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26 | W&V 25-2015 - crossmedia.de · Magazine für den neuen Lifestyle NOVEAUX Der Titel aus dem Grüner Sinn Verlag richtet sich an vegane Fashionistas zwischen 18 und 45 Jahren

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Grün ist das neue

Gold

W E R B E U M F E L D P R I N T

Der � eischlose Lifestyle boomt. Der Industriezweig läu� so glänzend, dass jetzt auch die Zeitschri� enmacher einsteigen –

und Werbungtreibende Veganer als Zielgruppe entdecken

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Wäre jemand wie Attila Hildmann vor, sagen wir, 15 Jahren in der veganen Szene aufge-taucht, man hätte ihn vermutlich mit Salatgur-ken verprügelt und mit Tomaten beworfen. Ein Kochbuchautor, der Ernährung ohne tierische Produkte propagiert – und zur Präsentation seines neuesten Werks im weißen Porsche mit Ledersitzen vorfährt? Undenkbar. Für einen Teil der vegan lebenden Bevölkerung ist das zwar nach wie vor indiskutabel. Ein Star ist Hildmann trotzdem geworden: Seine Kochbü-cher sind in den Bestsellerlisten dauerpräsent, die Medien stürzen sich begeistert auf den Veggie-Rebellen. Damals, 2013, nach seinen ersten Bucherfolgen, dämmerte es wohl einigen in der Branche: Mit vegetarischen und veganen Produkten kann man richtig Geld verdienen. Viel-leicht auch mit Magazinen, die dem Verbraucher

TEXT: Manuela Pauker

Informationen rund um das neue Trend-thema bieten.

Den weißen Porsche hat Hildmann längst gegen einen anderen eingetauscht.

Ohne Ledersitze. Und auch wenn der Star-koch vielleicht nicht die reine Lehre des Ve-

ganismus lebt, hat er doch viel dazu beigetra-gen, ihn populärer zu machen. Er ist einer von

denen, die am weitverbreiteten Image des Vega-ners kratzen: dem des spaßbefreiten Moralapos-

tels, der ständig mahnend den Zeigefinger hebt. Klar gibt es die Sorte. Etliche davon sogar. Aber

eben auch viele, die ihren Lifestyle unaufgeregt ze-lebrieren und Spaß am Konsum haben. Und sie werden mehr: In den ersten drei Monaten dieses Jahres stieg allein der Umsatz mit vegetarischen Le-bensmitteln im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 27 Prozent, meldet die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Vor allem Konsumenten unter 40 kaufen zu-nehmend vegetarische oder vegane Kost, tierver-suchsfreie Kosmetik oder Fair-Trade-Mode. Bei manchem spielt wohl auch mit, dass das nicht nur politisch korrekt ist: Es ist inzwischen schick. Neu-er, besserer Luxus mit gutem Gewissen. Was wie-derum den Spaß am Einkaufen befeuert. Und die

Industrie dazu bringt, auf die wachsende Nach-frage mit passenden Produkten zu reagieren.

Das Süßwarenunternehmen Katjes etwa ist seit 2010 dabei: 20 Prozent des Sortiments wurden damals ohne tierische Gelatine her-gestellt. Inzwischen nehmen vegetarische und vegane Produkte 80 Prozent der Ange-botspalette ein, so der geschäftsführende

Gesellschafter Tobias Bachmüller . Weil es sich lohnt: Der Umsatz mit der veganen Produkt-

11MIO. VERBRAUCHER

in Deutschland haben 2014 p� anzliche Brotaufstriche bzw. Fleischersatzprodukte gekauft.

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Wie alt sind die grünen Käufer?

(Umsatzanteile 2014 in Prozent)

Quelle: GfK Consumerscan

bis 39 J.

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40 – 49 J.

23

50 – 59 J.

18

60 J. und älter

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reihe Grünohrhase stieg im ersten Quartal 2015 gegenüber Vorjahr um 26 Prozent. Auch das von Katjes neu eröffne-te vegetarische „Café Grünohr“ in Berlin läuft gut. Einer der ersten Kunden des zartrosa und pastellgrün dekorier-ten Flagshipstores: Gangsta-Rapper Bushido . Selbst böse Buben haben keine Berührungsängste mit Veganern mehr.

Vegane Titel mit enormem Au� agenpotenzial

Wurstproduzent Rügenwalder versorgt seit Herbst 2014 diejenigen, die der Fleischeslust entsagen – wenn auch nicht strikt vegan, sondern vegetarisch. Die Grenzen sind aber fließend: Für viele Veganer begann der Einstieg über Vegetarismus, oft über Produkte wie die von Rügenwalder. Wie sehr die Wurstfirma den Nerv der Zeit getroffen hat, wird dem Haus erst jetzt bewusst: Eigentlich war das grü-ne Abenteuer so kalkuliert, dass der Anteil der Veggie-Produkte am Umsatz bis 2019 rund 30 Prozent ausmachen sollte, sagt Marketingleiter Godo Röben . Der Kohldampf auf Pseudo-Mortadella und Gemüse-Frikadellen ist beim Verbraucher aber so gewaltig, dass es nun schon Ende 2015 soweit sein wird – vier Jahre früher als geplant.

Zugleich steigt in der Bevölkerung der Appetit auf Informationen rund um vegetarisches und veganes Leben. Beste Voraussetzungen also für Zeitschriftenmacher, die diesen Lifestyle zum Thema ihrer Titel machen: Nicht nur die Käuferschaft wächst – parallel entstehen auf Unter-nehmensebene ständig neue potenzielle Anzeigenkunden. Kein Wunder, dass die Zahl der Magazine im Segment geradezu explodiert: Etwa zehn neue Titel kamen in den letzten Monaten auf den Markt, weitere dürften folgen. Beate Rybarz , Gruppenleiterin Mediaplanung bei Opti-media Düsseldorf , schätzt das Potenzial des neuen Teil-segments zum Start sogar ähnlich hoch ein wie bei den Landtiteln, die nach dem Erfolg des Vorreiters Landlust

wie Unkraut aus dem Boden schossen – dauerhaften Er-folg traut sie aber nur wenigen Publikationen zu.

Jetzt allerdings geht der Kampf um die Leser erst einmal los. Thematisch bieten die Novizen im Regal deut-lich mehr als Kraut und Rüben: Neben Ernährung, Mode und Kosmetik geht es in Heften wie Green Lifestyle , dem Vegan Magazin oder Vegan für mich um Wellness, Tech-nik, Reisen und Lifestyle. Logisch also, dass der größte Teil davon am Kiosk nicht neben den klassischen Re-zeptheften zu finden ist. Insbesondere Newcomer wie Fogs , Vegan Good Life oder Noveaux wären dort auch fehl am Platz. Denn im Mittelpunkt stehen nicht nur ethisches Handeln und Kaufen – sondern auch das Schönsein. Fol-gerichtig werden sie eher in der Nähe von Vogue, Madameund Elle platziert.

Und es funktioniert. „Das Leserfeedback ist absolut großartig“, sagt Noveaux-Gründerin Julia Akra-Laurien . Mit dem Heft will die Berlinerin etwas anbieten, das sie selbst bisher vermisst hat: „Eine Symbiose aus veganer Lebenskultur und der Liebe zu Art und Fashion.“ Der Name des Blattes ist ein Wortspiel: Er setzt sich aus dem englischen „no“ und „veaux“, dem französischen Wort für „Kälber“, zusammen. Unterstützt wurde Akra-Laurien bei der Erstausgabe von der Agentur M&C Saatchi Berlin so-wie von der Digitalagentur Beast , die den Onlineauftritt noveaux-mag.com umsetzte. Der Verkauf der ersten Aus-gabe sei gut gelaufen, auch wenn verbindliche Zahlen noch nicht vorliegen. Die Regalnachbarschaft zu den üblichen Frauen- und Modetiteln zahlt sich aus: „Auch Nicht-Ve-ganer fühlen sich durch das Design und die Tonalität an-gesprochen“, sagt Akra-Laurien.

Und wo kaufen sie ein?

(Umsatzanteile 2014 in Prozent)

Quelle: GfK Consumerscan

Fachhandel

28

Drogerie-märkte

10

LEH-Food-Vollsortimenter

24

SB-Waren-häuser

14

Discounter

24

27PROZENT

betrug der Umsatzzuwachs im ersten Quartal 2015 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.

7,3 Millionen Käufer haben in den ersten drei Monaten des Jahres für Fleischersatz-produkte oder p� anzliche Brotaufstriche

68 Mio. Euro ausgegeben.

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Magazine für den neuen Lifestyle

NOVEAUXDer Titel aus dem Grüner Sinn Verlag richtet sich an vegane Fashionistas zwischen 18 und 45 Jahren. Zum Start liegt die Auflage des Premiummagazins bei 15 000 Exemplaren. „Noveaux“ erscheint viermal jährlich zum Copypreis von 6,90 Euro

Seit 12. Juni ist die zweite Ausgabe von Noveaux am Kiosk. An der redaktionellen Mischung hat die Chefredakteurin nichts geändert – bis auf eine Erweiterung der Kernziel-gruppe, die bislang nur Frauen von 18 bis 45 umfasste: „Die Nachfrage nach Männerthemen war so groß, dass im Sommerheft auch die Herren etwas zu lesen haben.“

Auf einen breiten redaktionellen Mix setzt Green Lifestyle bereits seit der Testausgabe, von der das Münch-ner Haus AVR zum Jahreswechsel 7000 Exemplare in den Regionen Frankfurt-Rhein-Main und München heraus-brachte. Das Heft kam gut genug an, um für die nächste Phase grünes Licht zu geben: Für 2015 sind bundesweit drei weitere Ausgaben in einer Auflage von je 50 000 Ex-emplaren geplant. Die Leserschaft des Titels sei „stark an grünen Themen interessiert, jedoch müssen diese mit Genuss und Ästhetik verbunden sein“, sagt Blattmacherin Simone Sperle . Das darf auch kosten: „Green-Lifestyle-Leser sind grundsätzlich gerne bereit, mehr zu zahlen, wenn ihnen ein Produkt ein Plus an Qualität und einen ‚grünen Mehrwert‘ bietet.“

Ein Fest für die Werbungtreibenden

Bei den Mediaagenturen hat sich das schon herumgespro-chen: „Die Zielgruppe dieser Medien ist meist finanziell gut situiert und aufgeschlossen gegenüber Neuem – also der perfekte Kunde“, sagt Kirsten Lübke , stellvertretende Geschäftsführerin der Düsseldorfer Agentur Crossmedia . Gerade der vegane Lebensstil basiere auf einer recht kon-sumfreudigen Einstellung: „Wer einmal in einem veganen Supermarkt war, weiß, dass hier ein riesiges Portfolio aus neuen und alten Marken entsteht, die potenzielle Werbe-kunden sind.“

Davon profitieren die ersten Titel bereits. „Ich habe auf jeden Fall Kunden, die vorher keine Printwerbung geschaltet haben, die ich aber dazu animieren konnte“, sagt Noveaux-Chefin Akra-Laurien. Der Gedanke dahin-ter: Titel wie der ihre bieten die Chance, grüne Zielgrup-pen ohne Streuverluste zu erreichen. Auch Green Lifestyleist in der Vermarktung schon breiter aufgestellt; aus Mode

VEGAN GOOD LIFEDass sich veganes Leben und High Fashion nicht ausschlie-ßen müssen, will „Vegan Good Life“ aus dem gleichnamigen Bonner Verlag beweisen. Das Heft kostet wie Mitbewerber „Noveaux“ 6,90 Euro und erscheint in einer Auflage von 15 000 Exemplaren. Jährlich sind vier Ausgaben geplant

FOGSDas Heft ist als „Trendmagazin für den grünen urbanen Lifestyle“ positioniert. Vor dem Start als Printtitel existierte „Fogs“ bereits drei Jahre lang als Blog. Die Wiener Herzlieb-Bren GmbH bringt von dem Magazin viermal jährlich jeweils rund 40 000 Exemplare heraus. Preis: 5,90 Euro

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und Kosmetik gibt es bereits erste Buchungen. Nicht jeder Kunde wird aber akzeptiert: „Nicht in Frage kommen Unternehmen, die Pelz verarbeiten, in Verbindung mit Tierversuchen stehen oder dafür bekannt sind, ihre Pro-dukte unter unökologischen und unfairen Bedingungen produzieren“, sagt Akra-Laurien. Greenwashing werde ebenfalls nicht unterstützt. Was aber nicht heißt, dass Großunternehmen für alle Zeiten draußen bleiben: Wenn diese sich ernsthaft um Nachhaltigkeit bemühen, „dann frage ich dort nach und ordne das nach meinen Maßstä-ben ein“. Zu dogmatisch könne man das ohnehin noch nicht handhaben, findet Green-Lifestyle-Chefin Sperle: „Hundert Prozent Nachhaltigkeit sind im Moment nicht realistisch.“

Den Blattmachern bleibt ohnehin nichts anderes übrig, als diese Entwicklung im Auge zu behalten. Denn wie bei jedem Boom lockt auch dieser Trittbrettfahrer an. „Natürlich besteht die Gefahr, dass jetzt einige Hersteller ankommen und versuchen, die Produkte billiger herzu-stellen“, sagt Rügenwalder-Marketer Röben. Grundsätz-

lich ist dagegen auch nichts einzuwenden. Nur: Wenn die Qualität nicht stimmt, könnte das die Verbraucher irri-tieren. Und wer ohnehin kritisch hinschaut, wendet sich vermutlich auch schnell von einem Magazin ab, das ein redaktionelles Umfeld bietet für Produkte, die als Augen-wischerei empfunden werden. „Diese eher kritische Ziel-gruppe wird sehr schnell die Spreu vom Weizen trennen“, sagt Andreas Bahr , Chef der Mediaagentur Fluent . „Es werden sich daher nur die qualitativ konstanten und gut recherchierten Titel langfristig durchsetzen.“ Das gelte auch für die Anzeigenkunden: Sie könne man nur mit konstant überzeugenden Leistungen und sich immer wie-der anpassenden ganzheitlichen Konzepten dauerhaft binden.

Vorausgesetzt natürlich, der Trend erweist sich als robust. Da etwa ist Günther Nessel , Geschäftsführer der auf Lebensmittel spezialisierten Werbeagentur Taste , skeptisch: „Das Ganze könnte zu einem Hype werden, der nur zwei bis drei Jahre lebt.“ Springen zu viele Unter-nehmen auf den Veggie-Zug auf, könnte das Segment verwässern, der Luxus-Touch des Lifestyles verschwin-den. Und damit auch die Umsätze. Doch noch sind das ferne Szenarien. Rügenwalder wagt deshalb schon mal den nächsten Schritt: Demnächst packt das Haus neben den vegetarischen Produkten auch vegane Artikel ins Kühlregal.

Und wenn alles läuft wie geplant, werden die Käufer den Metzgern von der Mühle auch diese Idee in kürzester Zeit [email protected]

GREEN LIFESTYLENicht völlig fleischlos, aber nachhaltig präsentiert sich das Magazin aus dem Münchner Verlag AVR. Nach einer erfolgreichen Testphase kommen 2015 noch drei Ausgaben (Auflage: je 50 000 Exemplare) an den Kiosk. Zu haben ist „Green Lifestyle“ für 4,90 Euro

VEGAN FÜR MICHMit dem Magazin wagt sich sogar ein größerer Verlag, nämlich das zur Münchner Medweth -Gruppe gehörende Haus Family Media , aufs vegane Parkett. Das Magazin kommt quartalsweise in einer Auflage von 50 000 Stück heraus. Preislich liegt „Vegan für mich“ bei 4,50 Euro

VEGAN MAGAZINDer Vegan-Veteran im Kreis der Newcomer – das Heft er-scheint seit April 2014 – wird von Christian Vagedes heraus-gegeben, Gründer der Vega-nen Gesellschaft Deutschland . Der knochenleimfrei gebunde-ne Titel (Auflage: 65 000) erscheint alle zwei Monate zum Preis von 3,50 Euro

WELT VEGAN MAGAZIN Von dem Hamburger „Welt Vegan Magazin“, das im Februar seine Premiere hatte, erschien soeben die dritte Ausgabe. Die WVM Vegan Verlags GmbH bringt das Heft alle zwei Monate in einer Auflage von 50 000 Exempla-ren heraus. Am Kiosk ist das Blatt für 4,90 Euro zu haben