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Professionell mit benachteiligten Jugendlichen
arbeiten – aber wie?
Arnulf Bojanowski
Vortrag am 3.12. 2009 in Hannover auf der Fachtagung „Akku aufladen! Was hält Fachkräftein der Jugendsozialarbeit fit?“
Gemeinsam erarbeitet mit den Studierenden: Helena Braun, Christian-Magnus Dathe, Marie Gerlach, Thomas Lembke, Boris Kreimeyer, Markus Weise, Doreen Zielke
„Die Arbeit mit benachteiligten jungen Menschen in der Jugendsozialarbeit ist
anstrengend.“
Warum?
Aktuelle Rahmenbedingungen:
Sechs Trends
I.
Differenzierte Lebenslagen und Lebensprobleme der Jugendlichen:
Heterogenität
Zielgruppenausweitung: Von der Berufs(früh)orientierung bis zur
Nachqualifizierung
II.
Existenz eines Übergangssystems, verbunden mit Verwerfungen in der
außerschulischen Berufsvorbereitung: Diskrepanz zwischen SGB II und SGB III
zudem: Ausdifferenzierung der schulischen Berufsvorbereitung (z. B.
Niedersachsen: BEK)
III.
Wandel der pädagogischen Leitbilder:
von der Qualifikation zur Kompetenz; Forderung nach Lebensweltorientierung;
Qualifizierungs-Bausteine in der Berufsvorbereitung:
Diskurs über produktionsorientierte Angebote (Produktionsschule)
IV.
Industriesoziologische Trends: Wandel der Geschäfts- und Arbeitsprozesse;
Fragmentierung des Berufsbegriffs; Folgen für den Arbeitsmarkt:
„Qualifikationsparadox“
V. Zunahme der Rolle der Region, der
Kommune – als Entwicklungskern für ein regionales Übergangsmanagement:
Kooperationsformen zwischen Schule und Jugendhilfe, z. B. Bundesprogramm
„Lernen vor Ort“ aber auch: Finanzschwäche der
Kommunen
VI.
Europäische Entwicklungen: Forderung nach einer „Valorisierung“ des informellen Lernens; europäische Vergleichbarkeit der
Abschlüsse
Aber auch: Schulabbrüche und hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa
„Die Arbeit mit benachteiligten jungen Menschen in der Jugendsozialarbeit ist
anstrengend.“
Welche Professionsmerkmale zeichnen den/die Benachteiligtenpädagogen/in aus?
Anknüpfungen an der empirischen Forschung:
Christe/ Enggruber: Sozialpädagogische Fachkräfte werden an den FHen nicht angemessen auf eine Tätigkeit in der Jugendsozialarbeit vorbereitet
Harald Görlich: Selbstverständnis der BVJ-Lehrer = relativ hohe Zufriedenheit mit der Tätigkeit im BVJ
Weiterbildungen im LiDo-Modellversuch: hohe Wertschätzung des wechselseitigen Austauschs + Notwendigkeit, am Praktikerwissen und -können anzuknüpfen
Modellversuch „Prokop“: Betonung der unterschiedlichen Aufgabenwahrnehmungen bei den Professionellen in der Benachteiligtenförderung
Was ist pädagogische Professionalität? Ein Zitat von Makarenko
aus:
Anton Semjonowitsch Makarenko:
Der Weg ins Leben. Ein pädagogisches Poem.
Berlin 1951
„Bei den Zöglingen bildete sich zu Eduard Nikolajewitsch Schere ein Verhältnis zurückhaltender Begeisterung heraus. Ich hatte erkannt, daß die Überzeugung unserer Intelligenz, Kinder liebten und schätzten nur den, der ihnen liebevoll, ja zärtlich entgegenkommt, für unsere Jungen nicht zutraf.“
„Ich war schon lange davon überzeugt, daß Kinder, wie wir sie in unserer Kolonie hatten, die größte Achtung und die größte Liebe einem anderen Menschentyp entgegenbringen…: sicheres und präzises Wissen, Können, Kunstfertigkeit, „goldene Hände“, wortkarges Wesen, das Vermeiden leerer Phrasen, stete Bereitschaft zur Arbeit – das ist es, was die Jugend im höchsten Grade mitreißt.“
„Solche Pädagogen können äußerst kurz angebunden sein, Anforderungen stellen bis an die Grenze der Nörgelei. Sie können die Jungen übersehen, wenn sie neben ihnen stehen. Sie können ihre Zuneigung ignorieren…“
Sechs Professionsmerkmale
(mit Hilfe der Empirie und mit Hilfe von Makarenko)
A „Aufbau innerer Haltungen“
…mit Handlungsvorschlägen und Tipps aus dem Seminargespräch:
Was hat mich in Kindheit und Jugend besonders geprägt? Bin ich noch heute von meinen Bedingungen, Gesprächen, Interaktionen usw. geprägt? Welche alten Muster schleife ich mit mir herum?
Verfüge ich über „sicheres und präzises Wissen“, aber auch über hinreichend Achtung und Respekt dem Jugendlichen gegenüber?
Habe ich ein durchdachtes und gelebtes Verständnis der eigenen Berufsrolle (wohlwollend, klar, sachlich, humorvoll…)?
Gemeinsam mit den Jugendlichen arbeiten Grenzen aufzeigen und konsequent sein Menschlichkeit zeigen, z. B. sich entschuldigen oder
verzeihen können Niemals aufgeben – keinen Jugendlichen aufgeben
B „Was ist der junge benachteiligte Mensch?“
…mit Handlungsvorschlägen und Tipps aus dem Seminargespräch:
Es bedarf eines grundlegenden Verständnisses des jungen Menschen in seiner Entwicklungsfähigkeit.
Als zentrale Anforderung der Benachteiligtenförderung gilt die Notwendigkeit der individuellen Förderung.
Es geht darum, eher zu fördern, zu entwickeln, zu helfen, zu beraten, zu moderieren, zu entfalten helfen, zu begleiten.
Es sollte die Selbsttätigkeit der Jugendlichen unterstützt werden
C „Sich pädagogische Handwerkszeuge erarbeiten“
… mit Handlungsvorschlägen und Tipps aus dem Seminargespräch: Der/die Pädagoge/in braucht Kompetenzen wie z. B.
Instrumente zur individuellen Förderung: Kompetenzfeststellung, Förderplanung, Biographiearbeit
didaktische und methodische Handlungskompetenzen: z. B. differenzieren können
Kompetenzen, um die Lebenswelten der Jugendlichen zu erkunden (Medien, kulturelle Praktiken
Gesprächstechniken, um situativ und individuell handeln zu können
Interventionstechniken, um klug und nachhaltig handeln zu können
„Kompetenzansatz“ – Basis des Handelns ist und bleibt die Zuschreibung von inneren Stärken bei den Heranwachsenden
D „Organisationskultur mit prägen und entwickeln helfen“
… mit Handlungsvorschlägen und Tipps aus dem Seminargespräch:
Die Organisation prägt – heimlich und (un-) heimlich Sich nicht zufrieden geben: Es gilt, das spezifische Lern-
und Ausbildungsarrangement in ihrer jeweiligen Einrichtung mit zu prägen
Notwendig wird eine eigene innere Kultur der Kooperation und des sachgebundenen Teamworks – nach innen (und nach außen): z. B. kollegiale Beratung
Günstig sind für solche organisationsinternen Prozesse z. B. Kenntnisse praktischer Techniken des Sozialmanagements
„Räume“: Einrichtungskultur entwickeln: Es gilt, den Jugendlichen eine „Heimat“ zu geben, einen Ort zu schaffen, zu dem sie wirklich gerne kommen
Allgemeine „Regeln“ einführen und durchhalten „Rituale“ – Regelmäßigkeiten schaffen und in der
Gruppe oder Einrichtung verankern
E „Seine Region sollte man kennen“
… mit Handlungsvorschlägen und Tipps aus dem Seminargespräch:
Kooperieren können heißt, Vernetzungen nach außen zu betreiben: Betriebe, soziale Einrichtungen, Elternarbeit, etc.
„Vertragliche“ (formelle) Netzwerke sind hilfreich, aber nur eine Seite der Medaille
„Persönliche Netzwerke“ sind dabei für jede(n) Pädagogin/en unabdingbar
„Ich bin der Netzwerkpartner meiner Netzwerkpartner“: Win-Win-Situationen schaffen
Kenntnisse der regionalen Qualifikationsinfrastruktur gemeinsam schaffen und an Kollegen/innen weitergeben!
F „Wissen erwerben über gesellschaftliche Rahmenbedingungen“
… mit Handlungsvorschlägen und Tipps aus dem Seminargespräch:
Wissenserwerb zur beruflichen Benachteiligtenförderung bezieht:
Kenntnisse der organisationellen Rahmenbedingungen Kenntnisse rechtlicher Rahmenbedingungen Es gilt Interesse zu entwickeln zu den aktuellen Trends
der Erwerbsgesellschaft (Globalisierung, Europäisierung, Wandel des Jugendalter, Veränderungen im Familienleben, arbeitssoziologisches Interesse an der Veränderung der Arbeitssituationen)
Verständnis der historischen Entwicklungen im Umkreis der Benachteiligtenproblematik
Helena Braun,
Christian-Magnus Dathe,
Marie Gerlach,
Thomas Lembke,
Boris Kreimeyer,
Markus Weise,
Doreen Zielke und
Arnulf Bojanowski
danken für Ihre Aufmerksamkeit!