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298 Das Oberkarbon an der Westküste Irlands bei den „Cliffs of Mohar“. Die Untersuchung von Ammoniumgehalten und Stickstoffisotopen in diesen Sedimentgesteinen sind Bestandteil eines Forschungsvorhabens im DFG-Schwerpunkt- projekt „Dynamik sedimentärer Beckensysteme unter wechselnden Spannungsregimen am Beispiel des zentraleuro- päischen Beckensystems“ (Foto: V. Lüders, GFZ). The upper Carboniferous strata at the „Cliffs of Mohar“, westcoast of Ireland. Studies of ammonia content and nitrogen isotopic composition in these sedimentary rocks are part of a scinetific project funded by the DFG in the priority program „Dynamics of sedimentary systems under varying stress conditions by example of the Central European Basin-System“. Zweijahresbericht 2004/2005 GeoForschungsZentrum Potsdam

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Das Oberkarbon an der Westküste Irlands bei den „Cliffs of Mohar“. Die Untersuchung von Ammoniumgehalten undStickstoffisotopen in diesen Sedimentgesteinen sind Bestandteil eines Forschungsvorhabens im DFG-Schwerpunkt-projekt „Dynamik sedimentärer Beckensysteme unter wechselnden Spannungsregimen am Beispiel des zentraleuro-päischen Beckensystems“ (Foto: V. Lüders, GFZ).The upper Carboniferous strata at the „Cliffs of Mohar“, westcoast of Ireland. Studies of ammonia content and nitrogenisotopic composition in these sedimentary rocks are part of a scinetific project funded by the DFG in the priority program„Dynamics of sedimentary systems under varying stress conditions by example of the Central European Basin-System“.

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Geodynamische Prozesse sind als räumlich begrenzteAbläufe Antrieb für Deformationsprozesse, Erdbeben undfür alle geogenen Stoffkreisläufe, die den LebensraumErde aufrechterhalten. Stoffkreisläufe sind der Motor fürdie Entstehung von Ressourcen, wie mineralische Lager-stätten, Kohlenwasserstoffvorkommen und Grundwasser.Um Antrieb und Steuerungsmechanismen von geodyna-mischen Prozessen und Stoffkreisläufen zu identifizierenund deren Risiko- und Ressourcenpotentiale abschätzenzu können, werden neben geophysikalisch-geodätischenMesskampagnen in geodynamischen Schlüsselregionender Erde – vor allem an aktiven und passiven Kontinen-trändern („Labor Erde“) – Laborexperimente entwickelt(„Erde im Labor“). Diese simulieren Prozesse unter Nor-malbedingungen bis zu hohen Drücken und Temperaturenund entschlüsseln Materialeigenschaften, Reaktionen zwi-schen Mineralen, Schmelzen und Fluiden, sowie die damitverbundenen Transportprozesse in allen Skalenbereichenbis hinunter in den atomaren Maßstab. Der Einsatz mikro-und isotopenanalytischer Methoden erlaubt dabei dieQuantifizierung von Stoffumsätzen und die Bestimmungder Chronologie geodynamischer Prozesse. NumerischeModellierungen verknüpfen diese Daten ganz unterschied-licher Art und Dimension über verschiedene Skalenlän-gen. In diesem Kontext ist auch die Neu- und Weiterent-wicklung innovativer Mess- und Auswertetechnologienvon essentieller Bedeutung.

Ein Schlüssel zum Verständnis des Systems Erde ist dieKenntnis der physikalischen Eigenschaften von Geoma-terialien bei hohen Drücken und Temperaturen. Unter demStichwort „Erde im Labor“ werden am GFZ Materialei-genschaften von Gesteinen und Mineralen bei simuliertenBedingungen des Erdinneren untersucht. Dabei stehen diefür das Prozessverständnis wichtigen Größen, wie dieWärmetransporteigenschaften, und die für die Interpreta-tion der indirekten geophysikalischen Tiefensondierungenbenötigten Größen, wie elastische Eigenschaften, Dichteund elektrischer Widerstand, im Mittelpunkt. Die am GFZverfügbaren und z. T. selbst entwickelten Apparaturen undexperimentellen Einrichtungen stehen auch externenArbeitsgruppen für materialwissenschaftliche Fragestel-lungen in Physik, Chemie und bei der Entwicklung vonneuen Materialien zur Verfügung.

Gase und Fluide können eine Schlüsselrolle für das Ver-ständnis derjenigen Prozesse spielen, die in Verwerfungs-und Störungszonen auftreten. Ungewöhnliche Zusammen-setzungen oberflächennaher Gase und Fluide entlang akti-ver Störungen sind weltweit belegt, doch sind ihr Ursprung,die Verteilung in der Tiefe und ein möglicher Zusammen-hang z. B. mit seismischer Aktivität bisher wenig ver-standen. Angesichts der Bedeutung, die das Vorhanden-sein von Fluiden in Störzonen auf das rheologische Ver-

halten der oberen Kruste, das Erdwärmepotential, dieNatur geophysikalischer Signale und die Grundwasser-vorräte hat, sind die Kenntnisse zu thermo-hydro-mecha-nischen Kopplungen und nichtlinearen Prozessen im kris-tallinen Untergrund auch heute noch sehr dürftig. Um sol-che Untersuchungen erfolgreich durchzuführen, beteili-gen wir uns intensiv an wissenschaftlichen Tiefbohrungenim Rahmen des internationalen kontinentalen Bohrpro-gramms (ICDP) und des Integrated Ocean Drilling Pro-gram (IODP).

In den letzen beiden Jahren wurden im Department 4Aspekte und Phänomene des Kohlenstoffkreislaufs in derfesten Erde intensiv untersucht. Die Menge an Kohlen-stoff in diesem Kreislauf ist zehntausendmal größer alsdie aller lebenden Biomasse und Ressourcen an fossilenBrennstoffen (Kohle, Erdöl, Erdgas, Gashydrate) zusam-men. Obwohl äußerst dynamisch, laufen die Prozesse mitunvorstellbar geringen Geschwindigkeiten ab, wenn mandie menschliche Zeitskala als Vergleich heranzieht. Die-ser globale Kohlenstoffkreislauf umfasst den Kreislaufdes Lebens in Vergangenheit und Gegenwart. Er ist imWesentlichen für die Entstehung fossiler Brennstoffe ver-antwortlich, die den industriellen Energiebedarf abde-cken. Der Kohlenstoffkreislauf ist sowohl eine Senke fürKohlendioxid als auch eine Quelle von Treibhausgasen.Im Rahmen unseres Forschungsprogramms wurden hoch-moderne organisch-geochemische Laboratorien aufgebaut.Integrierte Lehr- und Forschungsprogramme in Zusam-menarbeit mit der Industrie, der Technischen UniversitätBerlin und Institutionen der Forschungsförderung (z. B.DFG) wurden initiiert.

Bor und Lithium als Monitore von Massentrans-fer in Subduktionszonen

Bor und Lithium besitzen jeweils zwei Isotope, 11B, 10Bund 7Li, 6Li, die in der Natur in einem Verhältnis von etwa4:1 bzw. 12:1 auftreten. Auf Grund der sehr großen Mas-senunterschiede von 10 bzw. 17 % zwischen den beidenIsotopen gibt es eine große Isotopen-Variation in Gestei-nen und natürlichen Fluiden mit einer Bandbreite vonjeweils über 50 ‰. Die B- und Li-isotopische Zusammen-setzung in Fluiden, Schmelzen und Gesteinen im Bereichvon Subduktionszonen haben somit ein großes Potentialals geochemische Tracer zur Quantifizierung von Mas-sentransferprozessen im Bereich konvergenter Platten-grenzen.

Die Anreicherung von Bor in Magmen von Inselbögen(IAB) bis zu 60 ppm im Vergleich zu MORB mit wenigerals 1,5 ppm und auch Mantel mit weniger als 0,1 ppm deu-tet darauf hin, dass Bor über die Subduktion von alterier-ter ozeanischer Kruste und von Sedimenten, die beide

Department 4

Chemie der Erde

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angereichert sind an Bor, in den Mantelkeil transportiertwird. Dort werden die IAB produziert und Bor somit letzt-endlich über diese Schmelzen oder Fluide zurück an dieErdoberfläche transportiert.

In IAB wird beobachtet, dass sowohlBor-Gehalte als auch δ11B-Werte mitzunehmender Entfernung vom Trenchabnehmen. Diese Änderung spiegelt mög-licherweise Rayleigh-Fraktionierungs-Prozesse, wie sie zwischen OH-haltigenMineralen und Fluid in der abtauchendenPlatte stattfinden, wider. Demnach wür-den die verschiedenen δ11B-„Cross-arc“-Trends der einzelnen Subduktionszonenaus deren unterschiedlichen thermischenStrukturen resultieren, die wiederum Zeitund Ort der Entwässerungs- und damitauch der Fraktionierungsprozesse in ei-ner Subduktionzone kontrollieren. DieVeränderung der B-Isotopen-Verhältnisseüber einen Inselbogen zeigen somit möglicherweise, wie sich die Tempe-raturen in einer Subduktionszone mit der Tiefe verändern. Auch Li zeigt eine Anreicherung der Gehalte in IAB im Vergleich zu MORB. Die Li-Isoto-pen-Werte unterscheiden sich jedochkaum von denen der MORB-Werte undman findet in der Regel auch keine Vari-ation der δ7Li-Werte über den Inselbo-gen: Es fehlt also die typische Slabsig-natur, wie sie für Bor und seine Isotopesichtbar ist.

Ein quantitatives Verständnis des geochemischen Verhal-tens in Prozessen unter Beteiligung von Fluiden ist not-wendig, um Bor, Lithium und ihre Isotope als geochemi-sche Tracer benutzen zu können und somit Unterschiede

zu erklären. Es wurden deshalb experi-mentell bestimmt (a) die B-isotopischeFraktionierung zwischen Glimmer, einemtypischen OH-haltigen Slabmineral, undFluid bei neutralen und basischen Bedin-gungen bei 0,4 und 3,0 GPa und 400 bis700 °C und (b) die Li-isotopische Frak-tionierung zwischen Klinopyroxen, einemtypischen Mantelmineral, und Fluid bei3,0 GPa und 500 bis 900 °C.

(a) Zeitabhängige Experimente zur B-Isotopen Fraktionierung zwischen Glim-mer und Fluid bei nahe neutralen Bedin-gungen liefern eine Fraktionierung∆11BGlimmer-Fluid von –11 ‰ bei 500 °C und-6,5 ‰ bei 700 °C. Diese Daten korrelie-ren sehr gut mit B-Isotopen-Fraktionie-rungen zwischen Phasen unterschied-licher B-Koordination und sind konsis-tent mit dem B-Koordinationswechselvon [4]-fach in Glimmern nach [3]-fachin Fluiden. Für Experimente mit basi-schen Lösungen sind die Fraktionierun-gen signifikant kleiner, nämlich –4,8 ‰bei 500 und –7,4 ‰ bei 400 °C und kor-relieren mit Tourmalin(B[3])-Fluid(B[3])-

Abb. 4.1: Schematischer Querschnitt durch eine Subduktionszone mit B- undLi-Gehalten und δ11B- und δ7Li-Werten verschiedener Reservoirs (Mantel,mittelozeanische Rückenbasalte (MORB), Sedimente, Inselbogenbasalte(IAB), etc.) im Bereich von Subduktionszonen (Zusammenfassung der Literaturdaten in Wunder et al., 2005; 2006).Schematic cross section through a subduction zone with values of B- and Li-concentrations and δ11B- und δ7Li-values of various natural reservoirs(mantle, mid ocean ridge basalts (MORB), sediments, island arc basalts(IAB), etc.) in the range of subduction zones (summary of literature data inWunder et al., 2005; 2006).

Abb.4.2:Veränderung der Bor-Isotopie für Inselbogenmagmen von vier ver-schiedenen Subduktionszonen aufgetragen jeweils mit zunehmender Tiefezur Wadadati-Benioffzone oder anders ausgedrückt, mit zunehmender Ent-fernung zum Trench. Izu-Bonin: Ishikawa and Nakamura (1994); Kurilen:Ishikawa and Tera (1997); Ost-Kamchatka: Ishikawa et al. (2001); Zentra-landen: Rosner et al. (2003).Variation of δ11B-values of volcanic arc magmas of four different subductionzones versus depth of the Wadati-Benioffzone, or differently expressed, withdistance to the trench. Izu-Bonin: Ishikawa and Nakamura (1994); Kuriles:Ishikawa and Tera (1997); Eastern Kamchatka: Ishikawa et al. (2001); Cen-tral Andes: Rosner et al. (2003).

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Daten. Das spricht für identische B-Koordination in Glim-mer und Fluiden in diesen Experimenten und damit, inÜbereinstimmung mit früheren In-Situ-Raman-Untersu-chungen in Diamantzellen an B-haltigen Fluiden, für eineüberwiegend vorherrschende [4]-fache B-Koordination inden stark basischen Fluiden.

Die Experimente zwischen Klinopyroxen und Fluid zei-gen, dass in Analogie zu Bor, das schwere Li-Isotop 7Libevorzugt ins Fluid fraktioniert und die Fraktionierung T-abhängig ist, mit Werten zwischen ca. 1 ‰ bei 900 °C undca. 4 ‰ bei 500 °C. Die T-Abhängigkeit der Li-IsotopenFraktionierung ist allerdings deutlich weniger ausgeprägtals für Bor.

Unsere Experimente zeigen, das bei allen P-T-Bedingun-gen und für unterschiedliche Fluide die schweren Isotope

Abb.4.3:Experimentell bestimmte B-Isotopen Fraktionierung zwischen B-Glimmer und Fluiden (bei 3,0 GPa) als Funk-tion der Zeit bei 500 °C (a) und 700 °C (b) für etwa neutrale Fluide. Die schwarzen Kreise symbolisieren die isotopi-schen Ausgangszusammensetzungen; offene Kreise entsprechen ∆11B(Glimmer-Fluid)-Werte der zeitabhängigen Experimen-te; offene Quadrate sind Syntheseexperimente. Die Linien verdeutlichen die zeitabhängige Einstellung von Gleichge-wichtswerten (Wunder et al., 2005).Experimentally determined B-isotopic fractionation between B-mica and fluid (at 3,0 GPa )as a function of run dura-tion at 500 °C (a) and at 700 °C (b) for near neutral fluids. Black circles show the isotopic composition at starting con-ditions; open circles denote ∆11B(mica-fluid)-values of time-dependent experiments; open squares are synthesis experi-ments: Solid lines approximate time-dependent equilibrium curves (Wunder et al., 2005).

Abb. 4.4: Experimentell bestimmte B-Isotopen Fraktio-nierung zwischen Mineralen, Schmelzen und Fluiden auf-getragen gegen die inverse Temperatur. Lineare Regres-sion der Ergebnisse von Experimenten unter Beteiligungvon Phasen unterschiedlicher B-Koordination ergibt dieGleichung ∆11B = –10,69 * (1000/T[K])+3,88, R2= 0,992(durchgezogene Linie); die gestrichelte Linie stellt die T-Abhängigkeit der B-Isotopen Fraktionierung zwischenPhasen gleicher B-Koordination dar (Wunder et al.,2005).Experimentally determined B-isotopic fractionation bet-ween mineral, melts and fluids versus reciprocal tempe-rature. Linear regression of experimental results for pha-ses of different B-coordination results in ∆11B = –10.69 *(1000/T[K])+3.88, R2= 0.992 (solid line): the dashed lineis the T-dependence of B-isotopic fractionation betweenphases of identical B-coordination (Wunder et al., 2005).

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von Bor und Lithium ins Fluid, die leichten Isotope in dieFestkörper fraktionieren. Zudem nimmt die Stärke derFraktionierung mit zunehmender Temperatur ab. Dasbedeutet für die Natur, dass das aus einer subduziertenPlatte freiwerdende Fluid, z. B. durch den kontinuierlichenZerfall von Li, B-haltigen Glimmer, an 11B und 7Li ange-reichert ist. Mit zunehmender Tiefe wird auf Grund vonRayleigh-Fraktionierung das Fluid, das dem Slab ent-weicht, kontinuierlich leichter. Wenn solche Fluide dannunverändert durch den Mantelkeil bis in Bereiche derMagmenbildung aufsteigen, erkennt man diese Slab-Sig-natur in den Inselbogenmagmen wieder. Da Mantelmine-rale das im Fluid gelöste Bor nur in sub-ppm-Mengen auf-nehmen, bleibt die isotopische Slabsignatur (Abnahme der11B/10B-Verhältnisse und der absoluten B-Gehalte mit derTiefe) beim Aufstieg durch den Mantelkeil erhalten. ImGegensatz zu Bor besitzt Lithium auf Grund der nahezuidentischen Ionenradien von Mg und Li eine deutlichhöhere chemische Affinität sich in Mantelminerale wieOlivin oder Pyroxenen einzubauen. Li-haltiges Fluid, dasaus einem Slab entweicht, wird demnach mit dem Man-telgestein reagieren und das Fluid wird sich bezüglich derLi-Isotopie, wie experimentell festgestellt, verändern. Dasführt dazu, dass die typische Slab-Signatur für Li-Isotope

verloren geht. Dieses unterschiedliche Verhalten von Borund Lithium führt somit zu einer Entkopplung ihrer che-mischen Kreisläufe.

Die Fraktionierung von Brom, Bor sowie der Bor-und Chlor-Isotope zwischen koexistierenden flu-iden Phasen in Hydrothermalsystemen

Geologische Fluide bestehen typischerweise nicht aus rei-nem H2O sondern enthalten signifikante Mengen an gelös-ten Stoffen. Neben CO2, CH4 und verschiedenen Stick-stoff- und Schwefelspezies bestimmen insbesonderegelöste Salze wie NaCl oder KCl die physikochemischenEigenschaften dieser Fluide. Im reinen H2O-System ist dieKoexistenz zweier fluider Phasen (Dampf und Flüssigkeit)und damit eine Fluidentmischung auf Druck- und Tempe-raturbedingungen unterhalb des kritischen Punktes vonreinem H2O beschränkt (22,1 MPa/374 °C). In H2O-Salz-Systemen dehnt sich jedoch das 2-Phasenfeld, in dem zweifluide Phasen mit unterschiedlichen physikochemischenEigenschaften koexistieren, zu deutlich höheren Druck-und Temperaturbedingungen aus. Hohe Temperaturen beiniedrigen Drücken begünstigen dabei in diesen Systemeneine Fluidentmischung. Solche Druck-Temperaturbedin-gungen sind ganz typisch für Hydrothermalsysteme, wiesie sich an Mittelozeanischen Rücken, in vulkanischenSystemen und um flach intrudierte Plutone entwickeln.Die Hydrothermalsysteme an den MittelozeanischenRücken verzahnen dabei die Chemie der Ozeane mit derdes Mantels und der ozeanischen Kruste während solchein vulkanischen Systemen, die von meteorischen oder oze-anischen Fluiden gespeist werden, eine effiziente Küh-lung der vulkanischen Systeme darstellen und ökonomischwichtige Geothermalsysteme bilden können. Hydrother-malsysteme um flach intrudierte Plutone sind maßgeblichan der Entstehung von Erzlagerstätten wie des PorphyryCopper oder epithermalen Typs beteiligt. Die Bestimmungder Herkunft und Zusammensetzung der fluiden Phasenin geologischen Systemen ist demnach nicht nur von geo-chemischem sondern auch ökonomischem Interesse. Dain diesen Hydrothermalsystemen Fluide ihre physikoche-mischen Eigenschaften nicht nur durch Mischung mitanderen Fluiden oder durch Wechselwirkungen mit densie umgebenden Gesteinen verändern können, sondernauch durch Fluidentmischung, ist es wichtig, das geoche-mische Verhalten potentieller geochemischer Fluidtracerwährend einer Fluidentmischung zu kennen.

Potentielle Tracer in fluidgesteuerten bzw. fluiddominer-ten Prozessen sind Bor mit seinen beiden Isotopen 11B und10B und die Halogene Chlor mit seinen Isotopen 37Cl und35Cl und Brom. Allerdings ist ihr Verhalten in fluidentmi-schenden Hydrothermalsystemen nur unzureichend be-kannt. Um dieses Verhalten zu untersuchen, wurde ihreFraktionierung zwischen koexistierenden fluiden Phasenexperimentell bestimmt. Die Experimente wurden in einemgroßvolumigen Hydrothermalautoklaven entlang von Iso-thermen durchgeführt. Dieser Autoklav ermöglicht einequasi-isobare Beprobung der koexistierenden fluiden Pha-sen. Die Fraktionierung von Bor und seiner Isotope 10Bund 11B sowie der Chlor-Isotope 35Cl und 37Cl wurde im

Abb. 4.5: Experimentell bestimmte Li-Isotopen Fraktio-nierung zwischen Klinopyroxen und Fluiden (LiCl-, undLiOH-Fluiden) aufgetragen gegen die inverse Temperatur.Die Größe der Fraktionierung ist gleich bei Verwendungvon schwach basischen und chloridischen Fluiden, wasdafür spricht, dass energetisch ähnliche Li-Wasser-Clus-ter in diesen Fluiden bei den experimentellen Bedingun-gen vorliegen (Wunder et al., 2006).Experimentally determined Li-isotopic fractionation bet-ween clinopyroxene and fluid (LiCl-, and LiOH-fluid) ver-sus the inverse temperature. The value of fractionation isidentical for using the weakly basic and chloridic fluid,which indicates that energetically not different Li-watercluster exist in these fluid at the conditions of the experi-ments (Wunder et al., 2006).

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System H2O-NaCl-B2O3 bei 400 °C/23 bis 28 MPa und450 °C/38 bis 42 MPa untersucht. Die Fraktionierung von Brom wurde bei 380, 400, 430 und 450 °C und 23 bis42 MPa im System H2O-NaCl-NaBr untersucht.

Die Bor Konzentrationen sind in der Flüssigkeit generellhöher als im koexistierenden Dampf und zeigen, dass Borbevorzugt in die Flüssigkeit fraktioniert (Abb. 4.6a). Ver-glichen mit den extremen Unterschieden in den NaCl-Gehalten ist die Fraktionierung von Bor zwischen Flüs-sigkeit und Dampf jedoch nur sehr klein (Abb. 4.6b).Berechnete Verteilungskoeffizienten DB

Flüssigkeit-Dampf (= cB

Flüssigkeit/cBDampf) sind kleiner als 2,5 unter allen experimen-

tellen Bedingungen. Die Daten zeigen, dass die Bor-Frak-tionierung mit sich öffnendem Solvus, d. h. mit abnehmen-dem Druck und zunehmendem Dichtekontrast zwischenFlüssigkeit und Dampf, zunimmt. Maximale Bor-Fraktio-nierung zwischen Flüssigkeit und Dampf erfolgt daher beiSalzsättigung, also bei Bedingungen mit den größten physikochemischen Unterschieden zwischen Flüssigkeitund Dampf. Die Extrapolation der experi-mentellen Daten bis zur Salzsättigungergibt eine maximale Bor Fraktionierungvon DB

Flüssigkeit-Dampf = 1,8 bei 450 °C und DB

Flüssigkeit-Dampf = 2,7 bei 400 °C (Abb. 4.6b).Wie Bor selbst zeigen auch die Bor-Isoto-pe eine einheitliche, wenn auch schwacheFraktionierung zwischen Flüssigkeit und Dampf, wobei das schwerere Isotop 11B bevorzugt in den Dampf fraktio-niert (Abb. 4.6c). Die berechnete Bor-Isotopenfraktionierung ∆11BDampf-Flüssigkeit

= [(11B/10B)Dampf – (11B/10B)Flüssigkeit]/(11B/10B)Standard}*1.000 reicht von 0,2 (± 0,7)bis 0,9 (± 0,5) ‰ bei 450 °C und von 0,1 (± 0,6) bis 0,7 (± 0,6) ‰ bei 400 °C(Abb. 4.6d). Wie beim Bor deuten dieDaten auch bei den Bor-Isotopen einezunehmende Fraktionierung mit sich öff-nendem Solvus an. Die Extrapolation derDaten bis zur Salzsättigung ergibt einemaximale Bor-Isotopenfraktionierung von∆11BDampf-Flüssigkeit = 1,5 (± 0,7) ‰ bei 450 °Cund ∆11BDampf-Flüssigkeit = 1,3 (± 0,6) ‰ bei400 °C. Die Bor Isotopenfraktionierungist eine Funktion der Bor Speziation (tri-gonal versus tetragonal) in den koexistie-renden Phasen. Da im Dampf das Bor tri-gonal koordiniert ist, deutet die geringeBor-Isotopenfraktionierung darauf hin,dass in der Flüssigkeit ähnliche trigonaleBor-Spezies vorliegen.

Um zu untersuchen, wie sich die Bor undBor-Isotopensignaturen der fluiden Pha-sen in einem fluidentmischenden, ozea-nischen Hydrothermalsystem verändern,wurde die Fluidentmischung von Meer-wasser entlang zweier adiabatischer Auf-stiegswege (Fluid 1 und Fluid 2) model-liert (Abb. 4.7a). Fluid 1 ist dampfdomi-

niert und entmischt geringe Mengen Flüssigkeit (Kon-densation) während Fluid 2 flüssigkeitdominiert ist undgeringe Mengen an Dampf entmischt (Kochen). DieModellierungen im offenen System (Rayleigh Fraktio-nierung) zeigen, dass sich trotz der sehr kleinen Fraktio-nierung von Bor und seinen Isotopen zwischen Dampf undFlüssigkeit die Bor- und Bor-Isotopensignatur in Fluid 1für hohe Fraktionierungsgrade extrem ändert. Die Bor-und Bor-Isotopensignatur in Fluid 2 verändert sich nurunwesentlich während der Fluidentmischung. Ein Ver-gleich der Ergebnisse der Modellierung mit natürlichen Flu-iden aus ozeanischen Hydrothermalsystemen zeigt jedoch,dass die beobachteten Bor- und Bor-Isotopensignaturender natürlichen Fluide nicht mit den modellierten Trendsübereinstimmen (Abb. 4.7b). Dies bedeutet, dass in natür-lichen Systemen andere Prozesse die Bor-Geochemie kon-trollieren müssen.

Im Gegensatz zu den Bor Isotopen zeigen die Chlor-Iso-tope keinerlei Fraktionierung zwischen Dampf und Flüs-

Abb. 4.6: (a) Bor Konzentrationen in koexistierendem Dampf und Flüssig-keit bei 450 und 400 °C. Bor fraktioniert in die Flüssigkeit. (b) Vertei-lungskoeffizienten DB

Flüssigkeit-Dampf als Funktion der Druckdifferenz zum kriti-schen Punkt bei 450 und 400 °C sowie Extrapolation der Daten auf Salz-sättigung. (c) 11B/10B-Verhältnisse in koexistierendem Dampf und Flüssig-keit bei 450 und 400 °C. Das schwerere 11B fraktioniert in den Dampf. (d)Berechnete Isotopenfraktionierung ∆11BDampf-Flüssigkeit als Funktion der Druck-differenz zum kritischen Punkt bei 450 und 400 °C sowie Extrapolation derDaten auf Salzsättigung.(a) Boron concentration in coexisting vapour and liquid at 450 and 400 °C.Bor fractionates into the liquid. (b) Distribution coefficients DB

liquid-vapour asfunction of the pressure difference to the critical point at 450 and 400 °Cand extrapolation of the data to salt saturation. (c) 11B/10B ratios in coexis-ting vapour and liquid at 450 and 400 °C. The heavier 11B fractionates intothe vapour. (d) Calculated isotope fractionation ∆11Bvapour-liquid as function ofthe pressure difference to the critical point at 450 and 400 °C and extrapo-lation of the data to salt saturation.

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sigkeit (Abb. 4.8a). Die berechnete Chlor-Isotopenfrak-tionierung ∆37ClDampf-Flüssigkeit = δ37ClDampf – δ37ClFlüssigkeit

schwankt zwischen –0,37 (± 0,24) und 0,27 (± 0,24) ‰bei 450 °C und –0,16 (± 0,24) und 0,32 (± 0,24) ‰ bei400 °C (Abb. 4.8b). Die Daten deuten darauf hin, dass sichdie Chlor-Isotope zumindest bei den experimentell unter-suchten Druck-Temperaturbedingungen konservativ ver-halten und als geochemische Tracer in fluidentmischen-den Systemen verwendet werden können.

Wie NaCl zeigt auch NaBr eine extreme Fraktionierungzwischen Dampf und Flüssigkeit (Abb. 4.9a). Berechne-te Verteilungskoeffizienten DBr

Flüssigkeit-Dampf (= cBrFlüssigkeit/

cBrDampf) sind generell größer als die entsprechenden

DClFlüssigkeit-Dampf Werte und zeigen, dass Brom gegenüber

Chlor in der Flüssigkeit angereichert wird. Die Aus-

tauschkoeffizienten KD(Br-Cl)Flüssigkeit-Dampf für

die Reaktion BrDampf + ClFlüssigkeit = BrFlüssigkeit

+ ClDampf liegen zwischen 0,94 ± 0,08 und1,66 ± 0,14 (Abb. 4.9b). Sie korrelierenpositiv mit DCl

Flüssigkeit-Dampf und deuten dar-auf hin, dass die Brom-Chlor Fraktionie-rung mit sich öffnendem Solvus zu-nimmt. Eine empirische Anpassung derForm KD(Br-Cl)

Flüssigkeit-Dampf = a*ln[b*(DClFlüs-

sigkeit-Dampf–1) + e1/a] an die experimentellenDaten ergibt a = 0,349 und b = 1,697. MitHilfe dieser Gleichung und DCl

Flüssigkeit-Dampf

aus den bekannten Phasenbeziehungenim H2O-NaCl System wurde modelliert,wie sich die Br/Cl-Signatur eines hydro-thermalen Fluids mit initialer Meerwas-ser-Zusammensetzung ändert, welchesim geschlossenen bzw. offenen Systemadiabatisch aufsteigt und kontinuierlichgeringe Mengen an Flüssigkeit konden-siert (Abb. 4.10). Die Modellierungenzeigen, dass eine Fluidentmischung in

solchen Hydrothermalsystemen die Br/Cl-Signatur derFluide extrem verändern kann. Die Ergebnisse stimmensehr gut mit den Br/Cl-Signaturen niedrig salinarer Vent-Fluide vom 9 bis 10° N East Pacific Rise überein. Sie zei-gen, dass die Br/Cl-Signatur von Fluiden a priori nicht alskonservativer Tracer genutzt werden kann.

Der Effekt von Metamiktisierung und Rekristal-lisation von Zirkon auf die Elementfreisetzung inwässrige Fluide

Das akzessorische Mineral Zirkon (ZrSiO4) ist eine derwichtigsten Quellen geochronologischer und geochemi-scher Informationen zur Entschlüsselung von geologi-schen Prozessen in der Lithosphäre. Bei der Kristallisa-tion von Zirkon können U, Th und andere Spurenelemen-

te im Gitter eingebaut werden. Für die U-Pb-Altersdatierung an Gesteinen ist dabeiwesentlich, dass seine Struktur für Pb2+

inkompatibel und damit der Bleigehaltnatürlicher Zirkone normalerweise radio-gen ist. Weiterhin kommt Zirkon in denmeisten magmatischen, sedimentärenund metamorphen Gesteinen vor und istdas häufigste Zr-Mineral in der Erdkrus-te. Zirkon besitzt zudem eine bemerkens-werte chemische und mechanische Stabi-lität unter vielen geologischen Bedingun-gen, so dass viele der ältesten bekanntenGesteine der Erde mittels dieses Mineralsdatiert werden konnten.

Trotzdem verhält sich Zirkon nicht völliginert, wobei vor allem Metamiktisierungzu einer Verringerung der chemischenund mechanischen Stabilität führt. Meta-miktisierung bezeichnet den Übergangvom kristallinen zum amorphen Zustanddurch die Entstehung von Gitterdefekten

Abb. 4.7: (a) Modellierung des Effekts einer Fluidentmischung auf die Bor-und Bor- Isotopensignatur von Meerwasser im Dampf dominierten (Fluid1) bzw. Flüssigkeit dominierten (Fluid 2) System. (b) Vergleich der Model-lierung mit Bor- und Bor-Isotopensignaturen natürlicher Vent Fluide.(a) Modelling the effect of fluid phase separation on the boron and boronisotope signature of seawater in vapour dominated (Fluid 1) and liquid domi-nated (Fluid 2) systems. (b) Comparison of the model calculations with boronand boron isotope signatures of natural vent fluids.

Abb. 4.8: (a) δ37Cl in koexistierendem Dampf und Flüssigkeit bei 450 und400 °C. Im Rahmen der analytischen Fehler besitzen Dampf und Flüssig-keit eine identische Chlor Isotopie. (b) Berechnete Chlor Isotopenfraktio-nierung δ37ClDampf-Flüssigkeit als Funktion der Druckdifferenz zum kritischenPunkt bei 450 und 400 °C.(a) δ37Cl in coexisting vapour and liquid at 450 and 400 °C. Within analy-tical error, vapour and liquid have identical chlorine isotopic composition.(b) Calculated chlorine isotope fractionation δ37Clvapour-liquid as function ofthe pressure difference to the critical point at 450 and 400 °C.

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infolge des Zerfalls eingebauter radioaktiver Elemente (U,Th) und deren Tochterisotope. Beispielsweise wurdenweltweit in schwach metamorphen archaischen und palä-ozoischen Gesteinen detritische Zirkonkörner gefunden,die angelöst waren oder kleine aufgewachsene Zirkonkri-

stalle besaßen (Dempster et al., 2004;Rasmussen 2005). Eine mögliche Deu-tung dieser auf den ersten Blick überra-schenden erhöhten Zirkonium-Mobili-tät bei relativ niedrigen Temperaturen (< 350 °C) ist die seit langem bekanntehöhere Anfälligkeit metamikter Bereichein Zirkonen für die Alteration durch wäss-rige Fluide. Die meisten bisherigen expe-rimentellen Arbeiten zur hydrothermalenAlteration von Zirkon befassten sich mitder Charakterisierung der festen Reak-tionsprodukte. Dagegen existieren bishernur sehr wenige Daten zu Löslichkeit undAuflösungskinetik von Zirkon in wässri-gen Fluiden, und die Elementfreisetzungin Abhängigkeit vom Metamiktisierungs-grad wurde bisher nicht quantifiziert.

Aus diesem Grund untersuchten wir diezeitliche Entwicklung der Zr-Konzentra-tion und, falls messbar, auch der U- undPb-Konzentrationen in H2O-HCl-Fluidenwährend der chemischen Wechselwir-kung mit Zirkonen unterschiedlicherMetamiktisierung. In einigen Experi-

menten wurde Quarz zugesetzt, um den Einfluss der SiO2-Sättigung des Fluids auf die Elementmobilisierung unddie Kinetik des Rekristallisationsprozesses zu untersu-chen. Für die Versuche wurden von Wissenschaftlern derJohannes-Gutenberg-Universität in Mainz und der Memo-rial University of Newfoundland, St. John’s, Kanada sehrgut charakterisierte natürliche und synthetische Zirkonezur Verfügung gestellt.

Abb. 4.9: (a) Brom-Konzentrationen in koexistierendem Dampf und Flüs-sigkeit bei 450, 430, 400 und 380 °C. Wie Chlor fraktioniert Brom sehr starkin die Flüssigkeit. (b) Berechnete Austauschkoeffizienten KD(Br-Cl)

Flüssigkeit-Dampf

für die Reaktion BrDampf + ClFlüssigkeit = BrFlüssigkeit + ClDampf als Funktion von DClFlüs-

sigkeit-Dampf. Berechnete KD(Br-Cl)Flüssigkeit-Dampf sind generell > 1 und belegen bevor-

zugte Fraktionierung von Brom gegenüber Chlor in die Flüssigkeit.(a) Bromine concentration in coexisting vapour and liquid at 450, 430, 400and 380 °C. Like chlorine, bromine strongly fractionates into the liquid. (b)Calculated exchange coefficients KD(Br-Cl)

liquid-vapour for the reaction Brvapour +Clliquid = Brliquid + Clvapour as function of DCl

liquid-vapour. Calculated KD(Br-Cl)liquid-vapour

are general > 1 and prove preferential fractionation of bromine over chlo-rine into the liquid.

Abb. 4.10: Modellierung der Br/Cl Signatur eines hydro-thermalen Fluids mit initialer Meerwasser-Zusammenset-zung während des adiabatischen Aufstieges im geschlos-senen bzw. offenen System. Fluidentmischung kann dieBr/Cl Signatur von Fluiden extrem verändern. Die Ergeb-nisse stimmen mit Br/Cl Signaturen niedrig salinarer VentFluide vom 9 bis 10° N East Pacific Rise überein.Modelling the Br/Cl signature of a hydrothermal fluid withinitial seawater composition during closed and open sys-tem adiabatic ascent. Fluid phase separation can signifi-cantly alter the Br/Cl signature of fluids. The results agreewith Br/Cl signatures of low-salinity vent fluids from 9 to10° N East Pacific Rise.

Abb. 4.11: Schematische Darstellung des Versuchsauf-baus. Die Bestimmung der Elementgehalte im Fluiderfolgt in situ mittels modifizierter hydrothermaler Dia-mantstempelkammer und Synchrotronstrahlungs-Rönt-genfluoreszenz. Schematic diagram of the experimental configuration. Theelement concentrations in the fluid are determined in situusing a modified hydrothermal diamond-anvil cell andsynchrotron radiation-XRF analyses.

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Die zeitaufgelösten Messungen der Zr-, U- und Pb-Konzentrationen im Fluid erfolgten in situ bei Tempera-turen zwischen 200 und 500 °C und Drücken zwischen 2 und 500 MPa mit einer am GFZ Potsdam gebau-ten speziellen hydrothermalen Diamantstempelkammerund Synchrotronstrahlungs-Röntgenfluoreszenzanalysen(SY-RFA) (Abb. 4.11). Die Messungen wurden an der SY-RFA-Mikrosonde des Hamburger Synchrotronstrah-lungslabors (HASYLAB) am Deutschen Elektronen-synchrotron (DESY) durchgeführt. An der Cornell HighEnergy Synchrotron Source, (Ithaca, New York, USA)wurde speziell für In-Situ-Experimente mit hydrotherma-len Diamantstempelkammern eine Kapillare mit langemArbeitsabstand zur Verstärkung der Flussdichte und zurFokussierung des Synchrotron-Röntgenstrahls auf 11 µm

entwickelt und angefertigt. Damit konnten am SY-RFA-Messplatz des HASYLAB für solche Versuche die unte-ren Nachweisgrenzen für Zr, U und Pb um eine Größen-ordnung auf 1 bis 5 ppm gesenkt werden.

Nach den Hydrothermalversuchen wurden der verblei-bende amorphe Anteil und die Korngröße der rekristalli-sierten Zirkone mittels Raman-Spektroskopie und Trans-missions-Elektronenmikroskopie bestimmt (Abb. 4.12).

Der ursprünglich fast amorphe Zirkon N17 rekristalli-sierte in H2O-HCl-Fluiden bei etwa 280 bis 300 °C (Abb. 4.12a-c). Die Rekristallisation bewirkte einen star-ken Abfall der Zr-Konzentration im Fluid, wohingegen ausdem metamikten Zirkon gelöstes U und Pb nicht wieder

Abb. 4.12: Rekristallisation von ursprünglich stark meta-miktem Zirkon (Probe N17) in H2O+HCl. a) bis c) Pro-benkammer (Durchmesser ≈ 300 µm) einer hydrotherma-len Diamantstempelzelle während eines Heizversuchs mitstark metamiktem Zirkon N17 in 3,8 m HCl. Bei 300 °Cist im mikroskopischen Bild eine rasche Verfärbung derursprünglich fast farblosen und isotropen Zirkonprobeerkennbar, welche deutlich das Einsetzen massiver Rekris-tallisation anzeigt. d) Elektronenbeugungsbild des amor-phen Ausgangsmaterials. e) Elektronenbeugungsbild undf) TEM-Bild derselben Probe nach Rekristallisation in 7,0 m HCl bei 450 °C. g) Raman-Spektren von Zirkon N17bei 22 °C vor und nach Rekristallisation in H2O+HCl imVergleich mit dem Raman-Spektrum eines synthetischenZirkon-Einkristalls. Zuordnung der Ramanbanden:v2(SiO4) – symmetrische SiO4-Biegeschwingung, v3(SiO4)– antisymmetrische SiO4-Streckschwingung. Die Halb-wertsbreite (FWHM) insbesondere der v3(SiO4)-Raman-bande hängt von der Nahordnung ab und wird mit zuneh-mender Metamiktisierung größer. Die Bande bei ≈ 425 cm–1

(Pfeil) kann weder Zirkon, monoklinem oder tetragona-lem ZrO2, noch Quarz zugeordnet werden. Recrystallisation of initially strongly metamict zircon(sample N17) in H2O+HCl. a) to c) Plan view of the sam-ple chamber (diameter ≈ 300 µm) of a hydrothermal dia-mond-anvil cell during heating of zircon N17 in 3.8 m HCl.Optically, the onset of massive recrystallisation is recog-nizable by rapid darkening of the previously almost color-less and isotropic sample at 300 °C. d) Electron diffrac-tion pattern of the amorphous starting material, e) Elec-tron diffraction pattern and f) TEM image of zircon N17after recrystallisation in 7.0 m HCl at 450 °C. g) Ramanspectra of zircon N17 at 22 °C before and after recrystal-lisation in H2O+HCl. A spectrum of fully crystalline syn-thetic zircon is given for reference. Assignment of Ramanbands: v2(SiO4) – symmetric SiO4 bending, v3(SiO4) – anti-symmetric SiO4 stretching. The full width at half maximum(FWHM) particularly of the v3(SiO4) Raman band is afunction of short-range order and increases with meta-mictisation. The origin of the shoulder at ≈ 425 cm–1 (thickarrow) is unknown. It cannot be assigned to zircon, quartz,and monoclinic or tetragonal ZrO2.

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in den rekristallisierenden Zirkon eingebaut wurde (Abb. 4.13). In Anwesenheit eines SiO2-gesättigten H2O-HCl-Fluids setzte die Rekristallisation der Probe N17jedoch erst bei höheren Temperaturen ein und verliefwesentlich langsamer. Auch nach Erhöhung der Tempera-tur auf 450 °C war der Rekristallisationsprozess nachzusätzlichen 2,5 h weniger weit fortgeschritten als beieinem Experiment mit vergleichbarer HCl-Konzentrationohne Zusatz von Quarz (Abb. 4.13, 4.12 g). Außerdem wardie U-Konzentration im SiO2-gesättigten Fluid wesentlichniedriger und sank jeweils nach 2 h weiter ab (Abb. 4.13),wahrscheinlich infolge Ausfällung als separate Phase oderinfolge des Einbaus als USiO4-Komponente im Zirkon.

Unterhalb der Rekristallisationstemperatur von ZirkonN17 war die Zr-Molalität im Fluid etwa zwei Größenord-nungen höher als die aus nicht oder schwach metamiktenZirkonen freigesetzte Zr-Konzentration bei ähnlicherHCl-Konzentration (Pfeil in Abb. 4.14). Bei SiO2-Sätti-gung betrug diese Differenz etwa 1,5 Größenordnungen.Bei höheren Temperaturen, d. h. nach weitgehenderRekristallisation des amorphen Anteils, war der Unter-schied in der Zr-Konzentration im Fluid wesentlich gerin-ger. Unsere experimentellen Ergebnisse unterstützen damitdie Hypothese, dass die erhöhte Zr-Mobilität in schwachmetamorphen Gesteinen durch bevorzugte Auflösungmetamikter Partien detritischer Zirkone durch chloridi-sche Fluide verursacht wird. Die aus metamikten Zirko-nen freigesetzte sehr hohe Zr-Konzentration im Fluid istjedoch übersättigt, d. h. nicht im Gleichgewicht mit kri-stallinem Zirkon. Damit erscheint ein langer Transport-weg für Zr in diesen Gesteinen unwahrscheinlich.

Spurenelementanalytik von Schmelz- und Flüs-sigkeitseinschlüssen in Mineralen mittels Syn-chrotronstrahlungs-induzierter Röntgenfluores-zenzanalytik

Schmelz- und Flüssigkeitseinschlüsse in Mineralen wer-den während des Mineralwachstums gebildet. Sofern dasMineral vom Zeitpunkt der Bildung bis zur Heraushebungan die Erdoberfläche stabil bleibt, können auf diese Artdie Schmelzen und/oder Lösungen (Fluide) der gesteins-bildenden Prozesse konserviert werden. Solche Ein-schlüsse sind die einzigen direkten Informationsquellenfür Schmelzen und Flüssigkeiten in der Erdkruste. Häu-fig sind viele Generationen von Schmelzen oder Fluidenin einem Mineral eingeschlossen. Die Abfolge der einge-schlossenen Phasen kann anhand von Wachstumszonen inMineralen oder mittels der Homogenisierungstemperaturder Einschlüsse abgeleitet werden. Die chemische Analy-se einer Abfolge gut charakterisierter Einzeleinschlüsseermöglicht die Rekonstruktion der Entwicklung von Krus-tengesteinen und eröffnet einen Blick auf Elementanrei-cherungen und Elementtransport in der oberen Erdkrus-te. Zusätzliche Informationen liefern Tochterkristalle, diehäufig in Einschlüssen auftreten, aber mittels konventio-neller Methoden nur selten identifiziert werden können.Die chemische Analyse der Tochterkristalle ermöglichtihre Identifikation und liefert weitere Informationenbezüglich des Bildungsmilieus der Einschlüsse.

Abb. 4.13: Zr-, U- und Pb-Molalitäten im Fluid vor, wäh-rend und nach Rekristallisation von ursprünglich fastamorphem Zirkon N17 als Funktion der vergangenen Zeitseit t0 (Erreichen der ersten angegebenen Temperatur).Rote Symbole – Experiment mit Zusatz von Quarz (SiO2-gesättigtes Fluid). Blaue Symbole – Experiment ohneZusatz von Quarz.Temporal evolution of the Zr, U, and Pb molalities in thefluid before, during, and after recrystallisation of initial-ly nearly amorphous zircon N17. Red symbols – silica-saturated fluid (quartz present), blue symbols – quartzabsent. t0 – time at which the first experimental tempera-ture was attained.

Abb. 4.14: Zr-Molalität in H2O-HCl-Fluiden als Funktionder Temperatur bei Hydrothermalexperimenten mit Zir-koneinkristallen (orangefarbene Symbole), stark meta-miktem Zirkon N17 (grüne Symbole) und rekristallisie-rendem oder rekristallisiertem Zirkon N17 (blaue Symbo-le). Q – Experimente mit SiO2-gesättigten Fluiden. Zr concentration in H2O+HCl fluids as a function of tem-perature during interaction with fully crystalline zircon(diamonds), slightly metamict zircon (circles), stronglyradiation-damaged zircon N17 (green squares), andrecrystallising or recrystallized zircon N17 (blue squares).Q – experiments at silica saturation of the fluid.

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In Zusammenarbeit mit dem Hamburger Synchrotron-strahlungslabor am Deutschen Elektronen-Synchrotronwurde eine Methode entwickelt, mit der die Zusammen-setzung von Einzeleinschlüssen qualitativ und quantitativbestimmbar ist. Dazu wird die Probe mit weißer Syn-chrotronstrahlung beleuchtet, die charakteristische Fluo-reszenz der Elemente in der Probe bewirkt. Die so ent-standene Röntgenfluoreszenz wird in einem energiedis-persiven Halbleiterdetektor nachgewiesen. Die Positionender Röntgenfluoreszenzlinien in dem aufgenommenenSpektrum geben Hinweise auf die vorhandenen Elemen-te und die Intensität der Fluoreszenzlinie auf die Konzen-tration des Elementes innerhalb der Probe. Es wurde einVerfahren entwickelt, dass die Berechnung der Konzen-trationen in Einschlüssen mit Hilfe von Monte CarloSimulationen ohne die Verwendung von Kalibrations-standards ermöglicht (Rickers et al., 2004). Mit dem ver-

wendeten Experimentaufbau an Strahl L am HASYLABin Hamburg, können Elemente einer Ordnungszahl zwi-schen 17 und 92 simultan nachgewiesen werden, die unte-re Nachweisgrenze liegt bei einer minimalen Ortsauflö-sung von 10 µm element- und probenabhängig im ppm bissub-ppm Bereich. Synchrotronstrahlungs-induzierte Rönt-genfluoreszenzanalytik (SXRF) hat gegenüber herkömm-lichen Analyseverfahren den Vorteil, dass sie zerstö-rungsfrei ist und dass durch die hohe Intensität der ein-fallenden Strahlung eingeschlossene Volumina (entwederinnerhalb von Mineralen oder innerhalb von Versuchsap-paraturen) untersucht werden können. Die Genauigkeitder quantitativen Analyse von Schmelz- und Flüssig-keitseinschlüssen wurde anhand von synthetisch herge-stellten Flüssigkeitseinschlüssen in Quarz für die Elemen-te Sn, Cu, Cs und Rb geprüft und liegt zwischen 10 und30 %. Hohe Abweichungen von über 20 % wurden aus-

schließlich für Konzentrationsbereichenahe der unteren Nachweisgrenze festge-stellt.

Erste Anwendung fand die entwickelteMethode bei der Erforschung des varis-kischen Ehrenfriedersdorf-Komplexes,eine granitische Intrusion in die Ober-kruste, die durch das Vorkommen zahl-reicher Pegmatite und hydrothermalerZinn-Wolfram-Lagerstätten charakteri-siert ist. Die Pegmatite zeichnen sichdurch vielfältige Schmelz- und Flüssig-keitseinschlüsse vom pegmatitischenzum hydrothermalen Entwicklungssta-dium aus (Thomas, 1982; Thomas et al.,2000; 2003). Im pegmatitischen Stadiumkoexistieren zwei Typen von wasserrei-chen, silikatischen Schmelzen, die durchEntmischung aus einer Schmelze hervor-gegangen sind, sowie mindestens eine flu-ide Phase (Abb. 4.15). Mit abnehmenderTemperatur nimmt die Bedeutung derFlüssigkeitseinschlüsse zu. Es treten Pha-senseparationen auf, die zu einer gasrei-chen und einer flüssigkeitsreichen fluidenPhase führen (Abb. 4.15). Um den ver-muteten genetischen Zusammenhangzwischen Sn-reichen Graniten, Pegmati-ten und hydrothermalen Zinn-Wolfram-Lagerstätten nachzuweisen, wurde diequalitative und quantitative Analytik vonEinzeleinschlüssen durchgeführt.

Elementverteilungsbilder von einzelnenFlüssigkeitseinschlüssen dokumentierendie vorhandenen Elemente innerhalb desEinschlusses und machen zusätzlichMikrokristalle sichtbar, die mittels opti-scher Mikroskopie nicht zu erkennen sind(Abb. 4.16a). Dadurch, dass Elemente indiesen Mikrokristallen konzentriert sind,werden sie nachweisbar, sofern das Anre-gungsvolumen ausreichend klein ist. In

Abb. 4.15: Mikrofotos von Einschlüssen silikatischer Schmelzen und Flüs-sigkeiten, die in verschiedenen Stadien der Entwicklungsgeschichte desEhrenfriedersdorf-Komplexes in Quarz eingeschlossen wurden. (a) Typ-ASchmelzeinschluss, der aus Flüssigkeit, Dampf und einer Vielzahl von Toch-terkristallen besteht. (b) Typ-B Schmelzeinschluss. (c) Dampfreicher Flüs-sigkeitseinschluss aus Dampf und Flüssigkeit des pegmatitischen Stadiums. (d) Flüssigkeitseinschluss des frühen hydrothermalen Stadiums. Die per-fekte Negativkristallform von Quarz ist an der Stelle gestört, an der sichtransparente Tochterkristalle von unregelmäßiger Form befinden, diehöchstwahrscheinlich Mischkristalle des Systems Montebrasit-Amblygonitsind. (e) Großer Flüssigkeitseinschluss des frühen hydrothermalen Stadi-ums, der aus Dampf, Flüssigkeit und einem kleinen opaken Kristall von Kas-siterit (Zinnstein) besteht. (f) Hochsalinarer Einschluss des späten hydro-thermalen Stadiums. Dieser Einschluss beinhaltet unter anderem einenTochterkristall von Zinkblende. Microphotographs of silicate melt and fluid inclusions trapped in quartz atvarious stages of the evolution of the Ehrenfriedersdorf Complex. (a) Type-A melt inclusion containing liquid, vapour, and a large number of daughtercrystals. (b) Type-B melt inclusion. (c) Vapour-rich inclusion of the pegma-tite stage containing vapour and liquid. (d) Fluid inclusion of the early hydro-thermal stage. The ideal negative crystal shape of quartz of the inclusion isdisturbed at that part where it hosts a transparent daughter crystal of irre-gular shape, possibly montebrasite-amblygonite solid solutions. (e) Big fluidinclusion of the early hydrothermal stage consisting of vapour, liquid and asmall opaque crystal of cassiterite. (f) Hypersaline fluid inclusion of thelater hydrothermal stage hosting several daughter crystals including spha-lerite.

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den Flüssigkeitseinschlüssen des frühen hydrothermalenStadiums konnten in der Flüssigkeit Rb und Cs nachge-wiesen werden. Die Elementverteilungsbilder zeigen dar-über hinaus zwei Tochterkristalle unterschiedlicherZusammensetzung (Cu, Fe, Nb, Sn, Ta und W sowie Fe,Zn, As, Sn und Sb; 4.16a). In einem Flüssigkeitseinschlussdes späten hydrothermalen Stadiums wurden in derLösung Mn, Fe, Zn, Br, Rb, Cd und Cs nachgewiesen (Abb.4.16b). Es konnten drei Tochterkristalle unterschiedlicherSpurenelementzusammensetzung identifiziert werden(Sn und As, Ag sowie Sb). Die Elementverteilungsbilderverdeutlichen außerdem, dass kein Spurenelement in derGasphase der Einschlüsse angereichert ist.

Die quantitative Analyse von Schmelz- und Flüssigkeits-einschlüssen unterschiedlicher Stadien erlaubt eine Inter-pretation hinsichtlich der chemischen Entwicklung desmagmatischen Komplexes. Abb. 4.17 zeigt exemplarischdas Verhalten der Elemente Sn, Cu und Zn in den Schmel-zen und den fluiden Phasen des Ehrenfriedersdorf-Kom-

plexes. In den pegmatitischen Schmelzen gibt es eine deut-liche Anreicherung von Sn, die mit der Temperatur posi-tiv korreliert ist. Zink und Cu in den pegmatitischenSchmelzen sind sehr gering konzentriert. In den fluidenPhasen gibt es für die drei Elemente unterschiedliche Mus-ter mit der Temperatur. Dies lässt auf eine teilweise Ent-kopplung der Elemente in den Lösungen schließen. Zinnin Fluiden zeigt zwei Maxima, eines bei Temperaturen impegmatitischen Bereich und eines im hydrothermalen bei450 °C. Das Maximum des hydrothermalen Stadiums istmit der maximalen Cu-Anreicherung korreliert. In Ein-schlüssen dieses Stadiums konnte W in Tochterkristallennachgewiesen werden (Abb. 4.16a). Diese Muster stehenin Einklang mit einer frühen pegmatitischen Sn-Anrei-cherung und einer zweiten, hydrothermalen Sn-W-Cu-Anreicherung. Zink steigt kontinuierlich mit abnehmen-der Temperatur und erreicht bei ca. 380 °C Konzentratio-nen über 1.000 ppm in den Lösungen. Dies steht in Ein-klang mit späthydrothermal gebildeten Zinkblenden inEhrenfriedersdorf.

Abb. 4.16: Spurenelementverteilungsbilder von Flüssigkeitseinschlüssen: (a) Flüssigkeitseinschluss des frühen hydro-thermalen Stadiums. Der Einschluss ist in einem 100 µm dicken Quarz-Träger eingeschlossen. Die Größe der Pixelbeträgt 10 x 10 µm2. (b) Flüssigkeitseinschluss des späten hydrothermalen Stadiums. Der Einschluss ist in einem Quarz-Träger (300 µm dick). Die Größe der Pixel beträgt 5 x 5 µm2. Die relative Intensität ist als Farbskala dargestellt, dievon Schwarz (0) nach Weiß (1) changiert. Die SXRF-Spektren auf der rechten Bildseite entsprechen den Punkten, diedurch die Pfeile markiert sind.Trace element distribution maps of fluid inclusions. (a) Fluid inclusion from the early hydrothermal stage hosted in aquartz chip of 100 µm in thickness. Pixel size is 10 x 10 µm2. (b) Fluid inclusion from the late hydrothermal stage hos-ted in a quartz chip of 300 µm in thickness. Pixel size is 5 x 5 µm2. Relative intensity is given from 0 (black) to 1 (white)and not to scale. SXRF spectra at the right refer to analyses at spots indicated by arrows.

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Anhand der Analytik von gut charakterisierten Einzelein-schlüssen konnten die Phasen, die zu der Bildung derLagerstätten geführt haben, identifiziert und die chemi-sche Entwicklung des magmatischen Komplexes ent-schlüsselt werden. Dadurch konnte das Potential der ent-wickelten Analysemethode exemplarisch gezeigt und fürdiesen Forschungsbereich etabliert werden.

Auflösungs-Ausfällungsprozesse und Mikroporo-sitäten in Mineralen

Auflösungs-Ausfällungsprozesse spielen eine wichtigeRolle bei Fluid-Gesteins-Wechselwirkungen unter hohenTemperaturen. Dabei wird in Gegenwart von Fluiden alsTransportmittel eine Mineralphase ihre Zusammenset-

zung ändern oder auch gänzlich durch eine neue Phaseersetzt werden. Als Resultat einer chemischen Reaktionwerden eine oder mehrere energetisch günstigere Phasenunter den herrschenden P-T-Bedingungen gebildet. Einewichtige Eigenschaft dieses Prozesses ist die Ausbildungeiner durchgängigen Mikro- oder Nanoporosität in derverdrängten Mineralstruktur, die nur mit einem Trans-missionselektronenmikroskop (TEM) identifiziert wer-den kann. Dabei werden neue Mikrophasen im veränder-ten Wirtsmineral erzeugt, die alle Merkmale der Kristal-lisation aus einer fluiden Phase zeigen. Bei diesem Pro-zess wird Material sehr schnell innerhalb des Wirtsmine-rals transportiert, mit Transportraten, die mindestens zehnGrößenordnungen schneller sind als diejenigen von ein-facher Festkörperdiffusion durch ein Kristallgitter. Solche

Abb. 4.17: Temperaturabhängigkeit der Zinn- (a), der Kupfer- (b) und der Zink-Konzentration (c) in Typ-A und Typ-BSchmelz- und Flüssigkeitseinschlüssen. Der Einsatz in (c) ist eine vergrößernde Darstellung der Zn Konzentrationenin beiden Schmelztypen bei niedrigen Konzentrationen und zeigt die relative Anreicherung von Zn in Typ-B gegenüberTyp-A Schmelzen. Daten aus Rickers et al. (2006).(a) Tin concentrations in type-A and type-B melt and fluid inclusions versus temperature. Arrows tentatively trace theevolution of both melts types, indicating overall enrichment of Sn in type-B melts. (b) Copper concentrations in meltand fluid inclusions versus temperature. (c) Zinc concentrations in type-A and type-B melt and fluid inclusions versustemperature. Inset is a blow-up of Zn concentrations for both melts types at low Zn contents and shows the relativeenrichment of Zn in type-B relative to type-A melts. Data from Rickers et al. (2006).

Abb. 4.18: Rückstreuelektronen-Aufnahmen von Fluorapatit nach Reaktion mit HCl bei folgenden experimentellenBedingungen: (a) AM34 (600 °C, 500 MPa, 3 Wochen, 1 N HCl) und (b) (600 °C, 500 MPa, 9 Wochen, 1 N HCl). Diedunklen Gebiete reagierten mit der HCl-Lösung und weisen geringere Gehalte an Y, REE, Si, Na, S und Cl auf, d. h.sie wurden metasomatisiert. Die hellen Körner sind Monazit.BSE photographs of fluorapatite reacted with HCl including experiments: (a) AM34 (600 °C; 500 MPa; 3 weeks; 1 NHCl) and (b) AM46 (600 °C; 500 MPa; 9 weeks; 1 N HCl). Dark regions have reacted with the HCl solution and aredepleted in (Y+REE)+Si+Na+S+Cl, i. e. have been metasomatised. Bright grains are monazite.

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durch Fluide produzierten Mikrophasen können durchOstwald-Reifung wachsen. Material, das nicht für die Bil-dung der Mikrophasen verbraucht wird, wird via Fluidüber die Mikroporosität abgeführt. In gleicher Weise kannfür die Bildung von Mikrophasen Material von außen hervia Fluid herantransportiert werden. Die Ausbildung undPersistenz solcher Mikroporositäten ist von entscheiden-der Bedeutung für den Prozess und für die Interpretationvon Materialtransport in Gesteinen.

Auflösung-Ausfällung über Fluid und die Bildung von Mikroporosität wird am Beispiel der Bildung vonMonazit [(La,Ce,Nd)PO4] in einem Apatitwirtskristall[Ca10(PO4)6(F,Cl)] bei 600 °C und 500 MPa experimentellgezeigt. 20 mg 20 bis 200 µm große Fluorapatitkristalleund 5 mg einer 1 normalen HCl-Lösung wurden in Pla-tinkapseln eingeschweißt und hydrothermal behandelt.Die Reaktionsprodukte zeigen, dass jedes Apatitkorn mitdem Fluid partiell reagiert hat (Abb. 4.18a), unter Bildungeines anders zusammengesetzten Apatitsaums, der relativzum unreagierten Apatitkern dunkelgrau erscheint, weiler die Spurenelemente (Y+REE)+Si+Na+S+Cl währendder Reaktion verloren hat. Der reagierte Teil des Apatitsenthält Mikrokristalle von Monazit (helle Punkte, Größe~ 1µm), die gehäuft an der Reaktionsfront zwischen neuemund altem Apatit auftreten. Im Apatitkern erscheinen sienicht. Messungen mit der Elektronenstrahlmikrosondeüber die Reaktionsfront zeigen eine sehr scharfe chemi-sche Grenze zwischen den beiden Apatitgenerationen.Wenn man die Reaktionszeit von drei auf neun Wochenverdreifacht, nimmt die Zahl der Monazitkristalle beigleichzeitigem Größerwerden ab, wobei das Volumen desmetasomatisch veränderten Apatits annähernd gleichbleibt.

Mithilfe der Focussed-Ion-Beam Methode wurden 7 x 15x 0.1 µm große Folien quer zur Reaktionsfront geschnit-ten und unter dem TEM untersucht (Abb. 4.19). Diesseitsder Reaktionsfront, im metasomatisch veränderten Apa-

tit, erscheinen charakteristische, parallel orientierte, 5 bis20 nm breite Nanokanäle (Abb. 4.20a, b) als Spuren derTransportwege der fluiden Phase. Elektronenbeugungs-aufnahmen über die Reaktionsfront hinweg zeigen iden-tische Beugungsmuster für den Apatit diesseits und jen-seits der Reaktionsfront. (Abb. 4.20c). Im metasomatischveränderten Apatit finden sich Mikrokristalle von Mona-zit (Abb. 4.20a) die in Hohlräumen (Mikroporositäten) anoder direkt hinter der Reaktionsfront kristallisieren. Siezeigen keine bevorzugte Orientierung relativ zum Apatit-wirt. Die Mikroporositäten sind zum Teil oder gänzlichmit amorphem Material gefüllt, das während des Wachs-tums der Monazite aus dem Fluid ausgefällt wurde. DieZusammensetzung dieses amorphen Materials ist dem desApatits sehr ähnlich. Die Monaziteinschlüsse sind immervon vielen Mikrokanälen umgeben (Abb. 4.20a). Meta-somatisierter Apatit zeigt häufig leicht missorientierteGittersegmente (Schnitt Nr. 3 aus Abb. 4.19a; Abb. 4.21a)die als ausgeheilte Nanokanäle interpretiert werden.Unreagierter Apatit zeigt dies nicht (Schnitt Nr. 4 aus Abb. 4.19a; Abb. 4.21b).

Diese Beobachtungen sind wichtig für die Interpretationvon Massentransport in Gesteinen. Es ist allgemein akzep-tiert, dass Fluide entlang von Korngrenzen transportiertwerden. Es wurde hier gezeigt, dass sie Material auf einerSkala von hunderten von Mikrometern in die Mineral-phasen hinein und aus ihnen heraus transportieren kön-nen, aufgrund der Bildung von Mikroporositäten, diewiederum aus Auflösungs-Ausfällungsprozessen resul-tieren. Die Transportwege für Fluide sind viel größer, alsbisher angenommen, und sehr viel mehr Gesteinsvolumenwird von Fluid durchströmt, als nur durch Transport ent-lang von Korngrenzen. Es ist bisher unklar, wie lange sol-che transienten Mikroporositäten in Gesteinen existierenkönnen. Sie werden jedenfalls solange existieren, wie einchemisches Ungleichgewicht zwischen Fluid und Mine-ral den Prozess aufrechterhält. Ist das Gleichgewichterreicht wird nichts mehr aufgelöst, ausgefällt und trans-

Abb. 4.19: (a) Rückstreuelektronen-Aufnahme eines Fluorapatitkorns von Experiment AM34 mit Kennzeichnung derGebiete, aus denen die TEM-Folien 1, 2, 3 und 4 entnommen wurden. (b) Vergrößerter Ausschnitt des Gebiets, aus demdie TEM-Folie 2 entnommen wurde. Die genaue Position der Folie war zwischen den zwei Kreuzen.(a) shows a BSE photograph of a fluorapatite grain from experiment AM34 and indicates the exact locations whereTEM foils 1, 2, 3, and 4 were sampled. (b) shows a close-up of the area where TEM foil 2 was cut and later removed.The exact location of the foil was between the two x marks.

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portiert, und die Mikroporosität kann durch Rekristallisa-tion verschwinden, bis neues Fluid infiltriert. In trocke-nen Gesteinen kann sich ein Gleichgewicht nur durchVolumendiffusion in Festkörpern einstellen – ein sehr viellangsamerer Prozess.

Bedeutende Fortschritte bei der Bestimmung vonWasser in Gläsern und Schmelzeinschlüssen mitder Raman-Spektroskopie

Die Bestimmung von Wasser (H2O, D2O) mittels konfo-kaler Mikro-Raman-Spektroskopie in natürlichen Gläsernhat sich durch die Entwicklungsarbeiten am GFZ (Tho-mas, 2000) zu einer etablierten Routinemethode entwi-ckelt (Thomas, 2002; Thomas et al. 2005, 2006; Chabironet al. 2004; Zajacz et al. 2005; Di Muro et al. 2006). DieseTechnik kann für die genaue und schnelle Bestimmungdes gebundenen Gesamt-Wassers (H2OT) in Gläsern in

einem breiten Konzentrationsbereich von etwa 0,1 bis weitüber 35 Gew.% (~ 50 Mol% H2O) bei hoher Präzision (< 10 %) eingesetzt werden, wobei die untere Nachweis-grenze noch nicht ausgelotet ist. Damit sind auch quanti-tative Untersuchungen zur Speziation des Wassers(H2Om/OH) (Chabiron et al., 2004; Di Muro et al. 2006)und des schweren Wassers D2Om/OD (Thomas et al, 2006)möglich. Die laterale Auflösung von etwa 2 µm, die sichdurch die konfokale Technik ergibt, ermöglicht die Unter-suchung von sehr kleinen Objekten, wie wir sie bei-spielsweise in Form von Schmelzeinschlüssen in gesteins-bildenden Mineralen antreffen. Sie erlaubt dadurch auchdie Aufnahme von Konzentrationsprofilen wie z. B. Dif-fusionsprofile in Gläsern, H2O-Verteilung in Einschlüs-sen, Änderung des Wassereinbaues in Nadeln von Tief-seeschwämmen. Der Vorteil der Raman-Spektroskopiegegenüber der Infrarot-Spektroskopie liegt in der Ein-fachheit der Probenpräparation, dem großen Messbereich

Abb. 4.20: (a) Subparallele Nano-Kanäle und Gruppen von Monazitkörnern in einem Hohlraum, der mit amorpherSubstanz gefüllt ist, die beim Abschrecken entstanden ist. Aufnahme eines Bereichs in TEM-Folie 2 (Experiment AM34)an der Grenze der Reaktionszone zum nicht reagierten Fluorapatit (gestrichelte Linie und Pfeil). (b) Vergrößerte Auf-nahme der Nano-Kanäle. (c) Netzebenenabbildung der Grenzfläche zwischen reagiertem und nicht reagiertem Fluor-apatit, aufgenommen aus dem Bereich innerhalb des gestrichelten Kreises. (d) Vergrößerte Aufnahme des Hohlraums,welcher mit einer Gruppe von Monazitkörnern und beim Abschrecken entstandener amorpher Substanz gefüllt ist. DerHohlraum ist von Nano-Kanälen umgeben. (e) HRTEM-Aufnahme entlang des Hohlraumrandes mit einer unregelmä-ßigen Grenzfläche.(a) Series of sub-parallel nano-channels and group of monazite grains in a cavity filled with an amorphous quenchedmaterial. The photo is taken from a region of TEM foil 2 (AM34) located at the boundary between the reacted and unre-acted fluorapatite (dotted line and arrow) (cf. Figs. 2a and 2b). A close-up of the nano-channels is shown in (b). (c)Lattice fringe image of the interface between the reacted and the unreacted fluorapatite taken from the region withinthe dashed circle. (d) Close-up of the void, which is filled with a quenched amorphous fluid and a cluster of monazitegrains. The void is surrounded by an array of nano-channels. (e) HRTEM image along the void rim with an irregularinterface.

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und in der Unabhängigkeit von der Matrix. Auf Schmelz-einschlüsse angewandt heißt das, es kann der Wasserge-halt von Gläsern bestimmt werden, deren Zusammenset-zung von granitisch bis basaltisch reicht. Kenntnisse überdie Zusammensetzung und Dichte sind keine Vorausset-zung für diese Bestimmungen mehr. Obwohl es bereits mitder Einführung der Methode im Jahr 2000 klar war, wurdejedoch von anderen Bearbeitern immer wieder übersehen,dass das Raman-Signal im Frequenzbereich von 2.800 bis3.980 cm–1 direkt proportional zur H2OT-Konzentration ist.Da die Integralintensität linear mit der Konzentrationansteigt, ist eine Quantifizierung mit Hilfe des Intensi-tätsverhältnisses Σ(H2O+OH)/(Si-O) nicht erforderlich.Auf diesen sehr wichtigen Umstand wurde unlängst nocheinmal ausdrücklich hingewiesen (Thomas et al. 2006),da sich daraus eine sehr einfache, genaue und Matrix-unabhängige Bestimmungsmethode ergibt: die „Kompa-rator-Methode“ zur Bestimmung des Wassers. Für dieseMethode ist eine Kalibrierung nicht mehr notwendig. Eswerden nur noch einige gut untersuchte Referenzprobenfür den gesamten Konzentrationsbereich zum Vergleichgebraucht. Man kommt gegebenenfalls auch nur miteinem Bezugsglas aus. Damit vereinfacht sich die analy-tische Bestimmung des Wassers mittels Raman-Spektros-kopie nochmals drastisch. Die Raman-Technik zur quan-titativen Wasserbestimmung tritt aus ihrem Schattenda-sein heraus und wird zur Methode der Wahl.

Ein weiterer Vorteil gegenüber der Infrarot-Spektroskopieist, dass mit der konfokalen Raman-Technik der Wasser-gehalt von Schmelzeinschlüssen bestimmt werden kann,die sich im Volumen weit von der Oberfläche entfernt ineiner Mineral-Matrix befinden. Erst dadurch wird es mög-lich wasserreiche, instabile Gläser/Einschlussgläser zuuntersuchen, die an der Oberfläche durch die Präparation(Schleifen, Polieren) oder auch spontan und irreversibelzerstört werden würden (Thomas et al. 2006).

Abb. 4.21: (a) HRTEM-Aufnahme einer Reaktionszone im Fluorapatit von Experiment AM34. (b) HRTEM-Aufnahmeeines nicht reagierten Bereichs im Fluorapatit von Experiment AM34.(a) HRTEM image of fluorapatite from a reacted region in experiment AM34 whereas (b) shows an HRTEM image ofnon-reacted region, i.e. the original fluorapatite, in experiment AM34.

Abb. 4.22: Die Abbildung zeigt einen volatil-reichenSchmelzeinschluss im Pegmatitquarz von Zwiesel beiBodenmais. Nach der Homogenisierung bei 650 °C untereinem Druck von 3 kbar zerfällt das homogene, jedochmetastabile Glas während des Abschreckens in vier Pha-sen. Bei Raumtemperatur beobachtet man dann ein peral-kalines, wasserreiches Glas, eine wässrige Lösung sowieflüssiges und gasförmiges CO2. Die Phasen sind nachDichte sortiert im Einschluss angeordnet.The figure shows a volatile-rich melt inclusion in peg-matite quartz from Zwiesel near Bodenmais. After ho-mogenization at 650 °C and a pressure of 3 kbar thehomogenous, however, metastable glass disintegratesduring quenching into four phases. At room-temperatu-re we observe a peralkaline water-rich glass, an aqueoussolution as well as liquid and gaseous carbon dioxide.The phases in the inclusion are arranged according density.

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Bei Untersuchungen an extrem wasserreichen Schmelz-einschlüssen in Pegmatitmineralen (siehe Abb. 4.22), dieerst mit der Entwicklung der Raman-Methode möglichwurden, fand man Einschlussphasen mit bis zu 70 Gew.%Wasser. Ihrem physiko-chemischen Verhalten nach kön-nen diese Einschlüsse als Hochtemperatur-Gel-Einschlüs-se interpretiert werden. Die Untersuchung dieser Ein-schlüsse öffnet ein neues Fenster in die Kolloid- undLagerstättenforschung, da solche Phasen das Potenzialbesitzen, große Mengen an Spurenelementen und lager-stättenrelevanter Metalle zu extrahieren, zu speichern undzu transportieren. Außerdem können solche Phasen sehreffektiv als Ionenaustauschmedien fungieren. Diese neuenEntwicklungen in der Raman-Spektroskopie zur Bestim-mung des Wassers in Gläsern setzt neue Impulse für dieexperimentelle Petrologie: Bisher war der Konzentra-tionsbereich bis etwa 10 Gew.% H2O analytisch beherrsch-bar (SIMS, FTIR), nun kann der gesamte Konzentra-tionsbereich, der in der Natur von Bedeutung ist, abge-deckt werden.

Experimentelle Untersuchungen liefern Hinweiseauf mögliche größere Wassergehalte im Erdmantel

Geodynamische Prozesse im konvektiven Erdmantel, wiebeispielsweise das Schmelzverhalten der Mantelgesteine,die Transporteigenschaften von Materie entlang von Korn-grenzen und die Verformungseigenschaften der Mantel-gesteine können durch Wasser wesentlich beeinflusst wer-den. Experimentelle, petrologische und theoretische Stu-dien zur Speicherfähigkeit von Wasser in Erdmantelmi-neralen stehen daher im Brennpunkt aktueller Forschun-gen. Petrologisch-geochemische Untersuchungen bele-gen, dass Wasser in natürlichen, nominal wasserfreienMineralen wie Olivin, Pyroxen und Granat, den haupt-sächlichen Bausteinen des oberen Erdmantels, in Spuren

als strukturell gebundenes Hydroxyl eingebaut wird. Die Gehalte liegen dabei meist im Bereich von 10 bis 3.000 Gew. ppm H2O. In experimentellen Studien wurdeder in der Natur beobachtete Wassereinbau in Silikate undOxide simuliert und bestätigt. Mit steigendem Drucksteigt meist die Löslichkeit von H2O in den Mineralen.Experimente, die in Druckbereichen durchgeführt wur-den, die uns „petrologisch“ nicht zugänglich sind, zeigten,dass im Modelsystem des Erdmantels MgO-SiO2 beiZugabe von H2O extrem wasserreiche Minerale syntheti-siert werden können und thermodynamisch stabil existie-ren. Im Druckbereich von 10 bis 30 GPa (300 bis 900 kmErdtiefe) und relativ niedrigen Temperaturen können dieWassergehalte dieser Minerale bis zu 20 Gew.% betragen.Ob diese Phasen tatsächlich im Erdmantel existieren, istbisher nicht bekannt. Wenn ja, könnten sie Wasser entlangvon Subduktionszonen bis in große Tiefen bringen. Derthermische Abbau dieser Phasen in heißeren Regionen desErdmantels könnte sogar die seismologisch beobachtetenTiefbeben erklären. Für das bessere Verständnis des glo-balen Wasserzyklus und seine Auswirkungen auf Erd-mantelprozesse ist es daher erforderlich, sowohl natürlichvorkommende Minerale als auch synthetische, potentiel-le Minerale des Erdmantels zu untersuchen. Die zentralenFragen sind dabei: Wieviel Wasser kann in solchen Mine-ralen gespeichert werden, wie wird der Wasserstoff in dieStruktur eingebaut und welche Parameter kontrollieren dieH-Konzentrationen.

Nachfolgend werden zwei Studien, die sich mit dieser Pro-blematik beschäftigen, vorgestellt.

Eine petrologisch-geochemische Untersuchung beschäf-tigt sich mit der Quantifizierung und Lokalisierung vonstrukturell eingebauten Hydroxylgruppen in natürlichenOlivinen aus dem an Diamanten reichen Kimberlitschlot

von Udachnaya, Sibierien. Die Olivinestammen aus 75 bis 150 km Tiefe. Der Ein-bau der Hydroxylgruppen wurde mit derFourier Transform Infrarot-Spektroskopie(FTIR) untersucht (Abb. 4.23). In Kom-bination mit einem Mikroskop kann manso bis zu 30 µm kleine Kristalle untersu-chen. Unter Verwendung von Synchro-tron-IR-Strahlung (am Bessy II-Speicher-ring in Berlin) konnten wir die lokale Auf-lösung sogar auf 8 x 8 µm erhöhen.

Quantifiziert wurde der Wassergehalt mitder Sekundärionen Massenspektrometrie(SIMS). Im Vergleich zu Olivinen ausbasaltischen Gesteinen, die nur 1 bis 2 Gew.ppm H2O eingebaut haben, sinddie Olivine aus dem Kimberlitschlot mitca. 400 Gew.ppm H2O vergleichsweisewasserreich. Die FTIR-Spektren zeigen,dass der strukturelle Einbau des Wassersin das Kristallgitter des Olivins sehr kom-plex ist. Typische Infrarot-Spektren die-ser Minerale zeigen an die 20 verschie-dene OH-Banden, deren Intensität zudem

Abb. 4.23: Polarisierte Infrarot-Spektren von Olivin, aufgenommen paral-lel der drei Kristallachsen a, b und c. Die Absorptionsbanden werdenSchwingungen von strukturell eingebauten OH-Gruppen zugeordnet, die imZusammenhang mit Kationenleerstellen stehen. Polarised infrared spectra of olivine, taken parallel to the crystal axes a, bund c. The bands are assigned to vibrations of structurally bound OH-groups,which are connected with cation vacancies.

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stark richtungsabhängig ist. Unsere Studien belegen, dassder Einbau der Wasserstoffatome an Leerstellen auf demM1 Oktaederplatz gekoppelt ist (Abb. 4.24). Experimen-telle Studien lassen vermuten, dass Olivin, der in noch grö-ßeren Tiefen gebildet wurde, das 10- bis 20-fache dieserWassergehalte aufweist.

Die zweite Studie beschäftigt sich mit der Synthese, Kris-tallchemie und Stabilität von Superhydrous Phase B,Mg10Si3O14(OH)4, einer potentielle Phase im tiefen Erd-mantel (Koch-Müller et al., 2005). Zusammen mit Kollegenam Geophysical Laboratory der Carnegie Institution of Washington, D.C. synthetisierten wir Superhydrous PhaseB (shy B) bei 22 GPa und Temperaturen von 1.200 und 1.400 °C. Wir konnten zeigen, dass shy B in zwei verschie-denen Modifikationen existiert. Bei hohen Temperaturen(1.400 °C) bildet sich eine ungeordnete Struktur hinsicht-lich der Verteilung der Kationen und Wasserstoff, die bei nie-drigeren Temperaturen (1.200 °C) in eine stark geordneteStruktur übergeht. Abb. 4.25 zeigt Infrarot-Spektren derstark geordneten Struktur. Sie belegen, dass Wasserstoff imGegensatz zur ungeordneten Struktur in mehr als einemStrukturplatz eingebaut wird. An Hand der Richtungsab-hängigkeit der Intensität der Absorptionsbanden entwickel-ten wir ein Modell für den Einbau von Wasserstoff in dieseStruktur (Abb. 4.25). Der Wassergehalt dieser möglichenPhase des tieferen Erdmantels beträgt 5 bis 6 Gew.% H2O.

Es ist nun die Aufgabe der Geomaterialforschung, diesesehr wasserreiche Phase als mögliche Einschlüsse in Dia-manten oder auch Zirkon in Kimberliten zu finden. Dieswäre ein sehr wichtiger Schritt hin zum besseren Ver-ständnis geodynamischer, vom Wassergehalt beeinflussterProzesse im Erdmantel.

Datierung alter Krustenwässer mit Edelgasen

Am GFZ wurde eine on-line Entgasungsanlage für diequantitative Extraktion von in Wasserproben gelösterEdelgase weiterentwickelt und neu auf-gebaut. Mit der anschließenden massen-spektrometrischen Bestimmung der imWasser gelösten radiogenen, nukleoge-nen und fissiogenen Edelgasisotope 4He,20, 21, 22Ne, 36, 38, 40Ar, 84, 86Kr und 129, 132, 134, 136Xe

kann z. B. die Verweilzeit der Wässer im Untergrundbestimmt werden. Der Zeitrahmen dieser Datierungsme-thode erstreckt sich hierbei von ca. tausend bis zu mehre-ren Milliarden Jahren. In der Praxis wurden Wässer vonbis zu einigen zehner Millionen Jahren untersucht. Diezusätzliche Edelgasgehaltsbestimmung in Porenfluidenfrisch erbohrter Gesteine ermöglicht auch den Zugang zu

Abb. 4.24: Teil der Olivinstruktur mit den in dieser Studielokalisierten Wasserstoffatomen (schwarze Kugeln). DerWasserstoffeinbau steht in Verbindung mit Leerstellen aufM1 und die Atome können sowohl an O(2) als auch anO(1) Sauerstoffe gebunden sein.Part of the olivine structure showing the proposed hydro-gen atoms (black balls) associated with vacant M1 sitesand bonded to O(2) and to O(1) oxygens.

Abb. 4.25: Polarisierte Einkristall-Spek-tren der OH-Banden in shy B (1.200 °C)(links). Sie zeigen, dass im Gegensatz zurungeordneten Phase, in dieser starkgeordneten Phase Wasserstoff in mehr alseinem Strukturplatz eingebaut ist. Pro-jektionen der Orientierungen der OH-Gruppen in der geordneten Phase(rechts).Polarised single crystal spectra of theOH-bands of shy B (1200 °C) showingthat hydrogen is incorporated in morethan one site (left). Projections of the pro-posed orientations of the OH groups inthe strongly ordered sample (right).

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immobilen Porenlösungen in nicht wasserleitendenGesteinsformationen. Damit können der Wasser- undStofftransport bilanziert, Neubildungsraten sowie latera-le Wasserflüsse quantifiziert und die Intensität von Kluft-wasserzirkulationen abgeschätzt werden.

Erste Anwendungen am GFZ umfassten die Untersuchungultratiefer Kluftwasserzutritte in südafrikanischen Gold-minen (Abb. 4.26), der Wässer aus dem einjährigen Pump-test an der KTB-Vorbohrung sowie von Mineral- und Geo-thermalwässern aus Bursa (Türkei), nahe der nordanato-lischen Störungszone.

Ein übergeordnetes Ziel dieses Forschungsfeldes ist es,mit Hilfe von Laborexperimenten, Nahfelduntersuchun-gen sowie regionalen Informationen die Prozesse der Ent-gasung von Gesteinen auf unterschiedlichen zeitlichenund räumlichen Skalen zu studieren. In Laborexperimen-ten werden Gesteinsproben im Grammbereich im Vaku-um zermahlen bzw. bei Temperaturen bis zu 1.750 °C auf-geschmolzen und die freigesetzten Edelgase massen-spektrometrisch bestimmt. Die regionalen Informationenstammen aus der Analyse von Kluftwasserzutritten bzw.krustalen Wässern, die im Verlauf von Tausenden bzw.Millionen von Jahren die aus Gesteinen freigesetztenEdelgase akkumuliert haben. Nahfelduntersuchungen zur

Freisetzung von Gasen aufgrund seismischer Ereignissesollen im Rahmen des ICDP-DAFSAM-Projektes (Dril-ling Active Faults in South African Mines) durchgeführtwerden (Abb. 4.27).

In 3,6 km Tiefe wird zurzeit in einem südafrikanischenGoldbergwerk eigens ein ca. 40 m langes, quasi horizon-tales Bohrloch quer durch eine tektonische Störungszonegebohrt. An deren Verlauf werden in den nächsten ein bisdrei Jahren durch Bergbautätigkeiten ausgelöste seismi-sche Ereignisse bis zu einer Stärke von Magnitude 3 erwar-tet. Das Bohrloch wird mit einem System von Kapillarenausgestattet, durch die kontinuierlich Bohrlochgas abge-saugt und in Echtzeit mit einem Quadrupol-Massenspek-trometer analysiert wird. Während eines seismischenEreignisses erwarten wir Konzentrationsänderungen auf-grund spontaner Freisetzung von Gasen u. a. aus Flüssig-keitseinschlüssen oder Gesteinsklüften, die sonst nur wäh-rend sehr langer Zeiträume durch Alteration oder Diffu-sion entweichen würden. Von Gaskonzentrationsänderun-gen gesteuert, sollen zudem automatisch Glasampullenmit Bohrlochgas für spätere Laboruntersuchungen befülltwerden.

Die Verknüpfung von Gasanalyse- und Datierungsergeb-nissen ultratiefer südafrikanischer Minenwässer mit dertiefen kontinentalen Biosphäre ist ein wissenschaftlichsehr spannendes Thema, ähneln die dortigen Umweltbe-dingungen vermutlich doch denen der ersten belebten Bio-sphäre unseres Planeten.

Das KTB-Tiefenlabor in Windischeschenbach –neue geohydraulische Experimente erfolgreichabgeschlossen

Eine Serie neuartiger hydraulischer Langzeittests inDeutschlands übertiefen Forschungsbohrungen (KTB) inWindischeschenbach (Oberpfalz) hatten das Ziel, Ener-gie- und Fluidtransportprozesse in der oberen kristallinenKruste zu untersuchen. Die zwei benachbarten KTB-Tief-bohrungen (Vorbohrung KTB-VB, 4.000,1 m und Haupt-bohrung KTB-HB, 9.101 m) erlaubten die In-Situ-Bestimmung hydraulischer Parameter eines ausgedehnten

Abb. 4.26: Beprobung von Fluiden zur Edelgasanalytik ineiner 3,6 km tiefen Goldmine in Südafrika (Foto: J. Lipp-mann-Pipke).Noble gas sampling at 3,6 km depth in a South Africangold mine.

Abb. 4.27: Untertage in der Tau Tona Goldmine bei Johan-nesburg zur Vorbereitung des ICDP-DAFSAM-Bohrpro-jekts (Foto: J. Lippmann-Pipke).Underground in the Tau Tona gold mine near Johannes-burg to prepare the ICDP-DAFSAM drilling project.

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tektonischen Störungssystems (SE2) und erstmalig dieGewinnung unkontaminierter krustaler Tiefenwässer in4.000 m Tiefe (Abb. 4.28).

Ein 12-monatiger Produktions/Pumptest brachte in 2002/03weltweit einmalig viele Millionen Jahre alte Tiefenwässer(22.300 m3) zutage. Diese Wässer wurden von zahlreichenArbeitsgruppen des KTB-VB Science Teams intensivuntersucht. Die Ergebnisse sind kürzlich in einem Sonder-band von GEOFLUIDS veröffentlicht worden (Erzingerund Stober, 2005, siehe auch: GFZ-Zweijahresbericht2002/03, 319 ff).

In 2004/05 folgte dann während einer zweiten Versuchs-phase ein massiver Injektionstest, bei dem über 11 Mona-te lang 84.600 m3 Oberflächenwasser mit einer durch-schnittlichen Rate von 200 l/min in die SE2-Störungszo-ne in ca. 4.000 m Tiefe eingepumpt wurde. Der Dru-ckaufbau war mit 95 bis 120 bar überraschend gering. Ausden Injektionsparametern konnte errechnet werden, dassdie Störungszone eine Gesamtpermeabilität von 2 x 10–15 m2

aufweist.

Induzierte seismische Erdbebensignale traten nach dreiMonaten Pumpzeit im September 2004 erstmalig auf. Biszum Versuchsende wurden über 3.000 seismische Ereig-nisse mit einem Bohrlochseismometer in der KTB-HBregistriert. Ein Seismometernetz an der Oberfläche regis-trierte etwa 150 eindeutige Ereignisse (Abb. 4.29).

Die seismischen Hypozentren, die durch das Injektions-experiment induziert wurden, traten in etwa 1 km Entfer-nung um den Injektionsort auf. (Abb. 4.30). Der zeitlicheVersatz mit der die seismischen Ereignisse auftraten, lässt

sich mit dem Einfluss des vorangegange-nen Pumptests erklären. Man könntesagen, dass das Störungssystem zunächstwieder mit Wasser aufgefüllt werdenmusste bevor die Porendruckänderungenausreichend waren, um Seismizität zuinduzieren. Und tatsächlich entspricht dieeingepresste Wassermenge nach drei Mo-naten ziemlich genau derjenigen, die einJahr zuvor entnommen wurde (Abb. 4.29).Diese Interpretation lässt sich auch mitder Beobachtung eines Wasserspiegelan-stiegs in der KTB-HB untermauern. Diebeiden Bohrungen sind eindeutig hydrau-lisch miteinander verbunden und dieKTB-HB wurde im Oktober 2004 sogarartesisch, ein Zustand der bis heute (Janu-ar 2006) anhält.

Weitere geophysikalische Untersuchungenumfassten großräumige Gleichstrommes-sungen, oberflächennahe Neigungsmes-sungen und aktive seismische Refle-xionsmessungen, um festzustellen, ob dieerzwungenen hydraulischen Druckver-änderungen in 4.000 m Tiefe auch von derOberfläche aus abgebildet werden kön-

nen. Nach ersten Auswertungen der Daten der zweiten Ver-suchsphase durch das Science Team lässt sich vorläufigfesthalten:

• Die aufgetretene Seismizität konnte durch unerwarte-te geringe Porendruckänderungen induziert werden.

• Die geringe Reflektivität der Kruste ist positiv mit ihrerhydraulischen Permeabilität korreliert.

• Die Gesamtpermeabilität des SE2-Reflektors ist uner-wartet und mindestens doppelt so groß wie die seinerUmgebung.

• Zumindest bis zu Drücken unter 100 bar weist die Stö-rungszone nichtlineare hydraulische Eigenschaftenauf. Ein Resultat, welches möglicherweise für konti-nentale Störungssysteme allgemein gültig ist.

• Das 4 km tiefe SE2-Störungssystem ist hydraulischoffen und es scheint mechanisch stabiler zu sein alsdie sie umgebenden Gesteinsformationen.

Diese Ergebnisse ermuntern das Science Team in naherZukunft auch die noch viel stärker ausgeprägte SE1-Stö-rungszone in mehr als 7.000 m Tiefe zu studieren. Ein Vor-haben, welches zurzeit weltweit nur an der KTB-Lokationmöglich ist.

Ein Fenster zur beginnenden kontinentalen Krus-tengenese: Zoisitführende Hochdruckpegmatitetrondhjemitischer Zusammensetzung

Die Anatexis von Hochdruckmetabasiten ist der zentraleProzess bei der Entstehung der Tonalit-Trondhjemit-Gra-nodiorit-Serien (TTG), die große Bereiche der kontinen-talen archaischen Kruste einnehmen, und stellt den erstenSchritt in der Fraktionierung der kontinentalen von der

Abb. 4.28: KTB-Lokation von einem Leichtflugzeug aus fotografiert. Linksoben ist der noch vorhandene und als Touristenattraktion genutzte Bohr-turm der Hauptbohrung. Rechts oben im Bild befindet sich in 200 m Ent-fernung die Vorbohrung (Foto: Emile Kühr, 2003). Arial view of the KTB-Location. On the left is the drill site of the main holewith the big drill rig still in place and nowadays used as tourists attraction.On the right is the drill site of the pilot hole at 200 m distance.

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ozeanischen Kruste dar. Sie ist zudem verantwortlich fürdie Bildung adakitischer Schmelzen in der subduziertenozeanischen Kruste. Diese adakitischen Schmelzen kön-nen den oberhalb der subduzierten Platte liegenden Man-telkeil metasomatisch überprägen und so eine wichtigeRolle bei der Entstehung der typischen subduktionsbezo-genen, kalk-alkalinen Magmen spielen. Die Kenntnis dergeochemischen und petrologischen Charakteristika derAnatexis von Hochdruckmetabasiten ist somit nicht nuressentiell für das Verständnis der archaischen kontinenta-len Krustenbildung sondern auch für die Interpretation

rezenter magmenbildender Prozesse in Subduktionszo-nen.

Hochdruckpegmatite mit tonalitischer bis trondhjemiti-scher Zusammensetzung in Eklogiten bieten die einzigar-tige Gelegenheit, die Anatexis von Hochdruckmetabasi-ten in situ zu studieren und stellen ein natürliches Fensterzur beginnenden kontinentalen Krustengenese dar. SolcheHochdruckpegmatite sind von zahlreichen Lokalitätenbekannt, u. a. Saualpe (Kärnten, Österreich), Zentralmas-siv (Frankreich), Eklogitprovinz (Norwegen), Catalina

Abb. 4.29: Mikroseismizität während des KTB 2004/2005 Injektionsexperiments (a) aufgenommen mit seismischenOberflächenstationen und (b) durch ein Geophon in der KTB-Hauptbohrung (die Angaben in dieser Teilabbildung zei-gen die Tiefe, in welcher das Geophon montiert war). Die wechselnde Einbautiefe des Bohrlochgeophons lässt sich ein-deutig an den unterschiedlichen Ankunftszeiten der S- und P-Wellen erkennen (c). Teilabbildung (d) zeigt den Injek-tionsdruck und die kumulative eingepresste Wassermenge.Microseismicity during the KTB 2004/2005 injection experiment (a) as recorded by the surface stations and (b) by thegeophone in the main borehole (the numbers on the plot show depth locations of the geophone). Changes in the loca-tions of the borehole geophone are clearly seen from the plot of differences of the S and P wave arrival times (c). Plot(d) gives the injection pressure along with the cumulative volume of the injected water (from Shapiro et al, 2005).

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Schist (Kalifornien, USA), Cabo Ortegal (Spanien) undMünchberger Gneismasse (Bayern, Deutschland). Exem-plarisch wurden die Hochdruckpegmatite der Münchber-

ger Gneismasse geochemisch und petro-logisch untersucht. Die MünchbergerGneismasse ist Teil der zentralen europä-ischen Varisziden und stellt einen inver-tierten Deckenstapel dar. Sie wird vonvier großen lithologischen Einheiten auf-gebaut (Abb. 4.31a). Die tektonisch höch-ste Einheit, die Hangendserie, besteht ausAmphiboliten, phengitführenden Gnei-sen sowie reliktischen Eklogitkörpern.Die untersuchten Hochdruckpegmatitestammen von dem größten dieser Eklo-gitkörper, dem Weissenstein-Eklogit(Abb. 4.31a).

Die Eklogite des Weissenstein besitzengenerell ozeanische Spurenelementsig-naturen, die in der Regel Mittelozeani-schen Rückenbasalten (MORB) entspre-chen, vereinzelt aber auch eine Ähnlich-keit mit Back-Arc Tholeiiten aufweisen.Anatexis und Pegmatitbildung in denWeissenstein-Eklogiten sind somit einperfektes Analogon zu Schmelzprozes-sen in der subduzierten ozeanischenKruste. Die Weissenstein-Eklogite sindganz überwiegend „trockene“ Quarz-Eklogite mit Klinopyroxen, Granat,Quarz und Rutil, nur vereinzelt kommendie OH-haltigen Phasen Zoisit und Phen-git vor. Die Hochdruckpegmatite in denWeissenstein-Eklogiten bilden mehreredm- bis m-große, isolierte Körper undmachen modal etwa 1 Vol.% des gesam-ten Weissenstein-Eklogitkörpers aus. Ihrcharakteristisches Merkmal sind cm- bis

dm-große, euhedrale prismatische Zoisitkristalle, diemodal etwa 5 bis 20 Vol.% der einzelnen Pegmatitkörperausmachen. Sie sind in einer Matrix aus graphischen Pla-

Abb. 4.30: Horizontaler Schnitt einer Tiefenmigration (ISO89-3D) in vier kmTiefe zusammen mit Projektionen der seismischen Hypozentren, die währenddes Injektionsexperiments 2004/2005 induziert wurden. Die Intensitäten derseismischen Reflektion sind in blau-weißen Farben dargestellt. Helle Farbenentsprechen hohen Reflexionsintensitäten. Das weiße und das graue Quadratstellt die jeweilige Lokation der Vor- und Hauptbohrung dar. A 4 km depth horizontal slice of the depth migrated ISO89-3D image plot-ted along with the projections of the seismic hypocentres induced by theinjection experiment of 2004/2005. The white and gray squares are the loca-tions of the main and pilot boreholes, respectively (from Shapiro et al, 2006).

Abb. 4.31: (a) Vereinfachte geologische Karte der Münchberger Gneismasse. Die Proben der Zoisitpegmatite stammen vom Weissenstein-Eklogitkörper (weißer Kreis). (b) Foto eines Zoisitpegmatit Handstückes. Zoisitkristalle(Zo) sind in einer Plagioklas-Quarz (Plag-Qz) Matrix eingebettet (Am: Amphibol).(a) Simplified geological map of the Münchberg Massif, central Germany. The zoisite-pegmatite samples come fromthe Weissenstein eclogite body (white circle). (b) Photograph of a zoisite-pegmatite hand specimen. Zoisite crystals (Zo)are embedded in a plagioclase-quartz (Plag-Qz) matrix (Am: amphibole).

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gioklas-Quarz-Verwachsungen eingebettet. Diese Matrixbildet modal den Hauptbestandteil (bis > 90 Vol.%) derPegmatite und besitzt ein Plagioklas zu Quarz Verhältnisvon etwa 3 zu 1 (Abb. 4.31b). Nebenbestandteile (< 1Vol.%) sind Amphibol und Klinozoisit.

Die Zoisitkristalle besitzen einen einheitlichen Wachs-tumszonarbau, der drei Stadien der Zoisitkristallisationsowie der Pegmatitentwicklung widerspiegelt (Abb. 4.32):In Stadium 1 kristallisiert eisenreicher Zoisit 1 [XFe

Zoisit 1 =0,17; XFe = Fe/(Fe+Al-2)], der jedoch nur noch in relikti-schen Kernen zu beobachten ist. In Stadium 2 reagiert Zoi-sit 1 mit der Schmelze, wird partiell von dieser resorbiertund ein eisenärmerer Zoisit 2 [XFe

Zoisit 2 = 0,12] kristalli-siert. In Stadium 3 werden sowohl Zoisit 1 als auch Zoi-sit 2 von der Schmelze partiell resorbiert und eisenarmerZoisit 3 [XFe

Zoisit 3 = 0,10] kristallisiert. Während der Sta-dien 2 und 3 kristallisieren zudem Klinozoisit, albitreicherPlagioklas und Amphibol. Die Plagioklas-Quarz-Matrixkristallisiert im Anschluss an Zoisit 3 und stellt denSchlusspunkt der magmatischen Entwicklung der Peg-matite dar. Gefüge, Mineralchemie, Phasenbeziehungender Pegmatite in Verbindung mit Schmelzbeziehungen imMORB und Trondhjemit-System sowie den bekanntenmetamorphen Druck- und Temperaturbedingungen der

Münchberger Gneismasse erlauben es, die Druck-Tempe-ratur-Entwicklung der Pegmatite zu rekonstruieren (Abb. 4.32b): Zoisitabbau im Eklogit bei etwa 2,8 GPa/750 °C führt zur Bildung geringer Mengen trondhjemiti-scher Entwässerungsschmelzen, die sowohl an H2O alsauch an Zoisit gesättigt sind. Diese Schmelzen sammelnsich lokal in Schmelztaschen und kristallisieren bei etwa2,5 GPa/730 °C zu Zoisit 1 als Liquidusphase (Stadium 1).Bei etwa 1,4 GPa/650 bis 700 °C wird das gesamte Sys-tem thermisch gestört, Zoisit 1 resorbiert und Zoisit 2 kris-tallisiert (Stadium 2). Kristallisation von Zoisit 3 und derPlagioklas-Quarz-Matrix erfolgte bei etwa 1,0 GPa/620bis 650 °C (Stadium 3). Die Daten zeigen, dass die trondh-jemitischen Schmelztaschen während der gesamten Her-aushebung von ~ 2,8 bis 1,0 GPa, also über rund 60 km,einen stabilen, integralen Bestandteil des Eklogitkörpersbildeten.

Um die Gesamtchemie der Pegmatite und damit derursprünglichen trondhjemitischen Schmelze zu bestim-men, wurde die Hauptelementchemie der Pegmatitmine-rale mit der Mikrosonde gemessen. Die Spurenelement-gehalte der Pegmatitminerale i) Zoisit, ii) Plagioklas undiii) Amphibol wurden mittels ICP-MS (Inductively Cou-pled Plasma Mass Spectrometry) an Mineralseparaten

Abb. 4.32: (a) Schemazeichnung der magmatischen Entwicklung der Zoisite (gezeichnet parallel [010]). Der Eisen-gehalt in Zoisit [XFe = Fe/(Fe+Al- 2)] spiegelt drei Wachstumsstadien wider. Während der Stadien 2 und 3 kristallisiertzusätzlich Klinozoisit und albitreicher Plagioklas. (b) P-T Entwicklung der Zoisitpegmatite abgeleitet aus den Eisen-gehalten der unterschiedlichen Zoisitwachstumsstadien, koexistierenden albitreichem Plagioklas und Klinozoisit wäh-rend der Stadien 2 und 3 sowie den Phasenbeziehungen im MORB und Trondhjemit System. Isoplethen (dünne gepunk-tete Linien) sind für Eisengehalte in Zoisit von XFe

Zoisit = 0,17, 0,12 und 0,10 entsprechend den Eisengehalten der Zoi-sitwachstumszone 1 bis 3. Die Linie A-B repräsentiert das Entwässerungsschmelzen von Zoisit. Das Fragezeichen stelltdie Störung des Systems während Stadium 2 dar. Die schwache Aufheizung während Stadium 2, die durch den S-för-migen P-T Pfad angedeutet wird, ist jedoch spekulativ.(a) Schematic drawing of the magmatic evolution of zoisite (viewed parallel [010]). Iron content [XFe = Fe/(Fe+Al- 2)]in zoisite displays three growth stages. During stages 2 and 3 clinozoisite and albite-rich plagioclase crystallized also.(b) P-T evolution of the zoisite-pegmatites as derived from the iron content of the different growth stages of zoisite, co-precipitated albite-rich plagioclase and clinozoisite during stages 2 and 3, and phase relations in MORB and trondh-jemite system. Isopleths (thin stippled lines) are for XFe

zoisite = 0.17, 0.12, and 0.10 as observed in zoisite growth stages1 to 3. Line A-B is the dehydration melting of zoisite. The question mark indicates the perturbation of the system duringpegmatite stage 2. The slight re-heating during pegmatite stage 2 as suggested by the s-shaped P-T path is, however,speculative.

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analysiert. Um das Verhalten der Spurenelemente wäh-rend der Pegmatitkristallisation zu untersuchen, wurdenzusätzlich die Spurenelementgehalte der Zoisitwachs-tumszonen 1 bis 3 in situ mittels LA-ICP-MS (Laser Abla-tion-ICP-MS) bestimmt.

i) Alle Zoisitseparate zeigen einheitliche Spurenelement-muster, abgesehen von leicht streuenden Cs, Rb und BaGehalten (Abb. 4.33a). Die Muster sind an den inkompa-tiblen Elementen angereichert und besitzen ausgeprägtenegative Nb-Ta- und Zr-Hf-Anomalien sowie schwachnegative bzw. positive Strontium- und Blei-Anomalien.Die Nb/Ta-Verhältnisse in den Zoisiten sind etwa 1,1 wäh-rend die Zr/Hf-Verhältnisse zwischen 18,8 und 22,4 schwan-ken. Die Elemente der Seltenen Erden (SEE) in den Zoi-siten zeigen gerade, an den leichten SEE angereicherteMuster mit Chondrit normierten La/Lu = 24 bis 44, La/Gd= 1,3 bis 1,8 und Gd/Lu = 19 bis 24. Die in situ bestimm-ten Spurenelementgehalte in den Zoisitwachstumssta-dien 1 bis 3 zeigen nahezu identische Muster in allen dreiStadien (Abb. 4.33b), die mit denen der Zoisitseparateübereinstimmen. Sie sind an den inkompatiblen Elemen-ten angereichert und zeigen positive Blei- und negativeStrontium- und Hafnium-Anomalien. Die SEE in Zoisit 1

bis 3 zeigen gerade, an den leichten SEE angereicherteMuster mit Chondrit normierten La/Lu = 43 bis 59, La/Gd= 1,9 bis 2,0 und Gd/Lu = 22 bis 30. Die nahezu identi-schen Spurenelementmuster der Zoisitwachstumsstadien1 bis 3 zeigen, dass der Spurenelementhaushalt der Peg-matite während der gesamten Kristallisation unverändertgeblieben sein muss. Sie geben keinen Hinweis auf eineInfiltration externer Fluide oder Schmelzen in dieSchmelztaschen. Dies belegt, dass die beobachtete Stö-rung während Stadium 2 nicht chemischer sondern ther-mischer Ursache gewesen sein muss.

ii) Die Spurenelementgehalte der Plagioklase zeigen eine starke Streuung zwischen den einzelnen Proben (Abb. 4.33c). Abgesehen von dieser Streuung, die am deut-lichsten in den SEE zu sehen ist, charakterisieren generellpositive Barium-, Blei- und Strontium-Anomalien die Pla-gioklas-Spurenelementmuster. Die Nb/Ta-Verhältnisse inPlagioklas sind mit 0,75 bis 0,99 vergleichbar mit denenin Zoisit. Ihre Zr/Hf-Verhältnisse reichen von 15,4 bis 42,3.

iii) Die Amphibolseparate besitzen nahezu identische,generell niedrige Spurenelementgehalte (Abb. 4.33d).Verglichen mit den Zoisitseparaten besitzen die Amphi-

Abb. 4.33: N-MORB normalisiertes Spurenelement- und SEE-Muster der Zoisitseparate (a), Zoisitwachstumsstadien1 bis 3 (b), Plagioklasseparate (c) und Amphibolseparate (d), bestimmt mit der ICP-MS (a, c, d) und LA-ICP-MS (b).Unterschiedliche Symbole und Farben in a, c und d beziehen sich auf unterschiedliche Pegmatitproben.N-MORB normalized trace and rare earth element patterns of zoisite separates (a), zoisite growth stages 1 to 3 (b),plagioclase separates (c) and amphibole separates (d) as determined by ICP-MS (a, c, d) and LA-ICP-MS (b). Diffe-rent symbols and colours in a, c and d refer to different pegmatite samples.

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bole höhere Cs-, Rb-, Ba-, Nb-, Ta-, Zr- und Hf-Gehalteund deutlich niedrigere Th- und U-Gehalte. Die Nb/Ta-Verhältnisse der Amphibole sind mit 17,3 und 21,5 signi-fikant höher als in Zoisit und Plagioklas, wohingegen ihreZr/Hf-Verhältnisse mit 21,2 und 27,4 vergleichbar mitdenen in Zoisit und Plagioklas sind. Die SEE in denAmphibolen zeigen gerade, an den schweren SEE ange-reicherte Muster mit Chondrit normierten La/Lu = 0,27und 0,089, La/Gd = 0,49 und 0,13 und Gd/Lu = 0,55 und0,69.

Ausgehend von den durchschnittlichen Haupt- und Spu-renelementgehalten der Pegmatitminerale sowie ihrerModalgehalte wurde die Gesamtzusammensetzung derZoisitpegmatite berechnet. Ihre Hauptelementchemie ist69,3 Gew.% SiO2, 18,51 Gew.% Al2O3, 5,09 Gew.% CaO,5,95 Gew.% Na2O und 0,51 Gew.% Fe2O3. TiO2, MgO undK2O sind jeweils < 0,15 Gew.%. Die Zoisitpegmatiteunterscheiden sich damit von typischen TTGs und Adaki-ten durch deutlich niedrigere TiO2, Fe2O3, MgO and K2OGehalte. Mit mehr als 15 Gew.% Al2O3 bei etwa 70 Gew.%SiO2 erfüllen sie jedoch das Hauptelementkriterium fürTrondhjemite.

Aufgrund seines hohen Modalgehalts und seiner hohenSpurenelementgehalte kontrolliert Zoisit die Spurenele-mentchemie der Pegmatite und das berechnete Spuren-elementmuster ähnelt dem von Zoisit (Abb. 4.34). Es istan den inkompatiblen Elementen angereichert mit positi-ven Barium- und Blei-Anomalien und ausgeprägt negati-ven Nb-Ta- und Zr-Hf-Anomalien. Die Anreicherung derinkompatiblen Elemente ist in Übereinstimmung mit typi-schen TTGs, allerdings zeigen die Zoisitpegmatite einestärkere Anreicherung der mittleren SEE sowie eine stär-kere Verarmung der schweren SEE und eine deutlich aus-geprägtere negative Nb-Ta Anomalie. In guter Überein-stimmung mit typischen TTGs besitzen die Zoisitpegma-tite niedrige Nb/Ta-Verhältnisse. Das berechnete Nb/Ta-

Verhältnis ist mit ~ 1,6 allerdings extrem klein. Die berech-nete Spurenelementchemie der Zoisitpegmatite ist gene-rell konsistent mit den Spurenelementkriterien für Trondh-jemite: Sr > 300 ppm, Y < 20 ppm, Yb < 1,8 ppm und Nb≤ 10 ppm.

Die geochemischen und petrologischen Untersuchungender zoisitführenden Hochdruckpegmatite der Münchber-ger Gneismasse erlauben einige wichtige Aussagen zurAnatexis von Hochdruckmetabasiten und zur Genese vonTTGs und Adakiten: i) Die Bildung der Hochdruckpeg-matite in den Eklogiten der Hangendserie der Münchber-ger Gneismasse war ein Fluid konservierender Prozess.Fluide, die bei dem Abbau von Zoisit freigesetzt wurden,führten unmittelbar zur Bildung trondhjemitischer Schmel-zen und wurden in diesen Schmelzen gebunden. Die Kris-tallisation der Schmelzen setzte diese Fluide wieder frei,die dann zu einer Amphibolitisierung der Eklogite führ-ten. Obwohl es klare Anzeichen für eine weitverbreiteteSchmelzbildung in den Eklogiten gibt, gibt es keinerleiHinweise auf eine großräumige Migration wässriger Flu-ide oder Schmelzen. ii) Der Abbau von Zoisit in Eklogi-ten führt zu Entwässerungsschmelzen, die den Haupt- undSpurenelementkriterien für Trondhjemite entsprechen,allerdings deutlich geringere Magnesium- und Eisenge-halte aufweisen. Obwohl die zoisitführenden Hochdruck-pegmatite ein exzellentes Model für die Entstehung vonTTGs und Adakiten sind, simulieren sie nur den Beginndes Schmelzprozesses. Höhere Schmelzgrade würdenmehr Klinopyroxen involvieren und die Magnesium- undEisengehalte der Schmelze erhöhen. iii) Die niedrigenNb/Ta-Verhältnisse der TTGs werden normalerweise aufdie Anatexis von Amphiboliten zurückgeführt. Die Eklo-gite des Weissenstein sind amphibolfrei, dennoch ist das berechnete Nb/Ta-Verhältnis der trondhjemitischenSchmelzen sehr klein. Dies bedeutet, dass auch Zoisitab-bau in amphibolfreien, rutilführenden Eklogiten zutrondhjemitischen Schmelzen mit niedrigen Nb/Ta-Ver-hältnissen führen kann.

Mikro- und Nanoeinschlüsse in Diamanten: klei-ne Fenster ermöglichen tiefe Einblicke in den Auf-bau des Erdmantels

Diamanten sind nicht nur „a girl’s best friend“, wie esMarilyn Monroe einmal zum Ausdruck brachte. Bei Geo-wissenschaftlern sind Diamanten mindestens ebensobeliebt. Der Grund hierfür liegt aber nicht in der Reinheitund der Brillanz der Diamanten, im Gegenteil, es sind dieEinschlüsse, die den Geowissenschaftler begeistern. Ein-schlüsse in Diamanten, seien es mineralische Einschlüsseoder Gas-Flüssigkeitseinschlüsse, erlauben Rückschlüsseauf die Zusammensetzung des Mantelgesteins, in dem sichder Diamant gebildet hat und auf die Fluide, aus denen derDiamant auskristallisiert ist. Die extreme Festigkeit vonDiamant in Verbindung mit seiner geringen Reaktivität ineiner silikatischen Umgebung ermöglichen es den Ein-schlüssen, ihre ursprüngliche Zusammensetzung zu behal-ten, auch wenn sich die Druck- und Temperaturbedingun-gen während des Transports zur Erdoberfläche geänderthaben. Diamanten können mit ihren Einschlüssen einen

Abb. 4.34: Berechnetes N-MORB normalisiertes Spuren-elementmuster für den Gesamtzoisitpegmatit verglichenmit der Zusammensetzungsspanne typischer TTGs (grau-er Bereich).Calculated N-MORB normalized trace element pattern ofbulk zoisite-pegmatite compared to compositional rangeof typical TTGs (grey area).

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sehr weiten Bereich des Erdmantels beproben. Er reichtnach bisherigem Stand des Wissens von 150 km bis in1.700 km Tiefe (Hayman et al.2005).

Bislang war man bei der Untersuchung von mineralischenEinschlüssen in Diamanten auf solche im Mikrometerbe-reich angewiesen. Häufig wurden die Diamanten ver-brannt und die Einschlüsse blieben in der Asche zurück.Diese Einschlüsse konnte man mit der Elektronenstrahl-mikrosonde chemisch untersuchen. Große Einschlüssesind aber relativ selten im Gegensatz zu Nanoeinschlüs-sen. Für kleinere Einschlüsse liefern IR- und Raman-Spektroskopie Hinweise auf ihre Zusammensetzung undMineralparagenesen. Solche Daten sind häufig aber nichteindeutig, da es zu Überlappungen der Signale kommenkann. Es fehlt die Information über die Mikrostruktureines solchen Einschlusses.

Mit Hilfe eines Transmissionselektronenmikroskops (TEM)ist man heute jedoch in der Lage, die chemischen, kris-tallographischen und mikrostrukturellen Informationen,die ein Mikro- oder Nanoeinschluss enthält, zu ent-schlüsseln. Leider war es in der Vergangenheit nahezuunmöglich, geeignete Diamantproben für TEM-Untersu-chungen zu präparieren. Der extreme Festigkeitskontrastzwischen Diamant und seinen Einschlüssen führte dazu,dass die in jedem Fall weicheren Einschlüsse beim Dün-nen der Probe weitgehend zerstört wurden. Diese Schwie-rigkeit konnte jedoch mit der Focused Ion Beam FIB Pro-benpräparation überwunden werden. Ein solches Gerätwird seit ca. 3 1/2 Jahren am GFZ mit großem Erfolgbetrieben. Mit Hilfe dieser in den Geowissenschaften bis-lang einzigen Anlage weltweit, wurden zahlreiche Dia-mantproben aus Kasachstan, Sibirien, der Ukraine, Süd-

afrika, Kanada und Brasilien präpariert und am GFZgemeinsam mit Wissenschaftlern aus Russland, der Ukrai-ne, Israel, USA und Brasilien mit dem TEM untersucht.Die Untersuchungen lassen sich in drei Gruppen gliedern:

• Einschlüsse in Mikrodiamanten (Kasachstan, Ukraine),• Einschlüsse in Diamanten aus Sibirien, Südafrika,

Kanada und Brasilien,• Carbonados – schwarze Diamanten aus Brasilien.

Fluid-Einschlüsse in Mikrodiamanten aus Kasachstan

Der Mechanismus der Entstehung von Diamanten im Erd-mantel ist noch immer umstritten. Es gibt Argumente, diefür ein Wachstum aus der Schmelze oder ein Wachstumaus einem Fluid sprechen. Die Entdeckung von Mikrodi-amanten in Ultra-Hochdruckgesteinen der kontinentalenErdkruste hat diese Debatte erneut angeheizt. In einerTEM-Probe eines Mikrodiamanten aus dem KokchetavMassiv in Kasachstan beobachteten wir ca. 50 bis 100 nmgroße Fluid-Einschlüsse, die noch geschlossen waren.Solche Einschlüsse kann man dann erhalten, wenn die Dia-mantproben für die TEM-Untersuchungen relativ dick(200 bis 300 nm) präpariert werden. Üblich sind Proben-dicken von 100 nm und weniger. Diamanten sind aberwegen ihrer ausgezeichneten Elektronentransparenz auchin dicken Schichten noch gut durchstrahlbar. Einen nochgefüllten Einschluss erkennt man im Elektronenmikros-kop daran, dass es bei fokussiertem Strahl zu Dichtefluk-tuationen, verbunden mit Änderungen im Helligkeitskon-trast, kommt. Diese Dichtefluktuationen erzeugen unter-schiedlichen Massenabsorptionskontrast. Der Einschlussgleicht dann einer lebenden, sich bewegenden Zelle (Abb. 4.35).

Abb. 4.35: TEM Hellfeld-Aufnahme eines Fluid-Einschlusses in einem Mikrodiamanten aus Kasachstan. a) Nochgeschlossener Fluid-Einschluss erkennbar an Kontrastvariationen, die durch Dichtefluktuationen erzeugt werden. b)Der gleiche Einschluss nach der Öffnung mit Hilfe des Elektronenstrahls zeigt keine Kontrastvariationen mehr, da dasFluid in das Vakuum des Systems entwichen ist. Zurück bleibt ein amorpher Rest.TEM bright field image of a fluid inclusion bubble in a microdiamond from Kasachstan. a) Closed fluid inclusion bub-ble with contrast variations due to density fluctuations. b) Same fluid inclusion bubble after perforation of the diamondcontainer by electron sputtering. The fluid has escaped into the vacuum leaving a quench product in the cavity.

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Ein Röntgenspektrum der durch den Elektronenstrahlerzeugten Röntgenfluoreszenzstrahlung aus dem Ein-schluss ergibt qualitativ eine Zusammensetzung des Flu-ids aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Schwefel, Chlor, Kalium,Calcium und Eisen. Durch Fokussierung des Elektronen-strahls auf den Einschluss kann dieser geöffnet werdenund die gasförmigen und flüssigen Komponenten könnenin das Vakuum des TEM entweichen. Eine zweite Analy-se unter identischen Bedingungen ergibt dann, dass Sau-erstoff, Schwefel und das Chlor nahezu verschwundensind. Aus dem Verlust des Chlor-Anteils wird geschlos-sen, dassdas Fluid eine wässrige Komponente gehabt habenmuss, Chlor hat in der Verbindung HCl vorgelegen. Eben-so kann aus dem Verlust des Schwefels und des Sauerstoffsnach dem Öffnen des Einschlusses auf die Anwesenheit vonH2SO4 im Fluid geschlossen werden. Der Verlust des Sau-erstoffs deutet aber auch auf die Anwesenheit von CO2 imFluid hin. Die Untersuchung zeigt, dass das Fluid, aus demder Mikrodiamant gewachsen ist, folgende Zusammenset-zung hatte: C, H, O, Cl, S, Ca, Fe, und K. Damit konntenachgewiesen werden, dass diese Mikrodiamanten auseinem Fluid und nicht aus einer Schmelze entstanden sind.Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurde in Terra Novapubliziert (Dobrzhinetskaya et al., 2005).

Nanoeinschlüsse in Diamanten aus Sibirien und Kanada

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit israeli-schen Wissenschaftlern wurden Diamanten aus Kanadaund Sibirien untersucht. Diese Diamanten zeichnen sichdadurch aus, dass sie einen sehr hohen Anteil an Gas-Flüs-sigkeitseinschlüssen aufweisen, die zu einer ausgeprägtenTrübung der Diamanten führen. Die Einschlüsse wurden

mit der Mikrosonde, IR-Spektroskopie und TEM unter-sucht. Die meisten Mikro- und Nanoeinschlüsse enthal-ten danach mehrere feste Phasen wie beispielsweise Kar-bonate, Halide, Apatit, Pyroxen und einen Si-reichenGlimmer (6,8 bis 7,7 Atome pro Formeleinheit) mit einerZusammensetzung zwischen Phlogopit und Seladonit(Abb. 436).

Die TEM Untersuchungen ergeben, zusammen mit denMikrosondenmessungen und den IR-spektroskopischgemessenen Volatilen, folgendes Resultat: Der Diamanthat während seines Wachstums in den Mikroeinschlüssenein dichtes, superkritisches Fluid einheitlicher Zusammen-setzung eingeschlossen. Aus dem superkritischen Fluidsind feste Phasen bei der Abkühlung in einem sekundärenProzess auskristallisiert. Diese sekundären Mineralein-schlüsse unterscheiden sich wesentlich von den primären,peridotitischen oder eklogitischen Mineraleinschlüssenwie zum Beispiel Pyrop, Olivin und Pyroxene. Es sind diesKarbonate, Phosphate, Halide, Sulfide und Schichtsilika-te, die aus einem primären „high density fluid“ HDF, wel-ches beim Wachstum der Diamanten unter hohem Druckeingeschlossen worden ist, mit Wasser und CO2 auskris-tallisiert sind. Es ist angereichert an inkompatiblen Ele-menten wie Chlor, Kalium, Phosphor, Barium und Stron-tium. Der hohe interne Druck (1,5 bis 2 GPa) bleibt auchnach dem Aufstieg der Diamanten an die Erdoberflächeerhalten (Navon, 1999). Es ist dies die erste Beobachtung,dass Karbonate zusammen mit Haliden in den Mikroein-schlüssen vorkommen. Diese Beobachtung stützt dieAnnahme, dass der Diamant aus einem Fluid, welchesChlor und Karbonat enthält, entstanden sein muss (Klein-BenDavid et al. 2006).

Carbonados, schwarze Diamanten

Schwarze Diamanten sind trotz ihrer zum Teil beacht-lichen Größe als Schmucksteine völlig uninteressant. Siesind jedoch die besten Schleifmittel, die es gibt. Carbo-nados sind polykristalline Diamanten mit hoher Porosität,die bisher nie in direkter Verbindung mit Kimberlitengefunden wurden. Sie sind weiterhin gekennzeichnetdurch eine ungewöhnliche Vielfalt an Einschlüssen, wiezum Beispiel Florenzit (SEE-Phosphat), Orthoklas, Quarz,Kaolinit und Metalle (Fe, Fe-Ni, Sn, Ag, Cu). Die für kim-berlitische Diamanten charakteristischen Einschlüsse, wiepyropreicher Granat, Olivin und chromreicher Pyroxen,wurden bisher jedoch nie in Carbonados gefunden. DieEntstehung der Carbonados wird noch immer kontroversdiskutiert. Es wird angenommen, dass wegen der Anrei-cherung leichter Kohlenstoff-Isotope (δ 13C liegt imBereich von –23 ‰ bis –30 ‰) organisches Material durcheine kalte Subduktion in den Mantel verfrachtet wurde.Aus diesem organischen Material soll dann im Stabili-tätsbereich des Diamants polykristalliner Diamant kris-tallisiert sein. Eine andere Hypothese geht davon aus, dasseine kohlenstoffhaltige Matrix durch radioaktive Bestrah-lung zu Diamant umgewandelt worden ist. Eine Umwand-lung von organischer Materie in Diamant durch Stoßwel-lenmetamorphose, wie sie beim Einschlag eines Meteori-ten zu erwarten wäre, wird ebenfalls als Ursache für die

Abb. 4.36: TEM Hellfeld Aufnahme eines Phlogopit-Ein-schlusses in einem Diamanten. Der Phlogopit ist gekenn-zeichnet durch dunkle Beugungskontraste. Die hellen Stel-len sind dünnere Bereiche, die mit einem Fluid gefülltwaren.TEM bright field image of a phlogopite inclusion in dia-mond. Phlogopite is characterized by diffraction contrast.The bright areas are due to reduced foil thickness, filledwith a fluid prior to the perforation of the inclusion duringspecimen preparation.

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Entstehung von Carbonados diskutiert. Für keine dieserHypothesen wurden bisher schlüssige Beweise erbracht.

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Uni-versidade Federal de Minas Gerais in Belo Horizonte, Bra-silien wurden alluviale Diamanten (Carbonados) aus Bra-silien am GFZ mit dem TEM untersucht. Die Carbonadosstammen aus dem Sao Francisco Kraton (Macaubas River)in Minas Gerais, Brasilien. Der Kraton enthält die ältes-ten Gesteine Südamerikas mit einem Alter von ca. 3,2 Milli-arden Jahren. Ein typischer Carbonado ist in Abb. 4.37 zusehen.

Der größte am GFZ untersuchte Carbonado wiegt 0,7Gramm und wurde mit Hilfe eines Lasers von einem Dia-mantschleifer in Jerusalem in zwei Teilegeschnitten. Ihm sei an dieser Stelle fürseine kostenlose Unterstützung gedankt.Eine Schnittfläche wurde dann am GFZmit einer Diamantschleifmaschine anpo-liert. Die optische Untersuchung derpolierten Fläche zeigt, dass der Stein auspolykristallinen Domänen mit unter-schiedlicher Korngröße aufgebaut ist.Mittels fokussierender Ionenstrahltech-nik wurden aus dem Zentrum und meh-reren Randbereichen Folien zur Untersu-chung mit dem TEM präpariert. Insge-samt wurden fünf Steine unterschied-licher Größe untersucht, wobei die Pro-ben entweder aus dem Inneren der Probestammen oder von der Oberfläche auspräpariert wurden. Die TEM-Untersu-chungen lieferten folgende Ergebnisse:Carbonados sind immer polykristallin mitKorngrößen in der Regel < 10 Mikrome-ter. Sie weisen alle eine hohe Porositätauf. Die Korngrenzen zeigen einen unge-

wöhnlichen, auffällig gezackten Verlauf (Abb. 4.38). DasKorngefüge gleicht einem Puzzle. Die Versetzungsdichteist uneinheitlich und häufig sind die Versetzungen inKleinwinkelkorngrenzen angeordnet, was auf eine Tem-perung der Probe bei hohen Temperaturen hindeutet.

In manchen Körnern beobachtet man kleine, plättchen-förmige Strukturen, die meist kleiner sind als 50 nm (Abb. 3.39). Diese Plättchen sind Anreicherungen vonStickstoff im Diamant. Sie sind ein Hinweis darauf, dassder Diamant für lange Zeit bei hohen Temperaturen imMantel verweilt haben muss, denn nur dann kommt es zueiner Aggregation von Stickstoff zu paarweise angeord-netem Stickstoff über Stickstoff in Tetraeder-Anordnungzu den Plättchen. Dieser Vorgang verlangt eine zuneh-mende Verweildauer des Diamanten bei hohen Tempera-turen im Mantel. Darauf deutet auch die Anwesenheit vonKleinwinkelkorngrenzen hin.

Generell sind Einschlüsse in Carbonados sehr zahlreich.Es gibt sehr viele sekundäre Einschlüsse, die keine Man-telbedingungen repräsentieren, wie zum Beispiel Sulfate(Ba-Sulfat, Ca-Sulfat), Sulfide (PbS), Quarz, Kaolinit,Florenzit, Glimmer, Apatit und Fe-Oxide. Diese Ein-schlüsse treten ausschließlich in Hohlräumen und Poren,meist entlang von Korngrenzen auf. Die Poren sind oftmiteinander verbunden. Diese Einschlüsse liefern jedochkeine Hinweise auf die Genese der Carbonados. Sie habensich zusammen mit Fluiden gebildet, die den Stein durch-drungen haben. Es gibt aber eine zweite Gruppe von vielkleineren Einschlüssen innerhalb der Körner, die deutli-che Hinweise auf die Bildung der Carbonados liefern.Diese Einschlüsse kommen isoliert im Kristall vor. Sol-che Einschlüsse bestehen jeweils aus festen Phasen undeiner flüssigen oder gasförmigen Phase. Als feste Phasenwurden beobachtet: Karbonate (Ba-Karbonat, Ca-Karbo-nat), Chloride (KCl), Silikate (Ca, Al, K, Fe, Ti) und Sul-fide. Diese Einschlüsse sind in der Regel deutlich kleiner

Abb. 4.37: Das lichtoptische Bild zeigt einen typischenCarbonado Polykristall, aufgeklebt auf einen Aluminium-träger.Optical micrograph of a typical carbonado polycrystalmounted onto a sample holder.

Abb. 4.38: TEM-Hellfeld-Abbildung eines typischen Korngefüges in Car-bonados. Man beachte die ungewöhnlich gezackten und winkeligen Korn-grenzen.TEM bright field image of characteristic grain texture in Carbonado. Notethe unusual zig-zag arrangement of the grain boundaries.

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als 500 nm und entsprechen in ihrer Paragenese genaudenen aus kimberlitischen Diamanten. Dort beobachtetman ebenfalls Silikate, Chloride und Karbonate oftmalszusammen im gleichen Einschluss. Aus dieser Beobach-tung und dem Auftreten von Stickstoff-Plättchen mussgefolgert werden, dass Carbonados im Erdmantel unterähnlichen Bedingungen wie „normale“ Diamanten gebil-det worden sind. Eine Entstehung durch radioaktiveBestrahlung oder durch einen Impakt kann daher für dieseCarbonados ausgeschlossen werden. Unsere Beobachtungstützt hingegen die Bildung aus subduziertem, organi-schen Material. Die ungewöhnliche Morphologie ihrerKorngrenzen und die große Porosität sind die wesent-lichen Unterschiede zu kimberlitischen Diamanten. DieGründe hierfür sind noch nicht verstanden und sindGegenstand weiterer Untersuchungen.

Aus den bisherigen Untersuchungen an Diamanten unter-schiedlichster Herkunft (Sibirien, Südafrika, Kanada,Brasilien, Ukraine, Kasachstan) und verschiedenster Mor-phologie und Größe können einige grundsätzliche Schluss-folgerungen gezogen werden. Die Mikroeinschlüsse sindin der Regel die Einschlüsse, die den jeweiligen Ort derEntstehung des Diamanten im Erdmantel repräsentierenund charakterisieren (peridotitische Einschlüsse odereklogitische Einschlüsse). Die peridotitischen oder eklo-gitischen Einschlüsse liefern uns Hinweise auf die Druck-und Temperaturbedingungen, unter denen sich Diamantgebildet hat. Die Nanoeinschlüsse hingegen, mit ihremausgeprägten silikatischen, sulfidischen, karbonatischenCharakter, sind aus einem Fluid bei Änderung von Druck

und Temperatur während des Aufstiegsdes Diamanten zur Erdoberfläche aus-kristallisiert. Dabei hat der Diamant dasFluid während seines Wachstums einge-schlossen. Dieses Fluid stellt somit dasMedium dar, aus dem der Diamant aus-kristallisierte. Interessanterweise ist dieZusammensetzung dieses Mediums füralle Lokalitäten nahezu identisch. DieseErkenntnis soll durch weitere Untersu-chungen in der Zukunft untermauert wer-den. In diesem Zusammenhang sind dieDiamanten aus Juina (Mato Grosso, Bra-silien), die uns von Dr. Kaminsky (Kana-da) zur Verfügung gestellt wurden, vonganz besonderem Interesse.

Akustisches Monitoring von meta-morphen Dehydrationsreaktionen:Experimente im Modellsystem Dia-sporit

Wasserreiche Fluide sind wesentlich fürTransport und Umverteilung von Materi-al in der Erdkruste und spielen eine ent-scheidende Rolle bei Reaktions- undDeformationsprozessen. Die physikali-schen Eigenschaften eines Gesteins wer-den durch die Menge und Verteilung vonfluiden Phasen stark beeinflusst. In-Situ-

Messungen zur Änderung petrophysikalischer Eigen-schaften unter transienten P-T-Bedingungen der mittlerenund unteren Kruste sind notwendig, um die Beziehungenzwischen Fluiddruck, Fluidvernetzung und den Material-parametern des Gesteins zu untersuchen. Diese Daten wer-den für numerische Modellierungen von z. B. Subduk-tionsprozessen benötigt und führen zu einer quantitativenInterpretation geophysikalischer Felddaten.

Während der prograden Gesteinsmetamorphose werdenmit zunehmender Temperatur und Tiefe wasserreiche Flu-ide durch den Abbau OH-haltiger Minerale generiert.Umgekehrt wird bei Abkühlung und Dekompression einesGesteines Wasser, sofern verfügbar, wieder von Minera-len gebunden (retrograde Gesteinsmetamorphose). Reak-tionen dieser Art sind immer gekoppelt mit Porositäts- undPermeabilitätsänderungen und zeigen eine komplexeWechselwirkung mit der Deformation. Das Schließen vonPorenraum kann zu hohen Poren- und lokalen Überdrü-cken führen, die beim spontanen Abbau Seismizität indu-zieren können. In Scherzonen spielt deswegen das Wech-selspiel zwischen porositätschaffenden, fluidfreisetzen-den Reaktionen und porositätreduzierender Deformationeine entscheidende Rolle für den seismischen Zyklus.

Die Auswirkungen von fluidfreisetzenden Reaktionen aufdie physikalischen und rheologischen Eigenschaften vonGesteinen bei P-T-Bedingungen der mittleren und unterenKruste werden experimentell untersucht. Hierzu wurdezunächst ein einfaches Modellsystem, ein Metabauxitgewählt.

Abb. 4.39: TEM-Hellfeld-Abbildung von plattenförmigen Einschlüssen,gefüllt mit Stickstoff in Körnern eines Carbonado.TEM bright field image of N-rich platelets in grains of a Carbonado poly-crystal.

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Der verwendete Metabauxit ist ein feinkörniges, dichtesund rissfreies Gestein und besteht zu ≈ 70 vol.% aus Dia-spor und ≈ 25 vol.% aus Ti-Hämatit (Abb. 4.40a). Es zeigtwährend prograder Metamorphose eine diskontinuierli-che Dehydratation bei relativ niedrigen P-T-Bedingungen (Abb. 4.41), welche fürSubduktionsprozesse in der Kopplungs-zone typisch sind. Während der Umwand-lung von Diaspor (α-AlOOH) nachKorund (α-Al2O3) wird im Metabauxit 7bis 9 Gew.% Wasser freigesetzt. Ein Vor-teil des Diaspor-Korund-Modellsystemsist seine schnelle Reaktionskinetik imVergleich mit der Dehydratisierung vonOH-führenden Fe-Mg-Al-Silikaten wieGlimmer, Chlorit und Amphibol in wei-ter verbreiteten komplexeren metamor-phen Gesteinen.

Mittels mikroanalytischer Methodenwurde zunächst die Mineralchemie undTextur des Ausgangsdiasporits charakte-risiert. Messungen der seismischen Ge-schwindigkeiten bei Raumbedingungen

im Ultraschallbereich ergaben eine deutliche seismischeAnisotropie, welche für die P-Wellen 7,8 % und die S-Wellen 8,8 % beträgt (Abb. 4.40b). Dies ist ein unerwar-tetes Ergebnis, da die Probe optisch keine deutliche Foli-

Abb. 4.40: (a) Zylindrische Probe eines Metabauxits aus SW-Anatolien, vorwiegend bestehend aus feinkörnigem Dia-spor und Ti-haltigem Hämatit. (b) Gemessene seismische Anisotropie (VP, VS) in Diasporit bei Raumbedingungen.(a) Cylinder of metabauxite sample from SW-Anatolia (Turkey) mainly consisting of fine-grained diaspore and Ti-hema-tite. (b) Seismic anisotropy (VP, VS) measured in diasporite at ambient conditions.

Abb. 4.41: Position des Diaspor-Korund-Gleichgewichtes im P-T-Diagramm be-rechnet für eine Wasseraktivität von 1,0(rote Kurve) und 0,5 (blaue Kurve).Pressure-temperature diagram showingthe position of the diaspore-corundumequilibrium for a water activity of 1.0 (redcurve) and 0.5 (blue curve).

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ation oder Lineation zeigt. Theoretische Arbeiten sagenjedoch vorher, dass für Diaspor auf Grund seiner orthor-hombischen Kristallstruktur eine starke seismische Aniso-tropie zu erwarten wäre. Die gemessene Anisotropie wirdwahrscheinlich durch eine kristallographische Einrege-lung der Diaspor-Kristalle verursacht. Dies soll weiter mitEBSD-Analysen (Electron Backscatter Diffraction) unter-sucht werden. Die für die Experimente benutzten zylin-drischen Diasporitproben wurden so angefertigt, dass dieIsotropie-Ebene (Vp = ≈ 8.200 m/s) parallel zur Längs-achse der Zylinder lag (Abb. 4.40).

Die Diasporit-Dehydratisierungs-Experimente wurden inZusammenarbeit mit der Gesteinsdeformations-Gruppean der ETH Zürich in einer Paterson-Gas-Apparatur beihydrostatischem Druck von 200 MPa durchgeführt. DieHeizrate betrug 1 °C/min bei undrainierten als auch beidrainierten Experimenten. Beide Serien von Experimen-ten ergaben einsetzende akustische Emissionen (AE) bei

ca. 400 °C und weitere, mehr ausgeprägte AE bei ca. 470 °C. Da das Diaspor-Korund-Gleichgewicht bei 200 MPa und 400 °C nur sehr gering überschritten wird(Abb. 4.41), ist unklar, ob die ersten AE bei 400 °C aufder Dehydratation von Diaspor beruhen. Die charakteris-tischen AE bei 470 °C sind sicher auf entwässernden Dia-spor zurückzuführen. Die benötigte thermische Über-schreitung für das Einsetzen der Reaktion ist in guter Über-einstimmung mit Gleichgewichtsdaten, die wir in Hydro-thermal- und Piston-Zylinder-Apparaturen durchgeführthaben. Die Diasporit-Entwässerung ist auch am Tempe-ratur-Verlauf in der Probe erkennbar: bei ca. 430 °C nimmtdie Temperatur kurzfristig ab; eine Folge der endothermenGleichgewichtsreaktion.

Es ist nicht eindeutig, welcher Prozess die AEs bei ca. 400 °C induziert. Es kann nicht ausgeschlossen werden,dass die Entwässerung kleiner Mengen von Diaspor schonbei 400 °C beginnt, da bei reduzierten H2O-Aktivitäten

das Stabilitäts-Feld von Diaspor sich zu niedrigeren Temperaturen verschiebt(Abb. 4.41). In diesem Fall wäre unter-schiedliches Dehydratisierungsverhaltenbei undrainierten und drainierten Experi-menten zu erwarten, was experimentellaber nicht festgestellt wurde. Eine weite-re Möglichkeit wäre, dass diese AE mitFluid-Freisetzungen durch Phasen gekop-pelt sind, die in sehr untergeordnetenMengen vorkommen. Kleinste Mengenvon Hellglimmer und Chloritoid sind mitder Mikrosonde im der Ausgangsdiaspo-rit detektiert worden. Dass Abbau submi-kroskopischer Phasen die AE bei 400 °Cerzeugt, ist wenig wahrscheinlich, daelektronenmikroskopische Untersuchun-gen „saubere“ Korngrenzen zeigen undFlüssigkeitseinschlüsse nicht vorkommen.

Es wurden zwei unterschiedliche „wave-forms“ bei den AE registriert. Der vor-herrschende Typ besteht aus einem kur-zen Ereignis (Abb. 4.42a), das wahr-scheinlich durch die Bildung von kleine-ren Rissen verursacht wird. Weniger häu-fig wurden viel länger andauernde AE mit deutlich höherer Energie registriert (Abb. 4.42b). Diese zeigen stärkere Ent-wässerungsereignisse an, wobei signifi-kante Mengen von Fluid schlagartig ausder Probe entweichen konnten.

Mikrososondenuntersuchungen und Auf-nahmen mit rückgestreuten Elektronenlassen erkennen, dass sich im Anfangs-stadium der Diasporitentwässerung Rissebilden, erkennbar an einer erhöhten Poro-sität. (Abb. 4.43a). Korund wird bevor-zugt in unmittelbarer Nähe dieser Rissegebildet. Die Korund-Bildung wird hierbegünstigt, weil das freigesetzte Wasser

Abb. 4.42: Zwei unterschiedliche Typen von „ultrasonic waveforms“,registriert während der Dehydratisierung von Diasporit bei 470 °C und200 MPa. Two different types of waveforms captured during dehydration of diaspori-te at ca. 470 °C and 200 MPa.

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besser entweichen kann und die Wasser-aktivität reduziert wird. In drainiertenExperimenten findet bevorzugt Rissbil-dung statt. In undrainierten Experimen-ten bildet sich typischerweise durchdrin-gende Porosität (Abb. 4.43b). Dies ist eineFolge der hohen Fluiddrücke, welchebewirken, dass bei der Reduzierung desfesten Gesteinsvolumens als Folge der Reaktion (–20 vol.%)die Porosität erhalten bleibt. Eine ähnliche durchdringen-de Porosität wurde auch in Experimenten in der Piston-Zylinderapparatur beobachtet, wo natürliche Diasporit-Proben, eingeschlossen in Goldkapseln, P-T-Bedingun-gen innerhalb des Korund-Stabilitätsfeldes ausgesetztwurden. Eine erhöhte Porosität mit hydraulischer Rissbil-

dung wurde in natürlichen Metabauxiten (Naxos, Grie-chenland) während der Diasporit-Korundit-Transforma-tion beobachtet. In diesen regionalmetamorphen Bauxi-ten deuten verschiedene Generationen hydraulischer

Abb. 4.43: Rückgestreute Elektronen(RSE) Bilder. Die Produkte bestehenüberwiegend aus Korund und Diaspor(beide grau) und Ti-Hämatit (weiß). Poro-sität ist schwarz. (a) Teilweise dehydrati-sierter Diasporit mit Bildung von 20 bis30 µm breiten Rissen, gekennzeichnetdurch erhöhte Porosität und feinkörnigeKorund-Bildung (nicht sichtbar). Drai-niertes Experiment mit einer Heizrate von1 °C/ min, P = 200 MPa, abgeschlossenbei T = 540 °C. (b) Größtenteils in Korundumgewandelter Diasporit mit Bildung ei-ner durchgehenden Porosität im nichtdrai-nierten Experiment. Heizrate = 1 °C/min,P = 200 MPa, Experiment abgeschlossenbei T = 590 °C.BSE pictures of run products of diaspori-te dehydration experiments. Products arecomposed mainly of corundum and dia-spore (both grey) and Ti-hematite (white).Porosity is black. (a) Partly dehydrateddiasporite with formation of 20 – 30 µmwide cracks marked by enhanced porosi-ty and growth of corundum (not visible).Drained experiment, heating rate = 1 °C/min, P = 200 MPa, final T = 540 °C.(b) Diasporite largely tranformed into acorundum rock with development of per-vasive porisity in undrained experiment.Heating rate = 1 °C/min; P = 200 MPa;final T = 590 °C.

Abb. 4.44: Metabauxit von der Diaspor-Korund-Über-gangszone von Naxos (Griechenland) mit mehreren Gene-rationen „Hydrofractures“, die mit Korund gefüllt sind.Älteste Risse bestehen aus Chloritoid (schwarz). DieMatrix besteht aus feinkörnigem Diaspor (gelb), Chlori-toid (grün) und Korund (blau).Metabauxite sample from the diaspore-corundum transi-tion zone of Naxos (Greece) displaying several genera-tions of corundum-filled (blue) hydrofractures. Oldestfractures are filled with chloritoid (black). Matrix is com-posed of fine-grained diaspore (yellowish), chloritoid(green) and corundum (blue).

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Risse auf ein zyklisches Entweichen des gebundenen Was-sers hin, ganz ähnlich wie in den Experimenten reprodu-ziert. (Abb. 4.44). Die Rissbildung in den natürlichenGesteinen wurde höchstwahrscheinlich ebenfalls vonMikroseismizität begleitet.

Die Experimente zeigen eindeutig, dass Dehydratisie-rungsreaktionen Mikrorisse generieren und Mikroseismi-zität induzieren können. Bislang wurde nur unter isotro-per Belastung experimentiert; weitere Experimente unterdeviatorischer Belastung sind geplant, um den Einflussvon Deformation auf die Freisetzung und das Entweichenvon Fluiden zu untersuchen. Bei den akustischen Experi-menten wurde eine Abnahme der seismischen Geschwin-digkeit während des Maximums der Fluidfreisetzungregistriert. Diese Änderung sowie die der elektrischenLeitfähigkeit während der Fluidfreisetzung durch meta-morphe Reaktionen sollen durch weitere Experimentequantifiziert werden.

Wärmetransporteigenschaften

Wenn wir die dynamischen Prozesse auf Planeten unseresSonnensystems oder in entfernten Galaxien verstehenwollen, müssen wir die zugrunde liegenden Prozesse iden-tifizieren und die für die Beschreibung notwendigen Mate-rialeigenschaften als Funktion der Zusammensetzung,Temperatur und Druck quantitativ verstehen. Die meistenplattentektonischen Prozesse werden nach unserem heu-tigen Verständnis von Temperaturaus-gleichsprozessen im Erdinneren ange-trieben. Trotz des Alters von mehrerenMilliarden Jahren besitzt unser Planet imInneren noch eine gewaltige Wärmemen-ge aus seiner Entstehungszeit. Durch diegravitative Trennung des schweren Erd-kerns vom leichteren Material des Erd-mantels wurden große Wärmemengenfreigesetzt. Die wesentlich höhere Radio-aktivität in der Anfangszeit unseres Pla-neten hat zu einer großen Wärmefreiset-zung geführt, die z. T. noch in der Erdegespeichert ist. Reaktionswärme an derKern-Mantel-Grenze und Kristallisa-tionsenthalpie des wachsenden festenErdkerns auf Kosten des flüssigen äuße-ren Kerns führen zu einer weiteren Tem-peraturerhöhung in der sich langsamabkühlenden Erde. Der resultierendegroße Temperaturgradient wird durchWärmetransport ausgeglichen. Der übertausend Kilometer mächtige „isolierendeMantel“ führt zu einem Hitzestau an derKern-Mantelgrenze.

Es ist heute weitgehend unbestritten, dassTemperaturausgleichsprozesse für denAntrieb der Plattentektonik verantwort-lich sind, obwohl die näheren Zusam-menhänge noch nicht vollständig ver-standen sind. Deshalb ist die quantitative

Kenntnis der den Wärmetransporteigenschaften zugrun-de liegenden Prozesse und Mechanismen eine wichtigeVoraussetzung, um die dynamischen Vorgänge unseresPlaneten zu verstehen. Gute und verlässliche Daten alsFunktion der Temperatur und des Druckes sind dabei vonfundamentaler Bedeutung – aber kaum bekannt. In dengesteinsbildenden Mineralen dominieren Phononen (Git-terschwingungen) und Photonen (Lichtquanten) den Wär-metransport. Im Wesentlichen sind die mineralphysikali-schen und theoretischen Untersuchungen bisher auf hoch-reine Einkristalle – vor allem Elemente – bei tiefen Tem-peraturen beschränkt.

Wärmetransport im Erdmantel

In Zusammenarbeit mit der Universität Montpellier unddem Humboldt-Preisträger Prof. Tom Shankland (Los Ala-mos Ntl. Laboratories, USA) wurden Untersuchungenzum Wärmetransport des Erdmantels durchgeführt. Einbesonderes Augenmerk wurde dabei auf den Wärmetran-sport über Strahlung gelegt. Dazu wurden an Olivinen undOlivin-dominierten Gesteinen – Duniten – Messungenzum Wärmetransport als Funktion der Temperatur undnumerische Berechnungen durchgeführt.

In Abb. 4.45 ist die Änderung der Temperaturleitfähigkeitzweier Dunite mit der Temperatur dargestellt. Dunite sindGesteine des Erdmantels und bestehen im Wesentlichenaus Olivin. Aus den anisotropen (richtungsabhängigen)

Abb.4.45:Wärmetransport in Duniten (Olivingestein) als Funktion der Tem-peratur T. Bei niederen Temperaturen wird das Wärmetransportverhaltendurch Gitterschwingungen (Phononen) dominiert und zeigt sich in einerAbnahme der Temperaturleitfähigkeit (∝ 1/T). Bei höheren Temperaturenwird zusätzlich ein radiativer Wärmetransport beobachtet, der zu einerZunahme der Temperaturleitfähigkeit mit der Temperatur führt (∝ T3).Heat transfer in dunites (olivine bearing rocks) as a function of temperatu-re T. At low temperature heat transfer is dominated by a phonon process,which results in a decrease of thermal diffusivity with increasing tempera-ture (∝ 1/T). At higher temperature an additional radiative contributionincreases thermal diffusivity (∝ T3). (Gibert et al., 2005)

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Wärmetransporteigenschaften von Olivineinkristallenwurde der Wärmetransport der Dunite berechnet. BeiTemperaturen unterhalb ca. 700 K (ca. 427 °C) wird dasWärmetransportverhalten von Phononen – Gitterschwin-

gungen – dominiert, dies wird in der Abnahme der Tem-peraturleitfähigkeit sichtbar. Bei höheren Temperaturenwird eine Zunahme der Temperaturleitfähigkeit beobach-tet die auf einen Wärmetransport über Strahlung hinweist.Bei Temperaturen oberhalb 1.000 °C (ca. 1.273 K) findet20 % des Wärmetransports über Strahlung statt. DieErgebnisse zeigen, dass bei der Modellierung von Wär-metransportvorgängen im Erdmantel der Strahlungswär-metransport berücksichtigt werden muss, da im Erdman-tel Temperaturen oberhalb 1.000 °C erwartet werden.

Angaben über die Werte für den Wärmetransport überStrahlung unter anderem bei Olivin variieren in der Lite-ratur gewaltig. Mit unserer Arbeit (Gibert et al., 2005)haben wir für Olivin gezeigt, wie der Wärmetransport überStrahlung von der Probengeometrie abhängt. In Abb. 4.46ist ein entsprechendes Diagramm dargestellt. Die unter-schiedlichen Literaturangaben lassen sich im Wesent-lichen auf unterschiedliche Probengeometrien zurückfüh-ren. Mit unserem Datensatz können jetzt, für unterschied-liche Probegrößen, richtungsabhängig und als Funktionder Temperatur, die Wärmetransporteigenschaften für Oli-vin angegeben werden.

Wärmetransport in Karbonaten

Karbonate gehören zu den häufigsten Mineralen der Erd-kruste. Ihre Wärmetransporteigenschaften sind deshalbBasisdaten unter anderem für die Modellierung von Reser-voiren, die Geothermie oder die Abkühlgeschichte mag-matischer Intrusionen in Raum und Zeit.

Die Wärmetransporteigenschaften verschiedener Karbo-nate wurden als Funktion der Temperatur in verschiede-

Abb.4.46:Mit zunehmender Probenlänge nimmt bei semi-transparenten Proben wie Olivin der radiative Anteil derTemperaturleitfähigkeit D zu und nähert sich für großeProbenlängen der Temperaturleitfähigkeit D∞. Bezogenist die Probenlänge in dieser Abbildung auf die mittlerefreie Weglänge der Photonen, dem reziproken Wert dermittleren optischen Absorption. (Gibert et al., 2005)With increasing sample length the radiative contributionof thermal diffusivity D increases. For infinite sampledimensions the value for radiative thermal diffusivity mer-ges to D∞. In this diagram the sample length is related tothe mean free path length of photons, the reciprocal ofmean optical absorption. (Gibert et al., 2005)

Abb. 4.47: Wärmetransporteigenschaften von Karbonaten als Funktion der Temperatur. In dieser Abbildung sinddie aus den richtungsabhängig bestimmten und nach Voigt-Reuss-Hill gemittelten Temperaturleitfähigkeiten dar-gestellt. Die Abnahme der Temperaturleitfähigkeit kann auf eine Zunahme von Phononen-Phononen-Wechselwir-kungen zurückgeführt werden. Mit zunehmender Masse des Kations nimmt dabei die Temperaturleitfähigkeit ab(mMg < mCa < mZn).Thermal transport properties of carbonates as a function of temperature. From the anisotropic determined thermal dif-fusivities, the average diffusivity is calculated according to Voigt-Reuss-Hill averaging scheme. The decrease in ther-mal diffusivity with increasing temperature is related to the increase of phonon-phonon-interactions. With increasingmass of the cation the thermal diffusivity decreases (mMg < mCa < mZn).

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Abb. 4.48: Temperaturleitfähigkeit im System Kalzit Ca[CO3]-Magnesit Mg[CO3]. Die Struktur des Dolomits kann alseine Wechsellagerung von Kalzit- und Magnesitlagen aufgefasst werden. Ähnlich wie bei der elektrischen Leitfähigkeitkann senkrecht zur Stapelfolge die Temperaturleitfähigkeit als Serienschaltung (arithmetisches Mittel) und in Richtungder Stapel als Parallelschaltung (geometrisches Mittel) aufgefasst werden. Darüber hinaus wird beobachtet, dass bereitsgeringe Mengen Eisen zu einer deutlichen Verringerung des Wärmetransportvermögens führen.Thermal diffusivity in the pseudobinary system calcite Ca[CO3]-magnesite Mg[CO3]. The structure of dolomite can betreated as a sequence of sheets of calcite and magnesite. Similar to electrical conductivity, the thermal diffusivity canbe treated as a resistors in parallel (arithmetic mean) or in series (geometric mean), if the sheets are oriented parallelor perpendicular, respectively. Already a small amount of iron leads to a significant reduction in thermal diffusivity.

Abb. 4.49: Die für die geowissenschaftliche Grundlagenforschung entwickelten Apparaturen werden auch für materi-alwissenschaftliche Fragestellungen eingesetzt. Ein Ergebnis aus der Kooperation zwischen der TU Clausthal und demGFZ Potsdam – „Particle Filled Polymers“, B. Weidenfeller, F. R. Schilling, Institute of Polymer Sciences and PlasticProcesses, Univ. of Clausthal Zellerfeld, GFZ Potsdam. Links: Faserverstärkter Kunststoff. Rechts: Talk in Kunst-stoffmatrix.Experiments designed for basic reasearch are more and more used for applied sciences. Here is one example from thecollaboration on „Particle Filled Polymers“, B. Weidenfeller, Institute of Polymer Sciences and Plastic Processes, Univ.of Clausthal Zellerfeld, and F. R. Schilling, GFZ Potsdam. Left: fibre reinforced plastic, right: talc in a plastic matrixto systematically vary the physical properties of the composite. (Knowledge based multifunctional material).

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nen Richtungen bestimmt. In Abb. 4.47 sind die Tempe-raturleitfähigkeiten für vier verschiedene Karbonate dar-gestellt. Es dominiert ein Phononenmechanismus dasWärmetransportverhalten im angegeben Temperaturbe-reich. Durch die Zunahme der Phononen-Phononen-Wechselwirkungen mit zunehmender Temperatur nimmtdie Temperaturleitfähigkeit ab. Mit zunehmender Massedes Kations nimmt die Temperaturleitfähigkeit ab, da beiMineralen mit größerer Masse die Phononen stärkergestreut werden.

Die Temperaturleitfähigkeit im pseudobinären SystemKalzit Ca[CO3]-Magnesit Mg[CO3] ist in Abb. 4.48 dar-gestellt. Die Eigenschaften des Dolomits lassen sich ausden Eigenschaften der Endglieder Kalzit und Magnesitableiten. Dabei können – ähnlich wie bei elektrischenWiderständen – die Wärmewiderstände in Serie oder Paral-lel geschaltet werden. Durch den größeren Streuquer-schnitt für Phononen von Eisen gegenüber Kalzium undMagnesium, wird durch geringe Eisenverunreinigungen(ca. 1 %) die Temperaturleitfähigkeit von Dolomit deut-lich reduziert (Abb. 4.48).

Physikalische Eigenschaften von Mineral/Glas-Kunst-stoff-Werkstoffen

Am GFZ Potsdam wurde in den letzten Jahren eine ein-zigartige Kombination geomaterialwissenschaftlicherExperimente entwickelt und aufgebaut. Dadurch ergebensich faszinierende Einblicke in die dynamischen Vorgän-ge im Inneren unseres erstaunlich aktiven Planeten. Diebei diesen Untersuchungen gewonnene Expertise wird inzunehmendem Maße von der Industrie und im Bereich derangewandten Forschung arbeitenden Einrichtungen natio-nal und international wahrgenommen und für die geziel-te Entwicklung moderner Werkstoffe eingesetzt.

Die physikalischen Eigenschaften von Mineral/Glas-Kunst-stoff-Werkstoffen wurde mit den für die Grundlagenfor-schung entwickelten Apparaturen bestimmt und mitMethoden bearbeitet und interpretiert, die für dieGesteinsphysik entwickelt wurden. Da-durch können die physikalischen Eigen-schaften dieser „knowledge based multi-functional materials“ systematisch vari-iert werden und das Verhalten der Com-posites vorhergesagt werden.

Messungen von Schallgeschwindig-keiten im Labor mittels Gigahertz-Ultraschallinterferometrie

Messungen und Interpretationen derLaufzeiten seismischer Schallwellen sinddie wichtigsten Methoden zur Entschlüs-selung des Aufbaus des Erdinneren. Sodeuten z. B. Geschwindigkeitssprüngeder seismischen Wellen von einigen Pro-zent auf abrupte Änderungen der Phasenund/oder des Chemismus in 410 bzw. 660km Tiefe hin. Es ist jedoch nicht möglich,

allein aus den seismischen Geschwindigkeitsänderungenauf die chemische Zusammensetzung und die Phasen derMinerale im Erdmantel zu schließen. Hierfür müssenzusätzlich Geschwindigkeitsmessungen an Mantel-rele-vanten Mineralen im Labor durchgeführt werden. Das Zielist es, einen genügend großen und verlässlichen Datensatzvon longitudinalen und transversalen Schallwellenge-schwindigkeiten VP und VS, elastischen Konstanten Cij

sowie Kompressions- und Schermoduli Ks und G beierhöhten Druck- und/oder Temperaturbedingungen zuerhalten. Diese Ergebnisse können dann benutzt werden,um Geschwindigkeitsprofile von Mineralgemengen wiesie etwa im oberen Erdmantel (Olivin und Pyroxen), in derÜbergangszone (Spinelle und Granate) und im unterenErdmantel (Perovskit und Magnesiumwüstit) vorkom-men, zu modellieren und mit seismischen Daten zu ver-gleichen.

Eine Methode, Schallwellengeschwindigkeiten zu mes-sen, ist die Ultraschall-Interferometrie. Hierbei wird dieLaufzeit eines Schallpulses durch eine Probe gemessenund daraus die Geschwindigkeit der Schallwellen bestimmt.Diese Methode bietet folgende Vorteile: 1. Es können dun-kle oder opake Proben, die optischen Methoden wie Bril-louin-Streuung nicht zugänglich sind, untersucht werden.Dies ist ein besonders wichtiger Punkt, da viele Mantel-relevante Minerale, wie Magnesiumwüstit (Mg,Fe)O oderRingwoodit γ (Mg,Fe)2SiO4, Eisen in verschiedenen Wer-tigkeitsstufen enthalten und deshalb lichtabsorbierendsind. 2. Wegen der sehr hohen Frequenzen im GHz-Bereich ist es möglich, kleinste Proben mit einer Dickevon ca. 40 µm zu untersuchen. 3. Die GHz-Interferome-trie kann in Diamanthochdruckzellen angewendet werden.Dies bietet uns die Möglichkeit, die elastischen Eigen-schaften von Mineralen als Funktion des Druckes und derTemperatur zu bestimmen. In Abb. 4.50 ist das Prinzip die-ser Methode schematisch dargestellt.

Ein ca. 1,5 µm dünner Piezo aus ZnO liefert Ultraschall-wellen im GHz-Bereich. Diese Schallwellen durchlaufenden Übertragungsstab, den Diamanten und treffen dann

Abb. 4.50: Prinzip der Schallgeschwindigkeitsbestimmung in einer Dia-mantzelle. Die Überlagerung der an der Vorder- und Rückseite der Probereflektierten Schallwellen (mit 1 und 2 gekennzeichnet) ergibt ein Interfe-renzmuster aus der die Laufzeit der Schallwellen durch die Probe berech-net werden kann.Principle of GHz-interferometry: Superposition of sound waves reflected atthe front and back end of the sample results in an interference pattern fromwhich the round trip travel-time can be calculated.

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auf die Probe. Aus der Überlagerung der an der Vorder-und Rückseite der Probe reflektierten Schallwellen ergibtsich in Interferenzspektrum, aus dem die Laufzeit derhochfrequenten Wellen in der Probe berechnet werdenkann. In Abb. 4.51a und b sind eine Interferenzkurve unddie daraus berechnete Laufzeit der Schallwellen für Gah-nit bei 8 GPa dargestellt.

Spinelle

Oxide mit Spinellstruktur bilden einen wichtigen Bestand-teil im oberen Erdmantel sowie im unteren Bereich derÜbergangszone (‚γ-Spinell’). Die Kenntnis der Abhän-gigkeit der Schallwellengeschwindigkeit von der chemi-schen Zusammensetzung bei Spinellen ist somit ent-scheidend für das Verständnis des elastischen Verhaltensdes oberen Erdmantels. Messungen an Granaten und Oli-vinen (Chen et al., 1996) oder an Magnesiowüstit (Jacob-sen et al., 2002; Reichmann et al., 2000) zeigten eine deut-

liche Abnahme der Geschwindigkeiten mit zunehmendemEisenanteil. Es ist nun von besonderem Interesse, wie sichdas Vorhandensein der Übergangselemente wie Eisen undZink auf die elastischen Eigenschaften von Mineralen mitSpinellstruktur auswirkt. Wir haben deshalb die Schall-geschwindigkeiten der Spinelle Gahnit (ZnAl2O4) (Reich-mann and Jacobsen, 2005) sowie Franklinit (ZnFe2O4)mittels Gigahertz (GHz)-Ultraschallinterferometrie unter-sucht. Im Fall von Gahnit sitzt Zink auf der tetraedrischenPosition während Franklinit Zink und Eisen auf demtetraedrischen bzw. oktaedrischen Gitterplatz aufweist.

In Abb. 4.52a und b sind die elastischen Einkristallkon-stanten C11 = ρ (VP

[100])2, C44 = ρ (VS[100])2 und 1/3(C11 + 4C44

+ 2C12) = ρ (VP[111])2 von Gahnit und Franklinit erstmalig

als Funktion des Druckes dargestellt. Es sind ρ Dichte undVP

[100], VP[111] und VS

[100] longitudinale Schallwellenge-schwindigkeiten in [100] und [111] sowie die transversa-le Geschwindigkeit in [100] Richtung.

Abb. 4.51: (a) Interferenzspektrum von Transversalwellen für Gahnit bei 8 GPa. (b) Bestimmung der Laufzeit.(a) Interference pattern of transversal sound waves for gahnite at 8 GPa. (b) Determination of round trip travel timefor gahnite at 8 GPa.

Abb. 4.52: Die elastischen Einkristallkonstanten Cij von Gahnit und Franklinit als Funktion des Druckes. The elastic single crystal constants Cij of gahnite and franklinite as function of pressure.

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In den Abbildungen wird deutlich, dass C44 von Gahniteine (geringe) positive Druckabhängigkeit besitzt, wäh-rend dC44/dP von Franklinit negativ ist. Eine ähnlich nega-tive Steigung von C44 wurde bei Magnetit festgestellt.Diese Befunde deuten darauf hin, dass Gahnit bis zu sehrhohen Drücken keinen Phasenübergang durchläuft, wasexperimentell (Levy et al., 2001) bestätigt wurde. Dem-gegenüber lässt die negative C44-Druckabhängigkeit vonFranklinit eine Phasentransformation bei höheren Drü-cken vermuten, ähnlich wie bei Magnetit. Auch dies istexperimentell nachgewiesen worden (Levy et al., 2000).Die Auswirkungen von Zink bzw. Eisen auf die Druckab-hängigkeit der Scher- und adiabatischen Kompressions-moduli (G bzw. KS) sind in Abb. 4.53 dar-gestellt (Scher- und Kompressionsmodu-li sind Volumeneigenschaften, hängen

also nicht von der Orientierung der Kristalle ab).

Das Mineral Gahnit besitzt ein etwa 22 %größeres Kompressionsmodul KS und einca. 40 % größeres Schermodul G als Fran-klinit und Magnetit. Wie in Abb. 4.53ersichtlich, sind die Steigungen des Kom-pressionsmoduls dKS/dP von Gahnit,Franklinit und Magnetit etwa gleich groß,während dG/dP von Magnetit und Fran-klinit kleiner ist als das von Gahnit. DasVorhandensein von 3-d Elementen auf bei-den Kationenplätzen hat einen ungleichgrößeren Einfluss auf das Schermodul alsauf das Kompressionsmodul, was Auswir-kungen auf die seismischen Profile desErdmantels haben kann. Dies machtwiederum deutlich, wie wichtig es ist, dieelastischen Eigenschaften von Mineralen,die Übergangselemente enthalten, alsFunktion des Druckes zu untersuchen.

Birchs Regel

Birch (1961a, b) schlug vor, dass die seismischeGeschwindigkeit VΦ = (KS/ρ)1/2 (ρ = Dichte) von Mine-ralen mit gleicher Struktur eine negative Dichteabhängig-keit zeigt. In Abb. 4.54 ist für eine Reihe von Mineralenmit Spinellstruktur VΦ als Funktion der Dichte aufgetra-gen. Die Daten zeigen deutlich, dass Spinelle mit keinemoder nur einem Übergangselement auf dem Kationenplatzeine negative lineare Dichteabhängigkeit besitzen. Mine-rale mit zwei 3-d Elementen jedoch folgen nicht diesemTrend, sondern zeigen eine deutlich höhere Dichteabhän-gigkeit. Dies liegt zum Teil daran, dass die Coulomb-

Abb.4.53:Scher- und adiabatisches Kompressionsmodul G und KS von Gah-nit, Franklinit und Magnetit als Funktion des Druckes.Shear and adiabatic bulk modulus G und KS as a function of pressure of gah-nite, franklinte and magnetite.

Abb. 4.54: Die seismische Geschwindig-keit VΦ = (KS /ρ)1/2 als Funktion der Dich-te für Minerale mit Spinellstruktur. Mine-rale mit zwei Übergangselementen aufden Kationenplätzen zeigen eine deutli-che stärkere Dichteabhängigkeit als sol-che mit nur einem oder keinem Über-gangselement. Die gestrichelte Linie istein linearer Fit an die Datenpunkte vonFeCrO2, Fe3O4, ZnCr2O4 und ZnFe2O4.Die durchgezogen Linie ist ein linearerFit an die übrigen Datenpunkte.The seismic velocity as a function of den-sity for spinel structures. Minerals withtwo transition elements on the cation sitesexhibit a significant higher densitydependence than those wit only one or notransition elements. The dashed line is alinear fit to the data of FeCrO2, Fe3O4,ZnCr2O4 and ZnFe2O4. The solid line is alinear fit to the remaining data.

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Wechselwirkung bei den Übergangsmetallen eine gerin-gere Rolle spielt und stattdessen die kovalente Bindungmehr zum Tragen kommt.

Die Birch-Systematik zeigt, dass die seismische Ge-schwindigkeit von Spinellen mit zwei Übergangselemen-ten auf den Kationenplätzen im Vergleich zu Spinellen mitkeinem oder nur einem Übergangsmetall erheblich über-schätzt wird. Dies unterstreicht wiederum den starkenEffekt, den Übergangselemente auf das elastische Ver-halten von Mineralen haben können.

ICDP-Bohrung SAFOD (San Andreas FaultObservatory at Depth) – zur Geochemie vonGasen in seismisch aktiven Störungszonen

Das grundlegende Verständnis der physikalischen undchemischen Prozesse, welche entlang von Störungszonenan aktiven Plattengrenzen auftreten und sich z. B. in Erd-beben äußern, ist immer noch überraschend gering. FürUntersuchungen dieser Prozesse am Ort ihres Ursprungssind Tiefbohrungen unerlässlich. Daher wurden 2002 und2004/2005 an dem wohl weltweit bekanntesten aktivenVerwerfungssystem, der San Andreas Störung (SAF) inKalifornien, im Rahmen von ICDP (International Conti-nental Drilling Program) zwei Bohrungen niedergebracht.Die 2,2 km tiefe senkrechte Vorbohrung (SAFOD-PH)sowie die 4,0 km tiefe abgelenkte Hauptbohrung (SAFOD-MH), welche die Hauptstörung in 2005 durchstieß (Abb. 4.55).

Während die Vorbohrung unterhalb von 770 m quartärerund tertiärer Sedimentgesteine bis zur Bohrlochendteufevon 2.170 m ausschließlich kretazische Granite durch-teufte, traf die Hauptbohrung unterhalb von ca. 1.880 m

erneut auf Sedimente und verblieb in diesen bis zur End-teufe von 3.990 m. Nach Beendigung der Bohrmaßnah-men durchgeführte geophysikalische Untersuchungen inder Hauptbohrung zeigen Deformationen der Bohrloch-verrohrung bei 3.310 m, dem wahrscheinlichen momen-tan aktiven Teil der Hauptstörung. Untersuchungen an denerbohrten Gesteinen lokalisieren den Übergang von derPazifischen Platte (SW der SAF) in die Nordamerikani-sche Platte (NÖ der SAF) in einem Bereich zwischen ca.3.100 m und 3.400 m.

Während der Bohrkampagne erfolgte vor Ort ein ausge-dehntes Bohrlochmessprogramm, die Gewinnung vonBohrkernen, die Probenahme sowie Dokumentation undErstuntersuchung von Bohrklein sowie die Echtzeitanaly-se der Spülungsgase mit anschließenden Isotopenunter-suchungen an Gasproben im GFZ Potsdam. Gase und Flu-ide könnten eine Schlüsselrolle für das Verständnis derProzesse spielen, die an Verwerfungszonen auftreten. Eineoftmals ungewöhnliche Zusammensetzung von Gasenund Fluiden entlang aktiver Störungen sind durch Ober-flächenuntersuchungen weltweit belegt, doch ist derenUrsprung, ihre Verteilung in der Tiefe und ein möglicherZusammenhang mit seismischen Aktivitäten kaum ver-standen.

Informationen über die Verteilung der Gase in der Tiefesowie deren Herkunft bietet die Analyse der in der Bohr-spülung gelösten Gase. Diese werden aus der zirkulieren-den Spülung extrahiert, in einen Messcontainer gepumptund kontinuierlich in Echtzeit analysiert (Abb. 4.56).

Die Echtzeitanalyse der Spülungsgase beim Abteufen derSAFOD-Bohrungen identifizierte im unteren sedimentä-ren Bohrlochabschnitt der Hauptbohrung zwei Zonen mit

erhöhten Gasgehalten, in 2.700 bis 2.900m und unterhalb von 3.550 m Tiefe. Alsgasförmige Hauptbestandteile finden sichin diesen Abschnitten Kohlenwasserstof-fe, H2 und CO2, gleichzeitig tritt dorterhöhte 222Rn-Aktivität auf. Die Helium-gehalte sind dagegen vergleichsweiseniedrig. Eine solche Gaszusammenset-zung ist in Sedimenten generell nichtungewöhnlich. Die Gase treten als zirku-lierende Tiefenfluide durch permeablesGestein in das Bohrloch ein, wie es dieerhöhte Radonaktivität in diesen Ab-schnitten belegt (Abb. 4.57).

Beide Zonen weisen jedoch eine unter-schiedliche Zusammensetzung der Gaseauf. Die obere Zone hat relativ höhereGehalte an H2, während der untereAbschnitt an CO2 und Kohlenwasserstof-fen angereichert ist. Untersuchungen zurIsotopenzusammensetzung des Heliumszeigen weiterhin für beide Zonen nureinen geringen Anteil von Helium mit„Mantelursprung“. Bis zu einer Tiefe von ~ 3.200 m beträgt der Anteil von Mantel-

Abb. 4.55: Schema der beiden SAFOD Bohrungen (Vorbohrung = PH,Hauptbohrung = MH), die im Rahmen von ICDP 2002 sowie 2004/2005nahe der Stadt Parkfield, Kalifornien, abgeteuft wurden.Sketch of both SAFOD wells (Pilot Hole, Main Hole), drilled in 2002 and2004/2005 near the town Parkfield California within the frame of ICDP.

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helium weniger als 5 %, während er unterhalb von ~ 3.420m auf ~ 10 % anwächst. Der unterschiedliche Anteil anHelium mit Mantelursprung demonstriert, dass die ver-schiedene Gaszusammensetzung in beiden Hauptzutritts-zonen nicht nur auf lithologische Bedingungen zurückzu-führen ist. Die San Andreas Störung fungiert daher zumin-dest partiell als Barriere für horizontale Fluidmigration.Der allgemein geringe Anteil an Mantelhelium zeigt an,dass der vertikale Aufstieg von Fluiden und Gasen aus gro-ßer Tiefe innerhalb der aktiven Störungszone eher unter-geordnet ist. Im Gegensatz dazu weisen zwei nahegelege-ne Öl- bzw. Wasser-Bohrungen deutlich höhere Anteile anMantelhelium von bis zu 25 % auf.

Die Radonaktivität in Bereich von ca. 3.100 m bis ca. 3.550 m Tiefe ist gering und liefert somit ebenfalls keinendeutlichen Hinweis auf eine aktive Fluidzirkulation. Auchdie übrigen Gase treten nur in kleinen Konzentrationenauf, so dass allgemein die Durchlässigkeit der Gesteinefür Gase und Fluide in diesem Abschnitt als gering ange-sehen wird. Erhöhte Gaskonzentrationen finden sich le-diglich zwischen 3.150 m bis 3.200 m sowie in unmittel-barer Nähe der SAF in 3.340 m Tiefe. Diese Gasan-sammlungen bestehen fast ausschließlich aus Kohlen-wasserstoffen, im oberen Abschnitt enthält das Gas zusätz-lich auch CO2. In diesen Bohrlochabschnitt wurden kar-bonathaltige Gesteine durchteuft, so dass CO2 möglicher-weise durch den Bohrprozess freigesetzt wurde. Die inunmittelbarer Nachbarschaft der SAF gefundenen Gas-

ansammlungen, befindet sich in einer relativ porösenSandsteinlage, umgeben von gering durchlässigen, toni-gen Lagen. Diese sind zum Teil reich an organischemMaterial, welches generell als Quelle der Kohlenwasser-stoffe anzusehen ist. Es handelt sich also vermutlich eherum eine lithologisch bedingte Gasakkumulation, welchein keinem direkten Zusammenhang zur SAF steht.

In der überwiegend sedimentären Zone der Hauptbohrung(von 1.900 m bis 3.995 m) überraschten die ungewöhn-lich hohen Wasserstoffgehalte von bis zu 6 vol.%, die zumallergrößten Teil natürlichen Ursprungs sein müssen. Esgibt ältere Beobachtungen, dass in der Bodenluft oberhalbvon aktiven Störungszonen erhöhte Wasserstoffgehalteauftreten können. Es scheint möglich, dass der Wasser-stoff durch thermisch-chemische Zersetzung von Wasseran bei Scherprozessen neu gebildeten Mineraloberflächen(insbesondere Quarz) produziert werden kann. Entspre-chende Laborversuche um diesen Prozess zu überprüfensind geplant.

Recycling versus Neubildung von Kruste am akti-ven Kontinentalrand der Zentralen Anden (18 bis40° S) – isotopengeochemische Indikatoren

Entstehung, Wachstum und stoffliche Differenzierung derKontinente aus dem vorgegebenen Stoffbestand des obe-ren Erdmantels ist ein zentrales Thema geologischer undgeochemischer Forschung. Speziell die unterschiedlichen

Abb. 4.56: Aufbau des Experiments zur Untersuchung der Spülungsgase in Echtzeit.Setup of the real-time mud gas monitoring experiment.

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Abb. 4.57: Tiefenverteilung der am häufigsten auftretenden nichtatmosphärischen Gase (CO2, H2, CH4) sowie die 222Rn-Aktivität an der SAFOD-Hauptbohrung. Gas distribution vs. depth of the most abundant non-atmospheric gases (CO2, H2, CH4) and 222Rn activity at the SAFOD-Main Hole.

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Signaturen radiogener Isotope, v. a. von Nd, Sr und Pb, inMantel und kontinentaler Kruste, ermöglichen eine Unter-scheidung zwischen „juvenilem“ Krustenmaterial, das ausMantelschmelzen neu gebildet wird und Krustenmateri-al, welches aus der Aufarbeitung älterer Kruste entsteht.Subduktion und Magmenbildung an aktiven Kontinental-rändern werden als wichtige geodynamische Prozesseangesehen, bei denen juvenile kontinentale Kruste gebil-det wird. Die zentralen Anden gelten als Paradebeispieleines aktiven Kontinentalrands und dort entstand daszweitgrößte kontinentale Plateau nach Tibet. Jedoch zei-gen unsere umfangreichen Studien zum Krustenaufbau inden zentralen Anden, dass Neubildung kontinentalerKruste seit über einer Milliarde Jahre eine sehr unterge-ordnete Rolle gespielt hat (Lucassen et al, 2004; 2005).

Die zentralen Anden erlebten seit dem späten Proterozo-ikum sehr lange Phasen von subduktionsinduziertemMagmatismus (Abb. 4.58). Während des Altpaläozoikums(~ 560 bis 440 Ma) bildete sich dort ein Orogen vom Kor-dillerentyp – dem heutigen Andenorogen ähnlich – mitbedeutender Verdickung der kontinentalen Kruste undgroßräumiger Aufschmelzung mittlerer Krustenbereiche.Letztere wird durch die weite Verbreitung von felsischenMigmatiten in tiefen Krustenanschnitten (~ 15 bis 20 km)und Granitintrusionen in den flacheren Anschnitten des exhumierten Orogens dokumentiert (Lucassen undFranz, 2005). Das gegenwärtige, im wesentlichem mio-zäne (~ 20 Ma) bis rezente Andenorogen, mit der Ausbil-dung des Hochplateaus im Bereich der noch aktiven Vul-kanzone (CVZ, Abb. 4.58), zeigt eine ähnliche thermischeStruktur der Kruste. Aus geophysikalischen Daten und derchemischen und isotopischen Zusammensetzung felsi-scher Ignimbrite (Lindsay et al, 2001; Babeyko et al,2002), lässt sich eine weiträumige Aufschmelzung mitt-lerer Krustenbereiche ableiten. Der Magmatismus in beiden Orogenen ist in seiner Zusammensetzunggemischt, mit wenig juvenilem Material und hohen Antei-len von ~ 2 Milliarden Jahre alter proterozoischer Kruste (Abb. 4.59), welche zum Teil schon im Altpaläozoikumaufgearbeitet wurde (Abb. Anden 4.59 und Abb. 4.60).

Bedeutende Volumen juveniler magmatischer Gesteinesind nur aus dem jurassisch bis kretazischen Magmenbo-gen und der känozoischen südlichen Vulkanzone (SVZ;Abb. 4.58) bekannt. Den Rahmen der mesozoischen bisrezenten Magmenbögen bildet früh- bis spätpaläozoischesBasement (Abb. 4.58), welches aber keinen oder nur gerin-gen Einfluss auf die Zusammensetzung der magmatischenGesteine hat (Abb. 4.60). Die juvenilen mesozoischen bisrezenten Gesteine repräsentieren die Zusammensetzungeines verarmten „sub-arc“ Mantels (Lucassen et al, 2002),die über eine große Nord-Süd-Erstreckung und über einenbeachtlichen Zeitraum (~ 200 Ma) einheitlich erscheint(Abb. 4.60).

Die Dominanz von Recycling, Aufarbeitung vorhandenerKruste oder stabiler Neubildung von juveniler Krustehängt von den jeweiligen tektonischen Rahmenbedingun-gen ab. Kompression und Krustenverdickung im magma-tischen Bogen, wie im Altpaläozoikum und Känozoikum

der zentralen Anden, fördern die Hybridisierung vonSchmelzen aus dem Mantel innerhalb der Kruste bzw. dieEntstehung von Krustenschmelzen. Basaltisches Materi-al aus dem Mantel wird an der Basis der verdickten Krus-te angelagert, als dichter mafischer Eklogit delaminiertund in den Mantel zurückgeführt. Vulkanische Gesteinean der Oberfläche sind starker Abtragung ausgesetzt, ver-ursacht durch den großen topographischen Gradienten in

Abb. 4.58: Karte des westlichen Südamerika zwischen ~ 16 bis 40° S mit der Position der Magmenbögen in Juraund Kreide (grüne Signatur) sowie rezent (gelbe Signatur).Gegenwärtig aktiv ist die Central Volcanic Zone (CVZ) unddie Southern Volcanic Zone (SVZ). Zwischen der CVZ undSVZ gibt es zurzeit keine magmatische Aktivität. Die Süd-grenze der CVZ entspricht der südlichen Ausdehnung deskänozoischen Hochplateaus. Die Schraffur zeigt die unge-fähre Verbreitung von paläozoischem Basement an, dassdurch die (Alt)Paläozoische Orogenese geprägt wurde; derÜbergang zum Brasilianischen Schild im Osten (gestri-chelte Linie) ist nicht genau bekannt.Map of western South America (~ 16° bis 40° S) showingthe locations of the Jurassic and Cretaceous magmatic arc(green) and the presently active magmatic arc (yellow; CVZ= Central Volcanic Zone; SVZ = Southern Volcanic Zone).There is presently no magmatic activity between CVZ andSVZ. The southern end of the CVZ coincides with the sou-thern extension of the Cenozoic high plateau. The hatchedarea indicates the approximate distribution of Palaeozoicbasement and remnants of the Palaeozoic orogeny. Thetransition between the Palaeozoic basement and the Bra-zilian Shield (bold, stippled line) is tentatively drawn.

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einem Gebirge, das heißt, ein großer Teil der im sub-arcMantel produzierten Schmelzen trägt nicht zur Krusten-bildung bei. Im Gegensatz dazu fördert Extension undTranspression im magmatischen Bogen, wie in Jura undUnterkreide in den zentralen und südlichen Anden vor-herrschend, das Eindringen mantel-derivater Schmelzenin die Kruste. Hier differenzieren sie als Batholite oderwerden als Vulkanite in extensionalen Becken abgelagert,das heißt, die Schmelzen tragen zur Krustenneubildungbei.

Die Wechselbeziehung magmatischer Prozesseund Riftentwicklung an passiven Kontinenträn-dern: Das Fallbeispiel Namibia (Südatlantik)

Die Öffnung des Südatlantiks steht im Zusammenhang mitdem Aufbrechen des Superkontinents Gondwana und wirdbegleitet von sehr intensivem, syntektonischem Magma-tismus, was zur Hypothese des „aktiven Rifting“ geführthat. Diese Hypothese sieht die Krustendehnung und denAufbruch als dynamische Folge aufsteigender Magmenaus dem tiefen Erdmantel an. Alternativ erklärt das Modelldes „passiven Riftings“ die Ursache des Aufbrechens vonKontinenten genau gegensätzlich: Dehnung und Exten-sion der Kruste führen zur Schmelzbildung im oberenMantel durch Druckentlastung. Die Wechselbeziehungzwischen Magmatismus und Tektonik ist für das Ver-ständnis der Plattentektonik und des Stoffaustauschs zwi-

schen Erdmantel und Kruste von großer Bedeutung. Siehat aber auch ganz entscheidende Konsequenzen für diethermische Entwicklung neuer Kontinentränder und damitauch für deren Kohlenwasserstoffpotential. MagmatischeGangschwärme können Schlüsselinformationen gebenüber die Dehnungsrichtung und das Alter krustaler Bruch-strukturen sowie über den Stoffbestand, die Herkunft undBildungsbedingungen der intrudierten Magmen.

In einem gemeinsamen Projekt untersucht das GFZ (Sek-tionen 4.2 und 1.4) zusammen mit dem Geological Sur-vey von Namibia den „Henties Bay-Outjo Gangschwarm“(HOD) in Namibia, einen der größten Gangschwärme anden Kontinenträndern des Südatlantiks (Abb. 4.61). Erstdurch den Einsatz von hochauflösenden Aeromagnetik-und Satellitendaten war es möglich, den HOD-Gang-schwarm im Detail zu kartieren, auch unter einer Abde-ckung von Wüstensand und Vegetation (Abb. 4.62). Fürdie fernerkundlichen Arbeiten wurden Daten von Land-sat TM 7 (ETM+) verwendet, die eine räumliche Auflö-sung im panchromatischen Kanal von 15 m x 15 m lie-fern. Die Bodenauflösung der Aeromagnetikdaten beträgtca. 50 m x 50 m. In einem Gebiet von über 100.000 km2

wurden Richtung, Dichte (Anzahl pro Flächeneinheit)sowie Länge der magmatischen Gänge erfasst und einerstatistischen Analyse unterworfen (Hahne, 2004). DieAuswertung dieser Daten deutet darauf hin, dass im ges-amten Gebiet des HOD ein Spannungszustand der Krus-

Abb. 4.59: Nd-Isotopen-Modellalter (TDM in Ga) von Gesteinen der kontinentalen Kruste zeigen das Alter der Extrak-tion der krustenbildenden Mantelschmelzen an, bezogen auf die zeitliche Entwicklung der Nd-Isotopie in der Mantel-quelle. Die paläozoischen metamorphen, magmatischen und sedimentären Gesteine (18 bis 40° S) und känozoischeIgnimbrite aus der CVZ zeigen Nd-Modellalter mit einem Maximum zwischen 1,7 und 2 Ga, einer Periode bedeuten-den Wachstums kontinentaler Kruste. Die U-Pb-Alter von Zirkonen aus einen spätkänozoischem Ignimbrit der CVZsind ein Beispiel für ererbte, in diesem Fall neoproterozoische Alter. Offensichtlich ist die proterozoische Kruste bedeu-tender Materiallieferant für nachfolgende magmatische und sedimentäre Prozesse im altpaläozoischen sowie im käno-zoischen Orogen.Nd model ages (TDM in Ga) indicate the separation of continental crust-forming melts from their mantle source, refer-ring to the Nd isotopic evolution of the mantle. Many Palaeozoic metamorphic, magmatic, and sedimentary rocks (18°bis 40° S) and Cenozoic ignimbrite from the CVZ show Nd model ages between 1.7 to 2 Ga, which coincides with theages of important growth of the continents. The U-Pb ages on zircon are an example for inherited ages, in this case aNeoproterozoic age, in late Cenozoic ignimbrite of the CVZ. Proterozoic crust is recycled in magmatic and sedimen-tary processes in the early Palaeozoic as well as the Cenozoic orogens.)

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te mit Dehnungskomponenten sowohl in SW-NO- als auchNW-SO-Richtung geherrscht hat. Allerdings änderte sichdas Spannungsfeld vom küstennahen zum küstenfernenBereich des Gebietes. Küstennah dominierte dank der Vor-zeichnung des neoproterozoischen Damara-Faltengürtelsdie Nordwest-Südost-Richtung (Abb. 4.63). Die Anzahlund Mächtigkeit der Gänge in diesem Bereich deuten aufeinen Spreizungsbetrag von bis zu drei Prozent hin. ImBereich fern der Küste hemmte der Angola Kraton dasweitere Fortschreiten des Riftings, die Anzahl der Gängenimmt ab und die Richtungsverteilung wird diffus.

Geochemische Untersuchungen weisen die Gänge desHOD als überwiegend tholeiitische Basalte aus. Es wur-den übereinstimmende Charakteristika in der Spurenele-mentverteilung der HOD-Gänge und der low-Ti Serie derEtendenka-Paraná-Flutbasalte nachgewiesen. Dadurchund durch radiometrische Altersbestimmung wird dieHypothese bestätigt, dass der HOD-Gangschwarm dieFörderkanäle für ein inzwischen erodiertes Flutbasaltpla-teau darstellt (Trumbull et al, 2004). Aus Apatit-Spalt-spurdaten wird eine ehemalige Mächtigkeit dieses Basalt-plateaus von bis zu 4.000 m im Küstenbereich modelliert,

die nach Osten ins Landesinnere ab-nimmt.

Die Ergebnisse dieser Studien sprechenfür die Magmenbildung und Krustenex-tension in NW-Namibia und gegen das

Abb. 4.60: Nd (epsilon Nd)- und Sr-Isoto-penzusammensetzung von Gesteinen desverarmten Mantels (rotes Feld) und typi-scher Gesteine der kontinentalen Kruste(blaues Feld). Das paläozoische Base-ment repräsentiert die regionale Krusten-zusammensetzung in den Anden. Diekänozoischen CVZ Andesite sind hybrideGesteine (Mischungen von verarmtemMantel und kontinentaler Kruste. DieZusammensetzung der CVZ Ignimbritezeigt einen hohen Anteil an proterozoi-scher überprägter kontinentalen Kruste.Dagegen sind die Gesteine des jurassisch-unterkretazischen Magmenbogens unddie der känozoische SVZ (rotes Feld) nichtoder nur schwach durch die kontinentaleKruste beeinflusst. Sie stellen juvenileHinzufügungen zur lokalen Kruste dar.

Nd (in epsilon notation) and Sr isotopic composition of rocks from a depleted mantle (red field) and typical rocks fromthe continental crust (blue field). The composition of the Andean crust is represented by the Palaeozoic basement. TheCenozoic CVZ and sites show a hybrid composition of mixtures between melts from the depleted mantle and the regio-nal continental crust. The compositions of the CVZ ignimbrite indicate a high proportion of Proterozoic continentalcrust in these rocks. The Jurassic to lower Cretaceous magmatic rocks and the Cenozoic SVZ igneous rocks (red field)are from a depleted sub-arc mantle source. They represent juvenile additions to the local crust.)

Abb. 4.61: Die regionale Karte zeigt Afri-ka und Südamerika vor der Öffnung desSüdatlantiks mit der Lage der Kratone(rot) und Faltengürtel (grau) auf den Kon-tinenten sowie der heutigen Verbreitungder Paraná- und Etendeka-Flutbasalte(lila). Der HOD Gangschwarm ist einerder größten Gangschwärme an den Kon-tinenträndern des Südatlantik.A map of Africa and South America befo-re opening of the South Atlantic about 130My ago, showing the division of the con-tinents into cratons (red) and fold belts(grey) and the present extent of Paraná-Etendeka flood basalts (purple). TheHOD swarm is one of the largest alongthe margins of the South Atlantic.

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Modell „passives Rifting“. Der aus der Gangdichte abge-leitete Spreizungsbetrag von < 5 % ist zu gering um einenSchmelzprozess im oberen Mantel durch Druckentlastungauszulösen, und die unterschiedliche Verteilung der Gang-richtungen spricht gegen eine Steuerung durch vorge-

zeichnete Bruchstrukturen in der Kruste.Argumente für das Modell „aktives Rif-ting“ sind die sehr großen Mengen geför-derter Magmen sowie geochemische Hin-weise auf eine tiefe Mantelquelle für dieRingkomplexe im Bereich des HOD(Trumbull et al, 2003).

Der Glückstadtgraben – ein wichti-ges Strukturelement im Zentraleu-ropäischen Becken

Das Zentraleuropäische Beckensystemwurde in den letzten 100 Jahren insbe-sondere durch die Erdöl- und Erdgasin-dustrie intensiv erkundet. Es umfasstneben Norddeutschland Teile der Nieder-lande, die Nordsee, das Dänische und Pol-nische Becken (Abb. 4.64).

Seit nahezu vier Jahren wird die wissen-schaftliche Untersuchung dieses Raumsdurch die DFG im Rahmen des Schwer-punktprogramms 1135 „Sedimentbecken-dynamik“ gefördert, das gleichzeitig indas Förderprogramm „GEOTECHNO-LOGIEN“ eingebunden ist. Eine ganzwesentliche Grundlage dafür war die

Bereitschaft der Erdöl- und Erdgasindustrie, über ihre wissenschaftliche Koordinationsstelle, die DGMK, geo-logische und geophysikalische Daten zur wissenschaft-lichen Bearbeitung freizugeben, z. B. Bohrdaten und seismische Linien.

Abb. 4.62: Ein Teil der Basaltgänge des HOD in vergleichenden Abbildungen der Aeromagnetik- (links) und Satelli-tendaten (rechts). Gänge sind wegen Sandbedeckung auf dem Satellitenbild (ETM+, Kanäle 7, 4 & 1 (RGB)) nur teil-weise sichtbar. Auf dem Aeromagnetikbild treten auch die nicht an der Oberfläche exponierten Bereiche der Gängedeutlich hervor. Damit wird auch das jüngere Relativalter der NO-streichenden gegenüber den NW-streichenden Gän-gen sichtbar.Comparison of aeromagnetic (left) and satellite images (right) of basaltic dikes in a part of the HOD. The dikes areonly partly visible in the satellite image whereas the aeromagnetic map reveals many more.

Abb. 4.63: Beispiel eines Basaltganges der HOD im Gelände. Aus der Rich-tung des Ganges können größte (σ1) und kleinste (σ3) Hauptnormalen-spannung abgeleitet werden. Die Spreizung eines Ganges erfolgt parallel zuσ3, die horizontale Ausbreitung (Längsachse) parallel zu σ1, hier NO-SW(Foto: GFZ Hahne).Example of a basaltic dike in the field. The orientation of dikes permits iden-tification of the maximum (σ1) and minimum (σ3) normal stress compo-nents. Dilation of a dike is parallel to (σ3) and the propagation direction(long axis) is parallel to (σ), in this case NE-SW.

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Das Zentraleuropäische Beckensystem entstand an derWende Karbon/Perm vor ca. 280 Mio. Jahren. Seit dieserZeit hat sich der Raum immer wieder abgesenkt, so dasssich bis heute z. T. mehr als 10 km Sedimentfüllung ange-sammelt hat, die die gesamte geologische Geschichte invielen Details widerspiegelt. Dabei haben in der langenGeschichte ganz unterschiedliche Prozesse auf den Raumeingewirkt. So kam es in Teilräumen wiederholt zur erneu-ten Dehnung, während andere Teilräume oder Zeitendurch Einengung, d. h. Inversion, gekennzeichnet waren.Insofern stellt das Zentraleuropäische Beckensystem eineder komplexesten Beckenstrukturen dar, die wir kennen.

Insbesondere während der späten Trias, vor etwas mehrals 200 Mio. Jahren, erfuhr das Gebiet eine erneute Deh-nung, wobei eine Reihe von lokalisierten Dehnungsstruk-turen, Gräben, zwischen Nordsee und Ostdeutschland ent-standen. Abb. 4.64 zeigt die Sedimentmächtigkeiten derTrias, die weitgehend der ursprünglichen Ausbreitung desBeckensystems entspricht, zusammen mit den lokal neuentstandenen, relativ kleinen Grabenstrukturen sowieStrukturen, die durch Mobilisation permischen Salzes ent-standen. Die Mobilisierung dieses z. T. mehrere tausendMeter mächtigen permischen Salzes erfolgte zu unter-schiedlichen Zeiten, wobei die mehr oder weniger N-Sausgerichteten Strukturen parallel der Gräben der Triaszuzuordnen sind, während die am Südrand mehr O-W aus-gerichteten Strukturen zu einer wesentlich späteren Inver-sionsphase des Beckens gehören.

Von den verschiedenen triassischen Grabenstrukturenwurde insbesondere der Glückstadtgraben in Schleswig-Holstein untersucht. Hier treten die größten Absenkungs-beträge und damit Sedimentmächtigkeiten auf und außer-dem lagen hier die besten von der Industrie und der BGRzur Verfügung gestellten Daten vor. Auf der Grundlagedieser Daten wurde ein dreidimensionales Modell zurGeschichte dieses Raums entwickelt, das von der Trias bisin die jüngste Zeit reicht. Abb. 4.65 zeigt einige Zeit-schnitte aus dieser Entwicklungsgeschichte. In der ober-sten Trias (Keuper) kommt es zu einer sehr schnellenAbsenkung des zentralen Glückstadtgrabens, wobei dieMobilisierung des Salzes eine zentrale Rolle spielt. Esspricht sehr viel dafür, dass die aufsteigenden Salzstöckesogar die Oberfläche durchbrachen und dass das austre-tende Salz in den Keupersedimenten neu abgelagertwurde. Dies zeigt sich in Abb. 4.65 daran, dass dasursprünglich gleichmäßig verteilte Salz sich in Salzwäl-len anreichert, während es aus den dazwischen liegendenBereichen praktisch vollständig verschwindet.

Interessanter als diese durchaus spektakuläre initialePhase ist jedoch die weitere Entwicklung, nachdem dieAnfangsdehnung abgeklungen ist. Die Salzbewegungenbreiten sich nach Osten und Westen im Lauf der Zeit immerweiter aus und werden dabei wiederholt durch tektonischeEreignisse, die im Gesamtrahmen des Beckens ablaufen,beschleunigt. Insgesamt zeichnet sich jedoch ab, dass dievor mehr als 200 Mio. Jahren entstandene initiale Störung

Abb. 4.64: Der triassische Subsidenzraum des Zentraleuropäischen Beckens mit zugehörigen kleineren Grabenstruk-turen und den heute vorhandenen Salzstrukturen.The Triassic subsidence centre of the Central European Basin System including local Graben structures and presentday salt structures. After Van Horn, 1987; Ziegler, 1990; Britze and Japsen, 1991; Vejbaek and Britze, 1994; Lockhorstet al., 1998; Pharaoh, 1999; Baldschuhn et al., 2001; Bayer et al., 1999, 2002; Evans et al., 2003; Scheck et al., 2003;Dadlez, 2003; Sliaupa, 2004; Lamarche and Scheck-Wenderoth, 2005.

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sich noch heute auswirkt und sich die Salzbewegung vominitialen Subsidenzraum in die Nachbarräume ausbreitet.Tatsächlich ist bekannt, dass z. B. ein Salzstock bei BadSegeberg aktuell mit ca. 2 mm pro Jahr aufsteigt.

Der Glückstadtgraben erweist sich als ein Musterbeispieloder „natürliches Labor“, an dem der Einfluss einer ererb-ten alten Struktur die weitere Entwicklung über lange Zeitbeeinflusst oder sogar maßgeblich bestimmt. Dies betrifftin erster Linie die Initialisierung und wiederholte Reakti-vierung von Salzbewegungen und damit zusammenhän-gende Prozesse wie Änderungen des Reliefs und Grund-wasserversalzung, die noch heute wirksam sind. Hier bie-

tet sich auch für weitere Untersuchungen ein spannenderBezug zwischen klassischer Geologie und aktuogeologi-schen Prozessen.

Die Diagenese triassischer Speichergesteine imZentralgraben Nordsee

Im Rahmen des SPP-Projekts „Organische und anorgani-sche Prozesse und Wechselwirkungen in den Überdruck-bereichen sedimentärer Becken am Beispiel des Zentral-grabens der Nordsee“ wurden in fünf Bohrungen Reser-voirgesteine untersucht, die bis etwa 4.800 m Tiefe ver-senkt wurden. Dabei handelt es sich um triassische Spei-

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Abb. 4.65: Zeitliche Entwicklung der Salzmächtigkeit im Glückstadt Graben von der Trias (a) bis heute (b). In den weißdargestellten Bereichen ist das Salz vollständig abgewandert. Ausgehend vom ursprünglichen Graben breitete sich die-ser Bereich zunehmend lateral aus, ein Prozess der auch heute noch anhält (Maystrenko, 2005, Maystrenko et al. 2005,in press).Temporal evolution of salt structures in the Glückstadt area from the Triassic (a) to present (b). In the white areas saltis almost totally depleted. Starting from the central Graben area, salt movements proceed laterally, a process whichstill continues (Maystrenko, 2005, Maystrenko et al. 2005, in press).

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chergesteine der Skagerrak-Formation aus dem Zentral-graben der Nordsee, die aus einer Wechsellagerung vonfluvialen Rinnensanden mit tonigen Schwemmebenense-dimenten im Meterbereich aufgebaut sind. Die Untersu-chung der Sandsteinproben erfolgte mit petrographischenMethoden, die durch geochemische Untersuchungenergänzt wurden. Neben optischer Mikroskopie kamenRasterelektronen-Mikroskopie, Elektronenstrahl-Mikro-sondenanalytik, Kathodolumineszenz-Mikroskopie undRöntgendiffraktometrie zum Einsatz. Die Sandsteine be-stehen überwiegend aus Quarzkomponenten mit wechseln-den Anteilen an Feldspäten und Lithoklasten (Abb. 4.67).Die untersuchten Explorationsbohrungen wurden in derRegel auf strukturellen Hochlagen abgeteuft, die erwar-ten lassen, dass während der Versenkung der SedimenteKohlenwasserstoffe aus den Muttergesteinen in die Spei-cher migriert sind.

Wichtige frühdiagenetische Prozesse in den terrestrischenAblagerungen der Trias sind die Bildung dünner Tonmi-neralüberzüge auf den Oberflächen der Körner und dieAusfällung von Eisenhydroxiden/Eisenoxiden, ebenfallsvorwiegend an Kornoberflächen. Im Porenraum der Sand-steine wurden teilweise eodiagenetische Karbonate und/oder Sulfate, untergeordnet auch Quarz- und Feldspat-zemente ausgefällt. Mit Abschluss der Gesteine von Ein-flüssen durch Oberflächenwässer beginnt die mesodiage-netische Entwicklung. In den Sandsteinen ist die Mesodi-agenese durch die Lösung von K-Feldspat und/oder früh-diagenetischem Karbonatzement sowie die Zementationdurch Quarz bestimmt. Untergeordnet wird Albit neugebildet. Die Lösung von Feldspat (Abb. 4.68) ist offen-sichtlich. Auch wenn texturelle Kriterien zur Bewertungvon Lösungsprozessen nicht immer eindeutig sind, gibt esdoch Hinweise darauf, dass Minerallösung durch aggres-sive Fluide eine wichtige Rolle spielen. Die Bildung vonKohlendioxid und organischer Säuren in Verbindung mitder Kohlenwasserstoffgenese kann das Lösungspotentialdes Porenfluids in Bezug auf Feldspat- und Karbonatlös-lichkeit erhöhen und zu den beobachteten Lösungsproz-essen beigetragen haben. Übergroße Poren, in denenmesodiagenetische Zemente gewachsen sind, belegen dieLösung von detritischen Komponenten.

Weiterhin kommt es zur Reduktion von Hämatit (Abb. 4.67)und wahrscheinlich werden durch die Umverteilung desEisens aus dem Hämatit Fe-Karbonate ausgefällt und/odereisenreiche Chlorite gebildet (Abb. 4.68). Die Reduktionvon Hämatit steht im Zusammenhang mit der Migrationvon Kohlenwasserstoffen oder deren Vorläufer, die wahr-scheinlich über Störungen in die Sandsteine gelangt sind.In den zwischengelagerten Tonsteinen kommt es währendder Mesodiagenese vor allem zur Illitisierung und unter-geordnet zur Chloritisierung der Tonminerale.

In einem weiteren Schritt wurde mit der Modellierung derWechselwirkung zwischen Porenfluid und Mineralenbegonnen, mit dem Ziel, die Prozesse zu quantifizierenund Zusammenhänge zwischen Mineraldiagenese undReifung organischen Materials aufzuzeigen. Aufgrund dernur eingeschränkt zur Verfügung stehenden thermodyna-mischen Daten ist die Modellierung insbesondere der Ton-mineralreaktionen nur stark vereinfacht möglich. Trotz-dem zeigen die Modellierungen der Umwandlung vonSmektit in Chlorit, dass die Reaktion nur dann ablaufenkann, wenn reduziertes Eisen als Reaktionspartner zurVerfügung steht, und dabei ist die Reduktion von Eisendurch Methan einer der plausibelsten Mechanismen. Sokonnte die Umwandlung von Beidelit und Saponit in Ripi-dolit modelliert werden (Abb. 4.69).

Abb. 4.66: Angelöstes Feldspatkorn.Partially dissolved feldspar.

Abb. 4.67: Unter Karbonatzement erhaltener Hämatit.Hematite preserved by carbonate cement.

Abb. 4.68: Chloritisierte Tonmineralüberzüge.Grain-coating clay minerals transformed to chlorite.

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Weiterhin zeigen die Modellierungen, dass die in den Pro-ben beobachtete Lösung von Feldspäten und frühdiage-netischen Karbonatzementen durch in das Reservoirge-

stein hinein migrierendes Kohlendioxidstark begünstigt wird. Wird dieser Pro-zess nicht bei der Modellierung berück-sichtigt, sind unwahrscheinlich hohePorenflussraten notwendig, um die beob-achteten Lösungsprozesse zu erklären.Die Komplexität der Mineralparagenesein den triassischen Speichergesteinenerschwert die Modellierung der Gesteins-Fluid-Interaktion. Trotzdem zeigen dieModellierungen, dass organische Reak-tionsprodukte einen wesentlichen Beitragzur diagenetischen Veränderung derGesteine leisten.

Tiefreichende Grundwasserströ-mungen im NE-deutschen Becken

Im Norddeutschen Becken haben Botani-ker schon seit dem 18. Jahrhundert dasAuftreten salzliebender Pflanzen imBinnenland beobachtet. Die Standortedieser Pflanzengemeinschaften erwiesensich dabei nicht immer als persistent, son-dern verlagerten sich z. T. über längereZeiträume. In Abb. 4.70 sind bekannte

Oberflächenaustritte salinarer Wässer zusammen mit derVerbreitung flach liegender (0 bis 300 m Tiefe) salinarerGrundwässer im Ostteil des Norddeutschen Beckens dar-

gestellt. Das oberflächennahe Auftretenstark salzhaltiger Wässer hat einerseitseine ökonomische Bedeutung bezüglichder Grundwassernutzung, andererseitsstellen sich grundlegende Fragen hin-sichtlich der physikalischen Mechanis-men, Aspekte, die in einem Verbundpro-jekt des DFG-SPP 1135 „Becken-Dyna-mik“ untersucht werden. Beteiligt sindeinerseits die FU-Berlin, die BTU-Cott-bus und das GFZ mit Untersuchungen zurWasserchemie, andererseits das GFZ, dasWIAS und die WASY GmbH (Berlin) mitder Modellierung der Prozesse.

Chemische und Isotopendaten weisen aufeine Vermischung von Tiefen- und Ober-flächenwässern hin und unterstützendamit die hier dargestellten Modellie-rungsergebnisse. Die entlang der Elbe undder Havel großflächig auftretende ober-flächennahe Versalzung des Grundwas-sers kann zu einem großen Teil auf denhydrostatisch, d. h. durch die Geländeto-pografie, getriebenen Grundwasserflusszurückgeführt werden. Allerdings reichtdiese Erklärung nicht aus, um Details derVerbreitung salinarer Wässer und insbe-sondere die Oberflächenaustritte zu erklä-ren. Diese werden erst im Rahmen einesvoll gekoppelten Grundwassermodellsverständlich, bei dem neben dem hydro-

Abb. 4.69: Veränderung der Mineralzusammensetzung infolge von Eisenre-duktion durch in das Gestein hinein migrierendes Methan bei gleichzeitigerErwärmung infolge zunehmender Versenkung.Change in mineral composition resulting from iron reduction caused bymethane migrating into the reservoir rock in combination with heating dueto burial.

Abb. 4.70: Lage salinarer Oberflächenaustritte im NE-deutschen Becken(Schirrmeister, 1996) sowie flacher Salzwasservorkommen (0 bis 300 m)nach Grube et al. (2000). Die gestrichelte rote Linie kennzeichnet die Lagedes Profils in Abb. 4.71.Map of saline waters occuring at the surface (Schirmeister, 1996) and nearsurface occurence of salt water (0 – 300 m) below surface (Grube et al., 2000).The dashed red line indicates the position of the cross section in Fig. 4.71.

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statisch getriebenen Fluss auch Dichteänderungen durchdie Temperatur und den Salzgehalt berücksichtigt werden.Dabei spielen insbesondere auch die im Untergrund vor-handenen Salzstrukturen eine Rolle, die einerseits das Tem-peraturfeld verändern, andererseits durch Salzlösung eben-falls die Dichte des Grundwassers beeinflussen. Abb. 4.71zeigt eine Modellierung entlang eines W-E verlaufendenProfils (vgl. Abb. 4.70), bei dem infolge der nichtlinearenKoppelung zwischen den Prozessen eine freie Konvektionentsteht, die lokal Salzwasser in den Bereich der Oberflä-che transportiert. Analog treten Veränderungen im Tempe-raturfeld auf, wobei die Konvektionszellen in diesemModell räumlich stabil sind, d. h. sich nicht verlagern.

An diesem Punkt stößt man auf Probleme, die im Rahmender nichtlinearen Modellierung immer wieder diskutiert

werden. Die Lösung hängt in starkem Maß von der Wahldes diskreten Netzes ab. Abb. 4.72 zeigt für einenbeschränkten Ausschnitt der Profillinie ein Momentan-bild, das auf der Basis eines am WIAS erarbeiteten Net-zes für ein FV-Verfahren erarbeitet wurde. In diesem Fallbewegen sich die Konvektionszellen periodisch unter demEinfluss eines E-W gerichteten hydrostatischen Flusses inder Zeit, was sich in der Abbildung an Hand ihre Asym-metrie zeigt. Allerdings wurde hier die nichtlineare Kop-pelung nicht vollständig in allen Teilen erfüllt, es fehlendie Temperatur- und Dichteabhängigkeit der Viskositätdes Wassers, die als wichtige Größen in die Permeabilitätder Gesteine eingehen. Fügt man diese Größen in dieModellierung ein, so wird diese instabil. Erst ein Netz, daswesentlich strengere Regularitätsanforderungen erfüllt,führt im Rahmen der FE-Modellierung wieder zu stabi-

Abb. 4.71: Verteilung des Salzgehaltes (g/l) und der Temperatur (°C) entlang einer Profillinie bei vollständig nichtli-near gekoppeltem Transport. Die Pfeile kennzeichnen das Zirkulationssystem. Überhöhung 10:1.Distribution of salt content (mg/l) and temperature (°C) in a cross section modelled with a fully coupled non-linearsystem. Arrows indicate the circulation system.

Abb. 4.72: Konvektionsregime in einem Teilausschnitt der Abb. 4.70 mit einem modifizierten Netz (s. Text).Details of convection within part of Fig. 4.70 by use of a modified grid (s. text for discussion).

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len, qualitativ vergleichbaren Ergebnissen. Dies lässt sichso erklären, dass die zeitliche Veränderung quasi eine zeit-lich veränderliche Anisotropie in das System einführt unddamit indirekt die Geometrie des Netzes verändert. Es feh-len aber robuste Regeln, wie eine ganze Reihe von Para-metern aufeinander abzustimmen sind, um wenigstenseine physikalisch sinnvolle Lösung zu erzielen, von einerrealitätsnahen völlig abgesehen. Für letztere wäre es dar-über hinaus unerlässlich, eine dreidimensionale Model-lierung durchzuführen, die aber unrealistisch ist, solangedie Vernetzungsprobleme in 2-D nicht hinreichend ver-standen sind.

Geochemische Indikatoren für hydrothermaleAlteration in Sedimenten der ICDP-BohrungYAX-1 in der Chicxulub Impakt Struktur

Die Einschläge von Großmeteoriten auf der Erde und diedamit verbundene Freisetzung großer Mengen thermi-scher Energie können die Ursache für hydrothermale Flu-idzirkulation innerhalb der Kraterstruktur und der sieumgebenden Gesteine sein. Im Zuge der hydrothermalenAlteration kommt es lokal zur Bildung wirtschaftlichbedeutender Lagerstätten. Neben dem Absatz von Altera-tionsmineralen können die Einschläge von Großmeteori-ten in Sedimente auch zur Generierung großer Mengenvon Gasen (CO2, SO2) führen, die klimatische Verände-rungen hervorgerufen haben können.

Eine der größten Kraterstrukturen ist der Chicxulub Kra-ter auf der Yucatán-Halbinsel in Mexico mit einem Durch-messer von ca. 180 km. Der Meteoriteneinschlag erfolg-te vor 65 Millionen Jahren und führte zur Umwandlungvon mehr als 105 km3 kontinentaler Krustengesteine. Dar-über hinaus wird vermutet, dass der Meteoriteneinschlagauch für das Aussterben von 75 Prozent der damals aufder Erde lebenden Spezies zu Lande und im Meer verant-wortlich ist. Im Rahmen des ICDP-Tiefbohrprogrammswurde eine 1.511 m tiefe Bohrung (Yaxcopoil-1) im Randder Kraterstruktur abgeteuft. Die abgekernten Gesteineumfassen überlagernde tertiäre Karbonate sowie tekto-nisch beanspruchte kretazische Karbonate und Evaporiteunter einer ca. 100 m mächtigen Bedeckung schmelze-führender Impaktite. Innerhalb der Plattformkarbonateund Evaporite treten zahlreiche Klüfte auf, die neben über-wiegender Calcitführung (Abb. 4.73a) lokal auch quarz-führend sind (Abb. 4.73b). Auffällig ist auch das mitzunehmender Teufe häufige Auftreten organischer Sub-stanz, die sowohl innerhalb der Sedimente in Zwischen-lagen als auch auf Klüften auftritt (Abb. 4.73c).

Die Gehalte an organischem Kohlenstoff in der organi-schen Substanz (TOC) schwanken zwischen 0,16 und 6,8 %. Die organische Petrologie zeigt eine klare Vor-herrschaft aquatischer Mazerale wie Alginit und Lamal-ginit an. Wasserstoffindexwerte variieren stark von 14 bis797 mg HC/g TOC, weisen aber insgesamt auf eine guteErhaltung des organischen Materials hin (Abb. 4.74).Molekulare Parameter (Pristan/Phytan < 1; Dibenzothio-phen/Phenanthren > 1) stehen mit einer Ablagerung unterreduzierenden Bedingungen in einem Karbonat-System

im Einklang (Abb. 4.74). Die nahezu völlige Abwesenheitvon Diasteranen zeigt tonfreie Sedimente an. Diese Merk-male unterscheiden sich von denen bekannter Erdölmut-tergesteine in Mexiko. Wie bei Karbonaten häufig beob-

Abb. 4.73: A: Calcitkluft im Plattformkarbonat, YAX-1,1.0005,27 m. B: Quarzkluft im Plattformkarbonat, YAX-1,998,27 m. C: Lagen organischer Substanz in Karbo-nat, die durch Impakt induzierte Scherzonen versetztsind.A: Fissure in marine carbonate filled with calcite, YAX-1,10005.27 m. B: A: Fissure in marine carbonate filled withquartz, YAX-1, 998.27 m. C: Layers rich in organic mat-ter displaced by impact-related shear zones, YAX-1,1418.23 m.

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achtet, sind die Mengen an Bitumen relativ hoch und lie-gen in der gleichen Größenordnung wie die des Kerogens.Pyrolyse-Gaschromatographie des Kerogens führte zualiphatischen, aromatischen und thiophenischen Struk-turelementen. Hohe Anteile an 1,2,3,4-Tetramethylbenzolverweisen dabei auf anoxische Bedingungen im lichtfüh-renden Teil der Wassersäule.

Flüssigkeitseinschlüsse in Kluftcalciten sind entwedereinphasig, d. h. sie beinhalten lediglich eine wässrige Ein-schlussfüllung oder zweiphasig, wobei neben einer wäss-rigen Phase eine kleine Wasserdampfblase in den Ein-schlüssen auftritt. Mikrothermometrische Untersuchun-gen ergaben Salinitäten der Einschlussfüllungen zwischen7,5 und 7,9 Gew.% NaCl Äquivalent. Die mikrothermo-metrisch bestimmten Salinitäten liegen deutlich über dervon Meerwasser (ca. 3,2 Gew.% NaCl Äquivalent) undbelegen, dass zirkulierendes Meerwasser, das durch denImpakt erhitzt wurde, nicht die primäre Quelle der mine-ralbildenden Lösungen war. Die Homogenisierungstem-peraturen von Zweiphaseneinschlüssen in Kluftcalcitenund Anhydriten deuten auf Bildungstemperaturen zwi-schen 75 °C und 110 °C hin, wobei kein teufenabhängi-ger Temperaturgradient erkennbar ist. Quarzmineralisa-

tionen im Teufenbereich 990 bis 1.000,53 m beinhaltenFlüssigkeitseinschlüsse, die sich von denen in Calcitendeutlich unterscheiden. Neben 2-phasigen wässrigen Ein-schlüssen mit großen Wasserdampfblasen, die zusätzlichein Halit-Tochterkristall beinhalten können, treten poly-phase Flüssigkeitseinschlüsse mit einem geringen Anteilwässriger Phase, einer dunklen Gasphase sowie zumin-dest einer festen Phase auf (Abb. 4.75).

Die Salinität wässriger Zweiphaseneinschlüsse beträgt 14bis 35 Gew.% NaCl Äquivalent. Die Homogenisierungs-temperaturen liegen zwischen 220 °C und 285 °C. Syn-chrotron-Röntgen-Fluoreszenz-Analysen der wässrigenEinschlussfüllungen ergaben ungewöhnlich hohe Kon-zentrationen an Metallen wie V, Fe, Ni, Cu, Zn, Cd, Sb undPb, deren Herkunft nicht geklärt ist. Polyphase Flüssig-keitseinschlüsse in Kluftquarzen beinhalten Kohlenwas-serstoffe (Ethane und Propan), die mit Raman-Spektros-kopie nachgewiesen werden konnten.

Die Ergebnisse der mikrothermometrischen Untersu-chungen belegen, dass keine zeitlich einheitliche Fluid-migration in den kretazischen Sedimenten der BohrungYAX-1 erfolgt ist. Die Bildung von Quarzkluftfüllungen

Abb. 4.74: Teufenplots ausgewählter organisch-geochemischer Parameter für die ICDP-Bohrung YAX-1. TOC, Gehalt anorganischem Kohlenstoff; HI, Wasserstoffindex aus der Rock-Eval-Pyrolyse; Tmax, Temperatur der maximalen Pyrolyse-ausbeute aus der Rock-Eval-Pyrolyse; Pr/Ph, Pristan/Phytan-Verhältnis; DBT/Phen, Dibenzothiophen/Phenanthren-Ver-hältnis; 20S/(20S+20R), Hopan-Isomerisierung an C-22; % Rc [MPI], aus dem Methylphenanthrenindex berechnete Vitri-nitreflektion.Depth plots of selected organic geochemical parameters for the ICDP drill hole YAX-1. TOC, total organic carbon; HI,hydrogen index from Rock-Eval pyrolysis; Tmax, temperature of maximum pyrolysis yield from Rock-Eval pyrolysis;Pr/Ph, pristane/phytane ratio; DBT/Phen, dibenzothiophene/phenanthrene ratio; 20S/(20S+20R), hopane isomerisa-tion at C-20; %Rc [MPI], vitrinite reflectance calculated from the methlyphenanthrene index.

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im Teufenbereich 990 bis 1.000,53 m ist möglicherweiseauf eine frühe, impaktinduzierte Fluidmigration zurück-zuführen, wobei auch eine Freisetzung von Kohlenwas-serstoffen erfolgte, die vermutlich bei der thermischenÜberprägung von organischer Substanz in kretazischenSedimenten im inneren der Kraterstruktur freigesetzt wor-den sind. Inwieweit eine Freisetzung von Kohlenwasser-stoffen in die Atmosphäre erfolgte und somit möglicher-weise mit zu klimatischen Veränderungen beigetragen hat,kann zurzeit nicht abgeschätzt werden.

Im Gegensatz dazu steht die Bildung von Kluftcalcitennicht im Zusammenhang mit einer direkt durch den Impaktinduzierten großräumigen Fluidmigration. Der Absatzdieser Minerale erfolgte bei deutlich niedrigeren Tempe-raturen aus Lösungen mit geringerer Salinität. Die Sauer-stoff- und Kohlenstoffisotopenverhältnisse von Platt-formkarbonaten der Bohrung YAX-1 sind typisch für dia-genetische Karbonate. Die δ18O und δ13C Werte der Kluft-calcite sind denen der Plattformkarbonate sehr ähnlich.Dies lässt darauf schließen, dass sich die Calcit-bildendenLösungen mit dem Nebengesteinskarbonaten nahezuequilibriert haben. Die mikrothermometrisch ermitteltenBildungstemperaturen der Kluftcalcite belegen, dass derMineralabsatz aus Lösungen erfolgte, die auf über 100 °Cerwärmt worden sind. Solch hohe Temperaturen wurdenunter Annahme eines normalen geothermischen Gradien-ten von 30 °C/km durch diagenetische Prozesse nichterreicht. Es ist daher eher wahrscheinlich, dass der Absatzder Kluftcalcite aus salinaren Formationswässern erfolg-te, die infolge einer lang anhaltenden konduktiven Wär-meaktivität nach dem Impakt auf Temperaturen oberhalb100 °C erwärmt worden sind. Als Folge einer kontinuier-lichen Erwärmung der Plattformkarbonate und Evaporitekann auch die Migration von Bitumen stattgefundenhaben. Niedrige Tmax-Werte (Mittelwert 424 °C; n = 25)scheinen eine relativ geringe thermische Reife des orga-nischen Materials anzuzeigen (Abb. 4.74). MolekulareReifeparameter ergeben kein einheitliches Bild, verwei-sen aber insgesamt auf eine höhere Reife. Im Teufenin-

tervall zwischen 1.300 und 1.500 m hat die Hopanisome-risierung an C-22 den Gleichgewichtswert von 0,6 erreicht(Abb. 4.74). Die aus dem Methylphenanthrenindexberechneten Vitrinitreflektionswerte (Abb. 4.74) liegen ineinem ähnlichen Bereich wie die für drei Proben aus 1.085,1.346 und 1.508 m Teufe direkt gemessen Werte (0,9 und1 % Ro). Insgesamt zeigen die verfügbaren organischenReifeparameter eine Vitrinitreflektionsäquivalent vonetwa 0,8 % R an. Bei normaler Absenkung eines Sedi-mentbeckens entspricht dies einer Temperatur von 110 bis120 °C. Das Bitumen ist ungewöhnlich reich an polarenVerbindungen und Asphaltenen und ähnelt damit eherhydrothermalen Erdölen als Bitumina und Erdölen, diedurch konventionelle katagetische Prozesse aus Mutter-gesteinen gebildet werden. Zusammenfassend lässt sichfeststellen, dass die thermische Reife des organischenMaterials höher ist, als dies im Hinblick auf die Teufe zuerwarten wäre. Daher ist von einer nennenswerten Impakt-bedingten thermischen Überprägung des organischenMaterials auf Grund konduktiven Wärmeflusses und/oderhydrothermaler Aktivität auszugehen.

Vorhersage von Erdölphase und Zusammenset-zung

Das Phasenverhalten von Erdöl ist abhängig von derZusammensetzung sowie den sich während der Migrationvom Entstehungsort zum Reservoir verändernden Druck-und Temperaturbedingungen. Die genaue Vorhersage vondiesen drei Parametern ist von ausschlaggebender Bedeu-tung für die Evaluierung der Qualität, des Typs und Volu-men des Fluids in der Lagerstätte mittels der numerischenSimulation der Entwicklung eines sedimentären Beckens.In den meisten Explorationsgebieten beruhen solche Vor-aussagen der Fluideigenschaften auf konzeptionellenModellen und Datenextrapolationen. Um das Risiko einesMisserfolgs zu minimieren, ist die Richtigkeit dieser Vor-hersagen gerade im Vorfeld größerer Bohrkampagnen,von enorm hoher Bedeutung. Eine wichtige Möglichkeit,um das Phasenverhalten zu bestimmen, ist die Anwendung

Abb. 4.75: A: Primärer Flüssigkeitseinschluss mit einem Halit-Tochterkristall in Quarz, YAX-1, 1.000,53 m. B: Poly-phaser, Kohlenwasserstoff-haltiger Flüssigkeitseinschluss in Quarz, YAX-1, 1.000,53 m. A: Primary fluid inclusion with a halite daughter crystal in quartz. YAX-1, 1000.53 m. B: Polyphase hydrocarbons-bearing inclusion in quartz, YAX-1, 1000.53 m.

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neuester Beckenmodellierungssoftware, in die PVT-Simulatoren und kompositionelle kinetische Modelle integriert werden können.

Im Rahmen des Industrie Partnerschaft Programms IPPwurde innerhalb des Projekts „Vorhersage von Erdölpha-se und Zusammensetzung“ die Rolle des Muttergesteinsauf die Kohlenwasserstoffzusammensetzung und das Pha-senverhalten der generierten Fluide untersucht. Von denbeteiligten Industriepartnern ConocoPhillips, ENI, Hydro,Petrobras, Shell und Statoil wurden zu diesem Zweckumfangreiche regionale Datensätze zur Verfügung gestellt.Diese umfassten zum einen unreife Muttergesteine ver-schiedener Kerogentypen, die für künstliche Reifeexperi-mente gebraucht wurden, zum anderen Fluide einer Rei-fesequenz, umfangreiche kompositionelle Datensätze derReservoirfluide (sogenannte PVT-Datensätze) sowie regio-nale Datensätze für die Beckenmodellierung. Die PVT-Daten wurden zunächst im regionalen und geologischenKontext interpretiert. Bisherige regionale Studien habenbereits gezeigt, dass solche Daten entscheidende Hinweisefür das Aufsuchen von Erdöl und Erdgas liefern können(di Primio, 2002).

Die im Rahmen dieser Studie durchgeführten Erdölgene-seexperimente haben gezeigt, dass nur mittels geschlos-sener Pyrolyse, und insbesondere der MSSV-Pyrolyse-technik (Horsfield et al., 1989), die in der Natur ablau-

fenden Prozesse wirklich sinnvoll rekonstruiert werdenkönnen. Die kompositionelle Information aus diesen Expe-rimenten musste in von Reservoiringenieuren genutztePVT-Datenformate übersetzt und auf die dazugehörigennatürlichen Erdölfunde geeicht werden. Dabei zeigte sich,dass für alle untersuchten Studiengebiete eine genaue Vor-hersage des Gas-zu-Öl-Verhältnisses (GOR, Gas to OilRatio) der generierten Fluide direkt aus den experimen-tellen Ergebnissen möglich war. Für eine Vorhersage desPhasenverhaltens dieser Fluide reicht aber diese grobeInformation nicht aus. Die detaillierte Zusammensetzungder Gasphase sowie eine allgemeine Beschreibung derÖlphase sind hier, ähnlich wie bei den einfachsten PVT-Datensätzen, wichtig. Während die Ölzusammensetzungjeweils direkt aus den Experimenten bestimmt werdenkonnte, zeigte sich die Vorhersage der Gaszusammenset-zung, wie erwartet, als problematisch.

Die grundsätzlichen Probleme in der Reproduktion natür-licher Gaszusammensetzungen mittels Laborexperimen-ten an Erdölmuttergesteinen sind mehrfach in der Litera-tur berichtet worden (Mango, 1992; Mango, 1996; Mango,2001). Verschiedene Theorien zur Erklärung dieses Phä-nomens sind auch publiziert worden (Michels et al., 2002;Price & Schoell, 1995; Snowdon, 2001), wobei trotzdemkeine definitive Klärung erzielt worden ist. Die Datensät-ze, die dem Projekt zur Verfügung standen, erlaubten einendirekten Vergleich von im Labor generierten Gaszusam-

Abb. 4.76: Korrelation zwischen Gaszusammensetzung und Gas to Oil Ratio für die verschiedenen natürlichen Pro-benserien.Correlation between gas composition and Gas to Oil Ratio of the individual sample series.

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mensetzungen mit korrespondierenden natürlichen Flui-den (korreliert anhand des GORs). Dabei zeigte sich, dassdie experimentell generierten Gase im Vergleich zu dennatürlichen Fluiden immer durch erhöhte Anteile an Ethanund Propan auffielen. Ein solch „nasses“ Gas verändertdas Phasenverhalten von Erdöl in entscheidender Art undWeise: nasses Gas löst sich sehr gut in Öl, was zu einerVerringerung des Sättigungsdrucks der fludien Phaseführt. Somit ändert sich auch die Volumetrie der entste-henden Phasen bei einsetzender Phasentrennung im Zugder Migration von Bereichen hohen Druckes und Tempe-ratur (Muttergesteine) zu Zonen niedrigeren Druckes undTemperatur (Reservoire). Bei gleichen Proportionen vonGas und Öl in einem gegebenen Erdöl kann die unter-schiedliche Zusammensetzung der Gasphase (trocken,sprich methanreich oder nass) zu Unterschieden im Sätti-gungsdruck von bis zu 200 bar führen.

Aus den experimentellen Ergebnissen konnten wir feststel-len, dass die Gaszusammensetzung der generierten Fluidesich systematisch mit den experimentellen Aufheizbedin-gungen veränderte. Es zeigte sich, dass mit abnehmenderHeizrate das generierte Gas methanreicher („trockener“)wurde. Demnach ist die generell beobachtete nasse Gaszu-sammensetzung von Pyrolyseexperimenten nur ein Artef-akt der Laborbedingungen. Da aber natürliche Heizraten imLabor nicht reproduziert werden können, bleibt die korrekteVorhersage der Gaszusammensetzung ein Problem.

Lösungsansätze erzielten wir unter Verwendung der natür-lichen Probenserien und Daten des Projektes (Abb. 4.76).Die Gaszusammensetzung der einzelnen Probenserienzeigte eine exzellente Korrelation zum GOR der Probenwie in Abb. 4.76 dargestellt. Das Verhältnis von Methanzur Summe der nassen Gase Ethan bis Pentan zeigte alsFunktion des GORs der Proben Korrelationskoeffizien-ten, die in der Regel über 0,98 lagen. Besonders interes-sant war die Beobachtung, dass diese Korrelationen fürjedes Explorationsgebiet unterschiedlich waren, wobeiähnliche Trends für Produkte von Muttergesteinen vonähnlicher organischer Fazies sichtbar wurden. Da, wieoben erwähnt, eine Vorhersage des GOR direkt aus denexperimentellen Ergebnissen möglich ist, eröffneten dieseKorrelationen eine Möglichkeit, die fehlerhaften Gaszu-sammensetzungen aus dem Labor zu korrigieren. Ein neu-ronales Netzwerk wurde trainiert, anhand der verfügba-ren natürlichen und laborgenerierten Datensätze die expe-rimentellen Gaszusammensetzungen zu korrigieren. Dieso korrigierten Zusammensetzungen wurden verwen-det, um kompositionelle kinetische Modelle, die in 2D-und 3D-Beckenstudien getestet wurden, zu erstellen. Abb. 4.77 zeigt ein Beispiel einer gelungenen Vorhersageder Rohöleigenschaften in einem 3D-Model.

Die in diesem Projekt erzielten Ergebnisse erlauben nunerstmalig die Verwendung experimenteller Ergebnisse fürdie kompositionelle Vorhersage von natürlichen Erdölen,

Abb. 4.77: Vergleich von vorhergesagten und beobachteten Rohöleigenschaften in einem der 6 untersuchten Studien-gebiete. In grün werden Akkumulationen gezeigt, rote und grüne Linien zeigen die Migrationsbahnen von jeweils Gasund Öl.Comparison between predicted and observed petroleum properties in one of 6 study areas. Predicted accumulationsin green. Red and green lines indicate gas and oil migration pathways respectively.

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sowie die Modellierung des davon abhängigen Phasen-verhaltens (Abb. 4.77). Die Simulationsergebnisse zeig-ten, dass eine genaue Vorhersage der zu erwartendenErdölzusammensetzung und Qualität vor der Bohrungmöglich ist.

Frühe Gasbildung

Die Suche und Auffindung sauberer Energieträger zurlangfristigen und umweltschonenden Sicherung der welt-weiten Energieversorgung ist eine der vordringlichstenAufgaben für zukünftige Forschungs- und Explorations-projekte. Die Suche und Förderung vonGas steht dabei im Vordergrund, da natür-liches Gas von allen fossilen Brennstof-fen am umweltschohnendsten und effi-zientesten in Energie umgewandelt wer-den kann. Gas kann in der Natur durch diethermische Umwandlung in relativ gro-ßen Teufen oder durch mikrobielle Akti-vitäten in flachen Sedimenten aus sedi-mentärem organischem Material gebildetwerden. Aufgrund der großen Mengenorganischen Materials können die Gas-mengen so groß sein, dass sie Lagerstät-ten bilden, die teilweise Jahrzehnte langganze Städte und Länder mit Energie ver-sorgen können.

Um die Auffindung dieses interessantenEnergieträgers zu verbessern, wird ver-sucht, die Bildung von Gas in der Naturmittels numerischer Modelle und ihreIntegration in computergesteuerte Be-ckenmodelle für geologische Zeiträumezu simulieren. Hierfür stehen zum einenkonventionelle reaktionskinetische Mo-delle zur Verfügung, von denen manannimmt, dass sie die Bildung von Gasaus thermischen Prozessen ausreichendgut beschreiben. Zum anderen werdenempirische Modelle und Beobachtungengenutzt, um die Bildung und das Vor-kommen mikrobiellen Gases in einemSedimentbecken zu rekonstruieren.

Berücksichtigt man die Modelle zur Bil-dung der verschiedenen Gastypen inSedimentbecken, wird aber schnell deut-lich, dass es eine Zone gibt, in der die kon-ventionellen Modelle weder die Bildungvon thermischem Gas noch die Bildungvon mikrobiellem Gas vorhersagen.Gleicht man diese Vorhersagen mit natür-lichen Gasvorkommen ab, so wird deut-lich, dass in der Natur die Bildung mikro-biellen Gases in größeren Teufen und dieBildung thermischen Gases bei niedrigenTemperaturen dramatisch unterschätztwerden. So zeigt zum Beispiel der Ver-gleich thermischer Gasvorkommen in Se-

dimenten niedriger Reife und die Vorhersage der Gasge-nese unter Anwendung konventioneller reaktionskineti-scher Modelle, dass die Diskrepanz zwischen Natur undSimulation bei mehr als 1.000 m liegen kann (Abb. 4.78a).Ähnliches gilt für mikrobielle Gasvorkommen, die in eini-gen Gebieten deutlich tiefer liegen, als durch traditionel-le Modelle vorgegeben (Abb. 4.78b).

Die Konsequenz dieser Beobachtungen ist, dass die welt-weite Gasprospektivität in unerforschten oder marginalerforschten Gebieten, in denen volumetrische Vorhersa-gen nur unter Anwendung numerischer Modelle möglich

Abb. 4.78: Vergleich von natürlichen Gasvorkommen und Vorhersagen derGasbildung auf der Basis reaktionskinetischer Modelle (a) und die Teufen-verteilung verschiedener Gastypen (thermisch-mikrobiell) (b). Es fällt auf,dass die Modelle zur Vorhersage der thermischen Gasbildung das thermi-sche Gas, welches in Sedimenten niedriger Reife gefunden wird, nicht vor-hersagen können (a) und dass mikrobielles Gas sogar in Teufen über 4.000 maufgespürt werden kann.Comparison between natural gas occurrence and predictions based on kine-tic models (a) and the distribution of different gas types with depth (ther-mal-microbial) (b). It is obvious that the predictions of thermal gas forma-tion do not fit to natural gas in low mature sediments (a) and that microbi-al gas occurs even at depths greater than 4000 m.

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sind, dramatisch unterschätzt wird. Aus diesem Grund hatsich auf Initiative der Sektion 4.3 des GFZ Potsdam einKonsortium aus acht verschiedenen weltweit führendenExplorationsunternehmen zusammengeschlossen. Es wur-den zwei Arbeitsgebiete ausgewählt, die als natürlicheLaboratorien der thermischen und mikrobiellen Gasbil-dung angesehen werden können. Die Auswahl richtetesich im Wesentlichen nach der Verfügbarkeit von Pro-benmaterial und geologischen Informationen, aber auchnach der Reife der Gebiete bezüglich der Explorations-aktivitäten. Insbesondere für die Erforschung mikrobiel-ler Gasbildungsprozesse musste sichergestellt werden,dass die Probennahme bestimmten mikrobiologischenAnforderungen gerecht wurde. Daraus ergab sich, dassdas Mackenzie Delta im Norden Kanadas für die Erfor-schung der frühen thermischen Gasbildung und dasArbeitsgebiet des Projektes DEBITS in Neuseeland fürdie Erforschung der tiefen mikrobiellen Gasbildung aus-gewählt wurde.

Es hat sich durch jahrelange Forschung etabliert, dass dieBildung von Kohlenwasserstoffen durch die Gesetze derReaktionskinetik beschrieben werden können. Es wirddavon ausgegangen, dass die Bildung von Kohlenwasser-stoffen im Zuge der Absenkung sedimentären organischenMaterials durch das Aufbrechen chemischer Bindungenim Kerogen abläuft. Da sedimentäres organisches Mate-rial sehr heterogen ist, kommt es zu Reaktionen an ver-

schiedenartigsten Bindungen, die deutliche Stabilitäts-unterschiede aufweisen. Die Stabilität dieser Bindungenkann durch zwei wichtige Parameter, die Aktivierungs-energie und den Frequenzfaktor beschrieben werden.Diese Parameter beschreiben mathematisch, unter wel-chen Zeit- und Temperaturbedingungen die Reaktionenablaufen. Die kinetischen Parameter können durch Simu-lationsexperimente, bei denen unreife Muttergesteineunter definierten Zeit-Temperaturbedingungen aufgeheiztwerden, berechnet werden.

Da die Bildung von Kohlenwasserstoffen nicht schlagar-tig abläuft, sondern ein mehr oder weniger breites Tem-peraturintervall einnimmt, kann davon ausgegangen wer-den, dass eine Vielzahl der verschiedenen Bindungen wäh-rend der Umwandlungsprozesse aufbricht. Die Stabilitätjeder chemischen Bindung, die in diese Umwandlungs-prozesse eingebunden ist, sollte theoretisch durch ein in-dividuelles Aktivierungsenergie-Frequenzfaktorpaar be-schrieben werden. Da die Anzahl der verschieden Bin-dungen aber unwahrscheinlich groß ist und die einzelnenBindungen auch noch gar nicht bekannt sind, stellen dieetablierten kinetischen Modelle eine deutliche Vereinfa-chung der tatsächlichen Prozesse dar. So werden die ver-schiedenen Reaktionen in eine überschaubare Gruppe vonPseudoreaktionen unterteilt und aus dem breiten Spektrumder verschiedenen Frequenzfaktoren ein einzelner durch-schnittlicher Frequenzfaktor bestimmt (Abb. 4.79). Die-

Abb. 4.79: Integration verschiedener kinetischer Modelle in ein computergestütztes Modell zur Beckensimulation. Auf derBasis konventioneller Modelle setzt die Umwandlung des organischen Materials (blau – orange – rot) erst bei Teufen über5.000 m ein. Die Anwendung des erweiterten Modells in der unteren Simulation zeigt eine deutliche Verschiebung desGasgenesbeginns und stimmt mit den Beobachtungen in der Natur überein (rechte Bildhälfte). Integration of different kinetic models in numerical basin simulations. Based on conventional models the transforma-tion of organic matter starts at depths greater than 5000 m. The application of enhanced kinetic models results in anobvious shift of the gas generation onset and fits to the observations in nature (right hand side).

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ses Modell hat jahrzehntelang Anwendung in der Indus-trie gefunden und wurde nach der Beschreibung derGesamtkohlenwasserstoffbildung auch auf komplexereModelle übertragen. Letztere sollen die kompositionellenEigenschaften, wie Öl- und Gas-Bildung rekonstruieren.

Während für Muttergesteine mariner oder lakustriner Her-kunft, also relativ homogenem sedimentärem organischenMaterial, die Zuverlässigkeit der Modelle bestätigt wer-den konnte, zeigen die schlechten Vorhersagen der Gas-bildung aus Sedimenten terrestrischen Ursprungs, dass sienicht ausreichen. Diese Einschränkung, die dramatischeFolgen für die Exploration z. B. in Deltagebieten hat,kommt insbesondere durch die unzureichenden Vorhersa-gen der Gasbildung in der frühen Umwandlungsphase zumAusdruck. Weder die Frage ob ein gashöffiges Mutterge-stein tief genug abgesenkt worden ist, um Gas zu bilden,noch die Menge gebildeten Gases kann befriedigendgeklärt werden. Die Vereinfachung des kinetischen Models,insbesondere die Auswahl nur eines Frequenzfaktors füralle Reaktionen, impliziert, dass dieser Frequenzfaktor füreinige Bindungen gültig, für andere Bindungen aber völ-lig falsch ist. Die Wahl eines durchschnittlichen Fre-quenzfaktors resultiert dabei in einer sehr guten Beschrei-bung der maximalen Genesephase, führt aber bei derBewertung der initialen Phase zu völlig falschen kineti-schen Beschreibungen.

Aus diesem Grund wurde ein neues kinetisches Model fürdie Vorhersage der Gasbildung aus heterogenen, terrestri-schen Muttergesteinen entwickelt. Diese Model basiertauf der individuellen kinetischen Berechnung verschie-dener Umwandlungsstufen und Genesestufen bei der Bil-dung gasförmiger Kohlenwasserstoffe. Das Resultat sindindividuelle Paare aus Aktivierungsenergien und Fre-quenzfaktoren, welche eine realistische Bewertung dergesamten Gasbildungsprozesse zulassen (Abb. 4.79b).Ganz entscheidenden Einfluss hat dieses neue Model aufdie initiale Phase der Gasbildung. Bei der Extrapolationgeologischer Temperaturbedingungen wird deutlich, dassder Beginn der Gasbildung für wesentlich niedrigere Rei-fen und Temperaturen vorhergesagt wird, als durch kon-ventionelle Modelle. Im Mackenzie Delta bedeutet dieseverbesserte Vorhersage eine Verschiebung des Gas-Fen-sters um 2.000 m von 5.000 m auf 3.000 m Teufe. Zumersten Mal gelingt es, die natürlichen Gasvorkommen mitden Vorhersagen aus numerischen Modellen in Einklangzu bringen (Abb. 4.79).

Die Ergebnisse bezüglich der thermischen Prozesse bringtdiese Form der Gasbildung wesentlich näher an die Zoneder mikrobiellen Prozesse, insbesondere der Zone dermikrobiellen Gasbildung. Dieses Zusammenrücken derthermischen und mikrobiellen Umwandlungsprozessewird zusätzlich durch neue Konzepte der mikrobiellenGasbildung aus anaeroben Prozessen im tiefen Unter-grund unterstützt.

Damit mikrobielle anaerobe Gasbildung im Untergrundablaufen kann, müssen Substrate zur Verfügung stehen,welche von bestimmten Bakterien zu Gas, insbesondere

Methan, umgewandelt werden können. Hierbei unter-scheidet man die Azetat-Fermentation und die CO2-Reduktion, Prozesse, bei denen im wesentlichen Azetatund CO2 zusammen mit Wasserstoff durch mikrobielleAktivitäten umgewandelt werden können. Die konventio-nellen Konzepte der mikrobiellen Gasbildung gehendavon aus, dass die Substrate im Wesentlichen in gelösterForm im Porenwasser der Sedimente bereitgestellt wer-den. Ab einer bestimmten Teufe kann deshalb davon aus-gegangen werden, das diese Substrate, aufgrund der inten-siven Aktivitäten aufgebraucht sind und somit den Bakte-rien und der mikrobiellen Gasbildung jegliche Lebens-grundlage entzogen wird. Zusätzlich sollen die steigen-den Temperaturen im Untergrund den Bakterien so zuset-zen, dass unterhalb einer Teufe von wenigen 100 Meterndavon ausgegangen wird, dass keinerlei mikrobielle Gas-bildung mehr möglich ist.

Relativ neue mikrobiologische Untersuchungen habenallerdings gezeigt, dass hohe Temperaturen für anaerobemikrobielle Aktivitäten kein großes Problem darstellen.Selbst bei Temperaturen über 110 °C können wärmelie-bende Bakterien organische Moleküle zu Methan umwan-deln. Komplexer ist hingegen die Verfügbarkeit von Sub-straten. CO2 oder Wasserstoff aus biochemischen Prozes-sen in flachen Sedimenten können in der Tat nicht mehrgeliefert werden. Es ist aber bekannt, das beide Kompo-nenten, neben Kohlenwasserstoffen, Abbauprodukte ther-mischer Prozesse sind. Während thermisch gebildetes CO2

in der Natur auch in großen Mengen nachgewiesen wer-den kann, sind die Mengen an Wasserstoff aus diesenUmwandlungsprozessen vergleichbar klein, bzw. sindnicht in großen Mengen auffindbar.

Auch die Prozesse, die zur Bildung von Wasserstoff ausder thermischen Umwandlung organischen Materials füh-ren, sind weitgehend unerforscht. Es wird allerdings davonausgegangen, dass Aromatisierungs- und Kondensations-prozesse eine wichtige Quelle von Wasserstoff sein könn-ten. Diese Prozesse sind auch während der Inkohlungorganischen Materials zu beobachten und bilden denMittelpunkt der Forschungsaktivitäten zur tiefen mikro-biellen Gasbildung in diesem Projekt. Erste Ergebnissezeigen in der Tat, dass insbesondere in der frühenUmwandlungsphase organischen Materials Aromatisie-rungs-/Kondensationsprozesse eine Rolle spielen und vorallem in organischem Material terrestrischer Herkunftoffensichtlich sind.

Ein Beispiel für den starken Einfluss von Aromatisie-rungprozessen auf die strukturellen Veränderungen inorganischem Material während der Inkohlung können indem Neuseeländischen Kohleband beobachtet werden,welches in Abb. 4.80 dargestellt ist. Der Anstieg des HIals Gradmesser für das Kohlenwasserstoffgenesepotenti-al mit der Inkohlung im Bereich niedriger Reifen, lässt aufintensive Aromatisierungs-/Kondensationsprozesse zwi-schen Kerogen und Bitumen in den Sedimenten schließen.Als Ergebnis dieser Prozesse kann davon ausgegangenwerden, dass den Bakterien selbst in großen Teufen genugSubstrat und Wasserstoff zur Verfügung steht, um Methan

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zu generieren. Da diese Prozesse selbst bei Temperaturenüber 80 °C ablaufen können, bedeutet dieses Konzept, dasses sogar zu einer Überlappung zwischen flachen thermi-schen und tiefen mikrobiellen Gasgeneseprozessen kom-men kann.

Südafrikanische Gassysteme

Grosse Mengen organischen Materials sind im Zuge der Erd-geschichte in sedimentären Becken erhalten geblieben.Während der Versenkung solcher organisch-reicher Schich-ten führt die thermische Belastung zur Entstehung von Koh-lenwasserstoffen, die aus dem Gestein getrieben werden undzu flacheren Schichten oder sogar bis zur Oberfläche migrie-ren können. Somit sind sedimentäre Becken eine wichtigeQuelle von Treibhausgasen, die sowohl in thermischen alsauch biogenen Prozessen entstehen können. Am Meeresbo-den sind Indikationen für Gasleckage häufig. Schlammvul-kane, Karbonathügel und sogenannte „pock marks“ (flache,5 bis 50 m große schalenförmige Krater) sind weltweit beob-achtet worden (Dimitrov, 2002; Kelley et al., 1994; Limo-nov et al., 1997). In vielen Fällen sind diese Oberflächener-scheinungen mit dem Vorkommen von Gashydraten inZusammenhang gebracht worden (Kvenvolden, 1993; Mil-kov, 2000), obwohl noch Unklarheit darüber besteht, ob dieursprünglichen Quellen des Gases thermogener oder bioge-ner Natur sind. Auch in seismischen Datensätzen sind ofttypische Anzeichen für Gasleckage zu finden. Obwohldetaillierte Beobachtungen über das Vorkommen solcherIndikatoren vielfach publiziert worden sind, fehlt noch einegenaue Untersuchung ihres Vorkommens im Laufe der Sedi-

mentbeckenentwicklung, ihrer Relation zu Wärmeflussa-nomalien oder strukturellen Elementen, sowie zum Zusam-menhang mit den aktiven Erdölsystemen.

Das Orange River Becken wurde als Teil des INKABA yeAFRICA-Projekts für eine detaillierte Untersuchung derDynamik von Gasgenese, -migration und -leckage auf derSkala eines gesamten sedimentären Beckens ausgesucht(Abb. 4.81). Das Orange Becken ist durch das Vorkom-men der gesamten Palette von Gasleckageindikatorengekennzeichnet. Schlammvulkane und sogar möglicheAnzeichen des Vorkommens von Gashydraten sind be-schrieben worden (Ben Avraham et al., 2002).

2D-seismische Datensätze und Bohrlochdaten wurdenvom AWI Bremerhaven und der Petroleum Agency SouthAfrica (PASA) für diese Studie bereitgestellt. An einemersten Datensatz aus dem südlichen Teil des Beckens sindGasleckageindikatoren detailliert kartiert worden. Dabeihaben wir sowohl Gasschornsteine sowie oberflächenna-he Amplitudeneffekte beobachtet, die auf gasgesättigteSchichten hindeuten. Zusätzlich ist in einem Fall ein mög-licher fossiler Schlammvulkan identifiziert worden, wel-cher eine zeitliche Einordnung aktiver Gasleckage in derVergangenheit erlaubt. Basierend auf der Interpretationder seismischen Daten ist ein Modell der Entwicklung desBeckens erstellt und die geologische Geschichte nume-risch simuliert worden.

Das Becken entstand als Resultat der Öffnung des Süd-atlantiks im Jura. Nach der Riftphase war das Orange

Abb. 4.80: Neuseeländisches Kohleband. Der HI (mgHC/ gTOC) als Gradmesser des Kohlenwasserstoffgenesepoten-tials steigt in Zonen niedriger Reife an und fällt erst bei höherer Inkohlung aufgrund der fortschreitenden Kohlen-wasserstoffbildung ab.The NewZealand Coalband. The HI (mgHC/gTOC) as an indicator of the hydrocarbon generation potential increasesin zones of low maturity and decreases at higher levels of maturity.

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Becken durch kontinuierliche Subsi-denz gekennzeichnet, die sich durch diestetige Agradation kretazischer Schich-ten bemerkbar macht. An der WendeKreide-Tertiär fand landwärts eineHebung und damit verbundene Erosionlandnaher Schichten statt, die bis zurGegenwart anhält. Diese verändertenBedingungen sind als deutliche Progra-dation tertiärer Schichten über die kre-tazische Schelfkante hinaus sichtbar.Die Auswirkungen dieser Ablagerungs-geschichte auf das vorhandene Erdöl-system wurden durch eine Beckensimu-lation untersucht.

Nach Kalibrierung des Modells an vor-handene Daten (Temperatur und Vitri-nitreflexion), wurden auch die Geneseund Migration von Kohlenwasserstoffenals Funktion der Wärmeflussgeschichtesimuliert. Hierbei wurden die Eigen-schaften der modellierten Sedimente imRahmen der natürlichen Variabilitätvariiert, bis eine guten Übereinstim-mung der vorhergesagten Leckage mitden kartierten Gasleckageindikatorenerzielt worden war (Abb. 4.82). Die somodellierten Migrationswege entspre-chen in ihrer räumlichen Verteilung denbeobachteten Gegebenheiten. Der er-rechnete gegenwärtige Gasfluss amMeeresboden des Untersuchungsgebietspasst sehr gut mit gemessenen Daten ausbeispielsweise dem englischen Schelf(Judd et al., 1997) zusammen, und deu-tet darauf hin, dass eine Bilanzierung derGasemissionen aus sedimentären Be-cken über geologische Zeiträume mög-lich ist.

Modellierung des NorwegischenKontinentalrandes und der süd-westlichen Barentssee

Im Rahmen von EUROMARGINS (einDFG- und ESF-gefördertes Programm)untersuchen Wissenschaftler aus mehre-ren europäischen Ländern verschiedeneAspekte der Entwicklung europäischerKontinentalränder. Das am GFZ durch-geführte Teilprojekt hat sich die Rekon-struktion der tektono-sedimentären Ent-wicklung im offshore-Bereich von Nor-wegen und der dort vorhandenen Koh-lenwasserstoffsysteme zum Ziel gesetzt.

Abb. 4.81: Lage des Untersuchungsge-bietes und Stratigraphie. Location and stratigraphy of the studyarea.

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Die Arbeitsgruppe setzt hierzu zwei Schwerpunkte: Ein-erseits wird die geodynamische Entwicklung des passivenKontinentalrands Norwegens (Abb. 4.83) untersucht undandererseits die Wirkung tektonischer Bewegungen aufdie Genese, Migration, Leckage und Sequestrierung vonnatürlichen Kohlenwasserstoffen sowie die damit verbun-denen Rückkopplungsprozesse zur Klimaentwicklung.

3D-Modell des Vøring-Beckens am atlantischen Konti-nentalrand Norwegens

Der passive Kontinentalrand Norwegens (Abb. 4.84) wurdevon mehreren Dehnungsphasen erfasst, bevor es zum letz-tendlichen Aufbrechen der kontinentalen Kruste mit Bil-dung ozeanischer Kruste zwischen Grönland und Nor-wegen im frühen Eozän kam. Diese vorangehenden Deh-nungsprozesse führten zur Bildung tiefer Sedimentbeckenauf der kontinentalen Kruste vom Perm bis ins Känozoi-kum. Ein Verständnis der Entwicklung dieser Sediment-becken, der Verlagerung von Depotzentren mit der Zeitund der anschließenden Überprägung durch jüngere Defor-mationsphasen erlaubt übertragbare Schlussfolgerungenzur Entwicklung von passiven Kontinentalrändern, istjedoch auch essentiell, um die Aussagen zur Entwicklung

Abb. 4.82: a) Gas-Schornstein, pock mark und Amplitudeneffekt am Meeresboden wie aus der Seismik ersichtlich, b)kartierte Indikatoren für Gasleckage, c) modellierte Migrationswege der gasförmigen Kohlenwasserstoffe in Träger-gesteinen, und d) modellierter Austritt thermogenen Gases am Meeresboden.a) Gas chimney, pock mark and amplitude effects as visible in the seismic section, b) mapped gas leakage indications,c) modelled gas migration pathways in the carrier system, and d) modelled gas leakage at the seafloor.

Abb.4.83:Aktivitäten im Rahmen von EM16: SW Barents-see: thermische Geschichte, Belastung durch Eis undBeckeninversion mit Hebung; Vøring Margin: Struktur-modell mit Bilanzierung der Deformation.Activities in EM16: SW Barents Sea: Thermal History, IceLoading and Inversion of an exhumed basin. Vøring Mar-gin: 3D Structural model, 2D structural restoration.

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dort vorkommender Kohlenwasserstoffsysteme machenzu können.

Insbesondere können Änderungen der Temperatur- undDruckbedingungen dazu führen, dass Erdöl und Ergasnicht nur generiert, sondern auch umverteilt bzw. sogarfreigesetzt wird, wodurch sich Rückkopplungsprozessezur Klimaentwicklung ergeben können. In Zusammenar-beit mit den Universitäten von Oslo, Bergen und Amster-dam, sowie des Norwegischen Petroleum-Direktoratswurde ein dreidimensionales Strukturmodell einer Schlüs-selregion des norwegischen Kontinentalrands, des Vøring-Beckens konstruiert. Hierzu waren eine Vielzahl geologi-scher und geophysikalischer Daten widerspruchsfrei zuintegrieren, um die Strukturen dieses Kontinentalrands zuvisualisieren. Das Modell ist einerseits die Basis für eineStrukturanalyse und gleichzeitig die Grundlage für ver-schiedene Modellierungansätze zur Rekonstruktion derBeckengeschichte.

Modellierung der Genese, Migration und Freisetzung vonKohlenwasserstoffen in der Barentssee

Dieser Aspekt des Projekts untersucht die Auswirkungenvon tektonischer Hebung und postglazialen Ausgleichs-bewegungen auf die Genese, Migration, Leckage undSequestrierung von Treibhausgasen und den daraus resul-tierenden Einfluss auf das Erdklima im Känozoikum. Dasdafür gewählte Untersuchungsgebiet, das Hammerfest-Becken in der südwestlichen Barentssee, war besonders

stark von känozoischen Hebungen und damit verbunde-ner Erosion betroffen, was zu einer Destabilisierung undmöglicherweise Freisetzung von Kohlenwasserstoffengeführt hat. Die Studie wird somit nicht nur neue Erkennt-nisse für die neuerdings wieder aufgenommene Erdölex-ploration in diesen arktischen Gebieten bringen, sondernauch mögliche Rückkopplungsprozesse zwischen Kli-maentwicklung und der Freisetzung von Treibhausgasensowie der Bildung und Freisetzung von Gashydraten ausfossilen Lagerstätten beleuchten. Erste Ergebnisse weisendarauf hin, dass die Hebung und damit verbundene Exhu-mierung des Hammerfest-Beckens in Zusammenhang mitden pleistozänen Vereisungen stattgefunden hat. Zurzeitwerden verschiedene Eismodelle berücksichtigt, um dieDruck- und Temperaturentwicklung und die daraus fol-genden Phasenänderungen der Kohlenwasserstoffe desSnøhvit-Gasfelds zu rekonstruieren.

Leben in „extremen“ Ablagerungsräumen

Aufgrund der Bedeutung des Anteils der „Tiefen Bio-sphäre“ an der Gesamtbiomasse der Erde, sind die rezen-ten mikrobiellen Prozesse von grundlegender Bedeutungfür das Ökosystem Erde. Allerdings ist die Detektion undCharakterisierung von mikrobiellem Leben in marinenund terrestrischen tiefliegenden Lebensräumen immernoch eine Herausforderung. Obwohl in zahlreichen Stu-dien in mehreren hundert bis tausend Metern Teufe Zell-zahlen von 105 bis 106 Zellen/cm3 nachgewiesen wurden(D’Hondt et al., 2004; Parkes et al., 2000), ist eine genau-

Abb. 4.84: a) 3D Modell des Norwegischen Kontinentalrands, Blick auf die Basis Tertiär. b) Profil quer zum Konti-nentalrand, das die komplexe interne Struktur der Kruste vom kontinentalen zum ozeanischen Bereich veranschaulicht.a) 3D model of the Norwegian continental margin, view on base Tertiary. b) Profile across the margin imaging thecomplex internal structure of the crust from the continental to the oceanic domain.

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ere Sicht auf die Zusammensetzung dieser mikrobiellenGemeinschaften nach wie vor erforderlich. Vor allemderen Charakterisierung auf molekularer Basis – mitSchwerpunkt auf intakten Membranlipiden, wie z. B.Phospholipiden (PL), die als sogenannte „life marker“angesehen werden können – in unterschiedlichen Ablage-rungsräumen kann zur Klärung der Verteilung lebenderOrganismen und insbesondere deren Anpassung undquantitativer Ausdehnung beitragen (Zink & Mangels-dorf, 2004).

Um diese Prozesse zu erforschen, wurden und werden tie-fliegende Sedimente (bis zu mehreren hundert Metern)aus verschiedensten Ablagerungsräumen untersucht: Nan-kai Graben (ODP Leg 190, vor der Küste Japans), Upwel-ling-Zone vor Chile/Peru (R/V SONNE Expedition; Leg 201), Hydrate Ridge (Leg 204, vor der Küste Ore-gons), Mallik-Forschungsbohrung durch Permafrost- undGashydratzonen, Mackenzie River Delta, Nord-Kanadaund als Vergleichsmaterial lakustrine Sedimente aus demBaikalsee, dem Aralsee und aus deutschen Seen. Aktuellwird eine Sedimentserie aus dem Porcupine-Becken vorIrland (ODP Leg 307) im Hinblick auf Signale von mikro-biellen Gemeinschaften untersucht. Insbesondere sollgeklärt werden, ob durch abiotische Prozesse, wie die ther-

mische Umwandlung von abgelagertem organischemMaterial oder die Leckage von Kohlenwasserstoffen, Ver-bindungen freigesetzt werden, die als Nahrung für die tiefeBiosphäre dienen können. Dazu werden neben den Lipi-den auch die Isotopensignale der Kohlenwasserstoffgaseanalysiert, um deren thermische bzw. biologische Her-kunft zu definieren.

Während die lakustrinen Sedimente hohe Konzentratio-nen an bakteriellen, leicht abbaubaren, estergebundenenPhospholipiden enthalten, liegen die Konzentrationen inden tiefliegenden Sedimenten oft dicht an der Nachweis-grenze (ODP, Mallik). PL aus ODP Leg 201 Sedimenten(Site 1226, 1230) erreichen maximale Konzentrationenvon nur 1,2 µg/gSed, deren Verteilungsmuster sind aller-dings oft vergleichbar mit denen aus Oberflächenproben.Es hat sich aber gezeigt, dass sowohl die Mallik- als auchdie meisten ODP-Sedimentproben von ethergebundenenPhospholipiden dominiert werden. Im Baikalsee wiede-rum (bis 1.630 m Wassertiefe) wurden Konzentrationenvon bis zu 10,6 µg/gSed verschiedener estergebundenerPL-Gruppen im ersten Meter des Sediments nachgewie-sen. Die Zusammensetzung der PL-Gruppen scheint teil-weise eine an die Umwelt angepasste mikrobielle Gemein-schaft zu reflektieren, insbesondere die hier häufigen

Abb. 4.85: Untersuchungsgebiet in der SW-Barentssee mit Lage des modellierten Profils und entsprechendes 2D-Beckenmodell im Hammerfest-Becken. Die modellierte Temperatur und Reifegeschichte dieses Beckens zeigt ein sig-nifikantes thermisches Ungleichgewicht das vermutlich auf känozoische Erosion während der Eiszeiten zurückzu-führen ist. Field area, the SW Barents Sea, location of modelled section and 2D Basin Model. Temperature and maturity calibra-tion of the Hammerfest Basin reveals a significant thermal disequilibrium. That probably results from Cenozoic Ice Ageerosion.

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Acylphosphatidylglycerole mit drei statt zwei Fettsäurensind nur aus einigen wenigen Bakterien bekannt.

Hohe Umsetzungsraten des organischen Materials in derWassersäule und im ersten Zentimeter des Sediments las-sen auf intensiven Abbau auch von Phospholipiden schlie-ßen, so dass die identifizierten PL höchstwahrscheinlichBestandteile lebender Bakterien darstel-len. Die über den See verteilten Kerneweisen deutliche Unterschiede in den PL-Konzentrationen mit der Teufe auf, so dasssogar z. T. ein Rückgang von ca. 90 %innerhalb der ersten 60 cm des Sedimentsauftritt. Diese Änderungen lassen sichentweder auf Änderungen in der bakte-riellen Biomasse oder auf Biodegradationvon PL zurückführen. Ein Vergleich vonPL-Mengen und mikrobiellen Lebend-zellzahlen für zwei Kurzkerne ergibt diegleiche Größenordnung bezüglich derlebenden Biomasse.

Außerdem wurden zwei Gruppen mikro-bieller Lipide, vermutlich von Archaeenstammend, sowohl im Baikal-See als auchin marinen ODP und den terrestrischenMallik-Sedimenten nachgewiesen. BeideKomponentenserien werden als Etherli-pide mit einer großen Bandbreite an Sei-tenkettenlängen interpretiert: eine Grup-

pe wurde als Lysophosphatidylglycerol(LPG)ether iden-tifiziert, die andere vorläufig als Glykophospholipidether.Im Gegensatz zu estergebundenen Lipiden, scheinen dieseweniger anfällig gegenüber Abbauprozessen zu sein, vorallem LPGether sind auch in tieferen Sedimentlagen nochangereichert. Außerdem spricht deren verbreitetes undteufenunabhängiges Auftreten im marinen tieferen Unter-

Abb.4.86:Modellierte Druck- und Temperaturänderungen während der Heraushebung des Hammerfest-Beckens. Inset:hochaufgelöste 1D-Absenkungsgeschichte für das Snøhvit-Gasfeld mit Eiszyklen. Eine Vorwärtsmodellierung der Eis-bedeckung ergab ungewöhnliche Druckvariationen sowohl im tiefen Erdölsystem als auch in der flachen Gashydrat-zone.Modelled pressure and temperature fluctuations during exhumation for the Hammerfest Basin. Inset, high resolutionburial history for the Snøhvit gas field with ice sheets. Forward modelling of ice sheet loading indicates unusual pres-sure fluctuations both in the deep petroleum system regime and near-surface gas hydrate environment. We are currentlyinvestigating these outcomes.

Abb. 4.87: Änderung im Membranlipidmuster des hyperthermophilenArchaeons Pyrococcus glycovorans (Wachstumstemperatur 95 bis 105 °C)aufgrund von erhöhtem Druck (Kultivierung durch G. Barbier, UniversitätBrest).Change in membrane lipid pattern of the hyperthermophilic archaeon /Pyro-coccus glycovorans (growth temperature 95-105 °C) as response to enhan-ced pressure (cultivation by G. Barbier, University Brest).

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grund – insbesondere in Leg 201 Sedimenten – für eineerhöhte Abbauresistenz.

Um diese mikrobiellen Lipidmuster in Sedimenten bessernachvollziehen zu können, wurde die Anpassung an hoheDrücke, Temperaturen und Substratwechsel, die sich in dermolekularen Zusammensetzung der mikrobiellen chemi-schen Zellkomponenten widerspiegelt, an verschiedenenKulturen untersucht. Insgesamt bewirkten all diese Ände-rungen der Umgebungsbedingungen deutliche Variatio-nen in den Kopfgruppen der Phospholipide und z. T. auchin den Fettsäureseitenketten (Mangelsdorf et al., 2005).Diese neuen Erkenntnisse haben verdeutlicht, wie flexi-bel Mikroorganismen auf einen Wechsel in ihrem (extre-men) Lebensraum reagieren können (Abb. 4.87).

Die Nahrungsgrundlagen für mikrobielles Lebenin tiefen terrestrischen Systemen

Die in den letzten Jahren gewachsene Erkenntnis, dassmikrobielles Leben tief unterhalb der Erdoberfläche exis-tiert (Parkes et al., 2000; Pedersen, 2000), führte zu einervöllig neuen Sichtweise darauf, wie tief und unter welchenBedingungen Leben auf der Erde möglich ist. Eine derentscheidenden Fragen in diesem relativ neuen Wissen-schaftsfeld ist, wie mikrobielles Leben in solch tiefen undalten Formationen überleben kann. Es wird angenommen,dass eine fermentative Umwandlung des in die Sedimen-te eingebetteten organischen Materials durch die Mikro-ben selbst zur kontinuierlichen Freisetzung von Nährstof-fen führt. Eine weitere Quelle könnte allerdings auch diethermische Reifung des organischen Materials sein. Dennes ist bekannt, dass dabei potentielle Substrate – wie Was-serstoff, Kohlendioxid, Methanol, und Acetat – freigesetztwerden, was den Ablauf von autotrophen Reaktionen wieder Methanogenese und der Acetogenese ermöglicht unddamit eine Kopplung zwischen geologischen und biolo-gischen Prozessen bedeuten würde.

Die DEBITS (Deep Biosphere in Terrestrial Systems)-Bohrung auf Neuseeland (Abb. 4.88) bietet die Möglich-keit, derartige Prozesse zu untersuchen. Der erbohrte Kernumfasst eine Sedimentabfolge von mehreren Lagen, diereich an organischem Material unterschiedlicher Reifesind, eingebettet in Ton-, Silt- und Sandschichten. Die anorganischen Stoffen reichen Lagen dienen dabei vermut-lich als potentielle substratliefernde Schichten, währenddie grobkörnigeren Ton-, Silt- und Sandschichten poten-tielle Lebensräume für die Mikroben darstellen. Darüberhinaus werden Proben einer vollständigen Reifesequenz(Torfe bis reife Braunkohlen) aus verschiedenen neusee-ländischen Becken untersucht, um den Einfluss der Faziesauf die Reife zu untersuchen und um das Substratpotenti-al dieser Kohlen mit steigender Reife abzuschätzen.

Ziele der DEBITS-Studie sind zum einen die Charakteri-sierung des Lebensraums von tiefen mikrobiellen Popu-lationen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sedi-mentlithologien mit variablen Gehalten an organischemKohlenstoff (potentielle Substratfreisetzung) und zumanderen die Entwicklung eines Bohrverfahrens im terres-

trischen Bereich zur Erbohrung von möglichst kontami-nationsfreiem oder zumindest kontaminationskontrollier-tem Kernmaterial für biogeochemische Untersuchungen.

Eine der Grundvoraussetzung biogeochemischer Unter-suchungen ist, dass das Kernmaterial tiefer gelegenerSedimentabschnitte frei von mikrobieller Oberflächen-kontamination ist. Die angewandten Bohrverfahren im ter-restrischen Bereich (hier das Rotationsbohrverfahren)stellen dabei eine besondere Herausforderung dar. Um dieEindringtiefe der Bohrflüssigkeit in das Kernmaterial unddamit die potentielle Kontamination mit Mikroorganis-men von der Oberfläche zu dokumentieren, wurden derBohrspülung vor Beginn und kontinuierlich während derBohrung fluoreszierende Mikropartikel (in der Größe vonMikroorganismen 0,5µm) beigefügt. Nach Gewinnungdes Kernmaterials wurden Proben von der äußeren undinneren Kernsektion genommen und unter dem Fluore-szenzmikroskop hinsichtlich ihrer Mikropartikelkontami-nation untersucht. Die mikroskopischen Untersuchungenergaben eine variable Abfolge von kontaminierten undnicht kontaminierten Kernabschnitten, scheinbar unab-hängig von der Sedimentlithologie. Dennoch ermöglich-te das entwickelte Bohrverfahren die Gewinnung vielerunkontaminierter Kernabschnitte, die dann für die weite-ren mikrobiologischen und biogeochemischen Untersu-chungen herangezogen werden konnten.

Die molekular organisch-geochemische Analyse der Koh-len aus der Reifesequenz haben anhand der Biomarker-verteilung bisher ergeben, dass die verschiedenen Becken-fazies sehr großen Einfluss auf das organische Ausgangs-material haben und somit auch auf das Substrat-Potentialfür Mikroorganismen. Insbesondere der in den neusee-ländischen Kohlen z. T. hohe Anteil an aromatischen Bio-markern und mit zunehmender Reife an generierten Aro-maten wird als potentielle Wasserstoffquelle für bestimm-te Mikroorganismen interpretiert.

Zur Detektierung von lebenden Mikroorganismen in dentieferen Zonen der DEBITS-Bohrung werden spezifischeBiomarker, die so genannten Phospholipide verwendet, dienur in lebenden Organismen über längere Zeiträume stabilsind. Die Lipiduntersuchung ausgewählter Übergänge vonLagen, reich an organischem Material, zu grobkörnigerenTon-, Silt- und Sandschichten lassen vermuten, dass dieMikroben das klastische Material nahe der Schichten mitorganischem Material (potentielle Substratlieferanten) alsLebensraum bevorzugen. Eine Erklärung für diese Beob-achtung könnte der größere Porenraum in diesen Litholo-gien sein, der metabolische Austauschprozesse der Mikro-organismen im Porenwasser erlaubt. Die Nähe zu denSchichten, die reich an organischem Material sind, weistdabei auf eine Substratfreisetzung aus diesen Schichten indie angrenzenden Lagen hin (Beispiel siehe Abb. 4.88).

Mechanismen und Effekte des biologischen Erd-ölabbaus

Biologischer Abbau von Kohlenwasserstoffen in Erdöl-und Erdgaslagerstätten ist ein weit verbreitetes Phänomen

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mit negativen technischen, wirtschaftlichen und ökologi-schen Folgen. Es ist seit langem bekannt, dass der biolo-gische Abbau zu einer Erhöhung der Dichte und der Vis-kosität ebenso wie zu einer Erhöhung der Gehalte anSchwefel, Schwermetallen und organischen Säuren in denbetroffenen Erdölen führt. Wegen des Fehlens von Sauer-stoff in den Lagerstätten müssen die Abbauprozesse unteranaeroben Bedingungen ablaufen. Aus diesem Grund wardie Aufklärung von Mechanismen des anaeroben biologi-schen Kohlenwasserstoffabbaus ein wichtiger Beitrag imHinblick auf das Verständnis solcher Prozesse in natür-lichen Ökosystemen, zu denen auch die Erdöl- und Erd-gaslagerstätten gehören (z. B. Wilkes et al., 2003). EinenÜberblick über den Prozess des biologischen Erdölabbausin Lagerstätten vermittelt Abb. 4.89.

Generell wird davon ausgegangen, dass die Veränderungender Erdölzusammensetzung im Wesentlichen durch dieunterschiedliche Abbaubarkeit verschiedener Erdölbe-standteile zu Stande kommen. Auf der Basis empirischerDaten wurden Klassifizierungsschemata entwickelt, mitderen Hilfe Erdöle entsprechend dem Ausmaß der Biode-gradation bewertet werden können (Peters und Moldowan,1993; Wenger et al., 2001). Unsere Untersuchungen zum

Einfluss der biologischen Abbauprozesse auf die Zusam-mensetzung und damit auf die Eigenschaften des Erdölshaben nun gezeigt, dass solche verallgemeinerten Abbau-schemata nur mit großen Einschränkungen anwendbar sind.

Die detaillierte Analyse biodegradierter Erdöle unter-schiedlicher geographischer Herkunft (Nordsee; Kanada;Ägypten; Westafrika) zeigt, dass jedes Erdölsystem cha-rakteristische Muster in der Abfolge des Abbaus ver-schiedener Erdölbestandteile aufweist. Besonders wichtigist die Erkenntnis, dass der Abbau verschiedener Erdöl-bestandteile nicht, wie bislang angenommen, stufenweiseverläuft, sondern dass die verschiedenen Erdölbestand-teile gleichzeitig, aber mit sehr unterschiedlichen Ratenabgebaut werden. Hierfür können im Wesentlichen zweiGründe verantwortlich gemacht werden. Es ist bekannt,dass anaerobe kohlenwasserstoffabbauende Mikroorga-nismen ausgesprochene Spezialisten sind, die jeweils nurein sehr geringes Spektrum der im Erdöl vorhandenen Ein-zelverbindungen verwerten können (Widdel und Rabus,2001). Daher wird der Verlauf der Abbauprozesse in einemErdölsystem von der jeweiligen Zusammensetzung dermikrobiellen Gemeinschaft abhängen. Über die geologi-schen Faktoren, die die Lebensbedingungen in einer

Abb. 4.88: Foto der DEBITS Bohrlokation nahe des Ortes Huntly auf der Nordinsel Neuseelands, Foto eines Kernseg-mentes mit Fragmenten organischen Materials eingebettet in tonige Sedimentschichten und Diagramm der Phospho-lipidverteilung als Indikator für lebende Mikroorganismen relativ zur Lithologie und zum TOC-Gehalt. Das Vertei-lungsmuster scheint einen Ausgleich zwischen der Umgebung der (substratliefernden) Schicht, die reich an organi-schem Material ist, und ausreichendem Porenraum anzudeuten.Photo of the DEBITS drilling location near the village of Huntly on the North Island of New Zealand, Photo of a sub-core with coaly fragments imbedded into a claystone sequence, and distribution diagram of phospholipids indicatingthe presence of viable microorganisms, relative to different lithologies and TOC contents. The distribution pattern pointsto a compromise between the vicinity to the organic carbon rich „feeder“ lithology and sufficient pore space.

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Lagerstätte und damit die Zusammensetzung der Mikro-flora steuern, ist bislang allerdings nur sehr wenig bekannt.Hieraus ergibt sich erheblicher Forschungsbedarf für zu-künftige Untersuchungen. Der zweite wichtige Faktor istdie Bioverfügbarkeit einzelner Erdölbestandteile. Da koh-lenwasserstoffabbauende Mikroorganismen in der Was-serphase einer Lagerstätte leben, können sie nur solcheÖlbestandteile verwerten, die in gelöster Form im Wasservorliegen (Abb. 4.89). Alle physikalisch-chemischen Pro-zesse, die den Transport in die Wasserphase und die Kon-zentration dort bestimmen, haben daher einen Einfluss aufdie Bioverfügbarkeit und somit auch auf die Abbauraten.Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen haben wireine Methode entwickelt, mit der erstmals die relativenAbbauraten individueller Erdölbestandteile für einzelneLagerstätten ermittelt werden können. Abb. 4.90 erläutertdies am Beispiel der n-Alkane.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse zur Wirkung biologi-scher Abbauprozesse auf die Änderung der Erdölzusam-mensetzung können neue konzeptionelle Modelle zur bes-seren Vorhersage von Erdöleigenschaften entwickelt wer-den. Häufig verwendete molekulare Indikatoren für dieAbbauprozesse und wichtige Kenngrößen zur Charakte-risierung der Erdölqualität sind oft widersprüchlich. Eineder wichtigsten Kenngrößen ist die so genannte API-Dich-te (genauere Erläuterungen finden sich in der Legende zuAbb. 4.91), deren Werte mit fortschreitender Biodegrada-tion sinken. Als molekulare Indikatoren finden vornehm-lich die Konzentrationsverhältnisse ausgewählter Erdöl-bestandteile Verwendung. Unsere Untersuchungen zei-gen, dass widersprüchliche Ergebnisse eine Folge inadä-quater molekularer Parameter sind. Daher haben wir einenneuen molekularen Parameter entwickelt, der auf derQuantifizierung von mehr als 50 Erdölbestandteilen

Abb.4.89:Überblick über den Prozess desbiologischen Erdölabbaus: MikrobiellesLeben in Erdöllagerstätten erfordertzwingend flüssiges Wasser. Daher findenbiologische Abbauvorgänge bevorzugt ander Grenze von Öl- und Wasserphase statt,wodurch es zu vertikalen Gradienten inder Erdölzusammensetzung kommt. Phy-sikalisch-chemische Faktoren und Pro-zesse (diffusiver Transport, Sorptionsei-genschaften, Verteilungsverhalten, Was-serlöslichkeit) kontrollieren die unter-schiedliche Bioverfügbarkeit einzelnerErdölbestandteile. Mikroorganismen pas-sen ihr Verhalten an die Eigenschaften derjeweils bevorzugten Substrate an. Sinddiese gut wasserlöslich, treiben ihre Ab-bauer frei in der Wasserphase („non-atta-ched bacteria“), sind sie dagegen schlechtwasserlöslich, halten sich ihre Abbauernahe am Öl-Wasser-Kontakt auf („atta-ched bacteria“). Für den Verlauf der Ab-bauvorgänge sind weitere Faktoren wie z. B. die Verfügbarkeit von Elektronenak-zeptoren (Sulfat, CO2) von Bedeutung. Eswird auf Grund empirischer Befunde all-gemein angenommen, dass 80 bis 90 °Cdie Temperaturobergrenze für biologi-schen Abbau von Kohlenwasserstoffen in Lagerstätten darstellt. Der Grund hier-für ist allerdings unklar, da mikrobiellesLeben bei weit höheren Temperaturen(>110 °C) möglich ist.

Conceptional overview of petroleum biodegradation. Microbial life in reservoirs is only possible in the presence ofliquid water. Therefore, biodegradation takes mainly place at the oil-water-contact, resulting in vertical gradients ofoil composition. Physicochemical factors and processes (diffusive transport, sorption behaviour, partition behaviour,water solubility) control the different bioavailability of individual oil constituents. Microorganisms adapt their beha-viour to the properties of preferred substrates. Degraders of highly water soluble substrates thrive in the water phase(„non-attached bacteria“) while degraders of substrates of low water solubility stay in close vicinity to the oil-water-contact („attached bacteria“). With respect to the overall process other factors such as the availability of electronacceptors (sulphate, CO2) are also very important. Based on empirical observations it is generally assumed that 80 –90 °C represent the upper temperature limit for biodegradation of hydrocarbons in reservoirs. The reason for this, howe-ver, is not clear since microbial life is possible at significantly higher temperatures (> 110 °C).

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basiert. Abb. 4.91 zeigt, dass mit diesemParameter die Erdölqualität (API-Dichte)auf der Basis chemischer Analysen aus-gezeichnet vorhergesagt werden kann.

Anwendung substanzspezifischerIsotopenverhältnisse in geochemi-schen Fragestellungen

Mit der technischen Entwicklung vonGC-IRMS-Systemen ist es seit einigenJahren möglich, die Kohlenstoff- undWasserstoffisotopenverhältnisse für ein-zelne Verbindungen in komplexen Stoff-gemischen zu bestimmen. Die Bestim-mung der substanzspezifischen Kohlen-stoffisotopenverhältnisse umfasst diegaschromatographische Trennung derkomplexen Gemische, die anschließendeOxidation der einzelnen Verbindungen zuCO2 und H2O und die massenspezifischeDetektion des CO2 sowie Berechnung desδ13C-Wertes im Verhältnis zum interna-tional definierten Standard PeeDeeBelemnit (Abb. 4.92).

Die Isotopenverhältnisse organischerSubstanzen sind abhängig von der Her-kunft des Materials sowie von der Art undder Intensität biochemischer Prozesse.An der Lokation eines aktiven Gasaus-tritts im Forearc-Becken des Sunda-Bogens südlich von Java konnten anhand

Abb. 4.90: Abhängigkeit der relativen Abbauraten von n-Alkanen von derKettenlänge. Der diffusive Transport und die Wasserlöslichkeit von n-Alka-nen nehmen mit zunehmender Kettenlänge ab, so dass die Bioverfügbarkeitsinkt. Die Abb. vergleicht Ergebnisse für Erdölsysteme im West-Shetland-Becken und im Mackenzie-Delta. In beiden Fällen nimmt die relative Abbau-rate mit der Kettenlänge ab. Es wird jedoch auch deutlich, dass in den beiden Erdölsystemen unterschiedliche Kettenlängenbereiche besondersschnell abgebaut werden.Dependence of relative degradation rates of n-alkanes on chain length.Diffusive transport and water solubility of n-alkanes decrease with incre-asing chain length resulting in reduced bioavailability. The graph com-pares results for petroleum systems in the West Shetland Basin and in the Mackenzie Delta. In both cases, relative degradation rates decreasewith increasing chain length. It can also be seen, that the chain lengthrange of most rapidly degraded n-alkanes differs in the two petroleum systems.

Abb. 4.91: Vergleich der vorhergesagten und gemessenen API-Dichten für Erdöle unterschiedlicher geographischerHerkunft. Die API-Dichte berechnet sich aus der gemessenen Dichte gemäß der Formel: API-Dichte = (141,5/spezifi-sche Dichte) – 131,5. Die untersuchtenErdöle sind in unterschiedlichem Ausmaßvon biologischen Abbauprozessen beein-flusst. Das Bestimmtheitsmaß (R2 = 0,96)dokumentiert die Qualität der vorherge-sagten Werte. Die mittlere Abweichungder vorhergesagten von der gemessenAPI-Dichte ist 1,2 und damit weit besserals bei bisherigen Methoden zur Vorher-sage der Ölqualität.Comparison of predicted and measuredAPI gravities for crude oils of differentgeographical origin. The API gravity iscalculated from the measured gravityaccording to the formula: API gravity =(141.5/specific gravity) – 131.5. Theinvestigated oils have been degraded todifferent extents. The coefficient of cor-relation (R2 = 0.96) documents the highquality of the predicted values. Themean deviation of the predicted from themeasured API gravity is 1.2 and hencemuch better than for previously repor-ted methods for the prediction of oil quality.

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geochemischer und isotopenchemischer Untersuchungendie wesentlichen geobiochemischen Prozesse identifiziertwerden. Die beprobten Sedimente waren stark mit Methanangereichert, dessen Isotopenverhältnis von –71 ‰ PDBauf einen bakteriellen Ursprung hinweist (Wiedicke et al.,2002). Mit der Abnahme der Methankonzentration in derWassersäule zeigt sich eine Anreicherung des Methans biszu –59 ‰ PDB, was auf anaerobe Oxidation des Methansschließen lässt. Bestätigt wird die anaerobe Methanoxi-dation durch die Anwesenheit und isotopische Zusammen-

setzung der authigenen Carbonate am Standort. In denCarbonaten konnten wir Crocetan (2,6,11,15-Tetrame-thylhexadecan) und PMI (2,6,10,15,19-Pentamethylico-san) nachweisen und deren isotopische Zusammensetzungbestimmen (Abb. 4.93). Beide Substanzen sind typischeBiomarker für Archaeen, die Mikroorganismen, die an deranaeroben Methanoxidation beteiligt sind. Die leichte Iso-topensignatur beider Substanzen zeigt eindeutig die Her-kunft aus dem leichten Methan am Standort.

Aktuelle Untersuchungen beschäftigen sich mit der Quan-tifizierung des biologischen Abbaus von Erdölbestandtei-len in verschiedenen Lagerstätten. Durch die Biodegra-dation des Erdöls in Lagerstätten ändert sich die Zusam-mensetzung des Erdöls und verringert sich der ökonomi-sche Wert. Der biologische Abbau von Kohlenwasser-stoffen ist mit einer Änderung der Isotopenverhältnisse(Isotopenfraktionierung) des Substrats verbunden. Dieleichten Isotopomere werden bevorzugt umgesetzt und dieschweren Isotopomere reichern sich im Residuum an (Iso-topenfraktionierung). Aus der Intensität der gemessenenFraktionierung kann auf das Ausmaß des biologischenAbbaus geschlossen werden. Dieses Konzept wurdeerfolgreich angewendet zur Bestimmung der Intensität desbiologischen Abbaus leichtflüchtiger Kohlenwasserstoffeim Gullfaks-Ölfeld in der norwegischen Nordsee (Viethund Wilkes, 2005). Für die n-Alkane von n-C4 bis n-C7

zeigt sich ein Rückgang der Isotopenfraktionierung mitzunehmender Anzahl von Kohlenstoffatomen im Mole-kül, was einerseits als Abnahme der Abbauintensität mitzunehmender Kettenlänge, andererseits aber auch als sogenannter Verdünnungseffekt beurteilt werden kann. Dadie Reaktion, die zur Isotopenfraktionierung führt, nur aneinem Kohlenstoffatom wirksam ist, wird der Isotopenef-fekt für das gesamte Molekül mit zunehmender Anzahl anKohlenstoffatomen geringer. Toluol zeigt in den Probendes Gullfaks-Ölfeldes keine Isotopenfraktionierung, wirdalso nicht abgebaut. Dies überrascht insofern, als zahlrei-

Abb. 4.92: Schematische Darstellung der Funktionsweise eines GC-IRMS-Systems zur Bestimmung substanzspezifi-scher Kohlenstoffisotopenverhältnisse. Die Trennung des komplexen Stoffgemisches erfolgt gaschromatographisch. Beieiner Temperatur von 940 °C werden die getrennten Substanzen katalytisch zu CO2 und H2O oxidiert. Der Reduk-tionsreaktor dient der Eliminierung von Stickoxiden, in der Wasserfalle werden Wassermoleküle über eine Nafion®-Membran aus dem Trägergas entfernt. Das verbleibende CO2 wird nach der Ionisierung massenspezifisch detektiertund aus dem Verhältnis von 44CO2 zu 45CO2 kann der δ13C Wert berechnet werden.Schematic view of a GC-IRMS-system for compound-specific isotope analysis. The separation of complex mixtures isdone by gas chromatography. At a temperature of 940 °C separated compounds are oxidized to CO2 and H2O catalyti-cally. The reduction interface eliminates nitrogen oxides and the water is separated from the carrier gas by a Nafion®

membrane in the water removal device. The remaining CO2 is ionized and detected in the mass spectrometer. From theratio of 44CO2 to 45CO2 the δ13C value can be calculated.

Abb. 4.93: Gaschromatogramm der aus den authigenenCarbonaten vom Sunda-Bogen extrahierten Aliphaten-fraktion. Die Biomarker Crocetan und PMI sind markiertund die mittels GC-IRMS bestimmten δ13C-Werte hinzu-gefügt.Gas chromatographic results from the aliphatic fractionthat was extracted from the authigenic carbonates fromthe Sunda Arc. The biomarkers crocetane and PMI aremarked in red and the δ13C values that were detected byGC-IRMS, are also given.

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che Studien den sehr guten Abbau von Toluol unter anae-roben Bedingungen beschreiben, doch scheinen dieseMikroorganismen in der Biozönose des Gullfaks-Ölfeldszu fehlen. Eine Quantifizierung des biologischen Abbauseinzelner Komponenten ist möglich anhand der Änderungder Isotopenverhältnisse und unter Berücksichtigungeines im Laborversuch bestimmten Fraktionierungsfak-tors für die Einzelkomponente. Die Ergebnisse der Quan-tifizierung des biologischen Abbaus von n-Hexan zeigtAbb. 4.94.

Seismisch getriggerte mikrobielle Methanbildung– ein Hinweis auf dynamische Prozesse innerhalbder Tiefen Biosphäre

Die Untersuchung mikrobieller Lebensgemeinschaftenim Bereich von ozeanischen Hydrothermalsystemen undsedimentären Beckenbereichen hinsichtlich ihrer Zusam-mensetzung und Dynamik ist ein seit mehreren Jahrzehn-ten intensiv beforschter Themenkomplex der Biogeoche-mie. Ähnlich ausgerichtete Untersuchungen in kristalli-nen Grundgebirgsbereichen von Kontinenten wurdeninternational erst vor ca. 10 Jahren begonnen.

Der Nachweis seismisch getriggerter mikrobieller Me-thanbildung im freien Quellgas der Wettinquelle, BadBrambach (Bräuer et al., 2005) ist ein erster Befund dafür,dass mit dynamischen Prozessen innerhalb der tiefen kon-tinentalen Biosphäre zu rechnen ist.

Grundlage dieser Aussage ist eine über mehrere Jahreangelegte Messreihe. Das Untersuchungsgebiet liegt imGrenzbereich zwischen der Tschechischen Republik(NW-Böhmen) und der Bundesrepublik Deutschland

(Vogtland, Fichtelgebirge) und ist sowohl seismisch alsauch hydrothermal aktiv. Die Ortslage Bad Brambachbefindet sich im Bereich des Fichtelgebirge/Smirciny-Granitmassivs (spätvariszisch). Das Wasser der Wettin-quelle wird für therapeutische Zwecke genutzt. Es handeltsich um einen Radon-führenden Na-Ca-HCO3-SO4 Säu-erling. Das freie Quellgas enthält hauptsächlich Kohlen-dioxid (99,7 vol.%). Außerdem sind u. a. Spuren von Stick-stoff (0,3 vol.%), Sauerstoff (≈ 150 ppmv), Argon (≈ 100ppmv), Helium (≈ 2,5 ppmv), Wasserstoff (≈ 1 ppmv) undMethan (≈ 35 ppmv) nachweisbar. Die Analyse der Spu-renkomponenten war nur deshalb möglich, weil das CO2

vor der Messung mit KOH entfernt wurde, was zur Anrei-chung der Spurenkomponenten im Restgas führte. DieSchüttung der Mineralquelle schwankt zwischen 100 und270 l/h.

Das gas- und isotopengeochemische Monitoring starteteAnfang Mai 2000 und lief bis Oktober 2003. Es wurde u. a. die Gaszusammensetzung gemessen sowie die δ13C-Werte des Methans analysiert. Am 28. 08. 2000, also knappvier Monate nach Beginn, setzte eine über vier Monateandauernde Schwarmbebenserie im EpizentralgebietNovy Kostel ein. Das Zentrum des Bebengebiets liegt ca.10 km östlich von der Wettinquelle. Es wurden mehr als10.000 Beben im Magnitudenbereich > 0 (Maximalmag-nitude 3,3) registriert. Die seismische Aktivität lief in neunPerioden ab, wobei die Hypozentren in Tiefen zwischen7,5 und 10,5 km wanderten. Schwarmbeben unterschei-det man von tektonischen Beben vor allem dadurch, dasseine Vielzahl von Beben unterschiedlicher Magnitudenauftreten, ohne dass ein Hauptbeben erkennbar ist. DieserTyp von Seismizität ist weltweit vor allem in Vulkan- undHydrothermalgebieten verbreitet.

Abb. 4.94: Lage der Bohrungen im Gullfaks-Ölfeld in der norwegischen Nordsee; der biologische Effekt auf die Ölzu-sammensetzung nimmt nach Westen zu. Der Rückgang der Konzentration korreliert mit dem Anstieg der δ13C-Werte fürn-Hexan. Aus den δ13C-Werten und einem Fraktionierungsfaktor, der in einem Laborversuch für n-Hexan bestimmtwurde, kann der prozentuale biologische Abbau berechnet werden (Rayleigh-Gleichung).Location of the boreholes within the Gullfaks oil field, offshore Norway; the effect of biodegradation increases to thewest. The decrease in concentration is correlated to an enrichment in 13C of the residual n-hexane. Using the δ13Cvalues and the laboratory-derived isotope fractionation factor, the percentage of biodegradation can be calculated(Rayleigh equation).

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Beginnend ca. 60 Tage nach dem Einsetzen der seismischaktiven Periode 2000 wurde an der Wettinquelle ein deut-licher Anstieg der Methankonzentration (von ≈ 40 auf ≈ 250 ppmv) beobachtet. Gleichzeitig mit dem Anstiegder Methankonzentration fielen die δ13CCH4-Werte von ≈ –50 ‰ auf ≈ –70 ‰ ab (Abb. 4.95). Das ist ein Belegdafür, dass mikrobiell gebildetes Methan zugeführt wird.Zirka zwei Jahre lang wurde wiederholt ein Anstieg derMethankonzentration bei gleichzeitigem Abfall derδ13CCH4-Werte nachgewiesen.

Pedersen (1997) wies die Existenz von Mikroorganismen(autotrope Methanogene) in tiefen granitischen Aquiferenin Südschweden nach. Die Organismen nutzen Wasser-stoff als Elektronenquelle und produzieren Methan aus H2

und CO2. Die Schlüsselfrage zum weiteren Verständnisdieser mikrobiologischen Aktivität ist die Verfügbarkeitvon Wasserstoff im kristallinen Gestein. Granite habenmeist überdurchschnittlich hohe U-, Th- und K-Gehalte,die zu einer erhöhten natürlichen Radioaktivität führen.Diese Energiequelle nutzend, kann Wasserstoff durchRadiolyse von Wasser produziert werden. Die acht

Wochen nach Beginn der Schwarmbeben einsetzendeZunahme der Methankonzentration ist, wie die gleichzei-tig nachgewiesene Abnahme der δ13CCH4-Werte belegt,durch Zumischung von mikrobiell gebildetem Methanverursacht. Dabei wird der infolge seismisch bedingterÄnderungen des lokalen Spannungsfeldes aus dem Gra-nit freigesetzte Wasserstoff zur mikrobiellen Reduktionvon CO2 verwendet und somit weitgehend verbraucht.Unklar ist zurzeit u. a. noch in welcher Tiefe die Prozes-se ablaufen und wie das Methan produzierende Ökosys-tem von Mikroorganismen zusammengesetzt ist.

Interaktionen zwischen seismischen Prozessen, Fluidenund mikrobiologischer Aktivität sind ein internationalweitgehend neues Gebiet. Unabhängig von ihrem Wert fürdie Seismologie dürfte diese Forschungsrichtung zukünf-tig eine große Bedeutung für die Erforschung und das Ver-ständnis dynamischer Prozesse im Bereich der tiefen Bio-sphäre in kontinentalen Grundgebirgseinheiten bekom-men. Folgeuntersuchungen, die eine weitere Klärung brin-gen sollen, sind angelaufen. Die Arbeiten werden inZusammenarbeit von mehreren Einrichtungen durchge-

Abb. 4.95: Zeitreihe der Methankonzentration und der assoziierten Kohlenstoffisotopenverhältnisse von Methan vonder Wettinquelle, Bad Brambach im Zeitraum Mai 2000 bis Oktober 2003. Der grau gefärbte Bereich kennzeichnet denZeitraum der NW-Böhmen Schwarmperiode 2000 (vgl. auch eingefügte Abbildung).Time series of methane concentrations and the associated methane δ13C values of the Wettinquelle, Bad Brambach bet-ween May 2000 and October 2003. The grey-signed range marks the period of seism city of the NW Bohemia swarm2000 that can be seen in the inlet picture in more detail.

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führt. Neben dem GFZ Potsdam, Sektion Organische Geo-chemie, sind daran das UFZ Leipzig-Halle, DepartmentHydrogeologie, die TU Bergakademie Freiberg, Arbeits-gruppe Mikrobiologie, die BGR Hannover und die Säch-sische Akademie der Wissenschaften beteiligt.

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