ (heißt:gut), weil sie irgendwie links sindund die Kirche hassen. Ist es nicht erstaunlich, wie

schnell sich die Geschmacksner-ven umstellen können, wenn dieSoße aus der richtigen Richtungspritzt?Und was die Verlogenheit an-

geht – das hier werden Sie auchschon mal bemerkt haben: Diesel-ben, die alles „Nur-Deutsche“nicht laut genug verhöhnen kön-nen, denen es nie „bunt“ undmultikulti genug wird, sind ganzstolz, wenn sie ihren Urlaub „ab-seits der Touristenpfade“ gemachthaben. Warum? Wieder zu Hause,berichten sie mit leuchtenden Au-gen, wie sie dort das „ursprüngli-che“, das „unverfälschte Bild“ desLandes gesehen hätten. Mankönnte auch sagen: Sie sind ganzweg vor Entzücken, dass sie die„multikulti-freien“ Reservate ent-deckt haben, die noch nicht vonvagabundierenden Weltbürgern,von modernen Kurzzeit-Migran-ten überrollt wurden. Und natür-lich haben sie sich in diesen wun-derbar unversehrten Refugien aufZehenspitzen bewegt. Schließlichmuss man Verständnis dafür ha-ben, dass die „Unverfälschten“dort unter sich bleiben wollen.Zurück in der Heimat drehen

sie das alles komplett auf denKopf. Was sie in anderen Ländernals „unverfälscht“ und „ursprüng-lich“ vergöttern, schlagen sie hierals „dumpf-deutsch“ in den brau-nen Bann. Deutsche, die untersich bleiben wollen, mögen siesich gar nicht erst vorstellen.Selbst der alte Mann, der bei ei-nem Immigrantenanteil von 70oder 80 Prozent in seiner Straßedie ungeheuerliche Meinung flü-stert, dass es „zu viele Ausländer“in seiner Gegend geben könnte,ist ja schon „Nazi“ genug.Doch dann kommt dieser

Deutsch-Türke Pirinçci und ver-kündet vor laufender „Mittagsma-gazin“-Kamera: „Ich will mein al-tes Deutschland wiederhaben!Und ich bekomme es auch zu-rück.“ Diese Drohung hat einge-schlagen.

Der Autor ist etwas,was man auf keinenFall sein sollte:Ein assimilierterdeutscher Patriot

ZUR PERSON

Das Phantomvon Algier

Vor den Präsidentschaftswah-len in Algerien las man im

Internet makabre Witze über Ab-delaziz Bouteflika: „Wählt ihn – totoder lebendig!“ Schließlich standein bereits Totgesagter zur Wahl.Vor einem Jahr, als er sich drei Mo-nate lang wegen eines „leichtenSchlaganfalls“ abgeschottet in ei-ner Pariser Klinik behandeln ließund man nichts über seinen Ge-sundheitszustand erfuhr, keimtenbereits Gerüchte über den Tod desdamals 76-Jährigen auf.Doch Bouteflika kehrte auf die

politische Bühne zurück, zwarschwach auf den Beinen und mitstammelnder Stimme, aber dochstark genug, um bei den Wahlenanzutreten. Als das „Phantom vonAlgier“ geisterte er allerdings hin-ter den Kulissen herum. Er absol-vierte keinen einzigen Wahlkampf-auftritt und ließ sich von Abdel-malek Sellal vertreten, der seinenPosten als Premier aufgab, um dieKampagne zu leiten. Über Boute-flika, der zur Stimm-Abgabe mitdem Rollstuhl ins Wahllokal gefah-

ren wurde, sagteSellal, auch derUS-Präs identFrank lin D. Roo-sevelt habe imRollstuhl wichti-ge Verträge un -terzeichnet.

Das überzeugte: Mit 81,5 Pro-zent der Stimmen erhielt Boutefli-ka ein „diktatorisches“ Ergebnis.Seitdem er in den 90er Jahren fürFrieden in dem vom Bürgerkriegzerrissenen Land mit 150000 To-ten gesorgt hat, gilt Bouteflika alsGarant der Stabilität. Aber auch alsMarionette von „Le Pouvoir“, „dieMacht“, womit jene gesichts- undnamenlose Clique aus Militär, Ge-heimdienst und Wirtschaftsbon-zen bezeichnet wird, die ihn 1999an die Staatsspitze verholfen hat.Mit Unterstützung der von algeri-schen Gaslieferungen abhängigenUSA hält er den islamischen Ein-fluss fern, weshalb Algerien bis-lang vom „Arabischen Frühling“verschont blieb. Das Volk dankt esihm, auch wenn das Land wirt-schaftlich auf der Stelle tritt. tws

Wolfram Weimer rechnet imInternetportal des Senders ntv(15. April) mit der Inkompetenzder EU-Außenbeauftragten Cathe-rine Ashton ab, die in der Ukrai-ne-Krise für jedermann offen-sichtlich geworden sei:

„Ashton hat die Entwicklung zu-nächst falsch eingeschätzt, dannungeschickt verhandelt, unklarund plump kommuniziert,schließlich Kompromissliniennicht erkannt und am Ende bloßnoch uralte Feindbilder geschürt.Die Krise hätte über einen diplo-matischen Deal mit Moskau längstbeigelegt sein können. Doch Ash-ton verstolpert seit Monaten jedeOption. Am Ende misstrauen ihrdie Russen, die Ukrainer und dieAmerikaner gleichermaßen.“

Der Arzt und Publizist AdorjánF. Kovács knöpft sich im Portal„Freie Welt“ (11. April) die wüten-den Kritiker des neuen Buchesvon Akif Pirinçci, „Deutschlandvon Sinnen“, vor:

„Ihr verweigert, wie immer, dieechte Diskussion, weil Ihr dasRecht und die Zukunft gepachtetzu haben glaubt. Wo Ihr seid, istangeblich Moderne und Libera-lität. Doch das stimmt nicht. Ihrseid durchschaut. Und man siehtan Euren entsetzten Reaktionen,das Ihr das gemerkt habt. Ihr seidgetroffen. Eine erste Erschütte-rung, ein leiser Zweifel rührt Euchan. Veränderung braucht Zeit.Noch habt Ihr nicht umgedacht.Aber der Wind dreht sich.“

Thomas Böhm, Betreiber desNetz-Portals „journalisten-watch.com“, nimmt sich im Maga-zin „Eigentümlich frei“ (online,15. April) ebenfalls der Reaktionenauf „Deutschland von Sinnen“ an:

„Akif Pirinçci hat das geschafft,was vielen Autoren vorher nichtgelungen ist. Er hat mit ,Deutsch-land von Sinnen‘ die Mainstream-Journalisten aus der Reserve ge-lockt und sie gleichzeitig als dasbloßgestellt, was sie sind: Hand-langer und Profiteure eines fett ge-fressenen Systems, die das wiederausspucken, was ihnen von derPolitik in den Hals gestopft oderauf den Redaktionstisch gelegtwurde.“

Axel Schrinner kritisiert im„Handelsblatt“ vom 16. April diekurzsichtige Politik der GroßenKoalition:

„Derzeit mag die Euphorie überdie starke deutsche Wirtschaftmanche ökonomische Fehlent -wicklung übertünchen. Dochschon einmal, zum Ende desWiedervereinigungsbooms, schiendie deutsche Wirtschaft ... unver-wundbar. Was schließlich folgtewar Stagnation, Massenarbeitslo-sigkeit – und Wahlschlappen fürdie Regierungen. Kurzfristig magman wider ökonomische Vernunftregieren können. Langfristig führtkein Weg an der Realität vorbei.“

David Signier kommentierte am18. April die Wahl in Algerien inder „Neuen Zürcher Zeitung“:

„Die Algerier sind immer nochtraumatisiert vom Bürgerkrieg,der hinter ihnen liegt, und einge-schüchtert vom Chaos in den um-liegenden Ländern, das sie für denFall eines abrupten Wechsels vorihrer eigenen Zukunft warnt. Al-gerien, aber auch die ganze Re-gion, muss in einem desolaten Zu-stand sein, wenn sich seine Be-wohner an einen stummen Greisim Rollstuhl klammern, weil sichoffenbar kein anderer unter den38 Millionen Algeriern findet, derden Menschen nicht Angst vorVeränderung, sondern vielmehrHoffnung auf einen Neubeginnvermitteln könnte.“

Berlin – Eine im Internet laufendePetition will erreichen, dass inganz Deutschland ab dem 1. Janu-ar kommenden Jahres fünfmaltäglich der islamische Gebetsrufdes Muezzin erschallt, „verpflich-tend für alle Städte“, so der Text.Initiator ist der deutsche Konver-tit Alexander Neß. Auch große Is-lam-Gruppen wie „Milli Görüs“unterstützen die Initiative, die be-reits Mitte April mehr als 10000Unterzeichner fand und noch biszum 26. Juni läuft. H.H.

Berlin – Soziologen der BerlinerHumboldt-Universität haben ei-nen Leitfaden für feministischeSprache veröffentlicht. Danachsollen alle „männlichen“ Endun-gen ersetzt werden. Statt „Betrei-ber“ soll es „Betreiba“ heißen,statt „Drucker“ nun „Drucka“.„Doktor“ oder „Doktorin“ sollkünftig „Doktox“, Mehrzahl „Dok-toxs“ heißen. Die Reform erinnertentfernt an Pidgin-Englisch, wodie Anrede „Dear ...“ (Lieber ...)„Dia ...“ geschrieben wird. H.H.

Der Betreibaund sein Doktox

Muezzin-Ruf soll Pflicht werden