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2016-06-21 13-38-31 --- Projekt: transcript.anzeigen ... · Fragmente einer bundesdeutschen Medienbiographie Gundolf S. Freyermuth | 19 II KRITISCHE PERSPEKTIVEN: LITERATUR, RADIO,

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Aus:

Gundolf S. Freyermuth, Lisa Gotto (Hg.)

Der TelevisionärWolfgang Menges transmediales Werk.Kritische und dokumentarische Perspektiven

August 2016, 776 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 69,99 €, ISBN 978-3-8376-3178-4

Wolfgang Menge (1924-2012) war einer der wichtigsten Drehbuchautoren der bun-desdeutschen Nachkriegszeit. Fernsehspiele wie »Die Dubrow-Krise«, »Das Millio-nenspiel« oder »Smog« schrieben TV-Geschichte, Serien wie »Stahlnetz«, »Ein Herzund eine Seele« oder »Motzki« begeisterten und provozierten ein Millionenpublikum.Als Talkshow-Gastgeber wurde Menge zu einem der prominentesten Köpfe des Fern-sehens – als Verfasser von Hörspielen, Theaterstücken und Kinofilmen, Romanenund Sachbüchern erprobte er transmediales Schreiben.Dieser Band verbindet kritische mit dokumentarischen Perspektiven und versammeltAnalysen seines Werks, Zeugnisse von Weggefährten sowie historische Schlüsseltexteüber und von Wolfgang Menge.

Gundolf S. Freyermuth (Prof. Dr. phil.) ist Gründungsdirektor des Cologne Game Labder TH Köln. Er lehrt dort Media and Game Studies sowie Comparative Media Studiesan der ifs internationale filmschule köln.Lisa Gotto (Prof. Dr. phil.) ist Professorin für Filmgeschichte und Filmanalyse an derifs internationale filmschule köln sowie für Media and Game Studies am CologneGame Lab der TH Köln.

Weitere Informationen und Bestellung unter:www.transcript-verlag.de/978-3-8376-3178-4

© 2016 transcript Verlag, Bielefeld

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Inhalt

Vorwort | 11

I LEBEN UND WERK

Wolfgang Menge: Authentizität und Autorschaft. Fragmente einer bundesdeutschen Medienbiographie Gundolf S. Freyermuth | 19

II KRITISCHE PERSPEKTIVEN: LITERATUR, RADIO, FILM, FERNSEHEN

Wolfgang Menge – in seinen Büchern Barbara Naumann | 219

»Rednaxela dnu Nairda«. Zu Wolfgang Menges Hörfunkanfängen Wolfgang Hagen | 243

Modulation und Hybridität.

Edgar-Wallace-Filmen von Wolfgang Menge Ivo Ritzer | 261

Was der Fall sein könnte. Wolfgang Menges spekulative Fernsehspiele Lisa Gotto | 285

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Kollektive Zivilisationsängste. Wolfgang Menges Reality-Fernsehen Klaudia Wick | 313

Experimentelles Fernsehen Lorenz Engell | 331

Subversion durch Transparenz. Wolfgang Menge als Talkmaster von III NACH 9 Stefan Münker | 353

Komplexes Fernsehen 1974. Die Liveness der Talkshow III NACH 9 Jens Ruchatz | 377

III DOKUMENTARISCHE PERSPEKTIVEN: TEXTE, PORTRÄTS, GESPRÄCHE, ERINNERUNGEN

»Nun steigen Sie doch endlich ein!« Erinnerungen an Wolfgang Menge und die Wirren des Kriegsendes und der Nachkriegszeit Sabine Hering | 412

LAND DES MÜDEN LÄCHELNS. Ein Reisebericht Wolfgang Menge | 422

DAS WIEDERSEHEN. Ein Hörspiel Wolfgang Menge | 462

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HALLOH NACHBARN! Sendung vom 2. Mai 1959 Wolfgang Menge | 470

Zeitvertreib. Ein Theaterstück (1961, Auszug) Wolfgang Menge | 480

DIE STIMME DER KRITIK. Sendung vom 17. November 1962 Friedrich Luft | 498

Mein Mann Marlies Menge | 504

So isst die Rote Garde.

Wolfgang Menge | 508

»Wolfgang Menge war mein erster Autor.« Günter Rohrbach im Gespräch mit Gundolf S. Freyermuth und Lisa Gotto | 514

Der verkaufte Käufer. Eine Marktbetrachtung Wolfgang Menge | 524

»Das mit der Familie ist nun mal passiert.« Über den Tetzlaff-Autor Wolfgang Menge Hermann Schreiber | 536

»Menge war ein Visionär.« Gunther Witte im Gespräch mit Lisa Gotto und Wolfgang Hagen | 540

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Antworten auf den FAZ-Fragebogen Wolfgang Menge | 550

Der Würfel Gottfried Boettger | 556

»… weil das Risiko Spaß macht.« Über Talkshows

Wolfgang Menge | 560

»Da haben wir zusammen geweint ...« Gisela Marx im Gespräch mit Gundolf S. Freyermuth und Stefan Münker | 576

Knopf an der Backe. Dankesrede zur Grimme-Preis-Verleihung Wolfgang Menge | 584

Der Geschichte(n)erzähler. Leben und Arbeiten im Grenzbereich zwischen Fakten und Fiktionen Gundolf S. Freyermuth | 590

Sie tanzten nur einen Abend Michael Schmid-Ospach | 604

Schiller. Die Preis-Rede Wolfgang Menge | 608

SCHALOM. Drehbuch für eine Fernsehserie: Episode 1 Wolfgang Menge | 618

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Beschäftigt mit dem Gang der Welt

Regine Sylvester | 654

»Hauptsache, ich bin nicht zu Hause«

Wolfgang Menge im Gespräch mit Günter Gaus | 660

Das letzte Foto. Zum Tod von Wolfgang Menge Hans Janke | 682

Werkverzeichnis

Carmen Schneidereit | 688

Autorinnen und Autoren | 753

Abbildungsverzeichnis | 763

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Vorwort GUNDOLF S. FREYERMUTH UND LISA GOTTO

-toren der bundesdeutschen Nachkriegszeit. Fernsehspiele wie DIE DUBROW-KRISE (1969), DAS MILLIONENSPIEL (1970) oder SMOG (1972) schrieben TV-Geschichte, Serien wie STAHLNETZ (1958-1968), EIN HERZ UND EINE SEELE (1973-1976) oder MOTZKI (1993) begeisterten und provozierten ein Millio-nenpublikum. Im Titel und Untertitel dieses Bandes wird Menge nun zum einen als Televisionär und zum anderen als transmedialer Autor charakteri-siert. Beide Behauptungen bedürfen einer Begründung.

Television bedeutet Weitsicht. Von ihr zeugt Wolfgang Menges umfang--

tisch begründete Ein- und Hellsicht mit einem erzählerisch-imaginierenden Blick, der in der Gegenwart die Vorausandeutungen der Zukunft zu erspü-ren vermag. Solch televisionäre Qualitäten bewies Menge zudem in einer Vielzahl von Medien: als Autor journalistischer Berichte und literarischer Reportagen, als Romancier, als Verfasser von Sach- und Kochbüchern, als

Fernsehspiele und Fernsehserien und last but not least als souverän auftre-tender Talkshow-Gastgeber. Seine nicht nur außerordentlich erfolgreiche, sondern im zeitgenössischen Vergleich höchst ungewöhnliche Autorschaft zeichnete aus, dass sie die in der professionellen Produktion etablierten Me diengrenzen nicht akzeptierte und wenn nicht dieselben, dann ähnliche und vergleichbare Interessen über eine Vielzahl medialer Ausdrucksformen

avant la lettre. Seine Werke, tief in den Zeiten ihres jeweiligen Entstehens verhaftet,

bieten so einerseits einen Schlüssel zur Medien- und Sozialgeschichte der Bundesrepublik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Andererseits weisen sie televisionär auf gesellschaftliche Themen und mediale Entwick-

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12 | DER TELEVISIONÄR

lungen voraus, die sich erst Jahrzehnte später realisieren sollten und zum Teil erst in unserer Gegenwart realisieren.

*

--

Gundolf S. Freyermuths programmatischer Beitrag, der Wolfgang Menges -

tiert. Er gibt die Leitlinie der Publikation vor, indem er die Stationen von Wolfgang Menges Lebensweg mit den Entwicklungsstadien seines Medien-schaffens verbindet und dabei die komplexen Relationen von gesellschaft-lichen Verhältnissen und medialen Verständnissen auffächert und entfaltet.

Beiträge, die sich auf Wolfgang Menges Wirken in den Einzelmedien kon--

bara Naumanns Untersuchung von Menges Beziehung zu Literaturen und

Wolfgang Menges nach, und Ivo Ritzer befasst sich mit den medienkulturel--

den fünf Beiträge beschäftigen sich mit Wolfgang Menges Arbeiten im und für das Fernsehen. Lisa Gotto betrachtet Wolfgang Menges Fernsehspiele als spekulative Anordnungen, Klaudia Wick analysiert sie als frühe Formen des Reality-TV. Lorenz Engell setzt sich mit experimentellen Verfahren der Television auseinander und richtet den Blick dabei auf Wolfgang Menges erfolgreichste Fernsehserie EIN HERZ UND EINE SEELE. Abschließend widmen sich die letzten beiden Beiträge der TV-Talkshow III NACH 9: Stefan Mün-ker diskutiert sie als innovativen Ausbruch aus der Sende-Routine, und Jens Ruchatz betrachtet ihre Komplexität aus der ihr zugrunde liegenden und durch sie zum Ausdruck gebrachten Liveness des Fernsehens.

-trägen und Wiederabdrucken umfasst Wolfgang Menges gesamtes Schaffen

seiner Wirkung auf andere. Neben zwei Autoren-Porträts aus Spiegel und Stern -

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VORWORT | 13

Texte Wolfgang Menges: eine Reportage, ein Hörspiel, das Manuskript zu einer Radiosendung, Auszüge aus einem Theaterstück, einem Kochbuch und einem Sachbuch, die erste Episode einer nicht mehr realisierten Sitcom, zu-dem zwei Reden und ein Interview. So, wie Wolfgang Menge als Autor seine Sujets umkreiste, um zu neuen Erzählweisen zu gelangen, so kann der Leser hier aus den unterschiedlichen Blickwinkeln eine neue Sicht auf vermeint-lich Bekanntes gewinnen.

*

-logne Game Lab der Technischen Hochschule Köln stattfand. Sie wurde von Gundolf S. Freyermuth und Lisa Gotto geleitet und gemeinsam mit der ifs

Stewens sowie dem Presseteam, insbesondere Miriam Edinger und Uljana

-ferenz haben uns Fabian Wallenfels mit organisatorischem Geschick und Holger Buff durch die Erstellung eines Filmtrailers mit Ausschnitten aus

Film und Medienstiftung NRW Petra Müller, die schon im Jahre 2002 für die erste große Werkschau der Filme Wolfgang Menges im Rahmen der Cologne

Abb. 1: Plakate der Forschungskonferenz »Der Televisionär« (2014)

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wir zudem den Zeitzeugen Gisela Marx, Günter Rohrbach, Gunther Witte und Jakob Menge, die wichtige historisch-biographische Informationen bei-steuerten. Ihnen und allen Teilnehmern der Konferenz danken wir für ihre Beiträge. Erst auf deren Basis wurde es möglich, das stark erweiterte Kon-zept dieses wissenschaftlich-dokumentarischen Bandes zu entwerfen.

Realisieren ließ es sich wiederum allein durch das Entgegenkommen ei-ner Reihe von Personen und Institutionen. Erika und Bettina Gaus waren so freundlich, uns den honorarfreien Nachdruck des Fernseh-Gesprächs zwi-schen Günter Gaus und Wolfgang Menge zu erlauben. Ebenso genehmigten Bloch Erben den Abdruck der ersten Szenen des Theaterstücks Zeitvertreib

Sendung Stimme der Kritik vom 17. November 1962 sowie des dazustehen-den Fotos. Sabine Hering, Günter Rohrbach, Regine Sylvester und Hans

Freiesleben Aufnahmen der Büste, die er 2010 von Wolfgang Menge anfer-

-gang Menges, ohne deren großzügige Unterstützung dieser Band so nicht hätte entstehen können. Marlies, Amelie und Jakob Menge halfen uns in vielfältiger Weise, indem sie uns Zugang zum Nachlass ge währten, zahlrei-

und sich immer wieder Zeit für biographische Auskünfte und Recherchen nahmen.

Allen Autoren danken wir für die Textarbeit und die Geduld, die sie an-gesichts des langwierigen Herstellungsprozesses bewiesen. Unsere studen-

Schneidereit wirkten mit großem Einsatz an der Aufbereitung der Texte für

sehr umsichtig auf Fehler geprüft; das Layout des Bandes entwarf und be--

schungsprojekts am Cologne Game Lab leisteten Katharina Tillmanns und -

gung dieses Bandes. Ihnen allen danken wir sehr herzlich.

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Wolfgang Menge: Authentizität und AutorschaftFragmente einer bundesdeutschen Medienbiographie

GUNDOLF S. FREYERMUTH

Als Wolfgang Menge am 10. April 1924 in Berlin geboren wurde, galt der

kämpfen hatte, öffentliches Radio war ein gerade sechs Monate altes soziales Experiment, und das Fernsehen existierte nur in Laboren. 88 Jahre später, als er am 17. Oktober 2012 starb, ebenfalls in Berlin, waren weltweit über zwei Milliarden Menschen online und in den fortgeschrittensten Regionen des Planeten überholte die Nutzung des Internets die aller anderen Telekommu-

der Mitte des vergangenen Jahrhunderts dann das Fernsehen. -

nachten 1952. Mit seiner innovativen Kombination von Fakten und Fiktio-nen formte die Television wie kein anderes Massenmedium die westdeutsche Gesellschaft, ihre Kultur und Politik. Spätestens in den 1960er Jahren hat-te das Fernsehen, in seiner besonderen öffentlich-rechtlichen Verfasstheit, ein gänzlich neues Publikum geschaffen: die Fernsehnation, ein anonymes Millionenkollektiv, das wesentliche Teile seines Tagesablaufs wie auch die

gleicher, aus westlicher Sicht. Sie vermittelte demokratische Werte und stif-tete bundesdeutsche Identität. Zu dieser allmählich vergehenden Epoche lie-fert die Television als Medium daher einen zentralen Schlüssel, nicht zuletzt auch, weil die zeitgenössischen Macher das TV-Programm, das sie produ-

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zierten und verantworteten, durchaus auch als Programm im emphatischen Sinne begriffen.

von dem neuen Massenmedium angezogen und dann in ihm zum Star wurde,

das erste Geld, das er kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Journalist

aus. Vor allem aber liebte er die industriellen Massenmedien. Seine Karrie-re zeichnete gewissermaßen die Geschichte ihrer technischen Entwicklung nach: Er begann als Printjournalist und arbeitete sich über Radio und Film zum Fernsehen vor, dem damals jüngsten, technisch fortgeschrittensten und organisatorisch offensten, deshalb für ihn spannendsten Medium.

Siegfried Kracauer beschrieb einmal die tiefreichende Interdependenz einer besonderen künstlerischen Begabung mit einerseits zeitgenössischen medialen Fortschritten und andererseits gesellschaftlichen und kulturellen

-

1 In der -

gen Zweiten Kaiserreichs, bewegt worden, wie er diese bewegt habe. Seine

Ära, sondern greifen zugleich mit verwandelnder Kraft in das Regime ein.

eines Künstlers, der auch durch seine Person die Phantasie der Zeitgenossen 2

Ähnliches lässt sich von Wolfgang Menge sagen. Sein Aufstieg knüpf-

3 In seinem vielfältigen

1 Kracauer, Siegfried: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit, Werke, Bd. 8, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005 (*1937), S. 11.

2 Ebd., S. 12.3 Ebd., S. 10.

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Werk und insbesondere in den Arbeiten für das öffentlich-rechtliche Fernse-hen verdichtete er wie in einem Brennspiegel die westdeutsche Gesellschaft

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verschränken: mit Skizzen der Medien- und Kulturgeschichte und insbeson-

Schwerpunkte, um die seine künstlerische Existenz kreiste, insbesondere

und seines Werks teilt sich in fünf Abschnitte:

• I Vor dem Fernsehen schildert Wolfgang Menges Kindheit, Jugend und seinen frühen Werdegang als Journalist für Print und Radio sowie als

gelangte der junge Autor zunächst von Gedichten zu Nachrichten, von Erfundenem zu Gefundenem. Seine damaligen Erfahrungen mit dem

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Abb. 1: Wolfgang Menge in seinem Haus auf Sylt (Ende der 1970er Jahre)

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letzt sein künstlerisches Werk prägen. Zu dessen wichtigstem formalen Moment wurde die Konzentration auf semi-dokumentarische Formen und damit verbunden die Produktion von Authentizität beziehungsweise das mediale Spiel mit ihr.

• II Im Fernsehen der 1950er und 1960er Jahre verfolgt Menges Wechsel

seine zweigleisige Karriere in dem neuen Medium: zum Ersten als Au-tor der ersten bundesdeutschen Kriminalserie und anderer erfolgreicher Kriminalspiele, zum Zweiten als Autor kritischer und formal innovativer Fernsehspiele zu aktuellen politischen Fragen.

• III Im Fernsehen der 1960er und 1970er Jahre analysiert, wie Menge

Show narrativ für das Fernsehspiel nutzbar machte. Inhaltlich versuchte er damit gegenwärtige Zustände in denkbare Zukünfte fortzuschreiben. Zentral für den Erfolg dieser Fernsehspiele bei Kritik wie Publikum aber war der Rekurs auf mediale Mischformen aus Fakten und Fiktionen, wie sie bis dahin nur im angelsächsischen Radio, Film und auch Fernsehen existiert hatten.

• IV Im Fernsehen der 1970er und 1980er Jahre beschreibt, wie Wolf-gang Menges Interesse an liveness als besonderer Qualität des Mediums Fernsehen ihn in den frühen siebziger Jahren zu dreierlei Innovationen veranlasste. Zunächst importierte und adaptierte er das angelsächsische TV-Format der Talkshow und wurde damit zwischen 1973 und 1986 als Talkshow-Gastgeber selbst zum Fernsehstar. Nahezu zeitgleich impor-tierte und adaptierte er auch die Form der vor Publikum live produzier-

Wandel so aktuell begleiten und satirisch kommentieren zu können, wie es sonst nur dem Kabarett möglich war. Gegen Ende der siebziger Jahre schließlich wendete er sich Themen der deutschen Geschichte zu und

-

linearen Narration mischten. • V Jenseits des Fernsehens versucht, die Charakteristika von Menges Au-

torschaft zu bestimmen. Von entscheidender Bedeutung für seinen künst-lerischen Erfolg scheint die Möglichkeit, im audiovisuellen Medium der Television eine Autorenrolle behaupten zu können, wie er sie aus den älteren Medien Print und Radio gewohnt war. Auf dieser souveränen Au-torschaft basierte Menges Schaffen als Fernsehautor. Insofern war das

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WOLFGANG MENGE: AUTHENTIZITÄT UND AUTORSCHAFT | 23

Ende seiner TV-Karriere eng verbunden mit dem institutionellen Wan-del und schleichenden Niedergang des öffentlich-rechtlichen Fernsehens selbst. Menges Kritik an der Selbstzerstörung des Fernsehens, wie er es kannte, begann in den späten 1970er Jahren und eskalierte sukzessive, bis ihm um das Jahr 2000 gewissermaßen das Medium abhanden kam, das seine künstlerische Karriere für fast vier Jahrzehnte bestimmt hatte.