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( kýý (O-e-L,. - (Cý ýý ; V-,. i ý--, Der weite Blick des Historikers Einsichten in Kultur-, Landes- und Stadtgeschichte Peter Johanek zum 65. Geburtstag herausgegeben von Wilfried Ehbrecht, Angelika Lampen, Franz Joseph Post und Mechthild Siekmann Redaktion: Institut für vergleichende Städtegeschichte 00 aA09785 Sonderdruck im Buchhandel nicht erhältlich 2002 2.0- le'a 016 - Böhlau Verlag Köln Weimar Wien

2.0- Der weite Blick des Historikers le'a 016t, · Einsichten in Kultur-, Landes- und Stadtgeschichte Peter Johanek zum 65. Geburtstag herausgegeben von Wilfried Ehbrecht, Angelika

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( kýý (O-e-L,. - (Cý ýý ; V-,. i ý--,

Der weite Blick des Historikers Einsichten in Kultur-, Landes- und Stadtgeschichte

Peter Johanek zum 65. Geburtstag

herausgegeben von

Wilfried Ehbrecht, Angelika Lampen, Franz Joseph Post und Mechthild Siekmann

Redaktion:

Institut für vergleichende Städtegeschichte

00 aA09785 Sonderdruck

im Buchhandel nicht erhältlich

2002

2.0-

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Böhlau Verlag Köln Weimar Wien

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JÜRGEN PETERSOHN

... ad urbem regiam venire disposuerit

Zum Romzugsaufruf Papst Eugens III. vom Januar i 15 2

Zur Geschichte der Kaiserpläne König Konrads III. gehört ein Brief Papst Eugens III., der wegen seines singulären Inhalts unter die

�Acta pontificum Romanorum" der Abteilung

�Constitutiones" der Monumenta Germaniae Historica aufgenommen zu

werden verdient hätte, angesichts dieses Versäumnisses indes von der Forschung weithin übersehen wurde: der Romzugsaufruf Papst Eugens III. an die Erzbischöfe, Bischöfe, Grafen und Barone in Deutschland vom Januar 1152 UL 9541)'. Die Bedeu- tung dieses Schreibens für die staufische Kanzlei- und Ideengeschichte hat als erster Rainer Maria Herkenrath erkannt, als ihm der Nachweis gelang, daß das vieldisku- tierte Bekenntnis zum harmonischen Zusammenwirken der auctoritas sacra pontifi- cum et regalis potestas nach dem berühmten Brief Papst Gelasius' I. an Kaiser Ana- stasius I. vom Jahre 4942 in der Wahlanzeige Friedrich Barbarossas vom März/April 115 23 nicht, wie man bis dahin geglaubt hatte, durch Bischof Eberhard II. von Bam- berg aus der Bamberger Urkundenüberlieferung in das durch Abt Wibald von-Sta- blo und Corvey erstellte Briefkonzept eingefügt wurde4, sondern auf dem Diktat und Gedankengang des einige Wochen zuvor zugunsten Konrads III. ergangenen und in \XVibalds Briefbuch festgehaltenen Papstschreibens beruhts. \Vas man für den Aus- druck eines programmatischen Neubeginns gehalten hatte, wiederholte lediglich das päpstliche Bekenntnis zum harmonischen Miteinander von Papsttum und deutscher

1 \Vibaldi epistolae, hg. v. Philipp JAFFE, Monumenta Corbeicnsia (Bibliotheca rerum Germanicarum i), Berlin 1864, S. 49of., Nr. 362 (zit. künftig: \\ ibaldi ep. mit Stücknummer und evtl. Seitenzahl).

2JK 632. -Duo stutz quippe, imperatorauguste, quibus pmtcipaliter'nundus hic regitur, auctoritas sacrata pontiftcum et regalis potestas-, Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus, hg. v. Carl MIRBT, 6. völlig neu bearb. Aufl. v. Kurt ALAND, Bd. 1, Tübingen 1967, Nr. 462.

3 MGH DD FI S. 4 Vgl. Heinz ZArscisex, \X ribald von Stablo. Studien zur Geschichte der Reichskanzlei und Reichspoli-

tik unter den älteren Staufern, in: MIÖG Erg. bd. 10 (1928), 5.237-495, hier S. 418 Anm. I, 454; Walther FöHt, Bischof Eberhard II. von Bamberg, ein Staatsmann Friedrichs I., als Verfasser von Briefen und Urkunden, in: MIÖG 50 (1936), S. 73-131, hier S. 111. Zur Verfasserfrage jetzt Rainer Maria HERKEN- RArtt, Rcgnum und imperium. Das Reich` in der frühstaufischen Kanzlei (1138-115 5) (SbbÖstcrAK 264,5), Wien 1969, S. 24ff. sowie die Vorbemerkungen zu MGH DD FI 5.

$ HERKENRATH, Regnum (wie Ann'- 4), S. a6f.; vgl. insgesamt auch die Vorbemerkungen zu MGH DD FI 5 sowie Kurt ZEIwNGER, Friedrich Barbarossa, \V ibald von Stablo und Eberhard von-Bamberg, in: MIÖG 78 (1970), S-210-223, hier S. a10ff.

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Königsgewalt aus der Spätzeit Konrads III. Das Schriftstück dürfte somit am Königs- hof als maßgebliche Äußerung der römischen Kurie verstanden worden sein. Die Aus- sagen dieses Briefes zur politischen Situation des Reiches in der Zeit um 115 i/5 2, über Konrads III. Beziehungen zu Papst Eugen III. und die päpstlichen Erwartungen für den bevorstehenden Romzug rechtfertigen es, diesem Dokument und seinem ideen- geschichtlichen Gehalt nähere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

i. Aufbau, Inhalt, Datierung

JL 9541 hält sich an den üblichen Aufbau einer päpstlichen Littera von mandativem Charakter aus der Mitte des t z. Jahrhunderts6. Der Grußformel, die den Adressaten- kreis nennt7, folgt ein stilistisch und gedanklich relativ aufwendiges Exordium über das harmonische Zusammenwirken von geistlicher Gewalt und weltlicher Herrschaft als Voraussetzung für die richtige Erfüllung der Aufgaben in Kirche und Staat: Den bei- den Liebesgeboten Christi werden die zwei von Gott eingesetzten Institutionen gegen- übergestellt, durch die die Welt regiert werde: die geheiligte Autorität der Bischöfe und die kaiserliche Gewalt. Wenn diese miteinander übereinstimmten und in der Unver- sehrtheit ihrer Würden Bestand hätten, werde in der Kirche der Glauben sicher und gottgefällig bewahrt und das christliche Volk durch Gerechtigkeit und Billigkeit heil- sam gelenkt8. Die Narratio erinnert die Empfänger daran, daß König Konrad zur Ver- vollkommnung seiner Würde, zur Ehre Gottes und zum Dienst der Kirche sowie zur Stärkung und Erhöhung des Reiches jetzt im Vertrauen auf ihre Hilfe mit einem macht- vollen Heer nach Rom zu kommen beschlossen habe9. Da jedoch für dieses Unterneh- men seine eigenen Kräfte nicht ausreichten, seien sie ihm als ihrem Haupte nach Maß- gabe ihrer Mittel zur Hilfe verpflichtet`. Diese Conclusio leitet über zurMandatsklau- sel, die die Willenserklärung des Papstes kundmacht. Eugen befiehlt den Adressaten und ermahnt sie durch apostolisches Schreiben, sich zum Dienst des Reiches und des Königs kraftvoll zu rüsten und sich auf den Zug mit ihm vorzubereiten, damit dieser

6 Vgl. nur Paulus Rnun: nusrns, Diplomatica pontificia (Praeleetionum lineamenta), Rom 31972, S. 4 1 ff. 7 Eugenius episcopus servos servorum Dci venerabilibus fratribus archyepiscopis episcopis, et dilectis ftliis

comitibus et baronibus, per Alamanniam constitutis salutem et apostolicam benedictionem. 8 Sian a rectore Deo ad salutem humani generis duo karitatis precepta principalitcr statt invents, ita et

ab ipso duo stint quibus hic mundus regitur constituta, scilicet auctoritas sacra pontiftcunt et imperialis potestas; quae duo si ad invicem bene convenient et sui honoris integritate consistent, in sancta aeccle- sia rcligio secura ct Deo grata scrvatur ct tam vigore iusticiac quarr aequitatis moderaminc christianus populus salubriter gubernatur.

9 Universitati itaquc vestrae certum esse nequaquam ambigimus, quod karissimus ftlius nosier C(onradus) illustris Romanorum rex pro sui honoris complernento ad bonorem Dci et ecclesiae servittum atque tocius regni vigorcm ct exaltationem hoc tempore ad urbem regiam, vestro frettts auxilio, cum expcditionc valida venire largiente Domino disposuerit.

10 Quia ergo ad tam arduum opus per se ipsum non sufficir er propriae sibi vices not: suppetunt, vest rum ei servicium tanquam vestro principi srndiose debetis pro vestris viribus ministrare.

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Zum Romzugsaufruf Papst Eugens III. vom Januar 1152 43

das Unternehmen, wie es sich für einen solchen Fürsten gebühre, machtvoll durchfüh- ren und die Fülle seiner Würde mit Freude und Jubel empfangen und er (der Papst) die Ankunft dessen, den er zum Gedeihen von Kirche und Reich und zum Wohle deS christlichen Volkes erwarte, mit dem erhofften Gewinn kraft des Verdienstes der Apo- stel Petrus und Paulus erleben könne".

Ein gesondertes Wort verlangt die Datierung. Sie lautet in der abschriftlichen Über- lieferung der Littera in Wibalds Briefbuch: Data Signiae 6 Kal. Februarii. Korrekt auf- gelöst ergibt das den z7. Januar (i 1 52). Gegen diese Zeitbestimmung hat bereits Wil- helm Giesebrecht Bedenken erhoben, da eine so späte Absenderschaft chronologisch schlecht mit dem Aufenthalt der Gesandtschaft Konrads III. am Papsthof, der sich durch die Ausstellungsdaten der übrigen während dieser Mission erwirkten Briefe und Privilegien auf den S. und 9. Januar i 15 2 fixieren läßt12, in Beziehung zu setzen ist, und deshalb die Korrektur in

�VI. Id. Januarii" (S. Januar) vorgeschlagen'3. Giesebrechts Emendation hat keine einhellige Billigung gefunden, obwohl sie nicht zuletzt durch das Mitteilungsschreiben Papst Eugens III. an König Konrad III. über die Ergebnisse seiner Gesandtschaft vom 9. Januar -f Idus Ianuarii - nahegelegt wird, in dem der Papst dem König berichtet: et tanz ipsos quarr alios archiepiscopos episcopos sive prin- cipes regni ttti ad sei-�itiurn tuurn et expeditionein, quarr ad honorem Dei et aecclesiae suae sanctae atque exaltatione, n regnifacere divina favente clementia ordinasti, per apostolica scripta commonere et animare diligenter citravimus'4. Bezieht man dies auf die vorliegende Littera, muß diese zum damaligen Zeitpunkt also bereits ausgefertigt gewesen sein. Für philologisch geschulte Historiker ist diese Folgerung freilich keines- wegs zwingend, da sich �curavimus" leicht zu �curabimus" emendieren und damit die spätere Datierung als Zukunftsabsicht retten läßt's. Freilich bleibt dann der einsame Nachklapp dieser Littera angesichts der raschen Ausfertigung aller anderen Schreiben nach wie vor erklärungsbedürftig, zumal die Kurie nicht ungerne die Diffusion ent- sprechender Sendschreiben an allgemeine Empfängergruppen den Impetranten selbst überließ. Die inhaltliche Aussage wird durch diesen nicht völlig lösbaren Widerspruch allerdings nicht berührt.

11 Idcoquc per apostolica vobis saipta nlandanns monenns er cxbortarnur in Domino, quatinus ad servi- tirmt regni ei predicti ftlü nostri regis viriGter accingamini ei ad expeditiottem ipsam cunt co ita vos pre- paretis, ut ei ipse dispositunt iter, prout tantunt principem decet, potestative facere valeat et sui honoris plenitudinent aun gaudio er exidtarione suscipere, atque nos adventtu» eins, quem ad provectum aeccle- siae ac regni ei salutern christiani populi expectamus, ann desiderato fructu, heatorum apostolortan Petri ei Pauli suf fragantihus rncritis, possim, s pcrcipcre.

12Vgl. JL9514-9529" 13 Wilhelm v. GIESEBREC11r, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Bd. 4, Braunschweig 21877, S. 494f. 14JL 9S 17; Wibaldi cp. 349, S. 483f. 1S Vgl. die Erläuterungen zu JL 9541; Wilhelm BE1üi1tARD1, Konrad III. (jbbDtG 16), Leipzig 1883, S-910

mit Anm. 3.

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2. Zwecksetzung und politischer Hintergrund

Zwei politische Sachverhalte sind über die direkten textlichen Aussagen hinaus der Lit- tera JL 9541 zu entnehmen:

I. Papst Eugen III. war offenkundig daran gelegen, daß der von König Konrad III. geplante Romzug zum einen überhaupt, zum anderen mit dem größtmöglichen Ef- fekt durchgeführt werde,

2. der Papst sah dem Kommen des deutschen Herrschers mit positiven Erwartungen entgegen.

König Konrad III. hatte nach dem \\lürzburger Hoftag von Mitte September 1151, auf dem der Antritt seines bereits durch eine formelle Krönungseinladung von der Kurie akzeptierten Romzugs'6 für den B. September des folgenden Jahres festgelegt worden war'7, Erzbischof Arnold von Köln, Abt \Vibald von Stablo und Corvey sowie den königlichen Notar Heinrich als Gesandte an den Papst und die italienischen Städte abgeordnet, die um den 8. /9. Januar I152 in Segni mit Eugen III. die ihnen aufer- legten Aufträge mit positivem Ergebnis behandelten's. Abgesehen von kirchenpoliti- schen Wünschen des Königs und persönlichen Anliegen der Gesandten, die in unse- rem Zusammenhang nicht erörtert zu werden brauchen'9, stimmte Eugen vor allem der Bitte des Königs zu, die das hier zu interpretierende Papstschreiben zum Gegen- stand hat, der Erwirkung einer päpstlichen Aufforderung an die geistlichen und welt- lichen Großen Deutschlands zur Unterstützung des Romzugs ihres Königs". Papst Eugen III. unterrichtete Konrad am 9. Januar 1152 darüber, daß er diese Gruppen

i6 Interim apostolicus pro causa consecrationis per cardinalem Octavianum et lordanein honorabiliter cum ad se vocavit; Annales Palidenses, hg. v. Georg Heinrich PERTZ, in: MGH SS 16, S. 86. Vgl. zu den Vor- verhandlungen und zur Krönungseinladung GIESEBRECHT, Kaiserzeit IV (wie Anm. 13), S. 351ff.; BERN- HARD!, Konrad III. (wie Anm. 15), S. 88zff.; Helmut GLEBER, Papst Eugen III. (1145-1153) unter beson- derer Berücksichtigung seinerpolitischen Tätigkeit, Jena 1936. S- 137ff-; Odilo ENGELS, Zum Konstanzer Vertrag von 1153, in: Devs qui mvtat temporar Menschen und Institutionen im Wandel des Mittelalters, hg. v. Ernst-Dieter HEHL, FS für Alfons Becker, Sigmaringen 1987, S. 235-258, hier S. 247ff.; sehr knapp Michael HoRN, Studien zur Geschichte Papst Eugens III. (1145-1153) (Europäische Hochschulschrif- ten III So8), Frankfurt a. M. u. a. 1992, S. 78f. - Nicht zugänglich war mir Charles D. G. SPoIUa1CK, The Life and Reign of Pope Eugene III: 1145-1153, Diss. phil. Univ. Notre Dame, Ind. 1988.

17 BERNHARDT, Konrad III. (wie Anm. 15), S. 887- 18 GIESEBRECHT, Kaiserzeit IV (wie Anm. 13), S. 3 59f.; BERNHARD!, Konrad III. (wie Anm. 15), S. 893ff.,

9o9ff.; Friedrich HAUSMANN, Reichskanzlei und Hofkapelle unter Heinrich V. und Konrad III. (MGH Schriften 14), Stuttgart 1956, S. ii6f., 152,228f.; Franz Josef JAKos!, \Vibald von Stablo und Corvey (io98-1158). Benediktinischer Abt in der frühen Stauferzeit (Abhandlungen zur Corveyer Geschichtsschreibung 5), Münster 1979, S. 16off.

19 Vgl. nur BERNHARD!, Konrad III. (wie Anm. i i), S. 91off.; JAxoB!, \tribald (wie Anm. 18), S 16 if. 20 ... cor nostrum ad amorem tuum vehementius affecti paterno accenditur et ad audiendas postulationes

tuas, in quantum cyan Deo possumus, acres beni olas comniodantus.... et petitionibus tuffs, quas et litters et corum viva voce intelleximsa, sicuti honoriDei et regni utilitati expedire cognovinurs, gratlan assensuni prebuimus. Es folgt die Aufzählung der Angelegenheiten einschließlich der Bitte uni die Beistandsauf- forderung; Wibaldi C. 349, S. 483f- Vgl. auch oben zu Anm. 14.

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durch apostolische Schreiben zu ermahnen und anzufeuern Sorge getragen habe (bzw nach dem emendierten Text: dafür Sorge tragen werde)`, und schloß seinen Brief mit einer den Formulierungen von JL 9541 fast wörtlich entsprechenden Wendung, die seine Hoffnungen auf das Kommen des Königs zum Ausdruck brachte".

Konrad III. hatte offensichtlich um diese Hilfsleistung gebeten. Seit den Tagen Ottos des Großen war jeder Romzug eines fränkisch-deutschen Königs eine waffen- klirrende Heerfahrt gewesen23, und Konrad, der sein Italienunternehmen diplomatisch sorgfältig vorbereitete, durfte sich auf diesem Felde keiner Nachlässigkeit schuldig machen24. Der König hatte sich Mitte September 1151 in Würzburg eidlich die Unter- stützung seines Romzugsvorhabens durch die dort anwesenden Großen zusichern las- sen2s, damit jedoch nur einen Teil der erhofften Teilnehmer ansprechen könnenz6. Nur wenige weltliche Fürsten waren nach Würzburg gekommen27. Der Episkopat aus Bay- ern und Sachsen - ausgenommen Heinrichs des Löwen Gegner Hartwig von Bremen und Ulrich von Halberstadt - hielt sich gänzlich fern. Trotz Aussöhnung Konrads mit Welf VI. war das Reich nach wie vor durch innere Konflikte paralysiertz8. Heinrich der Löwe, obwohl wegen der bayerischen Frage das dritte Mal vorgeladen, war auch in Würzburg nicht vor dem König erschienen'9. Dieser nahm nunmehr in Sachsen den

21 Vgl. oben zu Anm. 14 und i s. 22 Tua itaque, karissime frli, interest, pro commissi tibi regni et sanctae Dei aecclesiae honore et exaltatione,

taniquant inter alios orbis christianos reges precipuus et excellentior princeps, attentam curam et sollici- tudinem gerere, ut adventum tuwn, quem ad provectum aecclesiae ac regni et salutem christiani populi expectamus, vorn desiderato fncctu prestante Domino percipere valeamus; Wibaldi cp. 349, S. 484. Vgl. dazu den Text in Anm. i 1.

23 Zur Frage der tatsächlichen Heeresstärken auf den Italienzügen allgemein Carlrichard BRÜHL, Fodrum, gistum, servitium regis. Studien zu den wirtschaftlichen Grundlagen des Königtums im Frankenreich und in den fränkischen Nachfolgestaaten Deutschland, Frankreich und Italien vom 6. bis zur Mitte des t4. Jahrhunderts (Kölner historische Abhandlungen 14), Köln/Graz 1968, S. $26ff.

, 14 Nicht zuletzt das erklärt die fast ein volles Jahr umfassende Vorbereitungszeit vom Würzburger Hoftag Mitte September tisi bis zum Antrittstermin des Kreuzzugs (8. Sept. 11 s2); vgl. Annales Palidenscs, hg. v. PERU (wie Anm. 16), S. 86: ...

huic expedition, quarr ad nativitatem sancte hfarie distulerat, se accr- ratius preparavit.

25 Vgl. Konrads eigene Aussage in seinem Brief an Papst Eugen III. (1 tsi nach Sept. 17): Inde est, quod tros generalenr ciriam apud Herbipolitn medio mense septembri celebravinuos ibique expcditioncm Italicam receptis a principibus, qui convenerant, fide et sac amentis effocaciter ordinavimus; DKo III 263. Ähn- lich \\rbald in seinem Brief an Kaiser Manuel I. (11 si nach Sept. 1 j): Qui ormoes cum magna voluntatis bilaritate, fade data ei iuramento prestito, promiserunt, quod ad candem expeditioncni corn oinni virtute ei potentia militiae suae venient ei prosequentur, \\ ibaldi ep. 343, S. 477.

26 Verzeichnis und Nachweise bei BEENHARDI, Konrad Ill. (wie Anm. 15), S. 886f. mit Anm. 9. 27 Dem - späteren - Reichsfürstenstatus zuzurechnen waren letztlich nur Markgraf Albrecht von Bran-

denburg, Markgraf Konrad von Meißen und Landgraf Ludwig I. von Thüringen. aS Daß es sich in diesem Zusammenhang verbietet, generell vom �staufisch-welfisclien Gegensatz" zu spre-

chen, hat Werner HEGHBERGER, Staufer und \C'clfcn. Zur Verwendung von Theorien in der Geschichts- wissenschaft (Passauer historische Forschungen 1o), Köln/\Vcimar/\Vicn 1996, deutlich gemacht. Spe- ziell zur Situation \Vclfs VI. während der Regierungszeit Konrads 111. hier S. t öff.

'19 BERxHARDI, Konrad III. (wie Anm. I s), S. SS t£, S9,.

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offenen Kampf gegen ihn auf, ohne damit die Lage entscheiden zu können3°. In die- ser Situation das Reich zu verlassen, war nicht ohne Wagnis, und um dieses Risiko zu mindern, war die moralische Hilfe des Papstes willkommen. Dem Papstschreiben an den König ist zu entnehmen, daß entsprechende Ansinnen auch an die principes regni ergingen3'. Eine möglichst umfassende Teilnahme der geistlichen und weltlichen Für- sten des Reichs war nicht nur Voraussetzung für einen erfolgreichen Ablauf des geplan- ten Italienzugs, sie vermochte auch der Gefahr eines Machtumschwungs während der Abwesenheit des Königs von Deutschland vorzubeugen.

Daß das Papsttum für die Interessen des Königtums gegenüber den Fürsten ein- trat, war während der Zeit Konrads III. nicht ganz ungewöhnlich. Anfang April 1148, als der König im Heiligen Land weilte, d. h. in einer Situation, in der der Papst zur Wahrung von Schutz und Frieden in der Heimat eines kreuzfahrenden Monarchen in besonderer Weise verpflichtet war, ermahnte Eugen III. die geistlichen und welt- lichen Fürsten des Reiches, Konrads Sohn Heinrich (VI. ), mit Tat und Rat beizuste- hen32. Daß ein Papst die deutschen Fürsten indes zur Teilnahme am Romzug ihres Königs aufforderte, ist für das Hochmittelalter einmalig. Eine gewisse Parallele bie- tet zwar das Schreiben Kaiser Lothars III. an Papst Innocenz II. vom Oktober 113 j, worin er diesen wissen läßt, daß er zu Weihnachten in Speyer mit den Fürsten de Romana expedicione beraten werde und ihn bittet, zu diesem Hoftag eine Legation und Briefe zu schicken, per quas archiepiscopos et abbates qualicumque comminatione ad tuum et nostrum servicium commonefacias33. Aber hierbei handelte es sich nicht, wie der Sprachgebrauch des Kaiserbriefes vorgibt, um den klassischen Romzug zur Errin- gung der Kaiserwürde, sondern um die Vorbereitung des nicht zuletzt im Interesse des Papsttums liegenden, gegen die Expansion Rogers II. von Sizilien im Süden des Kir- chenstaates gerichteten 2. Italienzug Lothars 111.34, bei dem es darauf ankam, etwaige Bedenken der geistlichen Großen gegen die Mitwirkung an einem Kriegsunternehmen,

3o GIESEBRECHT, Kaiserzeit IV (wie Anm. 13), S. 355 mit S. 494; BERNHARDI, Konrad III. (wie Anm. 15), S. 899ff.; vgl. auch Karl JoRDAN, Heinrich der Löwe, 1lünchen 21980, S. 44f.; HECHBERGER, Staufer (Wie Anm. 28), S. 2of., 236f.

31 Vgl. oben zu Anm. 14- 32 1148 April i, an die Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte im deutschen Reich:... fraternitatem vestrain pre-

sentibus exhortamur epistolis et erbortando mandamus, quatinus karissimo filio nostro Henrico, üu iori regi Romanorum, regis illustris Cuonradi filio, diligenier et fideliter assistatis et in bis, quae ad patris sui honorem et regni statum pertinere nosciintii , nt pax per omnipotentis Dci gratiam in populis sibi subiec- tis integra conservetu, opem ei et consilium, quando vestrum auxilium postulaverit, inpendatis; JL 9214, Wibaldi ep. 81. -Heinrich (VI. ) bedankt sich beim Papst dafür, daß er priticipibtis regni nobis a Deo collati geschrieben habe, quatinus nobisfidein et dilectionem exhibeant et in aimninistratione regni nobis consi- lium et oportunum adiutorium ferant; o. D. (1148 Ende ApriVMai), MGH DD HVI 5. Der junge König hatte Papst Eugen III. Anfang Juni 1147 unter Hinweis auf die Kreuzfahrt seines Vaters ausdrücklich um seinen Schutz gebeten; MGH DD HVI i.

33 Epistolae Bambergenses Nr. 29, hg. v. Philipp JAS, Monumenta Bambergensea (Bibliotheca rcrum Ger- manicarum 5), Berlin 1869, S. 525; zum Verständnis auch die Bemerkungen zu RI IV 1,1 Nr. 4f7.

34 Vgl. Wilhelm BERNHARDT, Lothar von Supplinburg (jbbDtG i 5), Leipzig 1879,5.649ff.; Günter GAT- TERMANN, Die deutschen Fürsten auf der Reichsheerfahrt. Studien zur Reichskriegsverfassung der Stau- ferzeit, Diss. phil. Frankfurt a. M. 1956,2 Bde. (masch. ), 1 S. 4off.

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Zum Romzugsaufruf Papst Eugens III. vom Januar tt Ta 47

für das sich die Teilnahmepflicht ohnehin anders darstellte als beim Zug eines römisch- deutschen Königs zur Erlangung der Kaiserkrone35, gemeinsam zu überwinden.

Nach der Lehre der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte stützte sich bei der Romfahrt der Anspruch des Krönungsbewerbers auf den Beistand der Reichsfürsten und deren Untervasallen auf das Lehnrecht36. Herrschend ist die Ansicht, daß gerade die Staufer dieses Prinzip mit Nachdruck und Erfolg zur Geltung brachten37. Fried- rich Barbarossa hat auf dem Hoftag zu Roncaglia Ende November/Anfang Dezember t 154 in einem Lehnsgesetz den Lehnsverlust als Strafe für das Nichtbefolgen der Auf- forderung zur Teilnahme am Romzug festgelegt38 und diesen Grundsatz gegenüber säumigen Fürsten bei der damals abgehaltenen Heerschau von Reichswegen unnach- giebig durchgesetzt39. Für die Romfahrten Friedrichs I., Heinrichs VI., Ottos IV. und Friedrichs II. sind keine päpstlichen Hilfsaufforderungen an die deutschen Fürsten bekannt. Die Teilnahme wurde innerhalb des Reiches geregelt. Erst nach dem Inter- regnum, im Zusammenhang mit den immer wieder scheiternden Romzugsplanungen Rudolfs von Habsburg und später für König Heinrich VII., werden entsprechende Schriftstücke seitens der römischen Kurie wieder ausgefertigt4°. Damit zeigt sich, daß nicht nur Rechtsgrundsätze, sondern auch machtpolitische und persönliche Faktoren im Verhältnis von König und Fürsten bei deren Mitwirkung an der Romfahrt eine bestimmende Rolle spielten41. Die nachhaltige Konfliktsituation innerhalb des Reichs während der Herrschaft Konrads III. hat die Beteiligung an allen Heerfahrten dieses Königs - einschließlich seines Kreuzzugs, dem die norddeutschen Fürsten ein geson- dertes Unternehmen gegen die Wenden entgegensetzten - auf einen auffällig kleinen Kreis von Bischöfen und Grafen reduziert42. Die Schwäche dieses Herrschers gegen- über den Fürsten43, die trotz unbestreitbarer Erfolge in der Reichsgut- und Haus- machtpolitik44 und ungeachtet einer früh einsetzenden imperialen Überhöhung seiner

35 Gar tiuw N, Fürsten (wie Anm. 34), der von der tatsächlichen Beteiligung ausgeht, läßt die rechtliche Differenzierung auffällig zurücktreten.

36 Vgl. Heinrich MtrrEts, Lehnrecht und Staatsgewalt, Weimar 1933 (Nachdruck Darmstadt 1958), S. 597f.; H: J. BEcKEtt, Römerzug, in: HRG 4 (1990), Sp. 1125f-

37 Vgl. nur Altmets, Lehnrecht (wie Ann'- 36), S. 42Sff. 38 MGH Const. I Nr. 14S § 3; MGH DDFI 91; RI IV a Nr. 25S. Eher vom Mannrecht her gesehen argu-

mentierte die um 1i sS entstandene Fälschung der Constitutio de expeditione Romana", MGH Const I Nr. 447; dazu Gerhard THEUERKAUF, Constitutio de cxpeditione Romana, in: HRG t (1971), Sp. 634-636.

39 Vgl. die Schilderung Ottos von Freising, Gesta Frederici II 13, hg. v. Franz Josef ScHetALE (AusgQu 17), Darmstadt 1965, S. 304. Dazu RI IV z Nr. as3"

40 So von den Päpsten GregorX., 527f Febr. is (MGH Const III Nr. 78; vgl. Potth. Reg. Nr. 20994,20995); Honorius IV., 5 a86 Alai 31(MGH Const III Nr. 3S1; vgl. Potth. Reg. Nr. 22466); Clemens V., 53 5o Sept. 1 (MGH Const IV 1 Nr. 436).

41 Dazu grundsätzlich GAmEitswANN, Fürsten (wie Anm. 34), I, S. 14ff., ao8ff. 42 Ebd., I, S. 46ff., 214f- 43 Hierzu jetzt die Analyse von HECHEERGER, Staufer (wie Anm. 28), S. 2z8ff. 44 Friedrich HAUSMANN, Die Anfinge des Staufischen Zeitalters unter Konrad III., in: Probleme des

ia. Jahrhunderts. Reichenau-Vorträge 1965-1967 (VuF iz), Konstanz/Stuttgart 1968, S. 53-78.

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48 Jürgen Petersohn

Würde4s spürbar auch seine lehnsrechtliche Stellung im Bereiche der Heerfahrt tan- gierte46, wird aus JL 9541 somit ungewollt deutlich.

Zum anderen aber ist, was die Situation des Herbstes und Winters 1151/52 betrifft, positiv auf die päpstliche Unterstützung der vom König geplanten Aktion als Ergeb- nis einer gemeinschaftlichen Absprache beider Gewalten hinzuweisen. Der damalige Briefwechsel zwischen dem deutschen Königshof und der päpstlichen Kurie läßt eine vertrauensvolle Atmosphäre im Vorfeld der - schließlich wegen Konrads unerwarte- tem Tod47 gescheiterten - Romfahrt erkennen. Im Vergleich damit waren die Rom- zugsvorbereitungen Friedrich Barbarossas durch ein unüberwindbares Mißtrauen der Kurie erschwert, das auch der Konstanzer Vertrag von 1152/S3, wie die erste Phase von Barbarossas i. Italienzug erkennen läßt, nicht gänzlich ausgeräumt hatte48, und ebenso waren die Romzüge Heinrichs VI. 1191 und Ottos IV 120949 durch erhebliche Vorbe- halte des Papsttums gegenüber den nunmehrigen Krönungskandidaten belastet.

Von diesen - im Lichte ihres häufigen Vorkommens für die Historiker fast als nor- mal geltenden - Konfliktkonstellationen heben sich die Beziehungen Konrads III. und Eugens III. bei der Vorbereitung der für 1152 geplanten Romfahrt durch die Zeugnisse einer harmonischen Zusammenarbeit beider Seiten auffällig abf°. Die damalige Situa- tion lehrt somit, daß in der Geschichte des päpstlich-deutschen Verhältnisses neben der historischen Alternative des Zusammengehens von Fürsten und Papsttum gegen ihren König, wie in der späten Salierzeit, oder ihrer zeitweiligen Bindung an diesen gegen- über päpstlichen Übergriffen, wie in der Epoche Friedrichs I., auch noch eine dritte Konstellation möglich war, nämlich die einer gezielten Einwirkung des Papsttums auf die Fürsten im Interesse der Königsgewalt.

Voraussetzung für diese besondere Lage war allerdings die Tatsache, daß Eugen III. davon überzeugt war, von einem kraftvollen Auftreten Konrads III. in Italien wirk- same Hilfe in seiner prekären Situation gegenüber den Römern zu erfahren, die seit

45 Gottfried KOCH, Auf dem Wege zum sacrum imperium. Studien zur ideologischen Herrschaftsbe- gründung der deutschen Zentralgewalt im 11. und x2. Jahrhundert (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte zo), Berlin 1972, S. 21 jff.; HEiix 1t. mH, Regnum (wie Anm. 4), S. 7ff.

46 MrcrEts, Lchnrecht (wie Anm. 36), S. 4z7ff. vermag keine Belege für einen Anteil Konrads an der lehn- rechtlichen Stärkung der staufischen Königsgewalt zu geben. Die ihm in der Überlieferung der Libri feudorum zugeschriebene Kurzfassungvon Friedrich Barbarossas Lehnsgesetz (MGH Const I Nr. 149), ist nicht authentisch; vgl. zuletzt Jürgen PEItRSOHN:, Kaiser, Papst und römisches Recht im Hochmit- telalter. Friedrich Barbarossa und Innocenz III. beim Umgang mit dem Rechtsinstitut der langfristigen Verjährung, in: Mediaevalia Augiensia. Forschungen zur Geschichte des Mittelalters, vorgelegt von Mit- gliedern des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte, hg. v. Jürgen P>: -rettsoHN (VuF 54), Stuttgart 2001, S. 307-348, hier S. 346 mit Anm. 177.

47 tts. Februar 1152. 48 Vgl. nur Odilo ENGEts, Die Staufer (Kohlhammer Urban-Taschenbücher 154), Stuttgart/Bcrlin/Köln

61994, S. 63ff., 69ff. 49 Vgl. ebd., S. 1z8ff., 148f- 50 Daß dies auch für die Zeitgenossen nicht unbedingt selbstverständlich war, zeigt das \Vibaldzitat in

Anm. 5 f.

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Zum Romzugsaufruf Papst Eugens III. vom Januar i 15 z 49

dem Aufstand des Jahres 1143 und der mit ihm verbundenen Senatsbildung den politi- schen Spielraum des Papsttums in unhaltbarer Weise einengtens `. Im Unterschied zum Konstanzer Vertrag zwischen Eugen III. und Friedrich Barbarossa52 lassen die Quel- len über das Romzugsvorhaben Konrads III. keinen sicheren Schluß darauf zu, daß zwischen König und Papst damals schriftliche Abmachungen über die Pflichten und rechtlichen Grenzen beider Seiten im Hinblick auf Rom, Sizilien und Byzanz getrof- fen wurdenf3. Beide Parteien müssen jedoch, anders lassen sich ihre Äußerungen vom Herbst und Winter 1151/52 nicht verstehen, über das politische Ziel ihres Vorgehens nicht zuletzt gegenüber Rom und den Römern volles Einvernehmen errreicht haben, ohne daß wir in der Lage wären, konkrete Einzelheiten zu nennen54. Auf jeden Fall erhoffte Eugen für seine Position in Rom - was \Vibald später, als diese Erwartungen mit dem unerwarteten Tod des Königs gegenstandslos geworden waren, bitter bekla- gen sollte - vom Kommen des Königs größeren Gewinn als von einem direkten Frie- densschluß mit den Römernfs. Nicht zuletzt das läßt seine Bemühungen, Konrads Romzug durch unmittelbares Einwirken auf die deutschen Fürsten so wirkungsvoll wie möglich zu gestalten, von seiner eigenen Motivlage her verständlich werden. Von diesem Bestreben ist letztlich auch das Vokabular der Littera an die geistlichen Fürsten, Grafen und Barone Deutschlands vom Januar 1152 geprägt.

s1 Vgl. nur Paolo Bnzzzi, Roma e l'impero mediocvale (774-1252) (Storia di Roma io), Bologna 1947, S. 317ff.; speziell zur Situation unter Eugen III. GLEBER, Eugen III. (wie Anm. 16), S. 5ff., Io7ff.; HoRN, Studien (wie Arun. 16), S. 17Sff.; Matthias THUMSER, Die frühe römische Kommune und die staufischen Herrscher in der Briefsammlung \\5balds von Stablo, in: DA 57 (zoo, ), S. 111-147, bes. S. I13f., 117, 126f., 13of. Ambivalenter stellt sich das Verhältnis zu Roger II. dar.

52 MGH DD FI 5 t, j2. $3 \Vcder aus der Wahlmitteilung Friedrich Barbarossas an Papst Eugen III. vom März/April i 15z noch

aus dem Papstschreiben an den Neugewählten vom 17. Mai 1152 läßt sich ein förmlicherVertragsschluß zwischen Eugen und Konrad folgern. Vgl. die entsprechenden Quellenstellen: Et quoniarn bcatitudinis

vestr4 animus: de obitu predicti serenissimi principis scimus non immerito perturbatunr, vobis tamquam patri karissimo eonstanter promittinrus, quod, sieht eidenr glorioso quondam regi in regni solio succes- simu, ita bereditarism dilectionenr tam ad vestrarn personam omnino specialem quarr ad sacrosanctq ntatris nostrc Romane ccrlesi£ prosnptissimanr ac dcvorissinranr defensionem suscepimus hac scilicet ordi- nis ratione, ut, qu£cumque ad liberationem et bonorationem apostolicc sedis intenderat et ordinaverat, nos constanter perfrcere srudeamus, its ut irtxra felicem ad sanctum virrun domini promissionenr inimicis vestris irrinrici sinus et odientes vos affligarms (MGH DD FI 5 S. t z). - Credimrts enim, quod bonuni, a isst ditto parruo cr prcdeccssorc ruo fir»riter nobis et accclesiac Romane promissum, pergcncrosac devo- tionis mac studium desideratum a nobis auxiliante Domino sortietur effectrun (JL 9577; W baldi ep. 382, S. 513). Vgl. auch E. \GEIS, Konstanzer Vertrag (wie Anm. 16), S. 249-

54 Anders ENGELS, Konstanzer Vertrag (wie Anm. 16), S. 25 f, der bestimmte Teile des Konstanzer Vertrags als schon aus den Abmachungen Eugens 111. mit Konrad III. " stammend für möglich hält, so u. a. die

. Verpflichtung ..., die Römer zu unterwerfen".

ss Ecce, vererande parer, quod verebar acridi . Et ob hoc quasi divirto et prescio spirittt, cum essern aped

vos, non dssnrrulavi rreque Sdu, Suggcrcns et conrestans, ttt pacers populi Romani, si honesta et tttta esse posse:, sine dilariorre reciperetic Eisi errim count brute, de quo non innrerito dolemus, minime perserr- ricbarrru, quadam tanzen prescnsionc futuronnn angebarnur, ne forte spes vestra, quast dc cxpcdirione fitturs conccperaris, aliquo rerum eaerrtu vacillaret. , Ilrtlta eninr, quae leginus et audivimus et vidinus inter rcvcrcndos Urbis ponrifrces er imperatores facts et dicta, non indcbita nos sollicitudine terrcbant; t 152 März; Wibaldi ep. 375 S. 503.

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50 Jürgen Pciersohn

3. Urbs regia

Es könnte naheliegen, nach gedanklichen und stilistischen Parallelen der Romzugslit- tera Eugens III. zu gleichzeitigen päpstlichen Kreuzzugsaufrufen zu fragen. In beiden Fällen ging es darum, kriegerische Aufgebote zu mobilisieren. In der Tat findet die Aufforderung viriliter accingamini an die deutschen Bischöfe, Äbte und Barone eine Entsprechung in der Wendung viriliter accingantur der Kreuzzugsbulle Eugens III. an König Ludwig VII. und die Fürsten und Gläubigen Frankreichs aus den Jah- ren 1145/465' sowie wörtlich in der Forderung, ut viriliter accingamini desselben Papstes zugunsten des Kreuzzugsvorhabens des Grafen Raimund Berengar IV. von Barcelona vom 22. Juni 115257. Damit aber sind die Vergleichsmöglichkeiten zwi- schen diesen Texten bereits erschöpft. Es fehlen der Romzugsaufforderung die für die Kreuzzugsaufrufe typischen Zustandsschilderungen, die Ablaßverheißungen und rechtlich-finanziellen Vorteilsgewährungen sowie die Aufzählung konkreter Aufga- ben und Erwartungen5'. Das Politische und Militärische bleibt in JL 9 541 verhüllt. Die Unterschiede sind leicht zu erklären: Die Ziele der Unternehmungen waren grundle- gend verschieden; hier Rom, dort das Heilige Land.

Nur einmal wird in unserem Brief die Stadt Rom genannt und in diesem Zusam- menhang als �urbs regia" bezeichnet. In der Narratio erinnert Papst Eugen die Emp- fänger daran, daß sein geliebtester Sohn König Konrad im Interesse des Reiches ad urbem regiam im Vertrauen auf ihre Hilfe mit einem mächtigen Heerzug zu kommen beschlossen habe: quod karissimus frlius noster C(onradus) illustris Romanoman rex ... ad... tocius regni vigorem et exaltationem hoc tempore ad urbemn regiam, vestro fretus

auxilio, cum expeditione valida venire ... disposueritS9 Der Satz variiert nacheinander

in der Wortfigur der Adnominatio die durch den gleichen Wortstamm zusammenge- hörigen Begriffe rex, regnum, regius, so daß der Eindruck entsteht, durch das Kom- men des rex werde in der Königsstadt (= Rom) das regnum seine Erhöhung finden. Diese Deutung wäre indes zu eng. Civitas regia (auch regalis) gehört zu den klassi-

schen Ehrennamen Roms6o, meint seit der Spätantike jedoch stets �Kaiserstadt", �Kai-

56 Vgl. oben Anm. 11. Dazu die Fassung des Krcuzzugsaufrufs an König Ludwig VII. und die französi-

schen Fürsten und Gläubigen in der Ausfertigung Vetralla, 1145 Dez. I QL 8796), bei Otto von Freising, Gesta Frederici 137, hg. V. SCHMALE (wie Anm. 39), S. zoo-2c6, hier S. 204, bzw. in der Ausfertigung Trastevere, 1146 März i GL 8876), hg. v. Peter R ssow (als Anhang zu Erich CAsPAR, Die Krcuzzugs- bullen Eugens III. ), in: NA 45 (1924), S. 302-305, hier S. 303-

57 JL 9594, Migne PL 180, Sp. 1 539. Ebenso in der Hilfsaufforderung Papst Alexanders III. zugunsten der Kirche von Jerusalem (� Inter omnia") vom z9. Juli 1169 (ad subventionetn eins viriliter accingamint); JL 11637, Migne PL 200, Sp. 599-601, hier Sp. 6oo.

58 Vgl. Ursula Scr1wERIN, Die Aufrufe der Päpste zur Befreiung des Heiligen Landes von den Anfängen bis zum Ausgang Innozenz IV. (Hist. Studien 301), Berlin 1937, S. 38ff.

59 Das Zitat vollständig oben Anm. 9. 6o Wilhelm GERNENTL, Laudes Romae, Diss. phil. Rostock 1918, S. t26f.; ergänze Horaz, Epist. I, 7,44;

anders die Bedeutung von Plinius, nat. 7,199-

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Zum Romzugsaufruf Papst Eugens III. vom Januar 1t Sz SI

serresidenz"6t. In diesem Sinne wird das Epitheton sowohl auf Rom6z als auch vor allem auf Konstantinopel63, daneben auf Ravenna6{ und Mailand6s bezogen. Urbs oder civitas regia gehört dementsprechend auch im Mittelalter einerseits zum schmücken- den Vokabular der Geschichtsschreiber für einzelne Königs- und Kaiserstädte nörd- lich der Alpen66 ,

bleibt andererseits aber ein konstitutiver Bestandteil des kaiserli- chen Romverständnisses im Abendland 67. Daß die Päpste die ihnen verliehenen Güter sogar in hac nostra erbe regia verschleudert hätten, geißelte Kaiser Otto III. in sei- nem bekannten Diplom für die römische Kirche vom Jahre loot, in dem er Rom als capnt inundi bekannte und die päpstlichen Übergriffe auf die Besitzungen des Rei- ches anprangerte6t. Später sollte Kaiser Friedrich II. die von ihm proklamierte Bindung Roms an das Kaisertum mit Hilfe dieses Ehrentitels vielfältig zum Ausdruck bringen69.

61 Die folgenden Belege sind nur als Beispiele, nicht als Versuch einer vollständigen Dokumentation zu

- verstehen. VgL im übrigen auch den Belegstrang der Kirchenrechtsübcrlieferung: Timothy REUTER/ Gabriel SILAGI, Wortkonkordanz zum Decretum Gratiani, Bd. 5 (MGH Hilfsmittel 10,5), München 1990, S. 4698-4700 passim.

62 R. BANFI, Roma civitas regia, in: Studi Romani 10 (1962) S. 5 io-528; vgl. etwa Cassiodori Scnatoris Variae, hg. v. Theodor MoatsisEN (MGH AA 2), Berlin 1894, Index rerum et verborum, S. 596 s. v. urbs, Roms.

63 Papst Gregor d. Gr. verwendet in seinen Briefen dieses Epitheton ausschließlich für Konstantinopel; vgl. Gregorii I papae Registrum epistolarum, hg. v. Paul EWALD et Ludo Moritz HARTMANN (MGH Epp. i), a Bde., Berlin 1891-99, Index rerum, verborum, grammaticae, II S. S99 s. v. urbs regia; Paulus Diaconus, Historia Langobardorum II, 30, V34, hg. v Georg \VtAnz, MGH SSrG ius, Hannover 1878, S. 1o7,226.

64 Vgl. CassiodoriSenatoris Variae, 11g. v. Mo\1\tsEN (wie Anm. 62), Index rerum et verborum, S. 596 s. v. urbs, Ravenna; Jordanes, Getica XXIX 148, LVII 293, hg. v Theodor MOMMSEN (MGH AA 5,1), Berlin

1 SS--, S. 96,133- 65 Jordancs, Getica XLII 222, hg. v. MoMMSEN (wie Anm. 64), S. 114. 66 Vgl. nur im Rahmen der ottonischcn Historiographie für Mainz: Continuatio Reginonis zu 953, hg.

v. Friedrich KuRzF, Reginonis abbatis Prumiensis Chronicon cum continuatione Treverensi, MGH SSrG ius, Hannover 1590,5.167 (, lfogontiam, metropolim Franciae regiantque civitatem); für Magde- burg: \\ idukind, Rerum gestarum Saxonicarum libri tres, hg. v. Paul HIRSCH/Hans-Eberhard LoH- MANN, MGH SSrG ius [6o], Hannover 193 5-116, S. 72 (usquc ad urbcnt regiam, quarr vocitamus Afagat- haburg); III 10, S. 1o9 (regiae urbi appropinquanu); für Regensburg: \Vidukind III 20, S. iij (cepit erben: regiant quae dicitur Rainesburg).

67 Vgl. Jürgen PETERSOHN, Romidee I. Westliches Abendland [2], in: LexMA 7 (1995), Sp. 1007f. 6S MGH DD 0111389. Die ideengeschichtliche Deutung dieser Wendung hat von Percy Ernst SCHRAMM,

Kaiser, Rom und Renovatio, Bd. 1, Darmstadt 21957, S. 16Sf. (wo urbs regia zu Unrecht die Bedeutung von Kaiserstadt abgestritten wird) bis zu Knut GÖRICH, Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus, Sigma-

ringen 1993, S. 196f. (wo die Unterscheidung zwischen dem einfachen und dem doppelten, päpstlichen Epitheton nicht hinreichend beachtet wird) erhebliche Wandlungen erlebt, auf die hier nicht eingegan- gen werden kann.

69 Vgl. i. sein Rundschreiben über die Wahl seines Sohnes Konrad IVV, vom Februar 1237: apud unicam civi- Latein, licet pre ccteris regialu, non potu it contincrr; MGH Const II Nr. 329, S. 44o; 2. sein Manifest

�Ad extollcndum` bei der Übersendung des in Cortenuova eroberten Fahnenwagens der Mailänder an die Römer vom Januar 1238: si ad urbern regiant regiminis nostridears nos defcrrcnuu; Jean-Louis-Alphonse I'1U1LLARD-BRthouIS, Historia diplomatica Friderici secundi, Bd. 5,1, Paris 1ß57, S. 162; 3. die Ency- dica contra Tartaros vom ao. Juni 1241: ct urbcnl rcgiam intperii nostri caput lure darninii vel iniuria

potius possidendanr a Tartaric ... aspiratur, MGH Const 11 Nr. 23 5, S. 323. - Allgemein zum Verhältnis

Kaiser Friedrichs 11. zu Rom Matthias TilmisER, Rom und der römische Adel in der späten Staufer-

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52 Jürgen Petersohn

Angesichts des breit belegten zeitgenössischen Sprachgebrauchs liegt es nahe, �urbs regia" auch inJL 9541 als �Kaiserstadt" zu verstehen. Dieser Deutung korrespondiert die Aufwertung der im Gelasiusbrief als regalis bezeichneten weltlichen Gewalt zur imperialis potestas im Exordium unserer Littera7°. Damit stellt sich freilich die Frage

nach der Funktion von �urbs regia" inJL 9S41. Wollte Eugen mit seiner Hilfe den kai-

serlichen Charakter der ihm von den Stadtrömern bestrittenen und verleideten Rom- herrschaft herausstellen?

Das Verständnis dieses Begriffs in JL 9541 kann letztlich nur aus dem päpstli- chen Sprachgebrauch erschlossen werden. Für das Papsttum aber war Rom seit der Spätantike die

�civitas sacerdotalis et regia". Diese für den päpstlichen Romgedanken7` bestimmende Doppelprägung geht zurück auf den Sermo Papst Leos des Großen zum Fest der Apostel Petrus und Paulus aus dem Jahre 441, der - an der Grenze der Spätan- tike zum Mittelalter, im Innewerden der Ablösung der imperialen Funktionen Roms durch die der Kirche - in einer Glorifizierung der geistlichen \VJeltherrschaft Roms gip- felte:

�Sie (d. h. die Apostelfürsten) sind es, die dich zu dem Ruhm führten, daß du als heiliges Geschlecht, als auserwähltes Volk, als priesterliche und königliche Stadt (civi- tas sacerdotalis et regia), durch den geheiligten Sitz Petri zum Haupt der Welt gewor- den, mittels der göttlichen Religion weiter herrschst als durch irdische Macht"72. Ein Brief Papst Johannes VIII. an Lambert von Spoleto vom Jahre 878 verkürzte diesen Gedankengang auf die Formel von der civitas sacerdotalis et regia per sacrain beati Petri sedem73. Der Sermo LXXXII Papst Leos d. Gr. hat im Mittelalter weite Verbrei- tung gefunden. Spätestens durch die karolingische Liturgiereform wurde er Bestand- teil der Lesungen im Officium nocturnale des Peter- und Paulsfestes74, gelangte in

zeit (Bibliothek des DHI Rom Si), Tübingen 199$, S. aS1ff.; Jürgen PETERSOHN, Heinrich Raspe und die Apostelhäupter. Oder. Die Kosten der Rompolitik Kaiser Friedrichs II. (Sbb der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. Main 40), Stuttgart 2002.

70 ... scilicet auctoritas sacra ponti/icurn et inrperialis polestar, vgl. oben Anm. S. 71 Vgl. PETERSOHN, Romidee I (wie Anm. 67), [31 Sp. 1008f- 72 Isti sent qui to ad hanc gloriam prouexerrult, ut gens sancta, populus electus, einitas sacerdotalis et regia,

per sacram beati Petri sedan caput totius orbis effeaa, latius praesideres religione dinina quart dorni-

natione terrena; S. Leonis Magni Tractatus septem et nonaginta, Nr. LXXXII, hg. v. Antoine CHAVASSE, CCL 138 A, Turnholt 1973, S. Io8-1 18, hier S. $c9. Der Hinweis des Herausgebers auf t. Pctr. 2,9 (Vos

autan genus electum, regale sacerdotium, gets sancta, popitlus acquisitionis) deckt die Formel �civitas sacerdotalis et regia" allerdings nur teilweise ab; hier liegt eine eigene Bildung vor, die älteres Sprach- und Gedankengut verarbeitet. Vor Leo d. Gr. spricht Hieronymus, C. 39,4,6, vom genus regiu su et sacerdo- tale, eine Formel, die auch in die Liturgie eingeht; vgl. Klaus GA]tBER, Sacramentarium Gregorianum, Bd. 1, Regensburg 1966, S. 73.

73 Iohannis VIII. papac registrum, hg. v Erich CAsrAR, im MGH Epp 7 (Epp. Karolini acvi 1), Berlin 1928, Nr. 78-

74 Paulus Diaconus, Homiliarius. Homiliae de Sanctis XXIV, Migne PL 9S, Sp. 1457-1166, hier Sp. 1476; vgl. Friedrich WIEGAND, Das Homiliarium Karls des Großen auf seine ursprüngliche Gestalt hin unter- sucht (Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche 1 z), Leipzig 1897, S. 47.

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Zum Romzugsaufruf Papst Eugens III. vom Januar t 15 2 53

dieser Position ins Brevier7S, und damit war auch die Paarformel von der priesterli- chen und königlichen Stadt in der gesamten lateinischen Kirche bekannt und geläufig. Gerade dem geistlichen Empfängerkreis, an den diese Littera gerichtet war, mußte bei deren Lektüre hinter dem Epitheton

�urbs regia" die papale Romformel �civitas sacer- dotalis et regia" aufscheinen, und auch den in ihrer Inscriptio angesprochenen Grafen und Baronen war dieses Schriftstück, wenn sie es denn erreichte, nur durch die Über-

setzung ihrer Kapelläne zugänglich. Die Möglichkeit, daß Eugen mit dieser Wendung die päpstliche Romvorstellung unbesehen preisgab, ist somit auszuschließen.

Warum aber überhaupt �urbs regia" in diesem Papstschreiben? Nur aus der Zwangsläufigkeit einer rhetorischen Figur läßt sich dieser Begriff nicht erklären. Und auch, wenn er aus einem vorhergehenden Brief Konrads III. übernommen worden sein sollte76, kann dies nicht gedankenlos geschehen sein. Das Rom-Epitheton hat in diesem Brief, der der Aktivierung der Großen des Reichs für den geplanten Romzug ihres Königs dient, zweifelsohne eine werbende, ihren Einsatz rechtfertigende, dazu anreizende Funktion. Mitwirkung an der Romfahrt war Beistand zur Erlangung der Kaiserwürde. Diese strahlte auf alle Beteiligten aus, denn sie wandelte das regnum zum imperium. Aber erworben werden konnte die Kaiserkrone nur in Rom. Aus die- ser Sicht war und blieb Rom Kaiserstadt, urbs regia, wie es einige Jahrzehnte später Arnold von Lübeck bei der Schilderung der Kaiserweihe Ottos IV. aussprach: dieser sei nach St. Peter gezogen, um die heiligen Apostel zu verehren, simul etiam urbem regiam omnibus inodis honorare77. Die päpstliche Kanzlei evozierte in ihrer Littera also eine für die Vorstellungswelt und Motivation der Angesprochenen nicht gleichgültige Bedeutungsnuance des Krönungsfahrtzieles, ohne damit eine Aussage über den recht- lichen und politischen Status der Ewigen Stadt zu treffen.

Daß überhaupt von Papst Eugen III. eine imperiale Zuständigkeit für Rom - in

welcher Abgrenzung zu den päpstlichen Romrechten auch immer - zugestanden und damit auch zur Grundlage der mit König Konrad III. getroffenen und von ihm erhoff- ten politisch-militärischen Romregelung gemacht wurde, ist für diese Zeit nicht so überraschend, wie es unter dem Eindruck der mit Friedrich Barbarossa ausbrechenden

75 Im nachtridentinischen Bre,. icr steht die entsprechende Passage in der Lectio V der II. Nokturn; vgl. Breviarium Romanum ex decreto eoncilii Tridentini restitutum, pars aestiva, Regensburg 1954, in festo SS. Apostolorum Petri et Pauli.

76 In dessen erhaltenen Urkunden und Briefen kommt dieser Begriff jedoch, ebenso wie in den entspre- chenden Dokumenten seines Vorgängers Lothar 111. und seines Nachfolgers Friedrich I., wie die Wort-

register der jeweiligen Diplomata-Editionen ergeben, nicht vor. Abt \Vibald, der um die Herausbil- dungder frnhstaufischcn Kanzleisprache entscheidende Verdienste besitzt (vgl. HERKENRATH., Regnum [wie Anm. 4) S. 54ff. ), verwendet in Bezug auf Rom entweder das Wort Urbs" (Wibaldi ep. Nr. 96, S. 171; Nr. t fo. S. 236. -, 42, z44; Nr. 159, S. 26s; Nr. zfz, S- 37S; Nr. z92, S. 09; Nr. 300, S. 427; Nr. 364, S. 492; Nr. 37i, S. 5oz; Nr. 375, S. 503; Nr. 4z6, S. 563; Nr. 427, S. 564) oder die Zusammensetzung

�urbs Romani (ebd. Nr. zot, S. 31g; Nr. 365, S-494), nie jedoch das Epitheton urbs regia.

77 Arnoldi Chroniea Slavorum VII t9, hg. v. Johann Manin LAPPENnERG, MGH SSrG ius, Hannover 1868, S. 293"

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54 Jürgen Petersohn

Auseinandersetzungen um die ausschließliche Romhoheit seit den späten Soer Jahren78 erscheinen könnte. Bestimmt durch den als Herausforderung beider Gewalten emp- fundenen Selbständigkeitsanspruch des städtischen Senats, hatte Bernhard von Clair- vaux nach der Erhebung Eugens III. den deutschen König zum Einschreiten gegen die Römer mit der Begründung aufgefordert: �Ist Rom als Papstsitz nicht auch die Haupt- stadt des Imperiums? "79 und den Empfänger, ähnlich wie es das Exordium des Briefes an die deutschen Prälaten und Barone vom Januar 115 2 tat, an das gottgewollte Ideal des hilfreichen Zusammenwirkens von imperium und ecclesia erinnert8o. Selbst Papst Innocenz III. hat, ungeachtet seiner scharfen politischen Reaktion auf die staufischen Romherrschaftsansprüche bei seinem Pontifikatsbeginn im Jahre i i98", die Idealvor- stellung Leos d. Großen noch anerkannt, ja erweitert, wenn er in einer Predigt zum Peter- und Paulstag von Rom als der urbs sacerdotalis et regia, imperialis et apostolica sprach".

Es dürfte deutlich geworden sein, daß Eugens III. Littera an die deutschen Für- sten im Zusammenhang mit den Romzugsplanungen König Konrads III. größere Auf- merksamkeit verdient, als ihr bislang zuteil wurde. Sie ist Teil der politischen Kom- munikation zwischen dem Königs- und dem Papsthof, wie sie sich in einer ganz spe- zifischen Situation entwickelt hatte, und damit zugleich Zeugnis für die besonderen Bedingungen dieses Dialogs sowohl im Reich als auch im Kirchenstaat.

78 Dazu Jürgen PETERSOHN, Friedrich Barbarossa und Rom, in: Friedrich Barbarossa. Handlungsspiel- räume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers, hg. v. Alfred HAVERKAMP (VuF 40), Sigmaringen 1992, S. 129-146, bes. S. 133ff.

79 Nonne ut Apostolica seder, ira et caput imperii Rorna est? Ur ergo dc Ecc! esi r taccarn, nurn honor Regi est truncum in manibus tencrc imperirrrn; ep. 244, hg. v. Jean LECLERcQ/Hcnri-? Marie RoctiAls, S. Bernardi Opera, Bd. 8, Rom 1977, S. 135.

So Non venial anima mea in consiliurn eormn qui dictrnt, vel irnperio pacern et libenatenr ecclesiarrarr, vel ccclcsiis prosperitatcm et exaltationem imperinociturarn. Non erninl utriusgncinstitutorDenrs in destruc- tiornein ea connexuit, red in aedi/icationem; ebd. S. 134f-

81 Vgl. Jürgen PETERSOHN, Kaiser, Papst und pracfectura Urbis zwischen Alexander III. und Innocenz III. Probleme der Besetzung und Chronologie der römischen Präfektur im letzten Viertel des 12. Jahrhun- derts, in: QFIA 6o (1980), S. 157-188, hier S. 1 S7; DERS., Friedrich Barbarossa und Rom (wie Anm. 7S), S-142-

82 Ecce liquido pater, quantum Dens urbern istam dilexerit, ut eadem esset sacerdota/is et regia, imperialis et apostolica, obtinens et exercens non solum dornirriurn super corpora, verun etiann nnagisterium super animas; Innocentius III papa, Sermonen de sanctis XXII, Mignc PL 217, Sp. f 56f.