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21. Mai 2013 - ZDF

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21. Mai 2013

Terra X: Deutschland – Wie wir leben Dreiteilige Dokumentation Samstag, 22., 29. Juni und 6. Juli 2013, 19.30 Uhr, ZDFneo Sonntag, 23., 30. Juni und 7. Juli 2013, 19.30 Uhr, ZDF

2 Warum sind wir so, wie wir sind Vorwort von Friederike Haedecke

4 Stab und Inhalt der Folgen

7 Deutschland in Zahlen Statistiken über uns und unser Land

9 Das große "Terra X" Wohnzimmer-Experiment

Drehbericht von Josephine Kuthning

12 Das Online-Müllermeter: So viel Müller steckt in Ihnen 12 Bildhinweis, Kontakt, Impressum

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Warum sind wir so, wie wir sind

Haben Sie vielleicht vier alte Handys in der Schublade, von denen Sie sich nicht trennen können? Der alte Röhrenfernseher steht auch noch im Keller, könnte ja sein, dass man den noch mal braucht? Lieben Sie Baumarktbesuche? Drücken Sie morgens zu viel Zahnpasta auf die Bürste, putzen zu kurz, aber dafür umso heftiger? Haben Sie etwa 103 Euro in bar in der Geldbörse, wohnen in einer 3,5-Zimmer-Wohnung und ziehen ungern um? Träumen Sie von einem Sportwagen, fahren aber ei-nen Kombi? Heißen Sie am Ende sogar Thomas oder Sabine Müller und sind 1,79 beziehungsweise 1,68 Meter groß? Dann sind sie ziemlich nah dran, der deutsche Durchschnittsbürger zu sein. Doch die beruhigende Erkenntnis gleich zu Beginn: Sie sind es nicht. Niemand von uns ist überall Durchschnitt. Wir – die 82 Millionen Deutschen – sind ganz unterschiedlich und haben doch so viel gemeinsam.

"Terra X" hat gezählt, gewogen und vermessen und fragt: Woher kommen unsere typischen Eigenschaften und Verhaltensmuster? Wie hat die Geschichte unseren Alltag, unsere Lebensgewohnheit und sogar unser Aussehen geprägt? Erstaunliche Fakten und überraschende Herleitungen – die Inventur eines der nach Umfragen beliebtesten Länder der Welt, die aber keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

"Deutschland – Wie wir leben" ist ein für "Terra X" ungewöhnliches Projekt, denn im Mittelpunkt des Sendeplatzes, der sich meist mit dem Außergewöhnlichen in der Geschichte und der Natur befasst, stehen nun wir selbst. Wir Deutschen mit unseren typischen Eigenarten, die beim ei-nen mehr und beim anderen weniger ausgeprägt sind. Und neben hoch-wertigen Deutschlandaufnahmen und historischem Archivmaterial gestal-ten Statistiken einen Großteil des Dreiteilers: Zahlen, Fakten und Berech-nungen zu den Fragen, was wir Deutschen lieben, was wir besitzen und was uns ernährt. Nun sind Statistiken bekanntermaßen eine umstrittene Größe. "Ich stehe Statistiken etwas skeptisch gegenüber, denn laut Statistik haben ein Millionär und ein Habenichts je eine halbe Million", soll Franklin D. Roosevelt gesagt haben. Und Franz-Josef Strauss wird das Bonmot zugeschrieben: "Wenn man den Kopf in der Sauna hat und die Füße im Kühlschrank, sprechen Statistiker von einer angenehmen Temperatur". So wie die beiden schon früher zweifeln viele den Sinn von statistischen Mittelwerten als verlässliche Größen an. Zumal jede erho-bene Zahl auch lediglich eine Momentaufnahme ist, die wenig später von einer anderen abgelöst werden kann. Aber wir halten es – um ein weite-res Zitat zu bemühen – mit dem evangelischen Bischof Martin Kruse: "Statistik ist eine Wanderkarte. Wenn man sie zu sehen bekommt, ist sie

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von der Realität schon etwas überholt. Dennoch gibt sie Orientierung". Unsere Zahlen spiegeln Trends wider, gesellschaftliche Veränderungen und historische Zusammenhänge und öffnen so den Blick für Phänomene, die man im Alltag nicht hinterfragt, weil sie selbstverständlich sind.

Wie kommt es, dass wir heute dreizehn Zentimeter größer sind als unsere Vorfahren, dass mehr als 600 000 Deutsche wirklich Müller heißen, oder dass wir unsere Heimat lieben wie kaum eine Nation der Erde? Waren unsere Vorfahren wirklich weniger von Umweltlärm geplagt und ver-brachten mehr Zeit mit der Hausarbeit als wir technikverwöhnten Deut-schen von heute? Warum kommt in unserem Sprachgebrauch so oft das Wort "Wurst" vor? Den Weißwurstäquator kennen die meisten, aber wo verlaufen der Kaffee-Tee-Äquator, der Nudel-Kartoffel-Äquator oder die Süß-Sauer-Grenze, die sich tatsächlich alle durch Deutschland ziehen? Diese und andere Fragen haben wir in unseren drei Folgen gestellt. Herausgekommen ist eine unterhaltsame Bestandsaufnahme unseres Alltagslebens, in der sich jeder Zuschauer wiederfinden kann und viele Erkenntnisse gewinnt, warum unser Leben in Deutschland so und nicht anders verläuft. Historiker, Meinungsforscher und Mediziner geben Antworten und damit einen faszinierenden und oft amüsanten Einblick in unser Leben. "Deutschland – Wie wir leben" bietet sicherlich nicht alles, aber vieles was man über unser Land wissen sollte.

Friederike Haedecke Redaktion "Terra X"

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Terra X

Deutschland – Wie wir leben Dreiteilige Dokumentation Buch und Regie Sigrun Laste Szenische Regie Peter Pippig Mitarbeit Josephine Kuthning, Karoline Schwanitz,

Nicole Kreyßel, Claudine Glombik Kamera Jürgen Rehberg, Alexander Palm, Jurek

Wieben Schnitt Holger Finck Grafik Stefan Michel, Roger Grein Postproduktion Silke Koßmehl Mischung Felix Rost Produktion Story House Productions: Leila Kessler Produktion ZDF Cora Szielasko, Claudia Comprix Produzent Jens Afflerbach Redaktion Friederike Haedecke Länge ca. 43'30''

Samstag, 22. Juni 2013, 19.30 Uhr, ZDFneo Sonntag, 23. Juni 2013, 19.30 Uhr, ZDF

Terra X: Deutschland – Wie wir leben

1. Unsere Menschen

Statistisch gesehen ist der männliche Durchschnittsdeutsche 46 Jahre alt, leicht übergewichtig, 1,79 Meter groß und hat blaue Augen. Er liebt Baumarktbesuche und heißt Thomas Müller. Seine Frau Sabine ist etwa zehn Zentimeter kleiner als er, die beiden haben ein Kind. Jeden Tag legt Thomas 39 Kilometer Entfernung zurück, und sein größter Wunsch ist ein Eigenheim. Thomas Müller – das sind wir, die Deutschen. Ein Mensch und sein Verhalten errechnet aus statistischen Daten. Natürlich gibt es Thomas Müller nicht wirklich. Er ist eine fiktive Person, der Spiegel des Zuschauers und dessen Verhalten. Ob sich jeder Einzelne wirklich so verhält wie Thomas Müller, variiert von Thema zu Thema. Doch ein bisschen Thomas Müller steckt in jedem.

Vielleicht ist es der Wunsch nach Sesshaftigkeit: Nur durchschnittlich vier Mal im Leben ziehen die Deutschen um. Vielleicht ist es die Erfahrung,

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deutlich größer gewachsen zu sein als die eigenen Eltern und Großeltern. Vielleicht aber auch ein zunehmendes Gewichtsproblem aufgrund von Bewegungsmangel. Mit größter Wahrscheinlichkeit findet sich der Deut-sche aber in Thomas' Interesse für Autos wieder: 9,8 Autos schafft sich der Deutsche im Leben durchschnittlich an. Doch die Bewegungsfreiheit, die er sich davon erhofft, ist begrenzt. Denn aufgrund der Stauhäufungen bewegen wir uns in vielen Städten mit nur zehn bis 15 Stundenkilometern Durchschnittsgeschwindigkeit – kaum schneller als zu Zeiten des Pferde-verkehrs. Das zunehmende Verkehrsaufkommen und der damit verbun-dene Lärm stören ihn. Aber war es früher wirklich stiller? "Terra X" hat die Lärmbelästigung der Arbeitswelt des 19. Jahrhunderts nachgestellt. Mit überraschendem Ergebnis: Früher war es mancherorts lauter als heute, doch die Bevölkerung nahm die Geräusche nicht als Belästigung wahr, sondern als Beweis des industriellen Fortschritts. Wie hingen die klimati-schen Entwicklungen und die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland zusammen? Woher kommt unsere ausgeprägte Heimatliebe? In der ersten Folge erklären Historiker, Mediziner und Meinungsforscher den Durchschnittsdeutschen.

Samstag, 29. Juni 2013, 19.30 Uhr, ZDFneo Sonntag, 30. Juni 2013, 19.30 Uhr, ZDF

Terra X: Deutschland – Wie wir leben

2. Unsere Schätze

Wir sind reich: 16,8 Billionen Euro ist Deutschland laut Bundesbilanz wert. Und einen Großteil dieser gigantischen Summe macht der Besitz des Einzelnen aus. Doch im Portemonnaie trägt der Durchschnittsdeut-sche nur 103 Euro mit sich herum. Den Plastikkarten traut er wenig, denn im Gegensatz zu vielen anderen Nationen bezahlt der Deutsche noch immer am liebsten bar. Schulden machen ist unsere Sache nicht. Deshalb leben wir zumeist auch nicht im erträumten Eigenheim, sondern in einer 90 Quadratmeter Mietwohnung auf 3,5 Zimmern. "Terra X" hat die typischen deutschen Wohnzimmer unter die Lupe genommen und er-staunliche Übereinstimmungen festgestellt: Eine Schrankwand, ein L-för-miges Sofa, ausgerichtet auf den Fernseher, Zimmerpflanzen, Kerzen und Andenken. Was wo steht, bestimmen die Frauen; die Hausherren dürfen meist nur Kleinigkeiten beisteuern, gern ein Motorrad- oder Automodell. Unfassbare 15 000 Gegenstände besitzt ein durchschnittlicher Haushalt. Wenig überraschend: Die allermeisten davon brauchen wir nicht, aber wir hängen an ihnen, weil sie Erinnerungen bergen und uns ein Gefühl der

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Sicherheit geben. Denn in vielen Familien sind der Verlust von Hab- und Gut in den Kriegen und Krisen des 20. Jahrhunderts noch sehr präsent.

Auch unsere kulturellen Werte schützen wir mit großem Aufwand vor Krieg und Naturkatastrophen. In Oberried im Schwarzwald lagern im Barbarastollen zigtausend Mikrofilmkopien der bedeutendsten deutschen Dokumente, wie der Baupläne des Kölner Doms, der Goldenen Bulle oder der Manuskripte Goethes. Unseren Wald, unsere Burgen, unsere Schlös-ser – all das betrachten wir Deutschen als wichtigen Bestandteil unseres Lebens, den es zu schützen und zu erhalten gilt.

Samstag, 6. Juli 2013, 19.30 Uhr, ZDFneo Sonntag, 7. Juli 2013, 19.30 Uhr, ZDF

Terra X: Deutschland – Wie wir leben

3. Unsere Ernährung

Der tägliche Einkauf – für manche eine Freude, für andere eine Last und für alle unumgänglich. Doch was wir kaufen ist, rein statistisch gesehen, gut vorhersehbar. Ganz oben auf dem Speisezettel: Fleisch und Wurstwa-ren. Vor allem dann, wenn die Männer einkaufen, denn die verzehren durchschnittlich doppelt so viel Fleisch wie die Frauen. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt, dass das keineswegs immer so war. In Zeiten des Bevölkerungswachstums war nicht genügend Raum für die Schweinehal-tung vorhanden, Fleisch war ein Luxusgut. In Zeiten schwindender Bevölkerung, wie beispielsweise den großen Pestwellen, konnten wie-derum mehr Schweine gehalten werden, und Fleisch war für jedermann erschwinglich. Die Geschichte hat in vielerlei Hinsicht unseren Ge-schmack geprägt. Ob man lieber süß statt sauer isst, lieber Kaffee oder Tee trinkt oder die Nudel der Kartoffel vorzieht – alles hängt von der historischen Entwicklung des Landstriches ab, in dem man lebt. Der Lebensmitteleinkauf ist für die meisten Deutschen erschwinglich. Etwa ein Zehntel der Einkünfte werden heute für die Ernährung ausgegeben. Kaum weniger investieren wir in Freizeitaktivitäten und Unterhaltung.

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Deutschland in Zahlen Statistiken über uns und unser Land

Wir sind eine wahre Do-it-yourself-Nation: Wir haben die größte Baumarktdichte der Welt – pro Kopf doppelt so viele wie zum Beispiel England – und lassen beträchtlich mehr Geld dort – im Jahr 2010 im Schnitt 225 Euro gegenüber den Engländern mit 149 Euro. Dabei geht jedoch einiges schief: 800 Heimwerker-Unfälle passieren pro Tag in Deutschland, vor allem mit Kreis- und Kettensägen.

Quellen: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; Katrin Wilkens: "50 Dinge die typisch Deutsch sind", 2009, S.58; Brand eins: "Die Welt in Zahlen 2012", S.53; Yannik Mahr: "Reinlich & kleinlich?!: Wie die Deutschen ticken", 2011, S.113.

Die glücklichste Stadt Deutschlands ist Hamburg! Gefolgt von Düssel-dorf, Dresden und Hannover. Am unglücklichsten sind die Menschen in Essen.

Quelle: "Deutsche Post Glücksatlas 2012".

Wir Deutschen sind größer als je zuvor: Zusammen mit den Niederlän-dern sind wir inzwischen das größte Volk der Welt. Das rechnet sich sogar: Statistiken zufolge bringt jeder zusätzliche Zentimeter Körpergröße am Ende des Monats netto mehr Gehalt: plus 0,74 Prozent für Männer und plus 0,67 Prozent für Frauen.

Quelle u. a.: F. Spanhel: "Einfluss der Körpergröße auf Lohnhöhe und Be-rufswahl: Aktueller Forschungsstand und neue Ergebnisse auf Basis des Mikrozensus".

Doch wir leiden unter Bewegungsmangel: Allein in den letzten zehn Jahren haben die Deutschen im Schnitt mehr als zwei Kilogramm an Gewicht zugelegt. Inzwischen sind 67 Prozent der Männer und 53 Prozent aller Frauen übergewichtig. Am meisten bewegen sich beim durchschnitt-lichen Deutschen zwei Dinge: Der Bauch, denn der ist seit 1980 um 4,5 Zentimeter in die Breite gegangen. Und der Penis: Laut einer Studie ist er seit 1950 durch die geänderte Hormonsituation bei Übergewicht im Schnitt um zehn Prozent geschrumpft.

Quellen u. a.: 12. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE); Stuttgarter Institut für rationelle Psychologie.

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Ein Drittel unseres Landes ist mit Wald bedeckt – auf jeden einzelnen Deutschen gerechnet stehen hier 375 Bäume. Damit hat Deutschland den größten Holzvorrat Europas: Er entspricht so viel Holz, dass wir einen Turm bauen könnten mit einer drei mal drei Meter großen Grundfläche, der bis zum Mond reicht.

Quellen: NABU; 3. Bundeswaldinventur des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Bertelsmann Lexikon: "Rekorde Made in Germany: Was in Deutschland alles spitze ist", 2009, S.93.

Wir sind eine Autonation: 73 Prozent der Deutschen kann sich ein Leben ohne Auto nicht vorstellen. Dabei steht jeder sechs Monate seines Lebens nur im Stau und bewegt sich durch Städte im Schnitt mit zehn bis 15 Stundenkilometern – so langsam wie zu Zeiten des Pferdeverkehrs.

Quellen u. a.: Forsa, 2012; Brand eins: "Nichts tun und was sich daraus machen lässt", 2012.

Die durchschnittliche deutsche Frau trifft 80 Prozent aller Kaufent-scheidungen der Familie, vor allem wenn es um Lebensmittel, Kosmetik und Kleidung geht. Sie redet sogar bei der Hälfte der Unterwäschekäufe ihres Mannes mit. Dafür ist er deutlich schneller, wenn es um die Ein-kaufszeit geht: Er braucht nur 19 Minuten pro Tag für seine Versorgung, sie 26.

Quellen: Nielsen: Studie "Women of Tomorrow", 2011; DER SPIEGEL 17/2008: "Der König von Deutschland".

Der durchschnittliche Deutsche steht um 6.23 Uhr auf, benutzt 0,6161 Gramm Zahnpasta und kauft am liebsten eine Sorte mit Pfefferminzge-schmack. Pro Jahr verbraucht jeder Deutsche davon 5,4 Tuben und im Laufe seines Lebens 147 Zahnbürsten.

Quellen: DER SPIEGEL 17/2008: "Der König von Deutschland"; Veronika Immler, Oliver Kuhn, Antje Steinhäuser: "Wir – Alles, was man über uns Deutsche wissen muss", S.11.

Wurst – Brot – Bier: Mit 1500 verschiedenen Wurstsorten, geschätzt 300 Sorten Brot und 1300 Brauereien sind wir gleich drei Mal Weltmeister. Und mit dem Reinheitsgebot für Bier von 1516 existiert in Deutschland das älteste Lebensmittelgesetz der Welt.

Quellen u. a.: Deutscher Brauer Bund e.V.; Nicola Fletcher und Caroline Bretherton: "Mit Rezepten und Herstellungstechniken", 2012.

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Das große "Terra X" Wohnzimmer-Experiment Drehbericht von Josephine Kuthning, Story House Productions

90 Quadratmeter, Dreieinhalb Zimmer, Nachkriegsbau – so wohnt die durchschnittliche deutsche Familie laut Statistik. Doch wie es in unserem Heim aussieht, und wie wir darin leben, das bleibt von außen normaler-weise verborgen. Außer an einem speziellen Tag im April in der Li-ningstraße in Berlin-Britz. Denn "Terra X" macht ein einmaliges Experi-ment: eine Inventur des deutschen Wohnzimmers. Für einen Tag ziehen die Berliner auf die Straße. Mit dem gesamten Inhalt ihrer Wohnzimmer.

Für 68 Prozent der Deutschen ist es der Lieblingsraum im Heim. Deshalb sagt kaum etwas so viel darüber aus, wofür unser Herz schlägt, wie wir ticken, und was uns Deutsche bewegt, wie ein Blick in unsere Schrank-wände, auf unsere Sofas, Sammeltassen und Tapetenmuster.

Sonntagmorgen 6.30 Uhr. Die Liningstraße in der Hufeisensiedlung in Berlin-Britz. Hier wohnt die Mitte Deutschlands. Und genau sie werden heute von Umzugshelfern wachgeklingelt. Wochenlange Vorbereitungen gehen diesem Tag voraus. Fünf Stadtbezirke hat ein Team von Recher-cheuren durchkämmt, unzählige Berliner Familien gesucht und besucht, um einen Blick in ihre vier Wände zu erhaschen. Wo wohnen die typi-schen Deutschen? Und welche Straße Berlins macht bei diesem Experi-ment mit? Schließlich gilt es, die gute Stube, das Herzstück der Woh-nung, herzugeben. Und das ist viel verlangt von Deutschen, die an ihrem Besitz hängen wie kaum eine zweite Nation. Für einen Tag sollen die Wohnzimmer dort stehen, wo sie jeder sehen kann: mitten auf der Straße. Couch an Couch, Nachbar neben Nachbar. Damit eins zu eins sichtbar ist – wie leben die Deutschen?

Es ist der dritte Anlauf für das große Experiment. Denn Termine in Dezember und März hat der monatelange Schnee in Berlin bereits vereitelt. Zu gefährlich für Schrankwand und Co, zu kalt für die Bewohner, die einen Tag draußen leben sollen. Zum dritten Mal Straßensperre, Parkverbot, Briefkasteninformationen an alle Anwohner des Viertels und die Organisation von Umzugsfirma und Drehteam. Und endlich ist sogar Sonne angesagt. Mit den ersten Strahlen beginnt das Experiment. Denn niemand weiß so richtig, wie lange es dauern wird, bis die Liningstraße auf der Liningstraße steht. Schließlich hat das noch niemand vorher gemacht. Und es gibt eine Stichzeit: eine Verabredung mit dem Experten Peter John Mahrenholz, Chefstratege der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt. Seit acht Jahren forschen Mahrenholz und seine Agentur am typisch deutschen Wohnzimmer. Heute wird er die Zimmer der Li-ningstraße in Augenschein nehmen – wenn alles steht.

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7.30 Uhr. Die Vorbereitungen haben länger gedauert, als erwartet. Welches Zimmer kommt wohin auf der Straße? In welche Richtung zeigt die Couch? Wie bekommen wir eine vier Meter breite Schrankwand zerlegt, die eigentlich nie wieder von der Wand sollte, wie das gute Sammelporzellan sicher auf der windigen Straße wieder in die Vitrine, und was geschieht mit dem Papagei aus Nummer 14?

Dann schiebt sich langsam Umzugskarton nach Umzugskarton aus den Haustüren. Seit Tagen haben die Bewohner verpackt und eingewickelt. Jetzt rollen Sofas, Schränke und Unterhaltungselektronik durch Vorgär-ten, Regale, Stühle und ein Kamin über die Straße, Teppiche, Pflanzen und Lampen dekorieren Beton. Selbst die Schrankwand findet ihren Platz. Nach und nach ergibt sich ein Bild: Der eine mag es rustikal, der andere modern. Die Wohnzimmer erwachen zum Leben! Und zwar mit allen Details. Dem gesamten Inhalt von Vitrinen, Schubladen und Nippes-Schränkchen, selbst der Tapete und den Bildern an der Wand. Dafür haben Ausstatter Staffeleien vorbereitet. So haben die Bewohner ihre Habseligkeiten noch nie gesehen! Sie nehmen auf ihren Sofas Platz, genießen das ungewohnt sommerliche Wetter in ihren ungewohnten Zimmern. Eine Frau strickt, eine Familie spielt ein Brettspiel, ein Ehepaar trinkt Kaffee und beschäftigt sich mit ihrem sprechenden Papagei.

Marktforscher Peter John Mahrenholz weiß: "Das Wohnzimmer ist ein Spiegelbild unseres ganzen Lebens." Und in der Liningstraße kann er darin viel über uns entdecken. Zwischen klassischer Schrankwand und Kacheltisch, Ikea-Einrichtung und dem individuellen Wohnzimmer im Zebralook findet er Unterschiede und manche Überraschung, aber vor allem eins: ein klares Muster. Im deutschen Wohnzimmer steht alles rechtwinklig angeordnet, und immer tauchen die gleichen Elemente auf: Ein Sofa – am liebsten in L-Form und cremefarben, ein Fernseher, Schränke oder eine Schrankwand, Familienfotos, Pflanzen.

Seit den 60er-Jahren ist das gesamte deutsche Wohnzimmer auf den Fernseher ausgerichtet. Peter John Mahrenholz: "Er ist quasi das Ka-minfeuer der Neuzeit, in das die Menschen gucken, das die Architektur und die Steuerung des Raumes stark prägt." Aus der gleichen Zeit stammt unsere Lieblingstapete: Die Raufaser. Sie ist pflegeleicht und beim Umzug gut aufzufrischen. Genauso praktisch ist die deutsche Schrankwand. Sie steht in der Liningstraße von Eiche rustikal bis mini-malistisch modern. Aber in keinem Zimmer fehlt sie. Immer erfüllt sie, was wir an ihr schätzen: Sie präsentiert unsere wertvollsten Stücke in den of-fenen Fächern und versteckt unseren Kram dezent hinter Türen. Und wa-rum uns Deutschen das wichtig ist, weiß Mahrenholz aus jahrelanger For-schung: "Viele Elemente oder eventuell störende Kleinigkeiten werden

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weggepackt in Schubladen oder Türen, damit ein Besucher erstens ein ordentliches Bild bekommt und zweitens nicht zu tief in die intimeren Storys der Familien eintauchen kann."

Das wichtigste am deutschen Wohnzimmer ist aber genau das, was die Berliner heute auf der Straße leben: Gemütlichkeit. Sie steckt in allen Elementen unseres Wohnzimmers, und sie ist der Grund dafür, warum es unser unangefochtenes Lieblingszimmer ist.

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Das Online-Müllermeter: So viel Müller steckt in Ihnen

Das sendungsbegleitende Online-Angebot zu dem "Terra X"-Dreiteiler greift die Frage auf, die sich die meisten Zuschauer der Dokureihe sicherlich schon gestellt haben: Wie viel Thomas beziehungsweise Sabine Müller steckt eigentlich in mir? Wie sehr entspreche ich dem Durchschnittsdeutschen? Unter www.muellermeter.zdf.de können die Nutzer mithilfe von 15 Fragen zum alltäglichen Leben den unterhaltsamen Selbsttest machen und so ihren "Müllerfaktor" ermitteln. Die User erhalten das Ergebnis als individuelle Infografik, die sie in sozialen Netzwerken teilen können. Parallel dazu gibt es im Online-Angebot von "Terra X" unter www.terra-x.zdf.de Hintergrundinformationen und die Dokumenta-tionen als Video auf Abruf.

Bildhinweis Fotos sind erhältlich über den ZDF-Bilderdienst, Telefon: 06131 – 70-16100, und unter http://bilderdienst.zdf.de/presse/terrax

Kontakt ZDF-Pressestelle: Magda Huthmann Telefon: 06131 – 70-12149 E-Mail: [email protected]

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