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28. Juni 2001 Physikzentrum Bad Honnef 1 Schwere Gewitter und Schwere Gewitter und Aspekte ihrer Aspekte ihrer Kurzfristvorhersage Kurzfristvorhersage Dr. Nikolai Dotzek DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, Oberpfaffenhofen

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28. Juni 2001 Physikzentrum Bad Honnef 1

Schwere Gewitter und Schwere Gewitter und Aspekte ihrer Aspekte ihrer

KurzfristvorhersageKurzfristvorhersageDr. Nikolai Dotzek

DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, Oberpfaffenhofen

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Fragestellungen zu schweren Gewittern

• Welche Arten gibt es?

• Wann treten Tornados auf?

• Wo treten diese auf?

• Sind Tornados bei uns anders als in den

USA?

• Ist Vorhersage möglich?

• Gibt es klimatische Trends?

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Phänomene schwerer Gewitter ...

... neben Tornados

Downbursts

und

auch

Hagel ...

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Wetterlagen mit schweren Gewittern

Satellitenbild (1200 UTC) und Blitze des gesamten Tages

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Deutschland

Japan

USA

Österreich

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Gliederung des Vortrags• Einleitung

• Teil 1: Gewitterklassifikation• Teil 2: Gewitterphänomene• Teil 3: Klimatologie schwerer Gewitter• Teil 4: Anforderungen der Kurzfristprognose

• Zusammenfassung• Weiterführendes Material

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1. Teil: GewitterklassifikationFolgende Gewittertypen sind für unsere Betrachtung wichtig:

• Einzelzellengewitter• Multizellengewitter• Superzellengewitter

Dabei nimmt von der Einzel- zur Superzelle die lang-lebigkeit und Heftigkeit des Gewitters zu. Einzelzel-len erzeugen kaum Tornados, Superzellen relativ oft.

Auf Organisation der Gewitter in Linien oder Ballun-gen wird hier nicht eingegangen.

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GewitterparameterEntscheidend für Typ, Stärke und Langlebigkeit eines Gewitters sind vor allem zwei Größen und ihr Verhält-nis zueinander:

• Die thermische Schichtung der Atmosphäre (labil / stabil). Sie bestimmt die Auftriebsenergie der Wolkenluft.• Die vertikale Zunahme und Drehung des Windes (Scherung). Sie bestimmt die kinetische Energie der Wolkenluft.• Das Verhältnis beider Energien legt den Gewittertyp fest.

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Einzelzellengewitter

Ist die Auftriebsenergie groß (labile Schichtung), die Scherung aber klein, entstehen Gewitter, die aus nureiner ``Zelle´´ bestehen. Sie bilden die typischen Wärme-gewitter im Sommer:

• Sie sind kurzlebig (ca. 30 min bis 1 h)• Sie bringen selten Hagel oder Sturmböen• Sie treten isoliert auf

Tornados entstehen bei diesem Gewittertyp fast nie.

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Einzelzellengewitter

Vertikaler Aufbau mit elektrischen Ladungszentren

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MultizellengewitterIst die Auftriebsenergie zwar groß (labile

Schichtung), die Scherung aber sehr groß, entstehen Gewitter, die aus mehreren, nacheinander anwachsenden Zellen be-stehen. Sie sind heftiger als normale Wärmegewitter:

• Sie sind längerlebig (ca. 1 h bis 3 h)• Sie bringen häufiger Hagel oder Sturmböen• Sie treten nicht unbedingt isoliert auf

Tornados oder Downbursts können bei diesem Gewitter-typ durchaus vorkommen.

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Multizellengewitter

Hier wird die Abfolge der Zellen gut erkennbar.

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SuperzellengewitterIst die Auftriebsenergie zwar groß (labile

Schichtung), die Scherung aber nicht überwiegend, entstehen Ge-witter, die aus einer, langanhaltenden und in sich rotierenden Zelle bestehen. Sie können schwere Schäden durch Hagel, Sturm etc. hervorrufen:

• Sie sind langlebig (ca. 1 h bis 6 h)• Sie bringen oft Hagel oder Sturmböen• Sie treten nicht unbedingt isoliert auf• Sie schreiten mit etwa 60 km/h fort

Tornados oder Downbursts können bei diesem Gewitter-typ am häufigsten vorkommen.

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N(nach Lemon & Doswell, 1975)

Superzellengewitter

Perspektivische Seitenansicht senkrecht zum Zugweg

Draufsicht

Niederschlag

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Superzellengewitter

Beispiele von Windprofilen und der Druckverteilung in einer Superzelle (rechts).

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Tornados und Downbursts (Gewitterböen)

Zwei Starkwindphänomene, die mit heftigen Gewittern einhergehen, sind Tornados und Downbursts.

• Tornados sind nahezu senkrecht von der Gewitterwol- ke bis zum Erdboden herabreichende, stark rotie- rende Wirbelwinde von zerstörerischer Kraft. Der Wirbel kann ganz oder teilweise durch einen Wol- kenschlauch sichtbar sein.

• Downbursts sind Starkwindböen, die aus einem Gewit- ter herabstürzen, aber nicht (wesentlich) rotieren. Am Boden entstehen heftigste geradlinige Winde.

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Zusammenfassung Teil 1:

Sinnvoll ist eine Unterteilung der Gewitter in Einzel-, Multi- und Superzellen.

• Einzelgewitter verlaufen meist ohne Schäden• Multizelle und Superzelle können Schäden durch Hagel, Sturm, Starkregen oder Blitz auslösen• Superzellen rotieren als gesamte Gewitterwolke und können sich lange Zeit mit hoher Ge- schwindigkeit ohne Abschwächung fortbe- wegen• Superzellen sind die verläßlichsten Tornado- und Downburst``produzenten´´

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Umsetzung im Unterricht ... ?! Vorschläge wären hier:

• Fotografische Dokumentation der Lebenszyklen von Gewittern

• Zeitrafferfilme

• Zuordnung von Gewitterschäden zu den doku- mentierten Gewitterzellen

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2. Teil: Gewitterphänomene

Insgesamt kommen bei Gewittern diese meteorolo-gischen Einzelphänomene vor:

• Blitze (gefährlicher als man gemeinhin denkt!)• Hagel (mit Korngrößen von 5 mm bis über 5 cm)• Extremniederschläge (lokale Überschwemmungen)

• Tornados (Windgeschwindigkeit bis 500 km/h)• Downbursts (Windgeschwindigkeit bis 250 km/h)

Downbursts mit Sicherheit häufiger als Tornados,stellen auch für die Luftfahrt eine Gefahr dar!

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Tornados in Europa: Beispiele

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Downbursts

Durch Niederschlag gekühlte Luft fällt herab und wird am Boden horizontal umgelenkt und da-bei verwirbelt.

Es kann nur kurz-zeitig und lokal zu tornadoähnlichen Wirbeln kommen.

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Downburst in der Computersimulation

Längsschnitt, Ausbreitung nach rechts =>

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Downburst in der Computersimulation

Querschnitt, Ausbreitung zum Betrachter

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Intensität der Winde und SchädenWindgeschwindigkeit und Windenergie (Schäden) werden international mit zwei Skalen gemessen, der Fujita- und der TORRO-Skala.

• Die TORRO-Skala ist doppelt so fein wie die Fujita- Skala (T0 bis T11 gegenüber F0 bis F5)• Die Skalen geben den stärksten Wind / Schaden an• Sie beginnen bei 60 km/h, reichen bis zu 500 km/h

Die Skalen sind nicht perfekt, weil vereinfachend; aber genau deswegen auch praktikabel ...

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T und F-Skala: Geschwindigkeit, Schadensatz

Schadensatz: Verhältnis Sach- bzw. Flurschaden zu Neuwert

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Zusammenfassung Teil 2:

Zu den Gewitterphänomenen mit Starkwind gehören Downbursts und Tornados.

• Beide können Winde bis über 200 km/h erreichen, Tornados sogar bis über 500 km/h• Der Tornado von Pforzheim reichte bis ca. 325 km/h• Bei Downbursts wird v.a. der Winddruck wirksam, bei Tornados auch starke Dreh- und Scherkräfte

Es ist wichtig, bei der nachträglichen Schadenanalyse aber oft sehr schwer, Tornado und Downburst klar zu unterscheiden. Bislang werden Downburstschäden bei uns meist unter ``Sturmböen´´ eingeordnet.

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Umsetzung im Unterricht ... ?!Vorschläge wären hier:

• Kontaktaufnahme zu Forstbehörden und Frage nach Waldschäden im Zuge heftiger Gewitter

• Besichtigung solcher aktueller Waldschadenzonen

• Kontaktaufnahme zur Flugsicherung (DFS) oder zu Fluggesellschaften und Frage nach Downburst- ereignissen mit Flugzeugen

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3. Teil: Klimatologie

Klimatologische Daten des TorDACH-Netzwerks für Deutschland ergeben folgendes Bild:

• in etwa 10 Tornados pro Jahr• Zahl der Downbursts noch ungenau, aber eher höher• Tornadodichte 0.1-0.2 Fälle pro Jahr und 10000 km2

• Maximum der Tornadoaktivität im Juli, spätnachmittag

• viele Fälle aus Ostdeutschland fehlen offenbar noch• das gleiche gilt für Wasserhosen an Nord- und Ostsee

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Tornadomeldungen von 1800 bis 2000

Variation: öffentliche Wahrnehmung, kein Klimatrend (!?)

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Orte aller Einzelmeldungen

Alle Meldungen mit genauer Ortsangabe seit 1435

Häufung auch abhängig von der Bevölkerungsdichte

Im Norden gleichförmig ver- teilt, im Süden bedingt die Geländeform die Strukturen

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Dichte aller Einzelmeldungen

Aus Ostdeutschland fehlen etwa 100 Fälle

Hohe Dichte in norddeutscher

Tiefebene

Wasserhosen über Küstenge- wässern und Binnenseen

Erhöhte Dichte auch im Ober-rheingraben / Vogelsberg

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Jahresgang, monatlich => kontinental

Kontinental: Maximum im Sommer, eher symmetrischMaritim: Maximum im Herbst, asymmetrischer Verlauf

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Jahresgang, täglich

Tornados sowie Tage mit Tornados als 15-Tage Mittelwert

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Tagesgang

Primäres Nachmittags-, sekundäres Morgenmaximum

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T und F-Skalendefinition, Schadensätze

Schadensätze Europa: Münchner Rück (Dotzek et al. 2000)

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Tornado-Intensitätsverteilung Deutschland

Ähnlich den USA vor 1950 (wenig schwache Tornados)

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Intensität und Todesopfer ...

Europa sehr ähnlich den USA

Europa sehr anders als die USA

Potentiell gefährlich!

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Zusammenfassung Teil 3:

• Deutsche und andere europäische Klimato- logien der Tornados unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der USA.

• Der Hauptunterschied zu den Vereinigten Staaten scheint die geringere Gesamt- zahl (USA = ± 1000, Europa = ± ???) zu sein.

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Umsetzung im Unterricht ... ?! Vorschläge wären hier:

• Sammeln von Berichten zu Tornados aus lokalen Pressemeldungen, Forstamtsberichten oder auch Heimatchroniken etc. ...

• Analyse der Wetterlagen der jeweiligen Tage ...

• Bei aktuellen Fällen: Dokumentation der Schäden ...

• Meldung an TorDACH!

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4. Teil: Anforderungen Kurzfristprognose• Gute Vorhersage der großräumigen Wetterlage, d.h. ob und in welcher Region schwere Gewit- ter auftreten können

• Schnelle, automatisierte Erkennung von Superzel- len im Doppler Radar

• Erfahrung mit regionalen Besonderheiten des bo- dennahen Stromfeldes

• Warnung der Bevölkerung (nur ca. 10 min Vorlauf)

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Einfluß der Geländestruktur• In hügeligem Gelände entstehen kleinräumige Va- riationen des bodennahen Windfeldes

• Diese bestimmen stark die Windscherung, die ein Grundbestandteil der Tornadobildung ist

• Daher wird in Mittelgebirgen nahe beeinander ei- ne stark unterschiedliche Tornadohäufigkeit beobachtet

• Beispiel: Oberrheingraben in Süddeutschland

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Eine Tornado-Allee in Oberrheingraben

16 oder mehr Fälle nördlich Vogesen und Schwarzwald

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Entstehung der Tornado-Allee • Blau: bodennaher

Wind

• Rot: bodennaher Trans- port warmer Luft

• Grün: hor. KonvergenzSynoptische Situation mit großräumiger Anströ-mung aus W bis SW im Sommerhalbjahr (der ``Spanish plume”)

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Ausgewählte Tornadofälle: Beispiel 1

• 9. September 1995: Tornado in Nußbach bei Oberkirch 1100 UTC

• Labilität durch Kalt-luft in der Höhe

• Bodenkarte um 1200 UTC, zeigt Rückseite einer Kaltfront

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Wirbelsignaturen im Doppler Radar

Ein Doppler Radar mißt die Komponente des Windfelds in Richtung der Radarantenne (vom Radar weg, aufs Radar zu)

Gibt es Rotation in der Wolke, z.B. in einer Superzelle, kann das Radar diese erkennen.

Soweit die Theorie ...

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Wirbelsignaturen am 9. September 1995 Signaturen deutlich,

aber sehr kleinräumig

Signaturen wur-den erst in nach-träglicher Analyse gefunden ...

Automatische Er-kennung schwie-rig, aber möglich

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Ausgewählte Tornadofälle: Beispiel 2

23 Jul 1996

• 23. Juli 1996: Tornado in Ziegelhausen bei Heidel- berg gegen 1800 UTC

• Am Mittag dieses Tages gab es bereits 2 Tornados in den Niederlanden

• Satellitenbild von 1200 UTC, eine Kaltfront mit vor- gelagerter Konvergenz ist sichtbar

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Superzelle / Wechselspiel mit Geländeform

Radarechos und Rotation um 1808, 1828 UTC

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Superzelle / Wechselspiel mit Geländeform

Geländeumströmung kann zweiten Wirbel erklären

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Zusammenfassung Teil 4:

• Kurzfristvorhersage beschränkt sich in erst- er Linie auf die Ausnutzung von Radars mit Dopplerfähigkeit.

• Radarverbund des DWD und Forschungsra- dars sind vorhanden.

• Wichtig ist Erfahrung des Zusammenspiels von Gewitterlage und lokaler Gelände- form.

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Zusammenfassung: Tornados• Mittlere Tornadodichte: ±0.1 pro Jahr und

10000 km²

• Aber: hohe Variabilität durch Effekte der Geländeform!

• Statistik ähnlich der aus USA, nur Gesamtzahl kleiner

• Viele historische Fälle aus Ostdeutschland fehlen

• Intensitätsverteilung wie in den USA vor 1950: => viele schwache Tornados werden

offenbar noch nicht (oder fehlerhaft) gemeldet

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Zusammenfassung: Tornadoforschung • Tornadoforschung in vielen europäischen Ländern nimmt wieder zu

• Eine professionelle Institution sollte in Europa die verstreuten Forschungsaktivitäten bündeln und in einem ``European Severe Storms Laboratory (ESSL)´´ zusammenführen, das sich allen lokalen Unwettern widmet

• Bis ein ESSL existiert sind detailliertere Klimatolo-gien, sowie die Ausgabe von Tornadowarnun- gen und -vorwarnungen des DWD hilfreich

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Weiterführendes Material ...

• Howard Bluestein, 1999: Tornado Alley. Oxford Univ. Press, New York,

180 S.

• J. + A. Verkaik, 1997: Under the Whirlwind.Whirlwind Books, Elmwood, 224 S.

• http://www.tordach.org/ (viele links EU)

• http://www.nssl.noaa.gov/ (viele links US)

Folgendes Material ist (auch inhaltlich) leicht zugänglich: