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BAULEITER HOCHBAU S T A T I K / F E S T I G K E I T S L E H R E 3) EINWIRKUNGEN AUF TRAGWERKE (Lastannahmen) 1) Allgemeines 2) Einzellast und verteilte Kräfte 3) Belastungsarten 4) Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit 5) Nutzungsanforderungen 6) SIA-Normen: Einwirkungen auf Tragwerke 7) Lasten auf geneigten Flächen 8) Beispiele zu Lastenberechnungen 9) Beispiel für Dokumente ‚Nutzungsvereinbarung’ und ‚Projektbasis’ g.bettschen

3) EINWIRKUNGEN AUF TRAGWERKE (Lastannahmen) · für die Tragwerksplanung nach den aktuellen Tragwerksnormen des SIA. Die Norm SIA 261 und SIA 261/1 umschreibt die üblichen Einwirkungen

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Page 1: 3) EINWIRKUNGEN AUF TRAGWERKE (Lastannahmen) · für die Tragwerksplanung nach den aktuellen Tragwerksnormen des SIA. Die Norm SIA 261 und SIA 261/1 umschreibt die üblichen Einwirkungen

BAULEITER HOCHBAU

S T A T I K / F E S T I G K E I T S L E H R E

3) EINWIRKUNGEN AUF TRAGWERKE

(Lastannahmen)

1) Allgemeines

2) Einzellast und verteilte Kräfte

3) Belastungsarten

4) Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit

5) Nutzungsanforderungen

6) SIA-Normen: Einwirkungen auf Tragwerke

7) Lasten auf geneigten Flächen

8) Beispiele zu Lastenberechnungen

9) Beispiel für Dokumente

‚Nutzungsvereinbarung’ und ‚Projektbasis’

g.bettschen

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 2

1) Allgemeines

Auf die Tragwerke wirken Kräfte und Lasten, am Anfang der statischen Berechnung

müssen diese Einwirkungen festgelegt und berechnet werden. Die Normenwerke (z.B. SIA 261 - Einwirkungen auf Tragwerke), Tabellen und Erfahrungswerte helfen bei dieser Arbeit. Die den Berechnungen zugrundeliegenden Annahmen werden in den Dokumenten

Nutzungsvereinbarung und Projektbasis festgehalten.

2) Einzellast und verteilte Kräfte

Einzellast

Die Einzellast, wie sie oft definiert wird, ist eine Idealisierung (eine theoretische Annahme). Die Ursache der meisten Kräfte liegt in der Materie, weil diese Objekte aber eine gewisse Ausdehnung aufweisen, also nicht auf einen Punkt konzentriert, sind die wirklichen Kräfte immer verteilt.

Verteilte Kraft (Linienkraft) Wenn die Kräfte längs einer Linie verteilt sind, nennt man sie Linienkräfte.

Beispiel : Eigengewicht eines Betonbalkens 400 x 500 x 2000 mm Querschnittsfläche A = 0.4 x 0.5 = 0.2 m2 Volumen V = 2.0 x 0.2 = 0.4 m3

Raumlast Stahlbeton = 25 kN/m3

Gewicht G = 0.4 x 25 = 10.0 kN

Last pro Laufmeter g = 10.0 / 2.0 = 5.0 kN/m'

Laufmeterlast = Querschnittsfläche x Raumlast (0.4 x 0.5 x 25 = 5.0 kN/m’)

Rechtecklast

Dreiecklast

Dimension der Linienkraft : kN/m’, ev. N/mm’

Dimension der Einzelkraft: N bzw. kN

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 3

Flächenkraft Wenn die Kraft auf eine Fläche verteilt wirkt, spricht man von einer Flächenkraft.

Beispiel : Eigengewicht einer Betondecke d = 160 mm (a = 4.0 m x b = 2.0 m) Fläche A = a x b A = 4.0 x 2.0 = 8.0 m2 Volumen V = 8.0 x 0.16 = 1.28 m3 Gewicht G = 1.28 x 25 = 32.0 kN

Last pro Quadratmeter g = 32.0 / 8.0 = 4.0 kN/m2

oder

Gewicht pro m2 g = 1.0 x 1.0 x 0.16 x 25 = 4.0 kN/m2

3) Belastungsarten

Als Belastungen werden in der Statik Kräfte und Lasten bezeichnet, die auf die betrachteten Bauteile einwirken. Durch Erdanziehung hervorgerufene Belastungen nennt

man Lasten, bei allen übrigen Einwirkungen spricht man von Kräften.

Beispiele von vertikalen Einwirkungen:

Eigenlasten Die Last des Tragelementes selber

Ständige Lasten Lasten von Bauteilen, die mit dem Tragelement in ständiger Verbindung

sind. (z.B. Beläge, Ueberzüge usw.)

Nutzlasten In der Grösse veränderliche Lasten (z.B. Personen, Mobiliar, Fahrzeuge,

Lagergut)

Schneelasten, Strassenlasten, Kranbahnlasten usw.

→ Das Bauwerk wird ja meist dazu erstellt, um diese Nutzlasten zu tragen.

a

b

Dimension der Flächenkraft: kN/m2, N/mm2 (MPa)

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 4

Beispiele von horizontalen Einwirkungen :

Windkräfte

Bremskräfte

Anprallkräfte von Fahrzeugen

Horizontalkräfte auf Abschrankungen

und Abstützungen

Erbebenkräfte

Erddruck

Wasserdruck

4) Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit

Schon beim Festlegen von Arten und Grössen der Einwirkungen wird unterschieden, ob

die Tragsicherheit oder die Gebrauchstauglichkeit des Tragwerkes betrachtet wird.

Sicherheit (Tragsicherheit) Im Einflussbereich von Bauwerken wird vom Benützer, von Dritten und von der Allgemeinheit die Sicherheit vom Menschen gefordert. Sicherheit gegenüber einer Gefährdung besteht dann, wenn diese Gefährdung durch geeignete Massnahmen unter Kontrolle gehalten oder auf ein akzeptierbares Mass beschränkt wird. Das Tragwerk muss also zum Bespiel so dimensioniert werden, dass eine genügend grosse Sicherheit gegenüber Versagen besteht. Die Tragsicherheit wird durch den Vergleich vom Bemessungswert (infolge vorhandenen oder zu erwartendenden Einwirkungen) mit demjenigen des Tragwiderstandes nachgewiesen, die entsprechenden Bemessungsbeiwerte und erforderlichen Sicherheitsgrade werden in Normenwerken und Bestimmungen geregelt.

Sicherheit ist also nicht eine Sache von Absprachen mit dem Bauherrn, sondern im

Rahmen allgemeiner, ethischen und rechtlichen Normen die Aufgabe der

verantwortlichen Fachleute. Eine absolute Sicherheit kann nicht erreicht werden.

Gebrauchstauglichkeit Für den Bauherrschaft steht die Zweckerfüllung des Bauwerks im Vordergrund des Interesses. Die Gebrauchstauglichkeit für die vereinbarte Nutzung ist gegeben, wenn das Tragwerk ein Verhalten zeigt, welches innerhalb genormter oder vereinbarter Grenzen liegt. Ein Tragbalken muss also zum Beispiel so dimensioniert werden, dass er sich unter den auftretenden Einwirkungen nicht zu stark durchbiegt,

Die Gebrauchstauglichkeit hängt also von der Art der vorgesehenen

Nutzung und von den Ansprüchen des Bauherrn ab und ist eine Sache

von Absprachen zwischen Bauherr und Projektierenden.

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 5

5) Nutzungsanforderungen

Bei Angriffnahme der Berechnungen braucht der Ingenieur klare Unterlagen, der Informationsaustausch zwischen den verschiedenen am Projekt beteiligten Personen ist deshalb sehr wichtig. Der Dialog zwischen dem Bauherrn, Architekten, Ingenieur und

anderen Fachleuten führt zur Aufstellung der sogenannten Nutzungsvereinbarung.

Die Nutzungsvereinbarung ist eine Zusammenstellung der zu

berücksichtigenden Nutzungszustände und der zugehörigen Massnahmen,

die zu ergreifen sind, um die Vorstellungen der Bauherrschft zu realisieren. Im Nutzungsplan findet man zum Beispiel Angaben über die Art der Nutzung, Wasserdichtigkeit, Frost- Tausalzbeständigkeit, Abriebfestigkeit, zulässige Durchbiegungen, Rissbreiten, Schwingungs-Frequenzen usw. Werden keine Absprachen getroffen, sind die in den entsprechenden Normenwerken vorgesehehen Massnahmen verbindlich.

In einem zweiten Arbeitsgang wird die sogenannte Projektbasis erstellt.

In der Projektbasis werden die für das Tragwerk zu berücksichtigenden

Gefährdungsbilder zusammengestellt und festgelegt, mit welchen

Massnahmen den Gefahren begegnet werden soll. Das Aufstellen und Durchdenken von kritischen Situationen, den sogenannten

Gefährdungsbildern, dient der Planung von Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit. Diese Gefährdungsbilder selbst werden im allgemeinen durch eine

Leitgefahr und eine oder mehrere Begleitgefahren beschrieben,

Leit- oder Begleitgefahr sind die unterschiedlichen Nutzungszustände der natürlichen Einwirkungen (Wind, Schnee, usw.) oder der aussergewöhnlichen Einwirkungen ( Anprall, Brand, usw.) .

Um die geforderte Sicherheit zu erreichen, sind verschiedene Massnahmen denkbar. Eine dieser Massnahmen ist sicher die Berechnung und Bemessung des Tragwerkes, eine andere Möglichkeit ist das Beseitigen der Gefährdungen am Gefahrenherd selbst, oder das Umgehen der Gefährdungen durch Aenderungen am Konzept. Schliesslich ist auch die Tatsache zu beachten, dass bewusstes Akzeptieren gewisser Risiken unvermeidlich ist. Oft ist eine Kombination aller dieser Massnahmen und Möglichkeiten sinnvoll.

Die Projektbasis enthält also beispielsweise: die Gefährdungsbilder die vorgesehenen Massnahmen die angenommenen Baugrundverhältnisse die wesentlichen Berechnungsannahmen die akzeptierten Risiken

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 6

Weitere Schritte für die Projektierung und Ausführung sind noch das Erstellen vom Kontrollplan, Ueberwachungsplan und Unterhaltsplan.

Kontrollplan Im Kontrollplan werden alle für die Zeit der Erstellung vorgesehenen Kontrollen zusammengestellt. Der Kontrollplan wird sich in vielen Fällen, in denen die im Normenwerk vorgesehenen Kontrollen ausreichend sind, auf entsprechende Hinweise beschränken.

Ueberwachungs- und Unterhaltsplan Dieses Dokument ist bei Bauwerken wichtig, wo die Dauerhaftigkeit durch gezielte Massnahmen während der Nutzung gewährleistet werden muss. Es enthält zum Beispiel Hinweise über Ueberwachungsintervalle, speziell zu überwachende Zonen, oder notwendige organisatorische Vorkehrungen usw.

Aus den oben gemachten Ausführungen geht hervor, dass der Nutzungs- und

Sicherheitsplans sowohl während der Ausführung und nach Fertigstellung

des Bauwerkes ausserordentlich wichtig ist. Alle Beteilgten werden schon

am Anfang gezwungen, ihre Vorstellungen und Wünsche genau

bekanntzugeben und schriftlich zu formulieren. Änderungen während der Ausführungsphase sollten in geordnetem Verfahren und mit Zustimmung aller Beteiligten vorgenommen werden. Siehe auch Kap. 9) Beispiel für ‚Nutzungsverinbarung’ und ‚Projektbasis’!

6) SIA-Normen: Einwirkungen auf Tragwerke

Eurocode – SIA Normen Die Normen SIA 260, SIA261 (die alte Norm SIA160 war noch bis Juni 2004 gültig), der Eurocode 1 oder ähnliche Tragwerksnormen anderer Länder legen die Grundsätze für die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit von Tragwerken fest. Sie umschreiben sowohl die Einwirkungen auf Tragwerke als auch das Vorgehen für die Berechnung und Bemessung sowie die zu führenden Nachweise. Diese Normen gelten immer in Verbindung mit den Konstruktionsnormen.

Die Eurocodes sind die europaweit vereinheitlichte Bemessungsregeln im Bauwesen, diese Europäischen Normen (EN) wurden durch Wissenschaftler und Ingenieure, Anwender und Praktiker erarbeitet. Die für uns geltenden SIA- Normen lehnen sich an den Eurocode an und sind auch entsprechend dieser Philosophie aufgebaut.

Die Norm SIA 260 ( Grundlagen der Projektierung von Tragwerken) ist die Grundlage

für die Tragwerksplanung nach den aktuellen Tragwerksnormen des SIA.

Die Norm SIA 261 und SIA 261/1 umschreibt die üblichen Einwirkungen auf die

Tragwerke.

Aus dem Inhalt der SIA-Norm 261: Einwirkungen auf Tragwerke

Eigenlasten und Auflasten, Vorspannung, Baugrund, Schnee, Wind, Temperatur, Gebäudenutzung Nichtmotorisierter Verkehr,Strassenverkehr, Bahnverkehr Abschrankungen, Anprall, Brand, Erdbeben, Explosion Anhang: Raumlasten, Flächenlasten und Böschungswinkel, Beiwerte Windkräfte Karten: Karten für Schnee, Wind und Erdbeben.

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 7

Berechnung, Bemessung und Nachweise gem. SIA-Normen

Die Tragsicherheit wird durch den Vergleich des Bemessungswertes der

Beanspruchung mit demjenigen des Tragwiderstandes nachgewiesen :

Ed Rd - Der Bemessungswert Ed der Beanspruchung berechnet sich anhand der in der Norm

enthaltenden Werte der Einwirkungen. Ed muss ein Extremwert der Beanspruchungen sein.

- Der Bemessungswert Rd des Tragwiderstandes ist den verschiedenen Konstruktionsnormen zu entnehmen.

Für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit betrachtet man diejenigen

Beanspruchungen, die während der Nutzung mit grosser Wahrscheinlichkeit

auftreten werden. Je nach Art der Anforderungen an das Tragwerk unterscheidet man zwischen Langzeit- und Kurzzeitwerten. Der rechnerische Nachweise wird im Normalfall so geführt :

Ed Cd - Ed wird mit den wahrscheinlich auftretenden Einwirkungen gerechnet. - Cd ist die zugehörige Gebrauchsgrenze (sie ist ein den Normen zu entnehmender

Richtwert oder ein Wert der in Absprache mit der Bauherrschaft festgelegt wird). -

Beispiel zu Nachweis Tragsicherheit

Die Tragsicherheit wird durch den Vergleich des Bemessungswertes der Beanspruchung mit demjenigen des Tragwiderstandes nachgewiesen :

Ed Rd

Nachweis einer Stahlstütze gem. Normen SIA Nutzlast Qk = 60 kN (aus statischer Berechnung) Ständige Last und Eigengewicht Gk = 40 kN (aus statischer Berechnung) Lastfaktor für Nutzlast γQ = 1.5 (aus Norm Einwirkungen) Lastfaktor für ständige Last und Eigengewicht γG = 1.35 (aus Norm Einwirkungen

Bemessungswert der Beanspruchung: Ed = γQ ∙ Q + γG ∙ G = 1.5 ∙ 60 + 1.35 ∙ 40 = 144 kN

Tragwiderstand der Stütze RK = 158 kN (aus Berechnung oder aus Tabelle) Allgemein wird nach Norm R als Tragwiderstand für alle Arten von Tragwiderständen angegeben.

Tragwiderstandsbeiwert für Stahl γR = 1.05 (aus Norm SIA 263 Stahlbauten)

Bemessungswert des Tragwiderstandes: Rd = R / γR = 158 / 1.05 = 150 kN

Nachweis: Ed = 144 kN Rd = 150 kN → Die Tragsicherheit ist also gewährleistet

Q

G

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Auszug aus SIA 261 - Einwirkungen - Nutzlasten in Gebäuden

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 9

Berechnung Schneelast nach SIA 261

(In der Norm werden noch verschiedene Dachformwerte berücksichtigt.

Für unsere Zwecke genügt aber die

hier gezeigte Methode mit

angenäherten, üblichen Faktoren.)

Schneelast s auf horizontalem Gelände (gilt für Standorte unter 2000 m Meereshöhe)

h0 = Bezugshöhe (z.B. für Region Rheintal: h0 = Meereshöhe + 200 m

Schneelast s auf Dächern (gilt für normal windexponierte Gebäude)

sk = Schneelast auf horizontalem Gelände

= Dachformbeiwert gem. Diagramm

Diagramm für mittleren Dachformbeiwert

15 30 45 60 Grad

D a c h n e i g u n g

Beispiel: Dachneigung 15 Grad, 1450 m ü. Meer, Region Rheintal

= 0.8, ho = 1’450 + 200 = 1'650 m,

qk = 0.8 x 9.3 = 7.4 kN/m2

1.0

0.8

0.6

0.4

0.2

Da

chfo

rmb

eiw

ert

qk = ∙ sk

sk = (1 + ( ho / 350)2 ) ∙ 0.4 kN/m2 ≥ 0.9 kN/m2

Raumlast Schnee:

Neuschnee 1.0 kN/m3

Filzschnee (einige Std. bis Tage nach

dem Schneefall) 2.0 kN/m3

Altschnee 3.5 kN/m3

Nassschnee 4.0 kN/m3

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 10

Auszug aus SIA 261: Raumlasten, Flächenlasten und Böschungswinkel

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Auszug aus SiA 261 - Raumlasten, Flächenlasten und Böschungswinkel

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 12

7) Lasten auf geneigten Flächen Im Rahmen unseres Kurses genügt es, bei diesem Kapitel nur das Grundsätzliche (hier in roter Schrift) bei Lasten auf geneigten Flächen zu kennen. Die Berechnungsformeln müssen deshalb nicht unbedingt gelernt zu werden und werden nicht Bestandteil von Prüfungsaufgaben sein.

Bei Lastangaben auf geneigte Flächen muss man achtgeben, ob die Werte

pro m2 geneigte Fläche oder pro m

2 Grundrissfläche angegeben sind.

Bei verschiedenartigen Angaben werden alle Werte auf die geneigte Fläche, oder oft

auch auf die Grundrissfläche projiziert umgerechnet.

Ständige Lasten auf geneigten Flächen

Zu den ständigen Lasten gehören Eigengewichte von Decken, Ueberzügen und Beläge, Wände, Dacheindeckungen usw.

Das Eigengewicht wird meist pro m2 geneigte Fläche angegeben.

Ständige Last

1.00 m

gt

gn

g

gn = g x cos gt = g x sin

Für die Berechnung ist es aber oft bequemer, wenn ein System in den Grundriss projiziert wird; dabei vergrössert sich aber g:

g'

gdelta s

1.00 m

Wird also ein System in den Grundriss projiziert, muss also an Stelle von g mit g' gerechnet werden,

delta s = 1.00 m / cos g' x 1.00 m = g x delta s

= g x 1.00 m / cos

g' = g / cos

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 13

Nutzlasten auf geneigten Flächen

Die Nutzlasten werden pro m2 Grundrissfläche angegeben.

Bei schief gelagerten Tragwerken ergeben sich deshalb folgende Beziehungen :

delta s

1.00 m

q

q'

qt'

qn'q '

qn ' = q' x cos = q x cos2

qt ' = q' x sin = q x cos x sin

q x 1.0 m = q' x delta s

delta s = 1.0 m / cos

q' = q x cos

( q' wirkt senkrecht )

Beispiel: Lastberechnung nach SIA 261

Tragsicherheit

Meereshöhe in m : 1450 Dachneig. in Grad : 15

Zuschlag in m : 200 Eigengewicht Dach : 0.6 kN/m2

Schneelast s in kN/m2 : 9.29 Dachformbeiw. 0.800

Kennw. Schneelast q = 7.43 kN/m2

Schnee horizontal : 7.43 kN/m2 Eig. horizontal : 0.62 kN/m2

Total horizontal : 8.05 kN/m2

Schnee senkr. z. Dach: 6.93 kN/m2 Eig. senkr. z. Dach: 0.58 kN/m2

Total senkr.z. Dach: 7.51 kN/m2

Schnee in Dachneigung: 1.86 kN/m2 Eig. in Dachneigung: 0.16 kN/m2

Total in Dachneigung: : 2.01 kN/m2

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8) Beispiele zu Lastenberechnungen

a) Betondecke in Wohngebäude

b) Ziegeldach auf 800 m ü. Meer (Region Rheintal) Diese Aufgabe braucht im Rahmen unseres Kurses nicht gelöst zu werden. Sie ist dient für Interessierte zum besseren Verständnis vom Kap. 7

Aufgabe : Berechnung der ständigen Lasten und der Schneelasten pro m

2.

Ständige Lasten : Dacheindeckung aus Flachziegeln, Sparren, Latten und Schalung.(24mm) Lastangaben sowohl senkrecht zur Dachebene als auch in den Grundriss projiziert.

30 Grad

Schneelas t

Ständige Las t

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c) Betondach auf Stützen Aufgabe: Berechnung der maximalen Stützenlast im Punkt X Dach: 1'250 m ü. Meer – Region Rheintal

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d) Verteilung von Deckenlasten auf Wände

Aufgabe : Berechnung der Wandlasten W1 bis W3 aus Eigenwicht Decke und Wände auf OK Fundamentplatte. Lastangaben in kN/m auf k-Niveau

Lösung

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 17

e) Holzdecke auf Aussenwände

Gesucht: Auflagerlast ( in kN/m’) auf Wände infolge Nutzlast Kat. D und Eigengewicht der Decke

Lösung

-- Berechnung ohne Bemessungsfaktoren Nutzlast: Kat. D qk = 5.0 kN/m

2 (aus SIA-Norm)

Eigengewicht: (Raumgewicht Holz = 5.0 kN/m3)

Holzbohlen d = 50 mm: gk = 0.05 ∙ 5.0 = 0.25 kN/m2

Holzbalken 100/240 a=600 mm (mit Abstand 600 mm → 1’000/600 = 1.67 Balken/m) gk = 1.67 ∙ 1.00 ∙ 0.10 ∙ 0.24 ∙ 5.0 = 0.20 kN/m

2

Holzdecke d= 19 mm gk = 0.019 ∙ 5.0 = 0.10 kN/m2

Total Eigengewicht: gk = 0.55 kN/m

2

Deckengewicht pro m

2 infolge Nutzlast und Eigengewicht:

qk + gk = 5.0 + 0.55 = 5.55 kN/m2

Wandauflast pro m’ infolge Nutzlast und Eigengewicht: qk + gk = (4.0/2 +0.2) ∙ 5.55 = 12.2 kN/m’

-- Berechnung mit Bemessungsfaktoren Lastfaktor für Nutzlast γQ = 1.5 Lastfaktor für ständige Last und Eigengewicht γG = 1.35 Deckengewicht pro m

2 infolge Nutzlast und Eigengewicht:

qd + gd = 1.5 ∙ 5.0 + 1.35 ∙ 0.55 = 8.24 kN/m2

Wandauflast pro m’ infolge Nutzlast und Eigengewicht: qd + gd = (4.0/2 +0.2) ∙ 8.24 = 18.1 kN/m’

-- Holzbohlen d=50 mm -- Holzbalken 100/240 mm, a=600 mm -- Holzdecke d= 19 mm

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9) Beispiel für die Dokumente

‚Nutzungsvereinbarung’ und ‚Projektbasis’

Es gibt viele Möglichkeiten zur Erstellung dieser Dokumente, die folgenden Auszüge sollen nur zeigen, was diese Dokumente sind und was sie enthalten können.

Objekt : Mehrfamilienhaus mit Hangsicherung

I) N U T Z U N G S V E R E I N B A R U N G Wo nichts speziell vereinbart wird, gelten die Lastannahmen nach SIA 261

a) Fundamentplatte Untergeschoss - Wasserdichter Beton, normale Anforderungen, Annahme: Hangwasser

-> Platte d = 30 cm , mit Verstärkungen unter Stützen -> OK Platte mit allseitigem Gefälle, - Nutzlast überall 10 kN/m2

b) Wände und Stützen Untergeschoss - Wände gegen Elementwand :

Wasserdichter Beton, normale Anforderungen -> Wandstärke = 30 cm - Übrige Aussenwände :

Wasserdichter Beton, normale Anforderungen -> Wandstärke = 25 cm - Stützen Beton B 40/30 , 35/35 cm Elementstützen

c) Decke über Untergeschoss

- Massivbetondecke d =35 cm stark, OK im Gefälle , Aufrauhen mit Rechen - Auflast : max. 12 cm Belag/ Überzug : g = 2 kN/m2 - Nutzlast : Kat E (Verkehrs- und Abstellfläche für leichte Fahrzeuge)

d) Wände und Stützen Erdgeschoss Alle Wände und Stützen zur Aufnahme der Vertikal- und Horiz.lasten.

Wände : Massivbeton d = 20 cm Stützen : Betonstützen gem. Beilageplan

d) Decke über EG

- Massivbetondecke d = 32 cm, Nutzlast : 2 kN/m2

e) Wände und Stützen im EG, 1.OG und 2.OG Alle Wände und Stützen zur Aufnahme der Vertikal- und Horiz.lasten.

- Innenwände : Massivbeton d= 20 cm

f) Decke über 1.OG

- Massivbetondecken d = 20 cm, Nutzlast : 5 kN/m2

g) Decke über 2.OG

- Massivbetondecken d = 20 cm, Nutzlast : 5 kN/m2

h) Decke über 3.OG ( Dach) - Sparrenlage, Nutzlast : Schnee

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 19

II) P R O J E K T B A S I S

a) Anforderungen an die Sicherheit : Anforderungen gem. SIA Normenwerk

b) Gefährdungsbilder bzw. Leiteinwirkungen

- Bauphase : * Baugrubenwand, * Erddruck auf Wände, * Eigenlasten

- Nutzungsphase * Auflasten, * Erddruck auf Wände, * Eigenlasten * Nutzlasten : Nutzlasten im Gebäude, Schnee, Wind * Brand, * Erdbeben

c) Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit

* Auflasten - Bemessung gem. SIA 260 bis 265 - Kontrolle der Abmessungen während der Bauausführung - Überwachung während der Nutzung betr. Änderungen

* Baugrund - Überprüfung der angenommenen Baugrundverhältnisse während der Ausführung. - Sicherung der Baugrube mit verankerter Elementwand gem. sep. Konzept 'Baugrubensicherung' und gem. geol. Bericht

* Eigenlasten : gem. SIA - Normen, siehe Angaben im Lastenplan M 1 : 50

* Nutzlasten : gem. SIA - Normen, siehe Angaben im Lastenplan M 1 : 50

* Schnee : Bemessung gem. SIA 261 - Höhenzuschlag 200 m

* Wind : gem. SIA 261

* Brand : Bemessung aller Bauteile auf Brandsicherheit BW 60

* Erdbeben : - Gefährdungszone Z2, Bauwerksklasse I - Bauliche Massnahmen gem. SIA 261, zif.16.4

Diese Dokumente ‚Nutzungsvereinbarung’ und ‚Projektbasis’ können

selbstverständlich je nach Objektart und eigener Darstellung der Projektierenden

verschieden aussehen.

Wichtig ist aber, dass die in den Normen geforderten Unterlagen und die speziellen

Abmachungen, Absprachen enthalten sind .

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GrundlagenStatik/Festigkeitslehre - Einwirkungen auf Tragwerke - g.bettschen - S. 20

Baustellen