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65 3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen 3 Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen Prof. Dr.-Ing. habil. H. Roscher, Chem.-Ing. J. Ahrens, Dr. rer. nat. S. Rödiger 3.1 Rohrmaterialien und Herstellung (Produktion und Eigenschaften) 3.1.1 Zur Entwicklung der Rohrleitungs- technik Bleirohrleitungen zur Römerzeit Die „Rohrleitungstechnik“ ist mindestens 6000 Jahre alt, wie Funde aus dem Euphratgebiet bezeugen. Ge- naue Kenntnisse über die Herstellung und Verwendung von Rohren liegen aus der Römerzeit vor, wo man so- wohl gegossene Rohre als auch aus Metallblechen ge- bogene und verlötete Bleirohre verwendete. Die Abb. 3.1 zeigt Bleirohrleitungen aus Pompeji; innerhalb der Gebäude wurden Bleirohrleitungen auch unter Putz verlegt. Abb. 3.1: Pompeji – Bleirohre und Castellum aquae an der Porta vesuvio

3 Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen · Das im Winter geschlagene Rohholz wurde ... Eine auf der Baustelle aufgebrachte Um- ... Korrosionsschutz-System für alle Bodenaggressivitä-ten,

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3 Sanierung und Erneuerung von WasserrohrnetzenProf. Dr.-Ing. habil. H. Roscher, Chem.-Ing. J. Ahrens, Dr. rer. nat. S. Rödiger

3.1 Rohrmaterialien und Herstellung (Produktion und Eigenschaften)

3.1.1 Zur Entwicklung der Rohrleitungs-technik

Bleirohrleitungen zur Römerzeit

Die „Rohrleitungstechnik“ ist mindestens 6000 Jahrealt, wie Funde aus dem Euphratgebiet bezeugen. Ge-

naue Kenntnisse über die Herstellung und Verwendungvon Rohren liegen aus der Römerzeit vor, wo man so-wohl gegossene Rohre als auch aus Metallblechen ge-bogene und verlötete Bleirohre verwendete. Die Abb.3.1 zeigt Bleirohrleitungen aus Pompeji; innerhalb derGebäude wurden Bleirohrleitungen auch unter Putzverlegt.

Abb. 3.1: Pompeji – Bleirohre und Castellum aquae an der Porta vesuvio

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Abb. 3.2: Pompeji – Wasserverteilungssystem [Nappo, 1998], Ergänzungen zur Wasserversorgung durch Verfasser

Toilettenanlagen zur RömerzeitIn der Hafenstadt Roms Ostia am heute verlandetenUfer des Tibers sind die in Abb. 3.3 gezeigten Toiletten-anlagen mit einer Schwemmkanalisation zu finden. Inden weiteren Abb. 3.4 von Rom ist das Stadtmodell mitden Aquädukten und ein instand gesetztes Teilstück ei-nes Aquäduktes zu sehen.

römische WasserversorgungenAquädukte römischer Wasserversorgungen sind in al-len Mittelmeerländern, welche von den Römern besetztwaren (Frankreich, Spanien, Portugal, Nordafrikausw.), zu finden, aber auch in Deutschland für die Was-serversorgung von Köln (Colonia) die so genannte Ei-felleitung mit einer Länge von 100 km.

Abb. 3.3: Rom – Ostia: Toilettenanlagen

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Abb. 3.4: Rom – Aquädukt a) Stadtmodell b) Reste eines Aquäduktes

3.1.1.1 Holzrohrleitungen für die mittelalterli-che Wasserversorgung

(Textauszug aus [Roscher, 1999], Abschnitt 3.1)Die frühmittelalterlichen Städte entstanden hauptsäch-lich an Flüssen, also auf wasserführenden Schichten.Bei nicht ausreichendem Wasservorkommen wurde esin künstlich angelegten Wasserläufen in die Städte ge-leitet und ggf. mittels eines die Straßen durchziehendenGrabensystems auf das Stadtgebiet verteilt.Gefahren für mittelalterliche WasserversorgungDie immer dichter werdende Besiedlung innerhalb derStadtmauern erforderte eine ständig wachsende Anzahlvon Grundwasserbrunnen, die sich in unmittelbarerNachbarschaft von Kloaken befanden. VerheerendeSeuchen waren die Folge, denen erst durch medizini-sche Erkenntnisse am Ende des 19. Jahrhunderts undden Fortschritten der Wasserversorgungstechnik Ein-halt geboten werden konnte.Im 12. und 13. Jahrhundert erfolgten zahlreiche Stadt-gründungen und bestehende Städte erweiterten sich.Die Weiterentwicklung der Wasserversorgungstech-nik ermöglichte Wasserbauvorhaben wie Wasserhebe-anlagen und Röhrwasserleitungen auszuführen. Vor-aussetzung dafür war ein hochentwickeltes Handwerk,welches in der Lage war, sog. Wasserkünste zu bauenund Holzröhren zu bohren. Erfindungen dieser Zeit wieder Eisenguss (14. Jahrhundert) blieben aufgrund derhohen Herstellungskosten auf einige Schlossanlagenbeschränkt.Die Bedeutung der Röhrwasserversorgung nahm zwarseit dem Mittelalter ständig zu, da sie aber betriebsunsi-cher war und durch Zerstörungen außerhalb der Stadt-mauern unterbrochen werden konnte, wurden dieGrundwasserbrunnen nicht beseitigt.Röhrwasserversorgung / WasserkünsteFür die Röhrwasserversorgungen wurden hauptsächlichgebohrte Holzröhren verwendet, die jedoch eine be-grenzte Lebensdauer besaßen. Stand kein ausreichendesDruckgefälle zur Verfügung, so musste es mittels Was-serkünsten geschaffen werden. Als Wasserkünste be-zeichnete man verschiedenartige Wasserhebemaschi-nen einschließlich der Gebäude, in denen sieuntergebracht waren (in Thüringen Altenburg, Arn-stadt, Nordhausen und Gera).Technisch sind zwei Grundarten zu unterscheiden, ent-weder sind an einem Mühlrad, das vom Fluss angetrie-

ben wird, Schöpfgefäße befestigt, die sich selbsttätig ineinen Behälter entleeren, oder es wurde mittels einerPumpe das Wasser auf die erforderliche Höhe gedrückt,ggf. auch mehrfach.Der Bau der Wasserkünste ist durch den Bergbau starkbeeinflusst worden, denn bereits G. Agricola beschriebdie Einrichtungen für das Berg- und Hüttenwesen.Zwei der bekanntesten Wasserkünste sind die „RoteKunst“ in Leipzig und das „Blausternwerk“ in Nürn-berg. Die Kolbenstangen wurden über waagerechteKipphebel und lange Gestänge von der Kurbelwelle ausangetrieben; das etwa 1450 gebaute Brunnenwerk „Beiden sieben Kindern“ in Augsburg arbeitete dagegen mitübereinander angeordneten Schrauben.Druckrohrleitungen aus HolzDruckrohrleitungen wurden aus Nadel- und Laubholz(Kiefern-, Fichten-, Lärchen-, Buchen- und Erlenholzhergestellt. Das im Winter geschlagene Rohholz wurdeentrindet und in 2 bis 4 m lange Rohrstücke zersägt.Die Röhrenherstellung erfolgte an Handbohrstühlenfolgendermaßen: „Mit kleinen Handbohrern wurde vor-gebohrt, damit der einbohrige Röhrenbohrer fassenkonnte. Dieser wurde 5 bis 8 mal herumgedreht, dannzog man den Span heraus. Das musste solange wieder-holt werden, bis die Hälfte der Rohrlänge ausgebohrtwar. Die fertigen Röhren verstopfte man mit Heu oderGras, um ein Reißen zu vermeiden“. Nach dem erstenBohrgang folgten weitere, nach der Anzahl der Bohr-gänge wurden die Innendurchmesser als ein- bis fünf-bohrig unterschieden.technische Daten HolzrohrleitungenInnerhalb der Städte wurden die Leitungen im Allge-meinen in nur geringer Tiefenlage im Straßenquer-schnitt verlegt, da die Rohrleitungen oft auszuwechselnwaren. Die Gebrauchsdauer der Leitungen betrug 10 bis30 Jahre und wurde neben der Verlegetiefe (Leitungs-zerstörung durch Frost) insbesondere durch den umge-benden Boden bestimmt (in Sandboden kürzere Le-bensdauer). Die Wasserverluste hingen von derBodenart und Feuchtigkeit, von der Leitungslänge, vonder Art der Rohrstöße, vom Alter und der Verschmut-zung der Leitungen ab (Begrenzung der Leitungslänge5–6 km durch Wasserverluste). Die Leitungen musstenoft gereinigt werden, da durch die geringe Fließge-schwindigkeit sich Stoffe ablagerten; hierzu mussteman Rohre herausnehmen und reinigte z. T. mit anein-andergebundenen Haselruten und einer Kratzbürste.

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Die Abb. 3.5 und Abb. 3.6 zeigen einen Ausschnitt auseiner Karte von Weimar (Fotos und Bergungshilfedurch den Verfasser) mit Eintragung von Leitungenund 1999 bei Straßenbauarbeiten in Weimar (Am Gra-ben) freigelegte Holzrohrleitungen.

Abb. 3.5: Kartenausschnitt mit Trassen der mittelalterli-chen Wasserversorgung mit Holzrohrleitungen in Weimar [Roscher, 1999]

Abb. 3.6: Bergung von Holzrohrleitungen in der Innenstadt von Weimar 1999

Abb. 3.7: Bohrwerkzeuge für das Röhrenbohren [Roscher, 1999]

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3.1.1.2 Gussrohreerste Gussleitungen

Seit dem 14. Jahrhundert wurde die Herstellung von Ei-sen- und Stahlgussrohren möglich und Gussleitungenfanden seit dem ausgehenden Mittelalter Verwendungfür Laufbrunnenversorgungen und für die Versorgungvon Schlössern und Burgen (z. B. Schloss Dillen-

burg/Lahn 1455, Schlosswasserleitung Braunfels1661). Für die Wasserversorgung der Gärten und Fon-tänen des Schlosses Versailles wurden Gussrohre mitachteckigen Flanschverbindungen verwendet, wie dieAbb. 3.8 (Foto Verfasser) zeigt.

Abb. 3.8: Gussrohrleitung der Wasserversorgung der Gärten und Fontänen des Schlosses Versailles 1680 (Fotoauf-nahmen in Pont a Mousson)

Mit der Entwicklung der Gasversorgung wurden Guss-leitungen für den Gastransport eingesetzt (1827 Berlin,1838 Aachen, 1854 Frankfurt), in der Wasserverteilungwurden Gussrohre 1848 in Hamburg und nachfolgendin allen Städten eingesetzt [FGR, 1983 und 1996].Im 19. Jahrhundert tauschte man in einigen StädtenHolz- und Bleileitungen gegen gusseiserne aus, z. B. inArnstadt, ohne eine „einheitliche“ Wasserversorgungzu bauen [Roscher et al., 2000].junge RohrwerkstoffeLiterarische Grundlage für Gussrohrleitungen ab Mittedes 19. Jahrhunderts stellen die Quellen [FGR, 1983und 1996] und [Roscher et al., 2000] dar.In den ersten zentralen Wasserversorgungssystemen(sog. „einheitliche“ Wasserversorgung) verwendeteman Graugussleitungen, welche z. T. heute noch in Be-trieb sind. Anfang des 20. Jahrhundert kamen Stahl-rohrleitungen hinzu. Die ersten Druckrohrleitungen ausSpannbeton folgten in den 30er Jahren und ab 1930 er-folgte der Einsatz von Asbestzementrohren in deut-schen Städten (1913 von Mazza in Italien entwickelt).Die PVC-Rohrfertigung für die chemische Industrie be-gann 1935, in der Wasserversorgung wurden sie abererst in den 60er Jahren verstärkt eingesetzt. PE-Rohrewerden seit den 60er Jahren und PEX-Rohre seit den90er Jahren produziert. Schutzmantel-Kunststoffrohre(SLM) mit einer Alu-Folie als Diffusionsschutz werdenseit Ende der 90er Jahre produziert.Wesentliche Entwicklungen gab es auch im Bereich derRohrverbindungstechnik – so sind Flansch-, Muffen-,Schweiß- und Klebeverbindungen, nicht zug- bzw. zug-fest, lösbar bzw. nicht lösbar, abwinkelbar usw. zu un-terscheiden.Gussrohre wurden bis 1885 liegend gegossen, spätereinzeln stehend (Abb. 3.9), danach in so genanntenGießkarusselmaschinen. Der Kontakt mit dem im Gies-sand enthaltenen SiO2 verlieh diesen bis in die 20erJahre hergestellten Rohren eine hohe Korrosionsbestän-digkeit (diese Rohre sind in der Regel durch ihre un-gleichmäßige Wandstärke erkennbar – siehe Abb. 3.11).

a) verlorener Kopfb) Eingusstrichterc) Formkastend) Formsande) Kernspindelrohrf) Strohseil oder Holzwolle-Umwicklungg) Muffenkernh) Muffenklappei) Verschlussring

Abb. 3.9: Standgussverfahren [FGR, 1983 und 1996]

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junge RohrwerkstoffeDie Herstellung von Gussrohren im Schleudergussver-fahren (Abb. 3.10) wurde in Deutschland 1926 einge-führt (Großversuchsanlage 1923), wobei in wasserge-kühlten, rotierenden und axial verfahrbarenDauerformen (Kokillen) mit annähernd waagerechterRotationsachse über eine feststehende Gießrinne dasflüssige Eisen zugeteilt wurde. Diese Rohre besitzen

eine geringere, aber gleichmäßige Wandstärke, aberdurch das Fehlen des Giessandes und des enthaltenenSiO2 eine geringere Korrosionsbeständigkeit.GussrohrfestigkeitenGleichzeitig konnte die Festigkeit von sandgeformtenRohren von 120 N/mm2 beim Schleudergießen auf 200N/mm2 gesteigert werden.

Abb. 3.10: Schleudergussverfahren (Schema) [FGR, 1983 und 1996]

Abb. 3.11: Gussrohre mit unterschiedlicher Wandstärke vor und nach der Bearbeitung – Rohrstück mit Stemmmuffe; Teilstücke für die Rohruntersuchung; Rohrstück mit Inkrustierung, die ungleichmäßige Wandstärke ermöglicht die Zuordnung zur 1. Generation der Graugussrohrherstellung (Standguss)

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.12: Gussrohr mit Graphitierungserscheinungen, Bruchstücke mit Graphitierung [Roscher et al., 2000]

Herstellungsprozess ab 1950Um 1950 gelang durch metallurgische Maßnahmen dieprozesssicher reproduzierbare Beeinflussung der Gra-phitform in Richtung rein kugeliger Ausbildung, wobeisich die Behandlung der Schmelze mit Magnesiumdurchgesetzt hat. Die Graphitkugeln heben die innereKerbwirkung im Werkstoff weitgehend auf, wodurchE-Modul, Zugfestigkeit und Verformbarkeit (= Duktili-tät – duktiles Gusseisen) stark zunehmen. Durch einethermische Nachbehandlung, bei welcher der infolgeder hohen Abkühlgeschwindigkeit zunächst gebildeteZementit (Fe3C) in Eisen (Ferrit) und Graphit zerlegtwird, erreicht das ferritische Gusseisen mit Kugelgra-phit eine Zugfestigkeit von mindestens 420 N/mm2

(siehe Abb. 3.13).VerbindungstechnikenIn der Verbindungstechnik erfolgten ebenfalls wesentli-che Änderungen – ab Mitte des 19. Jahrhunderts kamdie Stemm-Muffenverbindung auf und war bis in diedreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts gebräuchlich, 1931wurde die Schraubmuffe „Union“ eingeführt, 1936kam die in DIN 28602 genormte Stopfbuchsenmuf-fen-Verbindung im Nennweitenbereich von DN 500bis DN 1200 auf. 1957 wurde aus den USA die Steck-muffenverbindung TYTON mit der gekammertenDichtung eingeführt. Ab 1970 folgten erste zugfesteVerbindungen, formschlüssig mit Schweißwulst aufdem Einsteckende und einer vorgegossenen Rückhalte-kammer, reibschlüssig mit Krallen, die in der Dichtungeinvulkanisiert wurde und sich in der Oberfläche desEinsteckendes einkrallen (TYTON-SIT DN 80 bisDN 400). 1988 kam die Weiterentwicklung NOVOSIT(DN 80 bis DN 1000) auf, bei der die Dichtung und dieZugsicherung in zwei getrennten Kammern des Muf-fenprofils untergebracht sind.Zum Schutz gegen Rostbildung verwendete man ge-schmolzenen Heißasphalt, in den die erwärmten Rohregetaucht wurden. Die Tauchasphaltbeschichtung wurdeab Anfang der sechziger Jahre von Bitumenlacken alsäußerem Korrosionsschutz abgelöst, der ab 1965 mit ei-ner metallischen Spritzverzinkung kombiniert wurde.Weitere Entwicklungen der ausgehenden siebzigerJahre waren die PE-Umhüllung und die Faserzemen-tumhüllung. Eine auf der Baustelle aufgebrachte Um-hüllung aus Polyethylen-Folie vervollständigte das

Korrosionsschutz-System für alle Bodenaggressivitä-ten, die nach DIN 50 929, T3, bestimmt und entspre-chend DIN 30 675, T2, der passenden Rohrumhüllungzugeordnet wird.Nach DIN 30 675, T2, sind PE-Umhüllungen (DIN EN14628), sowie Umhüllungen aus faserverstärktem Ze-mentmörtel (DIN EN 15542) für alle Bodenarten geeig-net. Bei einer Bettung in neutralen Sand kann auch dieSchutzart „Zink mit Deckbeschichtung“ in allen Bö-den, außer in aggressivem Grundwasser; eingesetztwerden.Rohre mit Faserzement-Umhüllung können ohne Sand-bett in steinigen Böden aller Art eingebaut werden. Derinnere Korrosionsschutz mittels Zementmörtelausklei-dung wurde etwa ab 1970 eingesetzt. Ihre trinkwas-serhygienischen Eigenschaften wurden zunächst in An-lehnung an die KTW-Empfehlungen, ab dem Jahr 2000durch das DVGW-Arbeitsblatt W 347 bestimmt. Die ebenfalls angewandte Epoxidharzbeschichtungnach DIN EN 14901 wird für Formstücke angewandt,welche nach DIN EN 545 für Böden aller Aggressivi-tätsklassen geeignet ist.Die Zementmörtelauskleidung wird sowohl für Rohreals auch für Formstücke angewandt ( DIN EN 545); dieGesamtschichtdicke beträgt 2,5 bis 9 mm.Die Zink-Deckbeschichtung bewirkt bei Verletzungender Umhüllung eine Vernarbung in feuchten Bödendurch schwer lösliche Zinkreaktionsprodukte (Reaktionvon Zink mit Bestandteilen des umgebenden Bodens).Die mehrschichtige Zementmörtel-Umhüllung bestehtaus

• dem Zink-Überzug• einer Zwischenschicht (Zwei-Komponen-

ten-Kunstharz) und der• faserhaltigen Zementmörtelschicht.

Die Zwischenschicht kann bei kunststoffmodifiziertemZementmörtel entfallen (ZM-Umhüllung nach DIN30 674-2). Das Aufbringen der ZM-Schicht kann imSpritz- oder Extrusionsverfahren erfolgen.Entwicklungsschritte Gussrohrtechnik

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Zusammenfassend sind als wesentliche Entwicklungs-schritte zu nennen:

• Grauguss (Gusseisen mit Lamellengraphit) in Sand geformt und ab 1926 im Schleudergießver-fahren hergestellt (GG 1. und 2. Generation)

• Duktile Schleudergussrohre ab 1956 in der BRD (GGG 1. Generation)

• Bis 1968 mit Bitumenlack gegen Korrosion ge-schützt, ab 1968 Zink mit bituminöser Deckbe-schichtung.Ab 1979 PE-Umhüllung und Faserzementumhül-lung (GGG 2. Generation)Ab 1965 werkseitige Zementmörtelauskleidung

Abb. 3.13: Inovationsschritte in der Gussrohrtechnik

3.1.1.3 StahlrohreQuelle: [Roscher et al., 2000].Entgegen dem früheren Sprachgebrauch versteht manunter „Stahl“ alle ohne weitere Nachbehandlungschmiedbaren Eisenlegierungen. Stahl zeichnet sichbesonders durch hohe Elastizität und gute Bildsamkeitaus. Diese Eigenschaften gestatten alle Stähle warmoder kalt durch Walzen, Ziehen, Pressen oder Schmie-den beliebig zu verformen [Mannesmannrohre 1950]. Die Kohlenstoffstähle für die Herstellung von Stahl-rohren (legiert und unlegiert) werden heute nach dembasischen Oxygenverfahren hergestellt (im LD-Kon-verter wird durch Sauerstoffaufblasen der Kohlenstoff-gehalt und der Eisenbegleiter – Si, Mn, P eingestellt).Desweiteren werden gleichartige Stähle auch im Elek-troofen erschmolzen (teilweise mengenabhängig). InKohlenstoffstählen sind die Begleitelemente Mangan,Silizium, Schwefel, und Phosphor enthalten, als le-gierte Stähle bezeichnet man solche, bei denen dieFestigkeitseigenschaften bzw. das Verhalten in derWärme und gegen chemische Einflüsse durch Zusätzevon Mangan, Silizium, Molybdän, Chrom, Titan, Ni-ckel u.a. gezielt eingestellt werden.Seit Anfang des 19. Jahrhunderts versuchte man Stahl-rohre aus Blechstreifen zum Rohr zu biegen und dieNaht zu schließen.nahtlose StahlrohreDie Erfindung, nahtlose Stahlrohre durch Schrägwal-zen herzustellen, geht auf das Patent der GebrüderMannesmann (1886) zurück. Die industrielle Verwer-tung des Verfahrens durch Brüser 1891 führte zu einerkapazitätsmäßig geringen Fertigung in den Jahren1891–1894 für Durchmesser bis 236 mm. Um 1894wurde die Produktion wieder eingestellt und erst 1901in einem Werk in Düsseldorf-Rath (Mannesmann) wie-

der aufgenommen. Entsprechend der Entwicklung derProduktionsanlagen wurden nahtlose Rohre in folgen-den Dimensionen gefertigt: ab 1902 bis 308 mm, ab1905 bis 404 mm und ab 1923 bis 620 mm.geschweißte StahlrohreRohrleitungen größerer Durchmesser konnten als ge-schweißte Rohre mit Längsnaht von verschiedenenFirmen hergestellt werden. Einige Städte setzten ab1905/06 aufgrund des hohen Ausstoßes und gefallenerPreise bei Neuanlagen Stahlrohre ein.Um die Jahrhundertwende hatte sich bereits das Muf-fenrohr durchgesetzt, Flanschrohre wurden nur verein-zelt verwendet. Die Dichtung erfolgte mit Hanfstrickund Bleiring (Stemmmuffen), aber es wurden auch be-reits gummidichtende Verbindungen eingesetzt.RohrverbindungenAls Rohrverbindungen wurden in den 30er und 40erJahren eingesetzt: Schweißverbindungen (Stumpfstoß-,Einsteck- und Kugelschweißmuffe), gummidichtendeVerbindung (besonders die Sigurmuffe auch bei hohenBetriebsdrücken). Stemmmuffenverbindungen wurdennicht mehr angewandt.Korrosionsschutz StahlrohreDie Stahlrohrindustrie setzte sich bereits sehr früh mitKorrosionsfragen auseinander. Zum Schutz der Rohrewurden metallische und nichtmetallische Überzüge(Verzinkung für die Hausinstallation) angewandt. BeimInnenschutz wurde unterschieden in:

• normale Schutzschicht, aufgebracht durch Tau-chen oder Anstrich, geeignet für alle nicht angrei-fenden oder zu Schutzschichtbildung neigenden Wässer;

• verstärkte Schutzschicht von 1 bis 2 mm, aufge-bracht durch Einschleudern reinen geblasenen Bi-tumens, geeignet für angreifende Wässer mit Tem-peraturen bis zu 30°C;

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

• starke Schutzschicht aus gefülltem Bitumen (4 mm), aufgebracht im Schleuderverfahren, geeig-net für stark angreifende Abwässer mit Tempera-turen bis etwa 55 °C.

Der Außenschutz bestand aus einer durch Tauchen oderAnstrich aufgebrachten Grundschicht aus bituminöserMasse und der Wickelschicht, bestehend aus Wickel-masse und der zur Aufbringung der Wickelmasse die-nenden imprägnierten Wollfilzpappe, welche gleichzei-tig einen mechanischen Schutz der Wickelmassedarstellt. Bei stark angreifenden Bodenarten und bei be-sonders schwierigen Verlegeverhältnissen (Düker)wurde eine doppelte Wicklung mit Rohrschutzmasseund Wollfilzpappe aufgebracht (angreifende Böden:Ton, Lette, Mergel, Torf und Moor, Müll- und Aschen-oder Schlackenanschüttungen).Schutzmaßnahmen StahlrohreBesondere Innenschutzmaßnahmen waren erforder-lich:

• für aggressive Wässer (weiche und sauerstoffrei-che Wässer, saure Wässer, Wässer mit hohem Salzgehalt, insbesondere an Chlorid und Sulfat, an Magnesium und Alkalien gebunden, bzw.

• bei ungünstigen Verhältnissen von Kalk und Koh-lensäure und Wässern mit gestörtem Kalk-Kohlen-säure-Gleichgewicht;

• für hochaggressive Durchflussmittel (Bitumenaus-kleidung in einer Dicke von 4 bis 6 mm).

Als Außenschutz wurden gefüllte, d. h. mit Zusätzenversehene Schutzmassen auf der Basis von Erdölbitu-men oder Steinkohlenteerpech verwendet (Grundan-strich, Wickelschicht, bestehend aus Bitumen und Glas-vlies-Umhüllung und Kalkanstrich gegenSonnenbestrahlung).Auf dem Gebiet des Korrosionsschutzes wurden in denletzten 30 Jahren wesentliche Weiterentwicklungen be-trieben, Der Innenschutz erfolgt seit Mitte der

80er-Jahre standardmäßig mit Zementmörtel. Der Au-ßenschutz wird standardmäßig durch eine Drei-schicht-Polyethylen-Umhüllung bestehend aus elektro-statisch aufgebrachten Primerbeschichtung aufEpoxidharzbasis, extrudierter oder als Pulver applizier-ter Kleberschicht und Polyethylen-Umhüllung darge-stellt. Seit 1980 werden darüber hinaus Zementmörte-lummantelungen als zusätzliche mechanischeSchutzmaßnahmen eingesetzt (siehe Abb. 3.15). Stahlrohre für die Rehabilitation von Rohrleitungensind gekennzeichnet durch eine, auf den jeweils vorge-sehenen Anwendungsbereich abgestimmte Festlegungvon Festigkeiten und Wanddicken. Dies gilt nicht nurfür die Neuverlegung, sondern auch für die grabenloseVerlegeweisen. Hier können mit zunehmender Werk-stoffgüte kleinere Biegeradien und größere Zugkräfterealisiert werden. Weitere Möglichkeiten dazu bietetauch die Variation der Rohrwanddicke. Zusammenfassend können aufgrund der historischenEntwicklung die Stahlrohrgenerationen primär aufBasis des Korrosionsschutzes unterschieden werden:

1. Generation ohne oder mit unzureichendem Korrosionsschutz (bis etwa 1940),

2. Generation mit Korrosionsschutz auf Bitu-menbasis und den ersten Formen der Polyethylenumhüllungen (1940 bis 1980),

3. Generation heutiger Standard bestehend aus dreischichtiger Polyolefinumhül-lung und Zementmörtelausklei-dung (ab 1980),

Stahlrohre aus der DDR-Zeit sind auf Grund des unzu-reichenden Korrosionsschutzes der 1. bzw. 2. Genera-tion zuzuordnen.

Abb. 3.14: Jutearmiertes Rohr aus den 30er Jahren (Verrottung der Jutearmierung, nach Bearbeitung der Rohrprobe zeigt sich ausreichende Restwandstärke für Zementmörtelauskleidung)

3.1.1.4 Zementmörtel-Auskleidung von Guss- und Stahlrohren

Quelle: [Roscher et al., 2000].Analog zur Zementmörtel-Auskleidung von liegendenRohrleitungen (1958 Hamburg, 1958 und 1959 Dort-mund) begann 1958 die Gussrohrindustrie der Bundes-republik Deutschland, sog. ZM-Rohre (wie Rohre mit

Zementmörtelauskleidung kurz genannt werden) herzu-stellen, 1963/64 folgten die Stahlrohrhersteller Phoenixund Mannesmann und 1967 Hoesch.In der DDR wurden ebenfalls zementmörtelausgeklei-dete Stahlrohre in Bitterfeld hergestellt und durch wis-senschaftliche Untersuchungen begleitet.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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EigenschaftenWesentliche Eigenschaften zementmörtelausgekleide-ter Rohre sind:

• hohe Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion,• gleichmäßige und glatte Rohrinnenoberfläche, da-

her geringer Reibungswiderstand,• keine Inkrustationsbildungen und damit bei unver-

änderten Betriebsverhältnissen Erhaltung der För-derkapazität,

• große Festigkeit und Gleichmäßigkeit der Mörtel-schicht und damit große Widerstandsfähigkeit ge-gen mechanische Beanspruchungen bei gleichzei-tig hoher Abriebfestigkeit,

• Temperaturbeständigkeit, so dass Schweißverbin-dungen – also hochfeste kraftschlüssige Verbin-dungen – auch bei kleinen Rohrdurchmessern ge-wählt werden können.

Für das Verhalten der Zementmörtelschicht sind Vor-gänge bei der Erhärtung ausschlaggebend. Es muss da-bei genügend Feuchtigkeit vorhanden sein, damit derabbindende Zement nicht verdurstet, d. h., dass er dasnotwendige Abbindewasser nicht verliert; das Aus-trocknen des frischen Zements ist wegen des Erhärtensan der Atmosphäre zu vermeiden.

Eine wesentliche Eigenschaft des Zementmörtels ist dersog. Selbstheilungseffekt (siehe Abb. 3.74), d. h., dasssich Risse und auch Nähte an Rohrverbindungen durchCalciumcarbonatbildung „zuwachsen“ (schließen). DieAushärtung kann durch CO2-Begasung beschleunigtwerden.

Abb. 3.15: Korrosionsschutz von Stahlrohren – prinzipiel-ler Aufbau

Abb. 3.16: Korrosionsschutz von Stahlrohren – Zementmörtelausschleuderung im Spritzverfahren und Zementmörtelum-hüllung im Wickelverfahren von Stahlrohren

Abb. 3.17: Stahlrohrherstellung bei Fuchsrohr Siegen – 1

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.18: Stahlrohrherstellung bei Fuchsrohr Siegen – 2

3.1.1.5 StahlbetonrohreQuelle: [Roscher et al., 2000].Druckrohrleitungen aus Stahl- und SpannbetonDruckrohrleitungen aus Stahlbeton, ursprünglich alsErsatzmaterial eingesetzt, wurden bereits in den 30erJahren aus Schleuderbeton hergestellt. Die Rohre er-hielten Rundeiseneinlagen, hochwertige Rohre im In-nern der Betonrohrwand einen durchgehenden, wasser-dicht geschweißten Stahlmantel, an den die Rohrmuffeangeschweißt wurde. Die Dichtung erfolgte mit Hanf-strick und Blei wie bei Guss- und Stahlrohren. Bei ag-gressiven Böden wurde ein Asphaltbetonaußenschutzaufgebracht (Asphaltbeton wurde aus Bitumen, Stein-mehl sowie gröberem Sand- und Steinmaterial herge-stellt).Die Produktion von Spannbetonrohren hat in den 50erJahren mit dem Bau großer Fernwasserleitungen einengroßen Aufschwung erlebt. Im internationalen Maßstabwurden Rohre ab DN 500 bis zu 8 m Baulänge und fürBetriebsdrücke bis 35 bar hergestellt. Die Längsbeweh-rung wurde vorher in der Form vorgespannt, der Beton-körper einschichtig hergestellt und mit Hochfrequenz-rüttlern verdichtet.

3.1.1.6 AsbestzementrohreQuelle: [Roscher et al., 2000].Zu einer umfassenden Anwendung von Asbestzement-druckrohren kam es erst ab 1925, verschiedene Län-der bauten Produktionsstätten (in Deutschland 1930).Ab 1930 setzten auch deutsche Städte Asbestdruck-rohre ein.Asbestzementrohre wurden aus einem Asbestzement-gemisch hergestellt, welches in dünnen Schichten vonetwa 0,1 mm unter hohem Druck auf einem Stahlkernnahtlos aufgewickelt wurde, bis die gewünschte Wand-

dicke erreicht wurde. Sie wurden ab DN 50 in Baulän-gen von 4 bis 5 m produziert und zeichneten sich durchgeringes Gewicht, gute Verarbeitbarkeit und weitge-hende Korrosionsbeständigkeit aus. Korrosionsgefähr-dung besteht allerdings durch kalkaggressives Wasserund kalkaggresive Böden, gegen Kalkaggressivitätwurden sie innen und außen durch Bitumenüberzügegeschützt (bei nicht wasserdichten Rohren trat jedochBlasenbildung und damit Ablösung der Bitumenschichtauf). Die Verlegung von Asbestzementrohren erfor-derte eine einwandfreie Rohrbettung, da sie empfind-lich gegen Stoß und Schlag sind und eine geringe Bie-gezugfestigkeit besitzen.Als Rohrverbindungen wurden Gummigleit-, Gummi-roll- und Gummidichtungen verwendet (Kuas-, Simp-lex-, Gibault-, Magnaniverbindungen u. a.); die Roh-renden durften nicht vollständig zusammengeschobenwerden, um die Rohrenden vor Beschädigungen zu be-wahren und eine Abwinklung – bei kleinen Nennweitenbis 6°, bei großen bis 3° – zu gewährleisten.Herstellungs- / Verwendungsverbot für AsbestzementrohreSeit dem 1. Januar 1995 dürfen Rohre aus Asbestze-ment nicht mehr hergestellt und verwendet werden;eine Ausnahme besteht bei Abbruch-, Sanierungs- undInstandhaltungsarbeiten.Asbestzementrohre wurden in der Zeit von 1930 bis1990 verlegt. In den 80er Jahren standen in der DDRfür die Herstellung nur kurzfasrige Asbeste zur Verfü-gung, so dass die Druckstufe auf PN 6 herabgesetztwerden musste. Diese Rohre waren bruchempfindlicherals die davor hergestellten Rohre, bestanden oftmalsDruckproben nicht und in bindigen Böden traten nachlängeren Frost- und Trockenperioden Schadenshäufun-gen auf. Ein Festigkeitsabbau trat weiterhin in Gebietenmit Talsperrenwasserversorgung durch weiches, nichtaufgehärtetes Wasser auf.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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3.1.1.7 KunststoffrohreQuelle: [Roscher et al., 2000].

Abb. 3.19: Kunststoffrohrherstellung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Zur Entwicklung von KunststoffrohrenVoraussetzung für die Herstellung von Kunststoffroh-ren war die Produktion von Polymeren. Mitte der 30erJahre gelang es, in industriellem Maßstab aus nieder-molekularen Verbindungen durch Polymerisation, Po-lykondensation bzw. -addition hochmolekulare Pro-dukte nach verschiedenen Verfahren herzustellen.erste PVC-RohreDie PVC-Rohrfertigung begann Mitte der 30er Jahremit dem Werkstoff Hart-PVC zunächst für die chemi-sche Industrie, wurde aber durch den 2. Weltkrieg un-terbrochen. Entwicklungsarbeit wurde insbesondere inden Niederlanden geleistet. Eine aus dem Jahre 1938stammende Hausanschlussleitung für die Trinkwasser-versorgung ist in den Berliner Wasserbetrieben nochheute in Betrieb. Kunststoffrohre aus Hart-PVC wurdenerst zu Beginn der 50er Jahre wieder eingesetzt, obwohldie DIN-Normung bereits 1941 erfolgt war. In den fol-genden 15 Jahren nahm die Verlegung von PVC-Roh-ren ständig zu (in der DDR ab 1967 nur noch PVC-100mit einer Dauerstandsfestigkeit 100 kp/cm2). PolyethylenrohrePolyethylen wird seit 40 Jahren eingesetzt (1956 ersteRohrleitung aus PE-LD; Rohrnormung PE-HD undPE-LD 1960). Seit Anfang der 90er Jahre erfolgt derEinsatz von Kunststoffrohren der 3. Generation desWerkstofftyps PE 100. Vernetztes Polyethylen wird seitMitte der 90er-Jahre in der Erdverlegung eingesetzt,nachdem unterschiedliche Vernetzungsverfahren dieVernetzung der Moleküle ermöglichten.

PVC-U – Rohre weichmacherfreiPVC ist ein Polymer des Vinylchlorids, welches ausEthylen (aus Erdöl oder Erdgas) und Chlor (aus NaCl)hergestellt wird und dem für die Rohrherstellung Wär-mestabilisatoren (Stabilisator) und Gleitmittel zugesetztwerden. PVC-Rohre zeichnen sich durch gute mechani-sche Festigkeitswerte, gute Stabilität und Lebensdauersowie hohe Widerstandsfähigkeit gegen Umgebungs-einflüsse, geringes Gewicht und einfache Verlegetech-nik aus, stellen jedoch an die Verlegung und Nutzungbesondere Anforderungen. WechselndeZug-Druck-Spannungen führen zu Ermüdungsbrüchen(möglichst konstanter Innendruck). Während desTransports und der Verlegung sollten die Rohre nichtdurch Kratzer und Einkerbungen geschädigt werden.Eine Verlegung sollte bei Temperaturen unter 0°C nichterfolgen (mit sinkender Temperatur spröde).PVC-Rohre sollten Witterungseinflüssen, besondersder Sonneneinstrahlung, nicht ausgesetzt werden. DieLängenänderungen durch Temperaturschwankungensind bei der Verlegung zu beachten (höher als bei me-tallischen Rohren). Da heute Kontaminationen der Bö-den nicht mehr auszuschließen sind, spielt ihre Wider-standsfähigkeit gegen Säuren, Laugen und wässrigeLösungen eine wichtige Rolle. Aromatische und chlo-rierte Kohlenwasserstoffe sowie Äther und Ester bewir-ken jedoch eine Quellung und Erweichung der Rohr-wand. Die hydraulischen Eigenschaften (glatteRohrwand) ändern sich über eine lange Zeitdauerkaum, so dass der niedrige kb-Wert über die gesamteBetriebszeit erhalten bleibt.

Als Rohrverbindungen kommen gummigedichteteelastische Steckmuffenverbindungen, Flanschverbin-dungen (nur geklebt) und Klebeverbindungen zur An-wendung. Ein umfangreiches Formstückangebot standzur Verfügung.

PE-RohreNach DIN 8075 sind heute die PE-Typen nach demMRS-Wert zu unterscheiden in [DIN, 1999c]:

PE 63 (PE der ersten Generation) MRS = 6,3 N/mm2,

PE 80 (PE der zweiten Generation) MRS = 8 N/mm2,

PE 100 (PE der dritten Generation) MRS = 10 N/mm2.

ZeitstandsversuchePE Rohre der dritten Generation aus PE 100 besitzeneine neue Verkettung und zeichnen sich durch einen er-höhten Widerstand gegen schnelle Rissfortpflanzungund eine höhere Zeitstandsinnendruckfestigkeit aus.Der Zeitstands-Innendruckversuch wird an einem was-sergefüllten druckbeaufschlagten Rohr im Wasserbaddurchgeführt. Als Ergebnis liefern die Zeitstandsversu-che die Zeitdauer bis zum Versagen der Prüfrohre beieiner vorgegebenen Vergleichsspannung.Eigenschaften PEBeim PE 100 wurden durch Fortschritte beim Polyme-rationsverfahren (gezielter Einbau von Seitenketten imkristallinen Bereich des PE) höhere Werte der Zeit-standsfestigkeit erreicht, wobei die hochkristallinenAnteile aus kurzen Polyethylenketten eine hohe Steifig-keit ergeben und die langkettigen Anteile dem Materialeine hohe Zähigkeit verleihen. Das bewirkt, dass nachbisherigen Versuchsergebnissen an diesen Werkstoffendas langsame Risswachstum kein relevanter Schädi-gungsmechanismus mehr ist. Aus der Extrapolation dergemessenen Zeitstandsbeiwerte an PE 100 ergibt sichnach ISO/TR 9080, dass bei einer Betriebstemperaturvon 40°C eine Lebensdauer von mehr als 100 Jahren er-reichbar ist.

Rohre aus vernetztem PolyethylenVernetztes Polyethylen (PE-X) unterscheidet sichdurch die Vernetzung von normalem Polyethylen be-sonders in folgenden Materialeigenschaften: höhereTemperaturbeständigkeit und höhere Spannungsrissbe-ständigkeit. Durch ihre Kerbunempfindlichkeit werden sie sowohlbei offenen Bauweisen ohne Sandbettung als auch beigrabenlosen Erneuerungsverfahren eingesetzt; z. B.beim Berstverfahren durch im Boden verbliebeneScherben des Altrohres entstandene Riefen sind unpro-blematisch.Die Vernetzung kann chemisch oder physikalisch nachfolgende Verfahren erfolgen:

• Peroxidische Vernetzung (PE-Xa – physikalisch)• Silanvernetzung (PE-Xb – physikalisch)• Elektronenstrahlvernetzung (PE-Xc – chemisch)

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Tab. 3.1: Vernetzungsverfahren und Eigenschaften (Langlouis 2001)

Als Verbindungstechniken kommen das Heizwendel-schweißen und Klemmverbinder bei kleinen DN in Be-tracht. Da durch die Vernetzung der thermoplastischeCharakter des Polymers verloren geht, ist eine Stumpf-schweißung nicht möglich. Durch die Stromzufuhr er-wärmen sich die Heizwendel aus Metall und plastifizie-ren in der Fügebene das Verbinder- und Rohrmaterial.Nach dem Abkühlen wird die Endfestigkeit erreicht.

Rohre mit SchutzmantelDie grabenlose Verlegung von Rohren stellt höhere An-forderungen an das Rohrmaterial, so dass die Entwick-lung von Rohren mit Schutzmantel von großer Be-deutung war und ist. Bei diesem PE-Rohr(Produktenrohre) erhalten diese einen widerstandsfähi-gen Schutzmantel aus verstärktem Polypropylen, wo-durch eine Beschädigung des PE-Rohres vermiedenwird. Als Werkstoff für die Produktenrohre werdenheute in der Regel PE 100 RC Werkstoffe eingesetzt,welche aufgrund ihrer Polymerstruktur (verbesserteSeitenketten) annähernd die Spannungsrißunempfind-lichkeit aufweisen, wie PE-X Werkstoffe, aber sichstumpf verschweißen lassen. Als Variante für die Verlegung in kontaminierten Bö-den ist ein Mantelrohr mit Aluminium anwendbar, beidem eine zusätzliche, innenliegende Aluminiumschichteine dauerhafte zuverlässige Diffusionssperre vorhan-den ist. Weiter Möglichkeiten sind Rohre mit integrier-tem Kupferdraht, die dadurch geortet werden könnenbzw., wenn das elektrische Leiterband helical um dasProduktenrohr angeordnet ist, ist auch mittels elektri-

scher Durchgangsprüfung der Nachweis der Nichtbe-schädigung des innen liegenden neuen Rohres nach ei-nem grabenlosen Einbau möglich. Rohre mit aufaddiertem Schutzmantel besitzen in derRegel einen Schutzmantel aus mineralische verstärktemPolypropylen, dessen wichtigste Eigenschaft der Schutzgegen Kratzer und Riefen ist. Außerdem besitzt Poly-propylen einen wesentlich höhere Abriebfestigkeit ge-genüber PE 100Nach Entfernung des Schutzmantels im Hausanschluss-bereich können die Anbindungen z. B. mit Heizwendel-schweißen erfolgen.Zusammenfassend ergibt sich, dass Kunststoffrohre beinormaler Beanspruchung auch in stark aggressiven Bö-den korrosionsbeständig sind; sie sind jedoch empfind-lich bei extremen Auflagerbedingungen. Schäden sindinsbesondere auf schlechte Rohrbettung und spitzeSteine unter oder über den Rohren zurückzuführen. EinPhänomen, welches bei neuartigen PE 100 RC Werk-stoffen allerdings nicht mehr auftritt. Der Einsatz vonPE als Rohrwerkstoff für die Trinkwasser- und Gasver-sorgung hat durch die genannten Werkstoffeigenschaf-ten kontinuierlich zugenommen, so dass gegenwärtigmehr als die Hälfte der Rohrleitungen kleiner Nennwei-ten aus PE-Rohren hergestellt werden.Eine zunehmende Bedeutung erlangen Kunststoffrohredurch die hohe Flexibilität, die längskraftschlüssigeschlanke Verbindung und die mittlerweile in vielen Va-rianten angebotenen Rohre mit Schutzschichten insbe-sondere bei grabenlosen Erneuerungsverfahren wiedem Relining, Berstlining oder Press-Ziehverfahrenund gesteuerten Bohrungen.

3.1.1.8 Einteilung der Rohrmaterialien nach Generationen

Aufgrund der Rohrherstellung des Korrosionsschutzes,der Zeitstandsfestigkeit usw. lässt sich eine Einteilungnach Generationen vornehmen. So unterteilte Roscherin [Roscher et al., 2000] alle vorgenannten Rohrmateri-alien nach diesen Kriterien.Rückschlüsse auf ZustandAus diesen können Rückschlüsse hinsichtlich des Zu-standes liegender Rohrmaterialien gezogen werden.Weitere Zustandsmerkmale sind Rohrverbindungen,welche in bestimmten Verlegeperioden eingesetzt wur-den, wie Stemmmuffen-, Schraubmuffenverbindungenu. s. w., welche zu Schäden führten.In Tab. 3.20 werden herstellungsbedingte, Verlege- undMontagefehler, technische und biologische Alterungs-prozesse, natürliche Bodenbewegungen sowie Betrei-bungs- und Rohrnetzfehler als Ursachen für die Scha-densentstehung angegeben.

Vernetzung Eigenschaften

PE-Xa Gemisch aus PE-HD und Peroxid wird unter sehr hohem Druck extrudiert. Bei Abkühlung bilden sich amorphe Strukturen

Kristallinität und die Dichte nehmen durch die Vernetzung ab. Da-durch erhöht sich die Flexibiltät

PE-Xb In Mischextruder werden auf PE-HD-Ketten Si-lane aufgepfropft. Silan-vernetzung erfolgt in se-paratem Schritt nach Extrusion unter Feuchte- und Wärmeeinwirkung

Kristallinität und die Dichte nehmen durch Nachvernetzung zu. Rohre sind steifer.

PE-Xc Nach dem Extrudieren der PE-HD-Rohre er-folgt die Vernetzung mit-tel Elektronen- bzw. ioni-sierender Gammastrahlung

Aufgrund begrenztre Durchdringungstiefe nur für kleine DN. Stei-figkeit und Eigen-schaftsbild entsprechen etwa PE-Xb

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.20: Zeittafel zum Einsatz der Rohrmaterialien

Tab. 3.2: Zeittafel Gussrohrherstellung1850 1900 1920 1940 1960 1980 2000

Herstellungsverfahren Guss einzelner Rohre in stehenden SandformenGG 1. Gener.: 1885 in stehenden Sandformen auf einem Drehgestell (Bildung einer Schutzschicht aus SiO2)GG 2. Gener.: 1926 Schleudergussverfahren von de Lavaud in liegenden rotierenden Metallformen

GGG 1. Generation: 1951 duktiler Guss in Europa1956 duktiler Guss in der BRD

etwa 1980 dukt. Guss in der DDRGGG 2. Generation: ab etwa 1980 in der BRD duktiler Guss mit erhöhtem Korrosionsschutz

heutiger Stand der Technik:– Zinküberzug nach der thermischen Nachbehandlung– Zementmörtel-Auskleidung im Rotationsschleuderverfahren oder– Polyethylen-Umhüllg. aus Low-density (LD)-Polyethylen unter Verwendung eines Klebers (bis DN 500 im Schlauchextrusionsverfahren (Extrusion), ab DN 400 einschließlich Wickel-extrusionsverfahren– Zementmörtel-Umhüllung mit folg. Schichtaufbau:Zinküberzug, Zwischenschicht (Zweikomponenten-Kunstharzbeschichtung)Zementmörtelschicht (in die Schicht kann Kunststoffbinde eingearbeitet werden)

Rohrverbindungen die anfangs verwendete Flanschverbindung wurde durch die Stemmmuffe abgelöstMuffenverbindung (Teerstrick, Blei-Stemmuffe)um 1900 für geringe Drücke: Kautschukring

1931 Schraubmuffenverbindung für höhere Betriebsdrücke (Gummidichtung)1936 Stopfbuchsenverbindung

1957 Tyton-Verbindung (Steckmuffe mit Dichtring)Steckmuffen-System Standard und TYTONZugfeste Verbindungen, GummidichtungenTIS, TIS-K, SV, TKF, TYTON-SIT, Novo-SIT

Korrosionsschutz Erwärmung der Rohre auf 150 bis 180 °C in kochende Asphaltmasse getaucht, dünner gleichförmiger Überzug

(bei Verlegung in aggressiven Böden: Einbettung Lehm und Ton)innen und außen asphaltiert

Stand 1980: Bitumen-Beschichtung oder Polyethylen-Umhüllung oder bei großen Rohren in Wickelextrusionsverfahren

etwa 1965: werkseitige ZM-Ausschleuderung, FZM-Umhüllg.

Korrosionsschutz heutiger Stand: siehe oben

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Tab. 3.3: Zeittafel Stahlrohrherstellung

Tab. 3.4: Zeittafel Kunststoffrohrherstellung

1850 1900 1920 1940 1960 1980 2000

Herstellungsverfahren 1845 geschweißte Blechrohre in Maul (Eifel)

1860 Fertigung nach Düsseldorf verlegt

1886 nahtlose Stahlrohre durch Schrägwalzen

1950 Schrägwalzen, Pilgern

Stopfenwalzen, Pressen

1980 – 2000 *

*Nahtlose Rohre Mannesmann-Schrägwalz-Pilgerschrittverfahren, Stopfenwalzverfahren, Rohrkontiverfahren

Geschweißte Stahlrohre nach Unter-Pulver-Schweißverfahren, Hochfrequenz-Induktiv-Schweißverfahren,

Schutzgas-Schweißverfahren, Fretz-Moon-Verfahren

Rohrverbindungen Muffenverbindung (Hanfstrick, Blei-Stemmmuffe)

Muffen- und Flanschverbindungen

Flanschverbindungen

Schweißverbindungen

(Stemmmuffe nicht mehr angewandt)

Gummidichtende Verbindungen

Korrosionsschutz in Bitumen getaucht, Rotation des Rohres

ca. 2 mm dicke Schichten

um 1930 Jutierte Stahlrohre (innen und außen asphaltiert und mit in heißen Asphalt getauch-ten Jutestreifen umwickelt)

um 1950 in Bitumen getaucht, erhöhter Außenschutz

durch 2. Arbeitsgang imprägnierte Wollfilzpappe spiralförmig umwickelt

wesentliche Weiterentwicklungen in den letzten 20 Jahren

innen mit Epoxidharz oder Zementmörtel,

außen mit Polyethylen-Umhüllung (z. B.: elektrostatische Primerbeschichtung mit Epoxid-harz, Kleberbeschichtung und Polyethylen-Umhüllung nach dem Schlauchextrusionsverfah-ren sowie zusätzlichem mechanischen Schutz durch Faserzement-Umhüllung

1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000

Herstellungsverfahren Mitte der 30er Jahre: Produktion hochmolekularer Verbindungen durch Polymerisation, Polykondensation bzw. Addition aus niedermole-kularen Verbindungen

1935 PVC-Rohrfertigung in Bitterfeld für chemische Industrie, 1941 bereits Normung in der DIN

nach dem 2. Weltkrieg: Produktion von PVC-H

von 1962 bis 1982 verlegt mit Doppelklebemuffen-Klebeverbindung, mit ange-formten Klebemuffen

1956 PE-LD (low density)

1960 PE-HD (high density)

PE-Rohre

PE 63 (PE der ersten Generation bis 1979)

PE 80 (PE der zweiten Generation ab 1980)

PE 100 (PE der dritten Generation ab 1995)

vernetztes PE Xa ab 1995

Schutzmantelrohre ab 2000

PE-RC ab 2000

Zusätzlicher Schutz gegen Diffusion und Beschädigung

Mantelrohre mit zusätzli-cher Alu-Schicht als Diffu-sionsschutz oder für graben-lose Verfahren (SLA und SLM-Rohre)

Rohrverbindungen Klebeverbindungen

Schweißverbindungen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.1.2 Zum Problem der Korrosion und der Alterung

3.1.2.1 Das Phänomen der KorrosionAllgemein bekannt ist, dass es in Indien eine gussei-serne Säule gibt, welche nicht „rostet“. Allgemein gehtman auch davon aus, dass Stahl leicht korrodiert undGuss korrosionsträge ist.Deshalb ist es verständlich, dass sich einerseits dieStahlrohrindustrie frühzeitig mit Fragen des Korrosi-onsschutzes beschäftigte, andererseits auch die Guss-rohrindustrie, die mit der Entwicklung des Duktilgussesdie Korrosionsträgheit von Guss mit ertragbarer hoherBiegezugspannung erreichen wollte (Kap. 3.1.1.2Gussrohre).unausreichender Korrosionsschutz bei GGG 1. GenerationDurch unzureichenden Korrosionsschutz von Duktil-gussrohrleitungen aus der Produktionszeit vor 1970(GGG 1. Generation) in den alten Bundesländern tratenund treten auch gegenwärtig noch zahlreiche Schädenauf, so dass dem Korrosionsschutz auch bei Duktilguss-rohren eine hohe Priorität zukommt. Bereits mit derEinführung des Schleudergießens (1926) und demWegfall der Korrosionsschutzschicht (durch Wegfalldes Gießsandes) änderten sich die Korrosionseigen-schaften von Gussmaterial.bei Stahl- und DuktilgussrohrenDem Korrosionsschutz kommt deshalb sowohlwerkseitig als auch auf der Baustelle ein hoher Stellen-wert zu.

3.1.2.2 Korrosion metallischer RohrleitungenWesentliche Schadensursache metallischer Rohrleitun-gen ist die Korrosion, der in vielen Fällen die Zerstö-rung des passiven Korrosionsschutzes vorausgeht. Einebesondere Form der Korrosion bei Gussrohren ist dieGraphitierung (auch als Spongiose bezeichnet), s. auchKap. 3.1.2.5 Graphitierung bei Graugussleitungen.Was ist Korrosion?Korrosion erdverlegter Rohrleitungen kann nur dannerfolgen, wenn Wasser und Sauerstoff vorhanden sind(aus der Luft oder gelöst in Bodenelektrolyten) und Zu-tritt zur Rohroberfläche haben und wenn die Elektro-nenübergänge der einzelnen Teilreaktionen ablaufenkönnen.

Demzufolge sind Wasser und Sauerstoff von der Metal-loberfläche der Rohrleitung fernzuhalten, so dass derElektronenfluss verhindert wird und die chemischenReaktionen der Korrosion nicht ablaufen können.In der Praxis ist die vollständige Umhüllung der Rohr-leitung aus Materialien erforderlich, die eine extrem ge-ringe Permeabilität für Sauerstoff und Wasser aufwei-sen und die über einen sehr hohen elektrischenWiderstand verfügen.

Formel 3.1: Chemische Reaktionen bei der Korrosion:

(3.1)KorrosionsschädenZu unterscheiden sind im folgende Korrosionsformen:

• Flächenkorrosion: der metallene Werkstoff wird gleichmäßig abgetragen,

• Muldenkorrosion: sie weist auf Elementebildung am Rohr hin, wobei der Bereich der Mulde als An-ode, die Umgebung als Kathode wirkt,

• Lochkorrosion: kraterförmige Durchrostungen der Rohrwand.

Außenkorrosionsschäden bei erdverlegten Guss- undStahlleitungen gehen Schäden an der Umhüllung vor-aus.Innenkorrosionsschäden treten bei Abtragung der inRohrleitungen früher eingebrachten Bitumen- oder As-phaltschicht auf, so dass Wasser und Sauerstoff mit derMetalloberfläche reagieren können.Einflussfaktoren Boden und GrundwasserVon wesentlichem Einfluss auf die Korrosion sind beiungeschützten Rohren Boden und Grundwasser (siehedazu Abb. 3.22). Rohre bedürfen deshalb des äußerenKorrosionsschutzes (siehe dazu Abb. 3.23).Aktiver und passiver KorrosionsschutzAls passiver Korrosionsschutz wird der werkseitigeKorrosionsschutz bezeichnet (Nachumhüllung auf derBaustelle Hauptproblem), als aktiver Korrosions-schutz wird der kathodische Korrosionsschutz (auf-gezwungene Potenzialänderung, kathodischer Korrosi-onsschutz).

Abb. 3.21: Erscheinungsformen der Korrosion [Böhm, 1993]

Anodenreaktion: Fe Fe2+ 2e-+→Kathodenreaktion: O2 2H2O 4e-+ + 4OH-→Gesamtreaktion: 2Fe O2 H2O 2Fe OH( )2→+ +

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.22: Aggressivität verschiedener Bodenarten gegenüber Eisenwerkstoffen [FGR, o.J.]

3.1.2.3 Elektrochemisch bedingte KorrosionZur elektrochemisch bedingten Korrosion stellte[Skarda, 1993] fest, dass Rohrleitungen in der Nähevon Gleichstrombahnen (Straßenbahn, Obusse), in derNähe von

• Schweißwerkstätten und anderer geerdeter Gleich-stromverbraucher durch Streukorrosion zerstört werden können,

• an Fehlstellen der Rohrumhüllung (anodischen Bereich) Strom austritt und demzufolge an der Rohrleitung Mulden- und Lochkorrosion entsteht (die Vertiefungen sind meist frei von Korrosions-produkten, weil das metallische Eisen weggetra-gen und außerhalb der Mulde oxidiert wird),

• an Bogen und in den lichten Querschnitt hineinra-genden Teilen, z. B. konnte an Messblenden Ero-sion beobachtet werden (mechanischer Abtrag).

Die Außenkorrosion wird durch das Zusammenwirkenvieler mitbestimmender Faktoren wie aggressiver Bö-den, Streuströme, galvanische Verbindungen zu Fremd-kathoden etc. verursacht (in der Schweiz seit 1991wirksamer Außenschutz und Streustromursachenbe-kämpfung).

3.1.2.4 Korrosionsschutz heuteAußenschutz für die Verlegung in steinigen Boden

Neue Rohrmaterialien aus duktilem Gusseisen mit Ver-zinkung, ZM-Auskleidung und Außenschutz mit Faser-zement eignen sich auch für die Verlegung in steinigenBöden, ebenso Stahlrohre mit ZM-Auskleidung undAußenschutz.Die Tab. 3.7 und Tab. 3.8 enthalten Werte über die Kor-rosionsgeschwindigkeit nicht geschützter Stahl- undGussrohrleitungen.Zementmörtelauskleidung als KorrosionsschutzEbenfalls ist auf den inneren Korrosionsschutz zu ach-ten, der vom Durchflussmedium Wasser abhängig ist(siehe dazu Abb. 3.23 und W 343 [DVGW, 2001e] undW 346 [DVGW, 2000g]).

Abb. 3.23: Einsatzbereiche von Zementmörtelauskleidun-gen [FGR, o.J.]

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Tab. 3.5: Einsatzbereiche für den äußeren Korrosionsschutz von erdverlegten Rohrleitungen aus duktilem Gusseisen [FGR, o.J.]

Tab. 3.6: Hinweise für die Beurteilung des Rohrwerkstoffes [Böhm, 1993]

Tab. 3.7: Korrosivitätsgrade für Stahl- und Gussrohrleitungen [Böhm, 1993]

Tab. 3.8: Korrosionsgeschwindigkeiten an Stahlrohrleitungen [Böhm, 1993]

Lfd. Nr.

Einsatzbereich

Umhüllung mit Schichtdicke [mm]Dauerbetriebstemp.

[°C], max.Bodenklasse

2)

1 Polyethylen nach DIN 30674, Teil 1 [DIN, 1982] 1,8 bis 3,0 je nach Nennweite 50 1,2,3

2 Zementmörtel 1) nach DIN 30674, Teil 2 [DIN, 1992b] 5,0 50 1,2,3

3 Zink-Überzug mit Deckbeschichtung nach DIN 30674, Teil 3 [DIN, 2001b]

≥ 0,09(Zinkauflage ≥ 130 g/m2)

50 1,2

4 Beschichtung mit Bitumen nach DIN 30674, Teil 4 [DIN, 1983]

Mittelwert 0,07an keiner Stelle < 0,05

50 1

5 Polyethylen-Folienumhüllung 3) nach DIN 30674, Teil 5 [DIN, 1985a] ≥ 0,2 50 1,2,3

1) Bei Verlegung in stark sauren Böden (verschiedene Moorböden) sowie in Deponiebereichen ist der Rohrhersteller zu befragen.2) Die Einflussgröße nach Abschnitt 3, Aufzählung b, ist zu beachten.3) Steinfreie Einbettung erforderlich, die Festlegungen im Abschnitt 4.1 sind zu beachten.

Zustandsnote Beurteilung Erscheinungsformen vorgeschlagene Maßnahmen

1 gut erhalten Flächenkorrosion und/oder Zerstörung der Umhüllung < 5% an der Rohrober-fläche, keine Lochkorrosion, keine Graphitierung, keine Anrisse

keine

2 Erhalten Flächenkorrosion und/oder Zerstörung der Umhüllung < 30 % an der Rohro-berfläche, Lochkorrosion < 5 mm Durchmesser, keine Graphitierung, keine Anrisse

Auskleiden

3 Zerstört Flächenkorrosion und/oder Zerstörung der Umhüllung > 30 % an der Rohro-berfläche, Graphitierung, Lochfraß > 5 mm Durchmesser, Anrisse

Neubau oder Einziehen von Rohren kleinerer Nennwei-ten

Pos

Gesamtsalzgehalt der Lösung in und um die Rohrleitung bei O2-Sättigung 75 mg/l Spezifischer elektrischer Widerstand % Ω m

pH-Wert

< 5 5 bis 9 > 9

Korrosivitätsgrad

1 2 3 4 5

1

< 400

> 200 2 1

12 200 bis 100 3 2

3 100 bis 20 4 3

4 400 bis 500 20 bis 10 5 4 2

5 500 bis 200 10 bis 5 6 5 3

6 2000 bis 5000 5 bis 2 7 6 4

7 5000 bis 10000 2 bis 1 8 7 5

8 10000 bis 20000 1 bis 0,5 8 6

Korrosion

ME KorrosivitätsgradForm Art

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

innen Ebenmäßigbis mm

pro Jahr

0,01 0,02 0,03 0,06 0,11 0,15

Lochfraß 0,06 0,07 0,08 0,10 0,20 0,35

außen Ebenmäßig 0,01 0,020 0,04 0,08 0,10

Lochfraß 0,05 0,15

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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3.1.2.5 Graphitierung bei GraugussleitungenQuelle: [Kottmann, 1989].Eine Besonderheit bei Graugussleitungen (GGL) ist dieGraphitierung oder Spongiose (Schwamm). Bei derGraphitierung wird in salzreichen, sauren und sauer-stoffarmen Böden das metallische Eisen aus dem Werk-stoff herausgelöst. Das Gerüst aus korrosionsbeständi-gen Graphitlamellen, Phosphiden und Sulfiden bleibt inder Form des Rohrs zurück.Die Festigkeit des Rohres nimmt stark ab, so dass eshohem Innendruck nicht mehr standhält. GraphitierteBereiche lassen sich mit dem Messer herausschneiden.Graphitierung kann auch durch das Trinkwasser auf derInnenseite des Rohres hervorgerufen werden.GraphitierungGraphitierung ist eine besondere Korrosionsart:

• Eisen bildet die Anode, Graphit die Kathode (vgl. Trockenbatterie);

• an der Grenzschicht der Anode gehen positive Me-tallionen in Lösung, im Metall entsteht ein Über-angebot aus negativen Elektronen und ein negati-ves Potenzial;

• dieses zieht die positiven Ionen der Grenzschicht an, verhindert den weiteren Austritt weiterer Ionen und lässt den Vorgang zum Stillstand kommen;

• wenn das Überangebot an Elektronen laufend ab-fließt, z. B. über elektrisch leitende Verbindungen mit einem positiven edleren Metall oder Graphit, treten von neuem positive Metallionen aus;

• an der Kathode können, je nach Element, verschie-dene chemische Reaktionen ablaufen, es handelt sich immer um elektronenverbrauchende Vor-gänge (in der Chemie: Reduktion);

• an der Anode wird stets Metall oxidiert; der Elek-trolyt hat die Aufgabe, die Ionen zu transportieren, die metallene Verbindung zwischen den Elektro-den leitet die Ionen;

• bei erdverlegten Leitungen dient die Bodenfeuch-tigkeit als Elektrolyt;

• je nachdem, welche Salze gelöst sind, läuft die Korrosion schnell ab oder kommt nach einiger Zeit zum Stillstand;

• wenn schwerlösliche Verbindungen ausfallen, bil-den sich passivierende Deckschichten, die den Wegtransport der Eisenionen behindern oder un-terbinden;

• schützende Deckschichten entstehen, wenn die Korrosion unter Anwesenheit von genügend Sau-erstoff anläuft, was in gut belüfteten Böden stets der Fall ist;

• bei Sauerstoffmangel ist dieser Vorgang wenig ausgeprägt; das Gusseisen graphitiert.

Wie erkennt man Spongiose?• Bruchstellen sind blank und rosten rotbraun an, die

„kranken“ Bereiche erscheinen matt oder bleiben schwarzgrau (Umwandlung des Gusseisens);

• Eisen löst sich auf: zurück bleiben Graphit, Eisen / Phosphor- und Eisen / Sauerstoffverbindungen (Abb. 3.12, Abb. 3.41).

3.1.2.6 Korrosion bei Asbestzement- und Betonrohren

Als Korrosion werden auch Erscheinungen bei Asbest-zement- und Beton- bzw. Stahlbetonrohren bezeichnet.Bei Asbestzementrohren kann in kalkaggressivenWässern der Kalkanteil des Bindemittels Zement entzo-gen werden, d. h., der Verbund zwischen Asbest undZement wird zerstört, so dass nur noch die beständigenAsbestfasern übrig bleiben.Betonrohre, die mit kalkreichem Zement hergestelltund nicht besonders geschützt worden sind, werden vonaggressiven Wässern durch Herauslösen von Kalk ausdem Bindemittel zerstört. Der Vorgang wird durch dasVorhandensein aggressiver Kohlensäure beschleunigt.Korrosion von BetonIn weichen Wässern besteht eine besondere Gefahr,wobei Alkalichloride die Korrosionsgeschwindigkeitsteigern, dagegen Kalziumsalze sie senken.Auflösungs- und Auswaschungserscheinungen werdendurch Poren im Beton (ungenügende Verdichtung) be-günstigt.Betonrohre, die mit kalkreichem Zement hergestelltund nicht besonders geschützt worden sind, werden vonaggressiven Wässern durch Herauslösen von Kalk ausdem Bindemittel zerstört. Der Vorgang wird durch dasVorhandensein aggressiver Kohlensäure beschleunigt,in weichen Wässern besteht eine besondere Gefahr.Alkalichloride steigern die Korrosionsgeschwindig-keit, Kalziumssalze senken sie. Auflösungs- und Aus-waschungserscheinungen werden durch Poren im Be-ton (ungenügende Verdichtung) begünstigt.

3.1.2.7 Zeitstandsfestigkeit und Versprödung von Kunststoffrohren aus PE und PVC

Zeitstandsfestigkeit

Bei PVC und PE-Rohren muss mit zunehmender Liege-zeit mit einer Festigkeitsabnahme gerechnet werden.Als Zeitstandsfestigkeit wird die ertragbare Spannungals eine Funktion der Zeit und der Temperatur bezeich-net, unter Spannung kriecht der Werkstoff zunächst er-heblich, später kaum merklich.VersprödungDie heute gefertigten Rohre werden auf Zeitstandfestig-keit geprüft. Die vor Jahren gefertigten Kunststoffrohresind teilweise vorzeitig versprödet.KerbwirkungSchäden können durch Steine entstehen, welche bei derBaugrubenverfüllung eingebracht worden sind, über dieZeit sich eindrücken und dadurch eine Kerbwirkungund damit einen Schaden hervorrufen.SpannungshäufungSpannungshäufungen treten durch ungünstige Formge-bung auf. Schäden als Folge von Schmutzeinschlüssenin der Rohrwand und infolge ungleicher Abkühlungsind ebenfalls bekannt.PVC ist spröder als PE, so dass heute PE bevorzugtwird.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Tab. 3.9: Zustand der Rohrwerkstoffe nach [Böhm, 1993]

3.1.3 Rohrnetzbestand in DeutschlandDer Rohrnetzbestand hat in Deutschland ständig zuge-nommen, so dass heute von einer fast vollständigenzentralen Wasserversorgung aus örtlichen und Fern-wasservorkommen ausgegangen werden kann.GesamtbestandAktuelle statistische Angaben über den Gesamtbestandan Rohrleitungen und differenziert nach Rohrwerkstof-fen und Alter sind z. Z. nicht verfügbar. In [Roscher etal., 2000] wurde daher eine Zusammenfassung bis 1990vorgenommen (siehe Tab. 3.10).

Tab. 3.10: Materialstruktur der Wasserversorgungsnetze in Deutschland bis 1990 [Roscher et al., 2000]

Dabei zeigten sich insbesondere die Unterschiede zwi-schen dem Materialeinsatz in West- und Ostdeutsch-land hinsichtlich des Einsatzes von metallischen undnichtmetallischen Rohrwerkstoffen. Aussagen über denKorrosionsschutz sind jedoch nicht ablesbar – bekanntsind aber der unzureichende Korrosionsschutz vonStahlrohren in Ostdeutschland in der Zeit von 1945 bis1990 und die daraus abzuleitenden Schadensrate undder ebenfalls unzureichende Korrosionsschutz von

Duktilgussrohren der 1. Generation in Westdeutsch-land, der gegenwärtig zu einer hohen Schadensrateführt.regionale Unterschiede beim MaterialeinsatzIn den heute liegenden Wasserversorgungsnetzen Ost-und Westdeutschlands sind also unterschiedliche Rohr-materialien und Rohrverbindungen anzutreffen. Außer-dem sind zusätzliche regionale Unterschiedefestzustellen, welche unterschiedliche Ursachen habenwie

• die in bestimmten Gebieten ansässigen Produkti-onsfirmen (bevorzugter Einsatz von Guss-, Stahl-, Asbestzement- oder Kunststoffrohreinsatz);

• die durch die Teilung Deutschlands bedingten Verhältnisse hinsichtlich der Verfügbarkeit von Rohrwerkstoffen;

• das durch die Stadtentwicklung beeinflusste Wachstum der Wasserversorgungsnetze (zeitliche Entwicklung des Materialeinsatzes in einzelnen Stadtteilen);

• Preisangebote und Auffassungen der für den Kauf von Rohrmaterial Verantwortlichen.

unterschiedliche Ausgangsbedingungen für die RehabilitationVon wesentlichem Einfluss auf die Ausgangsbedingun-gen bei der Rehabilitation sind heute und auch in derZukunft die aus der unterschiedlichen Wirtschaftsent-wicklung zwischen 1945 bis 1990 in Ost- und West-deutschland resultierende Materialeinsatz. Die Abb.3.24 zeigt die Materialstruktur ost- und westdeutscherStädte (einschließlich Zürich).Betrachtet man die Altersstruktur der Rohrnetze vonStädten, so zeigt sich außerdem der geringe Bestands-zuwachs im 1. und 2. Weltkrieg (siehe Abb. 3.25).Nach 1990 kamen in Ostdeutschland viele Einfamilien-haussiedlungen und Gewerbegebiete in Stadtrandlagehinzu, in denen vornehmlich Duktilgussrohre undKunststoffrohre (PE und PE-Xa) verlegt worden sind.

Rohrwerkstoff Beschreibung des Zustandes

Außen Innen

Rohrwand Umhüllung Rohrwand Auskleidung Querschnittsveränderungen

Stahl (St) Flächenkorrosion, Muldenkorrosion, Lochkorrosion

Flächenkorrosion, Muldenkorrosion, Lochkorrosion

fest haftende Ablagerungen

Grauguss (GG) Graphitierung rissigFehlstellen

Graphitierung rissigFehlstellen

fest haftende Ablagerungen

Duktiles Gusseisen (GGG) Korrosion Kalkauflösung

Asbestzement (AZ) Kalkauflösung Betonkorrosion

Beton (Stahlbeton/Spannbe-ton – StB/StB)

Betonkorrosion Anrisse

PE, PVC Anrisse Ablagerungen, Abrieb

Rohrmaterial

BRD 2 BRD 2 BRD 2 BRD 1 DDR 3

1970 1980 1990 1987 1988

% % % % %

Guss 63,8 57,7 53,5 55,0 41,0

Stahl 9,0 6,3 5,1 5,7 21,9

AZ/Beton 9,5 11,5 11,1 11,1 25,3

Kunststoff 17,5 24,0 30,1 28,2 11,8

Sonstige 0,2 0,5 1,2

Länge 159.600 km

255.800 km

304.300 km

287.000 km

91.000 km

1 gwf – Wasser/Abwasser, 130. Jhrg. (Heft 1), 1989 , Seiten 33–39 (Stand 1987)2 gwf – Wasser/Abwasser, 132. Jhrg. (Heft 12), 1991, Seiten 660–6703 Datenbank Netze Wasserversorgungsnetze (Stand 1988)

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.24: Rohrwerkstoffe in ost- und westdeutschen Städten (einschließlich Zürich), zu beachten sind die unterschiedli-chen Werkstoffe [Roscher et al., 2000]

Abb. 3.25: Alters- und Materialstruktur in Erfurt und Stuttgart [Roscher et al., 2000], zu beachten sind die Einschnitte im 1. und 2. Weltkrieg und der hohe Stahlrohranteil in Erfurt ab 1960 bzw. Duktilgussrohrleitungen in Stuttgart ab 1980

RehabilitationsfaktorenWesentliche Faktoren für die Rehabilitation sind der• Werkstoffeinsatz einschließlich des in der Vergan-

genheit angewendeten Herstellungsverfahrens so-wie

• der Korrosionsschutzbei metallischen Rohrleitungen,

• die Zeitstandsfestigkeit und• Verlegebedingungenbei Kunststoffrohrleitungen.

Daraus folgen „herstellungsbedingte Schädigungen“(ungeeignete Werkstoffe und unzureichender Korrosi-onsschutz, ungeeignete Rohrverbindungen), „physikali-sche, chemische und biologische Alterungsprozesse(Korrosion, Graphitierung, Verhalten zementgebunde-ner Werkstoffe, Verrottung organischer Materialien)usw. (siehe Kap. 3.2.6 Materialtechnische Untersu-chungen im Labor für metallische Rohrleitungen).Schäden und Schadensursachen sind aus den vorge-nannten Gründen sehr unterschiedlich und die Aus-gangsposition für die Rehabilitation (Einsatz von Reha-bilitationsverfahren) wird dadurch beeinflusst.

Die zeitliche Abfolge des Rohrmaterialeinsatz inDeutschland zeigt Abb. 3.20.Danach wurden zunächst Gussrohre, später Stahl-, As-bestzement- und Kunststoffrohre eingesetzt. Außerdemhaben sich Herstellungsverfahren und die Eigenschaf-ten der Rohre über die Zeit wesentlich geändert.

3.2 Schäden und Schadensursachen, Schadenserfassung und Zustands-bewertung

(Aus dem Schaden wird man klug.)

3.2.1 Ziele und Kriterien der Schadenserfas-sung und Zustandsbewertung

Aufgaben der Schadenserfassung und Zustandsbewertung

Die Schadenserfassung und Zustandsbewertung habendie Aufgabe:

• Schäden zu erkennen,• systematisch zu beschreiben und• geeignete Verfahren der Sanierung oder Erneue-

rung auszuwählen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Praktiker können auf Erfahrungen hinsichtlich auftre-tender Schäden verweisen. So sind z. B. typische Schä-den:

• die Bruchgefährdung von Graugussleitungen klei-ner Nennweiten,

• bis 1970 verlegte duktile Gussrohre ohne Verzin-kung und Außenisolierung – starke Außenkorro-sion bei schwierigen Böden,

• bis ca. 1970 eingebaute metallisch dichtende Ab-sperrarmaturen mit Stopfbuchsen,

• bis 1955 oft ohne Außenisolierung verlegte Haus-anschlussleitungen aus Stahl sowie aus Blei.

Vorbemerkungen zur SchadensforschungMit der Erfassung von Rohrleitungsschäden und der Er-mittlung von Schadensursachen befasste man sich seitMitte der 70er Jahre sowohl in Westdeutschland alsauch in Ostdeutschland intensiver – zu verweisen istauf Veröffentlichungen und Dissertationen von Kott-mann (Stuttgart 1978), Michalik (Dresden 1985) sowieden Aufbau der Datenbank Wasserversorgungsnetzevon Ahrens in Berlin, in der bis 1989 ca. 75 % der Was-serversorgungsnetze der DDR sowie Schäden am Rohr-netz erfasst wurden. Davor liegende Veröffentlichun-gen zu Schäden umfassten insbesondere Frostschädenin Versorgungsleitungen und Hausanschlussleitungenin strengen Wintern [Kottmann, 1978], [Kottmann,1979], [Kottmann, 1980a], [Kottmann, 1980b], [Micha-lik, 1985], [Michalik und Schweiger, 1986], [Roscheret al., 2000] und [Schweiger et al., 1985].Ergebnisse der SchadensforschungVon besonderer Bedeutung bei den Untersuchungenvon Kottmann und Michalik waren und sind die Ermitt-lung von Schadensursachen. So befasste sich Kottmanninsbesondere mit den Schäden an Graugussleitungenund Duktilgussrohrleitungen der ersten Generation undMichalik mit den Schäden an Grauguss- und Stahllei-tungen, die vor und nach1945 auf dem Gebiet der DDRverlegt wurden.EinflussfaktorenKottmann untersuchte folgende Einflussfaktoren:

• Mängel im Gefüge des Werkstoffs,• temperaturbedingte Veränderungen der Werkstof-

feigenschaften,• Korrosion,• Innendruck und Schwankungen des Innendrucks,• Verkehrsbelastungen,• Veränderung der Bodentemperatur in verschiede-

nen Tiefen,• Veränderung der Bodenfeuchtigkeit in verschiede-

nen Tiefen.Er konnte jedoch kein deutlichen Einfluss nachgewei-sen für

• die Korrosion,• die temperaturbedingte Veränderungen der Werk-

stoffeigenschaften,• den Innendruck und Schwankungen des Innen-

drucks,• die Temperaturänderungen des Wassers,• die Veränderungen der Lufttemperatur,• die Veränderungen der Bodentemperatur im Som-

mer.

Belastungen durch starken Verkehr führten zur Verdop-pelung der Bruchzahlen, ein deutlicher Einfluss zeigtesich für die Bodentemperatur im Winter und die Boden-feuchtigkeit. Die Austrocknung durch Verdunstung unddurch Frost verursachen dieselbe Wirkung.Das Schrumpfen bindiger Böden führt zu zunehmendenBruchzahlen, wobei Unterschiede zwischen bindigenund rolligen Böden bestehen (Schrumpfen nur in bindi-gen Böden). Hoher Grundwasserstand schützt vorRohrbrüchen, weil Grundwasser die Austrocknung ver-hindert, ebenso erhöhen ungleiche Auflagerbedingun-gen die Rohrbruchgefahr.Alter der Rohrleitungen kein Kriterium für Schäden und ZustandAllgemein gehaltene Empfehlungen für die Auswech-selung bestimmter Nennweiten sind nach den Untersu-chungen von Kottmann nicht gerechtfertigt. Die Bruch-gefahr ist je nach Bodenart sehr verschieden, sie kannsich jedoch von Netzteil zu Netzteil ändern.Zur Übertragung von Erkenntnissen der Schadensfor-schung stellte [Kottmann, 1980a] fest:„Erkenntnisse der Schadensforschung sind nur ohneEinschränkung übertragbar, wenn Schäden allein aufvon der Wasserbeschaffenheit und vom Baugrund un-abhängige Größen zurückgeführt werden können. Sol-che unabhängigen Größen sind Innendruck und Werk-stoffeigenschaften wie Streckgrenze, Bruchfestigkeitund Bruchdehnung.“[Skarda, 1998] stellte fest, dass:„alte Leitungen heute sogar einen besseren Qualitäts-zustand aufweisen als die jüngeren aus weniger bestän-digen Rohrmaterial (Wandstärken, Schutzmaßnahmen).Jedes Material unterliegt Alterung, Ermüdung und Zer-setzung, die je nach Güte, Umfeld und Belastung unter-schiedlich ausfallen. Einen klassischen Zersetzungsvor-gang verkörpert die Korrosion schlecht geschütztermetallischer Leitungen. Die Innenkorrosion wird durchdie Wasserqualität und die Strömungsverhältnisse aus-gelöst. Sie kann mit der Wasseraufbereitung, besondersdurch eine pH-Wert-Korrektur, und mit Einsatz vonkorrosionsbeständigem Material respektive mit Sanie-rung, Rehabilitation und einem wirksamen Korrosions-schutz bekämpft werden.“

3.2.2 Die zunehmende Beanspruchung der Rohrleitungen im Straßenraum

Quelle: [Roscher et al., 2000].Grundlage für die Einordnung der Leitungen in den un-terirdischen Bauraum ist die erstmalig 1931 herausge-gebene DIN 1998 (2. Ausgabe 1940, 3. Ausgabe 1941,neu bearbeitet 1978 [DIN, 1978] – siehe Kap. 1.3.3Richtlinie für die Einordnung und Behandlung derGas-, Wasser-, Kabel- und sonstigen Leitungen bei derPlanung öffentlicher Straßen – DIN 1998 Ausgabe10.31). Die als Idealvorstellung anzusehende Richtli-nie, nach der die Versorgungsleitungen in einer Lei-tungszone im Fußweg liegen, konnte in der Praxis nichtimmer realisiert werden.Beanspruchung liegender RohrleitungenDer zunehmende Verkehr und die gewachsene Nutzungdes unterirdischen Bauraumes haben oftmals dazu ge-führt, dass Wasserversorgungsleitungen, welche früherim Fußwegbereich lagen, heute unter Fahrstreifen lie-

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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gen. Auch durch weitere Veränderungen im Stadtraumsowie durch Änderungen im Betrieb der Rohrnetze(Druckverhältnisse, Fließrichtung, Wasserqualität) ha-ben sich die Bedingungen für die Rohrleitungen gegen-über dem Verlegezeitpunkt oftmals mehrfach geändert.Wasserrohrleitungen liegen sowohl unter der Straßenals auch unter Fußwegen – Hauptleitungen mit großenDurchmessern vorzugsweise unter Straßen, Versor-gungsleitungen mit kleinen Durchmessern sowohl unterStraßen als auch unter Fußwegen.Einwirkungen auf das RohrnetzDie Rohrleitungen unterliegen sowohl Einwirkungenaus der Bauphase als auch aus dem Betrieb des Rohr-netzes wie:

• Bettungs- und Auflagebedingungen sowie unzu-reichende Verdichtung in der Leitungszone und der Hauptverfüllung,

• wechselnde Grundwasserstände oder Austrock-nung des Bodens,

• Aggressivität des Grundwassers und Bodens,• zunehmende Verkehrsbelastungen,• Kriegsfolgen,• Streuströme,• Baumaßnahmen in Bereich der Rohrleitungen,• Frostschäden,• fehlerhaft ausgebildete Hausanschlüsse, nicht

mehr geeignete Rohrverbindungen,• Einwirkung von Schadstoffen aus kontaminierten

Böden (z. B. Kunststoffrohre oder auf ZM-Umhül-lung bei metallischen Rohren) usw.

Die Abb. 3.21 a) und b) zeigen schematisch die Bean-spruchung der Rohrleitungen im Rohrgraben beim Baueiner Rohrleitung und die Beanspruchung der Rohrlei-tungen im späteren Betrieb der Rohrleitung.Schäden oder Mängel resultieren aus:

• Planung und Bauausführung,• eingesetzten Werkstoffen einschließlich äußerem

Korrosionsschutz sowie innerem Korrosions-schutz und transportiertem Wasser,

• Wartung und Instandhaltung der Leitungsnetze,• Art und Dauer der Nutzung der Leitungsnetze,• äußeren Einflüssen von Baugrund, Rohrbettung,

u. s. w.,• Grundwasser oder wechselnden Grundwasserstän-

den, Austrocknung des Bodens bei ausbleibenden Niederschlägen,

• dauernde oder zeitweise auftretende Verkehrsbe-lastungen,

• Druckverhältnissen und Druckstößen,• Streuströmen von Gleichstrombahnen und Stahl-

betonfundamenten,• Frostschäden bei nicht ausreichender Verlegetiefe,• evtl. auch noch heute nachwirkenden Kriegsfol-

gen.

Abb. 3.26a) EN 805 Begriffe zur Verlegung (siehe auch DIN 1610 [DIN, 1997b])

Abb. 3.26b) Einflüsse und Belastungen bei der Verlegung und im Betrieb der Rohrleitung

Abb. 3.26: Beanspruchung der Rohrleitungen im Rohr-graben [Roscher et al., 2000]

Zunehmende VerkehrsbelastungRohrleitungen im Straßenraum werden heute zusätzlichbeansprucht durch:

• höhere Achslasten und größere Anzahl von Lastü-bergängen des fließenden Verkehrs,

• indirekte Veränderung der Lage von Rohrleitun-gen und Armaturen (bisher unter weniger belaste-ten Streifen des Straßenraumes durch Straßenver-breiterung „neue“ Lage unter Fahrstreifen),

• veränderten Deckenaufbau (früher Pflasterdecke, heute 1. und 2. Tragschicht sowie bituminöse Ver-schleißschicht), dadurch ggf. Wasseraustritt ent-fernt von der Schadensstelle,

• Einwirkung von Streuströmen von Gleichstrom-bahnen

• Einwirkung von Streuströmen verursacht durch Stahlbetonfundamente von Gebäuden mit Tiefge-schossen,

• Auskofferung und Neuaufbau der Straßenkons-truktion (zeitweise unzureichenden Überdeckung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

für schwere Fahrzeuge – sofortiges oder späteres Auftreten von Bruchschäden),

• Aufgrabungen benachbarter Leitungen,• Errichtung von Tiefbauwerken im Bereich liegen-

der Leitungen.Durch zunehmende oder zeitweise auftretende Ver-kehrsbelastungen können vermehrt Bruchschäden beiGraugussleitungen kleiner Nennweiten auftreten.Ebenso können Verkehrsumleitungen über Nebenstra-ßen zu einer Erhöhung der Schadensanzahl führen. Sowar in Erfurt in einem Untersuchungsgebiet bedingtdurch Verkehrsumleitungen im Zusammenhang mitdem Bau einer neuen Straßenbahnlinie eine Häufungvon Schadensfällen zu beobachten.Unzureichende Bettung und Verdichtung der Leitungszone und des RohrgrabensDer Einbau von Rohrleitungen erfolgt nach den techni-schen Regeln des Rohrleitungsbaus (bisher W 403,DIN 4033, zukünftig EN 805, DIN 1610 usw.). Schä-den nach Inbetriebnahme der Rohrleitungen sind in derRegel auf die Nichtbeachtung der technischen Regelnzurückzuführen. So treten in der Anfangsphase häufigSchäden auf, danach geht die Schadensanzahl zurückund steigt erst mit Erreichen der technischen Nutzungs-dauer (technische Nutzungsdauer) durch Materialalte-rung usw. wieder an, so dass zu diesem Zeitpunkt dieRehabilitation erforderlich wird (sog. „Badewannen-kurve“). Eine bei der Schadensbeseitigung auftretende Schaden-sursache kann bei nicht ordnungsgemäßen Wiederher-stellungsarbeiten – Einbau, Verdichten des Bodenmate-rials und Straßendecke – auftreten (siehe Kap. 1.2.6Wiederherstellung von Straßen und Vermeidung vonFolgeschäden durch Baugruben bzw. Baugräben beikonventioneller Verlegung von Rohrleitungen).Grundwasserstände oder Austrocknen des Bodens [Kottmann, 1980b] stellte fest, dass • Rohrbruchhäufungen auf Gefriervorgänge an der

Erdoberfläche im Monat Dezember zurückzufüh-ren sind,

• hohe Bruchzahlen die Folge von Gefriervorgängen im Januar auftreten, seltener im Februar,

• Rohrbruchhäufungen auf das Austrocknen des Bo-dens im Sommer, mit einem Höchstwert im Sep-tember zurückzuführen sind,

• verhältnismäßig niedrige durchschnittliche Bruch-zahlen im März auftreten,

• dass Tauvorgänge keinen nennenswerten Beitrag zur Erhöhung der Bruchzahlen leisten.

elektrochemisch bedingte KorrosionZur elektrochemisch bedingten Korrosion stellte[Skarda, 1993] fest, dass

• Rohrleitungen in der Nähe von Gleichstrombah-nen (Straßenbahn, Obusse), Schweißwerkstätten und anderer geerdeter Gleichstromverbraucher durch Streustromkorrosion zerstört werden kön-nen,

• an Fehlstellen der Rohrumhüllung (anodischen Bereich) Strom austritt und demzufolge an der

Rohrleitung Mulden- und Lochkorrosion entsteht (die Vertiefungen sind meist frei von Korrosions-produkten, weil das metallische Eisen weggetra-gen und außerhalb der Mulde oxidiert wird),

• an Bögen und in den lichten Querschnitt hineinra-genden Teilen, z. B. an Messblenden, Erosion beo-bachtet wird (mechanischer Abtrag).

Die Außenkorrosion wird durch das Zusammenwirkenvieler mitbestimmender Faktoren wie aggressiver Bö-den, Streuströme, galvanische Verbindungen zu Fremd-kathoden etc. verursacht....“ (in der Schweiz seit 1991wirksamer Außenschutz und Streustromursachenbe-kämpfung).Baumaßnahmen im Bereich der Rohrleitungen (dazu W 380)Rohrleitungen können in ihrem Bestand durch Bau-maßnahmen gefährdet werden, wenn im Bereich derEinflusszone Bauarbeiten durchgeführt werden. Größeund Geometrie der Einflusszone sind abhängig von:Abständen zu Ausschachtungen, Baugruben, Funda-menten, Schächten, Decken- und Sohleplatten, Baustel-leneinrichtungen, Verankerungen, Leitungen und Ka-beln, Verkehrsbauwerken, Einschnitten, Dämmen u. a.Die Beanspruchung der Rohrleitungen wird beeinflusstdurch

• die Nennweite der Leitungen, Rohrwerkstoffe, Rohrwanddicke, Rohrverbindung,

• die Überdeckung der Leitung,• den Schutz gegen mechanische Beanspruchung,

z. B. Schutzrohre• den aktiven und passiven Korrosionsschutz,• den Betriebszustand der Leitung,• Armaturen,• Kleinbauwerke, wie Schachtbauwerke, Widerla-

ger und• die Lage der Leitung, z. B. erdverlegt oder freiver-

legt.W 380 [DVGW, 1993] nennt als Maßnahmen zumSchutz der Leitungen

• bauliche Schutzmaßnahmen,• betriebliche Schutzmaßnahmen,• Umlegung der Leitungen.

Abb. 3.27: Unzulässig hohe Belastung bei Straßenbauar-beiten (W 380 [DVGW, 1993]; neu W 400-3)

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.28: Gefährdeter Bereich der Versorgungsleitun-gen bei Grabenaushub (W 380 [DVGW, 1993]; neu W 400-3)

Abb. 3.29: Gefährdeter Bereich der Versorgungsleitun-gen bei Grabenaushub mit Verbau (W 380 [DVGW, 1993]; neu W 400-3)

FrostgefährdungAls außergewöhnlicher Einflussfaktor für Rohrschädenist die Frosttiefe anzusehen, da in Deutschland beson-ders niedrige Temperaturen über einen längeren Zeit-raum in einer bestimmten Periodizität aufgetreten sind(1928/29, 1939/40, 1962/63, 1995/96) [Mutschmannund Stimmelmayr, 1991], [Mutschmann und Stimmel-mayr, 1995], [Roscher et al., 1997], [Saitenmacher etal., 1997]. Die Frosttiefe ist eine Funktion klimatischerund bodenkundlicher Parameter (Temperatur, Zeit,Schneedicke, Schneedichte, Bodenmaterial). Einfluss-gruppen können in ihrer Wirkung auf engstem Raumerheblich schwanken. Da keiner der die Frosttiefe be-stimmenden Faktoren für ein größeres Gebiet konstantist, würde die rechnerische Verfolgung der Frosttiefeneiner längeren Leitungstrasse so umfangreiche Vorun-tersuchungen erfordern, so dass sie einen für die Praxisungangbaren Weg bedeutet.[Löffler, 1965] untersuchte Gesichtspunkte zur frostsi-cheren Verlegung von Wasserleitungen und zeigte dieFrosteindringtiefe bei wasserführenden Rohrleitungen(Abb. 3.30).

Abb. 3.30: Frosteindringtiefe bei wasserführenden Rohr-leitungen [Löffler, 1965]

3.2.3 Wasserverlustmessungen zur Ermitt-lung von Rohrschäden

Als Quellenangabe wird W 392 [DVGW, 2001c] be-nannt.

3.2.3.1 Wasserverluste in Trinkwassernetzen – ein Dauerproblem

Unter Wasserverlust versteht man die Differenz zwi-schen verkaufter Menge und der in das Rohrnetz einge-speisten Menge.Wasserverluste sind eine Folge von technischen Män-geln des Rohrnetzes aufgrund von Rohrnetzschädenund zugleich betriebswirtschaftlicher Verluste derWasserversorgungsunternehmen. Ein negativer Ein-fluss von Leckagen des Rohrnetzes, insbesondere beiSchalenbrüchen oder Rissen mit großer Wasserver-lustmenge, auf die Trinkwassergüte ist nicht auszu-schließen. Das an Leckstellen austretende Wasser kannweiterhin die Feinanteile des Bodens austragen undeine Gefahr für den Straßenverkehr und Gebäude dar-stellen.Technische, hygienische, betriebswirtschaftliche undhaftungsrechtliche Gesichtspunkte zwingen die Was-serversorgungsunternehmen, sich mit Wasserverlustenzu befassen.Zielsetzung der Überwachung von Trinkwasserversor-gungsnetzen sind daher

• die Erhaltung der Betriebssicherheit,• die Einhaltung der Trinkwassergüte,• die Verringerung bzw. Geringhaltung der Wasser-

verluste,• die frühzeitige Erkennung von Störungen,• die Abwendung von Schäden.

Wasserverluste als DauerproblemDie Wasserverlustanalyse wird aber auch zur Scha-densermittlung im Rohrnetz herangezogen.Wasserverluste sind ein Dauerproblem seit Bestehender einheitlichen Wasserversorgung. Bereits 20 Jahrenach der Grahn`schen Veröffentlichung über die Was-serversorgung im Deutschen Reich [Grahn, 1883 sowie1898/1902] befasste sich Frühling 1904 mit der Frageder Wasserverluste und nannte auch Schadensursachen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

aus der Anfangszeit der einheitlichen Wasserversor-gung:„Neben den bereits hervorgehobenen Wasserverlustenim Innern der Häuser traten noch solche außerhalb derGebäude auf, welche durch undichte Stellen im Lei-tungsnetz entstehen und bei den Nachweisungen derWasserwerke häufig unter den Leistungen für öffentli-che Zwecke mit eingefügt sind. Ein Rohrbruch verrätsich bald durch verminderten Druck in den Hausleitun-gen, sowie durch Austreten des Wassers aus den Fugendes Pflasters oder durch Eindringen in die Keller derbenachbarten Häuser; schwieriger aber ist das Auffin-den kleiner Leckstellen, namentlich in solchen Fällen,in welchen der Untergrund durchlässig ist und das ent-wichene Wasser dem Grundwasser oder den neben denEntwässerungskanälen liegenden Sickerleitungen zu-fließen kann......Die Leckstellen bestanden vielfach inschadhaften Bleileitungen, welche durch Stöße in derLeitung geborsten waren, in undicht gewordenen Ver-bindungen der Hydranten, in Rohrbrüchen an Stellen,wo die Leitung auf altem Mauerwerk auflag u.s.w. –Der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch inFrankfurt a. M. hatte bis 1885 138 l betragen, wovonbei 53 l Verlust nur 85 l nutzbar gemacht wurden.“[Frühling, 1904]Zusammenhang Wasserverluste und SchädenDer korrelative Zusammenhang von Wasserverlustenund Schäden an Rohrleitungen und Armaturen desWasserversorgungsnetzes ist nahe liegend und wurde inder Literatur der letzten 20 Jahre von mehreren Autorenbeschrieben und nachgewiesen. [Irle, 1984] versuchtedie Zusammenhänge zwischen Wasserverlusten, Bo-denaggressivität und Schadenshäufigkeit aufgrund vonBeispieluntersuchungen darzustellen und kam zu demErgebnis, dass die Schadenshäufigkeit und der Jahres-wasserverlust in unmittelbaren Zusammenhang stehen,der Jahreswasserverlust von Niederschlagshöhen,Grundwasserständen, aggressiven Bodenverhältnissenabhängig ist. Rohrnetze mit hohen Wasserverlustensollten in kürzerem Turnus überprüft werden, und inaggressiven Böden sollten nur Rohrmaterialien mit ent-sprechendem Außenschutz zum Einsatz kommen.

3.2.3.2 Methoden der Wasserverlustermitt-lung

Art, Umfang und Zeitabstand von Wasserverlustmes-sungen werden vorrangig durch die Höhe der Wasser-verluste bestimmt.MonitoringDie kontinuierliche Überwachung setzt das kontinu-ierliche Erfassen der für den jeweiligen Rohrnetzbezirkrelevanten Messwerte voraus, wie z. B. Durchfluss-menge, Druck und Behälterwasserstand. Die Feststel-lung der Dichtheit des Rohrnetzes bzw. entsprechendeVeränderungen durch Rohrbrüche oder Korrosions-schäden größeren Umfangs (Lochschäden) erfolgt

durch Ermittlung und Beurteilung der Messwerte bzw.daraus errechneter Kennwerte (z. B. Nachtmindestver-brauch) in gleichen Zeiträumen. Dafür sind automatischarbeitende Registriergeräte, für wichtige Anlagenteileauch die Fernübertragung, zweckmäßig.Hohe Schadensraten und hohe Wasserverluste erfor-dern kurze Abstände der Inspektion oder eine kontinu-ierliche Überwachung, niedrige Schadensraten undniedrige Wasserverluste erlauben längere zeitliche Ab-stände der Inspektion. Als geeignetes Verfahren für dieDichtheitsüberwachung gilt die Zuflussmessung.InspektionszeiträumeFolgende Inspektionszeiträume (Tab. 3.11) bezogen aufdie Dichtheit des Rohrnetzes werden empfohlen:

Tab. 3.11: Inspektionszeiträume

Die Wassermengenbilanz ist nach der Neufassung derW 392 [DVGW, 2001c] zu erstellen.Die möglichst genaue und umfassende Messung der indas Rohrnetz eingespeisten und aus dem Rohrnetz ab-gegebenen Wassermengen ist ein integraler Bestandteilder Wasserverlustermittlung.Folgender Ablauf ist vorzusehen:

• Ermittlung der Rohrnetzeinspeisung Q N und der in Rechnung gestellten Rohrnetzabgabe Q AI,

• Möglichst genaue Schätzung bzw. Ermittlung der nicht in Rechnung gestellten Rohrnetzabgabe QAN,

• die Rohrnetzabgabe QA ergibt sich aus der Sum-menbildung von QAI (der in Rechnung gestellten Rohrnetzabgabe) und QAN (der nicht in Rechnung gestellten Rohrnetzabgabe),

• die Wasserverluste QV ergeben sich aus der Diffe-renz der Rohrnetzeinspeisung QN und der Rohr-netzabgabe QA,

• möglichst genaue Schätzung der Scheinbaren Wasserverluste QVS.

Die realen Wasserverluste QVR ergeben sich aus derDifferenz der Wasserverluste QV und der scheinbarenWasserverluste QVS. Sie sind mit der Wassermengenbi-lanz jährlich zu ermitteln.Die Berechnung der realen Wasserverluste QVR und derspezifischen realen Wasserverluste qVR kann nach Tab.3.12 erfolgen.

Wasserverlustbereich spezifi-scher realer Wasserverlust

Empfohlene Inspektions-zeiträume

hohe Wasserverluste einmal pro Jahr

mittlere Wasserverluste alle drei Jahre

geringe Wasserverluste spätestens alle sechs Jahre 1

1 geeignetes Verfahren für die Dichtheitsüberwachung ist die Zuflussmessung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Tab. 3.12: Wassermengenbilanz der Rohrnetzeinspeisung nach W 392 [DVGW, 2001c] S. 15 (alle Mengenangaben Q in m3/a)

Die Messgeräte sind auf Abweichungen zu überprüfen,bei festgestellten Abweichungen sind Korrekturen vor-zunehmen. Die genaue Messung der Rohrnetzeinspei-sung QN ist von großer Bedeutung für eine zuverlässigeWassermengenbilanz, da ungenaue Messungen einRohrnetz in einem besseren (negative Zählerabwei-chung) oder schlechteren (positive Zählerabweichung)Zustand erscheinen.WasserabgabenUngemessene Wasserabgaben sollten so gering wiemöglich gehalten werden. Wo sie unter Berücksichti-gung eines vertretbaren Aufwandes nicht zu vermeidensind, müssen sie aber möglichst genau geschätzt und inder Mengenbilanz berücksichtigt werden.Die Rohrnetzabgabe QA kann durch Stichtagablesungoder durch rollierende Ablesung unter Berücksichti-gung der nicht in Rechnung gestellten gemessenen undaller ungemessenen Abgaben ermittelt werden – unge-messene Abgaben sind möglichst genau zu schätzen.Die Stichtagablesung erfolgt in der Regel jährlich amgleichen Jahrestag, wobei die Stichtagablesung derRohrnetzabgabe in der Regel nicht mit dem Stichtagder Ablesung der Rohrnetzeinspeisung zusammenfällt.StichtagBei rollierender Ablesung erfolgt die Ablesung bezirks-weise durch Unterteilung des Rohrnetzes in Ablesebe-zirke, die regelmäßig (z. B. jährlich) in einem festge-legten Zeitraum nacheinander abgelesen werden. AlleAblesungen eines Bezirkes (Zählbezirk) werden einemStichtag zugeordnet.Wassermengen, die durch Abweichungen (Messfehler)der eingebauten Kundenwasserzähler, durch Schleich-verluste oder durch Wasserdiebstahl unrichtig odernicht erfasst werden, werden als scheinbare Wasser-verluste QVS bezeichnet. Sie müssen bei der Mengen-bilanzierung berücksichtigt werden, da anderenfalls po-sitive Zählerabweichungen zu scheinbar kleineren undnegative Zählerabweichungen zu scheinbar größerenrealen Wasserverlusten QVR führen würden.

Scheinbare Wasserverluste sollten gering gehalten wer-den durch:

• Auswahl geeigneter und richtig dimensionierter Hauswasserzähler,

• (siehe DVGW-Arbeitsblätter W 406 [DVGW, 2001d] und W 407 [DVGW, 2001a]),

• Überprüfung der Wassermesseinrichtungen für die Rohrnetzeinspeisung in regelmäßigen Zeitabstän-den,

• Vermeidung von nicht autorisierten Wasserabga-ben (Wasserdiebstahl),

• eine möglichst zeitgenaue oder statistisch gesi-cherte Abgrenzung der Rohrnetzeinspeisung und der Wasserabgabe an die Kunden.

Die Ursachen von realen Wasserverlusten QVR sindLeckagen im Rohrnetz zwischen Einspeisestelle undHauswasserzähler. Sie können mit verschiedenen tech-nischen Verfahren unmittelbar gemessen werden.Die Wasserverlustmenge einer einzelnen Leckstelleergibt sich aus dem Produkt von Leckrate (in m3/d oderl/h) und der Laufzeit des Wasseraustritts an der Leck-stelle (in d oder h).Hierbei gelten folgende Gesetzmäßigkeiten:

• Nicht erkannte Kleinstleckagen mit meist kleiner Leckrate, aber langer Laufzeit führen zu hohen re-alen Wasserverlusten.

• Durch Leckortung aufgefundene Leckagen (in Ab-hängigkeit von Turnus und Verfahren der Lecksu-che) mit meist mittleren Leckraten und mittleren Laufzeiten führen zu mittleren bis hohen realen Wasserverlusten.

• Sichtbare und gemeldete Leckagen, z. B. Rohrbrü-che, mit meist großer Leckrate aber kurzer Lauf-zeit führen zu niedrigen realen Wasserverlusten.

Einflüsse auf WasserverlusteEinflussfaktoren auf reale Wasserverluste QVR sind:• Länge des Rohrnetzes LN,• Anschlussdichte HA/km Rohrnetzlänge,

Rohrnetzein-speisung QN

Rohrnetzabgabe QA

In Rechnung gestellte Rohrnetzabgabe QAI

In Rechnung gestellte und gemessene Rohrnetzabgabe In Rechnung gestellte Was-

serabgabe QIRIn Rechnung gestellte und nichtgemessene Rohrnetzabgabe

Nicht in Rechnung ge-stellte Rohrnetzab-gabe QAN 1

Nicht in Rechnung gestellte und gemessene Rohrnetzabgabe

Nicht in Rechnung gestellte Wasserabgabe QNR

Nicht in Rechnung gestellte und ungemes-sene Rohrnetzabgabe

Wasserverluste QV

Scheinbare Wasser-verluste QVS

Zählerabweichungen Abgrenzungsverluste bei Ablesungen

Schleichverluste

Wasserdiebstahl

Reale Wasserverluste QVR

Zubringerleitungen

Behälter

Haupt- und Versorgungsleitungen

Hausanschlussleitungen bis zum Hauswas-serzähler

1 z. B. Feuerlöschbedarf, Kanal- und Straßenreinigung, Hydranten- und Leitungsspülung, Frostschutz, Bewässerung öffentlicher Flächen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Diese entspricht der Anzahl von Anschlussleitun-gen je km Rohrnetzlänge (HA/km Rohrnetzlänge). Nach der DVGW-Schadenstatistik Wasser ist die Schadensrate der Anschlussleitungen umgerechnet auf die Anzahl Schäden / km Anschlussleitung ⋅ a (bei einer angenommenen mittleren Länge der An-schlussleitungen von 10 m) wesentlich höher als die der Versorgungs- und Hauptleitungen.

• der Versorgungsdruck,Druckänderungen beeinflussen die realen Wasser-verluste nahezu linear. Das Ausflussvolumen steigt zwar theoretisch mit zunehmendem Druck unterproportional an. Praxisuntersuchungen in Wasserverteilungsnetzen zeigen jedoch einen na-hezu linearen Anstieg zwischen Druck und Aus-flussvolumen. Dies kann auf eine Veränderung der Leckstellengeometrie und des Gegendruckes im umgebenden Erdreich zurückzuführen sein.

• die Rohrnetzstruktur,Art, Anteil und Alter der eingebauten Rohrwerk-stoffe sowie Korrosionsschutz, Verbindungen, Ar-maturen und sonstigen Einbauten beeinflussen zu-sammen mit Faktoren wie Verlegetiefe, Verlegequalität u.ä. die Schadensraten und realen Wasserverluste in Rohrnetzen

• die Bodenart.Innerhalb der Bodenarten sind drei Parameter, die sichüberlagern können, wesentlich:• Korrosion (die Bodenaggressivität nimmt im

Allgemeinen von nichtbindigen Böden zu bin-digen Böden zu.

• Bewegungsvorgänge im Boden (bindige Bö-den neigen bei wechselndem Wassergehalt stärker zu Bodenbewegungen als nichtbindige Böden)

• Erkennbarkeit von Leckstellen (die Erkennbar-keit von Schäden durch Wasseraustritt an der Bodenoberfläche ist z. B. in Kies und klüfti-gem Fels gegenüber den anderen Bodenarten deutlich erschwert).

3.2.3.3 Spezifische reale Wasserverluste qVR

Die Angabe von Wasserverlusten in Prozent der Rohr-netzeinspeisung ist als technische Wasserverlustkenn-zahl ungeeignet, da dabei keiner der aufgeführten Ein-flussfaktoren berücksichtigt wird. Hohe Rohrnetzeinspeisungen (z. B. städtische Versor-gungen mit entsprechend hohen spezifischen Rohrnetz-abgaben je km Rohrnetzlänge) führen bei Angabe derWasserverluste in Prozent der Rohrnetzeinspeisung zuniedrigen prozentualen Wasserverlusten. Geringe Rohrnetzeinspeisungen (z. B. ländliche Ver-sorgungen mit entsprechend niedrigen spezifischenRohrnetzabgaben je km Rohrnetzlänge) führen zu ho-hen prozentualen Wasserverlusten. Bei einem Ver-gleich von in Prozent angegebenen Wasserverlusten er-scheint deshalb eine Wasserversorgung mit höhererspezifischer Rohrnetzabgabe immer günstiger als einemit niedrigerer spezifischer Rohrnetzabgabe.

Formel 3.2:spezifische WasserverlusteAls technische Kennzahl für die spezifischen Wasser-verluste (qVR) wird daher das Verhältnis von realen

Wasserverlusten zur Rohrnetzlänge genutzt. Diese spe-zifischen realen Wasserverluste errechnen sich nachfolgender Gleichung:

(3.2)

QVR realer Wasserverlust in m3/aqVR spez. realer Wasserverlust in m3/h ⋅ kmLN Länge Rohrnetz in km, ohne Anschlusslei-

tungen

Formel 3.3:momentane WasserverlusteBei Zuflussmessungen in Rohrnetzbezirken zur Ermitt-lung der dortigen momentanen Wasserverluste QVRmsind für QVRm die gemessenen Wasserverlustmengen inm3/h und für LN die Rohrnetzlänge im jeweiligen Rohr-netzbezirk (ohne die Länge der Hausanschlüsse) einzu-setzen. Es gilt dann:

(3.3)

QVRm momentan gemessener realer Wasserver-luste in m3/h

qVR momentaner spez. realer Wasserverlust in m3/h ⋅ km

LN Länge des jeweiligen Rohrnetzbezirks in km, ohne Anschlussleitungen

Mit der Anschlussdichte (Anzahl der Anschlüsse je kmRohrnetz) kann der spezifische reale Wasserverlust qVR(m3/km ⋅ h) auch auf die international oft genutzte Ein-heit m3/HA ⋅ d bezogen werden.Richtwerte WasserverlusteDie Beurteilung der Rohrnetze kann nach den in dernachfolgenden Tab. 3.13 angegebenen Richtwerten er-folgen, wobei es sich um einen Durchschnittswert fürein gesamtes Versorgungsgebiet handelt ! Das Verhältnis der vor Ort ermittelten spezifischen rea-len Wasserverluste qVR zu den in Tabelle für die jewei-lige Versorgungsstruktur angegebenen geringen Was-serverlusten ist eine geeignete Kennzahl zurBeurteilung des Rohrnetzzustandes. Wird der spezifische reale Wasserverlust für Rohrnetz-bezirke ermittelt, können sich erhebliche Abweichun-gen von diesem Durchschnittswert ergeben.

Tab. 3.13: Richtwerte für spezifische Wasserverluste in qVR in Rohrnetzen

Wasserverlustbereich

Richtwerte für spez. reale Wasserver-luste qVR in m3/km⋅h

großstäd-tisch städtisch ländlich

geringe Wasserverluste 1 < 0,10 < 0,07 < 0,05

mittlere Wasserverluste 2 0,10–0,20 0,07–0,15 0,05–0,10

hohe Wasserverluste 3 > 0,20 > 0,15 > 0,101 geringe Wasserverluste: In über längeren Zeiträumen gewachse-nen Rohrnetzen können reale Wasserverluste in geringer Höhe auch bei gutem Rohrnetzzustand auftreten2 mittlere Wasserverluste: Der in einem Rohrnetz ermittelte spezi-fische reale Wasserverlust sollte nicht oberhalb dieses Bereichs lie-gen, d.h. das Zweifache der geringen realen Wasserverluste nicht überschreiten.3 hohe Wasserverluste: Hohe spezifische reale Wasserverluste er-fordern besondere Maßnahmen zur Wasserverlustreduzierung.

qVRQVR

8760 LN⋅----------------------- (m3 h km⋅⁄ )=

qVRQVRm

8760 LN⋅----------------------- (m3 h km⋅⁄ )=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Die Richtwerte für spezifische reale WasserverlusteqVR nehmen von großstädtischen zu ländlichen Versor-gungsstrukturen ab. Die Gründe hierfür sind:

• Hausanschlüsse sind erfahrungsgemäß die Schwachstellen in Rohrnetzen. Anzahl der An-schlüsse und Anschlussdichte nehmen in der Re-gel von großstädtischen zu ländlichen Versor-gungsstrukturen ab.

• Städtische Rohrnetze unterliegen in der Regel vielfältigeren und höheren Beanspruchungen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Höhe der Wasserverluste als Rohrnetze in ländlichen Berei-chen.

3.2.3.4 Verfahren der WasserverlustmessungFür die Durchführung der Dichtheitsmessung und da-mit für die Erfassung der Wasserverluste ist das zuüberwachende Rohrnetz in definierte Rohrnetzbezirkezu unterteilen. Die Größe der Rohrnetzbezirke ist ab-hängig von der Wahl des angewandten Messverfahrensund von der angestrebten Genauigkeit der Wasserver-lusterfassung. VoraussetzungenDieses Verfahren eignet sich sowohl für die Durchfüh-rung einer turnusmäßigen als auch für die Einrichtungeiner ständigen Wasserverlustkontrolle. Allerdings

müssen für aussagefähige Wasserverlustanalysen dienachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

• der Rohrnetzbezirk muss über eine oder mehrere Einspeiseleitungen messbar sein,

• seine Größe sollte zwischen 4 und höchstens 30 km Rohrnetzlänge liegen, in Abhängigkeit von der Anzahl der versorgten Einwohner und der Rohr-netzstruktur,

• eine oder mehrere stationäre oder mobile Durch-flussmesseinrichtungen sind zu installieren,

• der Minimalzufluss ist zu ermitteln.Bei einer kontinuierlichen Zuflussmessung sind an dieMessgeräte bestimmte Anforderungen zu stellen, weildiese eine große Messspanne abzudecken haben, oftnachträglich eingebaut werden müssen und eine gesi-cherte Datenspeicherung oder Fernübertragungsmög-lichkeit aufweisen sollen.Es kann sich als günstig erweisen, Durchflussmessge-räte mit Datensammler zur Erfassung von Zuflussmen-gen nachträglich in das Rohrnetz einzubauen, um großeVerbrauchszonen in kleinere Rohrnetzbezirke aufzutei-len. Die Ermittlung von eventuell auftretenden Wasser-verlusten ist damit möglich.

Tab. 3.14: Verfahren der Dichtheitsmessung zur Ermittlung von Wasserverlusten.

3.2.3.5 Ermittlung der Wasserverluste durch Zuflussmessung

Die gemessene minimale Zuflussmenge Qmin enthältdie Wasserverlustmenge QVerl und eine Restver-brauchsmenge QVerbr .

Formel 3.4:Für die Ermittlung der Wasserverlustmenge QVerl gilt:

(3.4)

Formel 3.5:Der Anteil der Restverbrauchsmenge QVerbr lässt sichnach folgendem Richtwert abschätzen:

(3.5)

Formel 3.6:oder

(3.6)

3.2.3.6 Leckortungsmethoden

LeckortungsverfahrenDie üblichen Leckortungsverfahren beruhen auf derErfassung und Auswertung von Leckgeräuschen, diedurch das unter Druck stehende Wasser verursacht wer-den. Die dabei entstehenden Körper- und Was-ser-Schallwellen werden für die Ortung genutzt (in derVergangenheit Abhorchverfahren).Als weiteres Verfahren kommt die Schallpegelmes-sung, in Sonderfällen die Differenzdruckmessung(z. B. Suchmolch) und Farbtest (Einfärben des Was-sers) zur Anwendung, bei denen die Leitung allerdingsaußer Betrieb genommen werden muss.

Methode Bewertung Randbedingungen

Kontinuierliche Zufluss-messung (Nachtmindest-verbrauchsmessung)

Auftretende Wasserverluste können re-lativ gut erkannt werden. Der Anteil des Verbrauchs an der Zuflussmenge muss als Referenzwert vorliegen.

• Einbau von Durchflussmessgeräten• Rohrnetzbezirk bis 30 km Rohrnetzlänge• Messzeit: min. 1–2 h pro Tag• tägliche Messwerterfassung• zeitnahe Messwerterfassung und -übertragung• dichte Absperrschieber• eindeutige Zuflussmesswerte • Erfassung aller Zuflüsse und Abflüsse des Rohrnetzbezirkes

Momentane Zuflussmes-sung (Bezirksmessung, Nullverbrauchsmessung)

Vorhandene Wasserverluste können so-fort erkannt werden. Der Restverbrauch wird abgeschätzt.

• Rohrnetzbezirk• 1 bis 10 km Rohrnetzlänge• Messzeit: min. 20 Min.• Transportables Durchflussmessgerät • dichte Absperrschieber• Ermittlung von Dauerverbraucher• Überwachung des Druckes • während der Messzeit

QVerl Qmin QVerbr–=

QVerbr 0 4, m3 h⁄ bis 0 8, m3 h⁄ je 1000 versorgte Einwohner

=

QVerbr 7 l min bis 14 l min⁄⁄ je 1000 versorgte Einwohner

=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abhorchverfahren Für die Leckortung wurden in der Vergangenheit Ab-horchverfahren angewendet, heute wird fast ausschließ-lich das Korrelationsmessverfahren benutzt, in Sonder-fällen auch andere Verfahren, bei denen die Leitungallerdings außer Betrieb genommen werden muss.Das Abhorchen erfolgte in direktem Kontakt zu zu-gänglichen Leitungsabschnitten mit Horchdose undHorchrohr, ggf. mit Verstärkern und Frequenzfilternvon der Erdoberfläche aus.

KorrelationsmessverfahrenBeim Korrelationsmessverfahren wird die Laufzeit-differenz der Leckgeräusche zu den Anschlusspunktenan die Leitung zur Berechnung der Schadensstelle ge-nutzt. Die Leckgeräusche werden durch zwei hinterein-ander angeordneten Sensoren in Form von elektrischenSignalen aufgenommen und dem Korrelationsrechnerzugeführt. Der Schadensstelle wird aus der Laufzeitdif-ferenz der Ausbreitungsgeschwindigkeit und aus derMessstreckenlänge errechnet.Abb. 3.31 zeigt das Prinzip des Korrelationsmessver-fahrens nach W 393 (alt) und Abb. 3.34 die Ausbreitungder Leckgeräusche bzw. Schallwellen von der Leck-stelle.

Abb. 3.31: Korrelationsmessverfahren

Die Grundausrüstung der Korrelationsmessgerätebesteht aus:

• Schallaufnehmer mit Verstärker• Übertragungseinrichtung (Kabel oder Funk)• Frequenzfilter• Rechner (Korrelationsanalysator und auswerter).

Die Schallaufnahme erfolgt mit Körperschallsensorenoder Hydrophon. Zur Schallanregung für die Messungder Schallgeschwindigkeit können zusätzliche Vibrato-ren eingesetzt werden.Lautstärke und Frequenz der Leckgeräusche sind vonverschiedenen Einflussfaktoren abhängig.Das Leckgeräusch ist abhängig von Bodenart, Rohr-werkstoff, Leckgeometrie, Grundwasserstand und In-nendruck. Dauergeräusche, die im gleichen Frequenz-bereich liegen, beeinträchtigen das Ergebnis derOrtung. Bei Erdüberdeckungen der Rohre über 2 m ver-sagt meist das Abhorchen. Nichtmetallische Rohre undRohrverbindungen dämpfen die Schallausbreitung, sodass die Unterteilung in kleine Messabschnitte erfor-derlich ist. Lockere, trockene und kiesige Böden wirkensich ebenfalls ungünstig auf die Messergebnisse aus.Die Genauigkeit der Leckortung nimmt bei Messstre-cken über 250 m auch bei schalleitenden Rohren deut-lich ab. Bei nichtmetallenem Rohrmaterial sind dieMessstrecken ggf. auf 30 bis 50 m zu verkürzen.

Korrelationsmessungen bei Nennweiten > DN 300 sindnur begrenzt auswertbar; betonierte oder ähnlich befes-tigte Oberflächen erschweren die Ortung. Wiss und Krebs 2001 beschrieben die Möglichkeitender Lecksuche mit Hilfe der Sensortechnik. Das Abb.3.34 zeigt die Ausbreitung der Leckgeräusche bzw.Schallwellen von einem Hydranten aus, so dass größereFlächen in einem Rohrnetz untersucht werden können.Die Übertragung der Schallwellen erfolgt zu 2/3 imRohrleitungsmaterial und zu 2/3 im StrömungsmediumWasser.

Abb. 3.32: Einsatz der Sensortechnik an einem Hydran-ten

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.33: Sensor am Hydranten

Abb. 3.34: Ausbreitung der Schallwellen

3.2.3.7 Wasserverluste durch Lochkorrosion bei Längs- und Querrissen

Einen hohen Einfluss auf die Wasserverlustwerte habenbei der Lochkorrosion die Größe der Austrittsöffnungund der Betriebsdruck, wie die Untersuchungen von[Irle, 1984] und [Böhm, 1993] zeigen (siehe dazu Tab.3.15). Aus der Laufzeit kann der Wasserverlust einerLeckstelle ermittelt werden.Bei Längs- und Querrissen ist in Tab. 3.16 der Zusam-menhang von Nennweite und Betriebsdruck gut er-kennbar.Leckstellen sollten also eine möglichst kurze „Lauf-zeit“ haben. Zu beachten ist, dass die Verluste in denNachtstunden bei Behältereinspeisung durch den stei-genden Betriebsdruck ebenfalls ansteigen (bei Versor-gungsgebieten mit druckabhängiger Steuerung nicht).

Tab. 3.15: Wasserverluste bei Lochkorrosion [Böhm, 1993]

Tab. 3.16: Wasserverluste bei Längs- und Querrissen [Böhm, 1993]

Die Beurteilung der Wasserverluste setzt voraus:• die Kenntnis der wichtigsten Einflussfaktoren • die Abschätzung des Anteils der scheinbaren Ver-

luste und• die Kenntnis der Ungenauigkeiten bei der Aufstel-

lung der Wassermengenbilanz.Als wichtigster Einflussfaktor wird die Bodenart ge-nannt und dies mit Korrosion, Bewegungsvorgängenim Boden und der Erkennbarkeit von Leckstellen be-gründet. Die spezifischen Wasserverluste qv sollenhöchstens im oberen Bereich des Diagramms liegen.Anzustreben sind Werte im unteren Bereich. Spezifi-sche Verluste oberhalb des Bereiches erfordern beson-dere Maßnahmen, z. B. Verkürzung des Überwa-chungszeitraum.Beim Einflussfaktor Rohrdurchmesser ist zu berück-sichtigen, dass alte Graugussleitungen kleiner Rohr-

Betriebs-druck bar

Öffnung mm

Volumenströme

l/s m3/h m/d m3/a

3,0

2 0,05 0,17 4,1 1497

3 0,10 0,36 8,6 3139

4 0,20 0,71 17,0 6205

5 0,31 1,11 26,6 9707

4,0

2 0,06 0,21 5,0 1825

3 0,13 0,46 11,0 4015

4 0,23 0,82 19,7 7191

5 0,36 1,29 31,0 11315

5,0

2 0,06 0,23 5,5 2008

3 0,14 0,52 12,5 4563

4 0,26 0,92 22,1 8067

5 0,40 1,44 34,6 12629

DN

Volumenströme bei Querrissen m3/h

Betriebsdruck in bar

3,0 4,0 5,0

80 14,1 16,4 18,3

100 17,7 20,5 22,9

125 22,1 25,6 28,7

150 26,5 30,8 34,4

200 35,4 41,0 45,9

250 42,0 51,3 57,4

300 53,1 61,6 68,9

350 62,0 71,9 80,4

400 70,8 82,1 96,9

450 79,7 92,4 108,4

500 88,5 102,7 114,9

Volumenströme bei Längsrissen 1000 mm lang; 1 mm breit

80–500 56,4 65,4 79.2

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

durchmesser in der Regel eine höhere Schadensrate ha-ben. Rohrleitungen größerer Durchmesser haben in derRegel eine größere Schadensöffnung und demzufolgeim Schadensfall höhere Wasserverluste.Die durch Schadstellen auftretenden Wasserverlustemüssen durch die Leckortung in der Regel mit demKorrelationsmessverfahren bis DN 300 ermittelt wer-den. Als weitere Verfahren können verwendet werdendie Differenzdruckmessung oder die Leckortung mitHilfes eines Molches für Leitungen mit größeren Nenn-weiten.

3.2.3.8 Moderne Gerätetechnik zur Verlustü-berwachung

Unterteilung in DruckzonenDurch die Untergliederung von Druckzonen in unter-schiedliche Messzonen können sich betriebliche Nach-teile wie eingeschränkte Löschwasserbereitstellungoder zu spülende Endstränge ergeben. Die Messgerätewerden üblicherweise in Schachtanlagen eingebaut,welche kostspielig und wartungsintensiv sind. DerTransfer der erfassten Messdaten in die Leitwarte undihre Auswertung ist zusätzlich sicherzustellen. Ein modernes Verlustüberwachungssystem, z. B. dasVerlustmonitoring verspricht Abhilfe für viele deraufgeworfenen Fragen.

Funktionsweise des Verlustmonitoring-Sys-temsDas Verfahren baut auf dezentralen Durchflussmessun-gen direkt im Leitungsnetz auf. Wichtig sind die Festle-gung der Anzahl und Standorte der Messstellen, Kennt-nisse des Rohrnetzes, hydraulischer Sachverstand,wobei eine Rohrnetzberechnung die Aufgabe erleich-tert.Die Installation und Inbetriebnahme des Systems isteinfach, da die Messeinheiten komplett geliefert wer-den. Die Energieversorgung erfolgt in der Regel übereinen Netzanschluss. Die Kopplung an das Netz derStraßenbeleuchtung bietet jedoch eine kostengünstigeAlternative. Über Mobilfunkverbindungen werden die Daten zu ei-nem Zentralrechner übertragen, der als Server für dieweiteren Schritte eingesetzt wird. Hier werden die Da-ten zentral gespeichert und für Zugriffe durch Anwen-der vorgehalten.Ein Software-Paket übernimmt die Weiterverarbeitungder Daten. Über statistische Auswertungen der Mess-werte wird ein relevantes Nachtminimum errechnet.Mit diesen Informationen lassen sich bereits wichtigeErkenntnisse über die Netzcharakteristik und das Zu-sammenspiel einzelner Bereiche gewinnen. Alle Datenkönnen bequem z. B. an MS Excel oder ein bestehendesProzessleitsystem exportiert werden.

3.2.4 Schadenserfassung und Schadens-statistik

3.2.4.1 Ziele und Inhalt der Schadenserfas-sung

Als Schaden wird allgemein nach W 401 ein Zustandeines Anlagenteils verstanden, der eine unzulässige Be-einträchtigung der Funktionsfähigkeit darstellt und inder Regel mit Wasseraustritt verbunden ist. Es sind zu unterscheiden in:

• Schäden an Rohrleitungen (Zubringer-, Haupt- und Versorgungsleitungen) und Rohrverbindun-gen

• Armaturen (Absperrschieber, Ventile, Hydranten usw.) und

• Hausanschlussleitungen.Schäden an Armaturen – derzeitig noch der größteAnteil der Schäden am Wasserrohrnetz – sind vor allemauf Überalterung und funktionale Mängel zurückzufüh-ren, was sich auch in Schadensberichten erkennen lässt. Die Armaturenhersteller haben die funktionalen undkonstruktiven Mängel der vor Jahrzehnten eingebautenArmaturen erkannt und beseitigt. Deshalb ist in der Re-gel eine Auswechslung der Armaturen erforderlichHausanschlussleitungen aus heute nicht mehr einge-setzten Rohrmaterialien (Blei, verzinkte Stahlrohreusw.) werden ebenfalls zusammen mit den Hausan-schlussgarnituren ausgewechselt (sog. Bleirohrpro-gramm bis 2013).Die Schadensereignisse sollten in Schadensberichtenmit Angabe von Schadensort, Zeitpunkt, Werkstoff,Schadensart und Schadensursache, Folgeschäden usw.erfasst werden. Die früher übliche Praxis der Erfassungin Schadenskarteien und deren Auswertung ist in denmeisten Wasserversorgungsunternehmen durch dieEDV-gestützte Bearbeitung der Schadensberichte unddie grafische Datenverarbeitung (z. B. Visualisierung inSchadenskarten) abgelöst worden.Aufgrund der heute verfügbaren Möglichkeiten der Da-tenerfassung und -verarbeitung sollte die Bilddoku-mentation mit Digitalkamera und nachfolgenderSpeicherung in einer Datenbank durchgeführt wer-den. Bei weiteren auftretenden Schäden an der gleichen Lei-tung erleichtert die Bilddokumentation den Vergleichmit bereits aufgetretenen Schadensfällen, das Erkennenvon Schwachstellen und des Zustandes der Leitungen.Als Schwachstelle wird der Zustand eines Anlagenteilsbezeichnet, der in absehbarer Zeit zu einem Schadenführen wird (z. B. schadhafter Rohraußenschutz mitFlächen – später Mulden- und Lochkorrosion).

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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3.2.4.2 Schadensstatistik des DVGWDie Einführung der bundesweiten Schadensstatistiknach W 395 hatte eine am Netzzustand orientierte Re-habilitation der Wasserversorgungsnetze zum Ziel. Siesetzt eine zuverlässige und detaillierte Schadenserfas-sung und -auswertung voraus. Mit Hilfe einer gut geführten Schadensstatistik mit zu-geordneten Kosten lässt sich schnell und sicher erken-nen, wann es im einzelnen Versorgungsunternehmenwirtschaftlicher ist, sich anstelle weiterer Reparaturenan einer schadensanfälligen Leitungen oder für eine Er-neuerung oder Sanierung zu entscheiden. Die Einfüh-rung einer unternehmensübergreifenden Schadenssta-

tistik soll dazu beitragen, auf einer gesichertenrepräsentativen Grundlage systematische Schwachstel-len und Fehlentwicklungen von Bauteilen für Wasser-versorgungsanlagen zu erfassen und daraus abgeleitetdie notwendigen Vorgaben und Anforderungen imRahmen der Produktnormung (national und europäisch)zu formulieren [Sattler 1997].Grundlage für die bundesweite Schadensstatistik sindW 401 und W 395 einschließlich Anhang überarbeiteteErfassungsblätter.Der DVGW hat für die Erfassung der Schäden dieFormblätter W 1 Rohre und Rohrverbindungen, W 2Anschlussleitungen, W 3 Armaturen herausgegeben.

Tab. 3.17: Schadensstatistik DVGW – W 1 Rohre und Rohrverbindungen

Tab. 3.18: Schadensstatistik DVGW – W 2 Hausanschlussleitungen

Tab. 3.19: Schadensstatistik DVGW – W 3 Armaturen

Ursachenkategorien für SchädenAls Ursachenkategorien für Schäden werden zugrundegelegt:

• Mechanische Fremdeinwirkungen (z. B. durch Baumaschinen, Fremdbaumaßnahmen),

• Bodenbewegungen (z. B. durch Frost- und Tro-ckenperioden, Bergsenkungen, bauliche Maßnah-men usw.),

• Korrosion (z. B. Außen- oder Innenkorrosion bei metallischen Werkstoffen),

• defekte Rohrverbindungen (z. B. Stemmuf-fen/Steckmuffen, Gewinde- und Flanschverbin-dungen usw.),

• Mängel an Leitungen und Zubehör (z. B. werk-stoffspezifische oder konstruktionsbedingte Män-gel),

• sonstige.

Da lediglich die Materialart, jedoch nicht das Verlege-jahr, das Herstellungsverfahren, der Korrosionsschutzund Rohrverbindungen in dieser Statistik berücksichtigtwurden, ist diese statistische Erfassung lediglich für dieMaßstabsbildung im eigenen Unternehmen verwertbar. Weiterführend ist die unternehmenseigene Schadenser-fassung und -auswertung nach Leitungsgruppen, Scha-densarten, Schadensursachen usw. zu benennen, um dieSchwachstellen im eigenen Rohrnetz zu erkennen.undifferenzierte SchadensstatistikenJede undifferenzierte Schadensstatistik führt zu fal-schen Schlussfolgerungen, z. B. bei Stahlrohren, bei de-nen seit 1980 ein hoher Stand des inneren und äußerenKorrosionsschutzes erreicht wurde. Ebenso sind Duktil-gussrohre vor 1980 nicht korrosionsbeständig. Die er-mittelten Schadensraten für Stahl- und Duktilgussrohresind nur für frühere Verlegejahre zutreffend; bei diesenMaterialarten ist die Bildung von Leitungsgruppenerforderlich.

Leitungslängen (km)

Anzahl der Schäden je Schadenskategorie

Fremdeinwir-kungen

Bodenbewe-gungen Korrosion

Defekte Rohr-verbindungen

Mängel an Leitungen und

Zubehör Sonstiges Summe

Graugussleitungen

DN ≤ 100

DN > 100 ≤ 200

DN > 200

analog für duktile Guss-, Stahl-, PE-Leitungen, PVC-Leitungen, Faserzementleitungen und Spannbetonleitungen

Anzahl An-schlussleitun-gen

Anzahl der Schäden je Schadenskategorie

Fremdeinwir-kungen

Bodenbewe-gungen Korrosion

Defekte Rohr-verbindungen

Mängel an Lei-tungen und Zu-

behör Sonstiges Summe

PE-HD

Analog für PE-LD; PE-X; PVC; Stahl; GGG, GG, Blei, Sonst.

Anzahl Arma-turen

Anzahl der Schäden je Schadenskategorie

Fremdeinwir-kungen

Bodenbewe-gungen Korrosion

Defekte Rohr-verbindungen

Mängel an Lei-tungen und Zu-

behör Sonstiges Summe

Schieber

analog für Klappen, Anbohrarmaturen, Oberflurhydranten, Unterflurhydranten

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.2.4.3 Schadenserfassung im Unternehmen und Auswertung mit EDV

Die heutige Datenverarbeitungstechnik bietet vielfäl-tige Möglichkeiten der Erfassung, Auswertung undDarstellung von Schadensereignissen. Ausgangspunktfür die Schadensstatistik sind sowohl die Bestandskar-ten als auch die Schadensberichte der Wasserversor-gungsunternehmen. Dabei muss derzeitig noch von ver-fügbaren Kartengrundlagen derVersorgungsunternehmen ausgegangen werden, ob-wohl bundesweit an den Geographischen InformationsSystemen (GIS) gearbeitet wird [DVGW, 1998a],[DVGW, 1998d].Schäden mit WasserverlustenIn der Regel werden in allen Versorgungsunternehmennur Schäden mit Wasserverlusten erfasst, die jedochnur mittelbar Auskunft über den Zustand der Rohrlei-tung geben können.technische ZustandsbewertungZukünftig sollte jedoch die technische Zustandsbewer-tung Grundlage der Rehabilitationsstrategie werden,wofür die bei Reparaturarbeiten zu bergenden Rohrstü-cken hinsichtlich der Sanierungsfähigkeit der jeweili-gen Rohrleitung zu beurteilen sind.Aus den Bestandskarten können entnommen werden

• geographische Lage der Rohrleitungsabschnitte, Armaturen und Hausanschlüsse sowie

• Rohrmaterial, DN, Verlegejahr (ggf. Korrosions-schutz).

Schadensberichte liefern in der Regel folgende Anga-ben:

• Schadensort (Stadtteil, Straße, Hausnummer, Lage),

• Zeitpunkt des Auftretens, der Meldung und Scha-densbeseitigung),

• Schadensart (HL, VL, AL, H, S, VE),• Technologie und Kosten der Schadensbeseitigung

sowie Angaben über die Schadensart:• Rundriss (bzw. Querriss),• Längsriss,• Schalenbruch,• Korrosionsart (z. B.: Lochschaden /Lochfraß),• Armaturenschäden,• Hausanschlüsse.

Abb. 3.35: Angaben aus Bestandskarten und den Scha-densberichten [Roscher et al., 2000]

3.2.4.4 Schadensstatistik als Planungsgrund-lage?

Erneuerung des Rohrnetzes mit Hilfe der Schadensstatistik

Den Erneuerungsbedarf von Wasserrohrnetzen ver-suchte man anfangs mit Hilfe der Rohrnetzstatistik, ins-besondere der Schadensrate zu ermitteln (siehe [Hofer,1978], [Weimer, 1979]).[Kottmann, 1978] befasste sich in seiner Dissertationund in verschiedenen Veröffentlichungen mit der Er-mittlung von Schadensursachen und ihrer Vorhersageund machte insbesondere auf die Notwendigkeit derLebensdauerverlängerung der Rohrnetze aufmerksam.In der DDR befassten sich 1985 Michalik, Schweigerund Ahrens mit Schäden, Schadensursachen sowie dererforderlichen Erneuerung von Wasserrohrnetzen undveröffentlichten dazu [Michalik, 1985], [Michalik undSchweiger, 1986], [Schweiger et al., 1985].Bärthel hatte bereits 1975/76 mit seinen Untersuchun-gen zur „Brauchbarkeitsdauer“ den Nachweis erbracht,dass das Alter einer Rohrleitung kein Kriterium für dieLebenserwartung einer Rohrleitung und damit einer er-forderlichen Erneuerung ist [Bärthel, 1975], [Bärthel,1976].In der derzeitigen Praxis vieler Unternehmen erfolgt dieErneuerung von Leitungen dort, wo die größte Scha-densanzahl auftritt, d. h., es erfolgt die Auswechslungdes schlechtesten Elementes eines Systems (Feuer-wehrstrategie: Löschen, wo es brennt).Der größte Mangel solcher Strategien besteht darin,dass eine Reaktion nur bei Eintritt von Scha-densereignissen erfolgt.Welche Folgen ein solches Vorgehen (fehlende oderverzögerte Rehabilitation) hat, wurde von Ahrens imVergleich von West- und Ostberlin aufgezeigt (siehe[Roscher et al., 2000], Seiten 124–136 bzw. Kap. 3.3.4Flächenhafte Rehabilitation).Möglichkeiten und Grenzen der SchadensstatistikNach W 401 [DVGW, 1997a] ist ein Schaden „Eine lo-kale unzulässige Beeinträchtigung der Funktionsfähig-keit – in aller Regel mit Wasseraustritt verbunden“,nach DIN 31051 [DIN, 2003c] ist ein Schaden „ImSinne der Instandhaltung einer Betrachtungseinheitnach Unterschreiten eines bestimmten (festzulegenden)Grenzwertes des Abnutzungsvorrats, der eine im Hin-blick auf die Verwendung unzulässige Beeinträchtigungder Funktionsfähigkeit bedingt.“ [Roscher, o.J.a]Das heißt, Schäden werden in Wasserrohrnetzen nur er-fasst, wenn ein Wasseraustritt erfolgt, die Schadenssta-tistik kann daher nur eine Aussage über die Ausfall-wahrscheinlichkeit geben, wobei die Zunahme übereinen bestimmten Zeitraum von Interesse ist. Die An-wendung schadensstatistischer Methoden setzt also ei-nen möglichst langen Erfassungszeitraum voraus.Schäden bleiben oft über Jahrzehnte unerkannt, z. B.Muffenaustrieb und Rohrwandperforation bei Korrosi-onschäden in bindigen Böden oder wenn das Wasserungehindert versickern kann. Sofort erkennbare Schä-den dagegen sind z. B. Schalenbrüche, Oberflächenle-ckagen an Armaturen (Schiebern, Hydranten, Hausan-schlüssen), Kundenreklamationen wegen„Rostwasser“. Wasserverlustmessungen und Leckor-

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

100

tungen sind erforderlich, um Schäden in Rohrnetzteilenoder an einzelnen Leitungen nachzuweisen.Schäden entstehen oftmals über einen langen Zeitraum,da bestimmte Schädigungen (z. B. Korrosion durch Ab-blättern oder Abtragen der inneren bituminösen Korro-sionsschicht) erst nach einer langen Betriebszeit eintre-ten oder die Lagerungsbedingungen und Belastungenwährend der Betriebszeit sich ändern (Arbeiten an be-nachbarten Leitungen oder Verkehrsbelastungen). Feh-lende Korrosionschutzmaßnahmen verursachen Jahr-zehnte später ein Vielfaches der Kosten eines gutenKorrosionsschutzes.Möglichkeiten und Grenzen der Schadensstatistik wur-den von [Roscher, o.J.b] behandelt und dazu festge-stellt:In der Regel werden in allen Wasserversorgungsunter-nehmen und auch nach W 401 [DVGW, 1997a] nurSchäden mit Wasserverlusten erfasst und statistischausgewertet (Rundriss, Längsriss, Schalenbruch, Kor-rosionsart, Schäden an Armaturen und Hausanschlüs-sen).SchadensberichteDie Schadensberichte können gegenwärtig mit der ver-fügbaren Datenverarbeitungstechnik in vielfältigerWeise gespeichert und verarbeitet werden, wie :

• Auflistung der Schäden nach Straßen und Ermitt-lung der Rangfolge der erforderlichen Sanierungs- oder Erneuerungsmaßnahmen,

• statistische Darstellung in Diagrammen nach Schadensarten für das gesamte Versorgungsgebiet oder für Teilgebiete,

• Visualisierung der Schadensereignisse in Be-standskarten,

• Auswertung von Schadensereignissen nach der Zeit (Jahre, Monate, Tage), ggf. verknüpft mit me-teorologischen und klimatologischen Daten (z. B. Frostperioden, Niederschlagsereignisse usw.),

• Verknüpfung der Schadensdaten mit Karten über Grundwasserständen, Bodenarten, Lage von Gleichstrombahnen oder Bauten mit großen Stahl-betonfundamenten,

• Trübungsmeldungen im Rohrnetz usw.Der Zustand der Rohrleitungen ist durch die Scha-densstatistik jedoch nur bedingt einzuschätzen, dain der Regel keine Bewertung des Zustandes derLeitungen mit den statistischen Erhebungen verbundenist. Zukünftig muss die Zustandsbewertung zur Er-mittlung des Rehabilitationsbedarfes und der anzuwen-denden Sanierungs- oder Erneuerungsverfahren einbe-zogen werden.Grenzen der SchadensstatistikDer Schadensstatistik sind durch nachfolgende Ein-flussfaktoren Grenzen gesetzt:

• In der Regel werden nur Schäden mit Wasserver-lusten erfasst; Schäden ohne nennenswerte Was-serverluste dagegen nicht,

• Fehler bei der Erfassung und Auswertung von Schäden durch unzureichende Sachkenntnis und unvollständige Schadensberichte (etwa 75 bis 80 % durch unvollständige bzw. fehlerhafte Anga-ben),

• es wird keine Einteilung der Schäden innerhalb der Rohrmaterialien nach Leitungs- oder Material-gruppen vorgenommen,

• wiederauftretende Schäden an instandgesetzten Leitungen werden erneut als Schäden erfasst,

• Schäden durch außergewöhnliche Naturereignisse (Frost mit großer Tiefe, Austrocknen der Böden) werden in der Regel nicht separiert,

• Schäden durch zeitweilige Verkehrsbelastungen (Verkehrsumleitungen über Straßen mit Grauguss-leitungen kleiner Nennweiten und darauf folgen-den Bruchschäden – insbesondere Querrisse auf-grund nicht ausreichender Biegezugspannung) werden nicht separat ausgewiesen,

• Folgeschäden durch zu nahe oder tiefere Verle-gung von anderen Leitungssystemen sind aus der Schadensstatistik nicht erkennbar,

• durch den neuzeitlichen Straßenbau – Bau dichter Fahrbahndecken – werden Schäden nicht erkannt oder es tritt Wasser an anderer Stelle als der Scha-densstelle aus,

• Schäden und Schwachstellen durch Streu- und Fremdströme werden ebenfalls als Schäden regist-riert.

In Zukunft zu erwartende Schäden sind insbesondere• Korrosionsschäden durch Stahlbetonfundamente

(Untersuchungen von Skarda Zürich bereits 1990) und

• Schäden an PE-Leitungen durch fehlende oder schlechte Bettung, Eindringen von Steinen,

so dass Verschiebungen in den Schadensstatistiken derWasserversorgungsunternehmen und des DVGW ins-gesamt zu erwarten sind.Trotzdem Schadensstatistik: jaFachkenntnis des Rohrnetzingenieurs Zeitz stellte dazubereits 1989 fest [Zeitz, 1989]:Die Schadensstatistik kann jedoch nicht die Fachkennt-nis und Berufserfahrung des Rohrnetzingenieurs erset-zen – die Statistik ist lediglich ein aussagefähiges Hilfs-mittel. Mit der Schadensstatistik werden in der RegelFehler vergangener Jahrzehnte erfasst.Damit ergibt sich die Frage: Welche Leitungen sind zuerneuern oder zu sanieren, wobei die

• die Netzerfahrung der Planer,• das Alter der Leitung,• die Anzahl der auftretenden Schäden,• hydraulische und hygienische Gesichtspunkte so-

wie• geplante Straßenbaumaßnahmen

berücksichtigt werden müssen.

Aussagen der StatistikWelche Fragen kann die Statistik beantworten?Ermittelt werden können:

• Anzahl und Art der Schäden,• Häufigkeit bezogen auf die Leitungsstrecke,• Aggregierte Werte wie Schadensrate/km ⋅ n Jahre,• Alter und Material.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Wichtig ist die Zeitdauer der Erhebung.Welche Fragen können die Statistik und statistischeMethoden nicht beantworten? Insbesondere sind das:

• der materialtechnische Zustand der Rohrleitungen (sanierungsfähig oder nicht) und

• das einzusetzende Sanierungs- oder Erneuerungs-verfahren.

3.2.4.5 Schadensstatistische AuswertungDie schadensstatistische Auswertung kann nach unter-schiedlichen Kriterien erfolgen, z. B.:

• Materialarten (Guss, Stahl, AZ usw.),• Alter der Rohrleitungen (Verlegezeitpunkt),• Schadensarten (Korrosion, Bruch usw.),• Leitungsabschnitten,• Teilversorgungsgebieten.

Einteilung in TeilversorgungsgebieteFür die schadensstatitische Auswertung ist die Untertei-lung in Versorgungszonen oder von Teilversorgungsge-bieten zu empfehlen, wobei möglichst das gleicheRohrmaterial oder die gleiche Verlegezeit innerhalb derTeilgebiete vorhanden sein sollte.Visualisierung von SchädenSchäden können EDV-gestützt gespeichert und eine Vi-sualisierung in Karten (Schadenskarte) vorgenommenwerden.

Dazu wurde z. B. in Erfurt an alle Leitungsstrecken(von Netzknotenpunkt zu Netzknotenpunkt) eineID-Nummer vergeben. Nennweiten-, Durchmesser undMaterialwechsel sind bei der Vergabe der ID-Nummergleichbedeutend mit einem Netzknotenpunkt. Schädenwurden nach Hausnummern den Leitungsstrecken(bzw. ID-Nummern) zugeordnet.Auf dieser Grundlage werden alle statistischen Auswer-tungen von Schadensberichten vorgenommen und visu-alisierte Schadenskarten erzeugt.Des weiteren wurde mit der Bilddokumentation vonSchadensereignissen und der technischen Zustandsbe-wertung sowie mit dem Aufbau einer Datenbank be-gonnen, in der Karten, Schadensereignisse und Zu-standsbewertungen gespeichert werden können.Einflussfaktor VerkehrsbelastungDurch die Visualisierung von Schäden können auchEinflussfaktoren (Verkehrsbelastung und die daraus re-sultierende Bruchgefährdung bei GG- und AZ-Rohrensichtbar gemacht werden). Weiterhin Änderungen in-nerhalb einer Straße, z. B. bisherige Lage im Rad- oderFußweg und spätere Verbreiterung der Straße und da-mit Lage in Fahrstreifen mit hoher Verkehrsbelastung.Einflussfaktor BodenartDie Bodenart hat ein großen Einfluss auf das Korrosi-onsverhalten von Werkstoffen. Die Schadenskartenkönnen mit Boden- und Grundwasserkarten überlagertwerden.

Abb. 3.36: Visualisierung von Schäden (Schadenshäufung in einer Straße)

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

102

Abb. 3.37: Einteilung in Teilversorgungsbebiete (Stadt-zentrum Erfurt, weitere Unterteilung erfolgte nach Straßenstruktur)

3.2.4.6 Ergebnisse schadensstatistischer Auswertungen

Altersstruktur und Materialstruktur der Rohrnetze

Die Analyse der Alters- und Materialstruktur der Rohr-netze zeigt, von welchem Zeitpunkt an welche Rohrma-terialien eingesetzt wurden, ermöglicht ihre Zuordnungzu Leitungsgruppen und lässt in gewissem UmfangRückschlüsse auf den Sanierungs- und Erneuerungsbe-darf zu.Die Abb. 3.24 und Abb. 3.25 zur Alters- und Material-struktur von Stuttgart und Erfurt zeigen signifikant dieUnterschiede zwischen west- und ostdeutschen Städtenim Zeitraum von 1945 bis 1990.Erfurt besitzt einen höheren Anteil an Graugussleitun-gen der 1. und 2. Generation sowie aus der Zeit von1945 bis 1989 mit unzureichendem Korrosionsschutzund einem geringen Anteil an Duktilgussrohrleitungen.Die Duktilgussrohrleitungen werden in Stuttgart bereitsin 1. und 2. Generation (GGG 1 und GGG 2) unterteilt.Der Anteil von Stahlrohrleitungen, besonders der scha-densanfälligen aus der Zeit von 1945 bis 1989, ist in Er-furt wesentlich höher als in Stuttgart. Außerdem sind imRohrnetzbestand von Erfurt Asbestzementrohrleitun-gen vorhanden. Hinzu kommt der geringe Umfang vonSanierungsmaßnahmen in Erfurt in diesem Zeitraum.KorrosionsschädenDie nachfolgenden Diagramme zeigen Beispiele statis-tischer Auswertungen (Erfurt) nach verschiedenen Kri-terien, wobei eine Unterteilung in Teilgebiete erfolgtez. B.:

• Stahlrohrleitungen nach Schadensarten (Abb. 3.38),• Gussrohrleitungen nach Schadensarten (Abb. 3.39),• Außenkorrosion (Abb. 3.40),

Abb. 3.38: Schadensart/Materialart – Stahlrohrleitungen nach Schadensarten

Abb. 3.39: Schadensart/Materialart – Gussrohrleitungen nach Schadensart

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.40: Schadensart/Materialart – Außenkorrosion

3.2.4.7 Programme zur Bewertung der Lei-tungsabschnitte

Programme zur Bewertung der Leitungsabschnitte[Ohmer und Wilken, 2002], [Schröter und Ahrens,2002] aufgrund des Schadensverhaltens dienen als Ent-scheidungshilfe hinsichtlich des betriebswirtschaftli-chen Nutzens. Dabei werden die Schadensdaten vonLeitungsabschnitten direkt oder aus dem Geographi-schen InformationsSystem entnommen. Die Rangfolgeder zu erneuernden Leitungsabschnitte wird auf der Ba-sis von Schadensfunktionen ermittelt. Im nächstenSchritt werden die erwarteten Kosten der notwendigenRehabilitationsverfahren ermittelt.Der Nutzen dieser Methoden innerhalb des Planungs-prozesses liegt nach Angaben der Verfasser in der Re-duzierung der Kosten durch eine längere Nutzungszeitder Rohrleitungen (länger als ursprünglich geplant).Die Rangfolge der Leitungsabschnitte wird ermitteltaus:

1. der Schadensdichte / km ⋅ a,2. der Abweichung der Schadensdichte / km⋅a vom

Mittelwert und3. dem Erwartungswert von Schäden/Leitungsab-

schnitt.Leitungsabschnitte sind auffällig, bei welchen hoheSchadensraten auftreten.

3.2.5 Beurteilung des Zustandes liegender Rohrleitungen

3.2.5.1 VorbemerkungenLeitungsgruppenvergleich

Die heute liegenden Wasserversorgungsnetze sind vonSeiten der in der Vergangenheit eingesetzten Rohrma-terialien sehr inhomogen zusammengesetzt; sie beste-hen in jedem Versorgungsunternehmen aus unter-schiedlichen Rohrmaterialien und selbst bei einerMaterialgruppe ist insbesondere nach den Zeitepochender Herstellung (Herstellungsverfahren, der Innen- undAußenisolierung, den Rohrverbindungen) zu unter-scheiden; selbst bei gleichen Rohrmaterialien – z. B.70 % GG – in einem Rohrnetz muss berücksichtigtwerden, dass die Rohre in unterschiedlichen Zeitepo-chen nach unterschiedlichen Verfahren hergestellt wor-den sind (vor 1900 stehende Formen Lehm oder Sand,

nach 1926 Schleuderguss usw.). Deshalb muss inner-halb gleicher Rohrmaterialarten nach Verlegeperioden,Außen- und Innenkorrosionsschutz, Verlegung (um dieJahrhundertwende z. B. bei aggressiven Böden in einerLehm- oder Tonpackung), Belastung durch Erdbewe-gungen (Setzungen, Erschütterungen usw.), Verkehrs-lasten (Straßenverbreiterungen, z. B. anfänglich Fuß-weg oder Grünstreifen, heute Fahrstreifen) undweiteren Faktoren unterschieden werden. Zu berück-sichtigen sind ferner die unterschiedlichen verfügbarenRohrmaterialien in Ost- und Westdeutschland im Zeit-raum von 1945–1990.Korrosionsschutz von Guss- und StahlrohrleiungenZum Thema Korrosionsschutz nennt Möhlen in [Pfeif-fer, 1937] beachtenswerte Gesichtspunkte:

• Die Werkstoffeigenschaften von Guss und Stahl sind so gut, dass ein durch Einwirken äußerer Kräfte bedingtes Versagen der Rohre selten ist, weshalb zwangsläufig die Korrosion die häufigste Schadensursache ist,

• heute korrodierte Leitung sind vor Jahrzehnten verlegt worden, als die Kenntnis über Korrosions-vorgänge und Schutzmaßnahmen geringer als heute waren und

• fehlende Korrosionschutzmaßnahmen verursachen Jahrzehnte später ein Vielfaches der Kosten eines guten Korrosionsschutzes.

3.2.5.2 Schadenserkennung und Schaden-sentstehung

Quellen für dieses Unterkapitel sind: [Brussig, 1996a],[Brussig, 1996b], [Brussig, 1997a], [Brussig, 1997b],[Brussig, 1997c], [Brussig, 1997d], [Brussig, 1997e],[DVGW, 1983b], [DVGW, 1986] und [DVGW,1991b].Schäden bleiben oft über Jahrzehnte unerkannt, z. B.Muffenaustrieb und Rohrwandperforation bei Korrosi-onschäden in bindigen Böden oder wenn das Wasserungehindert versickern kann. Sofort erkennbare Schä-den dagegen sind z. B. Schalenbrüche, Oberflächenle-ckagen an Armaturen (Schiebern, Hydranten, Hausan-schlüssen), Kundenreklamationen wegen„Rostwasser“. Wasserverlustmessungen und Leckor-tungen sind erforderlich, um Schäden in Rohrnetzteilenoder an einzelnen Leitungen nachzuweisen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

104

Schäden entstehen oftmals über einen langen Zeitraum,da bestimmte Schädigungen (z. B. Korrosion durch Ab-blättern oder Abtragen der inneren bituminösen Korro-sionsschicht) erst nach einer langen Betriebszeit eintre-ten oder die Lagerungsbedingungen und Belastungenwährend der Betriebszeit sich ändern (Arbeiten an be-nachbarten Leitungen oder Verkehrsbelastungen). Feh-lende Korrosionschutzmaßnahmen verursachen Jahr-zehnte später ein Vielfaches der Kosten eines gutenKorrosionsschutzes.Nach Brussig kann unterschieden werden in:

• Herstellungsbedingte Schädigungen (ungeeignete Werkstoffe und unzureichender Korrosions-schutz, ungeeignete Rohrverbindungen),

• Montage- und verlegebedingte Schädigungen (Korrosionsschutzmängel bei der Rohrverbindung, Rohrbettung und Einerdnung),

• Physikalische, chemische und biologische Alte-rungsprozesse (Korrosion, Graphitierung, zement-gebundene Werkstoffe, Verrottung organischer Materialien),

• Bodenbewegungen (Straßen-, Tiefbau- und Rohr-leitungsbaumaßnahmen, Bodenerschütterungen, Verkehrsbelastungen),

• Betreibungs- und RohrnetzfehlerWeiterhin können auch Schädigungen und Schäden beiSanierungsmaßnahmen eintreten, wenn ungünstige Sa-nierungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Tab. 3.20: Schadensentstehung und Schadensursachen nach [Brussig, 1996a], [Brussig, 1996b], [Brussig, 1997a], [Brussig, 1997b], [Brussig, 1997c], [Brussig, 1997d], [Brussig, 1997e], [Roscher et al., 2000]

Herstellungsbedingte Schädigung

• Typische Gussfehler an alten Sandgussrohren wie Materialinhomogenitäten, Wanddicken-schwankungen durch Gusskernversatz, Lunker verschiedenster Art und Größe

• Verschlechterung der Korrosionsresistenz und der mechanischen Materialkennwerte durch zunehmenden Schrotteinsatz bei der Erschmelzung von Eisen und Stahl, z. B. durch den Anstieg des Kupfergehaltes

• Unzureichender Korrosionsschutz, z.B: bei der gesamten Rohrproduktion in der ehemali-gen DDR

• Ältere Kunststoffrohre mit ihren aus heutiger Sicht unzureichend eingestellten Langzeitpa-rametern

• Ungeeignete Rohrverbindungskonstruktionen, wie z. B. alle geraden Muffen mit Rollgum-midichtungen

• Einsatz von kurzfaserigen Asbestfasern für die Rohrherstellung etwa ab 1980 in der DDR (Magdeburg-Rothensee); Herabsetzung des zulässigen Druckes auf PN 6

Verlege- und Montagefehler • Schlecht ausgeführte Muffenverstemmungen an Grauguss- und Stahlrohrleitungen• Unzureichender Korrosionschutz der Rohrverbindung von innen und außen an allen Stahl-

rohrleitungen der DDR-Zeit• Fehler bei der Rohrbettung und Einerdung, eine der Hauptschadensursachen bei Kunst-

stoffleitungen• Fehler bei allen Prozessen der Lagerung und des Transportes von Rohren

Technische und biologische Alterungsprozesse

• Korrosion von Metallen und zementgebundenen Werkstoffen durch aggressive Böden und Wässer

• Materialermüdungen und -versprödungen bei Kunststoffen• Verrottung organischer Materialien, wie z. B. der Jutearmierung in Bitumenumhüllungen

und des Dichtstrickes (Hanf) bei Stemm-Muffen• Nachlassen der Rückstellkräfte bei Gummidichtungsmaterialien

Natürliche Bodenbewegungen

• Langzeitsetzungserscheinungen in Bergsenkungsgebieten, in Gefällelagen, in Flussuferbe-reichen mit starken Grundwasserströmungen und in Lagen mit häufigen Grundwasserpege-länderungen

• Langzeitwitterungsbedingtes Quellen und Schrumpfen bindiger Böden, z. B. bei längeren Frost- oder Trockenperioden (wichtige Schadensursache bei biegesteifen Rohrleitungs-werkstoffen wie AZ, GGL und ältere PVC)

• Bodenerschütterungen in Folge steigender Verkehrsbelastung• Rohrbrüche und fehlerhaft ausgeführte Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen an der glei-

chen und benachbarten Rohrleitungen

Betreibungs- und Rohrnetzfehler

• Ungenügende Druckstoßsicherungen, z. B. bei fehlenden Schwungrädern an Pumpen• Gefährdung durch Stromausfall• Ungenügende Entlüftung und/oder zu schnelles Anfüllen, z. B. Wiederinbetriebnahmen• Ungeeignete Wasseraufbereitung für die im Rohrnetz befindlichen Werkstoffe, z. B. kein

Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht (verstärkte Metallkorrosion oder Zementstein – aggres-sive Talsperrenwässern mit wenig Kohlensäure (ZMA-, AZ- und Betonkorrosion)

• Zu hohe Strömungsgeschwindigkeiten (Korrosionsschutzablösungen, Kavitationen an Formteilen, Deformation der Oberfläche in Kunststoffrohren)

• Einschleppung von Wasseraufbereitungsmitteln wie Filterkies, Aktivkohle usw. in die Wasserleitungsnetze, bei Havarien in Wasserwerken (Gefahr von Belagkorrosion insbe-sondere in der Rohrsohle)

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.2.5.3 Beurteilung des Zustandes liegender Rohrleitungen

Informationsbedarf, Probenahme, Entschei-dungsalgorithmusQuellen: [Brussig, 1996a], [Brussig, 1996b], [Brussig,1997a], [Brussig, 1997b], [Brussig, 1997c], [Brussig,1997d], [Brussig, 1997e], [Roscher et al., 2000].RehabilitationsentscheidungVoraussetzung für eine kostenoptimale Rohrnetzbetrei-bung ist eine planmäßige, qualifizierte, d. h. wissen-schaftlich begründete Rohrleitungsrehabilitation aufder Basis von Zustandsuntersuchungen, Schadensauf-klärungen und aller anderen verfügbaren Informationenaus dem Rohrnetzbetrieb. Durch eine entsprechendeOrganisation bei geplanten und ungeplanten Maßnah-men im Rohrnetz kann der Aufwand für die Gewinnungder Rohrleitungszustandsdaten minimiert werden. DiePlanung der endgültigen Rehabilitationsentscheidungerfolgt dann unter Berücksichtigung des moralischenVerschleißes des jeweiligen Rohrleitungsabschnittes.Dazu wird vom Versorgungsbetrieb bzw. einem beauf-tragten Ingenieurbüro der dokumentierte Istzustand(Gutachten) erfasst und es werden Rehabilitationsvor-schlägen unterbreitet. Rohrnetzrehabilitationen könnendadurch wissenschaftlich gesichert und ökonomischoptimal durchgeführt werden.IstzustandsdatenNeben den Plankammerdaten (Abmessungen, Lage,Alter usw.) und der Auswertung von Wasserverlust-messungen, Trübungsmeldungen, des allgemeinenSchadensgeschehens, örtlich begrenzter Versorgungs-probleme sowie wesentlicher Veränderungen der örtli-chen Versorgungsaufgaben hat sich gezeigt, dass es fürdie jeweilige Rohrleitung wichtig ist, folgende Istzu-standsdaten zu erfassen:

• die tatsächlichen Abmessungen (Normgröße, Un-rundheit, Tiefenlage usw.),

• das tatsächliche Betriebsregime (Betriebsdruck, Druckstöße, Wasserchemie, KKS usw.),

• der tatsächliche Schädigungsgrad bzw. Ver-schleißzustand, quantifiziert als Restverfügbar-keitsdauer in Jahren bzw. einzuordnender Rehabi-litationszeitpunkt, falls Eile geboten ist,

• der tatsächliche hydraulische Zustand (hydrauli-sche Leistung und Leistungsentwicklung) der Alt-leitung und der Vergleich zu den vorzuschlagen-den Rehabilitationsmaßnahmen.

IstzustandsparameterBei den Zustandsuntersuchungen werden deshalb fol-gende Istzustandsparameter erfasst und wenn möglichfotografisch dokumentiert:

• die Schäden bei den Schadensaufklärungen und Zustandsuntersuchungen,

• der Zustand und die Schädigungen im Rohrverbin-dungsbereich und am Rohrschaft,

• der Korrosionsschutz und sein Zustand,• die Korrosionsschädigung, differenziert nach in-

nen und außen,• die maximalen und die mittleren Korrosionstiefen,

• der Flächenanteil der korrodierten Oberfläche,• die Korrosionsform und -verteilung,• die Festigkeit der Korrosionsprodukte beim lami-

naren Grauguss,• der Verkrustungs- (Inkrustations-) zustand,• die maximalen und die mittleren Verkrustungsdi-

cken,• der Flächenanteil der verkrusteten Oberfläche,• die Verkrustungsfestigkeit, -form und -verteilung,• Besonderheiten beim Rohrleitungsmaterial, der

Rohrbettung und den Betriebsbedingungen.Die Begutachtungen werden auf speziellen Arbeits-blättern sehr komprimiert, mit integrierter Berech-nungs- und Auswertungssoftware durchgeführt. DieGutachten selbst beinhalten mindestens die Arbeitsblät-ter „Ergebnisdiskussion“, „Untersuchungsergebnisse“,„Istzustandserfassung“, „Entscheidungsalgorithmus“und eine Bilddokumentation. Da jede Zustandsuntersu-chung ein Unikat darstellt, müssen die Arbeitsblätterden jeweiligen Untersuchungsobjekten angepasst wer-den.Um kostengünstig zu Zustandsdaten zu kommen, ist dieProbennahme einzuschränken, die gewonnenen Probensind systematisch dem Netz zuzuordnen und mit ande-ren Daten (Verlegezeitpunkt usw.) in Zusammenhangzu bringen. Brussig nennt folgende Vorgehensweise:

• bei Baumaßnahmen im Rohrnetz sind Probestücke zu sammeln und zu kennzeichnen,

• bei vorgesehen Sanierungsmaßnahmen werden für den Planungsvorlauf Rohrnetzabschnitte ausge-wählt und systematische Beprobungen vorgenom-men, z. B. in Verbindung mit Hydranten- oder Schieberwechsel,

• bei Leitungen, bei denen bereits bekannt ist, dass sie saniert oder erneuert werden sollen, erfolgen im Zusammenhang mit den Vorbereitungsarbei-tern Probeentnahmen.

Ebenfalls kommt die Kamerabefahrung in Betracht.Auf diese Weise kann nach und nach flächendeckendeine Zustandseinschätzung erfolgen.

Warum sind rohrwerkstoffspezifische Untersu-chungen erforderlich?Typische Schäden an unterschiedlichen RohrmaterialienRohrwerkstoffspezifische Untersuchungen erfordernmaterialtechnische Kenntnisse.Zustandsuntersuchungen für zu sanierende Rohrleitun-gen verursachen zwar Kosten, sind aber erforderlich,um ein Sanierungsverfahren (Zementmörtelausklei-dung bei Wasserrohrleitungen oder Gewebe-schlauch-Relining bei Gasrohrleitungen) bei statischnoch ausreichend dimensionierten Leitungen einzuset-zen und Kosten zu sparen oder bei statisch nicht mehrausreichendem Zustand (vor allem große Korrosions-schäden an Guss- oder Stahlleitungen) eine Erneuerungder Rohrleitung in Betracht zu ziehen (Relining-, Berst-lining oder Press-/Ziehverfahren).

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

106

Typische Schäden an „Alt“rohrleitungenQuellen: [Brussig, 1996a], [Brussig, 1996b], [Brussig,1997a], [Brussig, 1997b], [Brussig, 1997c], [Brussig,1997d], [Brussig, 1997e]

Graugussleitungen

Bei bis zum 1. Weltkrieg produzierten Sandgussrohrenbildete sich, bedingt durch die Herstellung, durch dieBerührung mit dem Formsand (SiO2) beim Gießen eineferrosiliziumhaltige Gusshaut, die hervorragende Kor-rosionsresistenz aufweist und nach 100 Betriebsjahrenoftmals kaum korrosionsgeschädigt ist (weitere Korro-sionsverzögerung durch Innenschutz mit Steinkohlen-teer). Dagegen sind als Herstellungsfehler zu nennen:

• Sandkernformversatz, Gaslunker und Ausschei-dungen, Materialinhomogenitäten sowie

• Sand- und Schlackeeinspülungen, Oberflächen-schrumpfrisse.

Statisch sind diese Rohre meist für eine Sanierung mitZementmörtelausschleuderung geeignet.In Schleudergussrohren aus laminarem Grauguss fehltdagegen herstellungsbedingt die Gusshaut (Mindestfes-tigkeit ist mit 130 N/mm2 um fast 50 % höher als beiSandgussrohren), so dass die Innenspongiose fast im-mer vollständig ausgebildet ist.Voraussetzung für eine ZMA-Anwendung sind ausrei-chende Wanddickenreserven, die Eignung für dasZMA-Verfahren liegt meist niedriger.Bei Rohrverbindungen ist mit Dichtungsproblemen zurechnen (durch Setzungserscheinungen, Druckstößeund natürliche Verrottung des Dichtungsstrickes). AlsSchäden sind zu nennen:

• Muffenauswinklungen,• Muffenquetschungen,• Muffenaustreiben und• Muffenleckagen.

Rohrleitungen ohne Zementmörtelausschleuderungohne dicke Bitumenausschleuderung zeigen verstärkteKorrosionsschädigungen im Sohlbereich, etwa in 5 bis7-Uhr-Position; erkennbar ist diese Erscheinung anstarken, häufig auch vollflächigen Inkrustationen indiesem Bereich. Untersuchungsbrüche zeigen auch ver-stärkte Spongioseschädigung in der Rohrsohle – durchverminderte Ringzugfestigkeit treten häufig typischeLängsrisse an den biegesteifen laminaren Graugussroh-ren auf.Duktile Gussrohre der 1. Generation (Herstellung in de60er Jahren in der BRD, in den 80er Jahren in derDDR) ohne ausreichenden Korrosionsschutz, zeigenein dem unlegierten Stahl ähnliches Korrosionsverhal-ten. Für diese Rohrmaterialien besteht in den nächstenJahren Sanierungsbedarf.

Stahlrohrleitungen

Vor 1940 verlegte Stahlrohrleitungen zeigen häufig Si-ckerleckagen und Austriebe im Stemmuffenbereich.Die bituminierten Juteumhüllungen sind in bindigenBöden größtenteils verrottet. Dadurch sind in Abhän-gigkeit von der Bodenaggressivität Außenkorrsionser-scheinungen in der 5 bis 7-Uhr-Position festzustellen.Die für den Innenschutz verwendeten dünnen Bitumen-beschichtungen boten keinen ausreichenden Korrosi-onsschutz. Die Sanierungswürdigkeit vor 1940 verleg-ter Stahlrohrleitungen ist deshalb gering (auch fürInliner nicht geeignet, da durch Hereinbiegen scharf-kantiger Lochränder der Inliner beschädigt werdenkann).Das Schadensbild von Stahlrohrleitungen aus der Zeitvon 1940 bis 1960 entspricht dem vor 1940 verlegtenRohrleitungen, allerdings ist der Schädigungsgrad auf-grund der Liegezeit noch nicht so hoch.Von 1960 bis 1990 verlegte Stahlrohrleitungen in Ost-deutschland hatten keinen ausreichenden Korrosions-schutz und haben demzufolge bereits nach kurzer Lie-gezeit eine hohe Schadensrate. Nur ein geringer Teilder Rohre wurde werkseitig mit Zementmörtel ausge-kleidet. Die Sanierung dieser Leitungen mit ZMA oderGewebeschlauch-Relining ist problematisch. In West-deutschland wurden sie in den 80er Jahren mit einembesseren Korrosionschutz versehen.

PVC-Leitungen

Schäden an PVC-Leitungen sind durch Materialver-sprödung und Verlegefehler (Rohrbettung – Einker-bung durch Steine, Deformation, Bodensetzung) zuverzeichnen. Außerdem ist das Langzeitverhalten dernach 1990 verlegten Leitungen besser und wird durchentsprechende Prüfverfahren nachgewiesen.

Polyethylenleitungen

Polyethylen wurde von 1970 an in größerem Umfangeingesetzt. Schäden treten dann auf, wenn die Verlege-richtlinien nicht beachtet wurden. Häufig treten im Ge-biet der ehemaligen DDR Fehler an Schweißverbindun-gen und Verschraubungen auf.

Asbestzementleitungen

Typische Schäden an Asbestzementleitungen sindBruchschäden, in Ostdeutschland materialbedingtdurch den Einsatz kurzfaseriger Asbestzementfasern(nur bis PN 6 belastbar) sowie Schäden nach Trocken-und Frostperioden. Durch betonaggressives Wasser kommt es zu Festig-keitsabbau und Gefügezerstörung.

Stahl- und Spannbetonleitungen

Die Stahlbeton und Spannbetonproduktion wurde inOstdeutschland bereits in den 70er Jahren eingestellt.Schäden gab es bei diesem Rohrmaterialien durch Ver-sagen der Rollgummidichtungen; bei Setzungserschei-nungen reichten nach einigen Jahren die Rückstell-kräfte des Gummis nicht mehr aus.

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107

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.2.6 Materialtechnische Untersuchungen im Labor für metallische Rohrleitun-gen

Die entsprechende Verfahrensdurchführung erfolgte inErfurt.Welche Untersuchungen sind erforderlich?

• Korrosionsschäden – Art und Umfang• Statisch geeignet oder nicht geeignet?• Unrundheit bei Stahl und Graugussleitungen

Um dem Aufwand für die materialtechnische Zustands-untersuchung in Grenzen zu halten, sollte in der o. g.Reihenfolge vorgegangen werden, um zunächst dieEignung für ein Sanierungsverfahren und danach ggf.für ein Reliningverfahren (Rohreinzug von PE, PE-Xa,Duktilgus- oder Stahlrohrmaterial) festzustellen.Korrosionsschäden - Art und Umfang Grundsätzlich ist in

• Flächenkorrosion,• Muldenkorrosion und• Lochkorrosion

(äußerer Korrosionsschutz, innerer Korrosions-schutz, Bestimmung des Korrosionsgrades (Flä-chen- , Mulden-, Lochkorrosion)

und bei Graugussleitungen als Sonderform der Kor-rosion

• Graphitierung (vgl. Abb. 3.41)zu unterscheiden.

Abb. 3.41: Zustandsbewertung hinsichtlich der Graphitie-rung an einer Gussrohrprobe

Wie in Abb. 3.41 zu sehen ist, zeigen die Scherben einerGussrohrleitung Graphitierungserscheinungen. DieScherben der Rohrproben wurden zuerst mittels Watte-tupfer mit der Chemikalie Phenolphthalein bestrichen,um die Graphitierung sichtbar zu machen. Anschlie-ßend erfolgte die bildgrafische Dokumention.Statisch geeignet oder nicht geeignet ?Für den nächsten Arbeitsschritt ist die intakte Rest-wandstärke von Interesse (siehe dazu Abb. 3.50 Wand-stärke von Gussrohrleitungen und Abb. 3.51 Wand-stärke von Stahlrohrleitungen).In der Tab. 3.21 wurden die wichtigsten Schritte fürRohruntersuchungen zusammengestellt. Dabei handeltes sich um ein vereinfachtes Verfahren, mit dem mansich einen Überblick über den Zustand des Rohrnetzesverschaffen kann. Die Ergebnisse werden anschließendin eine Karte eingetragen.

Tab. 3.21: Verfahrensschritte für Rohruntersuchungen

1. Schritt Bergung von Rohrproben mit Rohrnetzinformationen:• Rohrleitungsbaujahr, Länge der Gesamtleitung und der Rohrprobenlänge, die Rohrprobenlänge sollte dabei

nach Möglichkeit etwa 3 bis 5 ‰ der Gesamtlänge betragen.

2. Schritt Korrosionsschäden – Art und Umfang:• mittlere Korrosionsschutzdicke und der davon festhaftende Anteil der durchgehenden Voll-Inkrustati-

ons-Schichtdicke,• maximale und mittlere Verkrustung sowie deren Oberflächenanteil im seitlichen und oberen Rohrleitungsbe-

reich in der 8 bis 4 Uhr Position (Rauhigkeit) und• maximale und mittlere Verkrustung sowie deren Oberflächenanteil im Bereich der Rohrsohle in der 5- bis

7-Uhr Position (Rauhigkeit der Rohrsohle).

3. Schritt Korrosion und dem Korrosionsschutz, differenziert:• nach innen und außen,• Verkrustungsart, -festigkeit und -verteilung und• Wasserchemie (z. B. Kalkkohlensäuregleichgewicht, Kalkrostbildung usw.).

4. Schritt werkstoffspezifischer Zustand:• Spongiosefestigkeit und Gefüge sowie• Beurteilung der Materialart wie z. B. GGL, Sandguss, Festigkeit > 130 N/mm2, feinkristallines Gefüge.

5. Schritt Geometrische Daten:• Innendurchmesser und der Unrundheit,• Restwandstärke.

6. Schritt Bilddokumentation umfasst:• die Schäden (bei der Schadensaufklärung),• den Zustand der Schädigungen im Rohrschaft und Rohrverbindungsbereich,• den Korrosionsschutz und dessen Zustand,• den Verkrustungs- (Inkrustations-) zustand,• die Korrosionsschädigung, differenziert nach innen und außen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

108

Beipiele für Rohrschäden

Abb. 3.42: Schaden an einer Hausanschlussleitung; links: Durchrostung; rechts: Längsriss in einer Bleirohrleitung

Schäden an Versorgungsleitungen

Abb. 3.43: Querriss; Flächenkorrosion

Abb. 3.44: Muldenkorrosion mit Übergang zur Lochkorrosion; Lochkorrosion

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.45: Unterrostung einer jutearmierten Leitung; Lochkorrosion

Abb. 3.46: Rohrprobe

Abb. 3.47: Graphitierung; Bruchstücke mit Graphitierung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.48: Freilegen der Schadstelle / Rohrtrennung

Abb. 3.49: Schadensstelle und Schadensbeseitigung mit Rohrkupplungen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.50: Muffenprofile von Gussrohrleitungen

Tab. 3.22: Wandstärke von Gussrohrleitungen

Lichte Weite des Rohres

Normale Wandstärke

Äußerer Durch-messer des

Rohres

Innerer Durch-messer der

Muffe

Äußerer Durch-messer der

Muffe MuffentiefeDichtung-

stiefeNormale

Rohrlänge

D δ D1 D2 D3 t t1 L x y

40 8 56 70 116 74 62 3 23 11

50 8 66 81 127 77 65 3 23 11

60 8,5 77 92 140 80 67 3 24 12

70 8,5 87 102 150 82 69 3,5 24 12

80 9 98 113 163 84 70 3,5 25 12,5

90 9 108 123 173 86 72 3,5 25 12,5

100 9 118 133 183 88 74 4 25 13

125 9,5 144 159 211 91 77 4 26 13,5

150 10 170 185 239 94 79 4 27 14

175 10,5 196 211 267 97 81 4 28 14,5

200 11 222 238 296 100 83 4 29 15

225 11,5 264 264 324 100 83 4 30 16

250 12 274 291 353 103 84 4 31 17

275 12,5 300 317 381 103 84 4 32 17,5

300 13 326 343 409 105 85 4 33 18

325 13,5 352 369 437 105 85 4 34 19

350 14 378 395 465 107 86 4 35 19,5

375 14 403 421 491 107 86 4 35 20

400 14,5 429 448 520 110 88 4 36 20,5

425 14,5 454 473 545 110 88 4 36 20,5

450 15 480 499 573 112 89 4 37 21

475 15,5 506 525 601 112 89 4 38 21,5

500 16 532 552 630 115 91 4 39 22,5

550 16,5 583 603 683 117 92 4 40 23

600 17 634 655 737 120 94 4 41 24

650 18 686 707 793 122 95 4 43 25

700 19 738 760 850 125 96 4 45 26,5

750 20 790 812 906 127 97 4 47 28

800 21 842 866 964 130 98 4 49 29,5

900 22,5 945 970 1074 135 101 4 52 31,5

1000 24 1048 1074 1184 140 104 4 55 33,5

1100 26 1152 1178 1296 145 106 4 59 36,5

1200 28 1256 1282 1408 150 108 4 63 39

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

112

Abb. 3.51: Muffenprofile von Stahlrohrleitungen

Tab. 3.23: Wandstärke von StahlrohrleitungenMannesmann – Werke Thyssen & Co.

Lichte Weite des

RohresLichte Weite

der MuffeNormale

Wandstärke

Stärke der Dich-

tungsfugeMuffen-

tiefe

Gewicht pro lfd. m

RohrLichte Weite des Rohres

Lichte Weite der

MuffeNormale

Wandstärke

Stärke der Dich-

tungsfugeMuffen-

tiefe

Gewicht pro lfd. m

Rohr

D D1 δ f t kg D D1 δ f t kg

40 60 3,0 7,0 81 3,9

50 71 3,0 7,5 85 4,9 50 71 3 7,5 102 4,9

60 81 3,0 7,5 88 5,5 60 81 3 7,5 104 5,5

70 91,5 3,25 7,5 90 6,5 70 91 3 7,5 106 6,5

75 97 3,5 7,5 91 7,8 75 96,5 3,25 7,5 109 7,8

80 102 3,5 7,5 111 8,6 82,5 104 3,25 7,5 112 8,5

90 112,5 3,75 7,5 113 10,5 88,5 110 3,25 7,5 115 9,0

100 123 4,0 7,5 115 11,6 100,5 123 3,25 7,5 122 11,5

125 148 4,0 7,5 118 14,0 125 148 4,0 7,5 126 14,5

150 174 4,5 7,5 122 19,0 150 174 4,5 7,5 135 19,0

175 200 5,0 7,5 127 25,0 175 200 5,0 7,5 137 25,5

200 227 5,5 8,0 135 30,0 200 227 5,5 8,0 139 30,0

225 254 6,5 8,0 135 40,0 228 257 6,5 8,0 146 40,0

250 282 7,0 8,0 139 47,0 253 284 7,0 8,5 150 48,0

277 309 7,5 8,5 150 56,5

303 335 7,5 8,5 156 61,0

324 360 8,0 8,5 158 70,5

352 385 8,0 8,5 162 76,0

377 412 8,5 9,0 163 86,5

402 439 9,0 9,5 166 96,8

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Tab. 3.24: Prüfverfahrenstechnologie für Rohrprobestücke

1. Probebegleitschein und Dokumentation der Rohrprobe• Ausgefüllt durch Mitarbeiter der Stadtwerke Wasser GmbH• Festlegung der Rohrproben-Nr. im Untersuchungslabor der FH Erfurt• Eingabe der Primärdaten im Untersuchungslabor der FH Erfurt• Bilddokumentation der unbearbeiteten Rohrprobe im Untersuchungslabor der FH

Erfurt (3-5-Bilder mit Rohrprobennummer und Maßstab – gesamtes Rohrstück, innen mit Inkrustation, außen mit erkennbaren Besonderheiten)

2. Bearbeitung der Rohrproben und Dokumentation• Markierung der Rohrlage durch Einschliff (12-Uhr entspricht oben)• Rohrschnitte des Proberohres in 8 bis 10 cm lange Teilstücke bzw. an markanten

Stellen• Kennzeichnen der Einzelstücke mit Rohrproben-Nr. (Schlagzahlen), um Ver-

wechslungen auszuschließen• Entfernung des noch vorhandenen äußeren Korrosionsschutzes (dadurch werden

Korrosions- bzw. Graphitierungserscheinungen erkennbar)• Bilddokumentation bei sichtbar gewordenen Besonderheiten• Entfernung der Inkrustationen bis auf noch vorhandenen inneren Korrosions-

schutz (in der Regel Restbitumen – dadurch werden Korrosions- bzw. Graphitie-rungserscheinungen erkennbar)

• evtl. Schnittflächen rauhtief bearbeiten (Drehen, Schleifen oder Feilen), um Rest-wandstärke sichtbar zu machen

• Dokumentation der Restwandstärke, Unrundheit, Graphitierung usw. im Untersu-chungsprotokoll

• Bilddokumentation der bearbeiteten Rohrstücke (Schnittstellen, Rohr außen bzw. innen)

• Brechen von Graugussrohrstücken, um Graphitierungserscheinungen sichtbar zu machen – weitere Bearbeitung und Bilddokumentation

3. Gesamteinschätzung des Istzustandes und der Sanierungsfähigkeit gemeinsam mit Mitarbeitern der Stadtwerke Wasser GmbHEntscheidungen:• Zementmörtelauskleidung möglich• Berstlining bzw. Duktilguss bzw. Stahlrohrleitungen ZM-ausgekleidet und zu-

sätzlichem Außenschutz• Einzug von PEX-Rohren

4. Datenbank materialtechnische UntersuchungDie Ergebnisse der Untersuchungen werden EDV-gerecht aufbereitet und der Stadt-werke Wasser GmbH als Datei übergeben.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.52: Materialtechnische Zustandsuntersuchungen im Rohrlabor

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.53: Probenbegleitschein

Probenbegleitschein für materialtechnische

Zustandsuntersuchungen

Auftragsnummer

Rohrstrang-ID

Probennummer

Ortsangaben Versorgungsunternehmen

Schadensort Ort / Gemeinde Datum

Straße Haus-Nr. von Haus-Nr. bis

Asphaltdecke

Asphaltdecke u. Pflastersteine

Betondecke

Betonpflastersteine o. Platten

Naturpflastersteine

Oberflächen-

befestigung

unbefestigt (z.B. Schotter, Mutterboden)

Überdeckung cm

nicht erkennbar

oberhalb Rohrsohle

unterhalb Rohrsohle

Grund-

wasser-

stand schwankend (ober-/unterhalb)

Rohrangaben Probennummer

Probenlänge cm

Bemerkung

Fotos v. Rohrprobe Probestück f. Metallographie Bodenprobe Brinellhärte Statische Versuche

Fahrbahnbereich

Gehwegbereich (auch Plätze)

Vorgärten / Grünstreifen

Gleisbereich

freies Gelände

Düker

Lage

Sammelkanal

bindig (z.B.Lehm / Ton)

nicht bindig (z.B. Sand)

gemischtkörnig

steiniger Boden (Fels)

Bodenart

Bettung

Abfälle, Schutt

Betriebsdruck bar

Verlegejahr

Schadensursache

Flanschverbindung

Schweißverbindung

Steckmuffensysteme

Stemmmuffensysteme

Schraub- o. Gewindeverbindungen

Kupplungssysteme

zugfeste Steckverbindungen

Verbindungs

-art

Klemmverbindungen (bei Kunststoff)

DN Bereich

40 36 – 45 mm

50 46 – 59 mm

65 60 – 75 mm

80 76 – 90 mm

100 91 – 115 mm

125 116 – 140 mm

150 141 – 165 mm

175 166 – 195 mm

200 196 – 219 mm

225 220 – 239 mm

250 240 – 265 mm

275 266 – 285 mm

300 286 – 320 mm

Nenn

weite bei

metall.

Rohren

> 300 321 - … mm

Leitungsart HAL VL ZL

Grauguss (GGL) Kunststoff

Duktilguss (GGG) Asbestzement

Stahl (St) Stahlbeton Werkstoff

Blei Spannbeton

Außen Innen

Bitumen- o. Teerbeschichtung

Kunststoffbeschichtung

Zinküberzug

Korrosionsschutz

Zementmörtelschicht (ZMU / ZMA)

Vom Versorgungsunternehmen auszufüllen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

116

Abb. 3.54: Istzustandserfassung für Rohrprobestücke

Zustandsuntersuchung / Metallographie Probennummer

Wandstärke an den jeweils gegenüberliegenden Scheitelpunkten

s1 mm s2 mm s3 mm s4 mm

Korrosionsart

Mulden-

korrosion

Narben-

korrosion

Flächen-

korrosion

Loch-

korrosion

Tiefe

[mm]

Dm.

[mm]

Flächenanteil

[%]

Korrosionsart 1

außen

Korrosionsart 2

außen

Korrosionsart 1

innen

Korrosionsart 2

innen

Graphitierung außen ja nein

Graphitierung innen ja nein

Bemerkung

Zustandsuntersuchung

knollenartig, vereinzelt

Knollenartig, vollflächig

flächig

Beschreibung

Inkrustierung

dünnschichtig

Generation

GGL-I

GGL-II

GGL-III

GGL-IIIa

GGG-I

GGG-II

GGG-IIa

Stahl-I

Stahl-II

Stahl-III

Stahl-IV

Stahl-IVa

Außen Innen

nicht vorhanden 0 %

Reste erkennbar 1 – 10 %

11 – 40 %

zur Hälfte vorhanden 41 – 60 %

61 – 90 %

fast vollflächig 91 – 99 %

Flächenanteil

Korrosions-

schutz

vollflächig 100 %

Material lt. Metallographie

GGL GGG Stahl

Außen Innen

lose

lockerer Verbund

mäßiger Verbund

Haftung

Korrosions-

schutz

fester Verbund

keine Inkrustierung

wenig Inkrustierung

mittelmäßig zugesetzt

starke Inkrustierung

Flächenanteil

Inkrustierung

vollständig zugesetzt

weich Festigkeit

Graphitierung hart

Radialriss (inkl. Rohrabriss)

Längsriss

Querbruch

Schalenbruch

Perforierung (haupts. Lochkorrosion)

Undichte Verbindung

Schadensart

keine (z. B. Straßenbaumaßnahme)

Lamellengraphit grob

Lamellengraphit fein

Lamellengraphit Nester

Kugelgraphit

Struktur laut

Metallographie

sekund. Zeilengefüge

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117

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.3 Planung der Rehabilitation3.3.1 Die strategische Langzeitplanung

nach W 401 (Ausgabe 1997)

3.3.1.1 Strategische LangzeitplanungPlanungszeitraum

Die strategische Langzeitplanung soll für einen Zeit-raum von 10 bis 20 Jahren erfolgen und hat zum Ziel,den Rehabilitationsbedarf in diesem Zeitraum vorher-zusagen. Sie geht von Leitungsgruppen aus welchegleichartige Merkmale und Verhaltensweisen aufwei-sen und welche unternehmensabhängige Zielstellungenberücksichtigen wie

• die Versorgungssicherheit und -qualität • die Senkung der Wasserverluste und Reparatur-

kosten• die Wirtschaftlichkeit der Wasserversorgung• das Image des Wasserversorgungsunternehmens

in der Öffentlichkeit.Die Folgen unzureichender Rehabilitation sind:

• Steigendes Rohrnetzalter (wobei das Alter kein Kriterium für den Zustand des Rohrnetzes ist),

• steigende Schadenshäufigkeit,• steigende Wasserverluste und• steigende Reparaturkosten.

InstandhaltungDie Rehabilitation ist Teil der Instandhaltung, wie Abb.3.55 zeigt.

Abb. 3.55: Instandhaltung

Als Ergebnis der strategischen Langzeitplanung erhältman die erforderliche Erneuerungsrate der Leitungs-strecke, der Leitungsgruppe oder des gesamten Rohr-netzes.

3.3.1.2 Kriterien der RehabilitationDie Kriterien der Rehabilitation werden unterteilt in:

• technische Kriterien,• wirtschaftliche und unternehmensspezifische Kri-

terien sowie• externe Einflüsse.

Technische KriterienQuantifizierbare technische Kriterien sind:• Wasserqualität,• Mindestversorgungsdruck,• Wasserverluste,

• Rohrwerkstoffe und• Netzzustand.

Wirtschaftliche und unternehmensspezifische KriterienWirtschaftliche und unternehmensspezifische Kriteriensind:

• hohe und steigende Reparaturkosten,• hohe Aufwendungen für Spülungen, Lecksuche

Armaturenwartung,• Vorhaltekosten für Ersatzteile bei nicht mehr ge-

bräuchlichen Rohrwerkstoffen und Nennweiten,• Kosten für Wasserverluste,

aber auch• Versorgungsimage,• Kundenreklamationen,• Versorgungsunterbrechungen,• häufige Aufgrabungen in Fußgängerzonen, Fern-

verkehrsstraßen usw. und• externe Einflüsse.

Als Folgemaßnahme von Tiefbauarbeiten (z. B. Straße,Kanal) sind oft Leitungsumlegungen notwendig. Au-ßerdem können Fremdbaumaßnahmen Anlass für vor-gezogene Rehabilitation sein.

3.3.1.3 Planung und Durchführung der Reha-bilitation

Die langfristige Rehabilitation erfordert:• Detaillierte Netzkenntnisse nach Bestand und Zu-

stand der Rohrleitungen und Armaturen,• Vorgabe von technisch/wirtschaftlichen Zielen

(Wasserverlustkennwerte, Erneuerungsrate usw.),• Abstimmung der Ausbauplanung mit anderen Ver-

sorgungssparten (Gas, Abwasser) und dem Stra-ßenbau.

Unterlagen für die NetzanalyseDer Detaillierungsgrad der Rohrnetzanalyse kannunterschiedlich sein. Erforderlich sind Bestandskartenund Dateien über:

• Versorgungsleitungen,• Anschlussleitungen,• Armaturen und Hydranten,• Anzahl und Art der Schäden (Schadensstatistik),• Befunde über den Leitungszustand,• Kundenreklamationen,• Wasserqualitätsanalysen und• Ergebnisse von hydraulischen Berechnungen und

Messung von Drücken.Bildung von LeitungsgruppenFür die Erstellung eines Rehabilitationsprogrammes istdie Bildung von Leitungsgruppen – Rohrleitungen glei-chen oder ähnlichen Rohrwerkstoffes und Zustandesmit gleichartigem Nutzungsverhalten – erforderlich.Folgende Leitungsgruppen können für Versorgungslei-tungen gebildet werden:

• Graugussleitungen 1. und 2. Generation,• Duktilgussleitungen 1. und 2. Generation,• Stahlrohrleitungen 1., 2. und 3. Generation,• Kunststoffrohrleitungen 1., 2. und 3. Generation,• PVC-Rohrleitungen und• Asbestzementrohrleitungen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

118

Sanierte Leitungen• mit Zementmörtelauskleidung,• mit Schlauchrelining oder• mit Duktilguss-, Stahlrohr- oder Kunststoffroh-

reinzugFür Hausanschlussleitungen können folgende Leitungs-gruppen gebildet werden:

• Bleirohrleitungen (sind aus Gründen der Wasser-güte spätestens bis 2013 auszuwechseln),

• Guss- und Stahlrohrleitungen,• Kunststoffrohrleitungen aus PE und• Kunststoffrohrleitungen aus PEX.

3.3.2 Rehabilitationsplanung nach W 400-3Zur Umsetzung der europäischen Normung für dieWasserversorgung DIN EN 805 „Anforderungen anWasserversorgungssysteme und deren Bauteile außer-halb von Gebäuden“ erarbeitete der DVGW das Ar-beitsblatt W 400 in den 3 Teilen W 400-1 Planung, W400-2 Bau und Prüfung sowie W 400-3 Betrieb und In-standhaltung

Grundsätze und Ziele von Betrieb und Instand-haltungDie Instandhaltung besteht gemäß DIN 31051 aus In-spektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserungdes Zustands eines Systems. Als Gefährdung ist einepotenzielle Schadensquelle (DIN EN ISO 61508) anzu-sehen. Im Gegensatz zu W 401 wurden planbare und nichtplanbare Reparaturen als Bestandteil der Instandhal-tung definiert Bei Betrieb und Instandhaltung nach W 400-3 (S. 15)sind folgende Aufgaben zu erfüllen:

• Bereitstellung von Trinkwasser• in hygienisch einwandfreier Qualität • in der erforderlichen Menge und• mit ausreichendem Druck

• störungsminimierte Wasserlieferung• Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften und

der anerkannten Regeln der Technik• nachhaltige Versorgung auf der Grundlage der Er-

hebung und der technischen Bewertung des Zu-standes der Anlagen

Betriebs- und Instandhaltungsziele sind immer auchUnternehmensziele, da sie einerseits die Erfüllung desVersorgungsauftrages des Wasserversorgungsunterneh-mens mit garantieren sollen und andererseits das wirt-schaftliche Ergebnis wesentlich beeinflussen.klassische InstandhaltungsstrategienAls klassische Instandhaltungsstrategien werdenbezeichnet:

a) Ereignisorientierte Instandhaltung oder Aus-fallstrategie, d. h. Instandsetzung nur als Reaktion auf eingetretene Schäden bzw. auf externe Ereig-nisse und Maßnahmen.

b) Vorbeugende und intervallorientierte Instand-haltung oder Präventivstrategie, d. h. Wartungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in definierten Zeitabständen .

c) Vorbeugende und zustandsorientierte Instand-haltung oder Inspektionsstrategie, d. h. Instand-haltung, die sich am festgestellten Ist-Zustand und an den Entwicklungstendenzen der Anlagen im Vergleich zu einem definierten Soll-Zustand ori-entiert (siehe DVGW W 392 (A))

Die Folgen Ereignisorientierte Instandhaltung oderAusfallstrategie können sein: mangelnde Betriebssi-cherheit, hohe Wasserverluste, erhöhte Schadensraten,Verschlechterung der Wasserqualität, vorzeitiger Sub-stanz- und Werteverlust der Verteilungsanlagen. DieInstandhaltungskosten bei dieser Strategie sind zwarkurzfristig niedriger, aber langfristig überproportionalhoch.PräventivstrategieDie Instandhaltung nach der Präventivstrategie be-rücksichtigt nicht den Ist-Zustand der Wasservertei-lungsanlagen. Sie führt zu gleichmäßig (kurz-, mittel-und langfristig) überhöhten Instandhaltungskosten undist deshalb nicht wirtschaftlich.InspektionsstrategieDie Instandhaltung nach der Inspektionsstrategie be-rücksichtigt die Entwicklung des Zustandes der Was-serverteilungsanlagen und ist langfristig angelegt. Siegarantiert den effektiven und wirtschaftlichen Einsatzder Mittel für die Instandsetzung. Nach W 400-3 sind Wasserverteilungsanlagenzustandsorientiert instand zu halten. Hierfür sollteeine Inspektionsstrategie entwickelt werden und fol-gende Punkte berücksichtigen:

• eine sorgfältige und systematische Dokumentation und Auswertung aller Ereignisse und Maßnahmen,

• die genaue Zuordnung und Beobachtung der Kos-ten über eine detaillierte Auftragsabrechnung,

• eine zeitnah geführte Rohrnetzdokumentation (Rohrnetzdatei),

• eine zeitnah geführte Schadenstatistik,• Kenntnis über die Höhe, die Verteilung und die

Entwicklung der Wasserverluste,• Kenntnis über die Wasserqualität und deren mög-

liche Veränderung im Rohrnetz.Es ist vorteilhaft, die genannten Grundlagen und Datendurch ein Netzinformationssystem zu erfassen und aus-zuwerten.Für ein wirtschaftliches Management ist es notwen-dig, Arbeits- und Prozessabläufe innerhalb der Wasser-verteilung ständig zu überprüfen und ggf. zu verbes-sern. Dazu können gehören: OptimierteInstandhaltungsplanung, regelmäßige Rohrnetzüber-prüfung und Wasserverlustbeurteilung usw.Die Rehabilitation umfasst

• die langfristige Strategie (Rehabilitations-Strate-gie)

• die mittelfristige Planung (Rehabilitations-Pla-nung)

• die einzelnen Baumaßnahmen (Rehabilitati-ons-Maßnahmen).

Alle drei Komponenten der Rehabilitation bestimmenmaßgeblich die zukünftigen Gesamtkosten und damitdie Wirtschaftlichkeit der Versorgung. Über einen lang-fristigen Zeitraum gesehen werden in der Regel die

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Kosten einer effizienten Rehabilitation aus rückläufi-gen Betriebs- und Instandhaltungskosten wieder erwirt-schaftet. Bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung ist auch die ver-miedene Erhöhung der Betriebs- und Instandhaltungs-kosten infolge durchgeführter Rehabilitations-Maßnah-men zu berücksichtigen. Die Rehabilitation wird als nachhaltig bezeichnet, wenndie technische und hygienische Versorgungssicherheitgewährleistet sowie langfristig niedrige Gesamtkostenerreicht werden. Daraus ergeben sich eine hohe Nut-zungsdauer der Anlagen und die Notwendigkeit derSubstanzerhaltung.Dort, wo zur Substanzerhaltung keine ausreichende Re-habilitation erfolgt, sind Rücklagen bzw. Rückstellun-gen vorzusehen.

RehabilitationsstrategieDie Rehabilitationsstrategie ist unter der Verantwor-tung der Technischen Führungskraft zu erstellen. Indieser ist die langfristig erforderliche Erneuerungs-bzw. Sanierungsrate auf Basis der zustandsorientiertentechnischen Nutzungsdauer bzw. der Restnutzungs-dauer sowie der dafür erforderliche Finanzbedarf fest-zulegen. Zusätzlich sollten die künftigen Schadensratensowie die Wasserverluste prognostiziert werden.Zur systematischen Aufstellung Rehabilitationsstrate-gie ist zunächst die strategische Rehabilitationsrate aus-gehend von der Kenntnis der erwarteten technischenNutzungsdauer der Wasserverteilungsanlagen festzule-gen. Die technische Nutzungsdauer wiederum wirdmaßgeblich von der Entwicklung der Schadensrate be-einflusst. Es besteht Handlungsbedarf, wenn das Ende der techni-schen Nutzungsdauer erreicht ist, das heißt, dass die tat-sächliche Schadensrate die zulässige Schadensrate dau-erhaft überschreitet. Die zulässige Schadensrate fürRohrnetze ist durch den Trinkwasserversorger auf derGrundlage von kundenorientierten, versorgungstechni-schen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten festzule-gen.Für die Ermittlung der erforderlichen strategischenRehabilitationsrate und damit für eine effizienteRehabilitation sind Höhe und Entwicklung der

• Betriebs- und Instandhaltungskosten• Schadensraten• Wasserverluste• hydraulischen Leistungsfähigkeit• Ausfallwahrscheinlichkeit/ -risiko und• technischen Nutzungsdauer bzw. der Restnut-

zungsdauerzu berücksichtigen.Der Betrachtungszeitraum orientiert sich an demZeitrahmen der technischen Nutzungsdauer bei einererwarteten Zustandsentwicklung. Dabei führt die er-wartete technische Nutzungsdauer zu einer erforderli-chen spezifischen strategischen Rehabilitationsrate.(z. B. bei einer erwarteten technischen Nutzungsdauer

von 50 Jahren bzw. 100 Jahren strategische Rehabilita-tionsrate oder Rohrnetzerneuerungsrate von 2 % bzw. 1%. Die langfristige Rehabilitationsstrategie ist zweckmäßi-ger Weise mittelfristig, z. B. in 5-Jahres-Zeiträumen, zuüberprüfen und ggf. an die aktuelle Entwicklung anzu-passen. (Vergleich von Soll- und Ist-Werten sowie derprognostizierten Ansätze hinsichtlich Anlagenzustand,Schadensraten, Wasserverluste, Restnutzungsdauern). Umfang und Detaillierungsgrad der Rehabilitati-ons-Strategie sind von der Größe der Versorgungsein-heiten und dem Zustand der Anlagen abhängig. Fürkleine ländliche Versorgungseinheiten kann sich dabeidie Reha-Strategie auf die Ermittlung und Begründungdes langfristigen Finanzbedarfes von zukünftig zu er-wartenden Instandhaltungsmaßnahmen beschränken.Grundvoraussetzung für die Erfassung und Dokumen-tation sind

• Bestand nach Länge, Lage, Höhe, Nennweiten, Korrosionsschutz, Auskleidung, Alter, u. ä.

• Ist-Zustand (insbesondere der Ergebnisse der Rohrnetzinspektion) bezüglich Schäden, Wasser-verluste, Kundenreklamationen, Wasserqualitätsa-nalysen, u. ä. (siehe auch DVGW W 392 (A))

• Instandhaltungs- und Betriebskosten, z. B. für Er-neuerung bzw. Sanierungen, Reparaturen, Inspek-tions- und Wartungsmaßnahmen.

Weiterhin sollte eine Rohrnetzanalyse mit Messungund Berechnung der Druck- und Strömungsverhältnissevorliegen. Aus diesen Daten können

• Trends, insbesondere aus der langjährigen Scha-denstatistik abgeleitet

• technische und wirtschaftliche Kennzahlen gebil-det (z. B. Schadensrate, spezifischer Wasserver-lust, spezifische Reparatur- und Erneuerungskos-ten)

• technische und wirtschaftliche Zusammen-hänge/Abhängigkeiten abgeleitet (Verknüpfung von Kennzahlen) und

• Rohrleitungsklassen oder Teilnetzbereiche gebil-det werden.

Zur Orientierung sind in Tab. 3.25 Richtwerte für Scha-densraten für Rohrnetze, die über lange Zeiträume ge-wachsen sind und aus unterschiedlichen Werkstoffenund Rohrklassen bestehen, angegeben. Die durch-schnittliche Schadensrate wird als Mittelwert von Rohr-schäden innerhalb eines Jahres an Haupt- und Versor-gungsleitungen (ohne Schäden an Anschlussleitungen,Zubringerleitungen und Armaturen) sowie an An-schlussleitungen (ohne Anbohrarmaturen) ermittelt. Für die Beurteilung von Anlagen ist es zweckmäßig,die jährlichen Mittelwerte und den Trend über einenZeitraum von fünf Jahren heranzuziehen.In über längeren Zeiträumen gewachsenen Rohrnetzenkönnen niedrige Schadensraten auch bei gutem Rohr-netzzustand auftreten. Solche geringen tatsächlichenSchadensraten können im Allgemeinen nicht weiter re-duziert werden.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

120

Die in einem Rohrnetz auftretende durchschnittlicheSchadensrate bzw. mittlere Schadensrate sollte nichtoberhalb des angegebenen mittleren Bereiches liegen.Eine hohe durchschnittliche Schadensrate erfordertbesondere Maßnahmen (Rehabilitations-Planung).

Tab. 3.25: Richtwerte für Schadensraten in Rohrnetzen (ohne Armaturen)

Mittelfristige Planung (Rehabilitations-Pla-nung)Die Rehabilitationsstrategie wird durch die mittelfris-tige Rehabilitations-Planung (Art, Umfang und Kostender Maßnahmen, z. B. in 5-Jahres-Zeiträumen) umge-setzt.Sie ist ein bestimmendes Element des Wirtschaftspla-nes. Sie beinhaltet:

• Differenzierung der strategischen Rehabilitations-rate, insbesondere im Hinblick auf• Planungszeitraum• räumliche Verteilung der Schadensraten• Anlagengruppen (z. B. Rohrwerkstoffe, -typen,

Korrosionsschutz, Alter)• anlagenbezogene Festlegung von versorgungs-

technisch zulässigen Schadensraten zur Errei-chung der Zielgröße

• Erstellung einer Prioritätenliste• generelle Vorauswahl von Reha-Technologie und

Werkstoff• Koordinierung mit Baumaßnahmen Dritter• Ermittlung des Finanzbedarfs für die Rehabilitati-

ons-Projekte.Das Ergebnis der Rehabilitations-Planung ist ein Reha-bilitations-Programm. Es stellt einen mittelfristigen dif-ferenzierten Maßnahmeplan von einzelnen Rehabilitati-ons-Maßnahmen dar, der nach Prioritäten geordnet seinsollte (z. B. Wirtschaftlichkeit, versorgungstechnischeoder hygienische Kriterien).

Rehabilitations-MaßnahmenArt, Umfang und Verfahren der einzelnen Rehabilitati-ons-Maßnahmen werden unter Berücksichtigung derörtlichen Gegebenheiten, der Nutzungsbedingungen u.ä. festgelegt Dabei ist zwischen Sanierungs- und Erneu-erungsmaßnahmen sowie Reinigungs- und Reparatur-maßnahmen zu unterscheiden.

Der technisch/wirtschaftliche Erfolg der Rehabilitati-ons-Maßnahmen ist durch Soll/Ist-Vergleiche zu kon-trollieren.

3.3.3 Optimale Rehabilitationsstrategie

3.3.3.1 EinführungDie Bewertung der Druckrohrnetze und die Bestim-mung der zu erneuernden Netzabschnitte sind Entschei-dungsprozesse, die permanent bei den Versorgungsbe-trieben ablaufen. Vielfach verlässt man sich bei denEntscheidungen auf das Wissen und auf die Erfahrunglangjähriger Mitarbeiter. Sie treffen eine Auswahl derMaßnahmen und begründen diese mit dem schlechtenZustand, dem hohen Alter, den Kundenreklamationenhinsichtlich Druck und Qualität, mit BaumaßnahmenDritter etc. Wenn mehrere Bereiche eines Betriebes beider Durchsetzung der Investitionen im Wettbewerb ste-hen, ist der Ausgang der Entscheidungen ungewiss undunter dem Zwang der Kostenminimierung wird manchenotwendige Maßnahme nicht durchgeführt. Vielfachleiden die Vorbereitung und Durchsetzung der notwen-digen Investitionsmaßnahmen an der Tatsache, dasseine betriebswirtschaftliche Untersuchung und Begrün-dung der Maßnahme nicht erfolgt bzw. nicht erfolgenkann. Oft wird deshalb der richtige Zeitpunkt für eineMaßnahme verpasst und betriebswirtschaftliche Nach-teile werden unbewusst in Kauf genommen.HintergründeDie übliche Vorbereitungspraxis leidet auch unter derTatsache, dass konkrete langjährige Aufzeichnungenüber das Netz und jeden Netzabschnitt zwar in der Re-gel vorliegen, aber nicht in der geeigneten Form für dienotwendigen Analysen zur Verfügung stehen. Mit demAusscheiden der Erfahrungsträger verlieren die Versor-gungsbetriebe dann wertvolles Spezialwissen unwider-ruflich.Mit der unter Kap. 3.3.4.2 Vorteile der flächenhaftenRehabilitation – Untersuchungsergebnisse Erfurt be-schriebenen Methodik zur Ermittlung einer optimalenRehabilitationsstrategie wird ein Weg aufgezeigt, wiemit einer angemessenen Rechentechnik und entspre-chender Software die oben beschriebenen Entschei-dungsvorbereitungen deutlich verbessert, beschleunigtund letztlich die betrieblichen Aufwendungen für dieReparaturen und Investitionen minimiert werden kön-nen.Die Methode wird praxisbezogen dargestellt und aufdie betriebliche Problemstellung übertragen, die not-wendigen Ausgangsinformationen werden genannt unddie Bewertungsergebnisse überwiegend in Form vonDiagrammen dargestellt. Alle Straßen- und Ortsbe-zeichnungen sind anonymisiert.Die für die Bewertung verwendete Software OPTNET[Büro für Rohrnetzanalysen, o.J.] wird herangezogen,wenn die Lösungen der angesprochenen Aufgaben ge-zeigt werden soll. Darüber hinaus wird im Bereich derhydraulischen Rohrnetzberechnungen und der geografi-schen Darstellung der Ergebnisse das Rohrnetzberech-nungsprogramm STANET [Ing.-Büro Fischer-Uhrig,o.J.] verwendet.Die Bewertungen des Zustandes, des Investitionswer-tes, der wirtschaftlichen Nutzungsdauer (betriebswirt-

Bereiche von Rohrschadens-raten

Rohrschadensraten

Haupt- und Versor-gungsleitungen Anschlussleitungen

Schäden je km und Jahr

Schäden je 1000 Anschlüsse und Jahr

Niedrige Schadensrate ≤ 0,1 ≤ 5

Mittlere Scha-densrate > 0,1 bis ≤ 0,5 > 5 – 10

Hohe Scha-densrate < 0,5 > 10

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

schaftliche Nutzungsdauer), der Bestimmung der Reha-bilitationsraten, der Auswahl der Maßnahmen und aufdie Vor- und Nachteile einer kontinuierlichen Rehabili-tation.Rehabilitationsverfahren, Verlege- oder Reparaturtech-niken, Rohrherstellungsverfahren, Schadensursachenund Schadensarten werden in den anderen Kapiteln be-schrieben, so dass in Kap. 3.3.4.2 Vorteile der flächen-haften Rehabilitation – Untersuchungsergebnisse Er-furt ausschließlich die Bewertungen des Zustandes, desInvestitionswertes, der wirtschaftlichen Nutzungsdauer,der Bestimmung der Rehabilitationsraten, der Auswahlder Maßnahmen und auf die Vor- und Nachteile einerkontinuierlichen Rehabilitation behandelt werden.

3.3.3.2 Ziele der RehabilitationDer Betreiber erkennt den sich verändernden Zustandseines Netzes häufig nur an der steigenden Anzahl derSchäden und gegebenenfalls an den eingehenden Re-klamationen zur Qualität des Wassers. Durch diese In-formationen werden die Mängel zwar deutlich, jedochkann daraus keine belastbare Rehabilitationsstrategieabgeleitet werden. Ohne gezielte Zustandsbewertungenund Kostenanalysen ist die Frage nach dem Umfang dernotwendigen Erneuerungen bzw. Sanierungen nicht zubeantworten.Verantwortungsbewusste Versorgungsunternehmenmüssen deshalb langfristige Strategien entwickeln, umihr Rohrnetz zu erhalten oder dessen Zustand zu ver-bessern. Sie sind verpflichtet, ihre Rohrnetze der nächs-ten Generation in einem gleichwertigen oder besserenZustand zu übergeben.Die unterlassene Bestimmung der wirtschaftlichen Nut-zungsdauer der einzelnen Netzabschnitte und das Feh-len einer ausreichenden Rehabilitationsrate führt:

• zu einem deutlichen Anstieg der jährlichen Scha-densanzahl,

• zu unnötige Reparaturkosten bei zu später Rehabi-litation,

• zum Verlust an Abnutzungsvorrat bei zu früher Rehabilitation,

• zur Verringerung der Versorgungssicherheit, ver-bunden mit Qualitätsverlusten und gesundheitli-chen Gefahren für den Verbraucher,

• zu einem deutlich erhöhten Mittelbedarf für den Abbau des jährlich wachsenden Investitionsrück-staus.

Neben diesen messbaren langfristig wirkenden Nach-teilen fallen erhebliche zusätzliche soziale Kosten an.Unter den sozialen Kosten – deren Ermittlung in derRegel große Probleme bereitet – versteht man die durchdie Störung verursachten zusätzlichen Belastungen derBevölkerung (z. B. im Straßenverkehr durch Umleitun-gen, Zufahrtsbeschränkungen usw. bei Versorgungs-ausfällen). Gleichzeitig tritt ein deutlicher Imageverlust des Ver-sorgungsunternehmens ein.

Um ein nachhaltiges – den Zustand und die betriebs-wirtschaftlichen Aufwendungen berücksichtigendes –Rehabilitationskonzept zu entwickeln, sind wesentlicheFragen der „Daseinsvorsorge“ [Schilling, o.J.], dieBewertungen des Zustandes, des Investitionswertes, derwirtschaftlichen Nutzungsdauer, der Bestimmung derRehabilitationsraten, der Auswahl der Maßnahmen undauf die Vor- und Nachteile einer kontinuierlichen Reha-bilitation zu klären.

• Welche Schadensentwicklung ist zu erwarten, wenn ohne Erneuerungsstrategien nur repariert und nicht rehabilitiert wird?

• Wo wird sich die Qualität und Versorgungssicher-heit bei fehlender Rehabilitation nachhaltig ver-schlechtern?

• Wie viel muss jährlich erneuert werden, um den Zustand und den Wert der Netze zu erhalten oder zu verbessern?

• Wie kann die optimale Rang- und Reihenfolge der Einzelmaßnahmen bestimmt werden?

• Welche finanzielle Ausstattung wird für die jewei-lige Instandhaltungsstrategien benötigt?

• Wie kann man die Gesamtkosten für Investitionen und Reparaturen durch die Wahl des optimalen Rehabilitationszeitpunktes minimieren?

• Welche alternativen Rehabilitationsverfahren kön-nen unter der Zielstellung der Gesamtkostenmini-mierung eingesetzt werden?

• Wie können verschiedene Fachbereiche (Druck-rohrnetz, Strasse, Abwasserableitung, Gas, Fern-wärme...) so koordiniert werden, dass neben der Kostenoptimierung in einem Fachbereich durch Koordinierung von Baumaßnahmen das Gesamt-system zu einem Kostenminimum geführt wird?

• Wie kann durch den Einsatz der geografischen In-formationssysteme (GIS) die Vorbereitung und Abstimmung solcher Maßnahmen unterstützt wer-den?

• Wie kann das Instandhaltungsmanagement mit konkret aufbereiteten Fachdaten unterstützt wer-den?

• Wie kann durch den Einsatz der geografischen In-formationssysteme (GIS) die Vorbereitung und Abstimmung solcher Maßnahmen unterstützt wer-den?

• Wie kann das Instandhaltungsmanagement mit konkret aufbereiteten Fachdaten unterstützt wer-den?

• Wie sind die Datenbereitstellungen zu organisie-ren und welche Daten sollen/müssen erfasst wer-den?

• Jede falsche oder ungenaue Antwort auf diese Fra-gen ist mit erheblichen finanziellen Mehraufwen-dungen verbunden.

Die Rehabilitationsstrategie muss sowohl den techni-schen Zustand als auch die hydraulische Leistungsfä-higkeit des Netzes berücksichtigen und ist damit einwesentlicher Bestandteil eines modernen Netzinforma-tionssystems.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

122

3.3.3.3 Optimale Rehabilitationsstrategie nach Ahrens (OPTNET)

Siehe Kap. 3.A Erarbeitung einer Rehabilitationsstra-tegie für Druckrohrleitungen

3.3.4 Flächenhafte Rehabilitation

3.3.4.1 Beispiele flächenhafter RehabilitationNürnberg

Bereits in den 80er Jahren wurden von verschiedenenVersorgungsunternehmen flächendeckende Rehabilita-tionsmaßnahmen durchgeführt, z. B. in Nürnberg. An-lass waren Wassertrübungen, da die Trübungsmeldun-gen der Kunden sich in dem Zeitraum von 1968 bis1979 verdoppelt hatten [Hirner et al., 1984].Als Maßnahmen zur Beseitigung derselben wurdendurchgeführt:

• Spülung: regelmäßige Bezirksspülungen,• Sanierung: planmäßige Sanierung der Rohrleitun-

gen,• Erneuerungen: im Zuge des Straßenbaus wurden

alle Graugussleitungen ausgewechselt.Die Kostenrelationen wurden wie folgt angegeben:

Abb. 3.56: Kostenrelationen Netzspülung – Sanierung und Neuverlegung [Hirner et al., 1984]

Erwartungsgemäß waren Netzspülungen die billigsteVariante, wodurch aber keine Rohrschäden beseitigtwurden und der Zustand der Rohrleitungen nicht ver-bessert wurde; durch die Sanierung mit Zementmör-telauskleidung konnten zusätzlich Korrosionsschädender Rohrinnenwand „überdeckt“ und gestoppt werden(siehe dazu Kap. 3.4.4 Zementmörtelauskleidung).Die Auswechselung bruchgefährdeter Graugussleitun-gen war die teuerste Methode, durch welche aber derRohrnetzzustand verbessert wurde. DortmundHügging beschrieb sowohl die Rehabilitationsmaßnah-men der Wasser- als auch der Gasversorgung in Dort-mund. Bereits ab Beginn der 70er Jahre wurde die Ze-mentmörtelauskleidung der Transportleitungendurchgeführt, wobei die Maßnahmen in Fließrichtungzu den Verbrauchsschwerpunkten erfolgten. Dadurchwerden Ablagerungen in den Rohrleitungen nicht wei-tergetragen [Hügging, 2000a], [Hügging, 2000b].Analog erfolgt auch die Sanierung des Gasversorgungs-netzes in einem Ertüchtigungsprogramm bis 2017. Da-für wurde das gesamte Stadtgebiet in Versorgungszo-nen eingeteilt und entsprechend demGefährdungspotenzial wird die Reihenfolge festgelegt.

Für Graugussleitungen sind nach [Hügging, 2000b]grundsätzlich die nachfolgenden Sanierungs- und Er-neuerungsverfahren anwendbar: Inlinerverfahren,U-Liner-, Roll-down-, Swagelining-, Berstlining-, Ge-webeschlauch-Relining-Verfahren. Die Baufirmen werden in Dortmund für die Gesamt-maßnahme beauftragt.Salzgitter In Salzgitter wurde für die flächenhafte Rehabilitationdes Wasserrohrnetzes die Zementmörtelauskleidungangewandt. Für die großflächigen Baulose wurden pau-schale Meterpreise einschließlich aller Vor- und Ne-benarbeiten mit dem Ausführungsbetrieb vereinbart[Manske, 2002].Die stark inkrustierten Rohre wurden mechanisch ge-reinigt und nachfolgend mit Zementmörtel ausgeklei-det.Die flächenhafte Sanierung wurde angewandt, weilnach Untersuchung festgestellt wurde, dass die kom-plette Sanierung kompletter Netzteile Vorteile gegenü-ber der punktuellen Schadensbehebung hat.Die Ausführungsfirmen sind gehalten, einen pauscha-len Meterpreis bezogen auf das gesamte Projekt zu kal-kulieren einschließlich der Erstellung einer Notversor-gung und der Tiefbauarbeiten.Kiel Im Stadtgebiet von Kiel besteht das Gasversorgungs-netz aus bis zu 60 Jahre alten Graugussleitungen. In densiebziger Jahren wurden diese Graugussleitungen durcheine Einzelmuffenverklebung, dem Le-Joint-In-tern-Verfahren, von innen nach vorheriger Rohrreini-gung abgedichtet. Auf Empfehlung des DVGW-Haupt-ausschusses (Gasverteilung-Rundschreiben G 6/90)wollen die Stadtwerke Kiel AG ihr Graugussnetz sanie-ren. Das Niederdruck-Gasversorgungsnetz wurde un-tersucht und in fünf Sanierungsgebiete aufgeteilt. EinGebiet hiervon liegt im Innenstadtbereich um denSchrevenpark. Dieses Sanierungsgebiet wurde mit derkostengünstigen Gewebeschlauchsanierung rehabili-tiert [Görlitz und Kock, 2001].Grundlage für die Ausführung und Qualitätskontrolleder Gasrohrsanierung nach dem Gewebeschlauch-Reli-ning bildet das DVGW-Arbeitsblatt G 478 [DVGW,1998b] neben der DVGW-Registrierung gemäß DIN30658, Teil 1 [DIN, 1998a], für das jeweilige Verfah-ren.Die Gesamtmaßnahme musste durch das Sanierungsun-ternehmen und ihr Nachunternehmen für die Tiefbau-leistungen erbracht werden. Sie bestand aus den nach-folgend genannten Teilleistungen.

3.3.4.2 Vorteile der flächenhaften Rehabilita-tion – Untersuchungsergebnisse Erfurt

In [Roscher, o.J.b] erfolgte in tabellarischer Form eineGegenüberstellung der Vor- und Nachteile der Rehabi-litation von Einzelstrecken und flächendeckende Reha-bilitation.Für Untersuchungen zur flächenhaften Rehabilitation[Roscher, o.J.b] wurden Teilgebiete mit Gründerzeitbe-bauung also mit rasterförmiger Straßenstruktur ausge-

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123

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

wählt. Ausgangspunkt war die Untersuchung der Mate-rial- und Altersstruktur. Parallel dazu wurden auchRohrproben aus Schadensfällen bzw. aus der Erneue-rungsmaßnahmen in der Schehrstraße (Stahlrohr 1930mit Juteummantelung) bzw. Friedrich-List-Str. (Grau-guss Verlegejahr 1900) materialtechnisch untersucht.ErgebnisseDie Ergebnisse der materialtechnischen Untersuchun-gen zeigten, dass diese Leitungen statisch positiv zu be-urteilen waren und eine Sanierung mit Zementmör-telauskleidung möglich gewesen wäre – die Leitungenwurden jedoch auf schadensstatistischer Grundlage inkonventioneller Bauweise bzw. im Berstliningverfah-ren erneuert.

Als Sanierungs- bzw. Erneuerungsverfahren wurden fürdie Untersuchungen zur flächendeckenden Rehabilita-tion ausgewählt:

• offener Rohrgraben zur Leitungserneuerung (kon-ventionelle Leitungserneuerung),

• Zementmörtelauskleidung,• Berstlining mit PE-Xa bzw. Duktilgussrohren,• Press-/Ziehverfahren (HYDROS),

mit welchen der Nennweitenbereich DN 80 bis DN 300(also der in Versorgungsnetzen vorzugsweise anzutref-fende) gut abgedeckt ist.

Tab. 3.26: Gegenüberstellung der Rehabilitation von Einzelstrecken und flächendeckender Rehabilitation nach den Kri-terien Netzzustand, Wasserverluste, Reparaturkosten [Roscher, o.J.b]

Untersucht wurden sowohl• Naturalkennwerte (Mengen, Flächen usw. für

Baugruben und Straßen) als auch• Kosten der Verfahren.

UntersuchungesergebnisseDie Untersuchungesergebnisse zeigten hinsichtlich derKosten, dass die konventionelle Rohrverlegung (Erneu-erung) erwartungsgemäß die höchsten Kosten verur-sacht), die Zementmörtelauskleidung das preisgüns-tigste Verfahren wäre, das Berstliningverfahrenzwischen beiden liegt, wobei die Rohrmaterialkosteneine untergeordnete Rolle spielen.Die geringsten Erd- und Straßenbauarbeiten erfordertdas Zementmörtelauskleidungsverfahren.

KostenbetrachtungWeiterhin zeigte sich der große Einfluss der Erneue-rung der Hausanschlüsse. Neben dem EinflussfaktorHausanschlussdichte (Anzahl der Hausanschlüsse/100m) zeigte sich, dass die Kosten je 100 m näher zusam-menrücken. Die Kostenbetrachtung ergibt die gleicheReihenfolge:

• Zementmörtelauskleidung,• Berstliningverfahren,• Konventionelle Bauweise und• Press-/Ziehverfahren (hydros).

Ergebnisse des Vergleichs zeigen die Abb. 3.57 bis Abb.3.60.

Rehabilitation von Einzelstrecken Flächendeckende Rehabilitation

Netzzustand Verbessert sich lediglich auf Einzelstreckendaraus resultiert inhomogene Rohrmaterialzu-sammensetzung und damitRohrwerkstoffe mit sehr unterschiedlichen EigenschaftenLeitungsstrecken mit schlechtem Zustand fal-len aus und werden ersetzt (keine Nutzung des Kostensenkungspotenzials durch Zement-mörtelauskleidung)

Rohrnetzzonen mit schlechtem Zustand werden zuerst re-habilitiert, wodurch einesystematische flächenhafte Verbesserung des Netzzustan-des erreicht wird (nach Möglichkeit in Fließrichtung des Wassers)schrittweiser Erneuerung (Umbau) des Rohrnetzes ent-sprechend den Anforderungen des 21. Jahrhunderts (Rohr-material, Hydranten, Absperrschieber, Hausanschlüsse)

Wasserverluste werden gesenkt durch Austausch der schlech-testen Rohrstreckendie Ursachen relativ kleiner, nicht messbarer Wasserverluste (z. B. undichte Stemm-Muf-fen, kleine Leckagen bei beginnender Loch-korrosion) werden nicht beseitigt

Zonen mit den höchsten Wasserverlusten können bestimmt und als Grundlage für die Festlegung der Reihenfolge der Rehabilitationsmaßnahmen verwendet werden durch neue verbesserte Rohrmaterialien tritt eine dauer-hafte Senkung der Wasserverluste ein Verwendung korrosionssicherer (herstellungsseitig ge-schützter) metallischer Werkstoffe bzw. von Kunststoff-rohren mit hoher Zeitstandsfestigkeit, wodurch in den rehabilitierten Netzzonen die Wasserverluste gegen Null tendieren

Reparaturkosten treten sporadisch aufderzeitige Vorzugstechnologie: Anlegen von Rohrschellen 1

Reparaturen in rehabilitierten Gebieten nur im Ausnahme-fall (z. B. Fremdeinwirkung bei Arbeiten an benachbarten Leitungen, Tiefbauwerken usw.)

1 Anm.: erschweren später Erneuerung mit HYDROS- oder Berstlining-Verfahren

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.57: Einzelstrecke (181 m) [Roscher, o.J.b]

Abb. 3.58: Referenzgebiet (3506 m) [Roscher, o.J.b]

Weiterhin sind die Betrachtungsebenen Wasserversor-gungsunternehmen, ausführender Betrieb und Abneh-mer/Kunden einzubeziehen (Abb. 3.61).

Abb. 3.59: Kostengegenüberstellung Tiefbauarbeiten und Oberflächenwiederherstellung [Roscher, o.J.b]

Abb. 3.60: Kostengegenüberstellung Einzelstrecke – Referenzgebiet [Roscher, o.J.b]

Abb. 3.61: Vorteile flächenhafter Rehabilitation von Wasserversorgungsunternehmen – ausführendem Betrieb – Kunden [Roscher, o.J.b]

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Flächenhafte Rehabilitation siehe auch Kap. 3.A Er-arbeitung einer Rehabilitationsstrategie für Druckrohr-leitungenZM-AuskleidungWeitere Synergieeffekte sind bei der Rehabilitationdurch die gezielte Auswahl von Sanierungsgebieten zuerzielen. Insbesondere der Einsatz des ZMA-Verfah-rens im Bereich alter GG-Rohre verspricht immer be-sondere Kostenvorteile. Vorteile durch direkte Kosten-einsparungen können entstehen u. a. durch dieVergrößerung der zu vergebenden Lose. Weit größersind aber die Vorteile einzuschätzen, die sich aus denverbesserten hydraulischen Eigenschaften, der Erhö-hung der Trinkwasserqualität und der deutlichen Nut-zungsverlängerung des GG-Rohres ergeben werden.Gerade der zuletzt genannte Vorteil wird bei der Be-stimmung der zukünftigen Rehabilitationsrate einenwesentlichen Einfluss haben. Auch wenn der saniertenLeitung nicht die Langlebigkeit einer Neuleitung zuer-kannt werden kann, spricht der Kosten/Nutzen-Faktordeutlich für die ZM-Auskleidung. Kann eine Verlänge-rung der Nutzungszeit von 50 Jahren für den Netzab-schnitt erreicht werden, dann ist der Ersatz des Verfah-rens zu bedenken. Die Entscheidung, prophylaktischältere Netzabschnitte zu sanieren, ist dann immer rich-tig und führt ebenfalls zu der erwünschten Erhöhungdes Abnutzungsvorrates. Wenn 30 % der zur Verfü-gung stehendenden Mittel für die Sanierung eingesetztwerden, dann erhöht sich die gesamte Rehabilitations-leistung (in km) um ca. 35–40 %. Die folgende Abb.3.62 zeigt ein Schwerpunktgebiet für die flächige Reha-bilitation. Die einzelnen Rehabilitationsabschnitte sindfarblich (sichtbar in digitaler Textfassung) nach demoptimalen Rehabilitationsjahr eingefärbt. Die Ab-schnitte eines Gebietes können mit einem „Lasso“ aus-geschnitten und über mehrere Filter geführt werden. Sowird es in wenigen Schritten möglich, für ein bestimm-tes Gebiet die Längen, die Aufwendungen, die Rehabi-

litationsverfahren, die Einsparungen u. a. zu bestim-men.Und ebenso einfach lassen sich diverse Listen erzeu-gen. In der Liste der Abb. 3.62 sind die Netzabschnittenach dem Bewertungsverfahren des DVGW sortiert. Esist aber auch möglich, diese nach dem optimalen Reha-bilitationszeitpunkt, nach der Amortisationsdauer, nachOrten usw. zu erzeugen.Schließlich lassen sich alle geforderten Statistiken desDVGW bequem abrufen.

Abb. 3.62: Darstellung eines Sanierungsgebiets mit OPT-NET/STANET

Tab. 3.27: Liste der empfohlenen Rehabilitationsmaßnahmen (Auszug) im Ort Bad Delingen, (Globus Wasser AG)

Straße Nr.Nenn-weite. Material

Länge [m]

Bau-jahr Schäden

Reha- Jahr

Rep.-Kosten im Jahr [€]

Rep.-Kosten, Summe [€]

Inv.-Auf-wand [€] Barwert [€]

Kapital-dienst [€]

Ort: Bad Delingen

119 0400000774064 80 Stahl 45,1 1930 2 2002 390 0 8.073 8.073 466

161 0400006144081 100 Stahl 297,3 1935 4 2007 1.526 6.834 53.811 41.173 2.376

243 0400006164011 80 Stahl 86 1935 5 2002 1.386 0 14.104 14.104 814

206 0400001704070 80 Stahl 37,5 1930 2 2002 504 0 6.263 6.263 361

204 0400001774071 100 Grau-guss 215,3 1935 5 2003 1.576 1.576 36.170 34.285 1.978

335 0400006194010 125 Stahl 153,8 1935 2 2007 549 2.457 19.686 15.063 869

335 0400006194178 125 Stahl 127,7 1935 9 2002 3.604 0 27.072 27.072 1.562

335 0400006194177 125 Stahl 135,5 1935 8 2002 3.605 0 28.862 28.862 1.665

335 0400006194016 125 Stahl 242 1935 7 2002 3.350 0 35.090 35.090 2.025

309 0400002514096 100 Grau-guss 243,2 1930 3 2008 1.125 5.890 50.099 36.334 2.096

477 0400003054005 100 AZ/ FZ 333,6 1905 8 2002 2.939 0 38.364 38.364 2.214

00 0400006124043 150 Stahl 39,6 1930 2 2002 495 0 8.316 8.316 480

00 0400006124045 150 Stahl 115,5 1930 4 2002 1.360 0 24.602 24.602 1.420

09 0400000114092 150 Grau-guss 238 1930 2 2012 776 6.149 49.028 28.702 1.656

Σ: Ort: Bad Delingen 2310,1 63 23.185 22.906 399.540 346.303 19.982

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

126

3.3.5 Effektivität von Instandhaltungsmaß-nahmen

Die Wasserverteilung hat die Aufgabe, eine zuverläs-sige Versorgung der Kunden mit Wasser nach Menge,Druck und Qualität zu gewährleisten. Um diese Be-triebsbedingungen zu erhalten, müssen Instandhal-tungsmaßnahmen mit Inspektion, Wartung, Instandset-zung und Erneuerungsmaßnahmen kontinuierlichdurchgeführt werden (siehe Abb. 3.63).Die Instandhaltung ist darauf ausgerichtet, Anlagen ineinem definierten Sollzustand zu erhalten oder ggf. zuverbessern. Ziel der Instandhaltung ist es nach [Hirner,1997]:

• eine hohe Versorgungsqualität und Kundenzufrie-denheit zu gewährleisten,

• eine hohe Nutzungsdauer und Substanzerhaltung der Anlagen zu sichern,

• die Betriebs und Instandhaltungsaufgaben mit ho-her Effizienz hinsichtlich Aufwand, und Kosten auszuführen.

Effektivität und EffizienzDafür ist ein vollständiges Berichts- und Informations-system erforderlich, über das Hirner Angaben machtund welches von der IWA (International Water Asso-

ciation) in [Allerge et al., 2000] ausführlich dargestelltwurde.Der Erfolg des Unternehmens ist davon abhängig, wieeffektiv und effizient die Maßnahmen durchgeführtwerden (nach Hirner ist Effektivität ein Maß der Zieler-füllung, Effizienz ein Maß für die Nutzung meist knap-per, im Prozess eingesetzter Ressourcen wie Umwelt,Energie, Wasser, Personal- und Kapitalaufwand).InstandhaltungDie Instandhaltung ist darauf gerichtet den ursprüngli-chen Gebrauchswert von Anlagen während einer lan-gen Nutzungsdauer zu erhalten, wiederherzustellenoder zu verbessern – also den definierten Sollzustandzu erhalten oder zu verbessern.Einflussfaktoren Betrieb und InstandhaltungAuf den Betriebs- und Instandhaltungsaufwand wirkenexterne und interne Einflussgrößen, welche beeinfluss-bar bzw. wenig beeinflussbar sind (Abb. 3.64).Aufgaben der InstandhaltungDie Instandhaltung ist darauf ausgerichtet, Anlagen ineinem definierten Sollzustand zu erhalten oder ggf. zuverbessern. Instandhaltung umfasst alle Tätigkeiten diedarauf ausgerichtet sind, den ursprünglichen Ge-brauchswert von Anlagen während ihrer langen Nut-zungsdauer zu erhalten. Abb. 3.65 zeigt die Aufgabender Instandhaltung mit Unterteilung nach Haupt- undTeilaufgaben.

Abb. 3.63: Betriebs- und Instandhaltungsaufgaben in der Wasserverteilung mit zugeordneten Teilaufgaben [Hirner, 1997]

Abb. 3.64: Externe und interne Einflussfaktoren auf Betriebs- und Instandhaltungsaufgaben in der Wasserverteilung [Hir-ner, 1997]

Betrieb und Instandhaltungsaufgaben

Betrieb Instandhaltung

Wartung ReparaturSanieren,Erneuern

InspektionBetreiben,Steuern,Regeln

Dokumen-tation

Qualitäts-kontrolle

Entstörungs-u. Bereit-schafts-dienste

BetrieblicheEinrichtung,Maßnahmen

der ursprünglichenGebrauchseigenschaften

Gewährleistung derordnungsgemäßen Versorgung

Festlegenvon

AbweichungenErhalten

Wiederher-stellen

Verbessern,Modernisieren

Versorgungs-struktur

Anlagen-struktur

Aufbau- undAblauforganisation

ZielwerteQualitätsvorgaben

Mitarbeiter –Qualifikation u.

Motivation

Anlagen-struktur

Aufbau- undAblauforganisation

ZielwerteQualitätsvorgaben

Interne Einflüsse Externe Einflüsse

Aufwand

Betrieb und

Instandhaltung

Von WVU:

wenig beeinflussbar

stark beeinflussbar

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.65: Aufgaben der Instandhaltung mit Unterteilung nach Haupt- und Teilaufgaben [Hirner, 1997]

KennzahlenDie Effektivität ist messbar durch Kennzahlen, wie sieTab. 3.28 zeigt. Neben der Schadensrate von Leitungen,Armaturen, Hydranten und Wasserverlusten sind inTab. 3.28 Versorgungsunterbrechungen in Jahresstun-den und betroffene Einwohnerzahl enthalten. Außer-dem spielt die Trinkwasserqualität nach Trinkwasser-verordnung eine Rolle.

Tab. 3.28: Kennzahlen Anlagenbetrieb und Versorgungs-qualität der Wasserverteilung [Hirner, 1997]

EntstandhaltungsmanagementDas qualitäts- und ergebnisorientierte Instandhaltungs-management kann die Versorgungsqualität verbessernund Kosten senken. Damit können Ziele festgelegt undtechnisch-wirtschaftliche Ergebnisse bewertet werden.Kennzahlen Anlagenbetrieb, VersorgungsqualitätWeitere Kennzahlen können nach [Hirner, 1997] zuPersonal und Produktivität sowie zur Wirtschaftlichkeitangegeben werden.

3.4 Rehabilitationsverfahren3.4.1 Zur Entwicklung der Rehabilitations-

verfahrenDie heute angewendeten Sanierungs- und Erneuerungs-verfahren für Wasserrohrleitungen wurden in den letz-ten 40 Jahren entwickelt; das Zementmörtelausklei-dungsverfahren wurde 1958 erstmalig in Hamburg fürdie Sanierung einer Gussleitung von 1892 eingesetzt.Das anfänglich verwendete Zementmörtelverdrän-gungsverfahren (welches bereits früher als in Deutsch-land auch in anderen Ländern eingesetzt wurde) wurdenach 1970 durch das Ausschleuderverfahren für dieNennweiten 80 bis 200 abgelöst.ZementmörtelauspressverfahrenIn der DDR wurden ca. 2000 km Rohrleitungen mitdem Zementmörtelauspressverfahren saniert (auch Re-liningverfahren mit PE-Rohrleitungen). Dabei wurdenach Rohrreinigung in die zu sanierende Leitungsstre-cke ein Schalungsschlauch mit einem Abstandhalter-netz eingezogen, um eine zentrische Lage des Scha-lungsschlauches zu gewährleisten. Danach wurde derSchalungsschlauch aufgepumpt und in den Ringspaltder Zementmörtel gepresst.Nach einer Aushärtungszeit von ca. 15 bis 25 Stunden(Sommer/Winter) wurde der Schalungsschlauch gezo-gen und für den nächsten Einsatz vorbereitet. Trotz derAbstandhalter wurde nicht immer eine gleichmäßigeSchichtdicke erreicht, so dass an Stellen mit zu geringerZementmörtelstärke Schäden auftreten können. Saniertwurde Rohrleitungen im Nennweitenbereich von DN80 bis DN 300.

Instandhaltung

Rehabilitation

Instandsetzung

Wartung

Inspektion

Modernisierungsmaßn.

Erneuern Leitungen

Erneuern HA‘s

ZM-Sanierung Leitungen

Leitungen

Armaturen

Hydranten

Schächte, Kappen

Spülen, Reinigen

Lecksuche

Mess-, Regel-, Förderanl.

Kath. Korrosionsschutz

Hydranten

Leitungen

Stationen

Nr. Kennzahl Anlagenbe-trieb

Ausgangsgrößen

1.1 Schadensrate Leitun-gen in Sch/100 km mit Aufteilung nach Lei-tungsmaterial und Lei-tungsdurchmesser

1.2 Schadensrate Armatu-ren in Sch/1000 Arm.

1.3 Schadensrate Hydran-ten in Sch/1000 Hydr.

1.4 Bruttoverluste in % der Netzeinspeisung

1.5 Netzverluste in m3/km und h

1.6 Reklamationsrate Kun-den in Rekl./100 km (begründete Reklama-tionen)

1.7 Inspektionsrate Leitun-gen in % je Jahr

1.8 Inspektionsrate Hy-dranten in % je Jahr

1.9 Versorgungsunterbre-chungen (>8h, >5% versorgte Einwohner) in % je Jahr

1.10 Trinkwasserqualität Parameter nach TWVO1.11 Qualitätsrate in % je

Jahr

1.12 spez. Energiever-brauch Netz

Anzahl Schäden LeitungenLänge Versorgungsleitungen--------------------------------------------------------------------- 100⋅

Anzahl Schäden ArmaturenAnzahl Armaturen

------------------------------------------------------------------ 1000⋅

Anzahl Schäden HydrantenAnzahl Hydranten

------------------------------------------------------------------ 1000⋅

abgerechnete WassermengeNetzeinspeisung

------------------------------------------------------------------ 100⋅

NetzverlusteLänge Versorgungsleitungen--------------------------------------------------------------------- 8760⋅

Anzahl ReklamationenLänge Versorgungsleitungen--------------------------------------------------------------------- 100⋅

Inspizierte LeitungenLänge Versorgungsleitungen--------------------------------------------------------------------- 100⋅

Inspizierte HydrantenAnzahl Hydranten

---------------------------------------------------- 100⋅

Anzahl UnterbrechungenJahresstunden

------------------------------------------------------------ 100⋅

Anzahl Analysen positivAnzah Analysen

----------------------------------------------------------- 100⋅

EnergieverbrauchNetzeinspeisung------------------------------------------

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

128

Abb. 3.66 zeigt das Technologieschema mit Anpressan-hänger (1), den Schalungsschlauch (8) und weitere Ein-zelheiten [Böhm, 1989].

Abb. 3.66: Zementmörtelauspressverfahren – Technolo-gieschema mit Anpressanhänger (1), den Schalungsschlauch (8)

Zu diesen zunächst angewendeten Verfahren, kamen inden letzten Jahren Relining-Verfahren mit Kunststoff-,Guss- und Stahlrohrleitungen (in den 80er Jahren dasEinziehen von Kunststoffrohrleitungen in Altrohre und

in den 90er Jahren Guss- und Stahlrohre in Altrohre)sowie grabenlose Bauweisen (grabenlose Verlegetech-nik) zur Erneuerung von stark geschädigten Altrohrlei-tungen hinzu (Mitte der 80er Jahre Berstlining, nach1990 Press-/Ziehverfahren).Für die Zementmörtelauskleidung und das Gewebe-schlauch-Relining ist eine ausreichende statische Si-cherheit erforderlich, Korrosionsschäden können in be-grenztem Umfang vorhanden sein (siehe dazu Kap.3.2.5 Beurteilung des Zustandes liegender Rohrleitun-gen).Reinigung der AltrohreDie Reinigung der Altrohre muss beim Gewebe-schlauch-Relining mit einem hohen Reinheitsgrad er-folgen, beim Zementmörtelausschleuderverfahren ge-nügt die Reinigung mit Kratzern und Gummischeibenzur Entfernung und zum Abtransport der Inkrustations-produkte aus der zu sanierenden Rohrleitung.Bei den weiteren genannten Verfahren wird die Trasseder Altrohrleitung genutzt, der Verschleiß der Rohrlei-tungen (Restwandstärke, Korrosionsschäden) kann sehrhoch sein. Die Reinigung der Altrohrleitungen ist in un-terschiedlichem Maße erforderlich bzw. entfällt (Berst-lining und Press-/Ziehverfahren).Die Sanierungs- und Erneuerungsverfahren lassen sichgemäß Abb. 3.67 einteilen.

Abb. 3.67: Einteilung der Sanierungs- und Erneuerungsverfahren

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.68: Entwicklung der Rehabilitationsverfahren

3.4.2 Reparatur – sofortige Beseitigung von Rohrschäden

Die sofortige Beseitigung von Schäden (mit Wasser-austritt) gehört nicht zur Rehabilitation von Wasser-rohrnetzen, sondern ist Teil der Instandsetzung unddient als nicht planbare Maßnahme der Wiederherstel-lung des Betriebszustandes.Da die Vorbereitung der Sanierung und Erneuerungvon Leitungsstrecken einer entsprechenden Vorplanungund -koordinierung bedarf und Zeit erfordert, kommtder Schadensbeseitigung nach wie vor eine entspre-chende Bedeutung zu, um Folgeschäden und Wasser-verluste in Grenzen zu halten.Bei Schäden an Rohrleitungen, welche aufgrund vonVersorgungsstörungen und Folgeschäden an Verkehrs-flächen (Unterspülungen, Setzungen) sofort behobenwerden müssen, können folgende Verfahren eingesetztwerden:

• Abdichten von örtlich begrenzten Schäden mit Rohrbruchschellen,

• Teilerneuerung eines Rohrleitungsabschnittes mit einem Teilstück oder

• Tausch eines ganzen Rohres.WasseraustrittHäufig erfolgt der Wasseraustritt unter dichten Straßen-decken (Asphalt oder Beton) an Armaturen und nichtunmittelbar an der Schadensstelle, weil das Wasser dortam leichtesten die Straßendecke durchdringen kann.Die genannten Verfahren erfordern nach Absperrungder Leitungsstrecke an Netzknotenpunkten und Ver-kehrssicherung:

• den Straßenaufbruch,• den Erdstoffaushub,• die Wasserhaltung,• die Ausführung der Reparaturmaßnahme,• den Erdstoffeinbau und -verdichtung,• den Straßendeckenschluss,• die Wiederinbetriebnahme.

Abdichten mit RohrbruchschellenSchadensstellen mit Korrosionsschäden (Lochschädenan Stahl- bzw. Graugussleitungen) können zwischen-zeitlich mit Rohrbruchschellen, d. h. bis zur Sanierungoder Erneuerung der Leitungsstrecke, abgedichtet wer-den.

Tab. 3.29: Möglichkeiten der Rohrschadensbehebung DN 80 bis DN 500 ([Böhm, 1989], S. 80)

Schadensstellen mit Bruchschäden (Querriss, Längs-riss, Schalenbruch) verursachen wesentlich größereWasserverluste – siehe dazu Tab. 3.20 – so dass die Be-hebung der Schäden aufgrund von Folgeschäden mög-lichst schnell erfolgen muss.Während bei Querrissen kleiner Nennweiten vielfachnoch eine Reparatur mit Rohrschellen erfolgen kann,sind bei Längsrissen in der Regel Rohrstücke herauszu-schneiden und Teilstücke mit Hilfe von Kupplungeneinzusetzen.Bei größeren Schäden – große Längsrisse – empfiehltsich der Austausch eines ganzen Rohres.Der Austausch eines Rohres oder Rohrstückes ist beiAZ-, PE- oder PVC auch bei Quer- oder Längsrissenanzuwenden.Undichte oder nicht mehr gangbare Absperrschieberund Hydranten sowie Hausanschlussgarnituren sindgrundsätzlich auszutauschen.Im Gegensatz zu den Baugruben bei planmäßigen Sa-nierungs- oder Erneuerungsmaßnahmen ist der Bereichder Baugruben bei Schäden an Rohrleitungen und Ar-maturen durch den Wasseraustritt durchnässt und eineBodenabfuhr des nassen Bodens erforderlich. Verdich-tungsfähiger Boden ist anzufahren und lagenweise beigleichzeitiger Verdichtung einzubauen.

1950 1960 1970 1980 1990 2000 Zementmörtelausklei-dungsverfahren

1958 Dortmund

PE-Reliningsverfahren Rolldown Swagelining

England England

1987 1987

Berstlining Pipe cracking

Deutschland

1985

Press-/Ziehverfahren Hydros

Duktilguss und Stahlrohrrelining

Berliner Hilfsrohrverfahren

Rohr-werkstoff Schadensart Möglichkeit ErsatzteileSt Lochkorrosion,

FlächenkorrosionRohrbruch-stelle setzen Teilerneuerung

Rohrbruchstelle, Passrohr mit Über-schiebern oder Schweißverbin-dungen

GG und GGG

Lochkorrosion, Schalenbruch, Längsriss, Quer-riss

Rohrbruch-stelle setzen Teilerneuerung

Rohrbruchstelle, Passrohr und Überschieber

AZ Schalenbruch, Quer- und Längs-riss

Tausch eines ganzen Rohres

AZ-Rohr mit be-sonderen Kupplun-gen

PE Quer- und Längs-riss

Teilerneuerung Passrohr mit ge-eigneten Rohrver-bindern

PVC Quer- und Längs-riss

Teilerneuerung Passrohr mit Über-schiebern

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Die Straßenwiederherstellung ist mit entsprechenderSorgfalt durchzuführen, insbesondere können späterProbleme bei alten Straßen mit nur einer Tragschicht(Packlage, Schotter) auftreten. Risse an den Rändernder Baugruben sind durch den unterschiedlichen Auf-bau der Straßendecken im Bereich der Schadensstelleund im ungestörten Bereich der Straße zu erwarten. DieBauweise im Bereich der Baugrube ist daher möglichstder Bauweise der ungestörten Straßendecke anzupas-sen.Beheben von Rohrschäden an Leitungen von DN 80bis DN 500 (siehe auch Kap. 1.2.6 Wiederherstellungvon Straßen und Vermeidung von Folgeschäden durchBaugruben bzw. Baugräben bei konventioneller Verle-gung von Rohrleitungen sowie Abb. 3.48 und Abb.3.49)Rohrschäden können beseitigt werden durch

• Abdichten eines örtlich begrenzten Schadens mit Rohrbruchschelle oder

• Teilerneuerung eines schadhaften Leitungsab-schnittes

Ersatzteile für die Rohrschadensbeseitigung sind• Rohrbruchschellen,• Überschieber und• Rohrverbinder.

a) Teilauswechslung mit 2/2 U-Stückenb) Teilauswechslung mit U-Stück und Flanschver-

bindung c) Teilauswechslung mit U-Stück und Stemmuf-

fenverbindungAbb. 3.69: Passrohr Überschieber nach [Böhm, 1989]

3.4.3 Vorbereitung der Rehabilitationsmaß-nahmen

3.4.3.1 BauablaufTeilschritte der Rehabilitation

Allgemein kann die Rehabilitation nach folgenden Teil-schritten erfolgen, wobei diese verfahrensabhängigsind.Teilschritte der Sanierung bzw. Erneuerung

• Baustellensicherung in Abhängigkeit vom Sanie-rungs- bzw. Erneuerungsverfahren (Absperrun-gen, Fußgängerüberwege, Umleitungen usw.),

• Verlegen einer Ersatzversorgungsleitung,• Außerbetriebnahme der Sanierungs- bzw. Erneue-

rungsstrecke,• Öffnen der Baugruben (Straßendecke, Aushub und

Verbau),• Trennen der Rohrleitung und Ausbau der Armatu-

ren,• Rohrreinigung (siehe oben bei Sanierung, ggf.

auch bei Erneuerung),• Sanierung bzw. Erneuerung einschließlich An-

schluss der Hausanschlussleitungen,• Spülen der Sanierungs- bzw. Erneuerungsstrecke,• Inbetriebnahme der Sanierungs- bzw. Erneue-

rungsstrecke,• Schließen der Baugruben.

Grundlage für die Arbeiten sind Bestandskarten, wel-che folgende Angaben enthalten müssen:

• Versorgungsleitungen (DN, Rohrmaterial, Verle-gejahr, evtl. Korrosionsschutz),

• Hausanschlussleitungen,• Armaturen (Absperrschieber, Hydranten, Hausan-

schlüsse).VorgehensweiseBei unvollständigen Bestandskarten (Lage, Tiefenlageusw.) sind Suchschachtungen durchzuführen, um beider Baudurchführung benachbarte Leitungen nicht zugefährden. In Bestandskarten sollten möglichst voran-gegangene Reparaturmaßnahmen (Reparaturschellen,Kupplungen usw.) eingetragen worden sein, um nichterst bei der Baudurchführung (Berstlining undPress-/Ziehverfahren) auf Hindernisse zu stoßen.

3.4.3.2 Sicherung von Baustellen auf öffentli-chen Grundstücken

Baustellen im öffentlichen Gelände sind nach• dem Straßenverkehrsrecht (Richtlinien für die Si-

cherung von Arbeitstellen an Straßen – RSA) so-wie

• den Regeln des Rohrleitungsbaus (zu unterschei-den Rohrgräben und Baugruben)

zu sichern.VerkehrssicherungFür die Verkehrssicherung sind erforderlich

• Verkehrszeichen (StVO §§ 39 bis 42),• Verkehrseinrichtungen (StVO § 43) und• Schutzeinrichtungen.

Zu den Schutzeinrichtungen gehören Schutzzäune,Schutzwände, Absturzsicherungen usw. Bei Rohrgräbenund Baugruben ist auf Arbeitsraumbreiten (zeitweiligerArbeitsplatz!), den Verbau, Leitern usw. zu achten.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Zu beachten: EN-Neuregelungen Neufassung DIN4124

Als weiterführende Literatur wird empfohlen: [Köhler,1997].

Abb. 3.70: Baustellensicherung (Köhler)

3.4.3.3 Ersatzversorgung nach W 394Störungen am Wasserversorgungsnetz sind nach derAVBWasserV § 5 Abs. 2 unverzüglich zu beheben.Demzufolge sind auch die mit der Sanierung oder Lei-tungserneuerung verbundenen Versorgungsunterbre-chungen möglichst kurz zu halten und für die betroffe-nen Abnehmer für die Zeit der ArbeitenErsatzversorgungen einzurichten.Grundsätze der ErsatzversorgungAls Ersatzversorgung ist die vorübergehende Wasser-versorgung von Kunden während einer Unterbrechungim Trinkwassernetz mit Hilfe eines Ersatzsystems zuverstehen. Folgende Grundsätze sind bei der Einrich-tung eines Ersatzsystems zu beachten :

• der Wasserbedarf sollte ohne wesentliche Ein-schränkungen der Kunden gedeckt werden kön-nen,

• die Löschwasserversorgung muss gewährleistet werden (W 405 [DVGW, 1978]),

• Rohre und Rohrleitungsteile müssen der KTW-Richtlinie entsprechen,

• im Winter ist das Einfrieren der Systeme zu ver-hindern, im Sommer die zu starke Erwärmung zu vermeiden,

• Ersatzversorgungen sind nach Beendigung der Ar-beiten kurzfristig außer Betrieb zu nehmen und vom Rohrnetz zu trennen und

• nach Abbau die fachgerechte Lagerung der Anla-genteile zu gewährleisten.

Material der ErsatzversorgungZum Einsatz kommen für ErsatzversorgungenPE-Rohre mit Klemmverbinder bzw. metallischeSchnellkupplungsrohre, für größere Nennweiten kön-nen auch Stahlrohre oder duktile Gussrohre mit lösba-ren schubgesicherten Verbindungen eingesetzt werden.Die Verlegung erfolgt:

• im Regelfall über Gelände (Straßenkreuzung mit Schlauchbrücke oder Schlitzung),

• entlang von Hauswänden, Gartenzäunen und auf der Straße entlang der Bordsteinkante,

• Fahrverkehr, Fußgänger und Radfahrer sollen nicht gefährdet werden,

• Abdeckungen, Warntafeln und/oder Verkehrsab-sperrungen sind vorzusehen,

• Armaturen dürfen nur durch Schlüssel und Be-fugte bedienbar sein,

• gegen Lageänderungen sind besondere Verkehrsi-cherungen vorzusehen.

Die Verbindung der Ersatzversorgung mit der vorhan-denen Anlage erfolgt:

• in der Regel über einen Hydranten, der von der Baumaßnahme nicht betroffen ist,

• durch Einbindung der Ersatzanschlussleitung in die vorhandene Anschlussleitung,

• unter Beachtung der Einbruchssicherung von Kel-lerfenstern, Hauseingängen usw.

DesinfektionDie Ersatzleitungen sind entsprechend W 291 [DVGW,2000e] zu desinfizieren; bei langen durchflossenen Lei-tungen sind Überprüfungen auf Keimfreiheit und Lei-tungsspülungen durchzuführen. In der kalten Jahreszeitund an heißen Tagen sind die Anlagen durch Ableitenvon Teilmengen vor dem Einfrieren oder zu starker Er-wärmung zu schützen.Weiterhin sind folgende Vorschriften zu beachten:

• W 270 [DVGW, 1999d] Vermehrung von Mikro-organismen auf Werkstoffen für den Trinkwasser-bereich,

• W 291 [DVGW, 2000e] Reinigung und Desinfek-tion von Wasserverteilungsanlagen,

• KTW-Empfehlungen: Bundesgesundheitsamt (Hrsg.): Gesundheitliche Beurteilung von Kunst-stoffen und anderen nichtmetallischen Werkstof-fen im Rahmen des Lebensmittel- und Bedarfsge-genständegesetzes für den Trinkwasserbereich.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.71: Beispiel einer Ersatzversorgung mit unmittelbarer Anbindung an eine Versorgungsleitung (W 394 [DVGW, 1991a])

Abb. 3.72: Erfurt Baustellensicherung und Ersatzversorgung – Beispiele a) b) c) Verkehrssicherung d) e) f) Ersatzversor-gung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.4.3.4 Rohrreinigung in Abhängigkeit vom Sanierungsverfahren

Verfahrensbedingte AnforderungenDie Sanierung von erdverlegten Rohrleitungen setzt inder Regel eine Reinigung voraus, welche vom gewähl-ten Sanierungsverfahren abhängig ist.RohrreinigungsverfahrenDie Rohrreinigung kann aber auch bei Erneuerungsver-fahren erforderlich werden, wenn ein Zug-Gestänge fürnachfolgende Arbeiten eingebracht werden muss oderVideoaufzeichnungen zur Zustandsermittlung vonRohrleitungen durchgeführt werden sollen (Entschei-dung über Sanierung oder Erneuerung).Rohrreinigungen können mit folgenden Verfahrendurchgeführt werden:

• Mechanische Rohrreinigung,• hydraulische Reinigung,• Wasserhochdruckverfahren,• Wasserhöchstdruckverfahren mit Wasserfräse.

Während beim Gewebeschlauch-Relining eine metal-lisch reine und trockene Oberfläche zur vollständigenVerklebung von Gewebeschlauch und Rohrwandungnotwendig ist, genügt bei anderen Verfahren wie derZementmörtelkleidung und den Reliningverfahren diemechanische Reinigung mit Kratzern und Gummischei-ben.Bei besonderen Ablagerungen, Beschichtungen oderVorhandensein von Korrosionsprodukten kann eineWasserhöchstdruckreinigung erforderlich werden.Für die Reinigungsarbeiten werden die jeweiligen Lei-tungsstrecken außer Betrieb genommen. Die Lage undder Abstand der zu erstellenden Baugruben ist abhängigvon den angewandten Reinigungs- und Sanierungsver-fahren. Die Abstände in städtischen Versorgungsnetzenwerden in der Regel durch vorhandene und auszubau-ende Schieber, Klappen und Abzweige bestimmt.Die Knotenpunktsabstände städtischer Straßen derGründerzeitbebauung betragen 110–140 m und entspre-chen damit den verfahrensbedingten Streckenabschnit-ten der Sanierung bzw. Erneuerung.

Verfahren der RohrreinigungMechanische ReinigungDie mechanische Reinigung wird für die DimensionenDN 80 bis DN 1200 angewendet. Kratzer oder Bürstenmit Winden, welche durch die Rohrleitungen gezogenwerden, lösen Inkrustierungen und Ablagerungen. Dasabgetragene Material wird durch Gummischeiben ausden Rohren gefördert, aufgefangen und abtransportiert.Stärke und Festigkeit der Inkrustationen bedingen dieWahl der Reinigungsgeräte und die Anzahl der erfor-derlichen Reinigungszüge. Die Führung der Stahlseilesoll eine Beschädigung der Rohrleitung vermeiden.Bei diesem Verfahren werden Streckenlängen von biszu 600 m erreicht. Bei begehbaren Rohrquerschnittenkönnen Krümmer, Abzweige, Formteile und kurzeRohrabschnitte von Hand gereinigt werden.Hydraulische ReinigungDie hydraulische Reinigung wird normalerweise nurbei langen (> 800 m), geraden Teilstücken gleichen

Durchmessers und geeigneter Entsorgungsmöglichkeitfür das anfallende Spülwasser angewendet. Dabei wer-den Molche, die auch mit Bürsten oder Kratzern verse-hen sein können, mit Wasserdruck durch die Leitunggedrückt. Diese hydraulischen Molche gibt es in vielenVarianten und Formen, aber aufgrund der großen Spül-wassermengen wird dieses Verfahren im Rahmen derSanierung von Trinkwasserleitungen nur bei kleinenRohrnennweiten und großen Streckenlängen angewen-det.WasserhochdruckreinigungDie Hochdruckreinigung kann bei Rohrleitungen in al-len Nennweiten mit leicht zu lösenden Inkrustierungenangewandt werden. Dabei wird Wasser mittels einerHochdruckpumpe über einen Schlauch zu der zentrier-ten Hochdruckdüse mit bis zu 180 bar gefördert. Nebender Hochdruckdüse können auch durch den Wasser-druck angetriebene, rotierende Rohrfräsen und Ketten-schleudern eingesetzt werden. Der Wasserdruck wirdentsprechend der Art und Festigkeit der Inkrustationeneingestellt. Die gelösten Inkrustationen werden überRückstrahldüsen aus der Rohrleitung in die Baugrubegefördert. Für diesen Rückspüleffekt ist eine Wasser-menge von 100 bis ca. 400 l/min in Abhängigkeit vomRohrdurchmesser notwendig.WasserhöchstdruckverfahrenDas Einsatzgebiet dieses Reinigungsverfahrens umfasstRohrleitungen mit den Nennweiten DN 80 bis DN 2000und größer vor allem mit schwer zu lösenden Inkrusta-tionen und Beschichtungen. Es können Streckenlängenvon über 100 m mit Drücken bis zu 2000 bar und gerin-gen Wassermengen gereinigt werden.Das Wasserhöchstdruckverfahren wird bei Sanierungs-verfahren angewandt, welche einen hohen Reinungs-grad erfordern, um z. B. die ordnungsgemäße Verkle-bung der Inliner an der Rohrwandung zu gewährleisten(Gewebeschlauchverfahren).WasserfräseEine Variante der Wasserhöchstdruckreinigung ist dieWasserfräse. Sie besteht aus einer Drehdurchführungmit auswechselbaren Rotationsfräsköpfen für DN 80bis DN 1000. Diese wird über einen Presswassererzeu-ger mit bis zu 2500 bar angetrieben, wobei an der Düseeine Wassertemperatur von 50 bis 70°C erreicht wird.Die zu reinigende Rohrleitung wird zweimal durchfah-ren. Das abgetragene Material und das Schmutzwasserwird in Richtung „Schwarzseite“ aus dem Rohr trans-portiert, in der anderen Richtung, der „Weißseite“, wirddas Rohr durch den Luftstrom getrocknet.Das Verfahren kann an die zu erreichende Zielstellung(Reinigungsgrad) angepasst werden durch:

• die Regulierung der Motordrehzahl zum Pumpen-antrieb,

• den Abstand der Düsen zur zu reinigenden Fläche,• die Anzahl der Düsen,• die Veränderung der Drehgeschwindigkeit durch

Verstellen der Düsenwinkel zu der zu reinigenden Fläche,

• die Änderung der Verweildauer bzw. des Vorschu-bes der Rotationsfräse.

Anfangs wird das Wasser einem Hydranten entnommenund dem Vorlaufbecken zugeführt, von dort wird dasWasser durch die Hochdruckpumpe in das zu reini-

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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gende Rohr gepresst Das Schmutzwasser gelangt in denSchmutzwasserbehälter, wird aufbereitet und zum Vor-laufbecken zurückgeführt.Der entstehende Wasserdampf wird dem Adsorber zu-geführt und in einen Luftstrom- und einen Kondensat-strom getrennt. Das Kondensat wird ebenfalls in derWasseraufbereitungsanlage aufbereitet und wieder ver-wendet.Der Trocknungsprozess wird beim Herausfahren durchden Schleusenmolch beschleunigt, da durch diesen derfreie Querschnitt verringert und damit die Strömungs-geschwindigkeit erhöht wird. Das gereinigte Rohr kannnachfolgend mit einer Kamera hinsichtlich seines Zu-standes geprüft werden.Für die Anwendung des Verfahrens ist die Rohrleitungin Abschnitte aufzuteilen und in den Start- und Zielgru-ben jeweils ein 1 m langes Rohrstück herauszutrennen(entspricht in bebauten Stadtgebieten der Gründerzeitetwa dem Abstand der Straßenkreuzungen von 110 bis140 m und damit den Abständen der Schiebergruppen).Die Baugruben von 2 bis 5 m Länge und der vomDurchmesser der Leitung abhängigen Breite werdenzur Sicherheit mit Folie ausgekleidet. Das Auffangge-fäß für das Schmutzwasser wird unterhalb der Rohr-sohle angeordnet, das Schmutzwasser von dort zurWasseraufbereitungsanlage gepumpt.Nach Abschluss der Reinigungsarbeiten wird das gerei-nigte Wasser der Schmutzwasserkanalisation zugeführt.Der Feststoffschlamm (Inkrustationsprodukte, Restedes werkseitigen Korrosionsschutzes aus Bitumen oderAsphalt) muss gesondert entsorgt werden.

3.4.3.5 TV-Inspektion und vermessungstech-nische Arbeiten

TV-Inspektion und VideoaufzeichnungenZiele der TV-Inspektionen

Die TV-Inspektion (ggf. Videoaufzeichnung von der„Kanalbefahrung“) erlaubt einen Blick „in das gerei-nigte Rohr“ und damit eine Beurteilung des Reinheits-grades für das Verfahren, erfasst werden, z. B.:

• der Korrosionszustand (Flächenkorrosion, Mul-denkorrosion oder Lochkorrosion) und

• Reste des werkseitigen inneren Korrosionsschut-zes.

Der Erfolg der Rehabilitation hängt bei den meistenVerfahren wesentlich vom Kenntnisstand des Zustan-des der Rohrleitungen nach der Rohrreinigung ab.Gewebeschlauch- ReliningBesonders hohe Anforderungen werden beim Gewe-beschlauch-Relining gestellt. So müssen die höchst-mögliche Sauberkeitsstufe erreicht (Wasserhöchst-druckreinigung), Hindernisse festgestellt und beseitigtsowie eine Kalibermessung des Innendurchmessers zurKonfektionierung des Gewebeschlauches durchgeführtwerden (siehe Kap. 3.4.5 Gewebeschlauch-Reli-ning-Verfahren).ReliningDagegen werden beim PE-Rohr-, Duktilgussrohr- undStahlrohr-Relining keinerlei Anforderungen an denReinheitsgrad der Innenoberfläche gestellt, jedoch müs-sen unbekannte Hindernisse, wie Leitungsversprünge,

Düker, eingeschlagene Holz- oder Stahlpinne oder ein-gebeulte Rohre, die einen Rohreinzug erschweren oderunmöglich machen, festgestellt werden. Für das Duktil-guss- und Stahlrohr-Relining ist die Gradiente der vor-handenen Leitung von Bedeutung. Es ist festzustellen,ob der Freiraum für die einzuziehende Leitung auch beivertikal abgewinkelten Muffen des Altrohres ausreicht,um den neuen Rohrstrang durchziehen zu können.ZementmörtelauskleidungRelativ geringe Anforderungen an den Reinheitsgradder Rohrinnenoberfläche sind bei der Zementmörtel-kleidung zu stellen. Inkrustationen, Ablagerungen oderRückstände aller Art müssen beseitigt werden. Loch-korrosionen können bis zu einer bestimmten Größedurch die Zementmörtelschicht überdeckt werden – da-gegen ist die statische Sicherheit der Rohrleitungendurch Zustandsuntersuchungen festzustellen.Bei Press-/Ziehverfahren und Berstliningverfahren ent-fallen die vorgenannten Arbeiten, da die Altrohre zer-stört oder entfernt werden. Für diese Verfahren sind da-gegen die Bestandskarten wegen zu naher Lagebenachbarter Leitungen von besonderem Interesse.Die Videoaufzeichnungen sollten zumindest bis zumerfolgreichen Abschluss der Baumaßnahme aufbewahrtwerden.

Bestandskarten, vermessungstechnische Kon-trolle und AufnahmenPress-/Ziehverfahren und BerstliningverfahrenBei Press-/Ziehverfahren und Berstliningverfahren sinddie Bestandskarten von großer Bedeutung, um benach-barte Leitungen bei der Verfahrensdurchführung nichtzu beschädigen und mögliche Regressforderungen aus-zuschließen.Vermessungstechnische Kontrollen und Aufnahmendienen der lage- und höhenmäßigen Bestimmung derTrasse insbesondere beim Duktilguss- und Stahlrohrre-lining, um Versätze, Bodensenkungen, Abwinklungenzu erkennen und Schwierigkeiten beim Rohreinzugauszuschließen.Die Feststellung von Unrundheiten und Engstellensollte grundsätzlich durch Kalibrieren erfolgen unddient ebenfalls der Vorbereitung des Einziehens von re-lativ starren Systemen.

3.4.4 Zementmörtelauskleidung

3.4.4.1 2006 – 50 Jahre Zementmörtelausklei-dung

Seit über 50 Jahren werden in Deutschland Guss-,Stahlrohre bei ausreichender Tragfähigkeit zur Verlän-gerung ihrer Lebensdauer nach der Rohrreinigung mitZementmörtel beschichtet. Eine Zementmörtelauskleidung kann alle Vorausset-zungen dafür schaffen, Guss- und Stahlrohrleitungenihrer Bestimmung nach dauerhaft aktiv und passiv zuschützen. Diese Erkenntnisse, basierend auf Erfahrun-gen in Deutschland seit den 50er Jahren, führten imJahr 1981 zur Erstausgabe des DVGW-ArbeitsblattesW 343 „Sanierung von erdverlegten Guss- und Stahl-rohrleitungen durch Zementmörtelauskleidung- Ein-satzbereiche, Anforderungen, Gütesicherung und Prü-fungen“. Die werkseitig hergestellte

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Zementmörtelauskleidung für Guss- und Stahlrohrefand bereits 1978 mit dem Arbeitsblatt W 342„Werkseitig hergestellte Zementmörtelauskleidungenfür Guss- und Stahlrohre – Anforderungen und Prüfun-gen, Einsatzbereiche“ Eingang in das DVGW-Regel-werk.

3.4.4.2 VerfahrensbeschreibungSeit über 40 Jahren werden in Deutschland Guss-,Stahl, Asbestzement- und Stahlbetonrohre bei ausrei-chender Tragfähigkeit zur Verlängerung ihrer Lebens-dauer nach der Rohrreinigung mit Zementmörtel be-schichtet (erste Gussleitung 1958).Aufgaben ZM-AuskleidungDie Zementmörtelauskleidung hat folgende Aufgaben:

• Aufbringen eines Innenschutzes bei korrosionsge-schädigten Rohrleitungen (Verhinderung von Kor-rosionsschäden bei neuen Rohrleitungen),

• Abdichtung vorhandener Leckagen,• Verhinderung von Korrosionsschäden bei neuen

Rohrleitungen,• Verhinderung von Inkrustationen,• Verbesserung der hydraulischen Eigenschaften.

Die Trinkwasserleitungen müssen von Inkrustationen,Ablagerungen oder Rückständen aller Art befreit wer-den und können mit TV-Videotechnik untersucht wer-den. In der Regel ist für die Arbeitsdauer eine Ersatz-versorgung aufzubauen (siehe Kap. 3.4.3 Vorbereitungder Rehabilitationsmaßnahmen).Als ideale Streckenlängen bei der Reinigung undZementmörtelbeschichtung werden nachfolgende Län-gen angegeben:

DN 80 bis DN 350 80 bis 150 mDN 400 bis DN 550 200 mDN 600 bis DN 1800 500 bis 600 müber DN 1800 5000 m

Die tatsächlichen Streckenlängen ergeben sich meistdurch die Zwangsbaugruben an Abzweigen, durchQuerschnittsänderungen, Schieber, Klappen usw., dienicht durchfahren werden können.AuskleidungsmaschinenDie Auskleidungsmaschinen fahren durch das Rohr undschleudern mit schnell rotierenden Schleuderköpfenden Zementmörtel in erforderlicher Schichtdicke gegendie Rohrinnenwand. Bei Bedarf wird der Zementmörtelmit Glättrichtern oder nachgeschalteten rotierendenKellen geglättet.

Abb. 3.73: Einsetzen der Ausschleudermaschine in die Rohrleitung

3.4.4.3 Zementmörtel und SchichtdickeAnforderungen an Zement, Zuschlagstoffe und Zugabewasser

Die genannten Ausgangsstoffe müssen den lebensmit-telrechtlichen Bestimmungen ensprechen:

Zement DIN EN 197-1; DIN 116Zuschläge Quarzsand nach DIN 4226-1,

Körnung 0,125 bis 1 mmZugabewasser Trinkwasser nach DIN 1045

Betonzusatzmittel dürfen grundsätzlich nicht verwen-det werden.Frischmörtel:

Wasserzement-wert maximal 0,35,

bei Nennweiten < DN 150 maxi-mal 0,4

Mischungs-verhältnis 1 : 1 in GewichtsanteilenErhärtung das beschichtete Rohr ist gegen

Austrocknung und Frost zu schützen

Festmörtel:Schichtdicke siehe Tab. 3.30Festigkeit Druckfestigkeit nach 28 Tagen:

50 N/mm2

Biegezugfestigkeit nach 28 Ta-gen: 5 N/mm2

Beschaffenheit der Auskleidung: Vereinzelte Riefen oder Wellen

zulässigbis DN 600 < 1 mmab DN 600 < 1,5 mm

Vereinzelte Haarrisse bis zu einer Breite von 1,5 mmsind zulässig.Glättung kann in Strecken mit Einbauten oder Un-rundheiten nicht durchgeführt werden.

Eigenschaften des ZementmörtelsFolgende Eigenschaften des Zementmörtels sind her-vorzuheben:

• Zementmörtel bildet einen idealen Korrosions-schutz mit einer passiven und aktiven Schutzwir-kung:• Passive Schutzwirkung: mechanische Abschir-

mung des Rohrwerkstoffes durch die Mörtel-schicht.

• Aktive Schutzwirkung: aufgrund der alkali-schen Reaktion wird der Eisenwerkstoff in ei-nen korrosionschemisch passiven Zustand ver-setzt, in dem auch bei freiem Zutritt von Wasser kein Korrosionsangriff stattfinden kann.

• Selbstheilungseffekt (siehe Abb. 3.74),• Beim Abbinden des Zementmörtels können kleine

Schwundrisse entstehen, aber durch das Aufquel-len unter Wasser setzen sich die Risse sofort zu und durch aussinterndes Calciumkarbonat wach-sen jene Fehlstellen zusammen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.74: Selbstheilungseffekt – Phasen der Rissheilung [Roscher et al., 2000]

Auch bei weichen Wässern ist Zementmörtel durch denEinsatz von geeigneten Zementsorten sowie ggf. durcheine Nachbehandlung gemäß W 346 (z. B. CO2-Bega-sung) möglich.Aufgrund der aktiven Schutzwirkung und des Selbst-heilungseffektes ist bei der Zementmörtelauskleidungder Korrosionsschutz auch bei Fehlstellen gewährleis-tet.SchichtdickeDie Schichtdicke beträgt gemäß dem DVGW-Arbeits-blatt W 343 in Abhängigkeit von der Nennweite derRohrleitung zwischen 3,0 und 10,0 mm (siehe dazuTab. 3.30).Die angegebenen Schichtdickentoleranzen gelten je-weils für die glatte und gerade Rohrleitung. Über denSchweißraupen bei Stahlleitungen kann eine geringereSchichtdicke auftreten. Für stark korrodierte, welligeoder unrunde Rohre sowie in anderen Sonderfällen sindgrößere Schichtdickentoleranzen zulässig. Die Min-destschichtdicken sind in diesen Fällen einzuhalten.

Tab. 3.30: Zementmörtel-Schichtdicken bei maschineller Auskleidung (Anschleuderverfahren) [DVGW, 2001e]

AnschleuderverfahrenDas Anschleuderverfahren umfasst u. a. folgendeArbeitsgänge:

• Feststellung der kleinsten lichten Weite und des ungehinderten Durchganges des Auskleidungsge-rätes im gereinigten Rohrleitungsabschnitt.

• Bei nicht begehbaren Rohrleitungen: Ansetzen und Zentrieren der Schleudermaschine am Anfang des auszukleidenden Rohrabschnittes. Anfahren der Schleudermaschine in der Baugrube, bis der Zementmörtel die erforderliche Konsistenz auf-weist. Durchziehen der Schleudermaschine mit konstanter Geschwindigkeit.

• Anschleudern des Mörtels an die Rohrinnenwand unter gleichmäßigem Vorschub der Schleuderma-schine; dabei kann die Oberfläche geglättet wer-den Öffnen der Hausanschluss-Absperrarmaturen und Entfernen des in den Anschluss eingedrunge-nen Zementmörtels durch Absaugen oder Ausbla-sen.

Beschaffenheit der AuskleidungDie erhärtete Zementmörtelauskleidung muss durchge-hend aufgebracht sein. Vereinzelt auftretende Riefenoder Wellen dürfen bei Rohrleitungen < DN 600 nichtgrößer als 1 mm, bei Rohrleitungen > DN 600 nichtgrößer als 1,5 mm sein. Unrundheiten in den Rohrlei-tungen oder Abweichungen der Achsrichtung von derGeraden können zur Überschreitung der vorgenanntenWerte führen.Haarrisse treten durch das Schwinden der Auskleidungauf und sind nicht zu vermeiden. Vereinzelt vorlie-gende andere Risse sind bis zu einer Breite von 1,5 mmzulässig, da sich diese bei Wasserbeaufschlagung wie-der reduzieren bzw. schließen. Die Risse dürfen dieStabilität des Gewölbes der Auskleidung nicht gefähr-den.Eine Glättung der Zementmörtel-Auskleidung ist imRegelfall nicht erforderlich. Aus Gründen der hydrauli-schen Leistungsfähigkeit der Rohrleitung kann in Ein-zelfällen (z. B. bei Zubringerleitungen und Endleitun-gen) eine Glättung angebracht sein. DieGlätteinrichtungen dürfen die Mörtelschicht nicht auf-reißen.Bei Handauskleidung muss die Oberfläche eine ähnli-che Güte aufweisen wie bei der maschinellen Ausklei-dung. Eine ebensolche Qualität wird in der Praxis je-doch nur schwer erreicht.

3.4.4.4 Arbeitsablauf der SanierungDer Arbeitsablauf Sanierung einer Rohrleitung mitZementmörtelauskleidung umfasst folgende Arbeits-schritte:

• Planungs- und Vorbereitungsarbeiten,• Aufbau einer Ersatzversorgung,• Außerbetriebnahme und Öffnen der Baugruben,• Reinigung der Rohrleitung (vorzugsweise mecha-

nisch),• Zementmörtelauskleidung,• Einbau der Armaturen,• Herstellung der Hausanschlüsse,

MaterialNennweite

DN

Mindest-schichtdicke

mmSchichtdicken-toleranz mm

Gusseisen < 250 3,0 + 1,5

> 250–900 5,0 + 2,0

> 900 6,0 + 2,5

Stahl < 150 3,0 + 2,0

> 150–300 4,0 + 2,5

> 300–600 5,0 + 2,5

> 600–1000 6,0 + 3,0

> 1000–1500 8,0 + 3,0

> 1500 10,0 + 3,0

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

• Spülung und Desinfektion,• Verbinden der Sanierungsstrecken und Inbetrieb-

nahme.Rohrleitungen DN 80 bis 350Bei kleinen Nennweiten (DN 80 bis DN 350) erfolgtdie Beschichtung durch in Rohrmitte zentrierte, mitDruckluft angetriebene Anschleudermaschinen. Diesewerden über Seilzugwinden mit konstanter Geschwin-digkeit rückwärts durch die zu sanierenden Abschnittegezogen.Rohrleitungen DN 400 bis 600Rohre der Nennweiten DN 400 bis DN 600 werden mitelektrisch angetriebenen Maschinen ausgekleidet, wo-bei eine Nachglättung mit rotierenden Glättkellen mög-lich ist. Diese Maschinen werden entweder wie die mitDruckluft angetriebenen Anschleudermaschinen überSeilwinden gezogen oder fahren mit eigenem Fahran-trieb durch die Rohrleitung. Ab Nennweite DN 300kann die Beschichtung kameraüberwacht durchgeführtwerden.Rohrleitungen ab DN 600Rohrleitungen ab DN 600 werden mit elektrisch ange-triebenen, selbstfahrenden Maschinen ausgekleidet,wobei ein Maschinenführer die Auskleidungsmaschinemanuell überwacht und steuert. Eine Nachglättung mitrotierenden Glättkellen sowie eine Kameraüberwa-chung ist auch hierbei möglich.

Abb. 3.75: Zementmörtelauskleidungsmaschine für kleine Rohrnennweiten

3.4.4.5 InbetriebnahmeDie Rohrleitungen können frühestens 12 Stunden nachder Beschichtung mit den benachbarten Strecken ver-bunden und mit Wasser gefüllt werden. Die Spülungbzw. Desinfektion der Rohrleitung sollte erst nach 24Stunden erfolgen. Die Druckprüfung kann frühestens48 Stunden nach der Auskleidung durchgeführt werden.Nach der mikrobiologischen Freigabe und einer Spü-lung der Hausanschlussleitungen (W 291 [DVGW,2000e]) kann die Rohrleitung in Betrieb und die Ver-sorgung aufgenommen werden.In Ausnahmefällen und mit Genehmigung des zuständi-gen Gesundheitamtes können die Rohrleitungen gleichnach einer Spülung bzw. Desinfektion in Betrieb ge-nommen werden.Kosten ZementmörtelauskleidungDie Zementmörtelauskleidung ist gegenüber anderenSanierungsverfahren oder einer Neuverlegung kosten-günstig. Die Kosten des Verfahrens sind nennweitenab-

hängig und betragen bei Leitungen bis DN 250 ca. 40% der Kosten einer Neuverlegung und sinken bei grö-ßeren Nennweiten bis ca. 13 %.Die Dauerhaftigkeit von Zementmörtelauskleidungenist neben der fachgerechten Ausführung des Verfahrensinsbesondere vom pH-Wert und der Calcitsättigung ab-hängig.

3.4.4.6 Verfahrenstechnische GütesicherungFür jede Sanierungsmaßnahme muss eine lückenloseDokumentation aller Arbeitsschritte gefertigt werden.Diese Aufzeichnungen sind 10 Jahre aufzubewahren.Die Dokumentation der Arbeiten auf der Baustellemuss mindestens umfassen:

• Ausführendes Unternehmen, Datum, genaue Orts-lage, Länge, Nennweite, Rohrwerkstoff, verant-wortliche Fachaufsicht

• Angaben über die Rohrreinigung • Eingesetztes Material, Lieferanten- und HersteI-

lernachweise• Mischungsverhältnis• Entnahmeort des Zugabewassers• Glättung, Angaben über die Glättung• Oberflächenbeschaffenheit• Optische und/oder akustische Prüfung• Mörteldicke des Streckenabschnittes • Tagesberichte mit Angaben über die jeweiligen

Tagestemperaturen sowie über den Beginn und das Ende des Ausschleudervorganges.

Hinzu kommen die Eignungsprüfung und die Güteprü-fung.Die Eignungsprüfung dient dazu, festzustellen, ob dievorgesehenen Ausgangsstoffe Zement und Sand, in dervorgesehenen Zusammensetzung geeignet sind, unterBaustellenbedingungen zuverlässig zu Mörtel verarbei-tet werden zu können Die Güteprüfung dient dem Nachweis, dass der fürden Einbau auf der Baustelle hergestellte Zementmörtelebenfalls die Anforderungen erreicht.Die Ausgangsstoffe Zement und Sand sind von güteü-berwachten Herstellern zu beziehen, anderenfalls ist einNachweis durch eine anerkannte Prüfstelle zu erbrin-gen. Bestimmt werden :

• das Mischungsverhältnis und • der Wasserzementwert• Ausbreitmaß, • Druck- und Biegezugfestigkeit

Gemessen werden• die Schichtdicke durch Einstechmessung und zer-

störungsfreie Messungund beurteilt werden

• die Beschaffenheit der Auskleidung sowie • die Oberfläche und die • die Rissbildung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Da sich die Rezeptur und die Ausgangsmaterialienwährend der Baumaßnahme nicht ändern, reicht eineÜberprüfung der Druck- und Biegezugfestigkeit proSanierungsmaßnahme aus.

Druck- bzw. Dichtheitsprüfung der ausgeklei-deten RohrleitungAls Nachweis einer ordnungsgemäßen Bauausführungkann eine der folgenden Druck-, Dichtheitsprüfungenbzw. Wasserverlustdifferenzmessung vereinbart wer-den (siehe dazu W 400-2)

a) Druckprüfung mit einem über dem Betriebsdruck liegenden Prüfdruck Diese Prüfung ist nur für Lei-tungsabschnitte ohne Anschlüsse geeignet.

b) Dichtheitsprüfung mit Betriebsdruck. Dabei muss sichergestellt sein, dass bereits die nicht ausgekleidete Rohrleitung dem Betriebs-druck standhält und dicht ist. Diese Prüfung ist nur für Leitungsabschnitte ohne Anschlüsse geeignet.

c) Wasserverlustdifferenzmessung mit Betriebs-druck über eine Dauer von einer Stunde. Die Men-generfassung sollte mindestens mit einer Zähler-genauigkeit (Anlauf) von 1 Liter pro Stunde, z. B. mittels Ringkolbenzähler, erfolgen. Dabei ist min-destens die Dichtheit, die vor Sanierung der Lei-tung bestand bei gleichen Systembedingungen nachzuweisen.

Die Art der Prüfung und ihr Ergebnis sind zu dokumen-tieren.Nach erfolgter Netzeinbindung ist an den freiliegendenRohrleitungsteilen eine Sichtprüfung mit Betriebsdruckdurchzuführen.Folgende Eigenschaften des Zementmörtels sind her-vorzuheben:Zementmörtel bildet idealen Korrosionsschutz miteiner passiven und aktiven Schutzwirkung

• Passive Schutzwirkung: mechanische Abschir-mung des Rohrwerkstoffes durch die Mörtel-schicht.

• Aktive Schutzwirkung: aufgrund der alkalischen Reaktion wird der Eisenwerkstoff in einen korrosi-onschemisch passiven Zustand versetzt, in dem auch bei freien Zutritt von Wasser kein Korrosi-onsangriff stattfindet.

Auch bei weichen Wässern ist Zementmörtel durch denEinsatz von geeigneten Zementsorten, sowie ggf. durcheine Nachbehandlung gemäß W 346 (z. B. CO2-Bega-sung) möglich.Aufgrund der aktiven Schutzwirkung und des Selbst-heilungseffektes ist bei der Zementmörtelauskleidungder Korrosionsschutz auch bei Fehlstellen gewährleis-tet, während bei anderen Beschichtungsmaterialien, z.B. Bitumen- oder Kunststoffbeschichtungen bei Fehl-stellen der gesamte Korrosionsschutz in Frage gestelltist.

InbetriebnahmeFrühestens 12 Stunden nach der Beschichtung kann dieRohrleitung verbunden und mit Wasser gefüllt werden.Die Spülung bzw. Desinfektion der Rohrleitung sollteerst nach 24 Stunden erfolgen. Eine Druckprüfung kannfrühestens 48 Stunden nach der Auskleidung durchge-führt werden.Nach der mikrobiologischen Freigabe und einer Spü-lung der Hausanschlussleitungen (W 291) kann dieRohrleitung in Betrieb und die Versorgung aufgenom-men werden. In Ausnahmefällen und mit Genehmigung des zuständi-gen Gesundheitsamtes können die Rohrleitungen gleichnach einer Spülung bzw. Desinfektion in Betrieb ge-nommen werden.

3.4.5 Gewebeschlauch-Relining-Verfahren

3.4.5.1 Gewebeschlauch-Relining-Verfahren mit Verklebung des Inliners

Verfahrensbeschreibung

Das ursprünglich für die Sanierung von Gasleitungenentwickelte Gewebeschlauch-Relining-Verfahren istnach Weiterentwicklung und Herausgabe von W 270[DVGW, 1999d] auch für die Sanierung von Trinkwas-serversorgungsleitungen zugelassen worden.Das Verfahren ist für Rohrdurchmesser DN 100 bis DN1000 bei Sanierungslängen von ca. 400–500 m bei klei-nen Abmessungen und max. 250 m bei Rohrleitungender Nennweite DN 1000 einsetzbar.Voraussetzung für eine dauerhafte Verklebung des Inli-ners mit der zu sanierenden Rohrleitung ist eine exaktgereinigte Rohrwandung.Bei einer Verklebung des Inliners mit der Rohrwan-dung ist die höchst mögliche Sauberkeitsstufe des Roh-res Grundlage für eine qualitätsgerechte Sanierung(Einsatz einer Wasserhöchstdruckreinigung von 2000bar – Ablagerungen werden durch das Wasser heraus-geschält und anschließend in einem Reinigungscontai-ner aufbereitet).Gewebeschlauch (Inliner)Der nahtlos rundgewebte, hochfeste Gewebeinliner ge-ringer Dicke und großer Flexibilität wird je nach An-wendungszweck mit einem aufextrudierten Kunststoffversehen (Extrudieren). Der außerordentlich feste undkreisförmig ohne Netz gewebte Auskleidungsschlauchwird aus Polyestergarnen hergestellt, wobei eine spezi-elle Webart der Garne eine Dehnung in Längsrichtungverhindert, aber eine radiale Dehnung ermöglicht. Da-durch können geringe Durchmessertoleranzen derRohrleitung ausgeglichen werden und der Schlauchliegt in allen Fällen an der Wandung an.Jeder Schlauch wird herstellungsseitig einer Innen-druckprüfung ohne stützende Rohrleitung bei mindes-tens 10 bar unterzogen. Die Dichtheit wird mittels He-lium geprüft, so dass selbst geringe Undichtheitenfestgestellt werden können (Dichtheitsprüfung).Trinkwasserleitungen erhalten innen den Werkstoff Po-lyethylen, der 2-Komponentenklebstoff basiert auf Ep-oxidharz oder Polyurethan.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Einbringen des Inliners und Aushärtung des KlebersDer Kleber wird auf der Baustelle in den Inliner einge-bracht und das Schlauchende nach dem Einfüllen desKlebers verschlossen. Der Inliner wird mittels zweierWalzen in die Reversionsmaschine hineingezogen unddadurch auf der gesamten Innenseite gleichmäßig mitKleber beschichtet. Danach wird das Ende des Inlinersan einem Umkehrkopf befestigt und mit der Reversi-onsmaschine verbunden.Der Inliner wird in das Altrohr eingebracht und stülptsich durch Druckluftzufuhr um – er wird im Rohr vor-angetrieben und an die sauber gereinigte Rohrwandunggepresst.Je nach Durchmesser, Länge und Streckenverlauf wirdein Druck von 0,5 bis 2 bar erzeugt und eine Vortriebs-geschwindigkeit des Inliners im Rohr von bis zu 5m/min erreicht.Nach Erreichen der Sanierungszielgrube wird dasSchlauchende aufgefangen, der Inliner verschlossenund der Druck in diesem gehalten.Die Aushärtung des Klebers beginnt. Bei kaltaushärten-den Klebern (z. B. Zweikomponentensystem auf Polyu-rethan-Basis) rechnet man mit etwa 12 Stunden, beiwarmaushärtenden Klebern (z. B. Zweikomponen-ten-Expoxidharz-System – Warmklebern) sind durchHeißdampfzufuhr von ca. 105° C geringere Aushär-tungszeiten von etwa fünf Stunden erreichbar – aller-dings schließt sich hier eine notwendige mehrstündigeAbkühlphase des Liner-Kleber-Systems an.Die Leitung kann unabhängig vom eingesetzten Klebernach ca. zwei Tagen wieder in Betrieb genommen wer-den. Bestehende Hausanschlussleitungen werden in ei-nem gesonderten Arbeitsgang von innen mit einemHeizdorn oder einer Fräsmaschine (Cutter) geöffnet.

3.4.5.2 Gewebeschlauch-Relining-Verfahren ohne Verklebung des Inliners

Verfahrensbeschreibung

Als Inliner wird ein aus mehreren Schichten bestehen-der Gewebeschlauch (Polyester oder Aramid/Polyethy-len) von ca. 3 mm Wandstärke eingesetzt.Eine Verklebung des Inliners mit der Rohrwand istnicht vorgesehen, so dass an die Reinigung der Altrohredemzufolge geringere Anforderungen als bei dem Ge-webeschlauch-Relining mit Verklebung gestellt werdenkönnen.Die Sanierungsmöglichkeiten sind für einen Einsatzvon DN 70 bis DN 200 und Einzugslängen bis 1000 mgegeben.Der werkseitig gefaltete endlose Inliner wird auf derBaustelle mit einem Zugseil (Winde) in die gereinigteLeitung eingezogen. Übergangsstücke verschließen dieEnden des Inliners.Mittels Heißdampf von 105°C und einem Druck vonca. 1 bar wird der Rückformungsprozess durchgeführt,bis der Inliner – Close-fit – an der Rohrwandung an-liegt. Durch Spezialkupplungen wird die sanierte Lei-tung mit der vorher getrennten Trasse verbunden.

Die Hausanschlüsse werden mittels Anbohrarmaturenwieder neu hergestellt.Vorbereitung und BaustelleneinrichtungDie zu sanierende Rohrleitungstrasse wird für kurzeZeit (zwei Tage) außer Betrieb genommen und die An-wohner werden durch eine Ersatzversorgungsleitungversorgt.Start- und Zielbaugruben werden gleichzeitig als Reini-gungsbaugruben verwendet – bei Sanierungslängenüber 200–250 m sind zusätzlich Reinigungsbaugrubenanzulegen. Die Größe der Baugruben ist abhängig vonder zu sanierenden Leitung; in der Regel mit Baugru-benlängen von 2,5 m bis 4,0 m aus, da der Inliner flexi-bel ist.Nach Inbetriebnahme der sanierten Leitung wird dieErsatzversorgung wieder außer Betrieb genommen.Rohrreinigung, Inspektion , KalibrierungBei der Sanierung der Rohrleitung ohne Verklebungdes Inliners mit der Rohrwandung ist in den meistenFällen eine mechanische Reinigung (Bürsten/Kratzer)ausreichend, um den vollen Rohrquerschnitt für die Sa-nierung zur Verfügung zu haben.Eine TV-Inspektion des zu sanierenden Leitungsab-schnittes ist Voraussetzung für die Einschätzung deranzuwendenden Reinigungsmethode und dient gleich-zeitig der Feststellung von Hindernissen in der Leitung(Etagen, Düker, Verengungen).Videoaufzeichnungen vom Zustand der Leitung vorund nach der Reinigung sowie nach der Sanierung er-lauben dem Auftraggeber, die Qualität der ausgeführtenArbeiten zu kontrollieren und sind Grundlage für dieAbrechnung der Sanierungsleistung.Die vor der Sanierung durchzuführende Kalibermes-sung dient der Konfektionierung des Inliners in Bezugauf das Rohrinnenmaß. Eine radiale Dehnung des Li-ners bis 5 % ist möglich – der Inliner kann entspre-chend kleiner als der Rohrinnendurchmesser gefertigtwerden.InbetriebnahmeDie sanierte Leitungsstrecke wird mit Wasser gefülltund das Desinfektionsmittel eingebracht. Anschließendwird die Druckprüfung durchgeführt, die Leitung biszur Freigabe gespült und nach der Freigabe mit demNetz wieder verbunden.Herstellen von Abzweigen und AnschlüssenBei sanierten Leitungen mit Verklebung des Inlinerskann die Leitung angebohrt und das gesamte Form-stückprogramm für das Herstellen von Abgängen wiebei neuen Leitungen verwendet werden – auch nach-trägliche Anschlüsse sind problemlos möglich.Sanierte Rohrleitungen mit einem nicht verklebten Inli-ner werden mit speziellen Zubehörteilen/Adaptern fürAnschlüsse versehen.Nachweise für eine qualitätsgerechte SanierungFolgende Nachweise gehören zur Sicherung einer qua-litätsgerechten Sanierung:

• Wareneingangskontrolle Gewebeschlauch (Ab-messungen, Dichtheit, Dehnverhalten, Berstdruck) und Kleber (Viskosität der Klebstoffkomponenten, Reaktionszeit – nur bei Gewebeschlauch mit Ver-klebung);

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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• Prüfungsprotokolle (Schälwertermittlung, An-bohrversuch, Reinigungsverfahren nach Arbeits-anweisung, TV-Inspektion vor der Sanierung, Pro-zessüberwachung für warmaushärtende System, Dokumentationen zur Sanierung, Dichtheitsnach-weis).

Die Anwendung des Verfahrens setzt erfahrene Be-triebe voraus.Fehler bei der Sanierung können auftreten, wenn eineungenügende Reinigung erfolgt, keine Kalibrierung desRohres vorgenommen wird und dadurch der Inlinernicht anliegt, die Aushärtezeit nicht eingehalten wird,bei Minustemperaturen saniert wird, die Klebermengenicht richtig bemessen wird.

Abb. 3.76: 1 Rollenwagen mit Gewebeschlauch, 2 Einbringen des Gewebeschlauches, 3 Gewebeschlauch in der Ziel-grube

3.4.6 Relining mit PE-Rohren

3.4.6.1 VerfahrensbeschreibungIn schadensbehaftete Altrohre können nach verschiede-nen Verfahren PE-Rohre eingebracht werden. Nachfol-gend werden folgende Verfahren beschrieben:

• Reduktionsverfahren (Rolldown, Swagelining),• Verformungsverfahren (U-Liner),• Strangrelining und• Langrohrrelining.

Dabei wird in Abhängigkeit vom gewählten Verfahrendie Altleitung zum Bestandteil des neuen Rohrsystemsoder dient ausschließlich als Mantelrohr ohne statischeAufgaben.Rückgehender Wasserverbrauch erfordert unter Um-ständen kleinere Nennweiten, so dass eine Verringe-rung der Nennweite erfolgen kann.Voraussetzungen für den Einsatz des Verfahrens sind:

• Beibehaltung der vorhandenen Leitungstrasse während der technischen Nutzungsdauer der Rohr-leitung (technische Nutzungsdauer),

• mögliche horizontale und vertikale Richtungsän-derungen der zu erneuernden Leitung lassen das Einziehen einer neuen Leitung zu,

• Verlegung einer Ersatzversorgungsleitung für die Dauer der Bauzeit.

Für den Rohreinzug sind PE-Rohre einzusetzen, dieden Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 320[DVGW, 2000c], [DVGW, 2000d] entsprechen.

Reduktionsverfahren (Rolldown, Swagelining)Um PE-Rohre in Altrohre einziehen zu können, ist eineReduzierung des Durchmessers erforderlich, so dasskeine Beschädigungen der einzuziehenden PE-Rohrezu erwarten sind.Die PE-Rohre werden auf der Baustelle durch kalibrie-rende Rollen (Rolldown) oder durch ein Gesenk (engl.Swage) gezogen, wodurch der Durchmesser um ca. 10% kleiner wird.Der Reduktionsvorgang kann mit oder ohne Wärmeun-terstützung erfolgen. Die notwendige Zugkraft für dieseVorgänge und für den Einzug ins Altrohr darf die zuge-lassene Materialspannung nicht überschreiten. Die Ver-formung geschieht im elastischen Bereich, wobei sichder Rohrstrang längt und die Wanddicke sich vergrö-ßert.Nach diesem Vorgang werden die Rohre eingezogen.Nach Erreichen der Zielbaugrube und anschließenderZugentlastung stellt sich das PE-Rohr zurück und liegtan der Innenwand des Altrohres an (Close-fit). DieserVorgang kann durch Einbringen von Wärme und / oderdurch Aufbringen eines Innendruckes bis in Höhe desPrüfdruckes unterstützt werden.Die maximale Länge der einziehbaren Abschnitte istabhängig:

• von der horizontalen und vertikalen Linienführung der Trasse,

• von den maximal zulässigen Zugkräften, in Ab-hängigkeit von der Rohrwanddicke, vom PE-Ma-terial und von der Temperatur,

• von Einziehhindernissen des Altrohres wie Krüm-mer, Absperrarmaturen, Düker u. a.

Verformungsverfahren (U-Liner) Beim U-Liner-Verfahren werden die Rohre von derTrommel bzw. vom Ringbund unter Beachtung der vor-

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

geschriebenen Biegeradien abgewickelt. Die kreisrundproduzierten PE-Rohre werden durch Einbringen einerLängsfaltung (U-Form) im Querschnitt reduziert. Da-durch wird bei der Montage des U-Liners erreicht, dassdieser mit bedeutend geringerer Reibung in die zu sa-nierende Leitung eingebracht werden kann und eineÜberbeanspruchung des Kunststoffmaterials ausge-schlossen wird.Um die PE-Rohroberfläche bei der Einführung in diealte Leitung vor Beschädigungen zu schützen, sind Rol-len- oder Gleitblechführungen vorzusehen.Die Lieferlängen und Außendurchmesser sind auf dieStrangabschnitte und auf den tatsächlichen Altrohrin-nendurchmesser abzustimmen.Nach dem Einzug werden die Enden des U-Liners mitspeziell dimensionierten Verschlussstücken versehenund die Leitung mit Dampf und Druck beschickt, sodass das U-Liner-Rohr expandiert und seine ursprüngli-che kreisrunde Form zurückgewinnt (Memoryeffekt).Durch das gewählte Verhältnis zwischen Außendurch-messer des U-Liners zum Innendurchmesser des Man-telrohres liegt der Liner ohne Ringraum fest an(Close-fit).Um eine sichere und vollständige Rückverformung zuerreichen, sind Druck und Wärmeeinbringung ausrei-chend lange vorzuhalten, zu kontrollieren und zu proto-kollieren. Nach einer Phase der Abkühlung werden dieVerschlussstücke demontiert und der Liner auf die ge-wünschte Länge geschnitten. Durch das gewählte Ver-hältnis des In-Liners zum Innendurchmesser des Alt-rohres liegt der Liner fest an diesem an, wird er zu großgewählt, können Sanierungsschäden auftreten.

Abb. 3.77: Einziehen des U-Liners

Das Verfahren wird für die Sanierung von Rohrleitun-gen DN 100 bis DN 350 (400) eingesetzt. Die Längedes U-Liners ist abhängig vom Durchmesser der Rohreund den Trommelabmessungen. Einzugsgeschwindig-keiten von 2 m/min sind ebenso möglich wie Einzugs-längen von ca. 500 m in Abhängigkeit von der Rohr-nennweite.Die zu sanierende Leitung ist ca. zwei Tage außer Be-trieb; die Versorgung der Anwohner kann über Ersatz-versorgungsleitungen erfolgen.Start- und Zielbaugruben für den U-Liner Einzug wer-den auch als Reinigungsbaugruben genutzt. Die Ar-

beitsfläche für den U-Liner Einzug ist gering, da dasPE-Material von der Rolle abgewickelt und über eineWinde eingezogen wird.Nach dem Einzug des U-Liners sind ein Heizaggregatund ein Kompressor im Einsatz. Der Maschinenpark isttransportabel und lässt sich in der Stellfläche den Ört-lichkeiten anpassen, so dass mit geringen Verkehrsein-schränkungen an der Baustelle zu rechnen ist.

StrangreliningFür den Einzug nach diesem Verfahren werdenPE-Rohre vom Ringbund oder von der Trommel einge-setzt. Der Außendurchmesser des einzuziehenden Roh-res muss kleiner sein als der Innendurchmesser des Alt-rohres. Das PE-Rohr wird mit Hilfe vonRollenführungen über ein Zugseil eingezogen.Um Beschädigungen der PE-Rohroberfläche beim Ein-zug zu verhindern, werden Rohre mit einem zusätzli-chen mechanisch widerstandsfähigen Polyolefinaußen-schutz verwendet. Dieser Schutz mit einer Schichtdickevon ca. 1–2 mm hat sich hervorragend bewährt.Der Ringraum zwischen Altrohr und PE-Rohr kann freibleiben, oder mit einem hydraulisch abbindenden Mate-rial verfüllt werden.

LangrohrreliningReicht das Platzangebot zum Aufstellen von Trommelnoder für das Auslegen des Rohrstranges nicht aus, kön-nen die Rohre auch taktweise in der Baugrube ver-schweißt und eingezogen werden. Die Baugrube mussdazu länger sein als die Einzelrohre. Eine aufwändigeRohrführung entfällt.Dieses Verfahren wird vorwiegend eingesetzt bei:

• größeren Durchmessern und• beengten Platzverhältnissen.

Für die Verbindung der Einzelrohre aus PE 80 oder PE100 wird die Heizelementstumpfschweißung empfoh-len. Beim Einsatz von PE-Xa-Rohre können Schweiß-verbindungen nur mit Heizwendel-Schweißmuffen ausPE 80 oder PE 100 hergestellt werden. Die für dasStrangrelining genannten weiteren Kriterien geltenauch für das Langrohr-Relining.

3.4.6.2 Vorbereitung und Baustelleneinrich-tung (für alle Verfahren)

Die zu erneuernden Leitungen stehen bei allen Verfah-ren während der Baumaßnahmen für die Versorgungder Anlieger nicht zur Verfügung. Daher sind Ersatz-versorgungen mit oberirdisch verlegten PE-Leitungenoder mit trinkwasserzugelassenen Schläuchen einzu-richten Die Ersatzversorgung ist im Winter vor Frost zuschützen.Anordnung der Einbring- und ZiehbaugrubenDie Anordnung der Einbring- und Ziehbaugruben fürdas Relining ist abhängig von:

• der maximal möglichen Einziehlänge, idealer-weise bis ca. 680 m (nennweitenabhängig),

• der städtebaulichen Situation; Geschäftseingänge, Fußgängerüberwege, Haltestellen u. a.,

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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• bekannten, aber nicht durchfahrbaren Hindernis-sen im Rohr; Krümmer, Düker, Querschnittseinen-gungen u. a.,

• der Technik der Rohrreinigung und der Kamerabe-fahrung,

• der Möglichkeit, Ringbund- und Trommelwagen zu positionieren,

• der Anordnung von Zwischenbaugruben.Die Baugruben sollten mit stählernem Verbau versehenwerden und möglichst kein Spreizen aufweisen und essind die Vorschriften für Baugruben und Gräben zu be-achten.Einfädelbaugrube / BiegeradienDie Länge der Einfädelbaugrube ist abhängig vom Ein-ziehverfahren. Beim Langrohrrelining ist die Baugru-benlänge gleich der Rohrlänge zuzüglich Arbeitsraum-bedarf für die Rohrschweißung. BeimStrangrohrrelining wird der ausgelegte verschweißteRohrstrang über Rollenführungen ins Altrohr eingezo-gen.Die zulässigen Biegeradien dürfen dabei nicht über-schritten werden (siehe dazu GW 320/I [DVGW,2000c]). Die Länge der Ziehbaugrube richtet sich nachder Windenbauart und der Seilführung. Die auftreten-den Kräfte an der Winde sind durch standsichere Ab-spreizungen abzuleiten.Die Herstellung von Zwischenbaugruben kann hilfreichoder notwendig sein, wenn zulässige Biegeradien z. B.durch Krümmerformstücke unterschritten würden.

3.4.6.3 Rohrreinigung und InspektionAus dem Altrohrstrang sind Inkrustationen und eventu-elle Hindernisse zu entfernen. Mechanische Verfahrenmit Kratzern, Bürsten und Gummischeiben haben sichbewährt. Die Rohrinnenoberfläche ist bei denClose-fit-Verfahren (Reduktion- und Verformungsver-fahren) intensiver zu reinigen als bei den Verfahren mitRingraum (Strang- und Langrohrreling).Hindernisse bei RohrreinigungHindernisse, die durch diese Reinigung nicht entferntwerden können, sind durch Aufgrabungen oder durchroboterartige Geräte zu beseitigen. Hindernisse könnensein:

• hineinragende Schrauben und Stopfen,• Schweißwurzeldurchhänge,• in Stahlleitungen eingeschlagene Holz- oder Stahl-

pinne,• Querschnittsänderungen insbesondere beim Ein-

satz von Verformungs- und Reduktionsverfahren,• überstehende Kragen.

Die Beseitigung des Reinigungsgutes hat nach um-weltrelevanten Vorschriften zu erfolgen. Die gereinigteStrecke ist durch eine TV-Inspektion zu kontrollieren.Diese sollten als Videoaufzeichnung zumindest bis zumAbschluss der Maßnahme verwahrt werden.Um Sicherheiten für den Einziehvorgang zu gewinnen,kann der Einsatz von Kalibermessgeräten oder Kaliber-

molchen sinnvoll sein. Diese sind auf den Außendurch-messer des einzuziehenden PE-Rohres einzustellen. AlsKalibermolche können PE-Rohrstücke von mindestens5⋅d Länge durch die Einziehstrecke gezogen werden.Beschädigungen an der Oberfläche der Kalibermolchelassen Rückschlüsse auf den Freiraum zu.

3.4.6.4 RohreinzugDas erste Rohr ist mit dem Zugseil so zu verbinden,dass die Zugkräfte sicher eingeleitet werden können.Für kleine Leitungsdimensionen (∼ bis DN 250) habensich konisch oder kugelig ausgebildete Zugköpfe mitRohrinnenspreizeinrichtungen bewährt. Bei größerenNennweiten und beim Verformungsverfahren sind dieZugköpfe angepasst zu fertigen. Damit beim Einzugkeine Restinkrustation ins PE-Rohr gelangt, sind dieseKöpfe geschlossen auszubilden. Beim Einzug ist dasausgelegte PE-Rohr auf Rollenböcken zu führen. Diezugelassenen Biegeradien dürfen beim Einführen in dieBaugrube und ins Altrohr nicht unterschritten werden.An der Schnittkante des alten Rohres muss dasPE-Rohr zwangsgeführt werden, um Beschädigungenzu verhindern.Heizelementstumpfschweißen, HeizwendelschweißverfahrenDer Rohrstrang kann im ausgelegten Zustand oder takt-weise beim Einziehvorgang durch Schweißen herge-stellt werden. Rohre aus PE 80 und PE 100 könnendurch Heizelementstumpfschweißen oder bei ausrei-chend großem Ringspalt durch Heizwendelschweißver-fahren verbunden werden. Rohre aus PE-Xa können nurmittels Heizwendelschweißverfahren und Schweißmuf-fen aus PE 80 oder PE 100 verschweißt werden. DieAbkühlzeiten sind einzuhalten. Die äußere Schweiß-wulst ist beim Heizelementstumpfschweißen abzuar-beiten.Für die Schweißarbeiten sind ausschließlichPE-Schweißer mit gültiger Prüfbescheinigung nachDVGW-Arbeitsblatt GW 330 einzusetzen. DieSchweißarbeiten sind nach Schweißanweisung auszu-führen und zu protokollieren. Zum Einzug sind Windenzu wählen, die über integrierte Zugkraftbegrenzer ver-fügen, um eine Überlastung des PE-Rohrstranges zuvermeiden.Nach Abschluss der Einziehens ist zu prüfen, ob derRückstellvorgang beim Reduktions- bzw. beim Verfor-mungsverfahren ordnungsgemäß erfolgt ist. Dazu kön-nen Kalibermolche oder Deformations- und Kaliber-messgeräte eingesetzt werden, mit denen einedeformationsfreie Rückstellung festgestellt werdenkann. PE-Rohre, die mit Ringraum eingezogen wurden,lassen sich ebenfalls mit den o. g. Geräten auf Defor-mationsfreiheit prüfen.

3.4.6.5 RingraumverfüllungDer beim Strangrelining und beim Langrohrreliningentstehende Ringraum zwischen dem Altrohr und demeingezogenen PE-Rohr kann offen bleiben oder verfülltwerden.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Für die Verfüllung spricht jedoch, dass:• die eingezogene Leitung eindeutig fixiert ist,• beide Rohre auch nach Jahrzehnten eine statische

Einheit bilden,• sich mit verfülltem Ringraum bei einer Beschädi-

gung des Altrohres keine gas- oder wassergefüll-ten Räume (Drainagewirkung) bilden.

VerfüllstoffAls Verfüllstoff hat sich ein hydraulisch abbindendesMaterial (Dämmer) bewährt. Dieses wie Wasser flie-ßende Material wird unter geringem Druck vom Lei-tungstiefpunkt in den Ringraum eingebracht. Zuvorsind alle Öffnungen des Altrohres zu verschließen. Anden Rohrenden sind Einfüllstutzen sowie Überlauf- undEntlüftungsrohre anzubringen. Der Einfülldruck ist aufden Zustand der alten Leitung und auf die Wanddicke(bzw. SDR-Verhältnis) der eingezogenen PE-Leitungabzustimmen. Das Einfüllmaterial hat eine Dichte vonca. 1,5 kg/l. Das PE-Rohr würde aufschwimmen undsich unter dem Rohrscheitel anlegen.

3.4.6.6 InbetriebnahmeAnschluss der Rohrleitung

Die eingezogene PE-Rohrleitung ist am Beginn, amEnde und eventuell in Zwischenbaugruben ins Netzeinzubinden. Dünnwandige Inliner sind durch Stützvor-richtungen, Klemmverbinder, Elektoschweißmuffenoder Sonderformstücke auf die Stabilität für den offe-nen Rohrgraben anzupassen. Die Verbindungen sindlängskraftschlüssig auszubilden und müssen das Krie-chen des Werkstoffes berücksichtigen. PE-Rohre ohneRingraumverfüllung sind in den Baugruben durch Ver-bau festzulegen.Der Inbetriebnahmevorgang für die eingezogene Rohr-leitung entspricht dem einer konventionell verlegtenund besteht aus folgenden Schritten:

• Füllen der Leitung, in der Regel mit Zugabe eines Desinfektionsmittels,

• Durchführung einer auf das Rohrmaterial abge-stimmten Druckprüfung (nach DIN 4279 „Innen-druckprüfung von Druckrohrleitungen für Was-ser“),

• Klarspülen, bis kein Desinfektionsmittel mehr nachzuweisen ist,

• Entnahme von bakteriologischen Proben,• Ansetzen der Proben und Auswerten nach vorge-

schriebener Reifezeit,• Inbetriebnahme durch Herstellen der Verbindun-

gen zum Netz.

3.4.6.7 Herstellen von Abzweigen und Anschlüssen

Werkzeuge

Abzweige für Versorgungs- oder Anschlussleitungensollten möglichst nach der Druckprobe hergestellt wer-den. Die freigelegte Altrohrleitung ist dazu aufzutren-nen. Für PE-Rohre, die nach einem Close-fit-Verfahren(Reduktions- bzw. Verformungsverfahren) eingezogenwurden, sind solche Fräser oder Rollenschneider (beiGG-Rohr) einzusetzen, die den Inliner beim Auftrennendes Altrohres nicht beschädigen.Auf dem durchgehenden Inliner lassen sich Ab-zweigsättel oder Anbohrarmaturen mit Aufschweißsät-

teln aufschweißen. Diese Sättel sind dem tatsächlichenAußendurchmesser des Liners anzupassen. Eine wei-tere Möglichkeit, Abzweige herzustellen, ist das Tren-nen des Inliners und der Einbau von Formstücken mitKlemmverschraubungen oder Schweißmuffen.Bei Leitungen ohne Ringraumverfüllung ist zu beach-ten, dass beim Schneiden des Liners dieser durch Span-nungsabbau verspringen kann.

3.4.6.8 DokumentationNach den DVGW Arbeitsblättern GW 320/I [DVGW,2000c] und GW 320/II [DVGW, 2000d] sind alle Pro-zessschritte wie folgt zu dokumentieren:

• Inspektionsprotokoll der Leitung: Wird eine opti-sche TV-Untersuchung durchgeführt, ist das Un-tersuchungsergebnis aufzuzeichnen und ein geson-derter Schadensbericht anzufertigen;

• Kaliber- und Deformationsmessung mit einem auf das entsprechende Verfahren abgestimmten Mess-gerät, das Ergebnis muss im Protokoll festgehalten werden;

• Reliningprotokoll mit mindestens folgenden An-gaben:• ausführendes Unternehmen, Datum, genaue

Ortsangabe, Länge, DN und Werkstoffe der Reliningmaßnahme, verantwortliche Fach-kraft;

• eingesetztes Rohrmaterial (Material, Stranglänge, Kennzeichnung);

• Identifikationsnummer des eingesetzten Zug- bzw. Schubgerätes;

• mittlere Rohrwandtemperatur beim Einzieh-vorgang, gemessen an zwei gegenüberliegen-den Messpunkten;

• verfahrensabhängige kontinuierliche Aufzeich-nung der beim Einbringen der Rohre auftretenden Zug- und/oder Schubkräfte;

• Baustellentagebuch, Winden- bzw. Schubgeräte-protokolle, Schweißprotokolle und Protokolle von Druckprüfungen;

• verfahrensabhängige kontinuierliche Dokumenta-tion der Druck- und Temperaturparameter wäh-rend der Rückverformung (bei Reduktions- und Verformungsverfahren).

3.4.7 Relining mit Stahl- und duktilen Guss-rohren

3.4.7.1 VerfahrensbeschreibungAufgrund des rückläufigen Wasserverbrauchs (Haus-halt und Gewerbe sowie wassersparende Technologiender Industrie) treten in vielen Rohrnetzen, besonders ingroßdimensionierten Leitungen, geringere Fließge-schwindigkeiten auf, so dass eine Reduzierung derDurchmesser (etwa ab DN 300) um eine oder zweiNennweitenstufen möglich ist.AnwendungsgebieteDieses Relining-Verfahren kann vorzugsweise inHaupt- oder Zubringerleitungen angewendet werden,da die verfahrensspezifischen Vorteile – große Ein-zugslängen ohne Zwischenbaugruben für Armaturenund Abzweige – bei diesem zum Tragen kommen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Die außen gegen Korrosion und mechanische Beschä-digung geschützten Stahl- oder Duktilguss-Rohre wur-den in Altrohrleitungen aus Grauguss, Stahl, oder As-bestzement im Nennweitenbereich von DN 300 bis DN1000 mit Hilfe von Winden eingezogen. Dabei ist dertechnische Zustand der Altrohre (Korrosionsschäden,Muffenundichtigkeit, Materialermüdung) von unterge-ordneter Bedeutung, da die neuen eingezogene Leitungstatisch ausreichend bemessen ist.Die Linienführung der Altrohrleitung mit den vorhan-denen horizontalen und vertikalen Abwinklungen mussden Einzug von Stahl- und duktilen Gussrohren zulas-sen.Die an der Trasse liegenden Abnehmer sind währendder Bauzeit über eine Ersatzleitung zu versorgen.Für jeden Leitungsabschnitt ist eine Einfädel- und Zieh-baugrube anzuordnen. Bei mehreren Leitungsabschnit-ten sind die Baugruben wechselweise vorzusehen. Dieneue Rohrleitung wird von der Einfädelbaugrube (1)zur Ziehbaugrube (2) mittels Seil gezogen. Dazu müs-sen die Rohrverbindungen, bei Stahlrohren durchStumpfschweißung bei Duktilguss-Rohren durch Muf-fenverbindungen zugfest ausgebildet sein.RohrmaterialienFolgende Rohrmaterialien haben sich für den Einzugbewährt:

• Stahlrohre nach DIN 2460 mit Zementmörtelaus-kleidung und verstärktem PE-Außenschutz mit Längsrippenstruktur. Die Rohrwanddicke sollte der von Rohren für die offene Verlegung entspre-chen.

• Duktilguss-Rohre nach DIN EN 545 mit Zement-mörtelauskleidung und PE-Außenbeschichtung mit zugfesten Muffenverbindungen (TYTON-SIT, NOVO-SIT, TKF, TIS-K, TKF-Z).

Die Nennweite der einzuziehenden Rohre muss beimEinsatz von Stahlrohren eine und bei Duktilguss-Roh-ren zwei DN-Stufen kleiner sein als die Nennweite desAltrohres.

3.4.7.2 Vorbereitung und Baustelleneinrich-tung

Die zu erneuernde Leitungsstrecke steht über die ge-samte Bauzeit für die Versorgung nicht zur Verfügung.Die Abnehmer sind durch oberirdisch verlegte PE-Lei-tungen oder mit trinkwasserzugelassenen Schläuchenzu versorgen; in den Wintermonaten sind die Ersatzver-sorgungen vor Frost zu schützen.Hindernisse ausbauenLeitungseinbauten, die nicht durchfahren werden kön-nen, wie Absperrklappen, Düker, Krümmerformstückeoder sonstige einengende Hindernisse, sind vor demRohreinzug auszubauen.Die Anordnung von Einfädel- und Ziehbaugruben kannin der Regel so erfolgen, dass der Verkehr an Haltestel-len (Bus, Straßenbahn), Straßenkreuzungen und Am-peln nicht beeinträchtigt wird. Das gilt auch für Bäume,Geschäftseingänge, Hauszufahrten u. Ä.Die Länge der Einziehabschnitte wird durch die Tech-nik der Rohrreinigung und der Kamerainspektion be-stimmt.

Es wurden bereits Einziehlängen von 360 m mit Duktil-guss-Rohren und 420 m mit Stahlrohren problemlos be-wältigt.BaugrubengrößenDie Baugrubenbreite ist von der Dimension der einzu-ziehenden Leitung abhängig; hierfür sind die Vorschrif-ten der EN 805 [DIN, 2000] zu Baugruben und Gräbenbeachten.Die Baugrubenlänge der Ziehgrube sollte ca. 3,5 m be-tragen, um die Seilführung mit den Umlenkrollen zu in-stallieren. Als Baugrubenlänge der Einfädelgrube hatsich ein Maß von 1,5 m zuzüglich der einzufädelndenEinzelrohrlängen als ausreichend erwiesen. Im inner-städtischen Bereich haben sich Stahlrohre mit 8 mLänge, bei Duktilguss-Rohren mit 6 m Länge bewährt.Damit ergeben sich Baugrubenlängen von 9,5 m fürStahl- und 7,5 m für Duktilguss-Rohre.Der Baugrubenverbau muss standfest sein (z. B. Stahl-verbau mit Spunddielen oder -bohlen, möglichst ohneSpreizen mit kräftigen aussteifenden Rahmen), da inund an den Baugruben längere Zeit gearbeitet wird.Nach Inbetriebnahme der Ersatzversorgung ist die zuerneuernde Leitung vom Netz zu trennen und zu entlee-ren. Aus den freigelegten Rohrstrecken der Altleitungsind in den Baugruben Rohrabschnitte herauszutrennen.

3.4.7.3 Rohrreinigung und InspektionAls Reinigungstechnik kann sowohl die mechanischeReinigung durch Kratzer und Gummischeiben als auchdie Hochdruckwasserstrahlreinigung angewendet wer-den. Bei der mechanischen Reinigung wird in den Lei-tungsabschnitt zwischen Einfädelbaugrube und Zieh-baugrube zunächst ein Seil eingezogen. MitFederkratzern und Gummischeiben werden Inkrustatio-nen und Restwasser aus dem Altrohr beseitigt und dasInkrustationsmaterial entsprechend den Umweltanfor-derungen entsorgt.An den Reinheitsgrad der Innenoberfläche werdenkeine hohen Anforderungen gestellt. Allerdings ist zuverhindern, dass sich beim Rohreinzug Inkrustations-material in Form eines Stopfens als Hindernis vor demZugkopf aufbaut.VideoaufzeichnungDie Streckenabschnitte sind anschließend mit Videoka-mera zu befahren, da auch bei sorgfältigster Leitungs-bestandsführung nicht ausgeschlossen werden kann,dass unbekannte Hindernisse, wie Leitungsversprünge,Düker, eingeschlagene Holz- oder Stahlpinne oder ein-gebeulte Rohre, vorhanden sind, welche den Rohrein-zug erschweren oder unmöglich machen. Für solcheBefahrungen haben sich Kameraeinheiten bewährt, dieeine farbige Videoaufzeichnung liefern und gleichzei-tig die vorhandene Rohrneigung messen, die ermitteltenDaten über das mitgeführte Kabel zum angeschlosse-nen Computer ins Messfahrzeug übertragen und proto-kollieren. Aus diesen kann vor Ort die Gradiente dervorhandenen Leitung dargestellt werden. Der Gradien-tenverlauf zeigt, ob der Freiraum für die einzuziehendeLeitung auch bei vertikal abgewinkelten Muffen desAltrohres ausreicht, um den neuen Rohrstrang durch-ziehen zu können. Die Videoaufzeichnungen sollten zu-

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

mindest bis zum erfolgreichen Abschluss der Baumaß-nahme aufbewahrt werden.

3.4.7.4 RohreinzugDuktil-Gussrohre

Erlaubt die Netzstruktur eine Reduzierung der neuenLeitung um zwei Nennweiten oder weist die Trasse derAltleitung lang gezogene Bögen mit Abwinklungen inden Muffen auf, bieten sich Duktilguss-Rohre mitSteckmuffenverbindungen an.Der Kopf des gezogenen Rohrstranges muss aus einemkonischen Bauteil (z. B. Muffenreduktion MMR-Stück)bestehen, an dem das Zugseil angeschlagen wird. DieÖffnung des MMR-Stückes in Ziehrichtung ist zu ver-schließen, damit keine Restinkrustation ins neue Rohrgelangen kann. Der Rohrstrang ist mit dem Ein-steckende voraus zu montieren. Er gleitet beim Einzie-hen auf den Muffenkanten.Zum Schutz der Muffen und der Nachisolierung wirdüber die Muffe ein Blechkonus mit einer Wanddickevon ca. 0,75 mm, geschoben. Dieser reduziert die Rei-bung, so dass sich die Muffenverbindung durch die ko-nische Ausbildung nicht in Muffenspalten bzw. Spit-zendabständen von Überschiebern verklemmt.Auf Abstandhalter wird bewusst verzichtet, da die Ge-fahr besteht, dass diese sich in Muffen oder Überschie-bern der Altleitung festsetzen könnten. Die Punktlage-rung auf den Muffen wird durch das Verfüllen desRingraumes mit hydraulisch abbindendem Material(Dämmer) beseitigt.Die Rohrverbindungen werden in der Baugrube herge-stellt, nachisoliert und mit Blechkonen versehen. DurchFunkabstimmung mit dem Windenführer wird derStrang um eine Rohrlänge vorgezogen. Die Stranglängewächst so taktweise, bis die Ziehgrube erreicht ist, wo-bei Taktzeiten von 10 bis 20 Minuten je Rohr realisiertwerden.Nach diesem Verfahren wurden Duktilguss-Rohre vonDN 150 bis DN 500 eingezogen. Dabei wurdenStranglängen von 360 m erreicht; auch größere Ab-schnittslängen sind bei gerader Linienführung möglich.StahlrohreBei einigermaßen gerader Linienführung, und wenn einmöglichst großer Querschnitt erhalten bleiben soll, bie-tet sich der Einsatz von Stahlrohren an. Es werdenRohre mit Zementmörtelauskleidung mit einer ver-stärkten PE-Außenbeschichtung eingesetzt. DieStumpfschweißnähte werden vorzugsweise mitSchrumpfschläuchen nachisoliert. Rohrlängen von 8 mLänge sind im innerstädtischen Bereich gut zu handha-ben; größere Baulängen erfordern sehr lange Baugru-ben.Vor das erste Rohr ist ein geschlossener Stahlkonus zuschweißen, an dem auch das Zugseil anzuschlagen ist.Jedes Rohr wird auf der Außenisolierung gleitend soweit ins Altrohr gezogen, dass etwa 0,5 m in der Bau-grube sichtbar verbleiben. Dann kann die Schweißver-bindung mit dem folgenden Rohr hergestellt und nachi-soliert werden. Dieser Vorgang wiederholt sichtaktweise, bis der Kopf des Stranges die Zielgrube er-reicht hat. Zur Minderung der Gleitreibung wird jedesRohr mit Schmierseife eingestrichen. Auch bei Stahl-

rohren wird auf Abstandhalter verzichtet, da sie anKanten im Altrohr hängen bleiben können.Eingesetzt wurden bisher hochfrequenz-induktiv ge-schweißt Stahlrohre mit Längsnaht, PE-Beschichtungund zusätzlicher PE-Längsrippenumhüllung. DieseUmhüllung wurde ursprünglich für die Grabenverfül-lung mit Steinen entwickelt. Nach dem Durchziehenwurden bisher keine Beschädigungen der PE-Beschich-tung, die bis zur Stahlaußenwand reichen, festgestellt.Da der Ziehkopf immer in die Baugrube hineingezogenwird, kann bei jedem Strang der am intensivsten bean-spruchte Teil der Umhüllung hinsichtlich möglicherSchäden beurteilt werden.Schweißzeit bestimmt BaufortschrittEs wurden bereits Stranglängen von 420 m (z. B. DN400 in DN 600) eingezogen. Dabei sind Tagesleistun-gen von bis zu 11 Rohren (88 m) erreicht worden. DieEinziehleistung wird im Wesentlichen von derSchweißzeit bestimmt. Die hohe mechanische Bestän-digkeit der Umhüllung hat ihre Eignung für die Belas-tung beim Rohreinzugsverfahren bei mehr als 20 kmeingezogenen Stahlrohren erwiesen.

3.4.7.5 ZugkräfteDas Einziehen erfolgt mit Kabelzugwinden, welche mitDiagrammschreibern für Ziehkräfte und Ziehgeschwin-digkeiten ausgerüstet sein sollten. Um Seile und Muf-fenverbindungen nicht zu überlasten, sind Maximalzug-kraftbegrenzer vorzusehen. Die zulässigen Zugkräftefür längskraftschlüssige Rohrverbindungen vomGGG-Muffenrohren sind von der gewählten Rohrver-bindung abhängig – TYTON-SIT, NOVO-SIT, TKF-Z,TIS-K oder TKF; außerdem von der Nennweite derRohre. Bis geschweißten Stahlrohren sind sie Nennwei-tenabhängig. Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dassWinden mit Zugleistungen von max. 100 kN für dasEinziehen der Rohre ausreichen.

3.4.7.6 Verfüllen des RingraumesGründe für die Ringraumverfüllung

Der Ringraum zwischen dem Altrohr und dem eingezo-genen Rohr sollte aus mehreren Gründen immer ver-füllt werden. Durch die Verfüllung

• wird die eingezogene Leitung eindeutig fixiert,• bilden beide Rohre auch nach Jahrzehnten eine

statische Einheit,• können sich bei einer Beschädigung des Altrohres

keine gas- oder wassergefüllten Räume (Drainage-wirkung) bilden,

• erhalten die auf den Muffen liegenden eingezoge-nen Duktilguss-Rohre nach dem Abbinden ein vollflächiges Auflager,

• bildet das System Altrohr/Neurohr/Verfüllung ge-gen Baggerangriffe eine kompakte widerstandsfä-hige Einheit.

Dämmer zur RingraumverfüllungAls Verfüllstoff hat sich ein fließfähiges, hydraulischabbindendes Material (Dämmer) bewährt. Durch seinehohe Alkalität (um pH 12) wird ein zusätzlicher Korro-sionsschutz gewährleistet. Das Einfüllen des wie Was-ser fließenden Dämmers muss zur sicheren Entlüftunggegen die Gefällerichtung erfolgen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Die Ringraumenden der Einziehstrecke sind vor demEinfüllen zu verschließen. Dabei ist der vom Verfüllm-aterial und eventuell von der Fülleinrichtung aufge-brachte Druck zu berücksichtigen. Der Druck ist aufden Zustand der Altleitung abzustimmen. An den Roh-renden sind Einfüllstutzen sowie Überlauf und Entlüf-tungsrohre anzubringen. Der eingezogene Leitungs-strang ist mit Wasser zu füllen, um ein Aufschwimmenim dämmergefüllten (ca. 1,5 kg/l – 1,6 kg/l) Ringraumzu vermeiden.

3.4.7.7 InbetriebnahmeBesteht die erneuerte Leitung aus mehreren Strecken-abschnitten, sind in den Baugruben durch Einbau vonPassstücken die Leitungsverbindungen herzustellen.Bei Bedarf können Dehner angeordnet werden.InbetriebnahmeablaufDie Inbetriebnahme erfolgt mit folgenden Arbeits-schritten:

• Füllen der Leitung, in der Regel mit Zugabe von Desinfektionsmittel,

• Druckprüfung,• Klarspülen, bis keine Desinfektionsmittelreste

mehr nachzuweisen sind,• Entnahme von bakteriologischen Proben,• Ansetzen der Proben und Auswerten nach vorge-

schriebener Bebrütungszeit,• Inbetriebnahme durch Herstellen der Verbindun-

gen zum Netz.

3.4.7.8 Herstellen von Abzweigen und Anschlüssen

Abzweige für Versorgungsleitungen oder Hausan-schlüsse lassen sich mit Anschweißstutzen vor odernach der Inbetriebnahme herstellen. Aus dem Altrohrwird mittels Trennschleifer ein Fenster herausgeschnit-ten. Nach dem Abnehmen des Rohrschalenstückes lässtsich kontrollieren, ob der „Dämmer“ den Ringraumausfüllt. Der „Dämmer“ wird im Bereich des Fenstersbeseitigt und die PE-Beschichtung des neuen Rohresentfernt. Nach dem Anschweißen von Stutzen oderMuffen und der Montage von Schiebern bzw. Anbohr-armaturen können Abzweige hergestellt werden.Das Schweißen an wassergefüllten Duktilguss-Rohrenist unter Einhaltung folgender Bedingungen zugelas-sen:

• Duktilguss-Rohrwanddicke > 6 mm,• Zementmörtelauskleidung zur Reduzierung des

Wärmeabflusses,• kein Wasserdurchfluss während und unmittelbar

nach der Schweißarbeit,• beachten der Schweißvorschriften.

Jede Schweißnaht ist durch Inaugenscheinnahme aufäußere Nahtfehler und mittels Farbeindringverfahrenauf Risse zu prüfen.Das beschriebene Verfahren birgt keine besonderentechnischen Risiken in sich und es werden keine hochtechnisierten Einrichtungen benötigt.

EinsparungenDer Kostenvergleich mit fiktiven konventionellen Lei-tungserneuerungen hat Einsparungen in Höhe von 25 %bis 50 % gezeigt. Die Höhe der Einsparungen ist abhän-gig von:

• der Länge der Einzugsstrecken,• der Dichte von Abzweigen und Hausanschlüssen,• der Wertigkeit (und damit der zugehörigen Kos-

tengröße) nicht aufgebrochener Oberflächen,• der Erfahrung des Teams.

3.4.8 Press- und Ziehverfahren für Haupt- und Versorgungsleitungen

3.4.8.1 Press-/Ziehverfahren nach GW 322 (für Gas- und Wasserrohrleitungen!)

Das Press-Ziehverfahren wurde entwickelt für die tras-sengleiche Auswechslung von Druckrohrleitungen derGasversorgung und Wasserversorgung. Es ist geeignetfür alle in der Gas- und Wasserversorgung zugelasse-nen Rohrmaterialien und Druckstufen. Das Verfahreneignet sich für die Auswechslung vorhandener Rohreaus Grauguss (GG), Duktilguss (GGG), Stahl (St), Fa-serzement (alte Bezeichnung AZ – Asbestzement) undKunststoff.Der Durchmesser der neuen Rohre ist weitgehend un-abhängig vom Durchmesser der auszutauschendenRohre; bei kleineren neuen Rohren ist der Ringraum zuverdämmen.Anforderungen an die FachunternehmenDie mit der Ausführung beauftragten Unternehmenmüssen die erforderliche Qualifikation nach GW 301[DVGW, 1999c] sowie die Zusatzgruppen „R“ (Reha-bilitation) und „GN“ (Grabenlose Neulegung) besitzen.Für die Bedienung der gerätetechnischen Ausrüstungist geschultes Personal einzusetzen.Anforderungen an das RohrmaterialDie eingesetzten Rohre müssen längskraftschlüssig seinbzw. zugfeste Verbindungen besitzen. Beim Einziehendürfen die zulässigen Zugspannungen des Rohrmateri-als und der Verbindungen nicht überschritten werden.Der Außenschutz des Rohrmaterials auch für zusätzli-che Umhüllung bzw. Ummantelung ist zu gewährleis-ten; Biegeradien, Reibungskräfte und Baugrund sind zuberücksichtigen.Die PE-Rohre müssen den DVGW-Arbeitsblättern G477 [DVGW, 1983a] und GW 320 [DVGW, 2000c],[DVGW, 2000d] entsprechen.

Tab. 3.31: SDR-Reihung und zulässige Betriebsdrücke (bar) für PE in der Gas- und Wasserverteilung (auszugsweise)

Rohrreihen PE 80 PE-Xa PE 100

Gasverteilung SDR 11 4 8 10

SDR 17 1 – 4

SDR 17,6 1 – –

Wasservertei-lung

SDR 7,4 20 20 –

SDR 11 12,5 12,5 16

SDR 17 – – 10

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Für Zugkräfte und Mindestbiegeradien und Beulfestig-keit gelten weitere Festlegungen.Sind Beschädigungen durch unzulässige Bodenverhält-nisse auf der Rohraußenseite zu erwarten, sindPE-Rohre mit zusätzlichem Außenschutz zu verwen-den.Stahlrohre sind nach DIN 2470 Teil 1 „Gasleitungenmit zulässigen Betriebsdrücken bis 16 bar; Anforderun-gen an Rohrleitungsteile“ bzw. Teil 2 für Betriebdrücke> 16 bar einzusetzen. Als Außenschutz gegen mechani-sche Beschädigungen während des Einziehvorgangessind entsprechende Ummantelungen erforderlich (z. B.Zementmörtelummantelung).Für Gasleitungen sind Duktilgussrohre nach DIN EN969 „Rohre, Formstücke und Zubehörteile aus duktilemGusseisen und ihre Verbindungen für Gasleitungen;Anforderungen und Prüfverfahren“ einzusetzen. AlsAußenschutz gegen mechanische Beschädigungenwährend des Einziehvorganges sind bei Duktilgussroh-ren entsprechende Ummantelungen erforderlich (z. B.Zementmörtelummantelung).

Vorbereitende Arbeiten und AusführungAnforderungen an das vorhandene RohrVor Beginn der Press-Zieharbeiten sind alle erforderli-chen Daten der Altrohrleitung zur Leitungsbeschaffen-heit und zu Hindernissen zu erfassen wie Rohrdurch-messer und Werkstoff, Nennweiten undMaterialwechsel, Nennweitenwechsel, Richtungsände-rungen, Überdeckungshöhe, Richtungsänderungen, ho-rizontale und vertikale Rohretagen, Abzweige oder An-schlüsse, Wassertöpfe, Armaturen, Formstücke undSchellen.ReinigungFür die Durchführung des Verfahrens werden keine be-sonderen Anforderungen an die Reinigung der Altrohr-leitung gestellt, jedoch ist bei Gasleitungen zu prüfenob kontaminierte Ablagerungen vorhanden sind (z. B.Verunreinigungen durch Teer aus der Zeit des Stadtga-seinsatzes, Quellmittel, Abdichtungsharze oder andereDichtungsmittel aus Reparaturmaßnahmen). Diese sindfachgerecht zu entsorgen.Anforderungen an das VerfahrenDas Press-/Ziehverfahren muss insbesondere folgendeAnforderungen erfüllen:

• Vermeidung von dynamischen Energien durch eine erschütterungsfreie Betriebsweise, damit Schäden an benachbarten Bauwerken im Sinne von anderen Rohrleitungen und der Vegetation durch Abriss von Haarwurzeln verhindert werden;

• restlose Entfernung des alten Rohres aus dem Bo-den;

• Möglichkeit der Nennweitenänderung;• Anwendung in bindigen und nichtbindigen Boden-

arten;• für die Auswechslung von Asbestzementrohren

Anerkennung als standardisiertes Verfahren nach TRGS 519;

• Ausschluss von Montagearbeiten unter Last in Baugruben (UVV);

• Kompensation von Abweichungen zwischen Rohr- und Maschinenachse durch hydraulischen

Widerlagerausgleich (zur Sicherstellung der axia-len Krafteinleitung der hohen Zugkräfte während des gesamten Ziehvorganges);

• Vermeidung von Wechselbelastungen des Wider-lagers durch Vorspannung der Zugstangen (zur Vermeidung von Grundbrüchen);

• Zerstörung des Altrohrmaterials während des Ziehvorganges durch vom Baugrubenrand aus be-dienbare, mechanisierte Schneid- bzw. Knackvor-richtung (UVV);

• Messung und kontinuierliche Überwachung der auf den Neurohrstrang wirkenden Zugkraft zur Vermeidung der Überschreitung der zulässigen Belastung (Qualitätssicherung);

• Vollflächige Übertragung der Zugkraft auf das Altrohr; das neue Rohr darf nur durch Nach-schleppkräfte belastet werden (Qualitätssiche-rung).

Der Rohrstrang darf beim Einbringen nicht überbean-sprucht werden. Die zulässigen Zugkräfte sind abhän-gig von den Rohrwerkstoffen und in GW 322 [DVGW,2003a] festgelegt.BaugrubenFür Baugruben gelten die Festlegungen der Vorschrif-ten zu Baugruben und Gräben, Arbeitsraumbreiten undVerbau.Die Dimensionierung der Einbringbaugrube ist vomWerkstoff abhängig (Stahl und Guss Rohrlänge + ca.1,5 m , PE wie bei Rohrstrang-Relining – siehe Abb.3.78), die Abmessungen der Maschinenbaugrube sindabhängig von der Rohrziehanlage und bautechnischenGegebenheiten. Für die Maschine ist ein entsprechen-des Widerlager auszubilden.Die Zwischenbaugrube sind abhängig von der Trenn-vorrichtung (z. B. Berstkegel) für das Altrohrmaterial.Inspektion der AltrohrleitungIm Rahmen der Inspektion ist festzustellen, ob Hinder-nisse (unbekannte Abgänge, Formstücke usw.) oderkontaminierte Ablagerungen vorhanden sind, welchefachgerecht zu entsorgen sind. Die TV-Inspektion ist zuprotokollieren.Maschinentechnische AusrüstungDie maschinentechnische Ausrüstung muss so gestaltetsein, dass alle prozesstechnischen Daten durch Prüf-,Mess- und Regeleinrichtungen gesteuert, überwachtund aufgezeichnet werden können.Die Fachfirmen müssen die Vorschriften für

• Sicherheit,• Lärmschutz und• Reinhaltung von Luft, Boden und Wasser erfüllen.

Kontrolle auf der Baustelle

Die Kontrolle auf der Baustelle umfasst die• Anlieferung und Lagerung der Rohrmaterial und

die• verfahrenstechnische Gütesicherung entsprechend

den Rohrwerkstoffen, z. B. Schweißen von PE und Stahl oder Herstellung der Muffenverbindungen bei Duktilgussrohrleitungen sowie die nachträgli-che Umhüllung der Rohrverbindungen.

BaugrubenDie Dimensionierung der Einbringgrube ist abhängigvom eingesetzten Verfahren.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Beim Rohrstrangrelining wird außerhalb der Baugrubeverschweißt, beim Langrohrrelining innerhalb der Bau-grube. Dadurch richtet sich beim Rohrstrangrelining dieLänge der Baugrube nach den Biegeradien der

PE-Rohre sowie nach der Tiefenlage der zu rehabilitie-renden Rohrleitung (siehe Formel 3.7 und Formel 3.8und Abb. 3.78).

Abb. 3.78: Länge der Einbringgrube bei PE-Rohrleitungen

Formel 3.7: (3.7)

H Rohrsohlentiefe [m]R zulässiger Biegeradius [m]L Länge der Einbringbaugrube [m]

Formel 3.8:Bei kleinen Rohrdimensionen (bis DN 300) kann dieLänge nach Formel 3.8 reduziert werden.

(3.8)Ringraumverfüllung und NetzanbindungBei Nennweitenverkleinerungen entsteht ein Ringraum,der durch geeignete Maßnahmen zu verfüllen ist. DieAuswahl des Verfüllmaterials ist abhängig von der Bo-denart, z. B. in bindigen Böden mit einer Wasser-Ze-mentsuspension.Die Verfüllung hat zum Ziel

• Vermeidung unzulässiger Gasansammlungen in Hohlräumen (durch Permeation),

• Fixierung des Rohres,• Vermeidung von Bodenabsenkungen bei Versagen

des alten Rohres,• Vermeidung von Drainagewirkungen im sonst

freien Raum.Die Netzanbindung erfolgt in offener Bauweise an be-liebiger Stelle (z. B. Anbohren für Hausanschlüsse).Dokumentation und RückverfolgbarkeitJede Rohrauswechslung ist zu dokumentieren

• Inspektionsprotokoll,• Baustellenprotokoll (ausführende Unternehmen,

Ortsangabe, Werkstoffe, Einbaubedingungen wie Temperatur, Schub- und Zugkräfte usw.),

• Protokoll über Druckprüfung (Dichtheitsnach-weis).

In Abstimmung mit dem Auftraggeber ist die Eigenü-berwachung durchzuführen (Wareneingangskontrolle,Überwachung Schweißarbeiten usw.).

3.4.8.2 Press-/Ziehverfahren – hydros

Das hydros@PLUS-VerfahrenDas hydros@PLUS-Verfahren wurde von der KarlWeiss GmbH&Co Berlin für die grabenlose Auswechs-lung von Versorgungsleitungen in der Trinkwasser-und Gasversorgung entwickelt. Es ist anwendbar vonDN 80 bis DN 400 vorzugsweise bis zu Streckenlängenvon 150 m.

Vorbemerkungen zum Press- und Ziehverfah-renIn Berlin sind von der Unternehmensgruppe Karl Weißfür den Druckrohrbereich umweltschonende, wirt-schaftliche Verfahren entwickelt und weltweit paten-tiert worden, die es erlauben, Asbestzement-, Stahl-und Gussleitungen der Nennweiten DN 25 bis DN 400in geschlossener Bauweise in gleicher Trasse gegenPE-HD, duktile Guss- oder Stahlleitungen auszuwech-seln. Bei kleinen Nennweiten, im Bereich von Hausan-schlussleitungen, ist auch die Möglichkeit gegeben,Bleileitungen grabenlos auszuwechseln. Weiterhin kön-nen mit dem Verfahren neue Rohrleitungen ausPE-HD, duktilem Gusseisen oder Stahl lasergesteuert inden Nennweiten DN 100 bis DN 600 in neuer Trasseverlegt werden, genauso auch Hausanschlussleitungen.

L H 4 R H–⋅( )⋅ [m]=

L ′ H 2 R H–⋅( )⋅ [m]=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.79: hydros-Verfahren Verfahrensprinzip [FGR, o.J.]

Folgender Verfahrensablauf wird angewendet:• Erstellen der Maschinen- und Rohrbaugrube,• Einziehen des Zuggestänges,• Einbau der Rohrzieheinrichtung,• Verbinden des Alt- und Neurohrs mit Übergangsa-

dapter (gegebenenfalls gleichzeitiges Aufweiten),

• hydraulisches Ziehen des Altrohres mit angekop-pelten Neurohr in Rohrzieheinrichtung hy-dros@850 (ca. 85 t Zugkraft),

• bei Rückhub zerstört der Spaltkegel das spröde Gussrohr,

• schrittweises Ankoppeln der neuen Rohre in der Rohrbaugrube.

Abb. 3.80: Lageplan [FGR, o.J.]

Weitere VorteileWeitere Vorteile des Verfahrens sind die geräuscharmeund erschütterungsfreie Betriebsweise, eine wirtschaft-liche Auswechselung von Rohrleitungen insbesondereim Fahrbahnbereich sowie ein Unterfahren von Hinder-nissen und Bäumen.Das Verfahren eignet sich somit besonders für inner-städtische Bereiche mit hoher Leitungsdichte, Überbau-ung und Überpflanzung der Leitungstrassen, aufwendi-gen Konstruktionen von Straßendecken und hohemVerkehrsaufkommen.

Vorteile und Anforderungen an das hydros-VerfahrenBei den hydros-Verfahren (hydraulisches Rohrzug-und Spaltverfahren) wird die auszuwechselnde Rohrlei-tung mit Hilfe von hydraulisch arbeitenden Zieheinhei-ten aus dem Erdreich entfernt und die neu einzubrin-gende Leitung im gleichen Arbeitsgang in die alteRohrtrasse eingebracht.VorteileIm Vergleich zur konventionellen offenen Bauweiseergeben sich hierbei folgende Vorteile:

• Verringerung von Straßenaufbrüchen und Erdar-beiten bis über 80 %,

• Reduzierung der Beeinträchtigungen des Verkehrs und der Bürger auf ein absolut notwendiges Mini-mum,

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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• Minimierung der Bewegung großer Bodenmassen für die Herstellung und Wiederverfüllung von Baugräben,

• Minimierung der durch Maschinen hervorgerufe-nen Umweltbelastungen wie z. B. Lärm, Erschüt-terungen und Schadstoffe,

• Verringerung der Unfallgefahren auf den Baustel-len, da tiefe und sehr enge Baugräben zum größten Teil entfallen,

• Verhinderung der Beschädigung von Wurzeln bei überpflanzten Leitungstrassen,

• unter der Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Entsorgung der Altrohre ist das hydros-Verfahren ohne strafrechtliches Risiko anwendbar und

• stellt eine im Allgemeinen sehr wirtschaftliche Bauweise dar, besonders im innerstädtischen Be-reich.

AnforderungenDie Anforderungen an das hydros-Verfahren könnenwie folgt beschrieben werden:

• Möglichkeit der Nennweitenvergrößerung,• Anwendung in bindigen und nicht bindigen Bö-

den,• geringes Gerätevolumen und Gewicht,• gute Bedienbarkeit aller Geräte,• geringer Platzbedarf für die Baustelleneinrichtung

besonders im Hinblick auf den Einsatz im inner-städtischen Bereich,

• restlose Entfernung des alten Rohres aus dem Bo-den; im Interesse des Umweltschutzes werden kein Abfall oder totgelegte Leitungen im Boden belassen (damit wird das Berliner Straßengesetz erfüllt, nicht benötigte Rohrleitungen aus dem Erdreich zu entfernen und damit eine Überbele-gung des unterirdischen Bauraums zu vermeiden),

• erschütterungsfreie Arbeitsweise bei der Aus-wechselung und

• aufgrund einer sehr leisen Arbeitsweise mit einer Lärmemission von unter 55 dB (A) erhielt das hy-dros-Verfahren im Bundesland Berlin eine Aus-nahmegenehmigung für einen 24-Stunden Betrieb.

Verfahrensbeschreibung – Auswechslung von Rohrleitungen

Auswechslung von Versorgungsleitungen im hydros@PLUS-VerfahrenDie einzelnen hydros-VerfahrenDas hydros®PLUS-Verfahren findet Anwendung beider grabenlosen und trassengleichen Auswechselungvon Versorgungsleitungen in den Nennweiten DN 100bis DN 400. Hierzu wird eine Startbaugrube zur Ein-bringung der neuen Rohre und eine Maschinenbau-grube zur Aufnahme des Ziehgerätes hergestellt.Nach dem Ausbau der alten Leitungen in der Start- undMaschinenbaugrube wird auf der Sohle der Startbau-grube eine Rohrführungsschiene zur Aufnahme der ein-zuziehenden Rohre eingebaut. In die auszuwechselndeRohrleitung werden Zugstangen mit Grobgewinde, dieüber Kupplungsmuffen miteinander verbunden werden,eingeschoben. Das Zuggestänge wird im Übergangsad-apter verankert, so dass die Zugkräfte bei dem Aus-

wechselungsvorgang nur auf das alte Rohr wirken. Dasneue Rohr wird zeitgleich mit dem Rohrausbau über einweiteres im Übergangsadapter befestigtes Sicherungs-gestänge und einer Sicherungsplatte hinterhergezogen.Somit werden die auf den neuen Rohrstrang wirkendenKräfte minimiert, wodurch vorhandene Muffenverbin-dungen vor einem Auseinanderziehen geschützt wer-den. Bei einer Verwendung von zugfesten Rohrverbin-dungen (z. B. VRS) oder Schweißverbindungen wirdauf den Einsatz des Sicherungsgestänges verzichtet,wodurch die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens weitererhöht wird. Der Übergangsadapter ist auf die Rohrab-messung des auszuwechselnden Rohres abgestimmtund wird bei Vergrößerung der Nennweiten als Auf-weitkegel ausgebildet. In der Zielbaugrube befindetsich die hydraulische Zieheinheit mit einer Widerlager-platte aus Stahl mit entsprechend auf die auszuwech-selnde Dimension abgestimmter Öffnung, die einerseitsder Abstützung der Zieheinheit dient, andererseits einHerauslösen des Bodens aus der Rohrtrasse verhindert.Um beim Auswechseln der Rohrleitungen eine voll-ständige Entfernung des alten Rohrmaterials aus demErdreich zu gewährleisten, wird unterhalb des Spaltke-gels in den Zwischenbaugruben bzw. in der Maschinen-baugrube grundsätzlich ein Schrottkasten eingebaut.An die Widerlagerplatte sind zwei waagerechte Zylin-der montiert, mit deren Hilfe die alten Rohre über dasZuggestänge in die Maschinenbaugrube gezogen wer-den. Das Zuggestänge wird mittels hydraulischerKlemmeinrichtung und einer Traverse kraftschlüssigmit den Zugzylindern verbunden. Für kleinere Nenn-weiten bis DN 150 hat sich eine kompakte Rohrziehan-lage mit 550 kN Zugkraft bewährt. Für größere Nenn-weiten stehen Anlagenvarianten bis 1250 kN zurVerfügung. Weiterhin verfügt diese Anlage über einehydraulisch gelagerte Widerlagerplatte.WinkelversätzeHierbei ist die Widerlagerplatte über vier hydraulischvorgespannte Zylinder mit der Zieheinheit verbunden.Durch diese Lagerung können automatisch Winkelver-sätze am Widerlager durch die Platte kompensiert wer-den, so dass keine Querkräfte von der Anlage aufge-nommen werden müssen. Der maximal zukompensierende Winkelversatz beträgt 7°, bei größerenWinkelversätzen schaltet die Anlage durch eine End-schalterbetätigung automatisch ab.Nach einem maximalen Hub von 400 mm werden dieZylinder durch einen Rückwärtshub in die Ausgangs-stellung zurückgefahren. Hierbei knackt ein Spaltkeilmit sternförmig angeordneten Spaltmessern die altenRohre. Das Zuggestänge wird durch eine automatischeAbdreheinrichtung getrennt. Während des Spaltvor-gangs bleibt die auszuwechselnde Rohrstrecke unterVorspannung, um Verluste des Hubwegs durch elasti-sche Verformungen des Rohrstranges zu verhindern.Die gesamte Anlage wird aus Sicherheitsgründen voneinem Bediener außerhalb der Maschinenbaugrube ge-steuert.AuswechsellängenDie möglichen Auswechsellängen werden vom Rohr-durchmesser, Nennweitensprüngen und der Bodenartsowie von der Leistung der Rohrziehanlage bestimmt.Im Normalfall werden in Abständen von 15 m bis 50 müber die gesamte Ziehstrecke Zwischenbaugruben für

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Hausanschlüsse hergestellt. Die Auswechselung einerRohrstrecke erfolgt dabei in gesamter Länge ohne Um-setzen der Zieheinheit, wobei die gesamte Baumaß-nahme in mehrere, durch die Zwischenbaugruben un-terbrochene Rohrabschnitte unterteilt wird. Dieeinzelnen Rohrabschnitte werden dann nacheinanderkontinuierlich von einem in der Maschinenbaugrubepositionierten Ziehgerät über den in die jeweiligen Zwi-schenbaugruben eingesetzten Spaltkeil gezogen undzerstört. In der Praxis haben sich Auswechsellängen jenach Bodenart und Rohrabmessung von 100 m bis 150m als durchführbar erwiesen. Unter günstigen Boden-verhältnissen konnten Einzelziehstrecken (zwischenzwei Zwischenbaugruben) von über 100 m realisiertwerden.Die vom Technischen Überwachungsverein Berlin(TÜV) durchgeführten Lärmessungen (in Übereinstim-mung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zumSchutz gegen Baulärm – Geräuschimmission) ergabenin einem Abstand von 7 m Immissionswerte von 54,5dB (A), so dass dieses Verfahren in Wohngebieten undim Nahbereich von Krankenhäusern, Kurgebieten usw.sowie im Schichtbetrieb eingesetzt werden kann.

Erneuerung von Versorgungsleitungen aus sprödbrechenden Rohrwerkstoffen mit dem hydros®SAFETY-VerfahrenDas hydros®SAFETY-Verfahren wurde entwickelt zurgrabenlosen und trassengleichen Erneuerung von vor-handenen Grauguss- und Asbestzementleitungen. Da-bei werden nach dem Prinzip des Berstlining-Verfah-rens neue Leitungen, vorzugsweise PE-Rohre, in dievor Ort aufgebrochenen Graugussrohre eingezogen. Das hydros®SAFETY-Verfahrens verhindert eine Be-rührung des neuen Rohrstranges mit den Gussrohr-scherben, da das neue Rohr bereits während des Ein-baus von einer Schutzschicht aus einem abbindenden,thixotropen, stabilisierenden Füllmittel umgeben ist.Die dafür entwickelte Verfahrenstechnik sorgt für eineSchutzschicht in gleichmäßiger und definierter Dickeum das ganze Rohr. Damit das noch nicht abgebundeneFüllmittel nicht in Hohlräume abfließen kann, wird dasneue Rohr mit einem Schutzschlauch aus Gewebe um-hüllt, der sinngemäß als Schalung für das Füllmittel(Stützflüssigkeit) fungiert. Damit wird erreicht, dass dieneuen Rohre nie mit den verfahrensbedingt entstande-nen Altrohrscherben in Berührung kommen. Eine Beschädigung des Schutzschlauchs wird dadurcherreicht, dass das Gewebe während des Erneuerungs-vorgangs gegenüber den Scherben völlig still steht.Hierzu befindet sich der Schutzschlauch zu Beginn derErneuerung in einer Schlauchpatrone aus Stahl. Dasfreie Ende des Schutzschlauchs wird an der Schleuse inder Startbaugrube befestigt. Wird der Erneuerungsvor-gang begonnen, dann zerstört der Schneidkopf das alteGraugussrohr. Die Scherben werden vom Aufweitkopfund der Schlauchpatrone, die sich durch den scharfenGussrohrschrott bewegt, verdrängt. Der Schutzschlauchhingegen wird dabei kontinuierlich von der Schlauch-patrone freigegeben, steht dadurch gegenüber denScherben völlig still und kann somit nicht beschädigt

werden. Im gleichen Arbeitsgang wird auch dasPE-Rohr mit einem Abstandshalter umwickelt und indiese Schalung eingezogen.Das hydros®SAFETY-Verfahren kann ohne Zwischen-baugruben auf Einzellängen von bis zu 125 m durchge-führt werden.

Neulegung von Versorgungsleitungen im hydros®STAR-VerfahrenDas hydros ®STAR-Verfahren steht für die grabenloseNeurohrlegung von Druckrohrleitungen bis zu einemDurchmesser von DN 600 und Abschnittslängen bis100 m zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um eineWeiterentwicklung des hydros®PLUS-Verfahrens. Eskönnen auch Rohrauswechslungen mit großen Durch-messerdifferenzen, wie z. B. DN 100 gegen DN 400,durchgeführt werden. Die Vorteile des Verfahrens sind eine geräuscharmeund erschütterungsfreie Betriebsweise, eine wirtschaft-liche Neulegung von Rohrleitungen insbesondere imFahrbahnbereich sowie ein Unterfahren von Hindernis-sen und Bäumen.Im ersten Verfahrensschritt werden die Start- und Ziel-baugruben hergestellt. Anschließend wird eine Pilot-bohrung hergestellt und mit Hilfe eines Steuerkopfesund einer Steuerung eine Zielgenauigkeit von 1 cm auf20 m Bohrlänge realisiert. Nach dem Erreichen derZielbaugrube wird das Pilotgestänge zurückgezogenund gleichzeitig in die hergestellte Pilotbohrung dasZuggestänge eingezogen. Im zweiten Verfahrensschritt wird bei Nennweiten bisDN 150 das Zuggestänge mit einem Aufweitkopf ver-bunden. Der an den Aufweitkopf angekoppelte neueRohrstrang wird im Bodenverdrängungsverfahren indie zuvor hergestellte Trasse eingezogen. Bei Nennwei-ten ab DN 200 wird das Zuggestänge an einen soge-nannten Spülkopf angehängt und am Spülkopf über ei-nen Übergangsadapter das neu einzuziehende Rohrverankert. Anschließend wird der Spülkopf mit demneuen Rohr mit Hilfe einer hydros®PLUS-Anlage unddem Zuggestänge in die Zielbaugrube gezogen. Das verdrängende Erdreich wird mechanisch in denSpülkopf gefahren, hydraulisch abgebaut und über eineTransportleitung als Zweiphasenströmung in die Start-baugrube gespült. Die Transportleitung sowie alle wei-teren Versorgungsleitungen verlaufen durch die neueinzuziehende Rohrleitung als ein Rohrbündel.Bei bindigen Böden erfolgt der Bodenabbau im Spül-kopf mit Wasserhöchstdruck. Der Transport des Was-ser-Boden-Gemischs wird mit einem zweiten Pumpen-kreislauf durchgeführt, bei längeren Transportstreckenwird der Förderprozess des Spülgutes durch eine Vaku-umabsaugung unterstützt. Der Bodenabbau sowie der Ziehvorgang wird mit einerTV-Kamera im Spülkopf kontinuierlich kontrolliertund dokumentiert. Zur Minimierung des Wasserbedarfswird der Transport der Spülgutes in einem geschlosse-nen Kreislauf betrieben, wobei die Separation des Was-ser-Boden-Gemischs in einem Absetztank erfolgt.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Tab. 3.32: Übersicht über hydros®-Verfahren

Das hydros@STEEL-VerfahrenDas hydros@STEEL-Verfahren knüpft an das hy-dros@PLUS-Verfahren an, indem es einen wesentli-chen Teil der maschinentechnischen Einrichtungennutzt, findet aber für Versorgungsleitungen (DN 80 bisDN 300) vorzugsweise aus Stahl, aber auch Kunststof-fen (z. B. PE-HD) Anwendung. Zur Zeit ist ebenfallsdie Auswechslung von 100 m-Abschnitten in einemDurchgang möglich.Die maschinentechnische Ausrüstung wird ergänztdurch einen Schneid- und Aufweitkopf, der das zu er-neuernde Rohr unten aufschneidet, einschließlich derSchellen bzw. Muffen, und dann aufweitet.Folgender Verfahrensablauf wird angewendet:

• das Gestänge wird mit einem Seil eingezogen,• an das Gestänge wird der Schneid- und Aufweit-

kopf angekoppelt, vorzugsweise mit den Schneid-rädern im Bereich von 5 und 7 Uhr,

• mit der Zugeinrichtung wird der Schneid- und Aufweitkopf soweit in das Rohr gezogen, dass nur noch die Ankoppelstelle für das neue Rohr außer-halb des Rohres liegt,

• an die Koppelstelle wird das neue PE-HD-Rohr (bei grabenlosen Verfahren das übliche Rohr mit Schutzmantel oder Schutzschicht) angekoppelt. Dazwischen kann auf Wunsch ein Messaufnehmer montiert werden, der die Belastungen des neuen Rohres dokumentiert und somit der Nachweis ei-ner Nichtüberschreitung der Kräfte möglich ist,

• Schneid- und Aufweitkopf wird mit dem neuen Rohr in einem Arbeitsgang durchgezogen und so-mit das Rohr ebenfalls in einem Arbeitsgang er-neuert.

Es wird keine Verformung oder Querschnittverände-rung des neuen Rohres vorgenommen, so dass Stan-dardverbindungselemente verwendet werden können.

Abb. 3.81: Verfahrensprinzip mit Einziehen des Neurohres

Verfahren DN Zuglängen Zugkraft Altrohr Neurohr

hydros®-BOYGas / Wasser

alle Hausanschluss-nennweiten

bis 25 und mehr max 150 kN GGG, GG, St, PE-HD, PVC

PE-HD, GGG, St, PVC

hydros®-LEADWasser

alle Hausanschluss-nennweiten

bis 25 und mehr bis 120 kN Pb, PE, Cu PE-HD, GGG, St, PVC

hydros®-PLUSGas / Wasser

80 bis 200; max 400 bis 150 m; Zwischenbau-gruben im Abstand von 20–50 m erforderlich

bis 1200 kN GG, AZ, PVC für AZ zuge-lassen

PE-HD, GGG, St, PVC

hydros®-STEELGas / Wasser

65 bis 300 bis 150 m; keine Zwi-schenbaugruben erforder-lich

bis 650 kN GGG, St, PE-HD

PE-HD, GGG, St, PVC

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.82: Rollenmesser

Abb. 3.83: Hausanschlussleitungen werden nachträglich eingebunden; dafür werden Standardbauteile und Armaturen verwendet.

Abb. 3.84: Entfernen der Rohrumhüllung mit Topfbürste und Rohrspalt hydraulisch aufspreizen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.85: Schutzblech zwischen PE-Rohr und alter Stahlleitung einschieben Anschnitt (80 % der Wandddicke) mit spe-ziellem Winkelschleifer (mit Tiefenbegrenzer)

Abb. 3.86: durch weiteres hydraulisches Aufweiten wird die vorgeschnittene Sollbruchstelle gebrochen, Freier Rohrab-schnitt nach Herausnehmen der aufgeweiteten Stahlhaube sowie beiseitig eingeführter Kantenschutz mittel Kunststoffschalen

3.4.9 Hilfsrohrverfahren

3.4.9.1 VerfahrensbeschreibungBeim Hilfsrohrverfahren wird die alte Rohrleitung inzwei Arbeitsgängen trassengleich gegen eine neueRohrleitung ausgewechselt. Im ersten Arbeitsschritt er-folgt zunächst das Herauspressen der alten Rohrleitungmittels sogenannter Hilfsrohre, in einem zweiten Ar-beitsgang wird die neue Rohrleitung in die frei gewor-dene Trasse eingezogen. Das Verfahren ist geeignet fürdie Anwendung von Rohren aus GG und Asbestze-ment, aber auch für die Auswechslung von alten Stahl-rohrleitungen.Die Startgrube dient zum Bergen der Altrohrleitungsab-schnitte und zum Einbringen der Neurohre, die Ziel-baugrube ist für die Aufnahme des Auswechslungsge-räts und zum Einpressen bzw. Bergen der Hilfsrohreerforderlich.Zwischenbaugruben werden im Abstand von 20 m bis50 m sowie an Abzweigen, Anschlüssen und Absperr-einrichtungen angelegt. In der Zielbaugrube wird daserste Hilfsrohr über einen Adapter an der Altrohrleitung

befestigt und in Richtung Startbaugrube gepresst. Wei-tere Hilfsrohre werden mit Gewinde oder über Bolzenangeschlossen und ebenfalls in Richtung Startbaugrubegepresst. Die herausgepresste Altrohrleitung wird in derStart- bzw. in der Zwischenbaugrube abschnittweisegeborgen. Die Auswechsellängen hängen von folgen-den Einflussfaktoren ab:

• Durchmesser der Alt-/Neurohre und Verbindun-gen (Nennweitensprünge),

• Bodenart,• Leistung des Auswechslungsgeräts,• Zustand der Altrohrleitung (Übertragung der

Presskräfte),• zulässige Zugkräfte der Neurohre.

Nach bisherigen Erfahrungen sind ohne Umsetzen desAuswechslungsgeräts bis zu 150 m Auswechslungs-länge realisierbar. Die größte Kraft erfordert gewöhn-lich das Lösen der Altrohrleitung. Diese wird je nachZustand durch die Anordnung der Zwischenbaugrubenin kräftemäßig beherrschbare Abschnitte unterteilt.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.87: Heraustrennen von Altrohrleitungsabschnitten in Zwischenbaugruben

Abb. 3.88: Durchpressen der Altrohrleitung mit Übergangsstücken

Abb. 3.89: Einzug der Neurohre aus der Startbaugrube

Für die Anwendung des Hilfsrohrverfahrens wurdenmehrere Varianten entwickelt; außerdem stehen zurzeitdrei verschiedene Rohrauswechselgeräte zur Verfü-gung

3.4.9.2 Gütesicherung und Anforderungen Die Qualität der durchgeführten Rohrauswechslung istim entscheidenden Maße vom Arbeitsablauf auf derBaustelle abhängig. Neben der Einhaltung der verbind-lichen Festlegungen von Verfahrens- und Arbeitsan-weisungen ist eine umfassende und lückenlose Doku-mentation der Arbeiten notwendig, um eventuellauftretende Fehler zu ermitteln und durch gezielte Kor-rekturmaßnahmen zu beheben. (GW 322-1 und GW322-2).Die verfahrenstechnischen Anforderungen sind auf-grund der grabenlosen Bauweise sehr hoch, da bei derAuswechslung von Rohrleitungen die unter Bäumenoder anderen Hindernissen liegenden Muffen der neuenRohrleitung, welche bei der Druckprüfung nicht visuellzu kontrollieren sind, absolut dicht sind. Besonders sinddie Dichtheit der neuen Rohrleitung, der Korrosions-schutz bei Stahl- und duktilen Gussrohren bzw. dieVermeidung von Riefen und Punktbelastungen beiPE-Rohren zu nennen

Für eine erfolgreiche Durchführung sind die vorhande-nen Planunterlagen und/oder örtlicher Datenerfassungggf. unterstützt durch TV-Inspektion von Bedeutung.Zu erfassen bzw. zu überprüfen sind:

• Durchmesser der Alt-/Neurohre und Verbindun-gen (Nennweitensprünge),

• Festigkeit der Altrohrleitung im Hinblick auf die Aufnahme der für die Auswechslung notwendigen Kräfte (Brüche, Risse, Wandschwächungen durch Korrosion oder Graphitierung)

• Rohrdurchmesser und Werkstoff des Altrohres• Nennweiten- und Werkstoffwechsel,• Überdeckungshöhe,• Richtungsänderungen/Kurvenradien (erforderli-

cher Mindestradius150 m),• Horizontale und vertikale Rohretagen,• Abzweige oder Anschlüsse,• Armaturen,• Betonwiderlager,• Formstücke, Schellen (Anbohr- und Rohrbruch-

dichtschellen) usw.,• parallele und querende Leitungsanlagen (Ab-

stände/Abweichungen).

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Bei kritischen Abständen, z. B. zu querenden Leitun-gen, sind mit dem Betreiber dieser Leitungen besondereSchutzmaßnahmen wie z. B. Freilegen der kreuzendenLeitungen zu vereinbaren. Eine Reinigung der Altrohrleitung ist nicht erforderlich.Es ist jedoch zu prüfen, ob die Altrohrleitung um-weltrelevante Stoffe enthält, die vor der Rohrauswechs-lung fachgerecht zu entfernen sind.Bei Dimensionserhöhungen sind die Auswirkungenvon Bodenverschiebungen und den hieraus resultieren-den Hebungen der Oberfläche abzuwägen. Daraus re-sultiert die Festlegung des Aufweitungsmaßes. Für einzwängungsfreies Einziehen des Neurohrstrangs ist einder Bodenart angepasster Überschnitt von ca. 10 mmbis 20 mm einzustellen.Bei einer Nennweitenverkleinerung entsteht verfah-rensbedingt ein Hohlraum, der gegebenenfalls in Ab-stimmung mit dem Auftraggeber zu verfüllen ist. An-wendung finden für bindige BödenWasser-Zement-Suspensionen, für nicht bindige, kapil-lar-brechende Bodenarten Verfüllmaterialien, die einWegfließen des Wasseranteils in das umgebende Erd-reich verhindern, wie z. B. Bentonit. Der Vorgang derRingraumverfüllung ist hinsichtlich Material, Mengeund Verfülldruck zu dokumentieren.Nach Beendigung des Rohreinzuges und bestandenerDruckprüfung erfolgen das spannungsfreie Einbindender neuen in die vorhandene weiterführende Rohrlei-tung und die Einbindung der Anschlussleitungen unterZugrundlegung des gültigen DVGW-Regelwerkes.

3.4.10 Berstliningverfahren

3.4.10.1 Vorbemerkungen zu den Berstlining-verfahren

Beim „Berstlining”-Verfahren wird unterschieden in:• das statische und• das dynamische Berstliningverfahren.

Beim dynamischen Berstliningverfahren wird dieSchlagenergie mit Hilfe eines Bodenverdrängungsham-mers eingebracht, beim statischen Berstliningverfahrenwird mit Hilfe eines Gestänges der Berst- bzw. Aufwei-tungskörper durch das Altrohr gezogen.ScherbenBei beiden Verfahren erfolgt das Bersten des Altrohresdurch einen konischen Berst- bzw. Aufweitungskörper.Die „Scherben“ werden in das umgebende Erdreicheingedrückt. In den durch den Aufweitungskörper ent-stehenden Bohrkanal können die neuen Rohre, vorzugs-weise Duktilguss- und Stahlrohre mit entsprechendemAußenschutz bzw. Kunststoffrohre aus PE-Xa bzw.PE-HD mit aufextrudiertem Schutzmantel aus Polypro-pylen eingezogen werden. Nennweitenvergrößerungensind bei beiden Verfahren um ein bis zwei Nennweitenmöglich.Für die Erneuerung von Trinkwasserleitungen hat sichdas statische Verfahren durchgesetzt und wird nachfol-gend beschrieben.

3.4.10.2 Statisches Berstlining mit Berstge-stänge

VerfahrensbeschreibungFür das Verfahren sind eine Maschinengrube und eineEinziehgrube erforderlich. Die Berstmaschine schiebteine hydraulisch gesteuerte Lafette – das Berstgestänge– in die Altleitung ein, an deren Ende bei „Ankunft“ inder Einziehgrube der Berst- bzw. Aufweitkörperkörperangekoppelt wird. Gleichzeitig werden an den Berst-bzw. Aufweitkörperkörper die neuen Duktilguss- undStahlrohre, PE-Xa-Rohre als Kurz- oder Langrohr an-gehängt. Beim Einschubvorgang sorgt ein birnenförmi-ger Führungskaliber für die sichere Führung im Altrohrund schließt ein Verkannten aus.In der Maschinengrube werden je nach Verfahrensartder einzelnen Hersteller diese Gestänge in der Maschi-nengrube miteinander verschraubt oder zeitsparendkraftschlüssig eingeklinkt (beim System Tracto-Tech-nik: Maschinenbezeichnung Grundoberst undQuick-Lock-Berstgestänge). Ist der Aufweitungs- undBerstmechanismus mit integriertem Neurohr am Ge-stänge angekoppelt, kann diese Vorrichtung durch per-manent aufgebrachte Zugenergie mit Hilfe der Lafettezurück in die Maschinengrube gezogen werden. DasAltrohrmaterial wird bei diesem Verfahrensschritt ge-borsten und in das umgebende Erdreich verdrängt.Gleichzeitig werden die neuen Rohre eingezogen.ZugkraftAls Zugkraft stehen je nach Maschinengröße für dieverschiedensten Nennweiten 400 kN, 700 kN und 1000kN zur Verfügung. Der größte Teil dieser Zugkraftwird für das Bersten und Schneiden des Altrohrmateri-als (inkl. Muffen und Reparaturschellen) sowie für dasVerdrängen dieses in den umgebenden Boden benötigt.Dieses Verfahren wird vor allem im Druckrohrbereichbei der Erneuerung von Trinkwasser- und Gasversor-gungsleitungen, aber auch bei der Abwasserdruckent-wässerung im Nennweitenbereich von DN 65 bis DN500 angewendet.Auch schwierig zu sanierenden Hangleitungen könnenbis zu einer Steigung von etwa 35° erneuert werden.Durch die weit fortgeschrittene Technik im Schneiden(Stahl- und Duktilgussrohre) und Bersten (Stz, FZ, GG,Beton) können mittlerweile fast alle gängigen Materia-lien erneuert werden, wobei die zur Verfügung ste-hende Maschinentechnik mit nur einem Mann Bedie-nungspersonal gefahren werden kann.Als Arbeitsleistung können je nach örtlichen Bedingun-gen mit einem Hub von 2–3 m/min bei der Erneuerungim Druckrohrbereich bzw. als Tagesleistung mehr als150 m/Tag erreicht werden.

Vorbereitende Maßnahmen und Baustellenein-richtungWährend der Arbeiten am entsprechenden Leitungsab-schnitt ist das Altrohr außer Betrieb zu setzen unddurch Ersatzleitungen sind die Anlieger zu versorgen.Weiterhin sind nicht berstbare Leitungsbestandteile wieHydranten, Schieber usw. auszubauen und die Hausan-schlüsse freizulegen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Als Richtwert genügen für die Maschinengrube je nachMaschinentyp 3 m mal 1 m aus, während die Einzieh-gruben abhängig von Rohrmaterial, Durchmesser,Temperatur und Tiefenlage ausgebildet werden müssen– bei Duktilguss- und Stahlrohren auf Grund der Rohr-länge ca. 8 × 1,5 m Länge, bei PE-Xa bei Abwicklungvon einem Rohrbund ca. 4 × 1,5 m).

Formel 3.9: Die Ermittlung der Baugrubenlänge L für Einziehgruben nach W 320

(3.9)

H Rohrsohlentiefe (m)R zulässiger Biegeradius (m)L Länge der Einbringbaugrube (m)

Die Anordnung der Baugruben erfolgt bei langen zu er-neuernden Leitungsabschnitten nach Möglichkeit ab-wechselnd, das heißt in der Abfolge Einziehgrube –Maschinengrube – Einziehgrube usw., so dass von ei-ner Maschinengrube in beide Richtungen geborstenwerden kann und die Maschine in der Maschinengrubegedreht werden muss.BaugrubenanordnungMaßgebend sind jedoch immer örtliche Verhältnisse fürdie optimale Anordnung der Baugruben. Bei gerademTrassenverlauf ist es möglich, das Gestänge in dienächste Haltung durchzuschieben, so dass ein erneuterEinschub entfällt. Dabei können wie beim Einschub-vorgang auch Radien von mehr als 48 m durchfahrenwerden. Starke Bögen, Abzweige und Knotenpunkteerfordern Zwischengruben.In der Regel brauchen die zu erneuernden Leitungsab-schnitte vor der Maßnahme nicht gereinigt bzw. von In-krustationen befreit werden. Bei geringen Leitungs-durchmessern kann es jedoch erforderlich sein, dieAltleitung zu reinigen, um das Einschieben der Berst-gestänge zu ermöglichen.Für die erfolgreiche Durchführung des Verfahrens sindTrassenerkundungen erforderlich – insbesondere soll-ten die durch vorangegangene Reparaturarbeiten aufder Altrohrleitung befindlichen Rohrschellen oderKupplungen bei ausgewechselten Rohrstecken bekanntsein (in der Schadensstatistik zu erfassen !).Weiterhin sollte die Lage kreuzender oder parallel ver-laufender Versorgungsleitungen erkundet werden.Diese können durch entsprechende Suchschlitze vorOrt und durch Einholung der Bestandsunterlagen derVersorgungsträger ermittelt werden. Parallel laufendeLeitungen werden durch die Anzahl der Kopflöcherbzw. der Einzieh- und Maschinengruben ausreichendfreigelegt, um deren Verlauf beurteilen zu können.Die Mindestabstände zu benachbarten Leitungen sindabhängig von der Bodenbeschaffenheit und der Art derbenachbarten Leitungen. Bei bindigen Böden sollte der lichte Abstand zu parallelverlaufenden Leitungen mindestens das 3-fache desAufweitungsmaßes, zumindest aber 40 cm betragen(Aufweitungsmaß = Differenz zwischen Außendurch-messer des Aufweitungskörpers und Innendurchmesserder Altrohrleitungen).

Bei nicht-bindigen Böden sind die Mindestabstände zuanderen Ver- und Entsorgungsleitungen hinsichtlichderen Bruchgefährdung besonders zu betrachten. Sinddie benachbarten Leitungen spröde und bruchgefährdet(z. B. Steinzeug, Grauguss), sollte der Mindestabstanddas 5-fache des Aufweitungsmaßes betragen, jedochnicht weniger als 40 cm. Sind die spröden und bruchgefährdeten Nachbarleitun-gen in der Nennweite 200 mm oder größer, so sollteMindestabstand ebenfalls das 5-fache des Aufweitungs-maßes, mindestens 1,0 m betragen. Zur Vermeidung von Hebungen oder Setzungen derOberfläche sollte die Überdeckung der Altrohrleitungmindestens das 10-fache des Aufweitungsmaßes betra-gen. Je nach Bodenverhältnissen kann im Einzelfalleine größere Überdeckung erforderlich sein. Die örtlichen Verhältnisse spielen für den geplantenBauablauf eine entscheidende Rolle. Dabei ist darauf zuachten, dass zum Beispiel bei Langrohreinzug vonPE-Xa-Rohren genügend Platz zum Auslegen desRohrstranges vorhanden ist, wobei der Einzug vomRohrbundwagen eine wirtschaftliche Alternative dar-stellt.Weiterhin sind verkehrsrechtliche Genehmigungen ein-zuholen – in der Regel reicht eine kurzfristige Sperrungoder einseitige Sperrung mit Einbahnstraßenverkehrbeim Bersten im Straßenbereich aus. Ist der Gehwegbe-reich betroffen, muss der Fußgängerverkehr über diegegenüberliegende Straßenseite geleitet werden.Dauer der MaßnahmenJe nach Anzahl der Hausanschlüsse und sonstiger Ne-benbindungen kann davon ausgegangen werden, dassbeispielsweise eine Trinkwasserleitung DN 150 auf ei-ner Länge von etwa 100 m innerhalb von ca. 4,5 Ar-beitstagen inklusive Tiefbau- und Straßenwiederher-stellungsarbeiten sowie Anbindung der Hausanschlüsse(5–10 Stück/100 m) erneuert werden kann (eine Ko-lonne mit drei Arbeitskräften). Erhöht man die Zahl derArbeitskräfte auf 8–10, können Spitzenleistungen von400 m/Arbeitswoche erreicht werden (inkl. Tiefbau-und Wiederherstellungsarbeiten).Arbeitsablauf:

1. Verkehrssicherung für die Bauzeit und Herstellen der Ersatzversorgung.

2. Ausheben der Maschinen- und Einzieh- und Haus-anschlussgruben.

3. Abtrennen der Hausanschlüsse und Anbindung der Ersatzversorgung an die im Betrieb befindliche Rohrleitung.

4. Installieren der Berstmaschine in die Maschinen-grube.

5. Einschieben des Gestänges in das Altrohr.6. Anbinden des Berst- bzw. Aufweitkörpers und

Anschluss der neuen Rohrleitung bzw. des ersten Rohres (bei Duktilguss- bzw. Stahlrohren).

7. Bersten des Altrohres und Einziehen des neuen Rohres.

8. Bergen des Berstkörpers in der Maschinengrube und Ausbau der Berstmaschine.

L H 4 R⋅ H–( )⋅ m[ ]=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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9. Druckprobe und Desinfektion sowie Anschließen der Hausanschlüsse und Anbindung des eingezo-genen Neurohrstranges.

10. Wiederverfüllung der Baugruben.11. Wiederherstellung der Straße bzw. des Fußweges.

Geräteeinsatz:Bersteinrichtung:

• Zuglafette, • Hydraulikstation,• Schnellklinkengestänge• Berstwerkzeuge (z. B. Rollenschneidmesser,

Berstkopf, Aufweitkörper) • Zugkraftmessvorrichtung bzw. Überlastungs-

schutz• LKW zum Transport der Bersteinrichtung • Hebegerät

Rohre Für den Einbau von neuen Druckrohren der öffentli-chen Wasserversorgung mit dem Berstliningverfahrensind GW 323 „Grabenlose Erneuerung von Gas- undWasserversorgungsleitungen durch Berstlining; Anfor-derungen, Gütesicherung und Prüfung“, (07/2004) fürVersorgungsleitungen und GW 325 „Grabenlose Bau-weisen für Gas- und Wasser-Anschlussleitungen; An-forderungen, Gütesicherung und Prüfung“ (1/2006) fürAnschlussleitungen maßgeblich. Die einzubauenden neuen Rohre müssen folgende An-forderungen erfüllen:

• die aus dem Berstliningverfahren resultierenden Belastungen aus Einziehkräften und Biegeradien standhalten,

• Rohre und Rohrverbindungen müssen einen geeig-neten Außenschutz gegen unzulässige Riefenbil-dung (Rohraußenseite) haben,

• die neuen Rohre müssen Punktlasten widerstehen können (betrifft Kunststoffrohre).

Polyethylen-Rohre (PE)nach GW 323 folgende Anforderungen an die Werk-stoffe, Rohrkonstruktion und Rohrverbindungen:

• Verwendung von PE 100 Rohren nach GW 335-A2 „Kunststoff-Rohrleitungssysteme in der Gas- und Wasserverteilung; Anforderungen und Prüfungen – Teil A2: Rohre aus PE 80 und PE 100“,

• Riefentiefe maximal 10% der Rohrwanddicke, aber nicht mehr als 2 mm (bei Schutzmantelrohren ist hier das Kernrohr gemeint – nicht der Schutz-mantel!),

• PE 100-Rohre müssen einen geeigneten Außen-schutz aufweisen, der auch im Bereich der Rohr-verbindungen vorhanden sein muss. Für das Bers-ten von Graugussrohren und Einziehen von PE-Rohren definiert GW 323 darüber hinaus be-sondere Schutzeigenschaften, die vom Rohrher-steller nachzuweisen sind. Im Hinblick auf die Spannungsrissbeständigkeit ist ein „Full Notch

Creep Test“ (FNCT-Test) mit besonders hohen Anforderungen durchzuführen und nachzuweisen,

• Rohre aus PE 100 sind durch Heizele-ment-Stumpfschweißverfahren miteinander zu verbinden.

Rohre aus PE 100 RC (RC = 'Resistance to Crack') sindbesonders hochwertig und daher gut für den grabenlo-sen Einbau im Berstliningverfahren geeignet. Es han-delt sich um Werkstoffe des Typs PE 100, die einensehr hohen Widerstand gegen langsamen Rissfortschrittaufweisen. Durch Punktbelastung können Spannungs-risse entstehen. Beim Einsatz dieser Werkstoffe könnensolche Spannungsrisse aufgrund der hervorragendenSpannungsrissbeständigkeit vermieden werden. Es werden Rohre mit maßlich aufaddiertem Schutz-mantel und Rohre mit maßlich integrierter Schutz-schicht unterschieden.

PE-Xa-RohreFolgende Anforderungen müssen nach GW 323 undGW 325 in der Trinkwasserversorgung erfüllt werden:

• Es dürfen nur PE-Xa Rohre nach GW 335-A3 „Kunststoff-Rohrleitungssysteme in der Gas- und Wasserverteilung; Anforderungen und Prüfungen – Teil A3: Rohre aus PE-Xa“ verwendet werden,

• Bei PE-Xa Rohren kann aufgrund der Werkstoffe-igenschaften auf zusätzliche Rohraußenschutz-maßnahmen verzichtet werden,

• PE-Xa Rohre können nur durch Heizwendelmuf-fen miteinander verbunden werden.

Duktile GussrohreDuktile Gussrohre sind für den Einbau im Berstlining-verfahren gut geeignet GW 323 und GW 325 fordernbeim Einbau von duktilen Gussrohren insbesondere:

• Einsatz von Rohren nach DIN EN 545 „Rohre, Formstücke, Zubehörteile aus duktilem Gusseisen und ihre Verbindungen für Wasserleitungen – An-forderungen und Prüfverfahren“ sowie von Ver-bindungen nach GW 368 „Längskraftschlüssige Muffenverbindungen für Rohre, Formstücke und Armaturen aus duktilem Gusseisen“ und VP 545 „Rohre, Formstücke und Zubehörteile aus dukti-lem Gusseisen für die Gas- und Wasserversor-gung; Anforderungen und Prüfungen,

• zum Schutz vor mechanischen Belastungen und Beschädigungen des Außenschutzes beim Einzug müssen duktile Gussrohre eine Zementmörtelum-hüllung nach DIN 30674-2 „Umhüllung von Roh-ren aus duktilem Gusseisen; Zementmörtel-Um-hüllung“ oder eine verstärkte PE-Umhüllung (nur Anschlussleitungen) nach DIN EN 14628 (V) „Rohre, Formstücke und Zubehör aus duktilem Gusseisen – Polyethylenumhüllung von Rohren in stark aggressiven Böden – Anforderungen und Prüfverfahren“ haben,

• die Rohrverbindung muss durch eine Kombination aus wärmeschrumpfender Umhüllung für bewegli-che Muffen nach DIN 30672 „Organische Umhül-lungen für den Korrosionsschutz von in Böden

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

und Wässern verlegten Rohrleitungen für Dauer-betriebstemperaturen bis 50 °C ohne kathodischen Korrosionsschutz – Bänder und schrumpfende Materialien“ bzw. einer Gummimanschette sowie einem Schutzkonus aus Stahlblech geschützt wer-den,

• Rohre mit Zink-Überzug und Deckbeschichtung nach DIN 30674-3 „Umhüllung von Rohren aus duktilem Gusseisen – Teil 3: Zink-Überzug mit Deckbeschichtung“ sowie reibschlüssige, längs-kraftschlüssige Muffenverbindungen wie z. B. Ty-ton-SIT sollten nur nach Abstimmung mit dem Rohrhersteller verwendet werden.

StahlrohreGW (M) 323 fordert beim Einbau von Stahlrohren ins-besondere:

• Wasserleitungen aus Stahl müssen DIN 2460 „Stahlrohre und Formstücke für Wasserleitungen“ entsprechen, Gasleitungen aus Stahl müssen DIN EN 10208-1 „Stahlrohre für Rohrleitungen für brennbare Medien – Technische Lieferbedingun-gen – Teil 1: Rohre der Anforderungsklasse A“ in Verbindung mit DIN 2470-1 „Gasleitungen aus Stahlrohren mit zulässigen Betriebsdrücken bis 16 bar; Anforderungen an Rohrleitungsteile“, ent-sprechen,

• Schweißverbindungen müssen nach GW (A) 350 „Schweißverbindungen an Rohrleitungen aus Stahl in der Gas- und Wasserversorgung – Herstel-lung, Prüfung und Bewertung“ ausgeführt werden, die Schweißnahtbereiche sind so zum umhüllen, dass ein konstanter Außendurchmesser entsteht,

• zum Schutz vor mechanischen Belastungen und Beschädigungen des Außenschutzes beim Einzug müssen Stahlrohre eine Zementmörtelumhüllung in Sonderausführung S nach GW (A) 340 „ZM-Ummantelung zum mechanischen Schutz von Stahlrohren und -formstücken mit Polyolefi-numhüllung Anforderungen und Prüfung, Nachumhüllung und Reparatur, Hinweise zur Ver-legung und zum Korrosionsschutz“, haben, falls der Auftraggeber es wünscht, können auch glasfa-serverstärkte Laminate auf Kunstharzbasis ver-wendet werden,

• Die Nachumhüllungsbereiche sind mit wärme-schrumpfenden oder kalt zu verarbeitenden Mate-rialien nach DIN 30672 bzw. DIN EN 12068 „Ka-thodischer Korrosionsschutz – Organische Umhüllungen für den Korrosionsschutz von in Bö-den und Wässern verlegten Stahlrohrleitungen im Zusammenwirken mit kathodischem Korrosions-schutz – Bänder und schrumpfende Materialien, mit glasfaserverstärktem Kunstharz“ bzw. bei ZM-Ummantelungen mit Materialien nach GW 340 (A) zu schützen.

Besonderheiten beim Bersten von Altrohren aus GraugussGraugussrohre brechen aufgrund ihrer Materialstrukturspröde und weisen in der Regel kantige Scherben auf.Vereinzelte Schäden infolge unsachgemäßer Durchfüh-rung dürfen nicht dem Verfahren angelastet werden, daes ausreichend Vorkehrungsmöglichkeiten gibt, z. B.:

• Verwendung hochwertiger Neurohrqualitäten,• Verwendung geeigneter Rollenschneidmesser und

Berstköpfe, welche die Scherbengröße minimie-ren,

• Verwendung eines ausreichend langen Aufweit-körpers, damit eine gleichmäßige Verdrängung der Scherben in den umgebenden Boden gewährleistet ist,

• Verwendung eines Überlastschutzes,• Wahl eines geeigneten Überschnitts (10–20 %),

damit sich die Scherben im möglichst kleinen Rin-graum zwischen Neurohr und Boden nicht verkan-ten können,

• sofortiges Entfernen der Scherben aus Zwischen-baugruben,

• kontinuierlicher, unterbrechungsfreier Rohrein-zug.

Besonderheiten beim Bersten von Altrohren aus AsbestzementDie geringe Biegezugfestigkeit der Asbestzementrohremacht sie schlag- und stossempfindlich. TypischeRohrschäden für derartige biegesteife Rohre sind Brü-che, Risse, Verbinder-/Muffenschäden sowie Korrosi-onsschäden durch aggressives Wasser oder Böden.Aufgrund der Gesundheitsgefährdung durch Einatmenvon Asbestfasern (Krebsrisiko) besteht seit dem01.11.1993 ein generelles Herstellungs- und Verwen-dungsverbot für Asbestprodukte. Seit dem 01.01.1995dürfen Asbestzementrohre nicht mehr hergestellt undverwendet werden.Ausgenommen vom Expositionsverbot von Asbestfa-sern sind nur Abbruch-, Sanierungs- und Instandhal-tungsarbeiten, kurz ASI-Arbeiten genannt. Die erfor-derlichen Schutzmassnahmen bei ASI-Arbeiten sind inden Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 519„Asbest: Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsar-beiten“ konkretisiert. Die TRGS 519 nennt auch dieBedingungen, nach denen Verfahren als „Verfahren mitgeringer Exposition gegenüber Asbest bei Abbruch-,Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“ zugelassenwerden dürfen. Der Arbeitskreis „Asbestexposition beiAbbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“beim BIA (Berufsgenossenschaftliches Institut für Ar-beitsschutz) entscheidet über die Aufnahme in das„BIA-Verzeichnis geprüfter Arbeitsverfahren mit ge-ringer Exposition nach TRGS 519“.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Rohreinzug bei PE-HD- bzw. PE-Xa-RohrenDie beim Berstliningverfahren eingezogenen Neurohreaus PE-HD-Rohre erhalten werkseitig einen aufextru-dierten Schutzmantel aus Polypropylen, so dass dasKernrohr vor möglichen Beschädigungen durch Steineund Scherbenbildung geschützten wird. PE-Xa-Rohrevorzugsweise vom Rohrbund sowohl für die Trinkwas-ser- als auch Gasversorgung sind durch die vernetzteMolekularstruktur gut gegen Beschädigungen durchRiefenbildung und Punktbelastungen geschützt.PE-Xa-Rohre werden untereinander mittels Heizwen-delschweißung verbunden, wichtig für dichte Rohrver-bindungen ist die Verwendung von Rotationsschälgerä-ten vor dem Schweißen.

Rohreinzug von Duktilguss- bzw. StahlrohrenWerden Duktilguss- bzw. Stahlrohre eingesetzt, so isteine größere Länge der Einziehgrube aufgrund derRohrlänge erforderlich (6 m + ca. 1,5 m für das Ankop-peln und 0,5 m am Rohrende, um das Eintragen vonBodenmaterial zu verhindern).Der Rohraußenschutz wird durch Rohre mit Zement-mörtelumhüllung und Kunststoffbinden gewährleistet,so dass Kratzer durch Scherben nach den bisherigen Er-fahrungen kein Problem darstellen.

Zusätzlicher Einsatz einer Zementmörtelsus-pensionDurch das Verpressen einer Zementmörtelsuspensionkönnen die Bettungsbedingungen weiter verbessertwerden. Diese Technik erhöht jedoch die Verlegekos-ten in einem nicht unerheblichem Maße und steht in ih-rer Wirkungsweise den erhöhten Kosten gegenüber.Des weiteren muss der Verpressschlauch für die Sus-pension innerhalb des zu verlegenden Rohres geführtwerden.Die sog. „Scherbenproblematik” kann zukünftigdurch eine technische Innovation (EntwicklungTracto-Technik) gelöst werden, die vorsieht währenddes Berstvorganges einen Blechschutzmantel einzuzie-hen, der sich während des Einzuges automatisch umdas Neurohr wickelt und so das Material effektivschützt.Gefahr einer BeschädigungEine Gefahr der Beschädigung des Neurohres bestehtbeim Durchfahren der Kopflöcher im Hausanschlussbe-reich, da sich hier die entstandenen Scherben beimWiedereinfahren im Erdreich „unglücklich“ verkanntenkönnen; zu umgehen ist dieses Problem durch Entfer-nung der Scherben während des Einziehvorganges. Be-gutachtungen der Neurohre ergaben sehr geringe Rie-fenbildungen weit unterhalb der festgelegtenToleranzmaße von 10 % der Rohrwandung.

Herstellen von Abzweigen und AnschlüssenVor dem Berstvorgang werden im Bereich der Hausan-schlüsse Kopflöcher erstellt, die Ersatzversorgung an-geschlossen und die Schellen der Hausanschlüsse vorOrt demontiert. Ebenfalls sind Schieber, Hydranten undsonstige Armaturen auszubauen und nach der Erneue-rung wieder einzubauen.Bei PE-Xa-Rohrleitungen werden die Ventilanbohr-schellen für die Hausanschlüsse mittels Heizwendel-schweißung aufgebracht. Vor dem Schweißvorgang istder Schutzmantel aus Polypropylen mit einem Mantel-schälgerät zu entfernen und die Schweißfläche für denSchweißvorgang vorzubereiten.Bei Duktilguss-Rohrleitungen erfolgt das Anbohren mitSpezialwerkzeugen und der Anschluss der Hausan-schlussgarnitur wie bei der konventionellen Verlegung.

Besondere Vorteile des (statischen) Berstli-ningverfahrens

• Einsetzbar bei Altleitungen aus Grauguss, Stahl, Duktilguss, Asbestzement, PVC, PE-HD, Beton und Steinzeug,

• Vergrößerung um ein bis zwei Nennweiten ist möglich – dagegen keine Querschnittsverengung,

• Maßnahmen an der Altleitung wie z. B. Beseiti-gung von Ablagerungen, sind in der Regel nicht notwendig. Bei starker Inkrustation ist ein Rest-querschnitt von mind. 40 mm erforderlich,

• keine Querschnittsverengung; Vergrößerung bis zu zwei Nennweiten möglich,

• einsetzbar bei allen Schadensbildern (Risse, Ver-satz, fehlende Rohrstücke, einragende Stutzen, In-krustation, Undichtigkeiten, eingefallene Inliner, usw.),

• keine Altlastenrisiken und Gefahr von Bodenset-zungen im Vergleich zur offenen Bauweise,

• hohe Tagesleistungen von mehr als 150 m/Tag ga-rantieren eine kostengünstige Erneuerung und Ein-sparungen gegenüber der offenen Bauweise von mehr als 20 %,

• Verringerung der Tiefbau- und Straßenbauarbeiten um 80–90 %,

• einsetzbar bei Hangleitungen bis 30° (und mehr) sowie überpflanzten Trassen, keine Beschädigun-gen der Wurzeln,

• kaum Behinderung des Verkehrs und des Ge-schäftsbetriebes beim Einsatz in belebten Fußgän-gerzonen und Hauptverkehrsstraßen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Einschränkungen des Statischen Berstlining-verfahrens

• Einsatzbereich bei Kreisprofilen DN 65 bis DN 500,

• Abzweigungen, Armaturen und starke Bögen er-fordern Zwischengruben, wodurch eine fachge-recht sichere Anbindung gewährleistet ist,

• der Abstand zu benachbarten Fremdleitungen sollte in der Regel 0,2 m bzw. 4 × Aufweitungs-faktor nicht unterschreiten,

• es ist ein verdrängungsfähiger Boden notwendig,• der Verlauf der alten Trasse muss für die neue Lei-

tung nutzbar sein,• Etagen, Düker erfordern Zwischengruben, da

diese mit dem Berstgestänge nicht durchfahren werden können,

• Betonummantelungen sind nur bedingt berstbar,• Flanschverbindungen und Reparaturschellen bei

Asbestzement- und Duktilgussrohren erfordern Zwischengruben,

• stark inkrustierte Leitungen, die nicht mehr vom Gestänge durchfahren werden können, sind im Vorfeld der Berstleistung grob zu reinigen (60 mm Mindestmaß, je nach Gestängedurchmesser),

• Flanschverbindungen bei Stahl- und Gussrohren sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht berstbar,

• bei Stahlleitungen spielt ebenfalls die Wandstärke eine entscheidende Rolle. Diese muss in der Lage sein, die erhöhten Zugkräfte beim Schneiden im Muffenbereich aufzunehmen.

3.4.11 Steuerbarer grabenloser Vortrieb für die Erneuerung oder dem Ersatz von Rohrleitungen

neue Trassenführung

Für die Erneuerung von Rohrleitungen in neuer Trassekann der grabenlose steuerbare Vortrieb angewendetwerden. Der Einsatz dieses Verfahrens ermöglicht es,in stark befahrenen Straßen neue Rohrleitungen undKabel in Bereiche einzuordnen, die noch verfügbarsind, z. B. in Fußwege, Grünstreifen und selbst unterBaum- und Strauchpflanzungen (im Gegensatz zum

Berstlining-Verfahren oder Press-Ziehverfahren, beidenen die Trasse des Altrohres genutzt wird).Bei letzteren wird schonend mit dem Wurzelbereichumgegangen, da nur ein geringer unterirdischer Bau-raum beansprucht wird (vgl. Kap. 1.2.6 Wiederherstel-lung von Straßen und Vermeidung von Folgeschädendurch Baugruben bzw. Baugräben bei konventionellerVerlegung von Rohrleitungen). Abb. 3.93 zeigt die An-wendung dieses Verfahrens in der Innenstadt von Ham-burg.

Abb. 3.90: Schädigung des Wurzelbereichs

Vorteile dieser Neueinordnung liegen insbesondere da-rin, dass Folgeschäden an Straßen vermieden werdenkönnen, da Armaturen (Absperreinrichtungen, Hausan-schlussgarnituren) nicht mehr in der Straße liegen.

• Wegfall von Setzungena) bei Verlegung in offenen Gräben,b) Baugruben bzw. Kopflöcher.

• Wegfall von Anpassungen der Armaturendeckel bei Erneuerungsarbeiten an Straßen.

Nachteilig ist, dass die Altrohrleitung im unterirdischenBauraum verbleibt (Altlasten), während z. B. beimPress-/Ziehverfahren die Altrohrleitung aus dem unter-irdischen Bauraum entfernt wird. Allerdings ist die alteTrasse zu einem späteren Zeitpunkt bei einer Neuord-nung des unterirdischen Bauraums wieder verfügbar.Die Abb. 3.91 bis Abb. 3.94 zeigen ein Praxisbeispieldes Spülbohrverfahrens mit Stahlrohrleitungen, wel-ches mit freundlicher Genehmigung der HamburgerWasserwerke entstand.

Abb. 3.91: Verfahrensschema des Spülbohrverfahrens

Folgender Verfahrensablauf kam zur Anwendung:1. Herstellung der Pilotbohrung,2. Einbau der Stahlrohre (DN 100 von 6 m Länge mit

PE-Außenkorrosionsschutz; längskraftschlüssi-gen Verbindungen und Aufbringen von Schrumpf-muffen als Korrosionsschutz),

3. taktweises Ziehen der Rohre in Richtung Start-grube (Baufortschritt 3 Rohre/Stunde entspricht 18 m / Stunde, abhängig vom Abkühlen der Schrumpfmuffen).

Die Abb. 3.92 a zeigt die Neuverlegung einer Wasser-rohrleitung DN 100 aus Stahl im Radweg / Grünstrei-fen. Man erkennt, dass der Verkehr ungehindert„fließt“. Lediglich der Radweg ist im unmittelbarenBaustellenbereich nicht benutzbar Abb. 3.92 b. In derAbb. 3.92 c ist der Maschinenkomplex mit Gestänge-magazin und in der Abb. 3.92 d zusätzlich die Stützflüs-sigkeit zu erkennen.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.92: Neuverlegung einer Wasserrohrleitung

Abb. 3.93: Einbringen der Stahlrohre in die Baugrube

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.94: Aufbringen der Schrumpfmuffe zum Korrosionsschutz

3.4.12 Herstellung von Hausanschlüssen

3.4.12.1 Anbohrarmaturen und Anbohrvorgang nach W 333

Anbohrarmaturen

Anbohrarmaturen dienen zur Herstellung von Verbin-dungen zwischen Leitungen und abzweigenden Leitun-gen. Sie bestehen aus

• Anschlussstück mit oder ohne eingebauter Be-triebs-bzw. Hilfsabspervorrichtung und Halte-stück,

• Hilfsabsperrvorrichtung und• Haltestück.

Die Auswahl der Ausführungsart richtet sich nach demjeweilig eingesetzten Werkstoff.Zu unterscheiden ist in

• Anbohrarmaturen mit integrierter Betriebsabsperr-vorrichtung,

• Anbohrarmaturen mit integrierter Hilfsabsperrvor-richtung,

• Anbohrarmaturen ohne Hilfs- und Betriebsab-sperrvorrichtung.

Hinsichtlich der werkstoffbedingten Ausführung ist zuunterscheiden in

• Anbohrarmaturen für Guss- oder Faserzement-rohre,

• Anbohrarmaturen für PE-Rohre,• Anbohrarmaturen für PVC-U-Rohre,• Anbohrarmaturen für Stahlrohre.

Weiterhin ist die Ausführung der Abdichtung zu beach-ten, entsprechend der Werkstoffe werden unterschiedli-che Ausführungsarten angeboten.Die Einbaugarnitur besteht aus Hülsrohr und Schlüssel-stange mit Kuppelmuffe am unteren Ende. Zum Schutzgegen das Erdreich sind der obere Teil der Anbohrgar-nitur und die Schlüsselstange mit einem Hülsrohr mitDeckelabschluss umgeben.AnbohrgeräteDie Anbohrgeräte müssen für das Anbohren unter Be-triebsdruck geeignet sein (Materialreste sollen nicht indas anzubohrende Rohr eingetragen werden, langeBohrspäne sind zu vermeiden).Die Bohrgeräte sind ebenfalls materialabhängig; fürStahl-, Guss- und Faserzementrohre eignen sich Spiral-bohrer, Bohrköpfe oder Lochfräser, für PE-HD oderPVC-U-Rohre eignen sich Lochfräser oder schneidendeWerkzeuge.Für zementmörtelumhüllte bzw. ausgekleidete Rohesind spezielle Werkzeuge einzusetzen.

AnbohrvorgangDer Anbohrvorgang erfolgt mit Knarre oder maschinel-lem Antrieb. Bei zementmörtelumhüllten oder -ausge-kleideten Rohren sollen Abplatzungen der Auskleidungvermieden werden.Für Stahlrohre mit Kunststoffbeschichtungen sindebenfalls entsprechende Bohrwerkzeuge einzusetzen(durch schnelle Rotation kommt es zum Schmelzen desKunststoffes!)Dichtheitsprüfung und KorrosionsschutzDie Prüfung auf Dichtheit hat nach W 404 Hausan-schlussleitungen zu erfolgen (Dichtheitsprüfung). AlleTeile der Anbohrarmaturen und der Befestigung müs-sen einen ausreichenden Korrosionsschutz aufweisenund bei Beschädigungen ist ein ausreichender Korrosi-onsschutz auf der Baustelle herzustellen.

3.4.12.2 Press-/Ziehverfahren für Hausan-schlüsse

Quellen: [Gaebelein und Rose, 1995], [Gaebelein,1996], [Gaebelein, 1999], [Roscher et al., 2000], [Rose,1995], [Rose, 2002] und [Sommer, o.J.].Notwendigkeit der Auswechslung der HausanschlussleitungenFür Hausanschlussleitungen fanden anfangs die Werk-stoffe Blei (ca. 1945), Grauguss und Stahl Verwen-dung. Seit ca. 45 Jahren werden Kunststoffrohre fürHausanschlussleitungen – anfangs PE, gegenwärtigPE-Xa und SLM – verwendet.Bleirohre unterliegen der Wechselwirkung mit demTrinkwasser in der Form, dass Blei an das Trinkwasserabgegeben wird, Stahlrohre korrodieren und inkrustie-ren stark. Als Grenzwert für den Bleigehalt im Trink-wasser galt bisher 40 µg Pb/l. Gemäß EG-Richtlinie98/83 EG vom 3. November 1998 über die Qualität vonWasser für den menschlichen Gebrauch wird zumSchutz der Verbraucher der Parameterwert auf 10 µgPb/l festgelegt. Bleirohre sind in Deutschland bis2013 auszuwechseln.Grabenloser Bauweise hergestellten HausanschlussleitungenDie Auswechslung der Bleileitungen erfolgt derzeitignoch überwiegend in der offenen Bauweise – graben-lose Bauverfahren stellen eine wirtschaftliche Alterna-tive dar. Sie sollten insbesondere dann angewendetwerden, wenn lange Hausanschlussleitungen auszu-wechseln sind, Hausanschlussleitungen die Fahrbahnenund Gehwege kreuzen bzw. unter befestigten Einfahr-ten, Terrassen usw. liegen. Aus Umweltschutzgesichts-punkten sollten sie nach der Außerbetriebnahme ausdem Boden entfernt werden.Durch den Einsatz der grabenlosen Techniken für dieAuswechselung von Hausanschlussleitungen aus Bleiund Stahl ergeben sich gegenüber der konventionellen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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offenen Bauweise folgende Vorteile [Roscher et al.,2000]:

• Minimierung des Tiefbauaufwandes,• Verringerung des Fahrbahn- und Gehwegauf-

bruchs sowie des Aufbruchs von Grundstücksein-fahrten, Terrassen usw.,

• Reduzierung der Arbeiten für die Oberflächenwie-derherstellung,

• Minimierung der Beeinträchtigung des Verkehrs und der Bürger,

• Verringerung der während der Bauphase durch Maschinen hervorgerufenen Umweltbelastungen wie Baustellenlärm, Erschütterungen und Schad-stoffe (Abgase),

• vollständiges Entfernen des alten Rohres aus dem Boden und somit keine Altlasten im Boden und kein Eintrag von Blei ins Grundwasser,

• Rückgewinnung des Wertstoffes Blei,• Auswechslung von Hausanschlussleitungen ist mit

einem Minimum an Aufwand auch im Winter möglich,

• Erhalt der natürlichen Umwelt durch Unterfahren von Bäumen und Sträuchern bei überpflanzten Leitungstrassen,

• Reduzierung der Bauzeiten und der Baukosten.Rohrziehverfahren „System Berlin“ zur grabenlosen Auswechslung von Hausanschlussleitungen aus Stahl Für die Auswechselung von geradlinig gelegten Haus-anschlussleitungen aus Stahl kann das Rohrziehverfah-ren „System Berlin“ angewendet werden, bekannt unterder Bezeichnung hydros-BOY-Gerät. Das Ziehgerät be-steht aus der Widerlagerplatte (1), einer Grundeinheitmit Hydraulikzylindern (2) zum Ziehen der Rohrleitungund der hydraulischen Klemmvorrichtung (3) zumFestklemmen des Rohres. Die Bauteile sind gewichts-mäßig so ausgelegt, dass der Transport und Einbauohne Verlegehilfe von den Rohrlegern zu bewältigenist. Die Baulänge des Gerätes beträgt ca. 800 mm. Da-durch ist die Auswechslung von Rohren insbesondereunter beengten Raumverhältnissen möglich. Die beson-ders gestaltete Widerlagerplatte lässt die Auswechslungvon in geringem Abstand zur Kellerwand eingeführtenHausanschlussleitungen zu.Das Rohr wird abschnittsweise unter Ausfahren der Zy-linder, Lösen der hydraulischen Klemmvorrichtung,Zurückfahren der Zylinder und Schließen der Klemm-vorrichtung aus dem Boden gezogen. Gleichzeitig wirddas Schutzrohr oder in Ausnahmefällen nur das Pro-duktenrohr aus PE-HD in die vorhandene alte Trasseeingezogen.Sobald die durch den Freiraum im Keller bzw. Bau-grube vorgegebene maximale Ziehlänge erreicht ist,wird das auszuwechselnde Stahlrohr getrennt, die Zug-stangen werden bis zur Trennstelle entfernt und dasRohr vor Beginn des folgenden Ziehabschnittes erneutgesichert.Die Aufweitung der Trasse auf den Durchmesser desSchutzrohres erfolgt durch den Aufweitkopf. Dieserverdrängt das die auszuwechselnde Rohrleitung um-schließende Erdreich nach außen, so dass das Schutz-rohr in die aufgeweitete Trasse mit reduzierter Boden-reibung eingezogen werden kann.

Die Praxis zeigt, dass für die Auswechslung von Stahl-leitungen das hydros-BOY-Gerät mit einer maximalenDruckkraft von 160 kN ausreichend bemessen ist. Diemaximal in einem Stück ausgewechselte Rohrlänge be-trug ca. 26 m.Neulegung von HausanschlussleitungenDas für die Auswechslung von Stahlleitungen konzi-pierte Ziehgerät kann auch für die Neulegung vonHausanschlüssen verwendet werden. Damit könnenHausanschlusslängen bis ca. 15 m hergestellt werden.Liegen größere Anschlusslängen vor, wird das Gerät ineiner Zwischenbaugrube positioniert und von dieser ausdie Herstellung des Anschlusses zunächst in RichtungKeller und nach Drehen des Press-/Ziehgerätes in der-selben Baugrube um 180° Grad in Richtung Versor-gungsleitung vorgenommen.

Auswechslung von Hausanschlussleitungen aus Blei und Kunststoff mit dem Blei- und Kunststoffrohr-Auswechselverfahren Berlin (BAB)Da Bleirohre wenig belastbar sind und die Rohre beimHerausziehen aus dem Boden abreißen können, wurdedas sog. BAB-Verfahren entwickelt. Das patentierteVerfahren ist ab der Dimension von DN 20 anwendbar.Die grabenlose Auswechselung der Blei- und Kunst-stoffleitungen nach dem patentierten Blei- und Kunst-stoffrohr-Auswechselverfahren Berlin (BAB) erfolgt inzwei bzw. in drei Verfahrensschritten. Nach der Her-stellung von Baugruben im Bereich der Versorgungs-leitung und im Bereich der Hauseinführung (bei langenHausanschlussleitungen sind Zwischenbaugruben er-forderlich) wird die hydraulisch angetriebene Ziehma-schine entweder in den Baugruben oder im Keller desHauses untergebracht. Nach dem Trennen der Hausan-schlussleitung von der Versorgungsleitung und in derMaschinenbaugrube oder im Keller wird das Zugseilmit daran befestigtem kombinierten kegelförmig ausge-bildeten Schneid-/Aufweitkopf durch das zu entfer-nende Bleirohr in Richtung Ziehmaschine geschobenund nachfolgend die alte Hausanschlussleitung vomSchneid-/Aufweitkopf längs in zwei Hälften geschnit-ten, gleichzeitig das Erdreich von der Rohroberflächegelöst und nach außen verdrängt.

Erneuerung von Hausanschlussleitungen aus Blei mit dem hydros LEAD-VerfahrenDas hydros LEAD-Verfahren [Rose, 1995] dient eben-falls der grabenlosen Auswechslung von Bleileitungen.Im 1. Verfahrensschritt wird im Bereich der Versor-gungsleitung eine Baugrube von 1,50 m × 0,80 m her-gestellt und an dieser Stelle sowie im Keller die Haus-anschlussleitung getrennt und anschließend einEinfädelseil von der Baugrube aus in Richtung Kellergeführt.Im zweiten Verfahrensschritt erfolgt der Einbau der hy-draulisch angetriebenen Rohrziehanlage mit darauf auf-getrommeltem Zugschlauch aus hochreißfestem Mate-rial in die Baugrube. Im dritten Verfahrensschritt wirddas neue Rohr an den Zugschlauch mit Hilfe eines Ad-apters angekoppelt (bei Dimensionsverstärkungen mitAufweitkopf). Danach wird der Zugschlauch mit Was-

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

ser gefüllt und mit Hilfe einer Hydraulikpumpe so unterDruck gesetzt, dass sich der Zugschlauch durch dieQuerdehnung eng an die Innenwand des Bleirohres an-legt. Die so entstandene form- und reibschlüssige Ver-bindung gewährleistet eine kontinuierliche Krafteinlei-tung über die gesamte Auswechsellänge. Im letztenVerfahrensschritt wird der unter Druck stehende Zug-schlauch von der hydraulischen Rohrziehanlage inRichtung Versorgungsleitung gezogen. Der Zug-schlauch und danach das Bleirohr mit innenliegendem

Zugschlauch wird auf der Trommel der Rohrziehanlageaufgetrommelt. Das Trennen des Zugschlauches vomBleirohr erfolgt in einem weiteren Arbeitsgang. DerZugschlauch ist für mehrere Auswechslungen wiederverwendbar.Der Anwendungsbereich beim hydros Lead-Verfahrenliegt zwischen DN 25 und DN 40; die Ziehgeschwin-digkeit beträgt ca. 1 m/min. Die max. Ziehlänge liegtbei ca. 25 m.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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3.A Erarbeitung einer Rehabilitations-strategie für Druckrohrleitungen

3.A.1 EinführungAus betriebswirtschaftlichen und sicherheitstechni-schen Gründen ist es für Versorgungsunternehmenwichtig zu wissen, wann – und wenn möglich mitwelchem Durchmesser – welche Netzabschnitte er-neuert bzw. saniert werden müssen. Gleichermaßenist die Effizienz der Netze zu untersuchen und geeig-nete Maßnahmen zu deren optimaler Gestaltungvorzuschlagen. Die angewandten Softwaremodelleberücksichtigen die Individualität der Netze häufignicht ausreichend. Die hier vorgestellte softwarege-stützte Methode soll dem Asset-Management helfen,eine optimale Rehabilitationsstrategie zu ermitteln.Diese Bewertungen können auch bei der Durchset-zung der Netznutzungsentgelte bei der BnetzA sehrnützlich sein. Die Bewertung der Druckrohrnetze und die Bestim-mung der zu erneuernden Netzabschnitte sind Entschei-dungsprozesse, die permanent bei den Versorgungsbe-trieben ablaufen. Vielfach verlässt man sich bei derAuswahl der Maßnahmen auf das Wissen und auf dieErfahrung langjähriger Mitarbeiter. Sie treffen eineEntscheidung und begründen diese mit dem schlechtenZustand, dem hohen Alter, den Kundenreklamationenhinsichtlich Druck und Qualität, mit BaumaßnahmenDritter etc. Bei der Vorbereitung und Durchsetzung dernotwendigen Investitionen kann eine betriebswirt-schaftliche Rangfolge der Maßnahmen häufig nur mithohem Aufwand bestimmt werden. Deshalb werdenmanche notwendigen Maßnahmen zu spät – unter be-stimmten Umständen aber auch zu früh – durchgeführt.Wird der richtige Zeitpunkt für die notwendigen Maß-nahmen verpasst, müssen betriebswirtschaftliche Nach-teile in Kauf genommen werden. Im besonderen Maßist bei der laufenden Rehabilitation die Frage zu beant-worten, ist die beabsichtigte Erneuerung in dem ge-wählten Durchmesserhydraulisch richtig und ist dieWahl der Rehabilitationsverfahren kostenoptimal.Für die Bestimmung des Umfanges der jährlich durch-zuführenden Rehabilitationsmaßnahmen werden ver-schiedene Methoden eingesetzt. Während die Bestim-mung der gefährdeten Netzabschnitte über diehistorischen Schäden noch gut gelingt, ist der Umfangder Maßnahmen und die Bestimmung und Durchset-zung des zugehörigen Budgets sehr schwierig. Ebensoist die konkrete Einschätzung des zukünftigen Rehabili-tationsbedarfs kaum realisierbar.Die übliche Vorbereitungspraxis leidet auch unter derTatsache, dass konkrete langjährige Aufzeichnungenüber das Netz und jeden Netzabschnitt zwar in der Re-gel vorliegen, aber nicht in der geeigneten Form für dienotwendigen maschinellen Bewertungen zur Verfü-gung stehen. Mit dem Ausscheiden der Erfahrungsträ-ger – nicht nur aus Altersgründen - verlieren die Ver-sorgungsbetriebe dann häufig unwiderruflich weitereswertvolles Spezialwissen.Mit der hier beschriebenen Methodik zur Ermittlung ei-ner optimalen Rehabilitationsstrategie soll ein Weg auf-

gezeigt werden, wie die Entscheidungsvorbereitungendeutlich verbessert, beschleunigt und letztlich die be-trieblichen Aufwendungen für die Reparaturen und dieInvestitionen durch eine zustandorientierte Instandhal-tung minimiert werden können.Es wird versucht, die Methode so darzustellen, dass derLeser in die Lage versetzt wird, die Überlegungen aufseine betriebliche Problemstellung zu übertragen. Dieskann nur praxisbezogen erfolgen und deshalb wird dieMethodik an einem Versorgungsnetz Schritt für Schrittentwickelt. Es werden die notwendigen Ausgangsinfor-mationen genannt und die Bewertungsergebnisse über-wiegend in Form von Diagrammen dargestellt.Software OPTNET und STANETDie für die Bewertung verwendete Software OPTNET[Büro für Rohrnetzanalysen, o.J.] wird in diesem Lehr-brief immer dann herangezogen, wenn die Lösungender angesprochenen Aufgaben gezeigt werden sollen.Darüber hinaus wird im Bereich der hydraulischenRohrnetzberechnungen und der geografischen Darstel-lung der Ergebnisse stets das Rohrnetzberechnungspro-gramm STANET [Ing.-Büro Fischer-Uhrig, o.J.] ver-wendet.Die Stellung der Software im Informationssystem desUnternehmens soll zeigen, welche Datenquellen ver-wendet werden und dass OptNet und STANET auf diephysisch gleichen Dateien zugreifen. Dies erleichtertnicht nur die Datenhaltung sondern ermöglicht auch diekomfortable Sofortdarstellung in beiden Systemen.

Abb. 3.A.1: Notwendige Systemkomponenten zur Erarbei-tung optimaler Rehabilitationsstrategien

Im deutschsprachigen Raum werden zu diesen Pro-blemkreisen weitere Softwareprodukte und mehrereEntscheidungshilfen angeboten.In diesem Abschnitt wird auf die Beschreibung dermöglichen Rehabilitationsverfahren, der Verlege- oderReparaturtechniken, der Herstellungsverfahren fürRohre, der Beschreibung der Schadensursachen undSchadensarten usw. verzichtet. Es wird vielmehr ver-sucht, sich ausschließlich auf die Bewertungen des Zu-standes, des Investitionswertes, der wirtschaftlichenNutzungsdauer, der Bestimmung der Rehabilitationsra-ten, der Auswahl der Maßnahmen und auf die Vor- undNachteile einer kontinuierlichen Rehabilitation zu kon-zentrieren.

Neuenhagen bei Berlin, im Juli 2008

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.A.2 Ziele der Rehabilitation Die Druckrohrnetze der Wasserversorgungsunterneh-men stellen ca. 60–70 % des Anlagevolumens und da-mit einen erheblichen Wert dar. Man schätzt den Neu-wert des in den Bundesländern verlegtenTrinkwassernetzes auf ca. 60 Mia. €.Dem kontinuierlichen Erhalt der Wasserversorgungs-netze ist höchste Aufmerksamkeit zu schenken, denndie Instandhaltungsaufwendungen nehmen tendenziellzu. Die Versorgungssicherheit – also die Verteilung desTrinkwassers in ausreichender Menge, mit dem erfor-derlichen Druck und in einwandfreier Qualität – ist nurzu gewährleisten, wenn das alternde Netz zum optima-len Zeitpunkt systematisch und dabei möglichst kosten-günstig erneuert oder saniert wird. Man geht davon aus,dass ein Rohr etwa die Lebensdauer eines Menschenhat. In der Praxis ist leicht nachzuweisen, dass aber in-nerhalb einer Materialklasse (gleiche Materialgenera-tion und Nennweite) auch die tatsächliche Nutzungs-dauer der einzelnen Netzabschnitte große Streubreitenaufweisen. Die Gefahr ist groß, dass notwendige Inves-titionen aus den verschiedensten Gründen zu früh oderzu spät durchgeführt werden.Der Betreiber erkennt den sich verändernden Zustandseines Netzes häufig nur an der steigenden Anzahl derSchäden und gegebenenfalls an den eingehenden Re-klamationen zur Qualität des Wassers. Durch diese In-formationen werden die Mängel zwar deutlich, jedochkann daraus keine belastbare Rehabilitationsstrategieabgeleitet werden. Ohne gezielte Zustandsbewertungenund Kostenanalysen ist die Beantwortung der Fragenach dem Umfang der notwendigen Erneuerungen bzw.Sanierungen nicht zu beantworten. langfristige Strategien benötigtDer verantwortungsbewusste Versorger muss deshalblangfristige Strategien entwickeln, um das Rohrnetz zuerhalten. Er ist verpflichtet, das Netz der nächsten Ge-neration in einem gleichwertigen oder besseren Zustandzu übergeben.Die unterlassene Bestimmung der wirtschaftlichen Nut-zungsdauer der einzelnen Netzabschnitte und das Feh-len einer ausreichenden Rehabilitation bedeutet:

• Deutlicher Anstieg der jährlichen Schadensanzahl.• Unnötige Reparaturkosten bei zu später Rehabili-

tation• Verlust an Abnutzungsvorrat bei zu früher Rehabi-

litation.• Störungen der Versorgungssicherheit, verbunden

mit Qualitätsverlusten und gesundheitlichen Ge-fahren für den Verbraucher.

• Deutlich erhöhter Mittelbedarf für den Abbau des jährlich wachsenden Investitionsrückstaus.

soziale KostenNeben diesen messbaren langfristig wirkenden Nach-teilen fallen erhebliche zusätzliche soziale Kosten an.Unter den sozialen Kosten – deren Ermittlung in derRegel große Probleme bereitet – versteht man die durchdie Störung verursachten zusätzlichen Belastungen derBevölkerung (z. B. im Straßenverkehr und bei Versor-gungsausfällen). Gleichzeitig muss ein deutlicher Ima-geverlust durch den Versorger hingenommen werden.

DaseinsvorsorgeDer Begriff der „Daseinsvorsorge“ ist für die Beschrei-bung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen ein häu-fig genutzter Begriff. Die Bedeutung dieser Problema-tik wird u.a. durch die Bildung einesBundestagsausschusses unterstrichen. Auch auf derEbene der EU [Schilling, o.J.] sowie Länderebene undin dem Deutschen Verband des Gas- und Wasserfachessind ständige Arbeitsgruppen tätig.nachhaltiges RehabilitationskonzeptUm ein nachhaltiges – den Zustand und die betriebs-wirtschaftlichen Aufwendungen berücksichtigendes –Rehabilitationskonzept zu entwickeln, sind wesentlicheFragen zu klären:

• Welche Schadensentwicklung ist zu erwarten, wenn ohne Erneuerungsstrategien nur geflickt und nicht rehabilitiert wird?

• Wo wird sich die Qualität und Versorgungssicher-heit bei fehlender Rehabilitation nachhaltig ver-schlechtern?

• Wie viel muss jährlich erneuert werden, um den Zustand, die Zuverlässigkeit und den Wert der Netze zu erhalten oder zu verbessern?

• Wie kann die optimale Rang- und Reihenfolge der Einzelmaßnahmen bestimmt werden?

• Welche finanzielle Ausstattung wird für die jewei-ligen Instandhaltungsstrategien benötigt?

• Wie kann man die Gesamtkosten für Investitionen und Reparaturen durch die Wahl des optimalen Rehabilitationszeitpunktes minimieren?

• Welche alternativen Rehabilitationsverfahren kön-nen unter der Zielstellung der Gesamtkostenmini-mierung eingesetzt werden?

• Kann eine Optimierung der Durchmesser erhebli-che Kostensparpotentiale ergeben?

• Wie können verschiedene Fachbereiche (Druck-rohrnetz, Straße, Abwasserableitung, Gas, Fern-wärme...) so koordiniert werden, dass neben der Kostenoptimierung in einem Fachbereich durch Koordinierung von Baumaßnahmen das Gesamt-system zu einem Kostenminimum geführt wird?

• Wie kann durch den Einsatz der geografischen In-formationssysteme (GIS) die Vorbereitung und Abstimmung solcher Maßnahmen unterstützt wer-den?

• Wie kann das Asset- bzw. Instandhaltungsma-nagement mit konkret aufbereiteten Maßnahmeka-talogen unterstützt werden?

• Wie sind die Datenbereitstellungen zu organisie-ren und welche Daten sollen/müssen erfasst wer-den?

Jede falsche oder ungenaue Antwort auf diese Fragenist mit erheblichen finanziellen Mehraufwendungenverbunden.Die Rehabilitationsstrategie muss sowohl den techni-schen Zustand als auch die hydraulische Leistungsfä-higkeit des Netzes berücksichtigen und ist damit einwesentlicher Bestandteil eines modernen Netzinforma-tionssystems. Die Kenntnis der optimalen Rehabilitati-onsstrategie führt zu weiteren positiven Effekten:

• Die Netze – oder auch verschiedene Teilnetze der Versorgungsfirma - werden vergleichbar.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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• Der Mittelbedarf kann genauer geplant werden. • Der Argumentation der BnetzA kann u. U. entge-

gengetreten und die Netzentgelte besser gestaltet werden.

• Die langfristigen Vertragswerke bei Privatisierun-gen können besser vorbereitet, Forderungen an den Investor konkretisiert und während der Ver-tragslaufzeit gemessen und überprüft werden..

SoftwareeinsatzDer Umfang dieser Aufgaben ist natürlich nur in Ver-bindung mit einer Rohrnetzdatenbank und entsprechen-der Spezialsoftware erfolgreich zu lösen. Die Nutzungeiner Rohrnetzdatenbank (Gas/Wasser) ist in Verbin-dung mit weiteren Fachschalen (Straße, Abwasser,Fernwärme) und eines geographischen Informations-systems (GIS) zu konzipieren. Bei entsprechender Ge-staltung des Gesamtsystems und der Schnittstellen fürdie Spezialsoftware sind erhebliche Kosteneinsparun-gen bei der Planung und laufenden Durchführung derMaßnahmen zum Erhalt der Infrastruktur möglich. Neben der langfristigen Minimierung der Instandhal-tungs- und Investitionskosten unterstützt eine entspre-chende Rehabilitationsstrategie den Erhalt der Versor-gungssicherheit, minimiert das Risiko und stabilisiertdie Preise.

3.A.3 Übersicht der notwendigen Bear-beitungsschritte

4 Schritte

Die Erarbeitung einer Rehabilitationsstrategie erfolgtüblicherweise in 4 Schritten.

1. Schritt: Bestimmung der Zuverlässigkeit und der Ausfallwahrscheinlichkeit sowie der Schadensent-wicklung jedes Netzabschnittes. Ableitung eines Bedeutungsfaktors und einer Zustandsnote um später die Rangfolge der Maßnahmen bestimmen zu können.

2. Schritt: Ermittlung des Wiederbeschaffungswer-tes, des Wiederbeschaffungszeitwertes (Substanz-wert), des jährlichen Substanzverlustes, der Ver-sorgungssicherheit, der optimalen Nutzungsdauer und der jährlichen notwendigen Rehabilitations-rate sowie des Kapitalbedarfs für die Erneuerung des Ist-Netzes (auch als Basis für Netzentgelte).

3. Schritt: Bestimmung der optimalen Durchmesser• Szenarien (Wassernetze): • ohne Grundbedarf für den Feuerlöschschutz• mit Grundbedarf und Objektschutz• Hydrantenminimierung• Kontrolle und Minimierung des Aufwandes • Für Durchmessererweiterungen• Für Durchmesserverkleinerungen unter Be-

rücksichtigung der modernen Rehabilitations-verfahren

• Erhalt der im guten Zustand befindlichen Netz-abschnitte

• Optimierungsgrad Ist-Netz vs. Ziel-Netz be-stimmen

• Benchmarks zum Optimierungsgrad und zu der Veränderung durch Rehabilitation, Stilllegung u.a.

4. Schritt: Erarbeitung eines 10-Jahre-Maßnahmen-kataloges unter Berücksichtigung der Rangfolge-kriterien• Zuverlässigkeit/Risiko (Schadensentwicklung,

Reparaturaufwand)• Bestimmung der Bedeutung der Netzabschnitte

für die Versorgung unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit (Untersuchung jedes Einzelabschnittes des Netzes, um Auswirkun-gen von Ausfällen zu simulieren) und der Kos-tenminimierung (Vorschlag der optimierten Durchmesser, der Rehabilitationsverfahren bzw. Materialien)

Wichtung der RangfolgekriterienDiese Rangfolgekriterien können vom Anwender ge-wichtet werden! Das Budget begrenzt den Rehabilitati-onsumfang!Verschiedene Benchmarks wie erzielbare Kostensen-kungen, Erhöhung der Effizienz, Annährung an dasZiel-Netz, Entwicklung des Ausfallrisikos, der Schädenund der Versorgungssicherheit sollen den jeweiligenStand des Netzes bzw. den erreichbaren Stand der Ar-beiten bei Einsatz der jeweiligen möglichen Budgetsdarstellen.

3.A.4 Informationsbasis 3.A.4.1 Alterungsverhalten der Druckrohr-

netzeÜber das Alterungsverhalten wurden viele Untersu-chungen veröffentlicht [Herz, 1996], [Lenz und John,1996], [Ahrens, 1985], [Kottmann, 1994], [Ahrens,2000]. Alle diese Untersuchungen werden an real exis-tierenden Netzen durchgeführt und es ist nicht möglich,diese Ergebnisse auf andere Netze einfach zu übertra-gen. Generell wird davon ausgegangen, dass der Zustandsich mit dem Alter ändert. Diese Änderungsgeschwin-digkeit hängt offensichtlich von der Kombination vielerFaktoren ab. Die Auswahl und die Quantifizierung desEinflusses dieser Faktoren auf den Alterungsprozess istbisher nicht gelungen. Einschätzen kann man aus Er-fahrungen jedoch den Trend, den die einzelnen Fakto-ren auf die Lebensdauer haben können. 1976 und 2006wurden deshalb Experten dazu befragt und über 30.000Einzelantworten ausgewertet.Datenmaterial der Berliner WasserbetriebeEs gibt auch kaum Datenmaterial, welches für die Be-wertung eines ungestört alternden Netzes zur Verfü-gung steht. Eine Sonderstellung nimmt das Druckrohr-netz der Berliner Wasserbetriebe ein. Mit der 30-igjährigen Teilung der Stadt und den unterschiedlichenMöglichkeiten der Netzbetreuung durch die Betreiberin Ost- und West-Berlin wurde eine gänzlich unter-schiedliche Rehabilitationsstrategie verfolgt. Ausge-hend von fast identischen Material-, Alters- und Scha-densstrukturen und analogen Verlegebedingungen(Erdart, Grundwasser u.a.) in den beiden Stadthälftenvollzog sich für beide Netze eine sehr verschiedene Zu-standsentwicklung. Während in Westberlin konsequenteine Teilerneuerung bei Schäden durchgeführt bzw. imZusammenhang mit dem Straßenbau die Trinkwasser-leitung ausgewechselt wurde, musste man sich in Ost-berlin mit der Reparatur (überwiegend geteiltes

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

U-Stück bzw. Dichtungsschelle) behelfen. In Ostberlinwurden auch nur ca. 17 km Altnetz mit Zement ausge-kleidet und ein Ersatzbau wurde nur in Ausnahmefällengestattet.

Abb. 3.A.2: Entwicklung der Schäden in Berlin-Ost

Der Rohrbruchquotient für Ostberlin ist von 0,09 Schä-den/km auf den Spitzenwert von 0,34 Schäden/km ge-stiegen. Gleichzeitig entwickelte sich der vergleichbareWert für Westberlin von 0,07 auf 0,09 Schäden/km.Berücksichtigt man die unterschiedliche Längenent-wicklung, erhöhte sich der Rohrbruchquotient in Ost-berlin auf rd. 700 % gegenüber 1960. Gleichzeitig istder Rohrbruchquotient für das Druckrohrnetz in West-berlin um ca. 30-40 % gestiegen.theoretische Schadensentwicklung ohne RehabilitationOhne Rehabilitation hätte sich für Westberlin folgendeSchadensentwicklung eingestellt:

Abb. 3.A.3: Schadenstrend und tatsächliche Entwicklung für Westberlin

Aus diesen unterschiedlichen Entwicklungen könnendie durch die kontinuierliche Rehabilitation verhinder-ten Schäden und die eingesparten Reparaturaufwendun-gen bestimmt werden. In [Schröter und Ahrens, 2002]wurde ermittelt, dass rd. 11.500 Schäden im Zeitraum1965–1995 für Westberlin durch die Rehabilitation ver-hindert wurden.

klimatisch bedingte SchädenDer Schadensverlauf zeigt, dass klimatisch bedingt fürdie Jahre 1980/83 in Berlin-Ost, deutlich mehr Schädenregistriert wurden. Dies führte auch zu zeitweilig ver-stärkten Ersatzmaßnahmen in Berlin Ost. Die erhöhteAnfälligkeit des Netzes muss auf die fehlende Rehabili-tation zurückzuführen sein, denn in Westberlinherrschte ein durchaus vergleichbares Klima!Bestimmte klimatische Erscheinungen (kalte Winterund trockene warme Sommer) und die damit verbunde-nen Erdbewegungen zeigen verstärkt die Schwachstel-len der Netze. Damit wird eine Voraussage der Scha-densentwicklung für konkrete Jahre natürlichunsicherer und Schwankungen sind einzuplanen. DerSchadenstrend kann aber trotzdem bestimmt werden,auch wenn die Schadensprognosen durch diese Klima-abhängigkeit und durch die laufenden Rehabilitations-maßnahmen am Netz zusätzlich weiter erschwert wer-den. bundesweite Initiative SchadensstatistikenDie Bestimmung der Schadensentwicklung ist aber eineVoraussetzung für die Aufwandsminimierung. DerDVGW lässt deshalb in einer bundesweiten InitiativeSchadensstatistiken [DVGW, 1998c] erstellen. Leiderist diese Statistik wegen der fehlenden Angaben zumAlter der ausgefallenen Netzabschnitte nur bedingt ge-eignet, hieraus das Alterungsverhalten bzw. die Ursa-chen für die Ausfälle der verschiedenen Materialartenabzuleiten.eigene UntersuchungenAus eigenen Untersuchungen stehen z.Z. rund 120.000km Versorgungsnetz und rund 115.000 Schäden zurVerfügung. Für die Untersuchungen der Zustandsent-wicklung [Ahrens, 1985] wurden die Netze in 25 Mate-rialgenerationen und 3 Nennweitengruppen eingeteiltund für diese wurden allgemeine Schadensfunktionenabgeleitet.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Für das Material Grauguss kann folgender Trend ge-zeigt werden:

Abb. 3.A.4: Trend der Schadensentwicklung für Graugussrohre

Für den oben gezeigten Trend konnten über 40.000Schäden und über 30.000 km Gussrohrnetz berücksich-tigt werden.Untersuchungen von HERZZu ähnlichen Ergebnissen ist bereits 1996 HERZ ge-kommen, der das Ausfallverhalten des Druckrohrnetzesder Stadt Stuttgart untersuchte [Herz, 1996].

Abb. 3.A.5: Schadensentwicklung in Stuttgart nach HERZ [Herz, 1996]

ErgebnisseAus beiden Untersuchungen wird deutlich, dass selbstbeim langlebigen Gussrohr Schäden ab dem 40. Nut-zungsjahr verschleißbedingt auftreten.Leider ist es nicht möglich, die aus solchen Trends ab-geleiteten Schadensfunktionen ohne spezielle Kalibrie-rungen auf die real existierenden Netze zu übertragen.Zu unterschiedlich sind die Material- und Altersstruktu-ren, zu unterschiedlich die den Zustand beeinflussendeninneren und äußeren Bedingungen, zu unterschiedlichsind auch innerhalb einer Materialart die Rohrqualität,

die Qualität der Umhüllung und Auskleidung, sowiedie Qualität der Rohrverlegung. Die nachfolgend beschriebene Methode mit OptNetversucht die tatsächliche wirtschaftliche Nutzungsdauerzu bestimmen. Ein speziell entwickeltes Verfahren be-stimmt spezielle Schadensfunktionen für jeden Netzab-schnitt für das zu untersuchende Netz.

3.A.4.2 Voraussetzungen bei der Entwicklung und Umsetzung von Rehabilitations-strategien

In der Praxis erschweren häufig fehlende Vorausset-zungen die kurzfristige Erarbeitung einer optimalen Re-habilitationsstrategie.zu prüfende VoraussetzungenFolgende Voraussetzungen sind zu prüfen und gegebe-nenfalls zu schaffen:

• Stehen die notwendigen Datenmassive zur Verfü-gung? Für den Rohrnetzingenieur entsteht unter Umständen eine erhebliche Mehrbelastung bei der Organisation der Datenerfassung. Hier sind unter Umständen weit reichende Entscheidungen vorzu-bereiten.

• Existiert ein Geografisches Informations-Sys-tem (GIS) oder soll es angeschafft werden? So-wohl die Software - mehr noch die Digitalisierung der Netze - sind mit erheblichem Aufwand ver-bunden. Stehen dafür die notwendigen Mittel zur Verfügung?

• Sind Altdaten vorhanden, können z.B. die Bau-jahre der Netzabschnitte möglichst genau ermit-telt werden?

• Wo und in welcher Form stehen die Altschäden zur Verfügung. Wie können sie für die Bewertun-gen erschlossen werden?

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

• Die Umstellung auf eine gezielte Rehabilitations-strategie des Netzes kann bei schlechtem Zustand kurzfristig und mittelfristig zu einer finanziellen Mehrbelastung führen. Es sind deshalb die not-wendigen Argumente für die Rehabilitation zu er-arbeiten und der entsprechende Vorlauf zu schaf-fen.

• Wie ist die laufende Datenerfassung zu organisie-ren? Wer ist dafür zuständig und steht die notwen-dige Rechentechnik zur Verfügung?

• Wie ist die Datenbereitstellung oder Datenüber-nahme zu anderen betrieblichen EDV-Projekten zu organisieren?

• Wer ist für die Erarbeitung der Rehabilitationsstra-tegie verantwortlich?

• Wird die Rehabilitationsstrategie mit eigenen Kol-legen erarbeitet oder wird ein Dienstleister beauf-tragt?

3.A.4.2.1Informationsbedarf zur Bewertung der Netze

Zielstellungen der BewertungDer heute übliche Ablauf der Zustandsbewertung er-folgt durch die eingesetzte Software. Die Zustandsbewertung eines Netzes kann sehr umfas-send sein und sollte immer eine hydraulische und mo-netäre Bewertung mit enthalten. Es genügt auch nicht,wenn nur einzelne besonders auffällige Netzabschnittebeurteilt werden. Die Ableitung einer optimalen Reha-bilitationsstrategie verlangt, dass der technisch-hydrau-lische Zustand aller Netzabschnitte beurteilt wird. Dar-über hinaus müssen die betriebswirtschaftlichenAufwendungen für die Erneuerung, Sanierung und Re-paratur beachtet werden. Und für alle Rehabilitations-fälle, ob durch Versorgungsengpässe oder Qualitätsbe-einträchtigungen bedingt oder nicht, bleibt die Fragenach dem betriebswirtschaftlich günstigsten Rehabilita-tionsverfahren, der Priorität und des optimalen Rehabi-litationszeitpunktes relevant.Zielstellungen der BewertungWelche Zielstellungen werden bei der Bewertung ver-folgt:

• Senkung des Investitions- und Betriebsaufwandes durch die Bestimmung optimaler Durchmesser und Druckzonen und durch eine zustandsorientier-ten Instandhaltung.

• Schaffung einer langfristig wirkende Planungs-grundlage für die Erneuerung, Sanierung und Re-paratur des Netzes.

• Verringerung der Netzlängen durch Außerbetrieb-nahme unnötiger redundanter Netzabschnitte.

• Optimierung des Speichervolumens im Hoch-drucknetz (Gas).

• Qualitätsverbesserung durch Verkürzung der Ver-weilzeit (Wasser).

• Ausweis ineffizienter Netzabschnitte, deren Er-neuerung keinen positiven Betrag zum Betriebser-gebnis ergeben wird (Gas).

• Erhalt bzw. Erhöhung der Zuverlässigkeit bei möglichst geringem Aufwand.

• Erstellung eines objektkonkreten Maßnahmekata-loges für 10 Optimierungsjahre innerhalb eines zeitlich nicht begrenzten Planungshorizontes zur kostengünstigen Erneuerung der Netze unter Be-rücksichtigung der Schwachstellen, moderner Re-habilitationsverfahren und beliebig gewählter Budgets.

Der Umfang der jährlichen Maßnahmen soll sich orien-tieren an der Zuverlässigkeit (Risiko!), an der Bedeu-tung für die Versorgung, an dem jährlichen Substanz-verlust und wird begrenzt durch das zur Verfügungstehende jährliche Budget.weitere InformationsbedürfnisseJe nach der buchhalterischen Situation des Versorgerskönnen weitere Informationsbedürfnisse entstehen wie:

• Restbuchwertbestimmung für Sonderabschreibun-gen

• Verschiedene Wertbestimmungen in Form von Umbewertungen

• Zu erwartende Kapitaldienste und Abschreibun-gen

Die für diese Arbeitsschritte notwendigen Ausgangsin-formationen sind aus verschiedenen Quellen bereit zustellen und einer entsprechenden Software zuzuführen.

Technische Informationen

Rohrnetzbestand

Eine der Grundvoraussetzungen für die Bewertung desNetzes ist natürlich die Kenntnis über die das Netz bil-denden Rohrleitungsabschnitte. Bildung von Leitungs- oder NetzabschnittenFür die Bildung von Leitungs- oder Netzabschnitte gilteine einfache Regel:

Ein Netzabschnitt wird definiert durch seine Materi-alart, seine Nennweite, sein Baujahr und seine Länge.Diese „Kante“ wird durch 2 Knoten begrenzt. Knotenwerden gesetzt bei einem Wechsel der obigen Daten,bei einem Abgang (nur bei Großabnehmern auch beiHausanschlüssen) oder einem Straßenwechsel.

Es versteht sich, dass der Netzabschnitt ein zusammen-hängender Teil des Netzes ist. Darüber hinaus gibt esgute Gründe, einen solchen zusammenhängenden Netz-abschnitt trotzdem nochmals oder mehrmals zu teilen.So hat es sich bewährt, die Länge der Netzabschnittenur in Ausnahmen länger als 250–500 m (hier häufigZubringerleitungen) zu wählen. Hydranten sollten nichtals Teilungsknoten fungieren, auch dann nicht, wennsie nicht auf dem Versorgungsnetz sitzen.In der Praxis kommen gerade bei Digitalisierungenweitere Netzabschnittsteilungen vor. InsbesondereSchieberkreuze führen häufig zu mehreren Netzab-schnitten.IdentifikationsdatenFür die spätere Lokalisierung der Ergebnisse sind Iden-tifikationsdaten notwendig. Identifikationsdaten

• Netzabschnitts_ID (eindeutige und automatisch vergebene Abschnittsnummer)

• Straßenbezeichnung und Straßenschlüssel• Straßenbezeichnung und Straßenschlüssel

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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• Betriebsbereiche• Hinweis zur Lage• Lageskizze• Plannummer

Diese Identifikationsdaten werden für alle netzbezoge-nen Informationsbereiche immer wieder benötigt.Technische Angaben:

• Materialart• Nennweite• Länge• Baujahr• Leitungsart• Wanddicke• Verbindungsart• Art der Umhüllung und des Innenschutzes• Spezieller Korrosionsschutz (KKS, Opferanoden)

Darüber hinaus sind die am Netzabschnitt angetroffe-nen Schieber, Hydranten, Klappen, Ventile, Entleerun-gen und Hausanschlüsse zu erfassen. Grundsätzlichsollten aber für diese Ausrüstungen sowie für Sonder-bauwerke und Hausanschlüsse weitere Dateien ange-legt werden. Diese Dateien können später gut für die

Bestimmung des Zustandes und der Instandhaltungsin-tervalle benutzt werden.In der Access-Datenbank von OptNet sind für alle ge-nannten Dateien entsprechende Erfassungsformularehinterlegt, sodass die Erfassung dieser Daten auch au-ßerhalb des GIS oder SAP problemlos möglich ist.VerlegebedingungenVerlegebedingungen

• Erdart• Erdbewegungen und Senkungsgebiete• Lage des Netzabschnittes• Art und Dicke der Straßenbefestigung und Packe• Lage des Netzabschnittes zum Grund- oder

Schichtenwasser• Aggressivität des Bodens• Verkehrsbelastung• Verlegetiefe des Netzabschnittes

Erfassung der NetzbestandsinformationenIn der Abb. 3.A.6 wird ein typisches Formular für dieErfassung der Netzbestandsinformationen gezeigt. Die-ser Beleg wird als Erfassungsformular in der entspre-chenden Software verwendet. Wenn auf den Einsatz ei-nes GIS noch verzichtet wird, kann die Erfassungdieser Netzinformationen direkt am PC erfolgen.

Abb. 3.A.6: Erfassung eines Netzabschnittes

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Schäden

Um eine Rehabilitationsstrategie zu entwickeln, benö-tigt man immer die historischen Schäden. Dabei wärees ideal, wenn man über diese für die gesamte Nut-zungszeit verfügen könnte. Dies ist aber nur in Ausnah-mefällen gegeben. Deshalb begnügt man sich häufigmit den Schäden der letzten 5 oder mehr Jahre. DieSchäden sollten einen Verweis auf den zugehörigenNetzabschnitt aufweisen. Grundsätzlich sollten auchSchäden an Armaturen erfaßt werden, jedoch werdendiese bei der Bewertung des Zustandes des Netzab-schnittes gesondert berücksichtigt.Die Erfassung der Schäden kann in einfachen Daten-banken (Access, ORACLE), Tabellenprogrammen wieExcel o.ä. erfolgen. Günstiger ist natürlich das Anlegendes Schadendatensatzes durch Digitalisierung direkt imGIS. Deshalb ist bei der Wahl des GIS darauf zu ach-ten, dass eine komfortable Datenerfassungsmaske be-reits vorliegt oder angelegt werden kann. Wurden dieDaten nicht im GIS georeferenziert, ist das nachträgli-che Anlegen in OptNet in Verbindung mit STANET zuempfehlen.Folgende Informationen werden benötigt [siehe Anlage2]:IdentifikationsdatenIdentifikationsdaten:

• Schadens_ID• ID des zugehörigen Netzabschnittes• Identifikationsdaten wie beim Netzabschnitt• Vor Hausnummer • Hinweis und/oder Lageskizze• Gegebenenfalls die XY-Koordinaten • Technische Informationen und Verlegebedingun-

gen• Angetroffene Materialart und Nennweite sowie

zur Ergänzung der häufig unvollständigen Unter-lagen Angaben zu den Verlegebedingungen (Erd-art, Straßenbefestigung, Lage, Verkehrsbelastung, Grundwasser u.a. )

Angaben zur Zustandsbeschreibung• Zustand der Rohrwand (gut/mittel/schlecht/erhal-

ten)• Zustand der Umhüllung• Zustand der Auskleidung• Schadensdatum• Schadensursache • Zustand Innen (Dicke der Ablagerungen, Inkrusta-

tionen)

Angaben zur Schadensbeseitigung• Reparaturtechnologie• Störungsdauer

ReparaturkostenDarüber hinaus können die Reparaturzeiten, die Kos-ten, die ausführende Reparaturkolonne u.a. erfasst wer-den. Die Reparaturkosten werden aber üblicherweiseaus den betriebswirtschaftlichen EDV-Projekten ermit-telt. Die Kenntnis der mittleren Reparaturkosten für dieMaterialklassen ist eine Voraussetzung für die Optimie-rungsrechnung. Sollten die Schadensbeseitigungennicht an Dritte vergeben werden, ist die Ermittlung dertatsächlichen Kosten häufig nicht ohne Probleme.Auch hier gilt, dass die Einführung und Durchsetzungeines entsprechenden Schadensbeleges eine Vorausset-zung für die kontinuierliche und stetig verbesserte Be-wertung der Netze ist.

Erkundungen

Ganz analoge Informationen lassen sich bei verschiede-nen Anlässen gewinnen, so z.B. bei Fehlschachtungen,bei sonstigen Baumaßnahmen sowie bei Armaturen-wechsel, Sanierungen und natürlich bei der gezieltenErkundung.Auch zur Erfassung dieser Informationen – auf die manunter keinen Umständen verzichten sollte – sind ent-sprechende Belege zu entwickeln, wie z. B. den Stör-meldungsbeleg [Anlage 3].

Laboruntersuchungen

Die Laboruntersuchung ist durch Brussig für das Rohr-netz entwickelt worden [Brussig, 1994]. Hauptziel die-ser Untersuchung ist es, die u.U. sehr subjektive An-sicht des für die Einschätzung des Zustandesverantwortlichen Rohrlegers vor Ort durch objektiveMessungen abzulösen. Brussig hat ein Analyseverfah-ren entwickelt, mit dessen Hilfe er die statisch notwen-dige Restwandstärke, die Restnutzungsdauer, die hy-draulische Leistungsfähigkeit, die k-Werte bei starkenInkrustationen und die Notwendigkeit der Rehabilita-tion bestimmt.Schwerpunkte der UntersuchungDer in der folgenden Abbildung dargestellte Erfas-sungsbeleg zeigt die Schwerpunkte der Untersuchung:

• Art, Verteilung und Tiefe der Korrosionsschäden• Einschätzung des Zustandes der Schutzumhüllung

und der Innenauskleidung• Stärke, Festigkeit und Verteilung der Inkrustatio-

nen• Tiefe der Graphitierung bzw. Spongiose

Ergänzt werden können diese Informationen nochdurch die Messung von Streuströmen am Schadensort.

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Abb. 3.A.7: Erfassungsbeleg nach BRUSSIG [Brussig, 1994]

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Festzustellen bleibt, dass diese Form der Untersuchungviel zu wenig genutzt wird und auch moderne Untersu-chungsverfahren durch geeignete Labore wenig zur An-wendung gelangen.

3.A.4.2.2Hydraulische RohrnetzberechnungDie Rohrnetzberechnung ist eine Voraussetzung füreine optimale Dimensionierung des Netzes und für dieFührung des Netzbetriebes. Jegliche Überlegung zurRehabilitation wird geprägt von der Frage nach derrichtigen Dimension. Das gilt nicht nur für den Neubau,sondern auch für die laufende Rehabilitation. Entspre-chende Expertisen zeigen, dass in Kombination aus Zu-verlässigkeit/Bedeutung und der Durchmesser-optimie-rung Einsparungen von ca. 25 % der Investitionskostenzu erwarten sind. Das Asset-Management kann an die-sen Möglichkeiten – insbesondere in der Frage der An-reizregulierung – nicht mehr vorbei gehen.benötigte DatenDie Rohrnetzberechnung benötigt wesentliche Teile derDaten, welche im Kap. 3.A.4.2.1 Informationsbedarfzur Bewertung der Netze (→ Abschnitt Technische In-formationen → Abschnitt Rohnetzbestand) beschriebenwurde. Deshalb bietet es sich an, die technische und diehydraulische Analyse auch rechentechnisch zu verbin-den. In diesem Kapitel erfolgen alle Bewertungen mitden Systemen OptNet und STANET.Darüber hinaus werden jedoch viele weitere Informati-onen benötigt. Die wichtigsten sind:

• Einspeiseknoten mit Einspeisedruck und Menge• Behälter und Pumpen• K-Werte• Verbraucherstruktur und Anordnung im Netz• Verbrauchsganglinien und Verbrauchsmengen• Druck- und Durchflussmesswerte an ausgewählten

NetzabschnittenErgebnisse der BerechnungenAus diesen Berechnungen werden für die kombiniertetechnisch-hydraulische Analyse folgende Informatio-nen verwendet:

• Maximaler und durchschnittlicher Durchfluss je-des Netzabschnittes

• Maximale und durchschnittliche Fließgeschwin-digkeit jedes Netzabschnittes

• Mittlerer und minimaler Druck jedes Netzab-schnittes

• Druckabfall in jedem Netzabschnitt• Verweilzeit bei mittleren Verbrauchssituationen

für jeden Netzabschnitt• Anzahl der Leitungsknickpunkte• K-Wert

Diese Informationen werden zur Bestimmung der opti-malen Durchmesser genutzt und sie beeinflussen dieRangfolge bei der Rehabilitation.

3.A.4.2.3Betriebswirtschaftliche InformationenZiel der Analysen

In Verbindung mit der technischen Zuverlässigkeit desVersorgungssystems ist die langfristige Minimierungder Reparaturkosten und der Investitionsaufwendun-gen Ziel der Analysen. Die nachfolgenden betriebswirt-schaftlichen Daten werden bei den noch zu besprechen-

den Algorithmen für die verschiedenen Optimierungeneingesetzt. Diese Informationen lassen sich aus denJahresverträgen, Leistungsverzeichnissen, dem Anla-genverzeichnis und aus betriebswirtschaftlichen Ab-rechnungen gewinnen. Für die Bewertungen notwendi-gen Informationen werden nun beschrieben.

Betriebswirtschaftliche Daten für Bestimmung des RehabilitationsaufwandesIm Unterschied zu den am Markt befindlichen Kalkula-tionsprogrammen für die Vorabermittlung der Investiti-onsaufwendungen oder zur Erstellung eines Leistungs-verzeichnisses, muss im Falle der Bestimmung deroptimalen Rehabilitationsstrategie die Kalkulation mitdeutlich weniger Informationen auskommen. Dafür istaber das gesamte Rohrnetz durchzurechnen. Als Orien-tierung gilt, dass in einem GIS-System ca. 20.000 Netz-abschnitte auf 1.000 km Rohrnetz kommen. Bei eineranalogen Datenhaltung sind immerhin auch noch ca.12.000 Abschnitte auf 1.000 km Rohrnetz zu erwarten.benötigte InformationenFolgende Informationen werden immer benötigt:Länge, Materialart, Nennweite und Baujahr, sowie dieIdentifikationsdaten.Die oben genannten Informationen stellen das Grund-gerüst der Kalkulation dar und sollten jedem GIS pro-blemlos entnommen werden können. Als Schnittstelledes GIS zu peripheren Programmen dient in der si-chersten und schnellsten Form eine ASCII-Schnitt-stelle, also die Ausgabe der Daten im Textformat. Al-lerdings ist es häufig so, dass diese Schnittstellen nichtautomatisch vorhanden sind, sondern dass spezielleGIS-Dienstleistungen notwendig sein können.Neben diesen Daten lassen sich üblicherweise auch dieInformationen über die Anzahl und Art der eingebautenSchieber, Klappen, Ventile, Hydranten und Anbohrven-tile für Hausanschlüsse ausspielen.FachdatenbankInformationen über die Verlegebedingungen (Lage,Tiefe, Straßenbefestigung, Erdart, Grundwasseran-drang) werden in den GIS selten vorgehalten. Sie sindin einer Fachdatenbank zu verwalten. Die Daten wer-den aus fremden Datenbanken gekauft, aus den Scha-densbelegen zugespielt oder für die zu untersuchendenTeilnetze/Netze als Erfahrungswerte vorab eingestellt.Eine sehr schnelle und kostengünstige Datenanreiche-rung ist mit STANET und einem entsprechend vorbe-reitetem Kartenmaterial möglich. So sind vor allemErdklassen, Grundwasserstände, Bodenaggressivitäten,Senkungsgebiet u. a. so schnell mit einem Lasso zumarkieren und in die Datenmassive einzufügen. Das ge-lingt natürlich vor allem deshalb so einfach, weil STA-NET und OptNet über gemeinsam genutzte Dateienverfügen.AufwandsparameterDie eigentliche Kalkulation benötigt nun noch die Kos-tenparameter. Die Aktualisierung dieser muss währendder Kalibrierungsphase und später bei erkennbaren Ab-weichungen jederzeit möglich sein. Die Aufwandsparameter sind:

• Material- und Montageaufwand nach Materialart und Nennweite pro m, Analog der Aufwand für die Schieber, Klappen, Ventile, Hydranten

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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• Analog der Aufwand für die Hausanschlüsse, Auf-wand für Erdarbeiten (Auf/Zu pro m³), Erdaus-tausch und Transport (m³/km)

• Aufwand für Straßenbau (m²)• Aufwand für Wasserhaltung pro m• Gemeinkostenzuschläge und Projektierungskos-

ten (% der Baukosten)• Aufwand für die einzusetzenden Rehabilitations-

verfahren, wie• Langrohrrelining ohne Ringraum (also mit

Verdämmern)• Langrohrrelining mit Ringraum für PE, GGG

und Stahl• Berstlining• Press-Ziehverfahren• Aufwand für die Sanierungsverfahren wie• Zementmörtelauskleidung• Folien• Muffendichtungen u.a.

Für die Kalibrierung der Kosten auf das geltende Preis-niveaus des Unternehmens werden noch Vorgaben alsGesamtkosten/m nach Nennweiten benötigt.

Daten für die Bestimmung der Reparaturkos-tenViele der für die Kalkulation der Reparaturkosten benö-tigten Angaben sind mit den oben genannten Auf-wandsparametern identisch. Neu hinzukommen:

• Reparaturmaterialkosten• Stundenverrechnungssätze

Auch hier werden Vorgaben für die mittleren Repara-turkosten an das geltende Preisniveau pro Nennweitebenötigt.Die Daten werden aus den üblichen Betriebsauswertun-gen entnommen, können in bestimmten Fällen auch fürden jeweiligen Netzabschnitt nachgewiesen werden.Parameter zur Steuerung der KalibrierungsprozesseIn der nachfolgenden Abb. 3.A.8 ist ein Teil der Para-meter zur Steuerung der Kalibrierungsprozesse zu er-kennen.

Abb. 3.A.8: Beispiel für die Einstellung der Kostenparameter

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Sonstige InformationenNeben den bereits genannten Informationen sind wei-tere Daten für die Bewertung der Rehabilitationsstrate-gie notwendig:

• Schadensstatistik der letzten Jahre (mindestens 5 Jahre)

• Vorherrschende Reparaturtechnologie (Teilersatz oder Flicken)

• Anzahl der versorgten Einwohner• Wasserverkauf und Wasserverluste in m³ bzw.

Gasmenge und KWh• Wasserpreis bzw. Gaspreis und Selbstkosten in €• AfA und Restbuchwertentwicklung der letzten 20

Jahre in €• Anzahl der Abschreibungsjahre je Materialart• Zinsfuß für Eigen- und Fremdkapital• Stärke und Häufigkeit von Inkrustationen/Ablage-

rungenMit diesen Daten rundet sich der Informationsbedarf abund die Voraussetzungen für die Bewertung der Netzesind geschaffen. Auch wenn der Umfang der Daten er-heblich ist, gibt es kein Beispiel dafür, dass an der Be-reitstellung der notwendigen Daten die Bewertung derNetze gescheitert ist.

3.A.5 KalibrierungenNach der Schaffung der Voraussetzungen sind nunmehrfolgende Kalibrierungen notwendig:

• Kalibrierung der Schadensfunktionen• Kalibrierung der Rehabilitationsaufwendungen

(Ersatz und bis zu 9 Rehabilitationsverfahren)• Kalibrierung der Reparaturkosten

Zusätzlich wird eine Kalibrierung der Widerstandbei-werte (Rauhigkeit) des Netzes für das hydraulischeRohrnetzberechnungsprogramm notwendig. Auf dieseKalibrierung wird hier nicht explizit eingegangen, auchwenn sie Voraussetzung für die Durchmesseroptimie-rung ist.Das für die Ergebnisdarstellung genutzte DEMO-Netzstellt ein tatsächlich existierendes Wasser-Netz im In-nenstadtbereich einer deutschen Großstadt dar.

3.A.5.1 Kalibrierung der SchadensfunktionenIst-Zustand

Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Bestimmung desIst-Zustandes jedes Netzteils. Alle Informationen überdie Schadensdichte, über den Zustand des Rohrschutzesund der Rohrwand, über Inkrustationen und Schadens-arten sowie Schadensursachen dienen der Bestimmungder Zuverlässigkeit und davon abgeleitet, einer Ausfall-wahrscheinlichkeit. Dabei ist nicht nur der augenblick-liche Zustand von Bedeutung, sondern für alle Progno-sen und Strategien wird auch die Geschwindigkeitbenötigt, mit der sich der Netzabschnitt verschlechtert.

iteratives Verfahren zur Bestimmung der AlterungsgeschwindigkeitDa ein eindeutiger quantitativer Zusammenhang derden Alterungsprozess verursachenden Stressfaktorennicht gefunden werden konnte, wurde ein iterativesVerfahren zur Bestimmung der Alterungsgeschwindig-keit entwickelt.Dazu werden die historischen Schäden benötigt, dieüber den Erfassungszeitraum hinweg untersucht, denbereits genannten Materialklassen (25 Generationen, 3Nennweitenklassen) zugeordnet und für das Analyse-jahr über eine Hochrechnung verteilt werden. Das Ver-fahren erkennt Trends und „glättet“ die jährlichenSchwankungen und berücksichtigt auch bereits durch-geführte Rehabilitationsmaßnahmen. Im Ergebnis ent-steht eine Matrix, die unter Berücksichtigung der Mate-rialien, der Nennweiten, der historischen Schäden undder Baujahre für jede Klasse die Längen und die erwar-teten Schäden enthält.StressfaktorenAn dieser Matrix werden die max. 40 Stressfaktoreniterativ kalibriert.

• Materialart, Nennweite, Länge, Nenndruck , Wanddicke

• Rohrverbindungsart, Anzahl der Armaturen und Hausanschlüsse

• Art des Rohrschutzes außen und innen, Erdart und Bodenaggressivität, Bodenbewegung

• Verlegetiefe und Grundwasser, Oberflächenbefes-tigung, Lage und Verkehrsbelastung

• Länge und Medium, Anzahl, Zeitpunkt und Ort der Schäden

• Schadensursachen und Schadensarten, Zustand der Rohrwand außen und innen, des Rohrschutzes in-nen und außen, Rohrzustand innen

• Reparaturart, Schadensstelle, Abstand zu Dritten• Durchfluss und Druck, Streuströme

Bei den Berliner Wasserbetrieben [GWF, 9/2007]wurde die Qualität der nachfolgenden Zuverlässig-keitsanalyse überprüft und festgestellt, dass für denZeitraum 1997 bis 2006 eine Abweichung der prog-nostizierte Schäden zu den tatsächlich eingetretenenvon nur 4,4 % aufgetreten ist. Zu beachten ist dabeiallerdings, dass die Berliner 1997 über fast alleSchäden der Jahre 1977 bis 1996 verfügten.allgemeine SchadenfunktionWie in Formel 3.A.1 dargestellt ist, wurde für die Be-stimmung der Schadensfunktionen der Materialklasseneine verhältnismäßig einfache Funktion gewählt.

Formel 3.A.1: Allgemeine Schadenfunktion

(3.A.1)

Hierin sind:

a0 Absolutes Glieda1 Anstieg der FunktionT Alter der LeitungL Länge des Netzabschnittes

f f1 ... fn Stressfaktoren

S f( ) a0 a1 f1 f2 … fn T2⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅( )+( ) l⋅=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Die nachfolgenden Diagramme zeigen die Berech-nungsergebnisse dieses Prozesses.

Abb. 3.A.9: Ergebnis der Kalibrierung der Stressfaktoren, dargestellt mittels der erwarteten und berechneten Schäden der Nennweiten > 80 bis 200 mm

Abb. 3.A.10: Ergebnis der Kalibrierung der Stressfaktoren, dargestellt für die Nennweitengruppen

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Wesentlich ist, dass ein Ergebnis dieser Iteration (derAnstieg der Alterungsfunktion a1) für jeden Netzab-schnitt gespeichert wird und nur noch das Alter als Va-riable verbleibt. Damit sind nunmehr z. B. die Progno-serechnungen, die Bestimmung der Zuverlässigkeit undder Ausfallwahrscheinlichkeit möglich.

Abb. 3.A.11: Prognose der Schadensentwicklung für das Demo-Netz

BerechnungenFolgende Berechnungen werden für den Netzabschnittdurchgeführt und im Datensatz abgespeichert.4

• Bestimmung der Zuverlässigkeit Einzelabschnitt

• Bestimmung der mittleren Ausfalldauer Einzelab-schnitt

• Mittlere Dauer bis zum Ausfall des Einzelab-schnittes

• Ausfallwahrscheinlichkeit des Einzelabschnittes

• Nichtverfügbarkeit

• Ausfallzeit

• Versorgungssicherheit

SensitivitätsprüfungFür eine Sensitivitätsprüfung werden nicht nur die obi-gen Berechnungen für den Einzelabschnitt durchge-führt, sondern die serielle Verknüpfung jedes Abschnit-tes, die Zuverlässigkeit, Ausfalldauer usw. der jeweilsentstehenden Kette werden ebenfalls bestimmt.

4 Klöppel/Adler/Sorin/Tislenko: Zuverlässigkeit von Elektroenergiesystemen, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig 1990

λ e a1 T2⋅=

T 1λ e----- Tausfall⋅=

φe8760

λ e------------=

Ae 1 eλe–

–=

Ueλ e

λe 8760

Te------------+

----------------=

Ze 8760 Ue⋅=

SePvor anfang Pvor ende+

Pnach anfang Pnach ende+--------------------------------------------- 100⋅=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.A.12: Aufbau einer Kette (Netzabschnitte mit nur einem Zufluss) (mit STANET)

AusfallwahrscheinlichkeitDie über Knopfdruck aufrufbare Ausfallprognose führtzu folgender Aussage, die ebenfalls mit STANET ob-jektkonkret angezeigt werden kann.

Abb. 3.A.13: Entwicklung der Ausfallwahrscheinlichkeit

Abb. 3.A.14: Darstellung er Ausfallwahrscheinlichkeit (mit STANET)

3.A.5.2 Kalibrierung der Rehabilitationsauf-wendungen

Die Kalibrierung der Rehabilitationsaufwendungen er-folgt bei jeder Durchrechnung des Gesamt- bzw. Teil-netzes und auch bei jeder Untersuchung eines Netzab-schnitts immer wieder neu. Dadurch kann jedeVeränderung am Netz (z.B. neue Schäden) berücksich-tigt werden. Dies ist bedeutsam, da auch in der Vorbe-reitungsphase der Bewertung einzelne Netzabschnittein der zugehörigen Rohrnetzdatenbank bearbeitet wer-den können. So es jederzeit möglich, notwendige Er-gänzungen wie die Veränderung der Nennweite oderdas Hinzufügen von Verlegetiefen, Erdklassen usw.vorzunehmen und in der Kalkulation sofort zu berück-sichtigen. WiederbeschaffungswertDie Kalkulation ermittelt standardmäßig den Wiederbe-schaffungswert (WBW) in der vorhandenen Materialartund für die heute gebräuchlichen anderen Hauptmateri-alarten. Hierbei gelten Voreinstellungen, die zusammenmit den bevorzugten Rehabilitationsverfahren einzuge-ben sind. Dabei ist es erst einmal nicht von Bedeutung,ob dieses Verfahren tatsächlich eingesetzt werden wird.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.A.15: Voreinstellungen zu den bevorzugten Rehabilitationsverfahren

Die Kalkulation folgt dabei den üblichen Algorithmenund benutzt die möglichen Voreinstellungen (Erdart,Tiefe, Straßenbefestigung, Grundwasser), wenn für denjeweiligen Netzabschnitt keine entsprechenden Anga-ben vorliegen. Hindernisse, notwendige Wege mögli-cher Zwischentransporte und andere Besonderheiten,die nicht kalkuliert werden können, müssen die einzel-nen Kalkulationselemente Zu- oder Abschläge erhalten,um die tatsächlichen Aufwendungen möglichst genauwiderzuspiegeln. Dabei spielen die bereits genanntenAufwandsvorgaben eine bedeutsame Rolle. Ziel ist es,die Einzelpreise der Kalkulation so einzustellen, dasssie den mittleren Meterpreisen nahe kommen.Die Ergebnisse der Kalkulation werden für jeden Netz-abschnitt gespeichert. Durch entsprechende Gruppie-rungen nach Klassen können die Ergebnisse mit denVorgaben verglichen werden. Durch Ändern der Para-

meter und erneuter Kalibrierung kann die Abweichungschnell beseitigt werden.OptNetDas Programmsystem OptNet ist so aufgebaut, dassdieser Vergleich direkt in Form von Diagrammendurchgeführt werden kann. Es ist dann möglich, sowohlin den einzelnen Aufwandsparameter als auch überFaktoren die Aufwendungen sehr schnell anzupassen.Dabei sind die Voraussetzungen geschaffen, für jedesTeilnetz andere Aufwandsparameter vorzuhalten.Die Kalkulation kann durch die Vorgabe von bestimm-ten Materialien und Rehabilitationen weitere Ergeb-nisse liefern. Dass die später gezeigten Auswertungenfür das Asset-Management eine gute Entscheidungs-grundlage sein können, zeigen die möglichen Effektivi-tätsgewinne von bis zu 25–30 %.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.A.16: Ergebnis der Kalibrierung des Investitionsaufwandes

Die Ergebnisse dieser Berechnungen werden für dieBestimmung des Wiederbeschaffungswertes des ge-samten Netzes benötigt. Dieser WBW wird u.a. bei der

Bestimmung des Substanzverlustes und des Optimie-rungsgrades verwendet.

Abb. 3.A.17: Investitionswert des Netzes

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.A.5.3 Kalibrierung der ReparaturkostenStundenverrechnungsfaktoren

Die Kalkulation der Reparaturkosten erfolgt ganz ana-log der Kalkulation der Investitionen. Allerdings erset-zen hier die speziellen Reparaturmaterial- und Monta-gekosten sowie die Stundenverrechnungsfaktoren dieentsprechenden Kostenanteile bei den Ersatzinvestitio-nen. Die Stundenverrechnungsfaktoren wurden einge-führt, um eine Kostenkalkulation auch dann zu ermög-lichen, wenn eine abgrenzbare Rechnungslegung fürdie einzelnen Reparaturen beim Versorger nicht erfolgt.Ähnlich den Zuschlagsfaktoren können auch diese Fak-toren benutzt werden, um die Reparaturkosten zu trim-

men. Die Reparaturkosten werden immer auch für dieMaterialarten GGG und PE-HD bestimmt, da eines derverwendeten Optimierungsverfahren diese Informatio-nen benötigt.Natürlich stehen für das Trimmen der Reparaturkostenauch die Basiskostenparameter für Erdarbeiten, Stra-ßenbau usw. zur Verfügung. Auch die Gegenüberstel-lung der Aufwendungen „berechnet“ und „Vorgabe“ inForm von Diagrammen steht zur Verfügung und er-laubt, die Kalibrierungsprozesse ohne großen Zeitauf-wand durchzuführen.

Abb. 3.A.18: Kalibrierungsergebnis der Reparaturkosten

Kostenanteil aus den WasserverlustenDie Kalkulation der Reparaturkosten wird um den Kos-tenanteil aus den Wasserverlusten ergänzt. Bei der Be-stimmung der Wasserverluste wird grundsätzlich unter-schieden in Brüche (Längs- oder Rundbruch), Löcher(Korrosion) sowie in undichte Verbindungen.Das vorliegende Bewertungsverfahren kann die Lecks-uche unterstützen, indem die gefährdeten Leitungenaufgelistet oder geografisch angezeigt werden. DieWasserverluste aus den Schäden werden je nach denvorherrschenden Verlegebedingungen und den bisherregistrierten Schäden errechnet. Aus Versuchen undzahlreichen Literaturstellen ist bekannt, dass die Höheder Wasserverluste u.a. von der Art des Schadens, derWanddicke, der Nennweite, vom Versorgungsdruck,vom Grundwasserstand, von der Erdart und der Stra-ßenbefestigung beeinflußt wird. Es ist deshalb ein Al-gorithmus entwickelt worden, der diese verschiedenenBedingungen berücksichtigt und die für den Lochfraßverantwortliche Korrosionsgeschwindigkeit auswähltund über die vermutete Laufzeit die Höhe der Wasser-verluste bestimmt.

Die Tab. 3.A.1 zeigt Beispiele für diese Bestimmungen.

Tab. 3.A.1: Wasserverluste [Böhm, 1993]Betriebs-druckBar

Lochmm

Volumenstrom DNmm

Volumenstrom (3 Bar)

l/s m³/a l/s m³/h3,0 2 0,05 1497 80 14,1 50,8

3 0,10 3139 100 17,7 63,74 0,20 6205 125 22,1 79,65 0,31 9707 150 26,5 95,4

4,0 2 0,06 1825 200 35,4 1273 0,13 4015 250 42,0 1514 0,23 7191 300 53,1 1915 0,36 11315 350 62,0 223

5,0 2 0,06 2008 400 70,8 2553 0,14 4563 450 79,7 2874 0,26 8067 500 88,5 3195 0,40 12629

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

184

Die Höhe der Kosten, welche aus den Wasserverlustenentstehen, sind von Versorgungsbetrieb zu Versor-gungsbetrieb ganz unterschiedlich. Richtig scheint uns,dass die anteiligen Förder-, Aufbereitungs- und Vertei-lungskosten berücksichtigt werden müssen. Diese lie-gen je nach Qualität des Rohwassers und der Art derWasserverteilung im Wesentlichen zwischen 10 und 60% des Verkaufserlöses.Entscheidend für die Höhe der Wasserverluste ist die Laufzeit des Schadens bis zur AbsperrungEntscheidend für die Höhe der Wasserverluste ist dieLaufzeit des Schadens bis zur Absperrung. Währenddie spektakulären Brüche größerer Leitungen fast au-

genblicklich registriert werden, können hoher Grund-wasserstand, sandige Böden, Beton- oder Asphaltde-cken und andere schwierige Verlegebedingungen dieFeststellung eines Lochschadens sehr behindern. Es istimmer wieder festgestellt worden, dass an einer DN100 Stahlleitung durchaus Laufzeiten des Schadens von6 bis 9 Monaten auftreten und ein Lochschaden mit 700bis 900 m³ angesetzt werden kann. Diese Wasserver-lustkosten müssen bei der Bestimmung der Kosten fürdie Reparaturen mit berücksichtigt werden.

Abb. 3.A.19: Wasserverlust und Reparaturkosten eines Netzes

3.A.6 Bewertung des Netzes 3.A.6.1 Bestimmung der wirtschaftlichen Nut-

zungsdauerDefinition betriebswirtschaftliche Nutzungsdauer

Die DVGW-Richtlinie W 401 [DVGW, 1997a] defi-niert die betriebswirtschaftliche Nutzungsdauer wiefolgt:

Begrenzung der Nutzungsdauer im Zuge der kalkula-torischen Bewertung der Gesamtkosten (Kapital-, Be-triebs- und Instandhaltungskosten unter Berücksichti-gung der Kosten für Wasserverluste) einer neuenLeitung im Vergleich zu einer vorhandenen Leitung.

Definition technische NutzungsdauerIm Vergleich dazu wird die technische Nutzungsdauerwie folgt definiert:

Begrenzung der Nutzungsdauer einer Leitung ausversorgungstechnischen Gründen. Sie liegt meistdeutlich über der betriebswirtschaftlichen Nutzungs-dauer.

kostenoptimale Rehabilitationsstrategie häufig ein KompromissDiese beiden Definitionen zeigen, dass eine kostenopti-male Rehabilitationsstrategie häufig einen Kompromissdarstellen wird. Denn die Betreiber eines Versorgungs-netzes können eine gänzlich unterschiedliche Bewer-tung der Notwendigkeit von Maßnahmen vornehmen.Zum einen ist es möglich; durch ständiges Reparieren(Feuerwehrstrategie) die Rehabilitation zu verschieben,zum anderen ist es schwierig, kurzfristige Liquiditäts-vorteile durch die Rehabilitation nachzuweisen. Esstellt sich jedoch nicht die Frage, ob eine langfristigeMinimierung der Aufwendungen für Reparaturen undErneuerung und damit eine kontinuierliche Rehabilita-tion, der kurzfristigen Gewinnmaximierung vorzuzie-hen ist. Im ersten Fall wird die Versorgungssicherheit,die Begrenzung der Risiken und der Stabilisierung derKosten auf einem bestimmbaren Niveau angestrebt. Imzweiten Fall wird kurzfristig Geld gespart, welches aberdurch höhere Reparaturkosten, geringere Versorgungs-sicherheit und Qualität und letztlich mit einem späterenAufholen der Investitionen bezahlt werden muss. Zu

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

berücksichtigen sind weiterhin die sozialen Kosten so-wie der Verlust an Image. Es ist sehr wahrscheinlich,dass auch die nächste Generation nur über begrenzteMittel verfügen wird und eine kontinuierliche Rehabili-tation im Sinne der nachhaltigen Daseinsvorsorge istdeshalb Versorgerpflicht.Für die Bestimmung der wirtschaftlichen oder optima-len Nutzungsdauer werden nur die bisher bereitsgeschaffenen Grundlagen

• Anstieg der Alterungsfunktionen• Investitionsaufwand / Rehabilitationsaufwand• Reparaturkosten

benötigt.

Formel 3.A.2: Bestimmung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer

Die Bestimmung der wirtschaftlichen Nutzungsdauerberücksichtigt immer die Instandhaltungskosten sowiedie Investitionsaufwendungen. Da die laufenden be-triebswirtschaftlichen Kosten immer auftreten, spielensie bei der Bestimmung des Kostenminimums keineRolle und werden nicht in die Berechnungen einbezo-gen.

(3.A.2)

Formel 3.A.3: Jährliche Instandhaltungskostenjährliche ReparaturkostenFührt man für die Kostenentwicklung der Instandhal-tung eine Potenzfunktion der bereits genannten Art ein,so ergeben sich die jährlichen Reparaturkosten mit

(3.A.3)

Formel 3.A.4: Bestimmung der optimalen Nutzungsdauerwirtschaftliche NutzungsdauerNach [Michalik, 1985] ergibt sich nach der Substitutionder Formel 3.A.3 in Formel 3.A.2 und anschließenderDifferentialrechnung folgende Berechnungsgleichungfür die wirtschaftliche Nutzungsdauer:

(3.A.4)

mit

I Investionsaufwanda1 Anstieg der AlterungsfunktionK Kosten für Reparaturen

In der Bewertungspraxis hat es sich bewährt, drei wei-tere Faktoren bei der Bestimmung der OND bei be-stimmten Anlässen zu verwenden:

FGrenz Faktor für die Begrenzung der ND (nur Gas)

FRisiko Faktor für die Berücksichtigung von speziellen Risiken an Einzelabschnitten

FInkr Faktor für stärkere Inkrustationen an Altleitungen

zusammengefasste NutzungsdauerverteilungDie Berechnungen nach Formel 3.A.4 werden nunmehrauf jeden einzelnen Netzabschnitt, aber auch auf dieKlassen angewendet. Für das Demo-Netz ergibt sichfolgende zusammengefasste Nutzungsdauerverteilung:

K 1n--- IAufwand KInstandhaltung

t 1=

n

∑+

⋅=

Minimum→

KInstandhaltung a0 a1 t2 KReparatur km⋅ ⋅ ⋅+=

OND 1,5 IAufwand⋅a1 KReparatur⋅---------------------------3=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.A.20: Optimale Nutzungsdauer der Hauptmaterialarten

Die hier gewählte Darstellung zeigt die optimale Nut-zungsdauer für die verschiedenen Materialarten. Eineweitere Differenzierung nach Nennweiten oder Baujah-ren innerhalb der Materialarten ist sofort verfügbar. Diemittlere Nutzungsdauer beträgt in diesem netz 93 Jahre!Einschätzung der Abnutzungsreserve bzw. -vorratesDer Abstand zwischen der mittleren optimalen Nut-zungsdauer und dem mittleren Alter ist ein wesentli-ches Indiz für die Einschätzung der Abnutzungsreservebzw. -vorrates. Je größer der Abstand, desto größer dieverfügbare Abnutzungsreserve.Das GG-Rohr hat einen sehr hohen Verschleißgrad er-reicht. Das Verhältnis des Alters zur optimalen Nut-zungsdauer beträgt 91:118 Jahre. Damit kann davonausgegangen werden, dass für diese Materialarten einerheblicher Rehabilitationsbedarf zu erwarten ist.Natürlich fallen die Netzabschnitte nicht zum Zeitpunktder OND aus. Viele erreichen diese Nutzungsdauerüberhaupt nicht und werden bereits vorher rehabilitiert.Andere können wesentlich länger genutzt werden.Diese Verteilung wird in den nächsten Abbildungendargestellt und erläutert.Niemals sollte ein Netzabschnitt nur wegen seinesAlters erneuert werden!Verteilung der NutzungsdauerIn der folgenden Abb. 3.A.21 sehen wir die Verteilungder Nutzungsdauer als eine Glockenfunktion(Gauß’sche Normalverteilung) dargestellt. Die Berück-sichtigung dieser Verteilung eröffnet die Möglichkeit,die Rehabilitationsrate zu bestimmen.

Abb. 3.A.21: Statistische Verteilung der Nutzungsdauer nach DVGW W401

Die beiden folgenden Darstellungen basieren auf dieserVerteilungsfunktion.

Abb. 3.A.22: Ausfallrate nach DVGW W401

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.A.23: Überlebensfunktion nach DVGW W401

Zu berücksichtigen ist, dass sich die Beispielsfunktiondes DVGW auf eine mittlere wirtschaftliche Nutzungs-dauer von ca. 75 Jahre orientiert. Tatsächlich werdenmittlere wirtschaftliche Nutzungsdauern zwischen 45und 120 Jahren ermittelt. Der Funktionsverlauf bleibtunverändert bestehen, nur die Zeiteinteilung wird auto-matisch angepasst.Die Bestimmung der mittleren wirtschaftlichen oderoptimalen Nutzungsdauer ist die Basis der nachfolgen-den Bewertungen.

3.A.6.2 Bestimmung des AbnutzungsvorratesDefinition Abnutzungsvorrat

Die E DIN 31051:2001-10 „Grundlagen der Instandhal-tung“ [DIN, 2003c] definiert den Abnutzungsvorrat wiefolgt:

Im Sinne der Instandhaltung: Vorrat der möglichenFunktionserfüllung unter festgelegten Bedingungen,der einer Betrachtungseinheit aufgrund der Herstel-lung, Instandsetzung oder Schwachstellenbeseitigunginnewohnt.

Formel 3.A.5: Bestimmung des AbnutzungsvorratesBestimmung des AbnutzungsvorratesDie Höhe des Abnutzungsvorrates wird in OPTNETnach Roß [Ross, 1991] unter Berücksichtigung der op-timalen wirtschaftlichen Nutzungsdauer bestimmt.

(3.A.5)

Wiederbeschaffungszeitwert (Substanzwert)In Abb. 3.A.17 wurde für das hier gezeigte Demo-Netzbereits der Investitionswert bestimmt. Nunmehr ist esauch möglich, den augenblicklichen Wert des Netzes inder Form des Wiederbeschaffungszeitwertes oder desAbnutzungsvorrates zu bestimmen. Es ist dabei zu be-achten, dass diese Wertbestimmung nicht gleichzuset-zen ist mit dem Restbuchwert. Diese buchhalterischeGröße ist ein Ausdruck des noch zur Verfügung stehen-den Abschreibungsvorrates, welcher durch die jährli-chen Abschreibungen auf Anlagen (AfA) nach ver-schiedenen Methoden aufgezehrt wird. DieAbschreibungen sind Voraussetzung für die Finanzie-rung von Investitionen und in der Regel werden dieRohrnetze über 30 bis 50 Jahre abgeschrieben.Für das Demo-Netz ergab sich folgender Wiederbe-schaffungszeitwert (Substanzwert):

Abb. 3.A.24: Substanzwert absolut

WAbnutzungsvorrat12--- t2

OND2--------------- t

OND-------------+

⋅ 100 IInvestitionsaufwand⋅ ⋅=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Dieser absolute Wert von 32,5 Mio. € ist im Verhältniszum Investitionswert von 63 Mio. € zu setzen.

Abnutzungsvorrat bezogen auf den InvestitionswertDas nachfolgende einfache Abb. 3.A.25 stellt diesenAbnutzungsvorrat bezogen auf den Investitionswertdar:

Abb. 3.A.25: Abnutzungsvorrat relativ

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Nach Auffassung des Autors ist dies eine außerordent-lich wichtige Information. Nicht so sehr die Tatsache,dass der Abnutzungsvorrat nur noch 51 % beträgt.Auch wenn dieser bereits unterhalb einer wünschens-werten 55 % Grenze liegt, ist die Bedeutung daran zumessen, dass man prognostizieren kann, welcher Ab-

nutzungsvorrat z.B. in 10 Jahren bei einem ungestört al-ternden Netz erwartet werden kann. Und diese Aussagemacht es möglich, die heute notwendige Rehabilitati-onsrate in Form eines Benchmarks zu kontrollieren undden Erfolg der Rehabilitationsstrategie zu messen.

Abb. 3.A.26: Abnutzungsvorrat in 10 Jahren

Wenn der Abnutzungsvorrat des gegenwärtigen vor-handenen Netzes (ohne Erweiterungsinvestitionen) be-urteilt wird, verringert sich dieser um 10 % auf 41 %.Die Abwendung dieses Verlustes an Abnutzungsvorratist durch die Erneuerungsrate bzw. Rehabilitation zugewährleisten. Damit haben der Techniker und auch derKaufmann eine Kenngröße zur Verfügung, an der derErfolg und der notwendige Umfang der Rehabilitationgemessen werden kann.PrivatisierungenInteressant ist dieses Maß auch im Zusammenhang mitden Privatisierungen. Der Privatisierungsvertrag solltedeshalb eine Klausel enthalten, die nach Beendigungder Vertragslaufzeit wenigstens den vorgefundenenoder einen klar definierten Abnutzungsvorrat garantiert.

3.A.7 Entwicklung der Rehabilitations-strategie

3.A.7.1 Bestimmung der notwendigen Rehabi-litationsrate

In den vorangegangenen Schritten ist mit Hilfe des Ab-nutzungsvorrates bereits ein Weg gezeigt worden, umdie Höhe der Rehabilitationsrate zu kontrollieren. DieBestimmung dieser Rate erfolgt mit den entsprechen-den Überlebensfunktionen bzw. Ausfallwahrscheinlich-keiten analog der DVGW W401.Ausfallrate für die jeweiligen MaterialklassenAus der optimalen Nutzungsdauer – hier sind Zustand,Schadensverteilungen, Reparaturkosten und Investiti-onsaufwendungen und u. U. weitere Faktoren berück-sichtigt – wird mittels der Überlebensfunktion die Aus-fallrate für die jeweiligen Materialklassen bestimmt.Die ermittelten Ergebnisse stellen den gegenwärtig not-wendigen statistisch gesicherten Rehabilitationsbedarfdar, der entsprechend der Gesamtsituation des Netzessich in den nächsten Jahren unterschiedlich entwickelnwird. Dabei gilt:

Für Netze in einem guten Zustand wird eine geringegegenwärtige Rehabilitationsrate bestimmt, jedoch istdie Tendenz überwiegend steigend.Für weniger gepflegte Netze wird auf Grund des In-vestitionsrückstaus eine höhere gegenwärtige Reha-bilitationsrate bestimmt, die Tendenz ist bei Erfüllungder geforderten Rehabilitationen fallend.

aktuelle RehabilitationsrateDas Demo-Netz ist vollständig erfasst und das Ergebnisder aktuellen Rehabilitationsrate wird in den folgendenAbbildungen dargestellt:

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

190

Abb. 3.A.27: Gegenwärtige Rehabilitationsrate

Wie bereits bei der Bestimmung der optimalen Nut-zungsdauer und bei der Bestimmung des Abnutzungs-vorrates festgestellt wurde, ist für das Demo-Netz einerheblicher Investitionsrückstau entstanden. Der Aus-

weis der relativen Werte, bezogen auf die Netzlängevon 167 km Länge, zeigt die Schwerpunkte der Rehabi-litationsplanung.

Abb. 3.A.28: Relative Rehabilitationsrate

Deutlich ist die Differenzierung und auffällig der hoheAnteil des Gussrohres. Dies ist nicht verwunderlich, dahier der höchste Verschleißgrad bereits bei der Bestim-mung der optimalen Nutzungsdauer erkennbar wurde.

notwendiger InvestitionsaufwandFür die gefährdeten Abschnitte wird der notwendige In-vestitionsaufwand dargestellt. Hierbei wird zunächstder Aufwand für die klassische Erneuerung in offenerBauweise ausgewiesen.

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191

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.A.29: Aufwand der Rehabilitation durch Ersatzmaßnahmen

Es ist zu prüfen, ob die hier ausgewiesene Rehabilitati-onsrate den Forderungen nach dem Erhalt des Zustan-des und des Wertes des Netzes gerecht wird. Wenn dasbestätigt werden kann, dann sind die € 930.000 das ge-genwärtige Obermaß der notwendigen Kapitalmittel fürdie Erneuerung des Netzes. möglicher Einsatz alternativer RehabilitationsmaßnahmenDurch weitere Untersuchungen wird der mögliche Ein-satz alternativer Rehabilitationsmaßnahmen geprüft.Eine wichtige Voraussetzung ist dabei die Bestimmungder optimalen Durchmesser. Der verantwortliche Inge-nieur kann dadurch noch deutliche Einsparungen errei-chen.Bevor die Einzelmaßnahmen für die Rehabilitation vor-geschlagen werden, soll die Entwicklung des Netzes fürden weiteren Prognosezeitraum untersucht werden.

3.A.7.2 Entwicklung des Abnutzungsvorrates und der Rehabilitationsrate

Für die Festlegung der Rehabilitationsstrategie ist esnotwendig, die Auswirkungen der Rehabilitation – oderauch der fehlenden Rehabilitation – zu kennen.Entwicklung der RehabilitationsrateZunächst soll die Entwicklung der Rehabilitationsrateuntersucht werden. Unter der Voraussetzung, dass aufeine Rehabilitation gänzlich verzichtet wird, ist natur-gemäß ein Investitionsrückstau zu erwarten. Bei fehlen-der Rehabilitation wird zu jedem späteren Zeitpunktdeshalb die dann notwendig werdende Rehabilitations-rate ansteigen.

Abb. 3.A.30: Entwicklung der Rehabilitationsrate bei fehlender Rehabilitation

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

192

Es ist gut zu erkennen, dass bereits in 10 Jahren statt 2,3nunmehr 3,5 km zu erneuern sind. In 30 Jahren ist dienotwendige Rehabilitationsrate bereits auf fast 5,5 kmgestiegen, dass Netz ist nicht mehr kontrollierbar.

Abb. 3.A.31: Entwicklung der Rehabilitationsrate bei Realisierung der des Rehabilitationsvorschlages

Innerhalb von 15 Jahren stabilisiert sich die jährlichnotwendige Rehabilitationsrate bei 2,2–2,3 km. Es gibtalso einen guten Grund, sofort mit einer ausgewogenenRehabilitationsstrategie den weiteren Verschleiß desNetzes aufzuhalten.

Rehabilitationsaufwand und SubstanzverlustDie Übersicht in Abb. 3.A.32 zeigt, dass der Rehabilita-tionsbedarf höher ist als der jährliche Substanzverlust.Damit ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Abb. 3.A.32: Rehabilitationsaufwand und Substanzverlust für 10 Planjahre

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193

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.A.8 Optimale Gestaltung des NetzesEffizienzerhöhung

Durch Bundesnetzagentur wird zunehmend Druck aufdie Versorgungsunternehmen ausgeübt. Durch die An-reizregulierung wird eine ständige Effizienzerhöhungvon bis zu mehreren Prozent erwartet.Im Asset-Management ist deshalb eine optimale Ge-staltung des Netzes von höchster Bedeutung. Ineffekti-vitäten sind im Gasnetz und Wassernetz gleichermaßenbestimmbar. Während im Gasnetz zusätzlich ineffek-tive Netzteile und Reglerstationen bestimmt werdenkönnen, sind für die Wassernetze und für das Nieder-ducknetz optimale Durchmesser zu ermitteln.RandbedingungenBevor mit einer Optimierung des Netzes begonnen wer-den kann, ist eine Reihe von Randbedingungen abzu-stimmen:

• voraussichtliche Entwicklung des zukünftigen Verbrauchs geplante Investitionsstandorte, Frei-zeitgebiete, Wohnanlagen

• Häuser mit Objektschutz• Höhe des Grundschutzes• Grenzen für die Druckgestaltung (Maximum, Mi-

nimum)Zulässige Entwicklung des Pumpenener-giebedarfs

• Druckgestaltung im Niederdrucknetz• Instandhaltungsaufwand für Regeleinrichtungen• Entwicklung der Fernwärmeversorgung• Mögliche Erschließungspotentiale, deren Akquise

noch betrieben werden muss• Unterteilung der Versorgungsbereiche in Messbe-

zirke• Messreihen zur Prüfung des kathodischen Korrosi-

onsschutzes• u. a.

BerechnungsverfahrenFür diese Berechnungen der optimalen Durchmesserwurden zwei verschiedene Berechnungsverfahren ent-wickelt:

1. STANET bestimmt mit einem analytischen Re-chenverfahren das Ideal-Netz. Dieses Netz be-rücksichtigt die vorhandenen Durchmesser zu-nächst nicht, sondern es entsteht ein Netz, dass die kostengünstigste Struktur hat.

2. In OptNet ist ein heuristischer Ansatz gewählt worden, der vom bestehenden Netz ausgeht und die Maßnahmen aufzeigt, die zum so genannten Best-Netz führen.

OptNetOptNet berechnet das Best-Netz, das bei hoher Zuver-lässigkeit mit dem geringsten Aufwand unter Berück-sichtigung des vorhandenen Netzes erreicht werdenkann und gleichzeitig möglichst wenig vom Ideal-Netzabweicht.Dazu wird der notwendige Aufwand unter Berück-sichtigung der modernen Rehabilitationsverfahrenbestimmt. Außerdem werden verabredete Materialsub-stitutionen berücksichtigt. Insgesamt werden deutli-che Effektivitätsgewinne gegenüber dem Ist-Netz er-zielt. Heuristik

Eine Definition besagt: „Als Heuristik bezeichnet maneine Methode, komplexe Probleme, die sich nicht voll-ständig lösen lassen, mit Hilfe einfacher Regeln undunter Zuhilfenahme nur weniger Informationen zu ent-wirren.“Greenfield-PlanungDie von OptNet entwickelte modifizierte Green-field-Planung orientiert sich an dem vorhandenen Netz,welches aus der Sicht des Planers zum Planungszeit-raum optimal schien und welches eine ungeheure Füllevon Zwangspunkten sowie Überlegungen und Erfah-rungen der Planer berücksichtigt. Dieses Wissen bleibtbei der vorgeschlagenen Optimierungsvariante erhal-ten, um Bewertungen zur Zuverlässigkeit und Versor-gungssicherheit für die Risikoanalyse ergänzt und soaufbereitet, dass künftige Optimierungen auch durchden Nutzer der Software durchgeführt werden können.

Das analytischen Verfahrens: Ideal-NetzDas Ideal-Netz wird mit und ohne Feuerlöschbedarf be-rechnet.

Abb. 3.A.33: Ideal-Netz mit Feuerlöschbedarf

ideales Netz mit kleinstem GesamtvolumenDas Verfahren führt zu dem idealen Netz mit kleinstemGesamtvolumen

Damit wird das Gesamtvolumen des Netzes auch unterBerücksichtigung des Feuerlöschbedarfs deutlich ver-ringert. Der Wertunterschied des Netzes mit und ohne Feu-erlöschbedarf beträgt in diesem Netz 4,3 Mio. €.

Ist-Netz Ideal-Netz mit FW Verkleinerung um10.923 m³ 5.702 m³ 48 %

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

194

Da die Bestimmung des Idealnetzes auf die vorhande-nen Durchmesser im Ist-Netz keine Rücksicht nimmt,werden sowohl Verkleinerungen als auch Durchmes-servergrößerungen auftreten. Die Tatsache, dass dieVergrößerungen so umfangreich ausfallen, führt dazu,dass ein vorhandenes Netz über diesen Weg nicht neugestaltet werden kann.

verkleinert 47,99 kmbeibehalten 27,47 kmvergrößern 92,99 km

Deshalb wurde ein zweites, heuristisches Verfahrenentwickelt.

Das heuristischen Verfahren: Best-NetzKompromiss zwischen dem Ist-Netz und dem Ideal-NetzDas heuristische Verfahren erlaubt nicht die Bestim-mung eines optimalen oder idealen Netzes. Im Ergebniswird ein Best-Netz bestimmt, dass einen Kompromisszwischen dem Ist-Netz und dem Ideal-Netz darstellt.Primär wird eine Verbesserung der Netzgestaltunggesucht und dabei werden

• die Durchmesser möglichst nicht vergrößert wer-den.

• Die Reihenfolge der Erneuerungsmaßnahmen soll durch die Zuverlässigkeit, Bedeutung und andere Kriterien priorisiert werden.

• Jede beliebige Reihenfolge der Erneuerungsmaß-nahmen soll möglich sein, ohne dass Engpässe im Netz entstehen dürfen.

• Das Netz soll auch sicher arbeiten, wenn die ge-schätzte Verbrauchsentwicklung um 15 % höher verläuft.

• Bei Durchmesserverkleinerungen soll das ge-wählte Rehabilitationsverfahren vorrangig einge-setzt werden.

• Das Netz soll durch die Verringerung der Effizien-zen deutliche Einsparungen bei dem notwendigen Erneuerungsbudget ergeben.

• Ganz entscheidend für dieses Best-Netz ist die Tatsache, dass bereits das Ist-Netz besteht.

zusätzliche EinsparungenDurch den Versuch, überwiegend nur Durchmesserre-duzierungen zuzulassen, sind erhebliche zusätzlicheEinsparungen möglich. Die möglichen Einsparungenwerden durch 2 Programmeinstellungen simuliert:

• Ersatz der vorhandenen Materialarten durch kos-tengünstige neue Materialien (Vorzugsmateria-lien)Verringerung der Durchmesser mit dem Ziela) Einsatz von Rehabilitationsverfahren, insbe-

sondere das PE-Relining (PER) zur kosten-günstigen Erneuerung

b) Verbesserung der Qualität durch Verkürzung der Verweilzeiten

c) Verringerung des Energieaufwandes durch Op-timierung der Durchmesser

d) Verringerung der Anzahl der Reglerstationen durch Neugestaltung der Druckzonen

• Vergrößerung der Durchmesser im Gashochdruck-netz zur Schaffung von Netzpuffer

OptimierungsvorgangDer Optimierungsvorgang erfolgt in einzelnen Schrit-ten. Für das vorliegende Beispiel wurden 18 solcherSchritte durchgeführt. Nach jedem Schritt wird automa-tisch das veränderte Netz für bestimmte vorgegebeneVerbrauchssituationen hydraulisch überprüft und doku-mentiert:

• Veränderungen bei den Drücken• Kontrolle des Grundschutzes und des Objektschut-

zes• Simulation einer 15 % höheren Verbrauchssitua-

tion• Simulation der Auswirkungen einer Störung, für

jedes NetzteilIn den Datensätzen werden die neuen Durchmesser unddie veränderten Widerstandsbeiwerte gespeichert. Das Berechnungsergebnis führt zu folgenden Verände-rungen im Netz:

verkleinert 105,01 kmbeibehalten 62,15 kmvergrößern 0,77 km

Gleichzeitig wird die Verweilzeit deutlich gesenkt undder Energieverbrauch nicht erhöht.

Abb. 3.A.34: Das Best-Netz (grün kann verringert, rot sollte vergrößert werden)

deutlich geringeres InvestitionsvolumenDas Best-Netz zeichnet sich durch ein deutlich geringe-res Investitionsvolumen aus. Der Abstand der WBWdes Ist-Netzes zum Best-Netz stellt den Nutzen aus In-vestitionseinsparungen dar. Die nachfolgende Abbil-dung zeigt diese.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.A.35: Entwicklung Wiederbeschaffungswerte bei Einsatz der Vorzugsmaterialarten und des PE-Relining-Verfahrens

Damit beziffert sich der Effizienzgewinn auf ca. 15Mio. € und der Optimierungsgrad beträgt zz. ca. 76,2%

Abb. 3.A.36: Entwicklung des Optimierungsgrades bei Einsatz der Vorzugsmaterialarten und des PE-Relining-Verfahrens

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

196

Das Best-Netz ist eine Vorgabe, die natürlich nur übereinen längeren Zeitraum realisierbar wird. Bei einemjährlichen Budget von 0,7 bis 0,9 Mio. € ergeben sichLaufzeiten zur Umsetzung des Vorschlages von ca. 60Jahren.

Abb. 3.A.37: Einige Kennzahlen zur Beschreibung der strategischen Konzeption

Wie zu erkennen ist, wird der Abschluss der Umwand-lung des Ist-Netzes in das Best-Netz in ca. 60 Jahren er-reicht sein. Damit sind die Vorgaben aus der Anreizre-gulierung trotz bestmöglicher Vorbereitung nichtrealisierbar. Zwar können jährliche Einsparungen vonca. 200.000 € im Bereich der Erneuerungsinvestitionenrealisiert werden, in Bezug auf den WBW ist der jährli-che Effektivitätsgewinn mit nur 0,3 % anzusetzen.

3.A.9 Rang- und Reihenfolge der Maß-nahmen

Die optimale Gestaltung der Durchmesser nach demheuristischen Verfahren, erlaubt die Auswechslung derNetzabschnitte in beliebiger Folge, ohne dass hydrauli-sche Probleme entstehen werden. Dies ist unabdingbarnotwendig, weil die Rang- und Reihenfolge von derZuverlässigkeit und der Bedeutung für die Versorgungbestimmt wird.

Abb. 3.A.38: Einstellung der Bewertungsanteile zur Priori-sierung der Maßnahmen

In OptNet werden auch die möglichen Einsparungen anReparaturkosten und Investitionskosten sowie die Ver-sorgungssicherheit mit berücksichtigt. Bei der bereitsbeschriebenen Ausfallprognose werden über diese Ein-stellungen die optimalen Maßnahmen für die nächsten10 Jahresscheiben ermittelt.

Abb. 3.A.39: Vorausberechnete Entwicklung der Ausfallwahrscheinlichkeit bei einem Budget von 0,7 Mio. €/a

Zu erkennen ist, dass auch die Anzahl der Baumaßnah-men und Gesamtlänge pro Jahr mit ausgewiesen wer-den. Auf die einzelnen Maßnahmen wird im nächstenAbschnitt eingegangen.

Algorithmus für die Rehabilitationsentscheidung

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Der DVGW schlägt folgenden Algorithmus (Abb.3.A.40) für die Rehabilitationsentscheidung vor, der un-abhängig von der Bewertungssoftware gilt:

Zur Vorbereitung der Entscheidung und zur Weiterfüh-rung des Algorithmus muss die betriebswirtschaftlicheKomponente, also die Aufwandsminimierung, mit beidem Vergleich berücksichtigt werden.

Abb. 3.A.40: Entscheidungsprozess nach DVGW W401 [DVGW, 1997a]

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

198

3.A.9.1 Erstellung des MaßnahmeplanesMit der Bestimmung der optimalen Durchmesser ist esnunmehr möglich, den bestmöglichen Maßnahmeplanzu erstellen. Priorität der MaßnahmenFür die Priorität der Maßnahmen sind vorrangig die Zu-verlässigkeit und die Bedeutung für die Versorgungssi-cherheit zu verwenden. Trotzdem ist zu bedenken, dassdieser Plan ein Vorschlag und nicht ein Dogma ist.Viele Entscheidungen des Asset-Managements werden

beeinflusst durch Informationen, die eine automatischeRangfolge nicht ermöglichen. Hierzu zählen Genehmi-gungen, Losgrößen, Verkehrsbeeinträchtigungen, Ko-ordinierung des Baugeschehens mit anderen Medienund des Straßenbaus, Absprachen mit den Kunden u.a.Der Maßnahmeplan ist für einen Zeitraum von 10 Jah-ren zu erstellen. Mit der Software OptNet ist dies aufTastendruck möglich. Voreingestellt werden das Bud-get und die Wichtungsfaktoren für die Priorität.

Abb. 3.A.41: Budget für bis zu 30 Jahre vorgeben

Abb. 3.A.42: Wichtungen (Standardeinstellung)

AusfallprognoseUm den Maßnahmeplan zu erzeugen ist in OptNet dieAusfallprognose für den ausgewählten Netzbereich auf-zurufen.Die für die jeweilige Jahresscheibe vorgesehenen Maß-nahmen werden markiert und können sortiert und bear-beitet werden.

Abb. 3.A.43: Aufruf zum Erzeugen der Maßnahmeliste

Abb. 3.A.44: Maßnahmen des Jahres 2009

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Die markierten Netzabschnitte können absortiert und inExcel oder anderen Programmsystemen weiterverarbei-tet werden. Hilfreich ist es, die vorgeschlagenen Maß-nahmen optisch zu kontrollieren. Üblicherweise werdendie Sanierungsjahre durch den Planer noch bearbeitet,um optimale Baulose auszuschreiben. Diese Aufgabekann durch ein Programm niemals ersetzt werden.Um die Planungsaufgaben zu erleichtern, werden dievom Planer ausgewählten und eventuell in der Jahres-scheibe veränderten Daten in eine spezielle Datei aus-gegeben und aufbereitet.BaumaßnahmenDie einzelnen Baumaßnahmen können auch als kurzeBaudokumentation ausgegeben werden (Abb. 3.A.47).Diese ersetzt aber in keinem Fall die Planung sondernkann nur als Orientierungsgröße angesehen werden.Wichtig ist, dass vorher die Verlegebedingungen vorOrt erfasst bzw. eingepflegt worden sind.

Abb. 3.A.45: Maßnahmen der Jahre 2009-2018

Abb. 3.A.46: Maßnahmen der Jahre 2009-2018

Abb. 3.A.47: Kurze Baudokumentation

3.A.10 Erläuterungen zur Optimierung nach Michalik

optimaler Rehabilitationszeitpunkt

Der optimale Rehabilitationszeitpunkt ist gegeben,wenn die

mittleren Reparaturkostenvorhandener Netzabschnitt

≥mittleren Gesamtaufwendungenersetzter Netzabschnitt

werden.

Formel 3.A.6: ReparaturkostenfunktionReparaturkostenfunktionBerücksichtigt man die Abzinsung zukünftiger Auf-wendungen nach der Barwertmethode, ergibt sich nach[Michalik, 1985] der Aufwand für die Reparaturkostender vorhandenen Leitung mit:

(3.A.6)Rkmitt1n--- qn q 1–( )⋅

qn 1–-------------------------- a0 a1 T n+( )2⋅( )+( )

1

n

∑ Rk⋅ ⋅⋅=

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

200

Formel 3.A.7: Kostenfunktion der ErsatzleitungKostenfunktion der ErsatzleitungDer mittlere Aufwand (Investitionen und Reparaturkos-ten) der neuen Leitung wird bestimmt mit:

(3.A.7)

Rk Reparaturkosten pro SchadenNl Investitionskosten der neuen Lei-

tung (analog Rehabilitationskos-ten)

Q ZinsfaktorN Laufzeit für den Prognosezeit-

raum von 10 JahrenK Nutzungszeit der neuen Leitung,

analog der rehabilitierten Leitunga0,a1,b0,b1 Werte der Schadensfunktion (a =

vorhandene, b = neue Leitung)Die daraus entstehenden Funktionen haben folgendenVerlauf:

Abb. 3.A.48: Lebenskostenfunktion eines Netzabschnittes

Mit diesem Verfahren kann ein sehr ordentliches Er-gebnis erzielt werden. Alle als gefährdet (Zustand 4oder 5) eingestuften Netzabschnitt haben diese Opti-mum überschritten oder erreicht.

3.A.10.1 Optimaler RehabilitationszeitpunktIn einem weiteren Verfahren wird für die Bestimmungder Rang- und Reihenfolge der Maßnahmen ein kürze-rer Zeitrahmen für die Bestimmung des Aufwandsmini-mums genutzt.Es wird geprüft, ob innerhalb eines Planungshorizontesvon 10 Jahren durch eine Rehabilitation ein Kostenmi-nimum erreicht wird. Beobachtet werden dabei die In-vestitionskosten und die bis zur Rehabilitation auftre-tenden und danach eingesparten Reparaturkosten fürden üblichen Kreditzeitraum von 10 Jahren.

Formel 3.A.8:(3.A.8)

Auch hier werden die Aufwendungen für die Reparatu-ren und der Investitionen – analog die Rehabilitations-aufwendungen – entsprechend dem zeitlichen Verlaufabgezinst. Es werden nicht die wirklichen Zahlungsströme, son-dern die Kosten angesetzt. Das bedeutet, dass bei einer10-jährigen Kreditaufnahme die Zinsen als Kosten in-nerhalb dieses Zeitraumes realisiert werden. Diese wer-

den ergänzt durch die AfA (z.B. bei einer 40-jährigenAbschreibungszeit in Höhe von 2,5 % pro Jahr).Prinzipiell können auch die Kapitaldienste eingesetztwerden, jedoch ist bei einer angenommenen unendli-chen Nutzungsdauer des Netzes und einer kontinuierli-chen Erneuerungen der buchhalterische Kostenwertrichtiger.Bei diesem Verfahren werden die Reparaturkosten abUntersuchungsdatum bis zur Erneuerung sowie die –für den 10 jährigen Tilgungszeitraum erwarteten – na-türlich nun eingesparten – Reparaturkosten saldiert. Da-bei werden auch diese Kosten entsprechend der Bar-wertmethode abgezinst. Ebenso werden die erwartetenInvestitionen entsprechend Jahr für Jahr abgezinst. Eswird nun geprüft, ob die Gesamtkostenosten von Jahrzu Jahr fallen (Investition zu früh) oder steigen (Investi-tion erforderlich).Wird innerhalb von 10 Jahren ein Minimum gefunden,so wird das entsprechende Jahr zum optimalen Erneue-rungszeitpunkt erklärt. Fallen die Kosten für diesenZeitraum, wäre eine Investition zu früh.Netzabschnitt mit deutlichem KostenminimumDie nachfolgenden Abbildungen zeigen einen Netzab-schnitt mit deutlichem Kostenminimum.

Abb. 3.A.49: Aufwandsminimum im Jahr 2006

Nlmitt1k--- Ik

qk----- qk q 1–( )⋅

qk 1–--------------------------+ b0 b1 T k+( )2⋅( )+( )

1

k

∑ Rk⋅ ⋅⋅=

Minimum + Investitionskosten Reparaturkostenn 1=

n 10+

∑–n 1=

10

∑→

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201

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Abb. 3.A.50: Minimierung der operativen Kosten

Formel 3.A.9: Berechnung des KostenminimumsBerechnung des KostenminimumsDie Berechnung des optimalen Rehabilitationszeit-punktes nach dem Prinzip der Minimierung der operati-ven Kosten erfolgt nach Formel 3.A.9.

(3.A.9)

Invest Investitionskosten/Rehabilitati-onskosten

R_Kost Reparaturkosten pro SchadenQ ZinsfaktorN Jahre bis zu der Investition 1..10T Alter des NetzabschnittesL Zeitraum n+10 = 10 Jahre Til-

gung

a0 absolutes Glied der Schadens-funktion

a1 Anstieg der Schadensfunktion1/qn Abzinsungsfaktor auf das Jahr der

Investition[qk⋅(q-1)]/

[qk-1] Kapitalwiedergewinnungsfak-tor(Annuität)

Invest⋅1/qn

⋅0,075 Korrektur Tilgung (Tilgung-75 % aus AfA bei 40 Jahren Abschrei-bungszeit, nur die Kosten wurden eingesetzt)

a0+[a1⋅(t+l)2] SchadensfunktionRKost⋅1/ql abgezinste Reparaturkosten im

Schadensjahr

Abb. 3.A.51: Minimierung – der optimale Rehabilitationszeitpunkt (Barwertmethode)

MinJahr Invest 1qn-----⋅

qk q 1–( )⋅qk 1–

--------------------------⋅ Invest 1qn----- 0 075,⋅ ⋅

a0 a1 t l+( )2⋅( )+( )l

n 10+

∑ RKost1ql----⋅ ⋅–

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

202

3.A.10.2 Bewertungsverfahren analog DVGW W401

Bereits im Teil 1 der Netzabschnittsdokumentationwurde die Punktebewertung analog DVGW W401 er-wähnt.Kriterien bei der Beurteilung von RehabilitationsmaßnahmenEntsprechend der Empfehlung des DVGW (Anlage 2des W 401) werden folgende Kriterien bei der Beurtei-lung von Rehabilitationsmaßnahmen benutzt und damitein weiterer Baustein für die Bestimmung der Rang-und Reihenfolge angeboten:

Abb. 3.A.52: Ausschnitt aus der Liste Netzabschnittsunter-suchung

Folgende Kriterien werden bei der Bewertung berück-sichtigt:

Technische Kriterien: Mindestversorgungsdruck, Braunfärbung und Grenzwertüberschreitung, In-krustationen, unübliche Nennweite, Korrosions-schäden, Graphitierungs- und Alterungsschäden, unübliche Materialien, Schadensrate, Wasserver-luste, hohe Versagenswahrscheinlichkeit.Wirtschaftliche Kriterien: Kostenminimum inner-halb von 10 Jahren, hohe Reparaturkosten, kurze Amortisationszeit.Externe Einflüsse: Auswechslung aller Hausan-schlüsse, Auswechslung aller Armaturen, Straße-nerneuerung, Erneuerung des Abwasserkanals, Er-neuerung des Gasrohres, Leitung ist/wird überbaut, nicht im öffentlichen Bereich, Fördermittel, Inves-torenmodell.

Die externen Einflüsse müssen für die ausgewähltenNetzabschnitte einzeln in der Rohrnetzdatenbank ein-getragen werden. Die Anzahl der zu vergebenen Punkteist durch den Nutzer wahlfrei veränderbar.

Abb. 3.A.53: Bewertung eines Sanierungsgebietes analog der DVGW-Empfehlung

3.A.10.3 Bestimmung der AmortisationsdauerDefinition Amortisationszeit

Als letzte hier beschriebene Methode zur Bestimmungder Rang- und Reihenfolge wird die Amortisationszeit[Olfert, 1998] benutzt.

Die Amortisationszeit ist der Zeitraum, innerhalb des-sen das eingesetzte Kapital durch die Einsparungenan Reparaturkosten und der Bildung zusätzlicher AfAdem Unternehmen wieder zufließen wird.

Mit dieser Methode kann sehr schnell eine Rang- undReihenfolge bestimmt werden. Allerdings können aberweder der optimale Rehabilitationszeitpunkt noch einKostenminimum bestimmt werden.

Formel 3.A.10:Amortisationszeit

(3.A.10)

tw Amortisationszeit (Jahre)A Kapitaleinsatz (EURO)

Rf durchschnittlicher RückflussDer durchschnittliche Rückfluss ist die Summe derjährlichen Reparaturkosten und der AfA. Für die Be-stimmung der Reparaturkosten und der sich ergebenenAbschreibungen wird wiederum die Barwertmethodeangewendet.

twARf------=

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203

3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

3.A.10.4 Einsatz kostengünstiger Rehabilitati-onsverfahren

Es wird vorausgesetzt, dass die zurzeit einsatzbereitenund erprobten Verfahren bekannt sind.Einteilung der RehabilitationsverfahrenROSCHER nimmt folgende Einteilung der Rehabilita-tionsverfahren vor:

Abb. 3.A.54: Einteilung der Rehabilitationsverfahren nach Roscher [Roscher et al., 2000]

zu klärende FragenBei der Auswahl der Rehabilitationsverfahren sindzwei Fragen zu klären, welche aber stets die Entschei-dung des Ingenieurs verlangen.

I. Ist die statisch notwendige Wanddicke noch für ei-nen Restnutzungszeitraum von 50 Jahren gege-ben?

II. Ist die hydraulische Leistungsfähigkeit ausrei-chend und auch nicht zu groß?

Für die Beantwortung der ersten Frage werden ein La-bor und entsprechende Erfahrungen benötigt. BRUS-SIG [Brussig, 2001] hat auch dazu Berechnungen ver-öffentlicht. In vielen Fällen muss die Auswertung derSchadensdichte, der Schadensart und der Schadensursa-che als Informationsquelle die fehlenden Laboruntersu-chungen ersetzen.

Die zweite Frage kann nur durch ein Rohrnetzberech-nungsverfahren beantwortet werden. Hier stehen meh-rere leistungsfähige Anbieter bereit. Wichtig ist, dasszwischen der technischen Bewertung und der Bestim-mung der Leistungsfähigkeit ein direkter Datenaus-tausch möglich ist. Die Softwarekombination Opt-Net-STANET greift direkt auf die gleichen Dateien zuund eine zusätzliche Schnittstelle für den Datenaus-tausch ist deshalb nicht notwendig. Die Rohrnetzbe-rechnungen lassen sich gut mit der technisch-betriebs-wirtschaftlichen Bewertung verbinden. Druckhöhen,Druckverluste, K-Werte, Durchflussmenge und Fliess-richtung, die Verweilzeit und die Simulation verschie-dener Betriebszustände können die Bedeutung des je-weiligen Netzabschnittes für die Versorgungssicherheitklären, welche die Frage nach der Art und dem Einsatzvon Rehabilitationstechnologien deutlich mit bestimmt.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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Abb. 3.A.55: Durchfluss und Schadensstellen mit OPT-NET/STANET

VerfahrenswahlIst eine Durchmesserverkleinerung möglich oder garnotwendig, steht mit dem PE-Langrohrverfahren daszurzeit beste Erneuerungsverfahren zur Verfügung.Nach wie vor kann aber auch das Zementmörtelaus-schleudern empfohlen werden, wenn eine Durchmes-serreduzierung nicht möglich ist.Bei korrekt dimensionierten Netzabschnitten und unge-wisser oder nachgewiesener zu geringen statischenTragfähigkeit kommen auch U-Liner.(fest eingepresst,ohne Ringspalt) u.ä Verfahren zum Einsatz.Bei ausreichend dimensionierten Netzabschnitten sinddie Rohrreliningverfahren (Stahl-, GGG- und vor allemPE-HD-Rohr-Einzug; mit Ringspalt) eine preiswertereAlternative zum offenen Neubau. Hier wird u.U. auch

bewußt die Nennweite verringert, wenn die Fließge-schwindigkeiten erhöht werden soll.Mit dem Berstlining (Altrohr verbleibt als Bruch imErdreich!) und dem Press/Ziehverfahren (Altrohr wirdentsorgt) stehen schließlich Verfahren zur Verfügung,die die vorhandene Trasse nutzen und auch eine Ver-größerung der Nennweite zulassen.Weitere Verfahren der geschlossenen Bauweise mit dergrabenlosen Verlegung des Rohres in neuen Trassensind die Schlag-, Spül- und Bohrverfahren.Die genannten Verfahren bringen unter günstigen Um-ständen (kaum Knickpunkte, Rohrverengungen, Haus-anschlusseinbindungen, sonstige Armaturen sowiegroße Verlegetiefe, wertvolle Bäume, aufwendigeStrassendecke, hohes Verkehrsaufkommen u.a.) Ein-sparungen von 15 bis 85 % gegenüber dem offenenNeubau.Alle genannten Möglichkeiten können bei den genann-ten Kostensparpotentialen die Rang- und Reihenfolgeder Rehabilitationsmaßnahmen nochmals verändern.Durch die Verringerung der Herstellungskosten derneuen oder sanierten Leitung gegenüber der offenenBauweise, wird für die verschienenen Verfahren derZeitpunkt für die Rehabilitation unterschiedlich vorge-zogen. Diese Berechnungen sowie die Berücksichti-gung der Vorteile, der sich aus den nur anteiligen Stras-sen- oder Erdarbeitskosten bei Koordinierung derBaumaßnahmen ergeben können, sind ebenfalls bei derEntscheidung über eine mögliche Rehabilitation zu be-achten und können zu erheblichen Einsparungen füh-ren.

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Entscheidungsalgorithmus nach BUSSIGVon BRUSSIG wurde folgender Entscheidungsalgo-rithmus entwickelt [Brussig, 1994]:

Abb. 3.A.56: Entscheidungsalgorithmus Rehabilitationsverfahren [Brussig, 1994]

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

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3.A.10.5 Flächige Rehabilitationgezielte Auswahl von Sanierungsgebieten

Weitere Synergieeffekte sind bei der Rehabilitationdurch die gezielte Auswahl von Sanierungsgebieten zuerzielen. Insbesondere der Einsatz des ZMA-Verfah-rens im Bereich alter GG-Rohre verspricht immer be-sondere Kostenvorteile. Die direkten Kosteneinsparun-gen können entstehen u.a. durch die Vergrößerung derzu vergebenen Lose. Weitaus größer sind aber die Vor-teile einzuschätzen, der sich aus den verbesserten hy-draulischen Eigenschaften, der Erhöhung der Trinkwas-serqualität und der deutlichen Nutzungsverlängerungdes GG-Rohres ergeben werden. Gerade der zuletzt ge-nannte Vorteil wird bei der Bestimmung der zukünfti-gen Rehabilitationsrate einen wesentlichen Einfluss ha-ben. Auch wenn der sanierten Leitung nicht dieLanglebigkeit einer Neuleitung zuerkannt werden kann,spricht der Kosten/Nutzen-Faktor deutlich für dieZM-Auskleidung als alternative zur PER. Kann eineVerlängerung der Nutzungszeit von 50 Jahren für denNetzabschnitt erreicht werden, dann ist der Ersatz desVerfahrens zu bedenken. Die Entscheidung, prophylak-tisch ältere Netzabschnitte zu sanieren, ist dann immerrichtig und führt ebenfalls zu der erwünschten Erhö-hung des Abnutzungsvorrates. Wenn 30 % der zur Ver-fügung stehendenden Mittel für die Sanierung einge-setzt werden, dann erhöht sich die gesamteRehabilitationsleistung (in km) um ca. 35-40 %.

3.A.11 Aufwand und Nutzen der Rehabili-tation

Ein Problem der Durchsetzung einer Rehabilitations-strategie ist die Tatsache, dass zunächst mehr Geld be-nötigt, wird als kurzfristig eingespart werden kann. Esgibt auch Überlegungen [Schmidt, 1999], nur soviel zurehabilitieren, wie durch die Rehabilitation an Kosteneingespart werden kann (Quasikostenneutralität). Einesolche Rentierlichkeit entsteht erst bei einer jährlichenSchadensrate von 4-6 Schäden pro km. Natürlich kom-men kurze Netzabschnitte von weniger als 100 mLänge vor, an denen in mehreren Jahren Schäden regis-triert werden und die dieser Forderung entsprechen. Es

kann aber erwartet werden, dass bei dieser Strategieerst langsam und dann immer schneller die Anzahl derNetzabschnitte mit diesem hohen und kostenintensivenRQ heranwachsen wird. Dies sollte nicht als Zielfunk-tion dienen.Betrachtet man nur die buchhalterischen Kosten, alsodie Zinsen und die AfA, so wird sich bei einer 40-jähri-gen Abschreibungszeit die Auswechslung bei 4–5Schäden/km und Jahr bereits rechnen. Es ist anzuneh-men, dass im Gesamtnetz dann eine Schadensrate um 1Schaden/km oder mehr erreicht sein wird, welche deut-lich über der gewünschten Risikogrenze liegt. Weiterhin ist zu bedenken, dass bis zum Erreichen ei-nes solchen Quotienten sehr viele weitere Schäden zu-gelassen und beseitigt werden müssen. Mit dieser „Ab-wartemethode“ ist ein langfristig wirkendesKostenminimum nicht zu erreichen. geldwerte VorteileEs gibt mehrere geldwerte Vorteile, welche durch diekontinuierliche und gut vorbereitete Rehabilitationspla-nung ausgewiesen werden können:

• Erhöhung der Versorgungssicherheit• Senkung der notwendigen Investitionskosten• Reduzierung der Schäden und Reparaturkosten• Erhöhung des Abnutzungsvorrates• Erhöhung der AfA

Im Zuge der Bearbeitung wurden für die Netzabschnittedes untersuchten Netzes verschiedene Bewertungendurchgeführt (Zuverlässigkeit und Ausfallwahrschein-lichkeit, Zustandsnote, Bedeutung für die Versorgungs-sicherheit, Datum der vorgeschlagenen Rehabilitation,Rehabilitationsverfahren, Bewertungspunkte nachDVGW, Amortisationszeitraum, Wiederbeschaffungs-preis usw.) und auch die Prognosedaten (Schadensent-wicklung, Rehabilitationsrate und Entwicklung der Re-habilitationsrate, Aufwand usw.) sind verfügbar. EineAuswahl dieser gespeicherten Ergebnisse kann für dieNutzensbetrachtung eingesetzt und in Form von Tabel-len, Listen und Diagrammen ausgeben werden.

Abb. 3.A.57: Verhinderte Schäden an Rehabilitationsabschnitte

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3. Sanierung und Erneuerung von Wasserrohrnetzen

Natürlich lassen sich diese verhinderten Schäden auchals Einsparung an Kosten darstellen.Aus diesen Einsparungen lassen sich die Investitionennicht kurzfristig finanzieren. Daraus aber zu schlussfol-gern, dass der Aufwand für die Rehabilitation deshalbnicht gerechtfertigt ist, würde die tatsächlich entste-hende Wertverbesserung am Netz übersehen. Die Ver-ringerung des Risikos, die Erhöhung des Abnutzungs-vorrates und der zusätzlichen AfA müssen bei derNutzensermittlung deshalb immer mit betrachtet wer-den. PrivatisierungIm Rahmen der Übernahme von Netzen ist auch diePrivatisierung anzusprechen. Bei einer Privatisierungmuss vertraglich verhindert werden, dass die notwendi-gen Investitionen nicht durchgeführt werden und dafürdie Netzentgelte oder Gebühren als Gewinne abfließen.Aber auch für den Investor ergeben sich durchaus Vor-teile, da er den Betreiberaufwand sehr viel genauer be-urteilen kann, Die nachteiligen Aspekte werden bei derErarbeitung und Umsetzung einer langfristigen Rehabi-litationsstrategie vermieden.

Die Anwendung einer begründeten Rehabilitationsstra-tegie wird aber auch zu direkten Kosteneinsparungenführen. Wenn durch diese Untersuchungen der Rehabi-litationszeitpunkt um durchschnittlich 5 % der Nut-zungszeit optimiert werden kann, sind auf 100 kmNetzlänge und einer Rehabilitationsrate von 1 % Ein-sparungen durch Verhinderung der verspäteten oderverfrühten Investitionen ca. 65.000 € jährlich zu erwar-ten. Die Vorteile, welche sich aus dem Einsatz der Re-habilitationsverfahren zusätzlich ergeben werden, sinddabei noch nicht berücksichtigt. Durchgeführte Unter-suchungen in über 60 Netzen in Deutschland und imAusland zeigen, dass mit OptNet in Verbindung mitSTANET Investitionseinsparungen von bis zu 25 %möglich sind.Alle Bewertungsergebnisse sollten letztlich in einer Ex-pertise beschrieben und die Rehabilitationsstrategie füreinen 10–jährigen Prognosezeitraum festgelegt werden.Durch die konsequente Erfassung aller Störungen, derDurchführung von Rohrnetzberechnungen und einejährliche Wiederholung der Bewertung wird die Be-stimmung der optimalen Rehabilitationsrate und damitdie Minimierung der Betriebsaufwendungen stetig ver-bessert und weiter abgesichert.[ATV, 1996b] [DIN, 1996b] [DIN, 1997d] [DIN, 1997e] [DIN, 1996a] [DIN, 1985b] [DIN, 2004a] [DIN, 1979] [ATV, 1996a] [DIBt, 1982] [ATV, 1991] [DIN, 1987] [N. N., 1981] [Depke, 1986] [Grunau, 1984] [Sasse, 1994] [DIN, 1999c] [Hoechst AG, 1975] [Stein und Kör-kemeyer, 1991] [Stein et al., 1988] [Stein et al., 1983] [DIN, 1994] [Bielecki und Schremmer, 1987] [Müller, 1982] [Stein, 1989] [Stein, 1998] [DIN, 1995] [ATV, 1995] [StGB, 2007] [Stützel et al., 2007] [Bennerscheidt et al., 2007] [Bennerscheidt, 2007] [MUNLV, o. J.] [Bos-seler und Puhl, 2006] [BWK, 2007] [DIN, 2006c] [DIN, 2007c] [DWA, 2006a] [DWA, 2006b] [DWA, 2006c] [DWA, 2006d] [DWA, 2007b] [DWA, 2007c] [DIN, 2005d] [DIN, 2007a] [DWA, 2007a] [IKT, 2008a] [IKT, 2008b] [HaftPflG, 2002] [BUK, 1997] [BUK, 2007][DIN, 2004c] [DIN, 2005c] [DIN, 2006e] [BetrSichV, 2007] [HVBG, 2005] [Bosseler und Sokoll, 2007] [ATV-DVWK, 2000] [Redmann, 2007] [MURL, 1995] [MUNLV, 2006] [Landtag NRW, 2007] [IBAK, o. J.] [Löffler, 1965] [Mutschmann und Stimmelmayr, 1995] [Ro-scher et al., 1997] [Saitenmacher et al., 1997] [Brussig, 1996a] [Brussig, 1996b] [Brussig, 1997a] [Brussig, 1997b] [Brussig, 1997c] [Brussig, 1997d] [Brussig, 1997e] [Hofer, 1978] [Weimer, 1979] [Bärthel, 1975] [Bärthel, 1976] [Roscher, o.J.a] [Irle, 1984] [Zeitz, 1989] [Mut-schmann und Stimmelmayr, 1991] [DIN, 1997b] [DIN, 1996c] [Cerbe, 1999] [Hüning und Homann, 1997] [DVGW, 1999b] [DVGW, 1999a] [DVGW, 1997b] [Richter, 1995] [DVGW, 1998b] [DIN, 1998a] [Weigt, 2000] [Glanert und Zec, 1998] [Glanert und Weigt, 2002] [Gla-nert und Schulze, 2002] [DVGW, 2002] [DVGW, 2000a] [DVGW, 2001b] [Schulze, 1999] [Hügging, 2000b] [Lohmann, 2001] [Pfeiffer, 1937] [Brockhaus, 1986 - 1994] [Roscher et al., o.J.] [Roscher, 1984 ff.] [Roscher et al., 2000] [Grahn, 1883 sowie 1898/1902] [Genzmer,1897] [Arnold, 1943] [Esselborn, 1922] [Frühling, 1910] [Frühling, 1904] [Randzio, 1951] [Willmann, 1903] [Brix et al., 1934] [Städtische Anlagen, 1895] [DIN, 1941] [Hirneret al., 1984] [Nappo, 1998] [Roscher, 1999] [Roscher, o.J.b] [DVGW, 1997a] [Böhm, 1993] [FGR, o.J.] [FGR, 1983 und 1996] [Kottmann, 1979] [Kottmann, 1989] [Kottmann, 1978] [Kottmann, 1980a] [Kottmann, 1980b] [Schweiger et al., 1985] [Michalik und Schweiger, 1986][Michalik, 1985] [Skarda, 1998] [Skarda, 1993] [Ohmer und Wilken, 2002] [Schröter und Ahrens, 2002] [Hügging, 2000a] [Manske, 2002] [Görlitz und Kock, 2001] [Hirner, 1997] [Böhm, 1989] [Allerge et al., 2000] [Rose, 2002] [Sommer,o.J.] [Rose, 1995] [Gaebelein und Rose, 1995] [Gaebelein, 1996] [Gaebelein, 1999] [DVGW, 2001e] [DVGW, 1993] [DVGW, 1983b] [DVGW, 2001c] [DVGW, 1998c] [DIN, 1982] [DIN, 1992b] [DIN, 2001b] [DIN, 1983] [DIN, 1985a] [DVGW, 2001d] [Büro fürRohrnetzanalysen, o.J.] [Ing.-Büro Fischer-Uhrig, o.J.] [Schilling, o.J.] [Herz, 1996] [Lenz und John, 1996] [Ahrens, 1985] [Kottmann, 1994] [Ahrens, 2000] [Brussig, 1994] [Olfert, 1998] [Schmidt, 1999] [Ross, 1991] [DIN, 2005a] [DIN, 2001a] [DVGW, 1983a] [Brussig, 2001][DVGW, 1979] [N. N., 2002] [DVGW, 2000b] [DVGW, 1987] [DVGW, 2000f] [DVGW, 1994] [ATV-DVWK, 2001] [DMT, 2007] [DIN, 1978] [DIN, 1999b] [DIN, 2002b] [Berger et al., 2002] [DIN, 2001c] [DIN, 2002a] [DIN, 2003b] [SüwV Kann, 1995] [ATV-DVWK, 2004a][DIN, 1998b] [Stein und Kaufmann, 1993] [Meyer, 1982] [Bosseler et al., 2003a] [Stützel et al., 2004] [CEN, 2005] [DIN, 2003e] [DIN, 2003f] [DIN, 2003g] [DWA, 2005a] [ATV-DVWK, 2004b] [ATV, 1998a] [ATV, 1998b] [ATV-DVWK, 2003a] [ATV-DVWK, 2004c][ATV-DVWK, 2004d] [ATV-DVWK, 2004e] [DWA, 2005b] [DWA, 2005c] [DWA, 2005d] [ATV, 1999] [DIN, 1997c] [DIBt, 2005b] [DIBt, 2005a] [Bosseler et al., 2002b] [Bosseler und Kaltenhäuser, 2004] [Bosseler und Kaltenhäuser, 2005] [Kaltenhäuser, 2005] [DIN, 2004b][DIN, 2003d] [BMVBW, 2005] [IFK, 2005] [tandler.com, 2005] [Vogel, 2000] [Bölke, 2003] [DWA, 2005e] [N. N., 2003] [Bodemann GmbH, 2005] [VOB/HOAI, 2006] [DIN, 1992a] [Bosseler und Schlüter, 2004] [Bosseler et al., 2003c] [Stadt Würselen, 2002] [BASt, 2003][Fa. Keller, o. J.] [Kaltenhäuser, 2006] [Bosseler und Puhl, 2005a] [BDZ, 1996] [DBV, 1991] [Fa. Ergelit, 2004] [DAfStb, 2001] [Schmidt, 1986] [Fa. Relius, 2001] [Fa. Loos, o. J.] [Bayer AG, o. J.] [Hillemeier, 1987] [Dammann, 1985] [Benkendorf, 1975] [Müller und Gres-cuchna, 1980] [Bosseler et al., 2001] [Fa. Rainer Hermes, o. J.] [Fa. Rainer Hermes, 2004] [Loos, 2003] [DIN, 2003h] [DIN, 2001d] [DIN, 2006b] [Bosseler und Schlüter, 2003] [Bosseler und Liebscher, 2002] [Bosseler und Schlüter, 2001] [Bosseler et al., 2003b] [DVGW, o. J.][Bartlsperger, 1994] [Reinhard, 1994] [ATV-DVWK, 2003b] [DVS, 2005] [DIN, 2003a] [ZTV-RISS, 1993] [AbwAG, 2005] [DIN, 2006a] [DVGW, 1999d] [DVGW, 1978] [DVGW, 1986] [DVGW, 2001a] [DVGW, 2000e] [DVGW, 1990] [ATV, 2000] [DVGW, 1991b] [DVGW,1998d] [DVGW, 1998a] [DVGW, 2000d] [DVGW, 2000c] [DVGW, 2003b] [DVGW, 2003a] [DVGW, 1989] [DIN, 2000] [DVGW, 2004b] [DVGW, 2000g] [DVGW, 1991a] [Köhler, 1997] [DVGW, 1999c] [DIN, 2003c] [DIN, 1997a] [WHG, 2007] [Fraunhofer Institut, o. J.a][Fraunhofer Institut, o. J.b] [Bosseler, 1997] [Thépot, 2004] [Steffens, 2002b] [Steffens, 2002a] [Schlüter, 2006] [LWG NRW, 2007] [Stein et al., 1995] [Stein und Falk, 1998] [Bosseler et al., 2002a] [Brüggemann, 2007] [DIN, 1985d] [DIN, 2005b] [DIN, 1985c] [RILEM, 2001][Wittekind, 1960] [Koch und Steinegger, 1990] [DIBt, 2002] [DIN, 2003i] [DIN, 2007b] [DIN, 1999a] [Spahn, 2005] [FITR, o. J.] [FITR, 2005] [MFPA, 1997] [Leonhardt, 1984] [Leonhardt, 1979] [Kiesselbach, 1998] [Fleckner, 1996] [Zeller, 1995] [Zeller, 1997] [Kiesselbach,2000] [Kiesselbach, 1997] [Kiesselbach, 1990] [Kiesselbach, 1991] [Kiesselbach, 1992] [Österreichisches Patentamt, 1984] [Hoffmann und Göhler, 2003] [LAGA, o.J.] [Werner und Henning, 1997] [Berger, 1999] [Berger et al., 1999] [Berger und Büchner, 1999] [Berger et al.,2000] [Berger, 2000] [Lübbecke, 2000] [Witt, 2000] [Berger, 2001c] [Berger, 2001a] [Berger, 2001b] [Berger, 2002] [Berger und Büchner, 2002] [Berger und Krausewald, 2002] [Kimse, 2004] [DVGW, 2006] [Woborschil, 2008] [Stevens et al., 2003] [Waniek und Homann, 2004][Waniek und Homann, 2006] [Waniek und Homann, 2007] [Waniek und Homann, 2008] [Bosseler und Puhl, 2005b] [DVGW, 2004a] [GKR, 2008a] [GKR, 2008b] [IKT, 2007] [Kuntze et al., 1994] [Roscher, 2006] [Roscher, 2005b] [Roscher, 2005a] [Bayer, 2004] [Rameil undNaujoks, 2006] [Heidger und Krücken, 2005] [DIN, 2006d]

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