Upload
wolfgang-v-ungern-sternberg
View
927
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
K a b e l s a l a t ! Was man
nicht alles in die Ferien mitnehmen muß! Ladegeräte für Kamera, CD-Player, Telefon— bei all‘ den vielen Kabeln kommt man sich fast vor wie in dem klassi-schen Bild von „Laokoon und den Schlangen“ -
wie soll man damit nur fertig werden? Warum gibt es in unserer Welt nur so viele Akkus, und warum sind sie alle so schnell leer?
Es wäre ja schon toll, wenn man eine Batterie hätte, die nicht nur (fast) un-endlich lange hält, sondern auch noch die anderen an
Leistung schlägt, aber leider … gibt es die nur bei den Elektrohasen in der
Werbung! Wir wünschten auch alle, unsere Batterien würden länger halten—und wenigstens
sind die Akkus erfunden worden, die kann man immerhin nachladen. Es ist altbekannt, unsere geistlichen
„Batterien“ bedür-fen oft der Pflege. Aber wenn wir uns nicht veraus-gaben, nicht an-strengen, können wir uns eigentlich in Sicherheit wie-gen, dann halten
sie doch, oder? Naja, eben nicht ganz — schauen wir mal die Verfallskurve eines Akkus an. Nach fünf Monaten (rechte Linie) ist
Falkenstrasse 1 8630 Rüti Predigt vom 15. Juli 2007
er leer! Ohne irgendwas zu tun, nur im Gerät gelegen! Gemein-
heit! Dank der „Selbstentladung“ hält er also nur zwei Monate länger als der mässig/normal belastete Akku auf der linken Linie.
Und dazu kommt noch ein weiteres Problem — wenn bei unseren elekti-schen Reisebegleitern der Strom aus-
geht, brennen die Lichter nicht mehr, und wir wis-sen genau, was los ist: Zeit, die Foto-session zu beenden und mitten am Strand die n ä c h s t e Steckdose zu suchen …
Ärgerlich genug, aber was wäre, wenn uns das Wissen um diesen Zu-sammenhang verloren ginge? Wir würden die Maschine auseinander-bauen, vielleicht zum Service einschi-cken und auf die Ingenieure schimp-fen. Lächerlich? Ja, im Beispiel, bei äus-seren Batterien schon, aber bei unse-ren inneren Akkus leider überhaupt nicht: Geistlicher Durst ist der einzi-ge Durst, der meistens falsch ver-
standen wird. Warum befriedigt mich die Ferienruhe nicht? Warum kann ich die Landschaft nicht geniessen? Wa-rum reagiere ich ständig genervt, wenn mein geschätzter Anhang mei-ne Visionen von der idealen Ausflugs-planung nicht teilt? Wo die Lebenskanäle in unserem In-neren verstopft sind, weil brackiges
Wasser gur-gelt, wo eigent-lich lebendige Ströme von Anerkennung, Liebe und Sinn brausen soll-ten, dann wird jede Fliege an der Wand zum Monstrum und jeder Anlass zum Streitfall.
Geistlicher Durst, Durst nach Kraft für unseren Akku, ist mit das meist fehldiagnostizierte Leiden über-haupt. Der Mann vor dem gigantischen Kühl-schrank weiß fast nicht, womit er sei-nen Durst stillen soll — so verblüffend vielfältig ist das Angebot. In den Fe-rien stehen wir vor einem fantasti-schen Bündel von Angeboten Gottes. Wir können seine Schöpfung und sei-ne Geschenke in vollen Zügen ge-niessen. Aber richtig Freude wird nur
dann aufkommen, wenn auch unsere inneren Bedürfnisse gestillt sind.
Wie groß ist das Paket von Sor-gen und Ängsten, das wir mit in
den ersehnten Urlaub nehmen? Es läßt sich nicht wegdiskutieren, und irrig wäre es, das zu versuchen. Wir können versuchen, unsere Sorgen „auf den Herrn zu werfen“ - und noch etwas Anderes: Wir können ein Ge-gengewicht setzen. •„Preise den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht alle seine Wohlta-ten!“ erklärt David uns, was ihn ge-sund erhält (Psalm 103,2). Helfen wir uns selbst, indem wir uns an Freunde, glückliche Momente, er-haltene Hilfe erinnen, schützen wir unsere Seele vor dem Rost und der Säure des Schmollens und Selbstmit-leids. Erinnern wir uns nochmals an all‘ die Geräte, die wir mit ihren Akkuladern mit in die Ferien genommen haben: Ein Fotoapparat. Wenn ich ganz bewußt ein inneres „Fotoalbum“ vom geschenkten Glück führe und es ab und zu hervorhole und dafür danke, gebe ich Gott die Ehre – und stärke mich selbst, das ist mit das Schöne dabei!
Tja, und dann natürlich noch das Handy. Wer hat Kinder im Teenie-Alter und seufzt beim Gedanken an deren Telefonrechnung? Stunden und Stunden wird alles debattiert, was die Seele belastet, man freut sich und weint, lacht und schimpft gemeinsam! Wie befreiend für die Seele! Gibt es vielleicht manchmal zu schnell
eine Scheu davor, Gott auszubreiten, was in unserem Inneren alles brodelt? In den Psalmen kommt alles vor: Von wütendsten Ausrufen, abgrundtiefer Verzweiflung, jubelnder Freude bis siegesgewissem Stolz ist alles vor-handen. Vielleicht—darf man das so sagen?— ist es manchmal gar nicht so ent-scheidend, was wir Gott anvertrauen, sondern dass wir uns an die richti-ge Adresse damit wenden. Schwei-gende Seelen erstarren, Reden ist Gold in diesem Falle. •„…lasst eure Bitten in Gebet und Fle-hen mit Danksagung vor Gott kund-werden!“ Phil 4,6 • Nicht so sehr, was, sondern „mit wem“ zählt!
•„Meine Seele verzehrt sich nach Dei-nem Heil. Ich warte auf Dein Wort.“ Psalm 119,81 Ein ehernes Gesetz der Computerbe-nutzung lautet: Jede Maschine ist nur so schlau wie das, womit sie gefüttert wird. Wo Abfall („garbage“) reingeht, kann nichts Begeisterndes heraus-kommen. Habe ich manchmal viel-leicht so eine Art Ladehemmung, wenn es um Gottes Wort geht? Als langjähriger Gläubiger leidet man leicht an einer gewissen „déformation professionelle“ Hinsichtlich der Frage, ob es sich eigentlich noch lohnt mit dem Lesen, als Jüngerer stolpert man vielleicht über die praktische Anwend-barkeit. Im 119. Psalm werden „Heil“ und
„Wort“ ganz eng zusammen gese-hen — all‘ unseren Ermüdungser-scheinungen oder Verständnisproble-men zum Trotz wird uns damit ver-heissen, dass sich im Lesen ein Wun-der ereignet: Gott selbst kommt zu uns. Ich höre z.B. gerne (englische) Kurzandachten beim Joggen, ist sehr aufbauend. Es gibt auch sehr lebendi-ge Hörbibeln — mit etwas Phantasie findet sich Zeit. „Die Bibel ist wie ein Strom, der so flach ist, dass ein Lamm daraus trin‐ken kann, und so tief, dass ein Elefant darin baden kann.“ (Papst Gregor d. Gr.)
Als wir neulich als Familie am Greifen‐see Würstchen bra‐ten waren, wurde ich auf einmal ganz nachdenklich:
Schon einmal überlegt, was der Un‐terschied zwischen einem Lagerfeuer und einem Streich‐holz ist? Ein Lagerfeuer brennt
heller, wenn man hineinpustet, ein Streich holz geht aus… Möge Gott uns allen geben, dass wir „Ferientips“ finden, durch die wir ein helles, leidenschaftliches Feuer in unserem Inneren erhalten können. Was Gott freut, dient auch uns.
• „ und wie überschwenglich gross [ist] seine Kraft an uns, die wir glauben, weil die Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde“ Eph. 1,19
Amen
Wolfgang v. Ungern-Sternberg 055 241 16 35 [email protected]