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Das somatische Nervensystem (Nerven derSkelettmuskeln, der Oberflächensensibilität,der Sinnesorgane usw.) reagiert auf Reize ausder Umwelt meist wieder mit einer Antwortnach außen (z. B. Fluchtreflex; S. 338). Vieleseiner Aktivitäten stehen unter willkürlicherKontrolle und laufen bewusst ab. Das vegetati-ve Nervensystem (VNS) hingegen besorgt v. a.die Regelung der Funktionen innerer Organeund des Kreislaufs, passt sie an die jeweiligenBedürfnisse an (z. B. Orthostasereaktion,Startreaktion bei körperlicher Arbeit) undkontrolliert so auch das innere Milieu des Kör-pers (S. 2). Da diese Aktivitäten der willkürli-chen Kontrolle weitgehend entzogen sind,wird das VNS auch autonomes Nervensystemgenannt.
In der Peripherie des Körpers ist das vege-tative Nervensystem vom somatischen ana-tomisch und funktionell weitgehend getrennt(A), während im Zentralnervensystem zwi-schen beiden enge Verknüpfungen bestehen(S. 280). Das periphere VNS ist efferent (d. h.peripherwärts meldend), doch enthalten dieNerven, in denen es verläuft, meist auch affe-rente (d. h. zentralwärts meldende) Fasern.Sie kommen von Sensoren der inneren Orga-ne (Ösophagus, Magen-Darm-Trakt, Leber,Lunge, Herz, Arterien, Uterus, Harnblase etc.)und werden daher viszerale Afferenzen ge-nannt. Auch Benennungen nach dem Nerv, indem sie verlaufen, sind üblich (z. B. vagale Af-ferenzen).
Funktionell basiert das vegetative Nerven-system meist auf dem Reflexbogen mit einemafferenten Schenkel (viszeral und/oder soma-tisch) und einem efferenten Schenkel (vegeta-tiv und/oder somatisch). Afferente Fasernmelden u. a. Hautreize (z. B. nozizeptive ReizeS. 336) sowie Signale der Mechano- und Che-mosensoren aus Lunge, Magen-Darm-Trakt,Harnblase, Gefäßsystem, Genitalorganen etc.Efferente Fasern steuern als Reflexantwortdie glatte Muskulatur (S. 74) der verschiede-nen Organe (Auge, Lunge, Verdauungstrakt,Blase etc.) und die Funktion von Herz (S. 206)und Drüsen. Beispiele für die Einbeziehung dessomatischen Nervensystems sind Afferenzenaus der Haut oder von Sinnesorganen (z. B.Lichtreiz) und Efferenzen, die zum Hustenoder Erbrechen führen.
Einfache Reflexe können innerhalb des je-weiligen Organs ablaufen (z. B. S. 258), kom-plexere werden hingegen von übergeordnetenvegetativen Zentren im ZNS (Rückenmark,
s. u.) gesteuert (A). Deren übergeordnetes In-tegrationszentrum ist der Hypothalamus, derdas VNS in die Ausführung seiner Programmeeinbezieht (S. 348). Der zerebrale Kortex isteine noch höhere Integrationsebene des VNSmit anderen Systemen.
Das periphere VNS besteht aus zwei weit-gehend getrennten Anteilen (A u. S. 84 f.), demSympathikus und dem Parasympathikus. Diedazugehörigen vegetativen Zentren liegen imFall des Sympathikus im Brust- und Lenden-mark, im Fall des Parasympathikus im Hirn-stamm (für Auge, Drüsen und vom N. vagusversorgte Organe) und im Sakralmark (fürBlase, Teile des Dickdarms, Genitalorgane)(A). Von diesen Zentren ziehen präganglionäreFasern zur Peripherie, wo sie in den Gangliensynaptisch auf postganglionäre Fasern umge-schaltet werden.
Die präganglionären Fasern des Sympathi-kus aus dem Rückenmark enden an denGrenzstrangganglien, an den Hals- und Bauch-ganglien oder an sog. terminalen Ganglien.Dort erfolgt die synaptische Übertragung cho-linerg (Überträgerstoff: Acetylcholin; S. 86) aufdie postganglionären Fasern, die (außer anden Schweißdrüsen) das Endorgan dann aberadrenerg erregen (Überträgerstoff: Noradre-nalin; A u. S. 88 ff.).
Die Ganglien des Parasympathikus liegen inder Nähe oder sogar innerhalb des Erfolgs-organs. Die synaptische Übertragung ist beimParasympathikus sowohl im Ganglion als aucham Endorgan cholinerg (A).
Die meisten Organe werden sowohl vomSympathikus als auch vom Parasympathikusinnerviert, wobei die Organantwort auf diebeiden Systeme gegensätzlich (antagonistisch,z. B. am Herz) oder ergänzend (z. B. Sexual-organe) sein kann.
Das Nebennierenmark ist eine Art Mi-schung aus Ganglion und Hormondrüse: Prä-ganglionäre Fasern des Sympathikus (cholin-erg, s. o.) setzen hier Adrenalin und Noradre-nalin in die Blutbahn frei (S. 90).
Organisation des vegetativen Nervensystems82
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IIIVIIIXX
αβα
β
α
β
α
β
α
β
α β+
Auge
Drüsen
Herz
Harnleiter
Harnblase Genitalien
unterer Dickdarm
Nebennierenmark
Schweißdrüsen
Harnblase
Genitalien
Leber
Pankreas
glatte Muskulatur
Blutgefäße
Herz
Drüsen
Auge
Bronchien
Magen-Darm-Trakt
N. vagus
lumbal
sakral
thorakal
Fett- und Zuckerstoffwechsel
Steuerungdurch
übergeordneteZentren
sympathischer Teil(Zentren thorakolumbal)
parasympathischer Teil(Zentren kraniosakral)
Überträgerstoffe:Überträgerstoffe:präganglionär: Acetylcholinpostganglionär: Noradrenalin(Ausnahme: Schweißdrüsen,einige Muskelgefäße)
präganglionär: Acetylcholinpostganglionär: Acetylcholin
präganglionär: cholinergpostganglionär: cholinerg postganglionär: adrenerg
Adrenozeptoren:allgemein erregend(Ausnahme: im Magen-Darm-Trakt indirekt entspannend)allgemein hemmend(Ausnahme: im Herzenerregend)
v. a. HerzBronchien, Harnblase, Uterus,Magen-Darm-Trakt u. a.
α
β
β1
β2
Cholinozeptoren:nikotinische– alle postganglionären,
vegetativen Ganglienzellenbzw. DendritenNebennierenmark
muskarinische– alle von postganglionären, parasympathischen Fasern versorgten Zielorgane (inkl. sympathisch versorgten Schweißdrüsen)
–
cholinerg
Hirn-stamm
A. Vegetatives (autonomes) Nervensystem (schematische Übersicht)
Tafel 3.1 Organisation des VNS 83
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KE
K
AAE
A
AEA
A
K
K
AA
KA
A
A
III
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1
2
3
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5
6
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8
9
10
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12
1
2
3
4
5
12
3
4
5
VII
8
sakr
alze
rvik
alth
orak
allu
mba
l
Rückenmark
Grenzstrang-ganglien
DetrusorSphinkter
Sphinkter
Sphinkter
Muskulatur
GlandulasubmandibularisParotis
Herz
Auge
Aktivierung
Kininfreisetzung
Gefäßerweiterung
wässriger Speichel
Glykogenese exokrineSekretion
Tonus
Sekretion
Sekretion
ErregungsleitunglangsamerFrequenz
(z.T. auch über VIPals Cotransmitter)
Sphincter pupill. Ziliarmuskel
Tränendrüsen
Leber Pankreas
Gallenblase
Magen, Darm (ohneunteren Dickdarm)
Bronchien
Ganglionciliare
Ganglionpterygopalatinum
Chorda tympani
Ganglionoticum
präganglionärcholinerg
postganglionärcholinerg
parasympatischer Teil (cholinerg) Steuerung durchübergeordnete Zentren
(Hypothalamus u.a.)
Erektion(Vasodilatation)
TonusSekretion
Genitalien Harnblase
unterer Dickdarm
Harnleiter
Zervikal-ganglien
D = Erweiterung (Dilatation)A = Aktivierung H = Hemmung K = Kontraktion E = Entspannung
Ganglien: NN- und M1-RezeptorenZielorgan: M2- oder M3-Rezeptoren
Ganglion sub-mandibulare
A. Funktionen des vegetativen Nervensystems
Tafel 3.2 und 3.3 Funktionen des vegetativen Nervensystems84
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A
K
K
H
H
K
K
K
K
D
E
A
DS
D
A
S
S
A
K
E
E
S
S
S
A
E
postganglionärsympathisch
sympathischcholinergeVasodilatation(beim Menschennicht gesichert)
Ganglioncoeliacum
Ganglionmesentericumsup. et inf.
Blutgefäße Fettzellen
Leber (β2 u. α1)
Harnblase Harnblase
Uterus (α1)(schwanger)
Uterus (β2)(„Tokolyse“)
allgemein
Lipolyse
Gluconeogenese
S = Efferenz aus dem jeweils zugehörigen Segment des ZNS
in der Hautin MuskelnKoronarien
Sphinkter Detrusor (β2)
Muskel
Bronchien (β2)
Gallenblase
Niere
Blutgefäße
Renin-sekretion (β1)
Haut, Muskulaturu. a.
Schleim-sekretion(dickflüssig)
Sphinkter (α1)
Haarmuskelnder Haut
Magen, Darm Magen, Darm
Pankreas
Milzkapsel
exokrineSekretion
Insulin-sekretion (α2)
Schweiß-drüsen
sympathischer Teil (präganglionär cholinerg: NN- und M1-Rezeptor postganglionär meist adrenerg)
Fernakkommodationdes Ziliarmuskels
ErregungsleitungschnellerFrequenzHerzkraftErregbarkeit
M. dilatat. pupillae
Auge (α1) Auge (β2)
Glandulasubmandibularis
Herz (β1)
cholinerg
α-Rezeptoren (α1: IP3 + DAG ; α2: cAMP ) β-Rezeptoren (cAMP )
Gefäße
Nebennieren-mark
Genitalien (α1)
Sekretion
Ejakulation
PankreasInsulin-sekretion (β2)
präganglionärcholinerg
postganglionäradrenerg
Organisation des vegetativen Nervensystems (Fortsetzung) 85
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Acetylcholin (ACh) ist nicht nur der Transmit-ter an der motorischen Endplatte (S. 60) undim ZNS, sondern auch im vegetativen Nerven-system (VNS), und zwar (S. 82 ff.) an– allen präganglionären,– allen parasympathischen postganglionären
und– einigen sympathischen postganglionären
Nervenendigungen.
Die Synthese von ACh erfolgt im Zytoplasma derNervenendigungen. Acetyl-Coenzym A (AcCoA)wird in den Mitochondrien gebildet. Seine Acetyl-gruppe wird mit Hilfe des Enzyms Cholinacetyltrans-ferase auf Cholin übertragen. Das Enzym wird imSoma der Nervenzelle gebildet und axoplasmatischzur Nervenendigung transportiert (S. 46). Cholinmuss über einen Carrier aus der Extrazellulärflüssig-keit aufgenommen werden; dies ist der geschwin-digkeitsbegrenzende Schritt bei der ACh-Synthese.
Freisetzung von ACh. Die Vesikel der prä-synaptischen Nervenendigung entleeren sichin den synaptischen Spalt, wenn aufgrund voneintreffenden Aktionspotenzialen (APs) diezytosolische Ca2+-Konzentration ansteigt (Au. S. 54 ff.). Adrenalin und Noradrenalin kön-nen über präsynaptische α2-Adrenozeptoren(S. 88) die Freisetzung von ACh hemmen.An postganglionären Parasympathikusfasernkann dies auch ACh selbst tun, indem es anpräsynaptische Autorezeptoren (M-Cholino-zeptoren, s. u.) bindet (in B als Beispiel ge-zeigt).
Postsynaptisch wird ACh an Cholinozepto-ren gebunden, im VNS zum einen in den ve-getativen Ganglien, zum anderen an den vomParasympathikus innervierten Organen (z. B.Herz, glatte Muskulatur von Auge, Bronchien,Harnleiter und -blase, Genitalorganen, Blutge-fäßen, Ösophagus-Magen-Darm-Trakt sowieSpeichel-, Tränen- und [den sympathisch in-nervierten] Schweißdrüsen; S. 84 f.). Für AChgibt es zwei Haupttypen von Rezeptoren, dieN(ikotinischen)- und die M(uskarinischen)-Cholinozeptoren (Erregung durch Nikotinbzw. das Fliegenpilzgift Muskarin).
Bei den N-Cholinozeptoren unterscheidetsich der Nerventyp NN in den vegetativenGanglien (A) vom Muskeltyp NM an der moto-rische Endplatte (S. 60) dadurch, dass er ausanderen Untereinheiten aufgebaut ist. Beidengemeinsam ist, dass sie zugleich Cholinozep-tor und Kationenkanal, also ionotrope Rezep-toren sind. Bindung von ACh erzeugt einenNa+- und Ca2+-Einstrom und damit ein frühes(rasches) EPSP (S. 54 ff.), das, sofern es über-
schwellig ist, postsynaptisch ein Aktions-potenzial auslöst (A links).
Die M-Cholinozeptoren (Typen M1 – M5)sind metabotrope Rezeptoren. Sie beeinflus-sen die synaptische Übertragung indirektüber G-Proteine:
Der M1-Cholinozeptor, der u. a. in vegetati-ven Ganglien (A), im ZNS und in exokrinenDrüsenzellen vorkommt, aktiviert über einGq-Protein die Phospholipase Cβ (PLCβ). Da-raufhin werden im postganglionären NeuronIP3 (Inositoltrisphosphat) und DAG (Diacylgly-cerin) als Second Messenger freigesetzt(S. 290), die einen Ca2+-Einstrom und ein spä-tes EPSP bewirken (A Mitte). Dieses moduliertdie synaptische Übertragung, ebenso wie einu. U. durch Peptide als Cotransmitter aus-gelöstes (Minuten andauerndes) peptidergesEPSP oder IPSP (A rechts).
Der M2-Cholinozeptor, der im Herz vor-kommt, wirkt über ein Gi-Protein (S. 288 f.),das v. a. in Sinus- und AV-Knoten sowie imVorhof bestimmte K+-Kanäle öffnet und somitnegativ chrono- und dromotrop auf die Herz-erregung wirkt (B). Außerdem hemmt das Gi-Protein die Adenylylcyclase, sodass u. a. derCa2+-Einstrom ins Zytosol sinkt (B).
Der M3-Cholinozeptor kommt v. a. an derglatten Muskulatur vor, wo ACh-Bindungüber ähnliche Reaktionen wie beim Typ M1
über einen Ca2+-Einstrom zur Kontraktionführt (S. 74). Über die Ca2+-abhängige NO-Synthase-Aktivierung (z. B. im Endothel)kann es durch NO aber auch zur Entspannungkommen (S. 292).
Beendet wird die ACh-Wirkung durch Spal-tung mit Hilfe der Acetylcholinesterase im sy-naptischen Spalt (S. 60). 50% des so freiwer-denden Cholins werden wieder in die prä-synaptische Nervenendigung aufgenommen(in B als Beispiel gezeigt).
Antagonist für alle M-Typ-Cholinozeptorenist Atropin, für Typ M1 Pirenzepin, für Typ NM
Tubocurarin (s. a. S. 60) und für Typ NN Trime-taphan.
Acetylcholin und cholinerge Übertragung86
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(Ca2+)
K+
mV
20 ms
mV
60 s
mV
2 s
–50
0
mV
–50
0
mV
Ca2+
Na+
K+
Ca2+
präsynaptisches APpräganglionäres
Neuron
Peptid alsCotransmitter
Peptid-rezeptor
ACh
NN-Cholinozeptor
M1-Cholinozeptor
postganglionäresNeuron
frühes EPSP peptiderges EPSP oder IPSP
PIP
IP3 DAG
postsynaptische Aktionspotenziale
spätes EPSP
Phospholipase Cβ
M-cholinergerAutorezeptor
Zelle des Sinus-bzw. AV-Knotens
M2-Cholinozeptor
ATP
cAMP
Ca2+-Einstrom
Acetat
Cholin
postganglionäresparasympathischesNeuron
öffnet
Hyperpolarisation
negative Chronotropie negative Dromotropie
Sinusknoten AV-Knoten
AChpräsynaptisches AP
Gi-ProteinGi-ProteinAdenylylcyclase
Proteinkinase A
Acetylcholin-esterase
[Ca]i
K+-Kanal
Gq-Protein
A. Erregungsübertragung in vegetativen Ganglien
B. Cholinerge Transmission am Herzen
Tafel 3.4 Cholinerge Übertragung 87
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Bestimmte Neurone sind in der Lage, die Ami-nosäure L-Tyrosin enzymatisch zu L-Dopa (L-Dihydroxy-Phenylalanin) umzuwandeln. L-Dopa ist die Muttersubstanz der drei natürli-chen Catecholamine Dopamin, Noradrenalinund Adrenalin, die in dieser Reihenfolge nach-einander enzymatisch gebildet werden. Istnur das erste Enzym (aromatische L-Amino-säure-Decarboxylase) vorhanden, endet dieSynthese beim Dopamin (= DA), dem Trans-mitter der dopaminergen Bahnen im ZNSund in vegetativen Fasern, die zur Niere ziehen.Besitzt das Neuron auch das zweite Enzym(Dopamin-β-Hydroxylase), entsteht Noradre-nalin (= NA). Es ist, zusammen mit den Co-transmittern ATP, SIH oder NPY (s. u.), derÜberträgerstoff der meisten sympathischenpostganglionären Nervenendigungen und dernoradrenergen Fasern des ZNS (A). Im Neben-nierenmark (s. u.) und in den adrenergenNeuronen der Medulla oblongata entstehtschließlich aus NA (mittels Phenylethanol-amin-N-Methyltransferase) Adrenalin (= A).
Die marklosen, sympathischen postganglio-nären Nervenfasern sind entlang ihrer Endenvarikös (perlschnurartig) aufgetrieben (A).Diese Anschwellungen stellen den (nichtimmer sehr engen) synaptischen Kontaktzum Erfolgsorgan her und sind auch der Ortder NA-Synthese und NA-Speicherung. L-Tyro-sin wird aktiv in die Nervenendigung auf-genommen (A1) und zu DA umgewandelt.Dieser Schritt wird bei adrenerger Stimulation(durch PKA-vermittelte Phosphorylierung desEnzyms, A2) beschleunigt (vermehrte DA-Nachlieferung). Das DA wird in chromaffineVesikel hineintransportiert und dort zu NAumgewandelt (A3). Das Endprodukt NAhemmt die DA-Bildung (negative Rückkoppe-lung).
Die Freisetzung von NA in den synapti-schen Spalt (A5) durch Exozytose erfolgt,wenn Aktionspotenziale die Nervenendigungerreichen und dort daraufhin Ca2+ einströmt(A4 u. S. 54).
Adrenozeptoren (AZ; A, B). Vier Haupt-typen (α1-, α2-, β1-, β2-AZ) können u. a. nachihrer Empfindlichkeit für A, NA und zahlrei-che Agonisten und Antagonisten unterschie-den werden. Während A auf alle AZ wirkt,hat NA wenig Wirkung auf β2-AZ. Isoprenalinz. B. aktiviert nur β-AZ, und Phentolaminhemmt nur α-AZ. Alle AZ wirken über G-Pro-teine (Tab S. 59).
Von den α1-Adrenozeptoren (B1) findensich Untertypen (α1A,B,D) u. a. im ZNS (Sym-pathikusaktivität↑), in den Speicheldrüsen,in der Leber (Glykogenolyse↑) und in derglatten Muskulatur (Kontraktion von Arterio-len, Uterus, Ductus deferens, Bronchiolen,Harnblasen- und Magen-Darm-Sphinkter, M.dilatator pupillae).
α1-AZ-Aktivierung (B1) löst über Gq-Protei-ne und Phospholipase Cβ (PLCβ) u. a. die Bil-dung der Second Messenger Inositol-trisphosphat (IP3, erhöht die zytosolischeCa2+-Konzentration) und Diacylglycerin aus(DAG, aktiviert Proteinkinase C = PKC). Außer-dem aktivieren α1-AZ (ebenfalls über Gq)Ca2+-abhängige K+-Kanäle. Letzteres hyper-polarisiert z. B. die Magen-Darm-Muskulaturund lässt sie erschlaffen.
Von den α2-Adrenozeptoren (B2) gibt esebenfalls Untertypen (α2 A,B,C) u. a. im ZNS(Sympathikusaktivität; z. B. Blutdrucksenkungdurch den α2-Agonisten Clonidin), in Spei-cheldrüsen (Sekretion), Pankreas (Insulinse-kretion), an Fettzellen (Lipolyse), Thrombozy-ten (Aggregation) sowie präsynaptisch anNeuronen (Autorezeptoren, s. u.).
α2-AZ-Aktivierung (B2) hemmt über Gi-Pro-teine (αi-Untereinheit) die Adenylylcyclase(cAMP-Bildung ↓) und erhöht mit der βγi-Un-tereinheit des Gi-Proteins die Offenwahr-scheinlichkeit spannungsgesteuerter K+-Ka-näle (Hyperpolarisation); über Go-Proteinewerden außerdem spannungsgesteuerteCa2+-Kanäle gehemmt ([Ca2+]i ↓).
Die β-Adrenozeptoren sind alle an ein Gs-Protein gekoppelt, dessen αs-Untereinheitüber Aktivierung der Adenylylcyclase cAMPals Second Messenger freisetzt. cAMP akti-viert die Proteinkinase A (PKA), die, je nachZielzelltyp, verschiedene Proteine phosphory-liert.
So bewirkt NA oder A über die β1-Adreno-zeptoren (B3) des Herzens via cAMP und PKAdie Öffnung von L-Typ-Ca2+-Kanälen der Zell-membran, was [Ca2+]i erhöht und damit posi-tiv chrono-, dromo-, inotrop und lusitropwirkt.Am Herzen kann aktiviertes Gs-Protein auchdirekt die Offenwahrscheinlichkeit span-nungsgesteuerter Ca2+-Kanäle erhöhen (B3).In der Niere wird über β1-AZ die basale Renin-freisetzung erhöht.
Durch Adrenalin aktivierte β2-Adrenozepto-ren (B4) senken via cAMP-Anstieg (auf nochnicht ganz geklärte Weise) [Ca2+]i und dilatie-ren so z. B. Muskelgefäße und Bronchiolen
Catecholamine, adrenerge Übertragung und Adrenozeptoren88
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3
Ca2+
2
cAMP
PKA
4
5
6a
7
6c
6b
6d
α1 α2 β1 β2
Kapillare
Abdiffusion(erhöht NA im Blut)
β2-AZ
α-Adreno-zeptoren
β-Adreno-zeptoren
Noradrenalin(NA)
NA
L-Tyrosin
Wieder-aufnahme
L-Dopa
Inaktivierung:
durch MAO
durch COMT
Inaktivierung(MAO)
Aktionspotenzial
Blutweg
Adrenalin (A)
Nebennieren-mark
variköseAuftreibung
Herz, Drüsen,glatte Muskeln
Adrenalin
Dopamin
aktivierthemmt
α2-AZα2-AZNA
A. Adrenerge Übertragung
Tafel 3.5 Adrenerge Übertragung I
und entspannen die Uterus-, Ductus-deferens-und Magen-Darm-Muskulatur. Über β2-AZwerden zudem die Insulinfreisetzung unddie Glykogenolyse gesteigert (Leber und Mus-kel) sowie die Thrombozytenaggregation ge-hemmt. Über präsynaptische β2-AZ steigertAdrenalin die NA-Ausschüttung noradrener-ger Fasern (A2, 5).
Über die β3-Adrenozeptoren der braunenFettzellen wird deren Wärmeproduktion ge-steigert (S. 234).
Die Beendigung der NA-Wirkung im synap-tischen Spalt (A6 a – d) erfolgt durch♦ Abdiffusion von NA ins Blut,♦ extraneuronale NA-Aufnahme (in Herz, Drü-sen, glatten Muskeln, Glia, Leber) und an-schließenden intrazellulären Abbau durchdie Catecholamin-O-Methyltransferase(COMT) und die Monoaminooxidase (MAO),sowie♦ aktive Wiederaufnahme des NA (70%) indie präsynaptische Nervenendigung, wobeifreies NA in der Zelle z. T. vesikulär aufgenom- ▶
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▶men (A3) und wiederverwendet und z. T.durch die MAO inaktiviert wird.♦ Erregung der präsynaptischen α2-AZ (Auto-zeptoren, A6 d, 7) mittels NA aus dem synap-tischen Spalt, was die weitere Freisetzung vonNA hemmt.
Präsynaptische α2-Rezeptoren gibt es auchan cholinergen Nervenendigungen, z. B. imMagen-Darm-Trakt (Motilität) und im Herz-vorhof (negativ dromotrop wirksam). Umge-kehrt gibt es präsynaptische M-Cholinozepto-ren an noradrenergen Endigungen. Diese ge-genseitige Beeinflussung ermöglicht eine Artperiphere Regulation des VNS.
Nebennierenmark (NNM)
In 95% der Zellen des NNM setzen Nerven-impulse präganglionärer sympathischer Fa-sern (cholinerg, S. 84) per Exozytose das endo-krin wirksame Adrenalin (A) und (in 5% derNNM-Zellen) Noradrenalin (NA) ins Blut frei.Die NA-Synthese ähnelt der in noradrenergenNeuronen (s. o.), doch verlässt NA die Vesikelgroßteils wieder und wird im Zytoplasma en-zymatisch in A umgewandelt (s. o.). A wirddann aktiv in Vesikeln (chromaffine Granula)akkumuliert und dort zusammen mit Co-transmittern (Enkephalin, NPY) für die Exo-zytose bereitgestellt.
In körperlichen oder psychisch-emotiona-len Alarmsituationen erhöht sich die Aus-schüttung der NNM-Catecholamine beträcht-lich. So werden auch solche Zellen im Körperin die Alarmreaktion einbezogen, die nichtsympathisch innerviert sind. Außerdem wirddie neuronale NA-Freisetzung über präsynap-tische β2-AZ verstärkt (A2). Reize für die (übererhöhte Sympathikusaktivität vermittelte) A-Freisetzung aus dem NNM sind z. B. körper-liche Arbeit, Kälte, Hitze, Angst und Ärger(„Stress“), Schmerzen, O2-Mangel und Blut-druckabfall. Bei starker Hypoglykämie(< 30mg/dl) z. B. steigt die Plasmakonzentra-tion von A auf das mehr als 20-fache und dievon NA auf das 2,5-fache, d. h. auch das Ver-hältnis A : NA im Plasma nimmt zu.
Wesentliche Aufgabe des Adrenalin ist es,gespeicherte chemische Energie zu mobilisie-ren (Lipolyse, Glykogenolyse). Im Skelettmus-kel fördert A die Glucoseaufnahme (S. 297)und aktiviert Enzyme, die den Glykogenabbauund die Lactatbildung steigern (S. 76 ff.). ZurDurchblutung der tätigen Muskulatur werdendas Herzzeitvolumen erhöht und gleichzeitigdie Magen-Darm-Durchblutung und -Aktivi-tät gedrosselt (S. 79 A). Schon während dieser
Alarmreaktion regen die Catecholamine dieAusschüttung von Hormonen an, die die Wie-derauffüllung der entleerten Energiespeicherin Gang setzen (z. B. ACTH; S. 313 A).
Nicht-cholinerge, nicht-adrenergeTransmitter im VNS
In präganglionären Fasern des Sympathikussind beim Menschen die Peptide GRP (gas-trin-releasing peptide) und VIP (vasoactive in-testinal peptide) sowie postganglionär NPY(Neuropeptid Y) und SIH (Somatostatin) alsCotransmitter gefunden worden. Postganglio-näre Fasern des Parasympathikus benützendie Peptide Enkephalin, SP (Substanz P) und/oder NPY sowie ATP (Adenosintriphosphat)als Cotransmitter.
Die wichtigste Funktion der präganglionär aus-geschütteten Peptide scheint es zu sein, die Erreg-barkeit des postsynaptischen Neurons zu modulie-ren. Eine eigenständige Transmitterfunktion im VNSist für ATP (Adenosintriphosphat) sowie für die Pep-tide NPY und VIP weitgehend gesichert. VIP undAcetylcholin kommen häufig gemeinsam (aber ingetrennten Vesikeln) in parasympathischen Fasernvon Blutgefäßen, exokrinen und Schweißdrüsenvor. Im Magen-Darm-Trakt lässt VIP (zusammenmit NO, s. u.) Ringmuskulatur und Sphinkter er-schlaffen und erhöht (mit den CotransmitternDynorphin und Galanin) die Darmsekretion.
ATP ist nicht nur der fast universelle Überträ-ger freier Enthalpie (S. 43) innerhalb der Zelle,sondern dient zusammen mit seinen Abbau-produkten ADP, AMP und Adenosin extrazel-lulär als purinerger Überträgerstoff (C).
ATP bindet an Rezeptoren vom Typ P2X (ionotrop)und P2Y (metabotrop, s. a. S. 59), was in der Zielzelledie zytosolische Ca2+-Konzentration durch Ca2+-Ein-strom von außen (P2X) bzw. durch Ca2+-Freisetzungaus intrazellulären Speichern (P2Y) erhöht. Ekto-AT-Pasen bauen ATP auch zu ADP und weiter zu AMPund Adenosin ab. ADP bindet an P2Y, AMP und Ade-nosin an den P1-Rezeptor. Adenosin hemmt die ATP-Sekretion (negative Rückkoppelung). ATP wird v. a.von Neuronen und vom Endothel freigesetzt. Throm-bozyten schütten ADP aus (S. 106). ATP und seineAbbauprodukte habe zahlreiche Funktionen: Gefäß-motorik, Kommunikation von Neuronen und Glia,Nozizeption, Penis-Erektion u. a.m.Therapie. Hemmer purinerger Rezeptoren werdenauch therapeutisch genutzt, z. B. Clopidogrel, dasdie P2Y12 –Bindung und damit die ADP-abhängi-ge Thrombozyten-Aktivierung hemmt (Thrombose-schutz).
In nitrergen Neuronen wird NO (Stickstoff-monoxid) freigesetzt (S. 292).
Catecholamine, adrenerge Übertragung und Adrenozeptoren (Fortsetzung)90
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Kontraktion von• Blutgefäßen• Bronchiolen• Sphinktern• Uterus u. a.
Hemmung vonExozytose bzw.Sekretion• Speicheldrüsen• Insulin• Noradrenalin• Acetylcholin u. a.
Hemmung derMagen-Darm-Motilität
Dilatation von• Gefäßen• Bronchiolen• Uterus u. a.
Herzantrieb
Renin-freisetzung
Agonisten:
Antagonisten:
Adreno-zeptoren:
Phenylephrin
Prazosin
Clonidin
Yohimbin
Isoprenalin
Atenolol
Salbu-tamol
AdrenalinNoradrenalin
ATP ADP AMP Adenosin
Hyper-polarisation
Ekto-ATPasen
Neurone,Endothel u.a.
Thrombozyten
P2X P2Y G-Prot. G-Prot.P1
Hyper-polarisation
natürliche Agonisten
B. Adrenozeptoren
C. Purinozeptoren
Tafel 3.6 Adrenerge Übertragung II 91
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