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Leitthema J Ästhet Chir DOI 10.1007/s12631-016-0047-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 M. Weidmann 1 · M. Lettko 2 · L. Prantl 3 1 Gemeinschaftspraxis Dres. Dörzapf, Weidmann und Müller, Augsburg, Deutschland 2 Wiesbaden, Deutschland 3 Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland Injektionslipolyse Im Jahr 2003 gab sich ein bis dato lose operierendes Netzwerk zur chemischen Lipolyse eine Organisationsstruktur, die es in die Lage versetzte, die mit einem Injectable arbeitende Injektionslipolyse (IL) zu entwickeln. Und in der Tat gab es viel zu entwickeln. Als Wirkstoff setz- te man das damals rezeptfrei erhältliche Lipostabil N im Off-label-Use ein, in- dem man es subkutan in das Unterhaut- fett injizierte. In dieser stürmischen An- fangsphase gab es ernst und weniger ernst zu nehmende Warnungen vor einer An- wendung. Ernst zu nehmen war, dass we- der ein Behandlungsprotokoll noch ein erklärender Wirkmechanismus vorhan- den und deshalb Komplikationen vor- programmiert waren. Weniger ernst zu nehmen waren Horrorwarnungen, etwa dass damit Krebs ausgelöst werden kön- ne. Der österreichische Arzt Franz Ha- sengschwandtner [1012] hatte 2000 in Südamerika von dieser v. a. in Brasilien bekannten erapie erfahren. Es stellte sich heraus, dass er der ideale Multiplika- tor für einen Einsatz in Europa war: Zum einen hatte er sich während seines gan- zen Arbeitslebens mit dem ema „Fett“ beschäſtigt, zum anderen waren ihm die beiden nahezu identischen Medikamente Lipostabil N und Essentiale N seit Jahr- zehnten bestens vertraut. Er selbst hatte sie als junger Arzt in hohen Dosierungen intravenös angewandt und hatte deshalb keine Angst, das Medikament „off-label“ einzusetzen. Von 2001 bis 2003 hatte er in seiner Klinik 189 Patienten nach einem Protokoll behandelt, das er auf Grundla- ge eines intensiven Studiums der Litera- tur zu diesen Medikamenten entwickelt hatte. Damit begann eine einmalige Dy- namik, die sich bis heute fortsetzt und die dazu führte, dass IL zu einer anerkannten minimalinvasiven ästhetischen erapie für die Auflösung kleinerer Fettpolster wurde. Ziele dieses Beitrags sind die Darstel- lung des aktuellen erapiestatus, die kri- tische Bewertung der augenblicklichen Situation sowie die Information über die zukünſtigen Möglichkeiten der erapie. Wirkstoff(e) und Wirk- mechanismus Zunächst ging man davon aus, dass der eigentliche Wirkstoff des Lipostabil, das zur Prävention und Behandlung von Fett- embolien eingesetzt wurde – die Poly- enylphosphatidylcholin (PPC) genannte Molekülkombination –, auch bei der IL das Agens war. In der Injektionslösung waren noch als Lösungsmittel Desoxy- cholsäure (DOC) und als Konservator Benzylalkohol enthalten. Als erster stellte Adam Rotunda [25] von der UCLA (Uni- versity of California, Los Angeles) infra- ge, dass PPC das alleinige Agens war. Viel- mehr war seiner Ansicht nach DOC als das eigentliche Agens anzusehen. DOC ist eine aggressive Gallensäure, und des- halb gab es einige Berechtigung zu dieser Annahme. Klein et al. [17] (Regensburg) und Bechara et al. [1] (Bochum) unter- suchten in unabhängig voneinander ope- rierenden Arbeitsgruppen in enger Ko- operation mit dem Netzwerk den Wirk- mechanismus genauer. Durch In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen wurde ein- deutig belegt, dass DOC die Zellmembra- nen zerstört. Insofern ist der für die e- rapie eingeführte Begriff Injektionslipo- lyse missverständlich, eigentlich müssen wir von Lipodestruktion sprechen. Noch nicht eindeutig geklärt ist die Rolle des PPC. Innerhalb und außerhalb des Netz- werksfindetdazueinbreiterDiskursstatt. Standardprotokoll Das NETZWERK-Lipolyse wurde schnell zu einem Transmissionsriemen für die kooperative Entwicklung des Standard- protokolls, nach dem bis heute mehr als 3500 Mediziner weltweit ausgebil- det wurden und behandeln und das auch außerhalb des Netzwerks häufig eingesetzt wird, wobei einschränkend zu bemerken ist, dass Nichtmitglieder meistens lediglich das hier vorgestellte Behandlungsprotokoll anwenden. Das aktuell gültige Standardprotokoll setzt sich aus folgenden Aspekten zusam- men: 4 Injectable, 4 Patientenselektion, 4 Behandlungsprotokoll, 4 Aſter Care (Pain- und Side-Effect- Management [PSM]). Injectable Wir können hier 3 verschiedene Mög- lichkeiten aufzeigen, die bereits die aktuelle Diskussion reflektieren: Es wird entweder reine DOC, eine Kombination von PPC und DOC in purer oder aber in mit NaCl verdünnter Form (1:1) unter Beimischung eines Vitamin-B-Komple- xes eingesetzt. Letztere Variante ist als NETZWERK-Compound (NC) bekannt geworden und wird von den meisten Kollegen verwendet [13, 16]. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es mitt- lerweile viele Anbieter von PPC/DOC- Produkten auf dem Markt gibt. Hier hat das Netzwerk, das sich v. a. zum Schutz von Patienten und Ärzten organisiert hat, seine Aufgabe hervorragend erfüllt, indem es alle Produkte von einem un- abhängigen Labor untersuchen lässt und seine Mitglieder so davor bewahrt, mit Journal für Ästhetische Chirurgie

2 3 Injektionslipolyse - lettko.de · WERK-Lipolyseangeraten,aufdemviele Detailsvermitteltwerden,dieüberErfolg und Misserfolg entscheiden. Als Stan-dardprotokoll kann diein.Tab

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Leitthema

J Ästhet ChirDOI 10.1007/s12631-016-0047-2© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

M.Weidmann1 · M. Lettko2 · L. Prantl3

1 Gemeinschaftspraxis Dres. Dörzapf, Weidmann und Müller, Augsburg, Deutschland2Wiesbaden, Deutschland3Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland

Injektionslipolyse

Im Jahr 2003 gab sich ein bis dato loseoperierendes Netzwerk zur chemischenLipolyse eine Organisationsstruktur, diees in die Lage versetzte, die mit einemInjectable arbeitende Injektionslipolyse(IL) zu entwickeln. Und in der Tat gabes viel zu entwickeln. Als Wirkstoff setz-te man das damals rezeptfrei erhältlicheLipostabil N im Off-label-Use ein, in-dem man es subkutan in das Unterhaut-fett injizierte. In dieser stürmischen An-fangsphasegabes ernstundwenigerernstzu nehmende Warnungen vor einer An-wendung. Ernst zu nehmenwar, dass we-der ein Behandlungsprotokoll noch einerklärender Wirkmechanismus vorhan-den und deshalb Komplikationen vor-programmiert waren. Weniger ernst zunehmen waren Horrorwarnungen, etwadass damit Krebs ausgelöst werden kön-ne.

Der österreichische Arzt Franz Ha-sengschwandtner [10–12] hatte 2000 inSüdamerika von dieser v. a. in Brasilienbekannten Therapie erfahren. Es stelltesich heraus, dass er der idealeMultiplika-tor für einen Einsatz in Europa war: Zumeinen hatte er sich während seines gan-zen Arbeitslebens mit demThema „Fett“beschäftigt, zum anderen waren ihm diebeidennahezu identischenMedikamenteLipostabil N und Essentiale N seit Jahr-zehnten bestens vertraut. Er selbst hattesie als junger Arzt in hohenDosierungenintravenös angewandt und hatte deshalbkeine Angst, das Medikament „off-label“einzusetzen.Von2001bis 2003hatte er inseiner Klinik 189 Patienten nach einemProtokoll behandelt, das er auf Grundla-ge eines intensiven Studiums der Litera-tur zu diesen Medikamenten entwickelthatte. Damit begann eine einmalige Dy-namik, die sich bis heute fortsetzt unddiedazu führte, dass IL zu einer anerkannten

minimalinvasiven ästhetischen Therapiefür die Auflösung kleinerer Fettpolsterwurde.

Ziele dieses Beitrags sind die Darstel-lungdesaktuellenTherapiestatus,diekri-tische Bewertung der augenblicklichenSituation sowie die Information über diezukünftigenMöglichkeiten derTherapie.

Wirkstoff(e) undWirk-mechanismus

Zunächst ging man davon aus, dass dereigentliche Wirkstoff des Lipostabil, daszurPräventionundBehandlungvonFett-embolien eingesetzt wurde – die Poly-enylphosphatidylcholin (PPC) genannteMolekülkombination –, auch bei der ILdas Agens war. In der Injektionslösungwaren noch als Lösungsmittel Desoxy-cholsäure (DOC) und als KonservatorBenzylalkohol enthalten.Als erster stellteAdamRotunda [25] vonderUCLA (Uni-versity of California, Los Angeles) infra-ge,dassPPCdasalleinigeAgenswar.Viel-mehr war seiner Ansicht nach DOC alsdas eigentliche Agens anzusehen. DOCist eine aggressive Gallensäure, und des-halb gab es einige Berechtigung zu dieserAnnahme. Klein et al. [17] (Regensburg)und Bechara et al. [1] (Bochum) unter-suchten in unabhängig voneinander ope-rierenden Arbeitsgruppen in enger Ko-operation mit dem Netzwerk den Wirk-mechanismus genauer. Durch In-vitro-und In-vivo-Untersuchungenwurde ein-deutigbelegt, dassDOCdieZellmembra-nen zerstört. Insofern ist der für dieThe-rapie eingeführte Begriff Injektionslipo-lyse missverständlich, eigentlich müssenwir von Lipodestruktion sprechen. Nochnicht eindeutig geklärt ist die Rolle desPPC. Innerhalb und außerhalb des Netz-werksfindetdazueinbreiterDiskursstatt.

Standardprotokoll

DasNETZWERK-Lipolysewurdeschnellzu einem Transmissionsriemen für diekooperative Entwicklung des Standard-protokolls, nach dem bis heute mehrals 3500 Mediziner weltweit ausgebil-det wurden und behandeln und dasauch außerhalb des Netzwerks häufigeingesetzt wird, wobei einschränkendzu bemerken ist, dass Nichtmitgliedermeistens lediglich das hier vorgestellteBehandlungsprotokoll anwenden.

Das aktuell gültige Standardprotokollsetzt sich aus folgendenAspekten zusam-men:4 Injectable,4 Patientenselektion,4 Behandlungsprotokoll,4 After Care (Pain- und Side-Effect-

Management [PSM]).

Injectable

Wir können hier 3 verschiedene Mög-lichkeiten aufzeigen, die bereits dieaktuelle Diskussion reflektieren: Es wirdentweder reine DOC, eine Kombinationvon PPC und DOC in purer oder aber inmit NaCl verdünnter Form (1:1) unterBeimischung eines Vitamin-B-Komple-xes eingesetzt. Letztere Variante ist alsNETZWERK-Compound (NC) bekanntgeworden und wird von den meistenKollegen verwendet [13, 16]. Es solltenicht unerwähnt bleiben, dass es mitt-lerweile viele Anbieter von PPC/DOC-Produkten auf dem Markt gibt. Hier hatdas Netzwerk, das sich v. a. zum Schutzvon Patienten und Ärzten organisierthat, seine Aufgabe hervorragend erfüllt,indem es alle Produkte von einem un-abhängigen Labor untersuchen lässt undseine Mitglieder so davor bewahrt, mit

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Abb. 19 Behandlungsre-gion „Reiterhosen“. a Vorder Behandlung.bNach5 Behandlungen. Patientineigentlich besser geeignetfür Liposuktion,wünsch-te keine Operation. (Be-handler und Foto: Dr.Ma-rechal; ©NETZWERK-Lipo-lyse/lichtblick GmbH,mitfreundl. Genehmigung)

Tab. 1 Standardprotokoll NETZWERK-Lipolyse

Maximaldosis je Behandlung 100ml NETZWERK-Compound (2500mgPPC, 1250mg DOC)

Maximaldosis je Injektion 0,5 ml Compound

Abstand der Injektionspunkte 1,5 cm

Injektionstiefe Gesicht 4–6 mm, Körper 10–12 mm

Behandlungsintervall 8 Wochen

PPC Polyenylphosphatidylcholin, DOC Desoxycholsäure

teilweise toxischen oder unwirksamenLösungen zu arbeiten. Empfohlen wirddieVerwendungeinerdurcheinemitent-sprechendem technischem Equipmentausgestattete Apotheke herzustellendeMagistraliterrezeptur, die alle gesetzli-chen Rahmenbedingungen zur legalenAnwendung erfüllt.

Patientenselektion

Es hat sich herausgestellt, dass die Be-handlungsergebnisse sich statistisch mitzunehmender Erfahrung signifikant ver-bessern. Es sollte deshalb davon ausge-gangenwerden, dass eine gute, auf Erfah-rung basierende Patientenselektion ur-sächlich dafür verantwortlich zeichnet.

» Durch Injektionslipolysesind kleinere Fettdepots gutbehandelbar

Grundsätzlich ist die Frage entscheidend,welche Konsistenz das zu behandelndeFettgewebe auszeichnet: Ist es weichesFett oder hat es einen höheren Bindege-websanteil, der das Areal fester erschei-nen lässt? Es leuchtet ein, dass sich wei-chesFettbesserauflöst alsKompartimen-te, die stark mit Bindegewebe durchsetzt

sind.Weitere Kriterien der Patientenaus-wahl sind die Größe der Fettdepots sowiedie Region, in der behandelt werden soll.Zur Definition gehört, dass durch IL nurkleinere Fettdepots gut behandelbar sind.

Größere Depots sollten im Normal-fall operativ durch Liposuktion entferntwerden. Zwar können auch größere Fett-depots erfolgreich behandelt werden,allerdings ist dies nur dann empfeh-lenswert, wenn der Patient – wie heutemanchmal vorkommend – einen opera-tiven Eingriff aus ästhetischen Gründenstrikt ablehnt. Diese Einschränkung istdeshalb auszusprechen, weil für grö-ßere Depots statt der normal üblichen2 bis 3 Behandlungen 5 bis 8 Sitzun-gen notwendig sind. Damit sind solcheBehandlungen aus Kosten- (pro Sit-zung bis zu 500 €) und Zeitgründen(Behandlungsintervall zwischen 2 Sit-zungen ist 8 Wochen!) eigentlich nur imoben genannten Fall sinnvoll, obwohldie Ergebnisse gut sind (. Abb. 1).

Die Frage nach den Behandlungsre-gionen stellt sich durch neuere Erkennt-nisse der Fettzellforschung [18, 19]. Ur-sprünglich ist man davon ausgegangen,dass die Region zweitrangig ist. Insbe-sondere die berichtete Entdeckung un-terschiedlicher Adipozytentypen mit je-weils typspezifischemVerhalten gibt den

IL-Anwendern neue Fragen auf, die es zubeantworten gilt.

Weitere Selektionskriterien könnenwie folgt benannt werden: Will der Pa-tient eine schnelle (Liposuktion) oderlangsame und deshalb weniger sichtba-re (IL) Konturveränderung haben? Alsprioritär hat sich die Lipombehandlunginsbesondere von Patienten mit mul-tipler Lipomatosis herausgestellt. DieserGruppe kann die früher übliche Exzisionwegen der anhängigen Narbenbildungnicht zugemutet werden, obwohl Lipo-me nur bis auf etwa 20% ihrer Größereduziert werden können.

Adipositaspatienten (ab BMI 30) sindkontraindiziert. Als weitere Kontraindi-kationen können hier benannt werden:KinderundJugendliche,SchwangereundStillende,DiabetikermitMikro-undMa-kroangiopathien, entzündliche Bindege-webserkrankungen, einige Autoimmun-erkrankungen (nicht gemeint rheumati-sche Erkrankungenund StrumitisHashi-moto), schwere Lebererkrankungen, be-kannte Allergie gegen einen der verwen-deten Inhaltsstoffe (Sojaallergiker dür-fen behandelt werden!) sowie Allergikermit MCS-Syndrom (Multiple ChemicalSensitivity). Nur bedingt und mit be-sonderer Vorsicht behandelbar sind Pa-tienten mit Nierenerkrankungen, Lipo-dystrophie, StörungenderBlutgerinnungsowie akuten und chronischen Infekti-onskrankheiten.

Behandlungsprotokoll

Vorab sollte erwähnt werden, dass dieKenntnis des Protokolls allein nicht aus-reicht, um gute Ergebnisse zu erzielen.Therapieeinsteigern sei in jedem Fall daseintägige Hands-on-Training desNETZ-

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WERK-Lipolyse angeraten, aufdemvieleDetails vermitteltwerden, die überErfolgund Misserfolg entscheiden. Als Stan-dardprotokoll kann die in . Tab. 1 dar-gestellte Vorgehensweise angesehen wer-den.

After Care

Als bedeutsam für den Behandlungser-folg sowie die Patientenakzeptanz hatsich die Einführung des PSM genann-ten After-Care-Verfahrens 2012 gezeigt:Mit einem 1-MHz-Ultraschall wird einlinderndes und kühlendes Gel einmas-siert, das sowohl eine bessere Verteilungdes Injectables als auch eine Verringe-rung des Behandlungsschmerzes sowieder einhergehenden Schwellungen be-wirkt. Zusätzlich wird Degozym™, einvon den Mitgliedern entwickeltes Prä-parat mit den Enzymen Bromelain undPapain eine Woche oral gegeben, um dieAbschwellung sowie die Abheilung vonHämatomen zu beschleunigen und dieauftretendenSchmerzenderersten3Tagezu reduzieren.Nach einer neueren Studie[27] lässt sich alternativ oder ergänzendzum 1-MHz-Ultraschall auch der dualfrequente Ultraschall (LDM) einsetzen.DieserbewirktnebenderSchmerzreduk-tionzusätzlicheine65 %igeVerbesserungderBehandlungsergebnisse beimehrma-ligerAnwendung imAnschluss andie IL-Behandlung.

» Es sollte besondere Sorgfaltauf eine umfassende Aufklärungverwendet werden

Abschließend kann zum Standardpro-tokoll noch ergänzt werden, dass wegendes Einsatzes einer Magistraliterrezep-tur eine besondere Sorgfalt auf eineumfassende Aufklärung verwendet wer-den sollte, insbesondere auch deshalb,weil es sich um keine medizinisch not-wendige Indikation handelt. Juristischgeprüfte Aufklärungsformulare sindfür die NETZWERK-Mitglieder in denwichtigsten Sprachen frei verfügbar.

Zusammenfassung · Abstract

J Ästhet Chir DOI 10.1007/s12631-016-0047-2© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

M.Weidmann · M. Lettko · L. Prantl

Injektionslipolyse

ZusammenfassungDie Injektionslipolyse ist ein minimalinvasivesästhetisches Verfahren zur Reduktionkleinerer Fettpolster des Gesichts undKörpers. Wird nach dem hier dargestelltenaktuellen Standardprotokoll des NETZWERK-Lipolyse behandelt, ist das Risiko schwerererKomplikationen als gering zu bezeichnen.Der Lipolyse Report 2015 mit statistischenDaten einer Befragung der Mitgliederdes NETZWERK-Lipolyse, der in dieserPublikation erstmalig veröffentlicht wird,zeigt ein geringes Risikoprofil und eine hohePatientenzufriedenheitmit den Behandlungs-ergebnissen. Der Beitrag beschäftigt sichauch mit der aktuellen Diskussion, die vonder Zulassung des Medikamentes Kybella™ inden USA zur Behandlung des Doppelkinnsausgelöst wurde. AlleinigerWirkstoff ist dabeiDesoxycholsäure. Die Frage ist, ob undwarum

das im NETZWERK-Compound enthaltenePolyenylphosphatidylcholin weiterhin alszweiter Wirkstoff enthalten sein sollte oderüberflüssig ist. Einige Studien aus anderenwissenschaftlichen Zusammenhängensprechen dafür, dass die Kombinationdazu führt, dass höhere Dosierungen unddamit größere Regionen behandelbar sind.Abschließend wird der Frage nachgegangen,welche Entwicklung die Injektionslipolysezukünftig nehmen wird. Insbesonderedie Verfeinerung der Gesichtsbehandlungund die Verbesserung des Umgangs mitNonrespondern durch ein abgewandeltesBehandlungsprotokoll werden diskutiert.

SchlüsselwörterLipodestruktion · Desoxycholsäure ·Phosphatidylcholin · Adipozytolyse · Gesicht

Injection lipolysis

AbstractInjection lipolysis can be described as aminimally invasive aesthetic treatmentprocedure to reduce small fat pads in theface and body. The risk of severe side effectsis low when the treatment is administeredaccording to the current treatment protocolof the NETWORK-Lipolysis. The LipolysisReport 2015, which includes statistical datafrom a questionnaire among the membersof the NETWORK-Lipolysis and published inthis article for the first time, showed a verylow risk profile and a high level of patientsatisfaction. This article also reports on thecurrent discussion initiated by the approvalof Kybella™ in the USA for the treatment ofdouble chins. The active agent in Kybella™ isdeoxycholic acid. The question arises whether

and if so why the polyenylphosphatidylcho-line in the NETWORK Compound should stillbe included as a second active componentor whether it is superfluous. Some scientificstudies published in other contexts contributearguments on why the combination leads tohigher dosages and therefore larger areascan be treated. Finally, the question of thefuture development of injection lipolysis isdiscussed, especially the changes in facialtreatment to a more refined technique andthe treatment of so-called non-responders byan adjusted protocol.

KeywordsLipodissolve · Deoxycholic acid · Phosphati-dylcholine · Adipocytolysis · Face

Sicherheit und Therapieerfolg –Lipolyse Report 2015

ZurSicherheit undWirksamkeit derThe-rapie wurden seit 2005 mehrere statisti-scheErhebungen[7, 14, 23]durchgeführtund veröffentlicht. Die Gelegenheit die-ser Publikation soll genutzt werden, dieneuesteBefragunghier erstmals zuveröf-fentlichen,denLipolyseReport2015.DerFragebogen wurde bis heute von 71 Mit-gliedern beantwortet.

Die Teilnehmer der Befragung habeneinen guten Erfahrungshorizont: 56%üben die IL mehr als 5 Jahre aus, mehrals 2 Jahre Erfahrung hatten insgesamt88% der Befragten. Insofern kann davonausgegangen werden, dass die Antwor-ten einen sehr guten Erfahrungshorizontmit einbeziehen.

Von diesen 71 Teilnehmern (ca.4 % der Netzwerk Mitglieder) wurden29.889 Patienten behandelt, d. h., durch-schnittlichhat jederTeilnehmer420Pati-

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Leitthema

Abb. 28Umfrageergebnis: Beurteilung der Eignungbestimmter Regionen imGesicht. aBesondersgut geeignet.bWeniger gut geeignet. Das Ergebnis der Befragungbestätigt nochmals die große Be-deutungderDoppelkinnBehandlung, diemit keinemanderenVerfahren sogut durchführbar ist –bisauf die bis zu einerWoche andauernden Schwellungen. (©NETZWERK-Lipolyse/lichtblickGmbH,mitfreundl. Genehmigung)

enten behandelt. Es dürfte bekannt sein,dass für eine IL-Therapie in den meis-ten Fällen mehrere Behandlungen biszum Endergebnis notwendig sind. Überalle Regionen hinweg wurde eine Zahlvon durchschnittlich 2,5 Behandlungenje Patient durchgeführt. Damit kanndurch diese statistische Analyse eineGesamtzahl von abgerundet 74.700 Be-handlungssitzungen überblickt werden.Dies ist die größte jemals statistischerfasste Zahl von IL-Behandlungen.

Regionen

Welche Regionen des Gesichts und Kör-pers halten die Mitglieder für besondersgut, welche für weniger gut geeignet füreine Lipolyse? Die Ergebnisse der Um-frage sind in . Abb. 2 und 3 dargestellt.Zur Verteilung der Prioritäten seien al-lerdings 2 Kommentare, die auf eigenenErfahrungen gründen, angemerkt:4 Die Bedeutung der Behandlung

der Nasolabialwulst vor einer Be-

handlung mit Fillern wird von unsals optimale Behandlungsstrategieangesehen. Es ist uns nicht ganzersichtlich, warum sie bei den Be-fragten eine so geringe Akzeptanzgenießt.

4 Die sehr starke Dominanz der Abdo-menbehandlung bei den Körperre-gionen hat uns zwar nicht überrascht,weil eben auch sehr viele Patientendiese Region nachfragen. Allerdingsfokussieren wir uns selbst mehr aufkleinere Behandlungsregionen, beidenen wir schneller gute Ergebnisseerzielen können wie die Hüften oderdie Rückenwülste.

Komplikationen

Wie in. Abb. 4 ersichtlich, liegt die Zahlder Komplikationen im sehr niedrigenPromillebereich.Vondenhieraufgeführ-ten Komplikationen sind insbesondere 2zu beachten, die Abszesse undNekrosen,denn sie sind nur bedingt reversibel. Zu-

nächst soll jedochaufdie anderenberich-teten Komplikationen eingegangen wer-den: „Spätallergien“ wurden relativ häu-fig berichtet. Die Ursache konnte nochnicht genau benannt werden. Es ist zuvermuten, dass im Fettgewebe eingela-gerte Stoffe die etwa 1 bis 2 Wochennach der Behandlung auftretende Reak-tion, die sich in Rötung und Schwellungin der behandelten Region manifestiert,verursachen. Bislang konnten alle Reak-tionen dieser Art mit einem vorgegebe-nen Behandlungsregime gut therapiertwerden.

Auch die bei dunklen Hauttypen auf-tretenden Hyperpigmentierungen ver-schwinden nach 3 bis 6 Monaten wieder.Knoten sind tief liegende Hämatome,die durch zu tiefe Injektionen verursachtwerden. Auch diese reduzieren sich in-nerhalb von 3 bis 6 Monaten bis aufnull. Dellen werden dadurch verursacht,dass die vorgegebenen Injektionsabstän-de von 1,5 cm nicht eingehalten werdenund/oder nach der Injektion das Com-pound nicht genügend durch Massageverteilt wird. Mikrozirkulationsstörun-gen sind in der Regel bereits vorhandenund nicht durch IL verursacht, sie fallensomit unter die Rubrik Patientenselekti-on.

» Die Zahl der Komplikationenliegt im sehr niedrigenPromillebereich

Daneben gibt es auch nur teilweise re-versible Komplikationen. Zwar könnenAbszesse bei jeder Injektion auftreten, inunserem Fall jedoch sollte darauf hinge-wiesen werden, dass wir bei Maximaldo-sierung immerhin200 Injektionen setzenund somit die Gefahr erhöht wird. Inso-fern ist eine genaue Einhaltung der Steri-lität wichtig. Ein Hauptgrund kann auchdarin bestehen, dass die Patienten nachder Behandlung keine frisch gewascheneKleidung anziehen, wie wir anraten.

Nekrosen kommen nach dieser Sta-tistik bei jedem 10.000sten Patientenoder jeder 25.000sten Behandlung vor.Die Ursachen wurden vomNetzwerk ge-nauestens untersucht, denn jede Nekroseist eine zu viel. Als Hauptursache kanndie Verringerung der Mikrozirkulation

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Abb. 38Umfrageergebnis: Beurteilungder Eignungbestimmter Regionendes Körpers.aBesondersgut geeignet.bWeniger gut geeignet. Injektions-Lipolyse ist einsetzbar für sehr viele verschiedeneKörperregionen. Die anatomische Lage der Areale ist jüngeren Forschungen nachentgegen frühererAnnahmenwohl doch bedeutsam,was die Effektivität der IL betrifft. Regionen unterhalb des Knieslassensichnichtodernursehrschwerbehandeln.(©NETZWERK-Lipolyse/lichtblickGmbH,mitfreundl.Genehmigung)

Abb. 48Umfrageergebnis: festgestellte Komplikationen nach der Behandlung (langanhaltendeoder dauerhafte Hautschäden). (©NETZWERK-Lipolyse/lichtblick GmbH,mit freundl. Genehmigung)

im behandelten und nach der Behand-lung angeschwollenen Areal angesehenwerden: etwa Patienten, die stundenlan-ge Autofahrten nach der Behandlungunternehmen oder Kompressionsmie-der anziehen. Selbst enge Jeans könnenbereits eine Drucknekrose auslösen. Die

Mikrozirkulation kann beispielsweiseauch durch eine vorher durchgeführteLiposuktionmit einhergehender Vernar-bung verringert werden. Dabei kann ILsehr gut zur Korrektur von kleinenArea-len post Liposuktion eingesetzt werden.Eine weitere Ursache ist in mechani-

scher Beanspruchung des behandeltenGewebes zu sehen, etwa wenn nacheiner Oberschenkelbehandlung in Rad-fahrerhosen im anschließenden Urlaublängere Wanderungen unternommenwerden oder der Patient anschließenddas Fitnessstudio aufsucht. Nekrosensind ursächlich immer mit entweder un-genügender Patientenaufklärung oderUnvernunft seitens des Patienten asso-ziierbar. Die . Abb. 5 zeigt, wie erfah-rungsgemäß Komplikationen am bestenzu vermeiden sind.

Ergebnisse und Patienten-zufriedenheit

Die . Abb. 6 zeigt, dass mit dem aktuel-len, modifizierten Behandlungsprotokolldie Zufriedenheit sehr hoch ist. Zehn(Gesicht) und 15 (Körper) Prozent derbehandelten Patienten sind unzufrieden.Diese Zahlen korrespondieren auch miteigenen Erfahrungen. Zwar werden die-se Patienten als Nonresponder bezeich-net, weil das Behandlungsergebnis nichtder durchschnittlichen Erwartung ent-spricht, ein Nonresponding kann es abereigentlichbei dieser chemischverursach-ten Lipodestruktion nicht geben.

Injektionslipolyse morgen

Die Frage, wohin sich die IL in Zukunftentwickeln wird, ist abhängig von zahl-reichen Variablen und Playern, die denästhetischen Markt betreten und wiederverlassen. Nicht zuletzt ist ihre Zukunftauch von den NETZWERK-Aktivitätenselbst abhängig. Eine Rolle wird auchspielen, wohin sich die ästhetische Me-dizin insgesamt entwickeln wird.

Thema 1: Wohin entwickelt sichdie Ästhetik?

Wir können an einem sich ändern-den Patientenverhalten absehen, dasszunehmend eine ganzheitliche, scho-nende und umfassende Antwort aufästhetische Herausforderungen des Al-terungsprozesses gewünscht wird, diealle Aspekte altersbedingter Verände-rungen mit einschließt, also den Aufbauund die Reduktion von Volumen, dieBehandlung mimischer und nichtmi-

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Leitthema

Abb. 59Umfrageergeb-nis: Strategien zur Kom-plikationsvermeidung.(©NETZWERK-Lipoly-se/lichtblick GmbH,mitfreundl. Genehmigung)

Abb. 68UmfrageergebnisPatientenzufriedenheit.aNachBehandlungdesGesichts.bNachBehand-lung des Körpers. (©NETZWERK-Lipolyse/lichtblick GmbH,mit freundl. Genehmigung)

mischer Falten sowie die Verbesserungdes Hautstatus [2, 3]. Betrachtet mandie Veränderungen durch die Alterung,kann IL eine überzeugende Antwortgeben auf das Absinken der Fettkom-partimente im Gesicht sowie auf diealtersbedingte Zunahme des Fettanteilsin kleinerem Umfang, der häufig Re-sistenz gegenüber Lebensstiländerungenwie Ernährungsumstellung und Sportzeigt. Die jüngste von Prime [24] 2015veröffentlichte Statistik zum Anstieg vonPatientenanfragen zeigt, dass das Inte-resse bei Patienten nach wie vor groß istund sich in dynamischer Entwicklungnach oben befindet.

Thema 2: Zulassung von Kybella™in den USA

Die aktuelle Diskussion wird angeregtdurch die Zulassung von KybellaTM, ei-nem Medikament zur Behandlung desDoppelkinns in den USA. Diese Zulas-sung war immerhin auch ökonomisch sointeressant, dassAllergandie Fa.Kythera,die die Zulassung 2015 erreichte, mitt-lerweile für 2,1 Mrd. US-Dollar über-nommen hat. Wirkstoff von KybellaTMist DOC (!). Innerhalb und außerhalbdes Netzwerks wird die Frage aufgewor-fen [8, 15], inwieweit der Wirkstoff PPCweitergehende Effekte aufweist oder aberob DOC als alleiniger Wirkstoff nichtausreicht, wenn doch durch sie nach-gewiesenermaßen die Zellmembran derAdipozyten zerstört wird. Innerhalb desNetzwerks wird die Position vertreten,

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Abb. 79Modellierung„Hängebäckchen“. a VorBehandlung.bNach Be-handlung. (Behandler undFoto:Dr.Müller-Steinmann;©NETZWERK-Lipoly-se/lichtblick GmbH,mitfreundl. Genehmigung)

Abb. 89ModellierungNasolabialwulst (rot einge-kreist). a Vor Behandlung.bNach Behandlung. (Be-handler und Foto: Dr.Mül-ler-Steinmann;©NETZ-WERK-Lipolyse/lichtblickGmbH,mit freundl. Geneh-migung)

dass eine Zulassung zwar zu begrüßenist, jedoch sprechen einige eigene sowiepublizierte Studien dafür, das PPC alszweiten Wirkstoff im Injectable zu be-lassen. Hauptfrage ist dabei, was mit denzerstörten Fettzellen anschließend pas-siert und inwieweit PPC die Metaboli-sierung des freigesetzten Fetts und da-mit auch die Resultate verbessert. Eineweitere Fragestellung ist die Reduktionder Toxizität der DOC durch PPC, denndie Maximaldosierung von 100 mg beiKybellaTM weicht doch erheblich ab vonderMaximaldosis von1250mgbeimNC.

Zur Wirkung des PPC, einer beson-derenMolekülkombination, gibt es zahl-reiche Untersuchungen und Studien. Essollte einer anderen Publikation vorbe-halten sein, sich ausschließlich auf diesesThemazukonzentrieren.Dennochsollenhier bereits einige Ergebnisse dargestelltwerden.

Grundsätzlich kann davon ausge-gangen werden, dass jeder geförderteFettabbauprozess nach denselben Me-chanismen verläuft, sei er z. B. durch Er-nährungsumstellung, Lipolyse oder wiein unserem Fall durch Lipodestruktioninitiiert. Am Abbauprozess freigesetz-ter Fette sind Lipasen beteiligt, so dieLipoproteinlipase (LPL), aber auch Lipo-

proteineundhier insbesondere dasHDL,das die Fette zur Verstoffwechselung indie Leber abtransportieren kann. In derLeber sorgen ebenfalls Enzyme wie diehepatischen Triglyzerid- und Phospholi-pasen für einenweiterenAbbauderFette.Die freigesetztenFettsäurenwerdendannin denMitochondrien unter Gewinnungenergiereicher Moleküle (Adenosintri-phosphat/ATP) oxidiert. Wie erfolgreichdieser Prozess abläuft, hängt unter an-derem davon ab, wie viel freigesetztesFett zusätzlich zu dem mit der Nahrungaufgenommenen in den Blutkreislaufund von dort in die Leber gelangt. Sindgrößere Mengen vorhanden oder frei-gesetzt, können die Funktionalität derLipasen und der Transport in die Leberzur Verstoffwechselung durch Über-lastung erheblich gestört werden. Hierhaben die essenziellen Phospholipide desPPC ihre therapeutische Wirksamkeitvielfach bewiesen. PPC beeinflusst denoben beschriebenen Prozess auf allenEbenen maßgeblich positiv [4, 5, 9, 26,28].

Auch die die Toxizität von DOC re-duzierende Wirkung konnte durch ei-nige Studien [6, 17, 22] nachgewiesenwerden. Insofern ist die erheblich abwei-chende Maximaldosis von Kybella™ und

vomNETZWERK-Compoundzuverste-hen.

Inwieweit PPC mit einem anderenWirkmechanismus, dem apoptotischenPathway, assoziiert werden kann, musshier noch mit einem Fragezeichen ver-sehen werden, denn es wurde zu diesembislang nur eine Studie [20] in Zusam-menhang mit Lipolyse veröffentlicht.

Thema 3: Welche Möglichkeitengibt es, Nonresponder dennocherfolgreich zu behandeln?

Wie bereits dargestellt, verlaufen statis-tisch gesehen 10% der Gesichtsbehand-lungen und 15% der Körperbehandlun-gen nicht zufriedenstellend. Das NETZ-WERK hat einige überzeugende Instruk-tionen zur Behandlung dieser Patienten-gruppeerarbeitet, die sichdefinieren lässtals Patientengruppe, die nach der erstenBehandlung keine oder nur ganz geringeVerbesserungen der Größe ihrer Fettde-pots aufweist. Für diese Patientengruppeschlagenwir als neueBehandlungsstrate-gie eineVeränderungdes Standardproto-kolls in der zweiten Behandlung vor, dieje nach konkretem Befund in Dosiser-höhung, Konzentrationserhöhung oder

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Leitthema

Abb. 99Doppelkinn,behandeltmit stärke-rer Konzentration. a VorBehandlung.bNach Be-handlung. (Behandler undFoto: Dr. Hasengschwandt-ner; ©NETZWERK-Lipo-lyse/lichtblick GmbH,mitfreundl. Genehmigung)

Abb. 108 BehandlungmitLipolyse,BotulinumToxinA (BTX),FillerundMesotherapie.aVorderBehandlung.bNachBehand-lungmit Injektions-Lipolyse.cNachBehandlungmitBTX,FillerundMesotherapie. (BehandlerundFoto:Dr.Hasengschwandt-ner; ©NETZWERK-Lipolyse/lichtblick GmbH,mit freundl. Genehmigung)

gleichzeitiger Injektion in 2 verschiede-ne Tiefen bestehen kann.

Thema 4: Verfeinerung derGesichtsbehandlung

Seit Anfang 2015 hat es eine Diskus-sion über die Frage gegeben, inwieweitbei Gesichtsbehandlungen das Standard-protokoll stärker zu variieren ist [21].Hintergrund ist, dass es sich bei abge-sunkenen Fettkompartimenten oft umKleinstdepots handelt, deren vollständi-ge Entfernung nicht immer wünschens-wert ist. Damit ist nicht ein umfangrei-ches Doppelkinn gemeint, sondern eherdie Regionen des Nasolabialwulstes oderder Hängebäckchen. Eine geringere Do-sis je Injektion, gepaart mit einer Ver-ringerung des Injektionsabstands, kannhier zu einer besseren Zielfokussierungdes anzustrebenden Ergebnisses führen

und zusätzlich noch die Schwellungenverringern, was gerade im Gesicht vonvielen Patienten besser akzeptiert wird,obwohl sie dann evtl. 1 oder 2 Behand-lungen mehr in Kauf nehmen müssen.MankönntediesesVorgehenauchalswegvon der Behandlung und hin zur Model-lierung bezeichnen (. Abb. 7 und 8).

Bei richtig großenFettansammlungenwie beispielsweise einem voluminösenDoppelkinn kann im Gegensatz zur Do-sisreduktion auchmanchmal eine Dosis-erhöhung oder Konzentrationserhöhungsinnvoll werden (. Abb. 9).

Thema 5: Neue Wirkstoffe

Der Einsatz eines aggressiv wirkenden,toxischen Wirkstoffs wie der DOC kanndurchaus auch kritisch betrachtet wer-den. Zwar ist das aktuelle RisikoprofilderPPC/DOC-Kombination–behandelt

man nach dem Standardprotokoll –, wiedargestellt, als sehr gut einzuschätzen,dennoch gibt es wegen der auftretendenNebenwirkungen durchaus Berechti-gung zur Forschung nach alternativenWirkstoffen (Schwellungen und Schmer-zen). Zwei Firmen in den USA forschenzu solchen Alternativen, allerdings erstimAnfangsstadium. Etwasweiter ist eineneue Wirkstoffkombination von einemnanotechnologisch modifizierten PPCund Glycyrrhizinsäure (ohne DOC!),die vom Netzwerk in Kooperation mitdem Institut für biomedizinische Che-mie, Moskau, entwickelt wurde und diebereits patentiert ist. Erste Untersuchun-gen zu diesem neuen Wirkstoff wurdenvon einer Arbeitsgruppe der UniversitätRegensburg bereits durchgeführt undwarten auf ihre Publikation. Allerdingsist auch bei diesem neuen Präparat we-gen des Fehlens der notwendigen Phase-

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1- bis -3-Studien für die Lipolyse nichtmit einer kurzfristigen Zulassung zurechnen.

Diskussion

Seit 2004 das Standardprotokoll für dieIL eingeführt wurde, hat die Koopera-tion von vielen Kollegen zu einer fort-schreitenden Verbesserung und Anpas-sung des Protokolls geführt. Die damiteinhergehendekontinuierlicheVerbesse-rung der Behandlungsergebnisse sowiedie Verringerung der auftretenden Ne-benwirkungen haben zu einer guten Ak-zeptanz bei behandelnden Ärzten undPatienten geführt. Die Patientennachfra-ge ist seitdem ständig gestiegen. Seit derIntegration ineinganzheitlichesBehand-lungskonzept, dasmit demBegriff „NeueKompositorische Ästhetik“ eine sowohlphilosophisch-ethische Neuorientierungverknüpft als auch eine klare Definitionder Bedeutung minimalinvasiver Thera-pien, wird die IL immer mehr zu einemwichtigen Baustein bei der altersbeding-ten Gesichtsbehandlung (. Abb. 10).

Sind wir damit am Ende eines elabo-rierten Protokolls angelangt oder bietensich weitere Entwicklungsmöglichkeitenin der Zukunft? Die chemisch beding-te IL hat zweifelsohne – auch weil kei-ne hohen Anschaffungskosten notwen-dig sind – weiteres Entwicklungspoten-zial, und die Lust auf kreative Weiter-entwicklung bei den ärztlichen Kollegeninnerhalb und außerhalb des Netzwerksscheint bei diesemThema ungebrochen,sodass wir mit weiteren Innovationen inder Zukunft durchaus rechnen können.Diese sollten in folgendenMöglichkeitengesucht werden:4 Kleinste Fettdepots wie im Ge-

sicht können sehr gut weiterhin einSchwerpunkt der IL sein.

4 Die IL als Singulärtherapie ist ge-geben, wenn Nebenwirkungen undDosierung die Behandlung größe-rer Regionen möglich machen unddies zur Zulassung von neuen Me-dikamenten führt, die – dies ist dieMinimalforderung – wenigstens ausder Kombination der WirkstoffeDOC und PPC bestehen.

4 Korrekturbehandlungen bei Lipo-suktionen haben und werden auchzukünftig eine Rolle spielen.

4 Indikationen, die durch andereTherapien nur bedingt behandelbarsind wie Lipome, sollten allgemeinals Option akzeptiert werden.

4 Ebenso kommen Kombinationsthe-rapien wie PPC/DOC undUltraschallinfrage.

4 Auch Kombinationstherapien mitKryolipolyse oder SculpSure® sindmöglich.

4 Ergänzende intravenöse Infusionenmit PPC zur Unterstützung derStoffwechselprozesse in Blut undLeber einschließlich Mitochondrienerscheinen bei höheren Dosierungenvernünftig.

Fazit für die Praxis

4 Die Injektionslipolyse ist ein mini-malinvasives ästhetisches Verfahrenzur Reduktion kleinerer Fettpolsterdes Gesichts und Körpers.

4 Die Patientenzufriedenheit ist hoch.4 Wird nach dem aktuellen Standard-

protokoll des NETZWERK-Lipolysebehandelt, ist das Risiko schwerererKomplikationen gering.

4 Die Kombination aus Desoxycholsäu-re und Polyenylphosphatidylcholinführt dazu, dass höhere Dosierun-gen und damit größere Regionenbehandelbar sind.

Korrespondenzadresse

Dr. M. WeidmannGemeinschaftspraxis Dres.Dörzapf, Weidmann undMüllerWilly-Brandt-Platz 3a,86153 Augsburg,[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. M.Weidmann,M. LettkoundL. Prantl sindMitglieder des ärztlichen Therapienetz-werksNETZWERK-Lipolyse, FrauDr. Lettko istmedi-zinischeDirektorin desNETZWERK-Lipolyse. Keinefinanziellen Interessen sind involviert.

Dieser Beitragbeinhaltet keine vondenAutorendurchgeführten Studien anMenschenoder Tieren. Al-le Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitigeAngaben innerhalbdesManuskripts zu identifizie-ren sind, habenhierzu ihre schriftliche Einwilligunggegeben.

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