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Jubiläum Im März 1976 erschien unsere Nummer 1. Bauernstimme und AbL haben in den 30 Jahren viel erlebt – und nicht weniger bewegt. Es geht weiter. Seiten 2 und 12-13 Vogelgrippe H5N1 ist angekommen. Freilauf-Geflügel muss wieder in die Ställe, doch über die Anfälligkeit der „geschlossenen Systeme“ redet noch keiner. Seiten 3 und 20 Nachbaugebühren Nun geht es vor dem Europäischen Gerichts- hof erstmals um die Höhe der Nachbauge- bühren. Der Generalanwalt stärkt die Bauern. Die Gebühr ist zu hoch. Seiten 15 und 18 Eine Zeitung von Bäuerinnen und Bauern März 2006 Nummer 287 – K 12858 / 3,00 Eine Zeitung von Bäuerinnen und Bauern 30 Jahre und noch mehr 30 Jahre und noch mehr

30 Jahre und noch mehr - bauernstimme.de · Zugvögel Über Hunderttausend Wildvögel sind in letzter Zeit auf H5N1 getestet worden. Die FAO meldet im November 2005: Der Test lebender

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JubiläumIm März 1976 erschien unsere Nummer 1.Bauernstimme und AbL haben in den 30Jahren viel erlebt – und nicht wenigerbewegt. Es geht weiter. Seiten 2 und 12-13

VogelgrippeH5N1 ist angekommen. Freilauf-Geflügelmuss wieder in die Ställe, doch über dieAnfälligkeit der „geschlossenen Systeme“redet noch keiner. Seiten 3 und 20

NachbaugebührenNun geht es vor dem Europäischen Gerichts-hof erstmals um die Höhe der Nachbauge-bühren. Der Generalanwalt stärkt die Bauern.Die Gebühr ist zu hoch. Seiten 15 und 18

Eine Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

März 2006Nummer 287 – K 12858 / 3,00 €

Eine Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

30 Jahreund noch mehr

30 Jahreund noch mehr

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2 Meinung 3-2006

1976: Erich Honecker erhält 99,86 Prozent der Stimmen zum SED-Gene-ralsekretär in der DDR. Die schwedische Popgruppe ABBA besingt die

„Dancing Queen“, in Brokdorf wird gegen die Nutzung der Atomkraft demon-striert und im oberitalienischen Seveso tritt bei einer Explosion in einem Che-miewerk hochgiftiges Dioxin aus. In Deutschland geben einige Bäuerinnen und Bauern zum ersten Mal eineZeitung von Bauern für Bauern heraus – der Beginn unserer Bewegung. Seit-dem haben eine Reihe von landwirtschaftlichen Verbänden aufgehört zu exi-stieren, landwirtschaftliche Fernseh- und Hörfunksendungen sind aus denProgrammen verschwunden und viele landwirtschaftliche Zeitungen haben ihrErscheinen eingestellt. Nicht so die „Bauernstimme“. Der Spiegel hat sie einmal das „Zentralorgan der deutschen Agraropposition“genannt. Die Zeit der Zentralorgane ist glücklicherweise vorbei – die Aufgabe,eine unabhängige, interessante Zeitung für Bäuerinnen und Bauern und für amländlichen Raum interessierte Menschen zu machen, ist notwendiger denn je.

Längst ist die AbL einGesprächspartner in deragrarpolitischen Diskus-sion in Berlin, Brüsselund den Ländern und dieBauernstimme eine Zei-tung, die auch in Mini-

sterien, Unternehmen, Verbänden und wichtigen gesellschaft-lichen Organisationen mit Interesse gelesen wird. Zur Selbst-beweihräucherung besteht kein Anlass. Einige finden un-sere Zeitung zu brav, andere finden sie zu radikal – aberwir dürfen es nicht jedem Recht machen. Ob auf der dies-

jährigen Grünen Woche in Berlin oder auf der Biofach in Nürnberg – es wirdmit Respekt beobachtet, dass es diese Zeitung schon so lange gibt. Die Bau-ernstimme wird nicht leise, wenn andere lieber auf Verschweigen oder Vertuschensetzen. Oder berichten Bauernverbandsblätter und landwirtschaftliche Maga-zine von den Abkassierern der Direktzahlungen? Wenn andere laut posaunen,rät sie zum Nachdenken. Sie liefert Handwerkzeug für die agrarpolitische Di-skussion, Anregungen für die Arbeit auf den Höfen und gibt auch persönlichenGedanken Raum, die im Alltag oft durch die Arbeit verdeckt werden. Wie kann das alles eine Zeitung – auch finanziell – leisten, wo sie doch den„Marktpartnern“ Monsanto, BAYER, BASF usw. keine vierfarbigen Anzeigen-flächen bietet? Weil es Menschen gibt, die sich dieser gewaltigen politischenHerausforderung stellen, Monat für Monat eine gute Zeitung zu machen.Deshalb sei an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Zei-tungsredaktion und im ehrenamtlichen Redaktionsteam gedankt, die in denletzten 30 Jahren für diese Arbeit Verantwortung übernommen haben undweiter nehmen. Und dann sind da die vielen Menschen, die mithelfen: durchHinweise, Recherchen, Schreiben von kurzen Meldungen und ausführlichenHintergrundartikeln oder durch Fotos – immer auch unter besonderem bäu-erlichen, kritischen Blickwinkel. Ein einfaches „Weiter so“ wird es nicht geben, Veränderungen in der Welt undin der Gesellschaft werden auch Auswirkungen auf die Entwicklung in derLandwirtschaft haben. Ein Abonnent der ersten Tage sagte mir: „Ihr habteine wichtige Aufgabe. Ihr müsst auch mit der Zeitung der politische Stachelbleiben für die Politik, für den Bauernverband, für die gesellschaftlichen Grup-pen und in den eigenen Reihen...“ Ein sehr hoher Anspruch! Aber was sollteuns davon abhalten, mit der Unterstützung vieler bewegter Menschen undmit vielen Lesern unsere Arbeit fortzusetzen? Schließlich gibt es auf demLande viele bewegte Menschen und viele phantasievolle Bewegungen. Unddarauf wird es auch in Zukunft ankommen!

Georg JanßenAbL-Bundesgeschäftsführer

30 Jahre – einestachelige Aufgabe

Ko m m e n t a r

Impressum

Anschrift: Bahnhofstraße 31, 59065 HammHerausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft –

Bauernblatt e.V., Tel.: 023 81/9 05 31 71,Fax: 0 23 81/49 22 21, E-Mail: [email protected];Internet: www.abl-ev.de;

Redaktion: Wiebe Erdmanski-Sasse, Ulrich Jasper, Mute Schimpf;Tel.: 0 23 81/49 22 89, Fax: 0 23 81/49 22 21,E-Mail: [email protected];

Verlag/ ABL Bauernblatt Verlags GmbH, Geschäftsführung:Aboverwaltung: Vera Thiel, Tel.: 0 23 81/49 22 88, Fax: 0 23 81/49 22 21,

E-Mail: [email protected]; Internet:www.bauernstimme.de; Bankverbindung:KSK Wiedenbrück, Kto: 2031516, BLZ 47853520

AAnnzzeeiiggeennaannnnaahhmmee bbiiss zzuumm 1155.. ddeess VVoorrmmoonnaattss,, KKoonnttaakktt:: VVeerraa TThhiieell,,TTeell..:: 00 2233 8811//4499 2222 8888;; EE--MMaaiill:: aannzzeeiiggeenn@@bbaauueerrnnssttiimmmmee..ddeeErscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)Abonnementpreis: 36 € jährlich, verbilligt auf Antrag 26 € jährlichSatz: Gebr. Wilke GmbH, HammDruck: lensing druck, Münster – ISSN-Nr. 0943-4632;

Postvertiebsstück 1 K 12858E

In den nächsten Tagen bekommen einige bayerische Bauern wieder Besuch aus München.Dann geht es in die Ställe, und der Besuch kratzt an den Wänden oder wischt an den Stall-fenstern, um Staub zu sammeln. Die Proben gehen dann an die Ludwig-Maximilians-Uni-versität München. Prof. Dr. Erika von Mutius und ihr Team wollen daraus einen Impf-stoff gegen Asthma und Allergien erstellen. In einer viel beachteten Studie hatten sieherausgefunden, dass Bauern-Kinder mehr als zehnmal seltener an Asthma und Heu-schnupfen erkranken als Kinder ohne regelmäßigen Stallaufenthalt. Erste Impfversuchebei Mäusen verliefen bereits erfolgreich.

Meldung des Monats

Geschlossenes System – weit offen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Die riskante Sicherheit der Käfighaltung

Bauern schaffen Arbeitsplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Mini-Job-Agentur Landwirtschaft im Ruhrgebiet

Schildersammlung statt Richtungsweiser . . . . . . . . . . . . . . . . . 5Nationale Strategie zur ländlichen Entwicklung ohne Schwung

Erhebliche Kürzungen in der Zweiten Säule. . . . . . . . . . . . . . . . 5

Ecuador: Höfesterben durch Freihandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Irrsinn der Pflanzenschutzwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Europa will mehr Energie aus Biomasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Ab 10 Prozent über Quoten zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Biogas für bäuerliche Wertschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Schafe und Ziegen gesund erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Bewegung, auf die es ankommt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Anmerkungen zu 30 Jahre Bauernstimme und AbL

Ein ganz schön langer Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

„Grund und Boden muss frei sein“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Familie Lütjen hat ihren Hof gestiftet

„Unangemessen hohe Nachbaugebühren“ . . . . . . . . . . . . . . . 15Erneut Absagen an Pauschalauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Können Pflanzenzüchter Freunde sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Grenzwert von 0,9 % unterhöhlt Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . 16Imkerpräsident kritisiert CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Schäferleben im Göttinger Land. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Aus Stall, Feld und Umfeld bei Martin Schulz und Maria Willeit,Seite 9 · Leserbrief, Seite 18 · Eine Bäuerin erzählt, Seite 19 · Lesen,Seite 20-21 · Anzeigen/Veranstaltungen/Kontakte, Seite 22-23

Weitere Themen

Landleben

Gentechnikf re ie Landwir tschaf t

Nachbau

Existenzgründung

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Tierhal tung

Bewegung

Milch

Märkte

Agrarpol i t ik

Die Sei te 3

Page 3: 30 Jahre und noch mehr - bauernstimme.de · Zugvögel Über Hunderttausend Wildvögel sind in letzter Zeit auf H5N1 getestet worden. Die FAO meldet im November 2005: Der Test lebender

�ZugvögelÜber HunderttausendWildvögel sind in letzterZeit auf H5N1 getestetworden. Die FAO meldetim November 2005: DerTest lebender Zugvögelin den infizierten Län-dern hat kein einzigespositives Ergebnis fürH5N1 erbracht. Detail-lierte Untersuchungender Organisation birdlifeergaben: Infizierte Zug-vögel sterben, sie könnenkeine weiten Streckenmehr fliegen, sie sterbenin der Regel am Ort derAnsteckung. Von birdlifewurden die Flugroutender Zugvögel und dieAusbreitungsmuster derVogelgrippe verglichen.Die Ausbrüche folgendanach den Hauptver-kehrslinien der Straßenund Eisenbahnen undnicht den Flugrouten derVögel. Übertragungs-wege können sein: Trans-port von Geflügel undunbehandelten Geflügel-produkten; Handel mitwilden Vögeln; infizierterVogelmist als Futter inFisch- und Schweinefar-men. Das Virus kann(nach einem US Reportvon 1980) übertragenwerden durch den Trans-port lebender und toterVögel, kontaminierteFahrzeuge, Eier, Federn,Wasser, Insekten undMenschen, Ratten,Mäuse usw. GS

3-2006 Die Seite 3 3

darstellen. Ganz abgesehen von der Über-tragungsmöglichkeit durch unerwünschtenBesuch von Ratten und Mäusen in der Tier-halle oder dem Futtermittelsilo.Ein ganz besonderes Risiko ergibt sich imGeflügelballungsgebiet Süd-Oldenburg,

denn durch die räumli-che Nähe der Geflügel-betriebe untereinanderkönnen hier auch überdie Luft Viren übertra-gen werden. Ein weiteres Problem istbisher kaum beachtetworden. Gelangt ein Vi-rus in eine Hühnerfa-brik, dann ist der Infek-tionsdruck für die dortarbeitenden Menschenum ein Vielfaches stär-ker als bei kleineren Be-ständen mit Auslauf.Die Räumung einer in-

fizierten Hühnerfabrik ist ein Alptraum.Auch bei Arbeiten im Schutzanzug ist esbei früheren Seuchenzügen immer zu Er-krankungen des Personals, sogar zu Todes-fällen gekommen. Allseits befürchtet wirddie Mutation des H5N1 zu einem zwischenMenschen übertragbaren Virus. Mit demTierbesatz pro Stall steigt die Häufigkeitder Übertragung und damit die Wahr-scheinlichkeit für Mutationen. Die Sicherheit der industriellen Tierhaltungist riskant. Die Infektion eines Tieres führthier zu einer explosiven Ausdehnung derSeuche, die nur noch durch die Tötung derTierbestände ganzer Regionen zu stoppenist.

Martin Hofstetter, Götz Schmidt

Geflügel: Geschlossenes System – weit offenDie riskante Sicherheit der Käfighaltung vor der Vogelgrippe

Freilandhühner sind das „entscheidendeEinfallstor“ für die Vogelgrippe in die

Geflügelställe. Das behauptet der Influenza-Experte Albert Osterhaus im Spiegel. DieUnternehmensphilosophien der industriel-len Geflügelfirmen bekommen plötzlichneuen Glanz. Die Firma „Wiesenhof“(PHW) verspricht Sicherheit: Hier ist „al-les unter einem Dach – nach dem PrinzipAlles aus einer Hand“. Im Kampf gegendie Seuche hat die Massentierhaltung plötz-lich die Nase vorn. Sie präsentiert sich alssicheres „geschlossenes System“.Auch bei Tierärzten ist diese Meinung ver-breitet. Aus seuchenhygienischer Sicht sinddie vielen kleinen Tierhalter für den Tier-arzt ein Problem. Der Zeitaufwand für Ter-minvereinbarungen und Kontrollen ist im-mens. Maßnahmen gegen bestimmte Seu-chen können sich über Jahre hinziehen. Beiden agroindustriellen Ställen dagegen ist

teier für die Kükenproduktion erzeugt.Ausgebrütet werden jährlich rund 640Mio. Hühnereier, 50 Mio. Truthühnereierund 25 Mio. Enteneier in nur 60 Großbrü-tereien. Bei rund 80 Prozent Bruterfolg wer-den dort 42 Mio. Legehennenküken undüber 400 Mio. Mastkü-ken produziert.Doch längst nicht allegeschlüpften Eintagskü-ken verbleiben im In-land. Deutsche Brüte-reien exportierten 2004nicht nur in die benach-barten EU-Länder 6,9Mio. Eintagsmastkükenund 4,3 Mio. Legehen-nenküken, sondern auchin fernere Länder wieSaudi-Arabien (90.400Küken) oder Syrien(55.800 Küken). ImGegenzug werden ausden Niederlanden jährlich knapp 800.000Mastküken nach Deutschland – vor allemnach Weser-Ems – importiert. Der Handelmit eintägigen Küken ist die Schlagader desflorierenden internationalen Geflügelge-schäfts.Noch komplizierter wird die Stufenfolge,weil Elterntierhaltung, Aufzucht und Mastnur zum Teil vom Unternehmen selbst be-trieben wird. Sie sind ausgelagert bei vielenbäuerlichen Vertragspartnern. WeitereTransporte für Futter, Tiere, Mist und Ka-daver sind notwendig.

Hohe AnfälligkeitDiese aufgesplittete, gleichzeitig aber regio-nal stark konzentrierte Produktionsform istfür Tierseuchen extrem anfällig. Die mög-lichen Infektionswegesind vielfältig: Stallperso-nal, Tierarzt, Ausräum-kolonne, neuerdings Ka-merateams können zumenschlichen Krank-heitsüberträgern mutie-ren. Selbst bei größterHygiene und umfangrei-chen Vorsichtsmaßnah-men ist eine Infektionnicht vollständig auszu-schließen. Es reicht jaschon aus, wenn die imStall ausgebrachte Ein-streu durch infiziertenWildgeflügelkot be-schmutzt ist, um einenAusbruch zu erzeugen.Und auch Viehtransporteoder ein kontaminierterFuttermittelwagen kön-nen Übertragungswege

die Zahl überschaubar. Kontrollen sindschnell durchzuführen. Bei den verschiede-nen Produktionsstufen herrscht ein kon-trollierter Seuchenstatus. Die Dokumenta-tion für Millionen von Tieren ist nachvoll-ziehbar.

Reger VerkehrEin Blick auf die Struktur der Geflügel-fleischerzeugung zeigt: Das geschlosseneSystem in der Geflügelbranche ist eine Fik-tion. In den vergangenen 40 Jahren hat sichhier ein Agrarbereich entwickelt, der vonextremer Spezialisierung gekennzeichnetist: Zuchtbetrieb, Elternfarm, Brüterei,Mast- oder Legebetrieb, Schlachthof, Ent-sorgung von Mist, Schlachtabfällen undKadavern. Die Folge der Spezialisierung:Der Weg von der Eiererzeugung in der El-terntierfarm bis zum Schlachthof ist oftmehrere hundert Kilometer weit. Das „ge-schlossene System“ ist extrem transportin-tensiv. Es geht hin und her.In Deutschland werden in speziellen, räum-lich getrennten Elterntierfarmen die Bru- Alles andere als geschlossen „unter einem Dach“ arbeitet die Geflügelindustrie.

Hähnchenmast

Zur DesinfektionZur Tierseuchenbekämpfung wird dasBesprühen von Autoreifen mit Desinfek-tionsmitteln oder die Installation von Durch-fahrbecken (Wannen) und sogenannter Seu-chenmatten häufig genutzt. Das Fachjour-nal „Archiv für Geflügelkunde“ meldetdazu, dass viele Desinfektionsmittel beiniedrigen Temperaturen (4 °C) nicht wirken.Diese Erscheinung ist Fachleuten als„Temperaturfehler“ bekannt. Zudemmüssen Desinfektionsmittel oft längere Zeiteinwirken, so dass das kurze Besprühen vonAutoreifen, Durchfahrbecken und Seuchen-matten kritisch zu sehen ist. GS

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Zucker: Reformumsetzung auf HochtourenNach dem kürzlich erschienen Gesetzentwurf des Bundesministeri-ums sollen die voll entkoppelten Ausgleichszahlungen für die Sen-kung des EU-Rübenmindestpreises um fast 40 Prozent in Deutsch-land vollständig betriebsindividuell gezahlt werden. Im Gegensatzzu den bisherigen Prämien soll es dabei keine regionale Umvertei-lung zwischen den Bundesländern geben. Weil aber die Zuckerquo-ten unterschiedlich verteilt sind, verschärft das die Unterschiede derab 2013 regional einheitlichen Prämien zwischen den Bundeslän-dern. Grundlage für die Berechnung der Zahlungen ist der Umfangder vertraglich gebundenen Liefermenge (Quote) im Wirtschafts-jahr 2006/07. Dabei soll der Ausgleich für A- und B-Quoten gleichhoch sein, was sich negativ auf die Betriebe auswirken kann, diewenig B-Rüben geliefert haben. Die Zahlungen gehen in den Jah-ren 2010 bis 2013 in den Angleichungsprozess der Prämienrechtemit ein. Damit alles noch in diesem Jahr über die Bühne gehenkann, muss der Bundesrat dem Entwurf bis allerspätestens 7. Aprilzustimmen. Die von der EU-Kommission und der Mehrheit der EU-Staaten geplante zeitweise Quotenkürzung bei Zucker um rund 10Prozent für das kommende Wirtschaftsjahr 2006/07 beeinflusstnicht die Höhe der Ausgleichszahlung. bet

Schritttempo bei den WTO-Verhandlungen„In Hongkong haben wir eine neue Frist bis Ende April gesetzt“,verkündete der EU-Handelskommissar Peter Mandelson jüngst inBerlin. Ende April – bis dahin wollen die Delegierten der Welthan-delsorganisation (WTO) endlich einen Konsens für den Umfang desZoll- und Subventionsabbaus im Agrarsektor und auch für dieMarktöffnung bei den Industriegütern finden. Diese Modalitätensollen dann bis Ende Juli in einem umfassenden Entwurf eingebet-tet sein. Bleibt dann noch der letzte Verhandlungspunkt in der der-zeitigen Welthandelsrunde: die Dienstleistungen. Hierfür will dieWTO bis Ende Juli die Details klären. Der Entwurf soll bis Ende Okt-ober stehen. Noch bevor Weihnachten in die Stuben einkehrt, solldas Abkommen, jedenfalls laut Zeitplan, unter Dach und Fach seinund in der ersten Jahreshälfte 2007 ratifiziert werden. Grund fürdiesen Stechschritt ist nicht zuletzt, dass eben zu diesem Zeitpunktin den USA das WTO-Handelsmandat des Präsidenten ausläuft.Mandelson versprühte Optimismus beim Besuch in der Bundes-hauptstadt: „Wir können es schaffen, wenn wir den Willen dazuhaben.“ Dabei gehen die Verhandlungen nur denkbar schlechtvoran. Das kürzlich in Davos, Schweiz, stattgefundene Mini-Ministertreffen brachte entgegen den Erwartungen keine neuenErgebnisse. bet

Gentechnikgesetz Teil II auf dem WegMitte Februar verabschiedete der Bundestag den abschließendenTeil des neuen Gentechnikgesetz und schließt damit die bisherigeLücke in der Umsetzung von EU-Recht. Dabei geht es vor allem umdie Produktion in geschlossenen Systemen. Der für die Landwirt-schaft wichtige Teil wie Haftung, Standortregister und gute fachli-che Praxis bleibt zunächst unverändert bestehen. Die Bundesregie-rung plant jedoch, in den nächsten Monaten die Haftung aufzuwei-chen und den Schutz für die gentechnikfreie Landwirtschaft damitabzubauen. ms

Seehofer spekuliert über GleitflugIn der Aktuellen Stunde im Bundestag am 8. Februar zum Agrarbe-richt der Bundesregierung hat Bundesminister Horst Seehofer (CSU)den Zeitraum in Frage gestellt, in dem die Zahlungsansprüche bzw.Prämienrechte angeglichen werden. Bekanntlich sieht das im Som-mer 2004 von Bund und Ländern beschlossene Gesetz eine Anglei-chung in den Jahren 2010 bis 2013 auf regional einheitlich hoheZahlungsansprüche vor. Im Bundestag sagte Seehofer, in seinemHaus werde derzeit für den Bereich Milch eine Konzeption erarbei-tet, „um die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Milchquo-tensaldierung, den Molkereien und dem Abschmelzen der Prämien-zahlungen 2010 oder später überwinden zu können“. Näher gingder Minister nicht auf das „Abschmelzen“ ein, so dass spekuliertwerden darf, ob das Ministerium ernsthaft über ein Aufschnürendes Reformbeschlusses nachdenkt – und auf wessen Veranlassung.Forderungen aus der Zuckerwirtschaft, die neuen entkoppeltenZahlungen aus der Zuckermarktreform aus dem Gleitflug 2010 bis2013 herauszunehmen, sind bei der CDU/CSU-Fraktion im Bundes-tag auf Ablehnung gestoßen. uj

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4 Agrarpolitik 3-2006

Bauern schaffen ArbeitsplätzeMini-Job-Agentur Landwirtschaft im östlichen Ruhrgebiet

Viele Landwirte blicken skeptisch aufdie Versuche verschiedener Bundesre-

gierungen, Arbeitslose in die Landwirt-schaft zu schicken. Nun aber gibt es imKreis Unna (NRW) ein Regionen-aktiv-Pro-jekt, das Erfolge nicht nur verspricht, son-dern die ersten bereits erzielen konnte. Seitdem Start im Herbst 2005 konnte die Mini-Job-Agentur der Diakonie bis zum Jahres-ende die ersten sieben Landwirte mit Hel-fern versorgen, und weitere 80 Bewerbun-gen liegen auf dem Tisch. Worin liegt dasGeheimnis dieses Erfolges? Natürlich inmehreren Punkten:

Behutsam anfangenDie Einstiegsschwelle ist bewusst niedriggehalten, sowohl für die Landwirte als Ar-

beitgeber wie für die Arbeitsuchenden. Zu-nächst geht es nicht um Vollzeitstellen, auchnicht um stressige Ernteeinsätze, sondernum „Mini-Jobs“ mit einem 400-Euro-Lohn. So ist für den Landwirt die finan-zielle Belastung überschaubar. Auch derzeitliche Umfang, in dem der neue Mitar-beiter angeleitet werden muss, hält sich inGrenzen. Das Risiko, dass man sich „einKuckucksei ins Nest“ holen könnte, ist ge-ring und wird durch die „Mini-Job-Agen-tur“ weiter gesenkt. Umgekehrt gewinntder Mini-Jobber zwar noch kein existenz-sicherndes Einkommen, wohl aber einenZuverdienst und die Chance, sich in einneues Arbeitsfeld einzuarbeiten. Wenn dieZusammenarbeit klappt, können Land-wirte und Mini-Jobber ihr Arbeitsverhält-nis erweitern.

Vorgespräche Über 80 Interessenten haben sich bisher ge-meldet und wurden in den Bewerberpoolaufgenommen. Sie rennen den Bauern abernicht die Türen ein, sondern sprechen ersteinmal mit Angela Rose, Projektmitarbei-terin bei der Diakonie, über ihre Fähigkei-ten, Interessen und körperliche Belastbar-keit. Überwiegend haben sich zwar Männer, zu40 Prozent aber auch Frauen gemeldet. DasDurchschnittsalter liegt bei 32 Jahren, derjüngste Bewerber ist gerade 16, der Älte-ste bereits 63 Jahre alt. Zwei Drittel der

Interessenten sind arbeitslos und beziehenzumeist Arbeitslosengeld II oder gar keineLeistungen. Hinzu kommen Schüler undStudenten, aber auch einige Rentner undsogar einige Berufstätige, die sich etwas„nebenbei“ verdienen wollen. Neben denSchülern und Studenten hat ein Viertel derBewerber keine Berufsausbildung, währendimmerhin 60 Prozent einen zumeist hand-werklichen Beruf erlernt haben. Kein Bewerber ließ sich davon abschrec-ken, dass man sich bei der landwirtschaft-lichen Arbeit durchaus anstrengen undschmutzig machen muss. Das große Inter-esse an der Arbeit in der Landwirtschaftwiderspricht allen verbreiteten Vorurteilen. Ähnlich wie die Arbeitsuchenden müssensich auch die Landwirte befragen lassen.Eine Aufgabe, die Hildegard Busemannvom Betriebshilfsdienst (BHD) übernom-men hat. Sie ermittelt den Personalbedarfund die Einsatzfelder.

Die Agentur Was nun folgt, sind die entscheidendenSchritte: In weiteren persönlichen und tele-fonischen Gesprächen mit den Arbeitsu-chenden, mit ihrer Kollegin vom BHD undmit den Landwirten klärt die Mini-Job-Agentin, wer zu welcher Arbeit, und vorallem: wer zu wem passt. Derart bestensvorbereitet, kann das Vor- bzw. Einstel-lungsgespräch zwischen Landwirt undBewerber eingefädelt werden. Dass schon nach wenigen Wochen dieersten sieben Betriebe, die sich auf diesesExperiment eingelassen haben, erfolgreichdurch neue Mitarbeiter/innen verstärktwerden konnten, bestätigt den Grundge-danken dieses Modellprojektes: Landwirt-schaftliche Jobs vermitteln sich nicht vonselbst, sondern bedürfen einer sorgfältigen,passgenau auf die Betriebe abgestimmtenPersonalauswahl. Dabei müssen die inter-essierten Landwirte von aufwändigenStellenausschreibungen, Vorstellungsge-sprächen und Absageschreiben entlastetwerden. Herzstück ist daher die Koopera-tion zwischen Betriebshilfsdienst, der dieLandwirte betreut, und der Mini-Job-Agentur der Diakonie, die sich um dieArbeitsuchenden kümmert. Bleibt zu hof-fen, dass dieses Projekt auch nach demEnde der Regionen-aktiv-Förderung fort-geführt und das heißt: finanziert werdenkann.

Kontakt: Betriebshilfsdienst, Frau Buse-mann, Marie-Curie-Str. 6, 59423 Unna,Tel.: 02303-25310-50. Mini-Job-Agenturder Diakonie, Frau Rose, Mozartstr. 20,59423 Unna, Tel.: 02303-25024-520

Ulrich Häpke

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�NRW kipptStrohprogrammFür Betriebe, die bewusstauf Stroheinstreu stattVollspaltenböden gesetzthaben, hat Nordrhein-Westfalen nun fast zehnJahre lang einen Bonusgezahlt. Mit dem sogenannten Festmistpro-gramm, an dem mehrereHundert Betriebe imLand teilgenommenhaben, wurde dieses imVergleich zum Vollspal-tenboden als artgerech-ter angesehene Hal-tungssystem belohnt.Angetrieben vom Bau-ernverband, hat derLandwirtschaftsministerEckehard Uhlenbergschon früh nach seinerNominierung das Urteilüber dieses Programmgefällt: weg damit. Ersieht es als „grüne Spiel-wiese“ an. Selbstver-ständlich stehe denStroh-Betrieben aber dieInvestitionsförderungoffen..., sagte Uhlenbergin einem Gespräch mitdem AbL-Landesvor-stand.

3-2006 Agrarpolitik 5

Schildersammlung statt RichtungsweiserDie nationale Strategie des Bundesministeriums zur ländlichen Entwicklung lässt den Ländern fast alle Wege offen

Was diesem Text fehlt ist eine klareAusrichtung. Das sagen sogar die

Vertreter des Bundesministeriums für Er-nährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz (BMELV), die am Montag, den20. Februar 2006 zu einer Verbände-An-hörung zum Thema Ländliche Entwicklungeingeladen hatten. Diskutiert wurde dienationale Strategie zur ländlichen Ent-wicklung für die Förderperiode 2007-2013,die die Bundesregierung bis Mitte März andie EU-Kommission übergeben muss. Je-des EU-Land muss so eine Strategie vorle-gen: Welche Herausforderungen in denländlichen Gebieten gibt es, wie und durchwelche Maßnahmen bzw. Förderangebotesollen sie gemeistert werden – also wie willdas EU-Land die EU-Mittel für die so ge-nannte zweite Säule in Zukunft einsetzen.Immer wieder wurden im Laufe der Sit-zung Vorschläge der Agrar- und Umwelt-verbände für Präzisierungen des Textes mitdem Argument, diese fielen verfassungsge-mäß in den Kompetenzbereich der Länder,zurückgewiesen.Da in Zukunft erheblich weniger Finanz-mittel für den ländlichen Raum zur Verfü-gung stehen, gilt es nun, frühzeitig gezielteSchwerpunkte in der Förderung zu setzen,fordern Umweltverbände und die AbL. Um der EU-Verordnung zur Förderung derländlichen Entwicklung (ELER) nachzu-kommen, braucht es klare Leitlinien, diealle drei Nachhaltigkeitsziele beinhalten:Wirtschaft, Umwelt- und Verbraucher-schutz sowie soziale Ausgewogenheit.Wenn Mecklenburg-Vorpommern etwa denBau von Mastanlagen ohne Obergrenzenbei Tierzahlen oder Besatzdichten je Hektar mit Mitteln der 2. Säule fördern

will, und das hat das Bundesland vor, dannmuss eigentlich die Frage lauten: Wie hochist der Beitrag solcher Anlagen für das Ar-beitsplatzangebot und die Umwelt im länd-lichen Raum? Insbesondere dann, wennbäuerliche Mastbetriebe im benachbartenBundesland in der Folge schließen müssen. Die Erfahrung der letztenFörderperiode hat außerdemgezeigt, dass kleinere Projektehäufig eine größere positiveWirkung in Bezug auf Ar-beitsplätze und Lebensqua-lität im ländlichen Raum ha-ben. Förderung von Kleinst-unternehmen, die Honorie-rung der ökologischen Lei-stungen der Landwirtschaft,Förderung von Diversifizie-rungsansätzen und Projekte,die auf engen lokalen Koope-rationsnetzen aufbauen, er-fordern oft weniger Gelderund entsprechen den dreiNachhaltigkeitszielen derländlichen Entwicklung. Schon aus diesem Grundewäre es sinnvoll, die Konkur-renz um die begrenztenMittel nicht allein auf dieLänderebene zu schieben,sondern bereits auf Bundesebene eine Stoß-richtung vorzugeben. Doch dazu gibt es imBMELV wenig Bereitschaft. Dazu passt, dass Bund und Länder die In-vestitionsförderung für Stallbauten nunwieder auch dann fließen lassen wollen,wenn die Besatzdichte im Betrieb über zweiGroßvieheinheiten je Hektar hinausgeht.Die Länder haben zudem versucht, das

Ausschlusskriterium Käfighaltung bei Hüh-nern und Vollspalten bei Schweinen ausder Förderrichtlinie der Gemeinschaftsauf-gabe Agrarstruktur und Küstenschutz zustreichen. Noch steht es aber drin.Die deutsche Strategie soll bereits nach derAgrarministerkonferenz von Bund und

Erhebliche Kürzungen in der Zweiten Säule

Als Folge des Beschlusses beim EU-Gip-fel im Dezember 2005 über die Fi-

nanzplanung der EU für die nächste För-derperiode 2007 bis 2013 ergeben sich fürdie Länder-Programme der Zweiten Säulein Deutschland erhebliche Kürzungen. Kür-zungen an EU-Mitteln aus der ZweitenSäule von bis zu 47 Prozent in den altenBundesländern und von über 30 Prozentin den neuen Bundesländern sind die Folge.Etwas aufgefangen werden die Kürzungendurch die Modulationsmittel, d.h. durcheine Teil-Umschichtung von allgemeinenDirektzahlungen hin zur Zweiten Säule.Wie sich dann die Finanzsituation in denBundesländern darstellt, zeigt folgende Ta-belle:

Ländern am 9. März an die EU-Kommis-sion weitergegeben werden. Somit wird esin den nächsten Wochen entscheidend sein,sich auf Länderebene für eine Ausgestal-tung der Programme, die dem ländlichenRaum in seiner Vielfalt und Vitalität tat-sächlich dienlich ist, einzusetzen.

Sonja Korspeter

Angaben in Mio. Euro Jahre 2000-2006 Jahre 2007-2013 Veränderung

Baden-Württemberg 817,16 524,92 - 36%

Bayern 1.691,03 1.106,22 - 35%

Brandenburg und Berlin 1.062,82 937,93 - 12%

Hessen 273,27 193,03 - 29%

Mecklenburg-Vorp. 883,35 779,90 - 12%

Niedersachsen und Bremen 692,88 724,20 + 5%

Nordrhein-Westfalen 290,61 252,77 - 13%

Rheinland-Pfalz 309,58 204,77 - 34%

Saarland 36,38 25,04 - 31%

Sachsen 1.093,42 820,39 - 25%

Sachsen-Anhalt 960,24 722,71 - 25%

Schleswig-Holstein und Hamburg 286,82 227,47 - 21%

Thüringen 834,77 612,66 - 27%

Deutschland gesamt 9.232,33 7.132,01 - 23%

Quelle: Deutscher Verband für Landschaftspflege

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�Mehrfach-

RückständePestizid-Rückstände bei

Obst und Gemüse fandendie Tester von Ökotest

bzw. Greenpeace vorallem bei Trauben, Erd-

beeren und Paprika. DieMengen der jeweils ein-zelnen Wirkstoffe lagen

dabei meist unterhalbihrer zulässigen Höchst-

mengen, so dass Lebens-mittelprüfer die Ware

nicht beanstanden konn-ten. Allerdings sind dieKombinations-Wirkun-gen von bis zu 17 ver-

schiedenen Stoffeninnerhalb einer einzigen

Paprika vollständig unbe-kannt. Laut Öko-Test for-dern Fachleute hier eine

Änderung, so dasszumindest Stoffe mit

gleichem toxikologischenWirkmechanismus

gemeinsam bewertetwerden. In seinem gro-

ßen Supermarkt-Testfand Greenpeace zum

Teil sogar nicht zugelas-sene Mittel, nur 29 Pro-zent der Proben waren

völlig rückstandsfrei.Deutliche Unterschiede

fand Greenpeace zwi-schen den Herkunftslän-dern und zwischen den

deutschen Handelsketten:Aldi schnitt am bestenab, Lidl und Metro am

schlechtesten. pm

6 Märkte 3-2006

Am 25. Januar blinkte im AbL-Bundes-büro auf allen Bildschirmen ein

elektronischer Hilferuf aus Ecuador auf.Ein Zusammenschluss von Kleinbauern imKäse- und Milchsektor, dem 500.000Kleinproduzenten angehören, kritisiert dasaktuell diskutierte Freihandelsabkommen(TLC – Tratado de Libre Comercio) zwi-schen Ecuador, Peru, Kolumbien und denUSA.„Nach jüngsten Zahlen aus dem Landwirt-schaftsministerium muss damit gerechnetwerden, dass der nationale Preis für Milchsofort mit Inkrafttreten des TLC auf 20 USCent absinkt“, sagt Frank Brassel. Er ar-beitet in Quito als Fachkraft des Evangeli-schen Entwicklungsdienstes für das unab-hängige Agrarforschungszentrum SIPAE. Derzeit liegt der Milchpreis bei 25 US Cent.18 US Cent je Liter Milch werden als reineProduktionskosten angesetzt. Brassel pro-gnostiziert, dass durch das TLC-Abkom-men das Höfesterben rasch und kontinu-ierlich voranschreiten würde. Dabei lebenknapp zehn Prozent der Bevölkerung vonder Milch- und Rinderproduktion. DieHälfe davon sind Kleinbauern, die zwi-schen vier und 50 Liter Milch am Tag pro-duzieren. „Den Preisverfall würden dieKleinbauern nicht nur im Geldbeutel, son-dern auch im Magen spüren“, sagt der Ent-wicklungshelfer.

Ecuador: Höfesterben durch FreihandelEcuador verhandelt über ein Freihandelsabkommen. Milchbauern protestieren

Kurz vor einem geplanten Länder-Treffenzum TLC-Freihandelsabkommen, das abergeplatzt ist, schickte also der Kleinbauern-Zusammenschluss, unterstützt von SIPAE,den Hilferuf um die Welt, mit einem offe-nen Brief an den ecuadorianischen Präsi-denten Alfredo Palacio Gonzáles im An-hang und der Bitte, den Brief zu unterzeich-nen. Die Kernforderung lautete, die Milch-produktion im Land vor Billigimporten zu

schützen und auch in Zukunft den Im-port von Milchpulver zu verhindern.Neben 68 ecuadorianischen und inter-nationalen Organisationen hat auch dieAbL den Brief unterzeichnet. „Die Leutehier fühlen sich gestärkt. Scheinbar sindsie es auch“, sagt Brassel. „Für den 6.März sind sie zu einem Termin imLandwirtschaftsministerium geladen.“

Berit Thomsen

Der Irrsinn der Pflanzenschutzwerbung„Hirst Du noch ... oder Maist Du schon?“

Die Pflanzenschutz-Konzerne läuten denFrühling ein – wie jedes Jahr. Eine Flut

von teuren Großanzeigen in den Agrarzei-tungen wirkt auf die Bauern ein, was siespritzen und kaufen sollen. Und weil esganz offensichtlich an anderen Argumentenfehlt, kommen die teuren Konzern-Werbe-agenturen auf immer abstrusere Werbe-„Argumente“:

Ganz gemäß dem alten Muster vom Che-mie-Krieg verspricht BASF mit „Cham-pion“ den „Durchbruch an der Pilzfront“.Das neue BASF-Herbizid „Biathlon“ wirdoffensichtlich sogar vom Feldrand aus voneinem Skiläufer mit dem Gewehr ausge-bracht. Syngenta verpricht, mit einemSchwert an der Hosennaht, man werde „alsSieger vom Feld“ gehen.Zivileren Naturen bietet es BASF eher soft:„Flexity“ soll – in Gestalt eines zarten Frau-enmunds – den Mehltau „einfach wegpu-sten“. Für eher sportlich besaitete Bauerngaloppieren ungestüme Pferde als „Bayer-Husar-Powerlösung“ über die Drillreihenhinweg. Ein Segelschiff auf dem Acker be-wirbt die Syngenta-Rübenbeize „Cruiser“. Als Wunderwaffe gegen „alle typischenMaisunkräuter“ lässt BASF uns durch ei-nen offenbar fanatisierten Intellektuellenaus dem Mais zurufen: „Maist Du schon?“oder „Hirst Du noch?“ BASF zeigt einen„klugen Kopf“, aus dem Ähren statt Haarewachsen – dank „Fandango“.Geiz ist offensichtlich auch bei Pestizidengeil: Der FCS-Chemiekonzern hat auf ein

Ährenbündel ein Preisschild mit der Auf-schrift „Das Schnäppchen“ geklebt, das für„Cirkon“ wirbt, das „Fungizid für die Cle-veren“. Nicht das „weißeste Weiß Ihres Le-bens“, wohl aber „das beste Starane allerZeiten“ preist uns Dow AgroSciences an. Besonders aufgefallen ist uns die Bayer-Werbung für das Fungizid Folicur. Sie zeigteinen dynamischen Agrarunternehmer mitseiner jungen Girlie-Tochter im Rapsfeldund lässt ihn sagen: „Ich wünschte, ichkönnte den Nachbarssohn genauso leichtvon meiner Tochter fernhalten wie Wur-zelhals- und Stängelfäule von meinemRaps.“ Unklar, was diesem Herrn an seinem künf-tigen Schwiegersohn so sehr missfällt undwie wir helfen können. Unklar auch, obund wie lange unser Landwirt unter demEinfluss von Folicur gelitten haben mag.Für den Fall solch auftretender Nebenwir-kungen fragen sie aber bitte nicht nur ihrenBASF-Verkäufer oder Bayer-Vertriebsleiter.

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Im südamerikanischen Ecuador leben viele Kleinbauern von der Milch- und Käseerzeugung.Foto: SIPAE

Ganz alltägliche Werbung in anderen Agrar-Medien

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Preispolitik und BauernsterbenMit Demonstrationen vor Supermärkten der Kette „Penny“ hat dieösterreichische IG-Milch den Zusammenhang zwischen der aggressi-ven Handelspolitik verschiedener Handelsketten und der sich stän-dig verschlechternden Lage der Milchbauern erneut ins öffentlicheBewusstsein gerückt. Penny hatte nach Österreich importierte But-ter mit dem Namen Heidi-Butter zum Preis von 79 Cent und damitunterhalb des zwischen Handelsketten und Milchbauern vereinbar-ten Mindestpreises von 99 Cent angeboten. In den Regalen liegediese Butter neben der österreichischen Butter, die dann in derFolge weniger gekauft werde, so die IG Milch. Die Molkereiengerieten unter Druck und die Erzeugerpreise sänken. Außerdemwarf die IG-Milch der Handelskette Verbrauchertäuschung vor. DieHeidi-Butter „wird mit grünen Wiesen und Bergen beworben undin den billigsten Produktionsbetrieben Europas zugekauft. Dagegensetzen wir uns zur Wehr“, sagte Ewald Grünzweil, Vorsitzender derIG-Milch. Bis Redaktionsschluss hatte die zu REWE gehörendeSupermarktkette das Heidi-Butter-Angebot noch nicht zurückge-nommen, aber laut über einen Austausch von importierter Heidi-Butter durch österreichische nachgedacht. sk

Nächtliches MilchpreisabkommenIn Frankreich wurde nach zähen Verhandlungen bis in die Nachthinein ein neues Milchpreisabkommen geschlossen. Die Preisemp-fehlung für das erste Quartal 2006 sieht eine Kürzung des Preisesum 8,90 Euro je 1.000 l Milch (0,89 Cent/l) im Vergleich zum Vorjah-reszeitraum vor. Molkereien, die mehr als 20 Prozent Basisproduktewie Milchpulver oder Butter herstellen, dürfen den Milchpreiszusätzlich senken. Für die Milchbauern kann dieses Abkommen zueiner Milchpreissenkung von bis zu 18 Euro pro 1.000 l (1,8 Cent/l)im Vergleich zum Vorjahreszeitraum führen. Außerdem einigtensich Molkereiwirtschaft und der Milcherzeugerverband FNPL auf dieEinrichtung eines „Rates der Weisen“, der über eine Anpassungspo-litik für die Milchwirtschaft nachdenken soll. sk

Drei Kühe meldeten sich arbeitslosDie Confédération Paysanne machte im südfranzösischen St. Etienneeine symbolstarke Aktion, um auf die schwierige Lage der Milchvieh-halter und das Versagen der Politik hinzuweisen. Sie kritisierte insbe-sondere die geplante Verordnung zum Quotenhandel, die den Aus-stieg aus der Produktion begünstige (siehe Meldung unten). Mit dreiKühen erschienen die Bauern vor dem örtlichen Arbeitsamt und ver-langten, ihre Kühe als zukünftig arbeitslos melden zu dürfen. Denngenau darauf liefe es gegenwärtig hinaus. Selbst von offizieller Seitesei zu hören, dass statt der gegenwärtig 110.000 Milchbauern inZukunft 50.000 ausreichten, um die notwendige Milchmenge zuerzeugen. Die Direktorin des Arbeitsamtes kam bereitwillig vor dieTür, um symbolisch das entsprechende Formular auszufüllen. sk

Quotenhandel in FrankreichIm Nachbarland wird eine Verordnung zur „Schaffung eines Pro-gramms für die spezifische Übertragung von Milchquoten ohneBoden“ vorbereitet. Die Höhe des Quotenpreises soll gesetzlichanhand von Berechnungsmaßstäben festgelegt werden. Milchvieh-halter, die die Milcherzeugung aufgeben, sollen ebenfalls entspre-chend der festgesetzten Höhe entschädigt werden. Dieses Pro-gramm soll die bereits bestehenden Prämien zur Aufgabe vonMilchviehbetrieben ergänzen. sk

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3-2006 Milch 7

Ab 10 Prozent über Quote zahlenSaldierung auf 10 Prozent beschränkt. Zusätzliche Quoten werden verteilt

Wird in Deutschland nun in einemMilchwirtschaftsjahr die gesamte na-

tionale Quote überschritten, sind nun alleMilcherzeuger direkt betroffen, die ihreeinzelbetriebliche Milchquote um mehr als10 Prozent überliefern. Denn laut Bundes-ratsbeschluss vom 10. Februar 2006 ist dieVerrechnung (Saldierung) von Unterliefe-rungen und Überlieferungen auf 10 Pro-zent der einzelbetrieblichen Quote desÜberlieferers begrenzt worden. Wer mehrals 10 Prozent überliefert, dem drohen da-mit unmittelbar Strafzahlungen (Superab-gaben). Voraussetzung dafür ist allerdings,dass die Deutschland insgesamt zugeteilteMilchquote überschritten wird. Wird sienicht überschritten, wird in Deutschland(anders als in Frankreich) auch keine Super-abgabe erhoben. Aber auch bei Überliefe-rungen unter 10 Prozent drohen Superab-gaben, wenn für die Saldierung nicht ge-nügend Unterlieferungen bereit stehen.Nach Angaben der ZMP haben die deut-schen Milcherzeuger in den ersten neunMonaten des laufenden Wirtschaftsjahres(April-Dezember 2005) die Quoten zu-sammengerechnet um 1 Prozent überliefert(gegenüber 1,1 Prozent im gleichen Zei-traum ein Jahr zuvor). Die ZMP geht da-

von aus, dass es bis Ende März nicht ge-lingt, die Anlieferung so weit zu drücken,dass eine Überlieferung im Milchwirt-schaftsjahr vermieden wird.Bisher gab es für die Saldierung auf Molke-reiebene keine einzelbetrieblichen Grenzen,was einige Betriebe dazu verleitet hat, aufdas Unterliefern anderer Lieferanten ihrerMolkerei zu spekulieren und ihre eigenenQuoten stark zu überliefern. Manche Be-triebe sind sogar gezielt zu Molkereien ge-wechselt, die für starke Unterlieferungenbekannt sind.Entschieden ist nun auch, dass in Deutsch-land die von der EU ab 2006/07 zusätzlichzugeteilten Milchquoten von insgesamt 1,5Prozent (drei Jahresschritte mit je 0,5 Pro-zent) ausgeteilt werden. Auf entsprechendeProtestbriefe von Milchbauern hat dasBundesministerium geantwortet, dass Mol-kereiwirtschaft und Berufsstand (gemeintist der Deutsche Bauernverband DBV) dasAusteilen gefordert hätten. Seltsam nun,dass nach dem Beschluss der DBV in einerPressemitteilung behauptet: „Die Quoten-erhöhung konnte trotz intensiver Interven-tionen des Berufsstandes nicht verhindertwerden.“

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Höhe der regional einheitlichen Basisprämien

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Ackerprämie

€/ha

Grünlandprämie

Prämiensockel nun errechnet

Nun steht fest, wie hoch die regionaleinheitlichen Prämienanteile für

Grünland und für Ackerland sind. AufGrundlage der in den Prämien-Anträgenfür 2005 enthaltenen Flächen und der ent-sprechend zugeteilten Zahlungsansprücheergeben sich für die einzelnen Regionen (inder Regel Bundesländer) sehr unterschied-lich hohe Sockelbeträge, wie das Bundesmi-nisterium für Landwirtschaft mitteilt. Fürdie Prämienregion Schleswig-Holstein/Hamburg liegen die endgültigen Zahlennoch nicht vor. Wie die Grafik zeigt, ist

Thüringen beim Acker Spitzenreiter mit322 Euro/ha und Niedersachsen/BremenSchlusslicht (255 Euro/ha). Der höchste Be-trag für Grünland wird in Sachsen gezahlt(111 Euro/ha), der niedrigste in Rheinland-Pfalz (48 Euro/ha). Die Zahlen gelten biseinschließlich zum Jahr 2009, ab 2010 er-höhen sich die Werte, indem ab dannschrittweise die betriebsindividuellen Zu-schläge auf die Prämiensockelbeträge re-gional einheitlich umgelegt werden.

pm

Österreichische Milchbauern zogen vor Penny-Märkte, um gegen Dumping-Angebote von „Heidi-Butter“ zu demonstrieren.

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„Gentechnik bald Vergangenheit“Auf der Jahresversammlung der AbL Bayern Ende Januar gab derFuttermittelhändler und Landwirt Josef Feilmeier der Agro-Gen-technik keine Zukunftschance: „Der Markt wird das regeln, denn imBereich der Futtermittelindustrie werden die Weichen auf gentech-nikfrei gestellt werden“, sagte AbL-Mitglied Feilmeier aus Burgkir-chen. Es gebe keinerlei Veranlassung, sich Soja-Futtermittel mitgentechnisch veränderten Bestandteilen „unterjubeln zu lassen“.Auf dem Markt sei reichlich herkömmliches Soja vorhanden. Feil-meier, der das Gastreferat hielt, sah es als wichtig an, Landwirte zuinformieren und die kritische Diskussion voranzutreiben. hn

Bauer gegen Schacht KonradWalter Traube, Ackerbauer im niedersächsischen Salzgitter, wirdsich am 28. Februar und am 1. März im Saal des Lüneburger Ober-verwaltungsgerichts (OVG) aufhalten. Dann werden seine Klageund über 280.000 Einwendungen gegen die Genehmigung des ehe-maligen Salzbergwerks Schacht Konrad als erstes Endlager fürradioaktive Abfälle in Deutschland verhandelt. Vor gut drei Jahrenwurde der Planfeststellungsbeschluss gefasst, aber durch die Ein-wände und Klagen bisher nicht rechtskräftig. Prozessgegner vonLandwirt Traube (42 Jahre) ist das Land Niedersachsen, das denBeschluss damals erteilte, als der heutige BundesumweltministerSigmar Gabriel noch Ministerpräsident in Hannover war. Traube willdie Einlagerung von Atommüll in 1.000 Meter Tiefe unter seinenFeldern verhindern. „Wer kauft dann noch meine Erdbeeren undZuckerrüben?“, fragt er im Gespräch mit der tageszeitung taz.Dabei geht es ihm nicht nur um die Strahlung aus der Erde, son-dern auch um die Abluft. Denn über sogenannte Diffusoren werdeder Schacht entlüftet. „Entspricht der Grenzwert, der heute gilt,auch noch in 30 Jahren dem Stand der Forschung?“ will er wissen.Er habe den Hof aus dem Jahr 1864 von seinem Vater bekommenund wolle ihn an seine Kinder weitergeben. Aber mit dem Atom-müll würde der Hof erheblich an Wert verlieren, befürchtet er.(Info: www.ag-schacht-konrad.de) pm

Aktionsbündnis gegen AgrarfabrikenIn der letzten Ausgabe der Bauernstimme berichteten wir darüber,wie sich der Ex-Agrarminister Rehhahn für die geplanten Mega-Schweineanlagen niederländischer Investoren in Ostdeutschlandeinsetzt. Der Spiegel hat jetzt noch einmal nachgefasst. Demnachbetreut Rehhahn sechs Projekte, darunter die 65.000-Schweine-Anlage im brandenburgischen Hassleben. Zu dieser „Betreuung“gehörten auch Finanzspritzen für eine Initiative, die sich makabrerWeise „Pro-Schwein“ nennt und sich in Hassleben für den Investorvan Gennip einsetzt. Deren von Rehhahn finanzierte Internetseiteverspricht 54 Arbeitsplätze. „Dafür geraten etwa 65 Familienbe-triebe unter Druck“, kritisiert Detlev Breuer von der Interessenge-meinschaft der Schweinehalter Deutschlands die Agrarfabrik-Pläne.In Sachsen-Anhalt wehrt sich jetzt – nach dem Vorbild Mecklen-burg-Vorpommerns – ein „Aktionsbündnis für artgerechte Tierhal-tung“ gegen Rehhahn und seine agrarindustriellen Arbeitgeber. en

Gentech-Indoktrinierung in Schulen?Nachdem in Niedersachsen die Zeitungen der Landwirtschaftskam-mern mit der Zeitung des niedersächsischen Landvolks (Bauernver-band) fusioniert haben, erscheinen darin auch Kommentare derLandvolk-Redakteurin Gabi von der Brelie. Deutlich geprägt vomFilz zwischen Bauernverband und Gentechnik-Konzernen verbreitetsie unter der Überschrift „Aufklären statt polemisieren“ folgendes:Es gebe genügend „wissenschaftlich untermauerte“ Studien, diebelegten, dass gentechnisch veränderte Sorten „unbedenklich undsicher“ seien. Bleibt das Problem, dass die große Mehrheit der Ver-braucher und Bauern dagegen ist. Auch dafür hat Frau Brelie eineErklärung parat: den „Polemisierungstrend“ in den Schulen, insbe-sondere von „grün angehauchten Lehrerinnen und Lehrern“.Denen will Frau Brelie nun – gemeinsam mit MinisterpräsidentWulff – per Lehrplan untersagen, bei der Gentechnik „ein schwerdurchdringbares Gefahrenpotenzial“ zu unterrichten und so„Ängste zu schüren“ gegenüber dieser „zukunftsorientierten Tech-nologie“... gf

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8 Bewegung 3-2006

Neuer Bayern-Vorstand

Die Energiegewinnung aus Biogas hatin den letzten Jahren große Fort-

schritte erzielt. Sie bietet kleinen und mitt-leren Landwirtschaftsbetrieben auch zurSchaffung von Einkommensalternativenvielfältige Chancen und Möglichkeiten.Nicht zuletzt wird durch die Erzeugungvon Bioenergie auch ein Beitrag zum Kli-

maschutz geleistet. Zu diesem Resümeesind die Anwesenden der diesjährigen Win-terversammlung des AbL-Landesverban-des Sachsen/Thüringen am 4. Februar 2006in der Bergstadt Freiberg gekommen.Der Biogasanlagen-Planer Hans-Peter Gott-fried von der „eutec Ingenieure GbR Dres-den“ referierte anhand des Leitfadens Bio-gas, den er im Rahmen eines Regionen ak-tiv-Projektes für die Region Osterzgebirge/ Sächsische Schweiz erarbeitet hat, was beiPlanung und Bau zu beachten ist. „Im Falleder Biogaserzeugung durch kleine und mitt-lere Betriebe lohne sich vor allem der Bau

Die Landesversammlung der AbL Bayern wählte am 29. Januar einen neuen Landesvorstand: (vonlinks nach rechts) Wolfgang König (Stellv. Vorsitzender), Hans Neumeier (neuer Geschäftsführer), SeppBichler (Vorsitzender), Franz Schiefer (Beisitzer), Edith Lirsch (Vorsitzende), Marianne van Putten (Bei-sitzerin), Maria Walch (neue Stellv. Vorsitzende), Irmgard Sonner (Finanzen), Konrad Schützeneder(Beisitzer), Andrea Eiter (Schriftführerin). Nicht im Bild: Josef Schmid (Beisitzer). Foto: Eiter

Biogas für bäuerliche Wertschöpfung„Chancen für viele Landwirte“

Mitgliederversammlung der AbL Sachsen/Thüringen

einer gemeinsamen Anlage durch mehrereLandwirte einer Region“, erläuterte Gott-fried. Ein Patentrezept könne es allerdingsnicht geben, jeder Betrieb müsse gesondertbetrachtet werden.Sepp Bichler, bayrischer AbL-Landesvor-sitzender, berichtete anschließend über seineErfahrungen als Energieberater. Er warnte

zwar davor, bei einer Entscheidungfür eine Biogasanlage den Arbeits-einsatz zu unterschätzen, machteaber gleichzeitig Mut, neue Wege zugehen. Mit der Bioenergie bekommeder Landwirt nicht nur die Möglich-keit für ein zusätzliches Einkommen,sondern könne außerdem seine Rollein der Wertschöpfungskette stärken.Auf keinen Fall sollten sich die Land-wirte nur zum „Holzsammler“ de-gradieren lassen, wie Bichler die rei-nen Rohstofflieferanten nannte. Erplädierte für eine aktive Rolle der

Landwirte als Land- und Energiewirtedurch eigene Strom- bzw. Wärmeerzeugungund Vermarktung der Bioenergie.Nicht nur über Biogas wurde in Freibergdiskutiert. Die AbL-Mitglieder berieten ge-meinsam mit AbL-BundesgeschäftsführerGeorg Janßen auch über die geplanten Ak-tivitäten und Schwerpunkte für das Jahr2006. Besonders die Verbindung zur AbLin Bayern solle gestärkt werden. Dazuwurde eine gemeinsame Sitzung der Lan-desvorstände für Ende März verabredet.

Andrea Schubert undChristoph Moormann

Agnes Mocha und Jörg Klemm,die Landesvorsitzenden der AbL Sachsen/Thüringen)

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3-2006 Aus Stall, Feld und Umfeld 9

Betriebsspiegel70 ha, davon 25 ha Ackerland,45 ha Grünland40 Muttersauen, 270 Mastplätze(Neuland)230 KW Biogas, 20 KW PhotovoltaikBetrieb liegt im Wendland in derElbtalaue

Wie kommt denn der ganze Mistda rein?“, fragte mich eine Be-

kannte und deutete in unseren Stall. Wirliefen gerade unseren Futtertisch ent-lang und wurden von unseren Kühen,selbstzufrieden wiederkauend, beglotzt.Nur ein Tier hatte sich gerade erhoben,rülpste laut und setzte platschend einenKothaufen ab. „So“, sagte ich. Ausunserem Festmiststall holen wir jedesJahr Berge von Mist. Schwarz glänzendruhen sie dann noch hinterm Stall undharren ihrer Bestimmung entgegen.Mein Mann ist damit sehr zufrieden.Vor unserem Umbau waren alle Tiereim klassischen Anbindestall unterge-bracht. Von Beginn an machten die Gül-lekanäle Probleme. Regelmäßig, aber inunkalkulierbaren Abständen verstopf-ten Rohre, und die Jungtiere empfingenuns mit wütendem Gemuhe am Mor-gen, bis zu den Fesselgelenken in derSch... Mein Mann stöhnte laut und ver-brachte den Vormittag mit einem Hoch-druckreiniger und sechs aufgeschrecktenKalbinnen in einer Jungtierbox. Gülle-bestäubt kam er später ins Haus, nunwar die Reihe an mir, laut zu stöhnen.„Nie wieder Güllekanal“, hieß also dieLosung und führte unseren Umbauschnurstracks zum Festmiststall.Tja, und um den ganzen Mist beneideich ihn nun wirklich. Das heißt: mehrum die Eigenschaften, die der Mist inder Landwirtschaft so an den Tag legt.Bringt man ihn einmal aus, kümmernsich sofort Hunderttausende fleißige Le-bewesen darum, räumen ihn von derOberfläche, und danach ist die Wiesesatt und sauber. Find’ ich toll. In mei-nem Arbeitsbereich verhält es sich ge-nau andersrum, wenn alle im Haus ih-ren Mist liegen lassen, kümmert sichniemand darum, und es schaut kein bis-schen sauber aus. Furchtbar statt frucht-

Romantik in der Elbtalaue

bar! Das Allerschlimmste sind die An-sammlungen von Mist, die sich am lieb-sten hinter Treppenwinkeln, auf oberenRegalbrettern und zwischen Möbelstük-ken verbergen. Nach der Lektüre eines Feng Shui-Bu-ches, dem zufolge die Zukunftsaussich-ten eines Hauses dem Dachboden des-selbigen zugeordnet sind, lugte ich vor-sichtig durch unsere oberste Tür. UmHimmels willen, hier war ja alles zu!Verschiedenste landwirtschaftliche Ge-räte aus einem Jahrhundert, unfertigeHandarbeitshausaufgaben, ausrangier-tes Geschirr, eingetrocknete Baustoffe,vierzigjährige Gardinen, verblicheneHeiligenbilder und vergessene Bücher,Lederhosen, Getreidesäcke, Rechnun-gen, löchriges Email ... Ach, könnte ichdoch auch das alles flächig ausbreitenund darauf warten, dass sich winzig

Vom Ausmisten

Seit letztem Jahr gehöre auch ich zuden Bauern, die ihr Geld teilweise

mit der Erzeugung von elektrischerEnergie verdienen wollen, mit all denProblemen, die dazu gehören. So mus-ste auch ich eines Samstagmorgens fest-stellen, dass die Suppe in meinem Fer-menter so dick geworden war, dass meinGroßrührwerk namens Biobull denDienst quittierte. Nun besaß ich meineerste knapp einen Meter dickeSchwimmdecke. Ich versuchte, dieSchwimmschicht mit dem zweiten

Rührwerk, einem Tauchpropeller, weg-zubekommen, und ließ es im Dauerbe-trieb laufen. Mit fröhlicher Zuversichtschaute ich am Nachmittag in den Fer-menter und war mir sicher, dass dieHälfte der 150 m2 großen Schicht aufge-rührt sein würde. Es war noch nicht ein-mal ein Quadratmeter aufgerührt. DerMotor rührte, und die Schwimmdeckewar mittlerweile auf 1,5 m Dicke ange-wachsen.Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Be-sichtigung von einem Biogasbetreiber,der schon einige Jahre eine Anlage be-treibt. „Na, da braucht ihr wohl bismorgen Abend, bis ihr den wieder freihabt“, meinte der erfahrene Berufskol-lege. „Quatsch“, meinte ich, „den ha-ben wir heute Abend wieder frei, ichwill noch auf `ne Party!“ Vorsorglich

hatte ich jedoch schon meinen Mitar-beiter Jörg, einen recht talentierten„Wossi“, herbeordert, der eigentlichWochenende hatte. Ich hatte mittlerweile mehrere Ideen,von denen die ersten fünf jedoch kläg-lich fehlschlugen. Aber das Verdünnender Schwimmdecke mit ausgefaultemSubstrat, gepumpt durch Feuerwehr B-Schläuche, schien langsam Erfolg zu ha-ben. Jetzt konnten wir durch die Bullau-gen sehen, wie die großen Placken vomTauchpropeller wieder in die flüssigePhase verwandelt wurden. So rührtenund pumpten und pumpten und rührtenwir, bis die Sonne gegen 23 Uhr unter-ging. Der Behälter war noch nicht ein-mal zu einem Viertel aufgerührt.Mittlerweile hatte Jörg, mit etwas Im-provisationstalent (wie früher im

BetriebsspiegelMein Mann und ich bewirtschaftenunseren im Voralpenland gelegenenMilchviehbetrieb mit 45 Kühen undNachzucht.50 ha, davon 30 ha Grünland,20 ha Acker/Futterbau sowie 3 ha Wald.

kleine, fleißige Lebewesen darum küm-mern, und in ein paar Wochen wäredann alles weg! Es half alles nichts, in mühevoller Klein-arbeit begann ich mich durchzukämp-fen. Was an kaputten und abscheulichenDingen vorhanden war, warfen wir zweiStockwerke tief in unseren Kipper. Wirfüllten ihn zweimal, dann mussten wiraufhören, denn der Staub vernebelte unsdie Sicht. Bei dem verbliebenen Restwurde es schwierig. Einige Dinge erwie-sen sich als recht fruchtbar. Alte Email-leschüsseln brachten die Augen unsererFreunde zum Leuchten, Omas Kinder-bett ist ein prima Spielzeugkorb, alteFlaschen und Nachtkästchen fanden be-geisterte Abnehmer, und GroßtantesEinmachdosen stehen nun bei mir imRegal. Im Dachboden ist nun endlichPlatz für unsere Siebensachen: Weihn-

„Osten“ üblich), Lanzen gebaut, mitdenen wir die dünne Gülle aus demNachgärer auf die Schwimmdecke feu-ern konnten. Nach einigen spritzigenMomenten trugen wir olivgrün. Esbrachte sogar einen kleinen Fortschritt.Dennoch ging die Sonne gegen halb fünfin unserem Beisein wieder auf. DieHälfte war noch nicht geschafft.„Was für ein schöner Sonnenaufgang“,meinte Jörg, der sonst eigentlich weitnach Sonnenaufgang aufsteht, und ichdachte nur: „Genau so stell’ ich mir eineromantische Nacht in der Elbtalaue vor,warm, mit schönem Sonnenuntergangund einem ebenso farbenprächtigenSonnenaufgang, und nebenbei rührenJörg und ich den Fermenter auf.“Gegen sieben Uhr hatten wir kein Gasmehr unter der Folie. Als wir nun dieMotoren ausschalteten, wechseltedie Hochspannungsleitung ihre Farbevon „grün“ in „gelb“. Der Atomstromaus Krümmel konnte sich wieder breitmachen. Was für eine Blamage für uns,wo wir den Polizisten beim nächstenCastortransport auf die immer wieder-kehrende blöde Bemerkung „bei euchkommt der Strom auch aus der Stek-kdose“ erwidern wollten: „Jawohl, aberder ist grün und wird aus Mist herge-stellt, und mit dem Abfall düngen wirunsere Felder, ohne 25.000 PolizistenBegleitschutz“.Es sollte wirklich bis Sonntagabend 23Uhr dauern, bis wir den Biobull wiederstarten konnten, um den Rest derSchwimmdecke zu vernichten. AmMontagmorgen liefen beide Motorenwieder. Krümmel konnte wieder vomNetz gehen.

Martin Schulz

achtsschmuck, Kinderschuhe, Fa-schingskleider, Badesachen... aber ichhabe mir bei Feng Shui geschworen, re-gelmäßig auszumisten. Es ist ein gängi-ger Irrtum, auf einem Bauernhof sei vielPlatz. Sollte mal jemand wieder irgend-einen Mist bei uns unterstellen wollen,werde ich sagen: „Tut mir leid, hier gehtes nicht, denn genau hier liegt unsereZukunft.“

Maria Willeit

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Weitere Informationen:http://www.bundespro-gramm-oekolandbau.de/projekt_03oe458.html.Hygieneleitlinie unter:http://www.tiho-hanno-ver.de/einricht/klklkl/for-schung/projtier.htm

10 Tierhaltung 3-2006

Schafe und Ziegen gesund erhaltenGroßer Andrang einer Tagung zeigt Interesse daran, Krankheiten vorzubeugen

Ökologischer Landbau durchgeführtwurde, typische Krankheitsbilder am le-benden Tier zu zeigen. Die Tagung stießnicht nur bei ökologisch wirtschaftenden,sondern auch bei konventionellen Schaf-und Ziegenhaltern auf großes Interesse.

Symptome oft unspezifischSchon während des theoretischen Teils,doch noch mehr bei den praktischen Übun-gen im Stall mussten die Tierhalter erken-nen, dass viele Krankheits-Symptome sounspezifisch sind, dass eine Eigendiagnoseoft kaum möglich ist. Das bestätigten auchdie begleitenden Profis. Wichtig sei aber,dass die Schaf- und Ziegenhalter ein Be-wusstsein für Tiere bekämen, die kümmernoder erste Krankheitssymptome zeigen. Keine leichte Aufgabe, denn längst nichtjedes Tier, dass der Tierhalter für gesund

hält, ist dies auch. Prof. Martin Ganter vonder Klinik für kleine Klauentiere der Tier-ärztlichen Hochschule und als einziger Pro-fessor in Deutschland für die Gesundheitdieser Tiergruppe zuständig, betonte in sei-nem Vortrag, dass sich die Symptome beichronisch verlaufenden Infektionskrank-heiten häufig so langsam entwickeln, dasssie den Tierhaltern im täglichen Umgangmit den Tieren gar nicht auffallen. Zudem würden solche Krankheiten wieMaedi, CAE, Para- und Pseudotuberkulosemitunter fälschlicherweise als „normal“interpretiert. Erst weiterführende Untersu-chungen, Besuche von betriebsfremdenPersonen, die den Bestand objektiv beur-teilen, vor allem aber auch eine genaueDokumentation über Verlustraten und Leis-tungen könnten die latent vorhandenenProbleme aufdecken.

Wirtschaftliche EinbußenDie nicht erkannte Minderleistung könnedurchaus von wirtschaftlicher Bedeutungsein, so Ganter: „In den intensiv bewirt-schafteten Ziegenherden in den Niederlan-den geht man davon aus, dass jede der dreichronischen Infektionskrankheiten CAE,Pseudo- und Paratuberkulose für sich al-lein zu Produktionsminderungen von zwan-zig Prozent führt.“ Für die systematischeund gezielte Überwachung der Tiergesund-heit hat Prof. Ganter zusammen mit Vete-rinärrat a.D. Peters eine Hygieneleitlinieentwickelt, in der unter anderem eine Reihevon Untersuchungen empfohlen werden,die in spezifischen Abständen durchgeführtwerden sollten. „Damit soll der Tierhalterin die Lage versetzt werden, strategischeEntscheidungen für die Zukunft der Herdezu treffen.“ Ganter schlägt vor, aus der vor-gelegten Leitlinie „einen spezifisch auf dieHerde zugeschnittenen Hygiene- und Ge-sundheitsplan“ zu erstellen.

VorbeugungEinige Tipps zur Vorbeugung, die Prof.Ganter und seine Kollegin Dr. Esther Hu-man-Ziehank im Laufe der Veranstaltunggaben, lassen sich leicht durchführen: Sosind manche Ernährungsstörungen schondadurch vermeidbar, dass den Tieren jedesMal vor dem Kraftfutter Heu gefüttertwird. Böcken, die im Vergleich zu weib-lichen Tieren durch die Bildung von Harn-steinen besonders gefährdet sind, kann manetwa ein Prozent Kochsalz ins Futter mi-schen – dann trinken die Tiere mehr unddas schmerzhafte Problem entsteht garnicht erst. Weniger schnell kann dagegen eine weitereKrankheitsquelle, die Über- oder Unterver-sorgung mit Spurenelementen, ausgeschlos-sen werden. Doch der Mangel an Selen, Vi-

Kranke Schafe und Ziegen bevölkertenAnfang Januar die Klinik für kleine

Klauentiere der Tierärztlichen Hochschulein Hannover. Die Tiere zeigten eine Viel-falt an Krankheitserscheinungen, wie sieselbst für diesen Ort ungewöhnlich ist. Zieldes Auftriebs war, den Teilnehmern derFortbildung für Schaf- und Ziegenhalter„Tiergesundheit erhalten und vorbeugen“,die im Rahmen des Bundesprogramms

Unter Anleitung gegen Moderhinke Hand anlegen, auch das konnten die Teilnehmer.Foto: Lehmann

tamin E und Zink spielt, wie Dr. Human-Ziehank anhand von Untersuchungen von„Kümmerern“ in ihrem Vortrag ausführte,sowohl in der ökologischen wie in der kon-ventionellen Haltung von kleinen Wieder-käuern eine große Rolle. Weitere besonderswichtige Elemente für die Gesundheit vonSchafen und Ziegen sind Eisen, Mangan,Kupfer, Molybdän, Kobalt und Jod. Dabeikann auch die Überversorgung mit einzel-nen Stoffen ein Problem sein. So kommt esneben dem häufigeren Kupfermangel auchzu Kupfervergiftungen. Gründe hierfürkönnen neben Futterfehlmischungen auchKupferleitungen zur Wasserzuführung oderBiertreber sein, der aus neuen Kupferkes-seln kommt.

SpurenelementeWegen der unspezifischen Symptome hilftin der Regel nur eine eingehende Untersu-chung kümmernder Tiere (Laboranalysenvon Blut, Wolle bzw. Haaren oder Organ-teilen). Einflussfaktoren für die potenzielleVerfügbarkeit der Spurenelemente sind zumBeispiel die Mineralzusammensetzung desBodens und die Löslichkeit der einzelnenStoffe darin, die Pflanzenzusammensetzungoder die Jahreszeit. Sylvia Kratz von der Bundesforschungsan-stalt für Landwirtschaft (FAL) in Braun-schweig führte aus, dass sowohl die Ent-wicklung der einzelnen Pflanze als auch diedes Bestandes relevant sind: Wenn der An-teil des Stängels im Vergleich zu den Blät-tern allmählich abnimmt, verdünnen sichdie enthaltenen Spurenelemente ebenso wiebeim zweiten oder dritten Grünschnitt.Zwei typische Weidepflanzen, DeutschesWeidelgras und Rotklee, weisen generellgeringere Gehalte an Mangan, Zink, Kup-fer und Jod auf, als für die Versorgung vonZiegen empfehlenswert sei, so Kratz. Daim ökologischen Landbau die Düngung mitschnelllöslichem Mineraldünger nur in Aus-nahmefällen erlaubt ist (und das Problemdamit auch längst nicht immer gelöst wird),ist es nötig, den Bedarf von Schafen undZiegen, der sich teilweise deutlich von demder Rinder unterscheidet, anderweitig zudecken, z.B. mit dem Vorlegen von Laub.Kratz: „Schafe können bis zu 20 Prozent,Ziegen sogar bis zu 60 Prozent ihres Futter-bedarfes durch Laub und frische Triebedecken.“ Über die Laubaufnahme werdeinsbesondere bei den Elementen Eisen,Mangan und Kupfer ein nicht unerheb-licher Teil des Spurenelementbedarfs ge-deckt. Ob der Zugang zu Laub und fri-schen Trieben betriebswirtschaftlich sinn-voll ist, wird dabei allerdings von der je-weiligen Betriebsstruktur abhängen.

Iris Lehmann

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3-2006 Märkte 11

Europa will mehr Energie aus BiomasseIn ihrem Aktionsplan Biomasse setzt die EU-Kommission bei Treibstoffen auf Beimischungszwang statt Steuerbefreiung. EEG wird gelobt

Im Dezember legte die EU-Kommis-sion ihren Biomasseaktionsplan so-

wie Ende Februar ihre Strategie für Bio-kraftstoffe vor. Mit dem bisher Erreich-ten kann die EU in der Tat nicht zufrie-den sein. Vom selbst gesteckten Ziel, imJahr 2005 2 % und 2010 dann 5,75 %des Treibstoffes auf Biomassebasis um-gestellt zu haben, ist die EU weit ent-fernt. Gerade mal 0,8 % Biotreibstoffsind es 2004. Alle, die in diesen jungenZweig investiert haben, sorgen sich ak-tuell, dass sich nach der Bundesregie-rung nun auch die EU-Kommission von

der Steuerbefreiung als Maßnahme zurMarkteinführung verabschieden undauf Beimischungszwang für Biotreib-stoffe setzen will.Im Biomasseaktionsplan sind mehr als20 Maßnahmen für die Bereiche Wärme,Kraftstoffe und Strom vorgesehen. NachEinschätzung der EU-Kommission wirdes „mindestens bis 2010 keinen nennens-werten Wettbewerb um Rohstoffe geben:Biokraftstoffe werden aus Agrikultur-pflanzen gewonnen, während sich Strom-und Wärmeerzeugung vorwiegend aufHolz und Abfälle stützen“.

WärmebereichDie Hälfte des Primärenergieverbrauchsist Wärme. Auffallend gering ist hier dieZunahme der Biomasse. Die EU-Kom-mission will eine Reihe von Einzelmaß-nahmen prüfen, plant u. a., die Gebäude-effizienzrichtlinie zu ändern, um An-reize zur effizienteren Energienutzungzu geben. In der Fernwärmenutzung hatsie erkannt, wie defizitär die Entwik-klung gerade in den alten EU-Ländernist. Nur 56 Mio. EU-Bürger, 61 % da-von in den neuen Beitrittsländern, sindan diese Netze angeschlossen, die sicham einfachsten für eine schnelle Um-

stellung auf Erneuerbare Energieträgereignen. Hier sollte die EU einen festenTeil der Strukturfondmittel zur Förde-rung der Biomasse einplanen.Wie groß das nicht genutzte Biomasse-potenzial ist, wird an der Zahl deutlich,dass 35 % des Holzes (ohne Natur-schutzgebiete und Restholz) in der EUungenutzt in den Wäldern liegen bleibt. Der Biomasseaktionsplan schlägt leidernicht vor, im Wärmebereich mit Bonus-systemen zu arbeiten, die fossile Brenn-stoffnutzer belasten und die Nutzer re-generativer Energien begünstigen. So

könnte durch mehr Verlässlichkeit, ähn-lich wie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Strom, eine völlig neueInvestitionsdynamik und der Durch-bruch von Technologien mit weltwei-tem Bedarf entstehen, hin zu einer Roh-stoffwende.Gerade für ländliche Räume bietet dieNutzung der verschiedenen Biomasse-formen für Wärme Perspektiven für Ar-beitsplätze und für eine Wertschöpfung,die in der Region bleibt.

Elektrischer StromElektrische Energie umfasst 20 % des Pri-märenergieverbrauchs. Wenn man abersieht, welche Kraftwerkskapazitäten inden nächsten 20 Jahren ersetzt werdenmüssen, ist es entscheidend, ob weiterzentral in große Kraftwerksblöcke inve-stiert wird oder dezentral in Blockheiz-technik und regenerative Nutzungen. Die EU-Kommission sieht zwar, dasshier Biomasse mehr zum Einsatz kom-men muss, um die Zielvorgaben derMitgliedstaaten bis 2010 zu erfüllen.Sie setzt aber auf Kraftwärmekopplungund ist verhalten hinsichtlich weitererZiele. Interessant ist, dass im Länder-vergleich der Einführungssysteme für

erneuerbare Energien im Strombereichdie EU-Kommission das EEG als außer-ordentlich effizient und kostengünstigherausstellt. Nicht umsonst ist es inzwi-schen in über 30 Ländern weltweit ko-piert worden.

KraftstoffeKraftstoffe machen 30 % des Energie-verbrauchs aus, bei einer fast vollstän-digen Importabhängigkeit. Auch wennhier optimistischste Prognosen von einerDeckung des Bedarfs von 30 Prozentaus Biomasse ausgehen, so wird hier be-sonders deutlich, dass dies nur gehenkann mit den Biotreibstoffen der zwei-ten Generation, den synthetischen BTL(biomass to liquid = Verflüssigung vonBiomasse). Doch keiner weiß, wann siein größeren Mengen marktfähig sind. Es geht also auch bei einem verstärktenEinsatz von Biomasse nicht ohne massiveVerbesserung der Energienutzung, demEnergiesparen und um eine ganz neue Di-mension der Effizienz in den Verkehrsy-stemen. Auch wenn die Autoindustrie,nachdem sie bisher bereits ihre Selbstver-pflichtungen für Energie- und Schadstoff-reduktion nicht eingehalten hat, jetzt mitdem Angebot nach vorne prescht, Fahr-zeuge für 10 % Beimischung zu bauen,darf das nicht davon ablenken, dass esnach wie vor überfällig ist, auch die ande-ren Ziele aus ihrer alten Selbstverpflich-tung zu erfüllen.Um das Ziel von 5,7 % Biosprit bis 2010zu erreichen, werden unter heutigen Vor-aussetzungen 20 % der landwirtschaft-lichen Flächen in Europa benötigt. Flächekann natürlich nur einmal für eine Nut-zung verplant werden. Das heißt, einevermehrte Rohstoffnutzung von Bio-masse in Europa muss verstärkt auf dieNutzung von lignuzellulosehaltigen Stof-fen setzen: Gräser, Zwischenfrüchte,Stroh, Holz. Hier gibt es, wie in allen Be-reichen der Biomassenutzung, einen gra-vierenden Rückstand in den Aufschluss-und Verarbeitungstechnologien. Nichtso sehr der Rohstoff, sondern die Tech-nik ist knapp. Nachdem im 6. Forschungsrahmenpro-gramm die Biomassenutzung eine sehrgeringe Rolle gespielt hat, zieht die EU-Kommission nun die Konsequenz undwill ins kommende 7. Programm mehrMittel einstellen. Da aber, wie bei derländlichen Entwicklung auch, bei derForschung gekürzt wurde, ist offen, wasbleibt. Beseitigt werden sollen aber die techni-schen Hemmnisse und Diskriminierun-gen beim Einsatz des Biotreibstoffs.Sollte die EU das Ziel verfolgen: wegvom Instrument der Steuerbefreiung für

Biotreibstoffe hin zu festen Beimisch-quoten, dann wäre das das Aus für vieleProjekte. Steuerbefreiung begünstigtgerade regional angepasste Vielfalt undkurze Wege. Fällt die Steuerbefreiung,würden die getätigten Investitionen denMineralölkonzernen serviert. Hier ver-gisst kurzsichtiger Spareifer der Finanz-minister die volkswirtschaftlichen Folge-kosten durch die Abhängigkeit von fos-silen Energieträgern. Ausweg beim Bei-mischzwang könnte nur ein handelbaresQuotensystem sein (Stichwort Emis-sionshandel), das sichere Konditionenfür inländische Erzeuger gibt. Die Ver-waltung lässt grüßen.

Importe regelnMit Nachhaltigkeitsstandards will dieKommission die Herkünfte der Bio-kraftstoffe absichern. Dies ist besondersbedeutend, weil die Kommission die Im-portmöglichkeiten für Biosprit und seineRohstoffe ausdehnen will. Kommissa-rin Fischer-Boel spricht hier von einemausgeglichenen Ansatz. Sollte es ausge-rechnet hier möglich werden, dass wireinen qualifizierten Marktzugang be-kommen? Da Palmöl derzeit die billig-ste Form des Biodiesels ist, hat die Re-gierung in Djakarta bei den Weltmark-terwartungen gerade zusätzliche 3 Mio.ha Regenwald zur Abholzung für Palm-ölplantagen freigegeben. Hier wird dieKlimabilanz erstmal für 30 bis 50 Jahrenegativ. Und für Europa heißt das: bil-lige Importkonkurrenz für die eigenenBiotreibstoffe und ein nachlassendesInteresse an Energie-Effizienz und Ent-wicklung der zweiten Generation derBiotreibstoffe. Wird die Sicherung unserer Energieba-sis dann die Nahrungsmittelerzeugungzurückdrängen? Werden Akkreditie-rungssysteme ausreichen, Ernährungs-souveränität in den Ländern sicherzu-stellen, die sozialen Bedingungen zu sta-bilisieren und der UmweltzerstörungEinhalt zu bieten? Die Kommission will in ihrem Strate-giepapier ein Energieförderpaket fürjene Entwicklungsländer zusammenstel-len, die den oben geforderten gesetz-lichen Rahmen schaffen. Der Sprit solldann überwiegend auch im eigenenLand verwertet werden. Liest sich allesgut; doch noch fehlt der Glaube an dieKraft der Umsetzung im Geflecht dereuropäischen Politik- und Unterneh-mensinteressen.

Bernd VoßStellv. AbL-Vorsitzender u. Berichter-statter für nachwachsende Rohstoffe

im EU Wirtschafts- u. Sozialausschuss

Auf mehr als 1,4 Millionen Hektar oder 12 Prozent der gesamten Ackerfläche in Deutschlandwachsen Industrie- und Energiepflanzen. Raps für Biodiesel macht den größten Anteil aus.

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12 30 Jahre Bauernstimme 3-2006

Bewegung, auf die es ankommtAnmerkungen zu 30 Jahre Bauernstimme und AbL

Sie sind der Motor gesellschaftlichenund politischen Wandels: so ge-

nannte „soziale Bewegungen“ wie bei-spielsweise die Umweltbewegung, dieAnti-Atomkraft-, Öko- , Frauen- undFriedensbewegung. Heute sind zudemSchwerpunkte das Eintreten für einegentechnikfreie Landwirtschaft undErnährung sowie die Kritik an der Glo-balisierung. Teil dieser sozialen Bewegungen sindauch die Bauern und Bäuerinnen, dievor nunmehr 30 Jahren eine eigene Zei-tung, damals das Bauernblatt, heute dieUnabhängige Bauernstimme, herausge-bracht und gefüllt haben, und die dar-aus entstandene Arbeitsgemeinschaftbäuerliche Landwirtschaft, die AbL. An-getreten sind sie unter anderem, um„von oben Vorgesetztes und Verordne-tes kritisch zu hinterfragen, es an dereigenen Praxis und den eigenen Erfah-rungen als Bauer und Bäuerin zu messenund notfalls zu widersprechen, eigeneVorschläge zu entwickeln und ihre ei-gene Politik zu machen“. Angetreten ineiner Zeit, da landwirtschaftliche The-men in der (medialen) Öffentlichkeitkeine Rolle spielten. Und wo sie es dochtaten, da wurden sie von einem schein-bar „übermächtigen“ Bauernverband(DBV) abgedeckt, dessen Alleinvertre-tungsanspruch bis dahin von kaum ei-ner Seite in Zweifel gezogen wurde.Nun wurde erstmals dem DBV-Leitbilddes Bauern als Unternehmer selbstbe-wusst und öffentlich das eigene ent-gegengesetzt: Der Bauer ist Bauer!

Sich bewegen„Bauernblatt – eine Zeitung von Bau-ern für Bauern, herausgegeben vom Ar-beitskreis Junger Landwirte, März1976“ im baden-württembergischenMötzingen/Bondorf. So kam sie daher,die „Nummer 1“, die erste Ausgabe derheutigen Nummer 287 der „Unabhän-

gigen Bauernstimme – Eine Zeitung vonBäuerinnen und Bauern“, herausgege-ben von der Arbeitsgemeinschaft bäuer-liche Landwirtschaft – Bauernblatt e.V. Dazwischen liegen 30 Jahre, in denenaus einem regionalen, „losen“ Arbeits-kreis ein bundesweiter Verein mit„festen“ Strukturen wurde, in denennicht nur in der Bauernstimme-Redak-tion der PC die Schreibmaschine (dieauch zur Erfassung der noch zahlreichhandschriftlich abgefassten Beiträgediente) verdrängt hat und das Ehren-amt Unterstützung durch einige wenigehauptamtliche Kräfte erhielt. In den 30Jahren haben sich die Arbeitsfelder undauch die Arbeitsweise zum Teil deutlichverändert, nicht wenig hat sich bewährt.

Eigene ThemenDie Themen der ersten Zeitungsausga-ben setzten an der unmittelbaren Situa-tion auf den Höfen derer an, die sich imArbeitskreis Junger Landwirte trafen:Das Aufdecken eines gigantischenMilchpulverschwindels, der die Milch-preise der Bauern drückte; Braugerste,die zu billig bezahlt werden sollte, wes-halb im baden-württembergischen Gäudie Bauern aufgerufen wurden, die Ger-ste zurück zu halten – das klappte, derPreis stieg; oder die Apfelaktion, wo eineApfelschwemme nicht vernichtet, son-dern in der Stadt und vor den Stuttgar-ter Werkstoren an Verbraucherinnenund Verbraucher verteilt wurde – nichtzuletzt, um ins direkte Gespräch zukommen. Das waren Aktionen und The-men, die in der vom Bauernverband do-minierten „Fachpresse“ nicht auftauch-ten, aber im neuen Bauernblatt standen.Zentrale Inhalte waren der „gerechtePreis“ und das Verhalten der so genann-ten „Partner“ der Bauern, insbesondereder Genossenschaften. Aus einem „nor-malen“ Arbeitskreis-Treffen wurde eineVeranstaltung mit 120 Bauern, die auch

Presse, Funk und Fernsehen auf denPlan rief. Für sie waren die „Bauernver-sammlungen jenseits des DBV“ neu,und sie berichteten ausführlich. Dasbrachte der noch kleinen Bewegung einegroße öffentliche Resonanz und er-zeugte so den für soziale Bewegungenzur Erringung von Erfolgen notwendi-gen Druck auf die vermeintlichen „Part-ner“, so dass es zu ersten Erfolgen kam.

Erfolge und Isolation„20 Bauern und 2 Rote haben in einemhalben Jahr mehr für die Bauern er-reicht als der Bauernverband in zehnJahren“, kommentiert ein Bauer auf ei-ner der Versammlungen. Mit der Be-merkung „2 Rote“ weist er auf einenSachverhalt hin, mit dem sich „kritischeBauernstimmen“ immer wieder kon-frontiert sahen: Sie wurden verun-glimpft und verleumdet – in diesem Fallzunächst als „Rote“ oder Kommuni-sten, später häufig beispielsweise als„grüne Spinner“. Das öffentliche Be-kenntnis zum Arbeitskreis, zur Bauern-opposition war „oft ein Schritt in dieIsolation im Dorf, im Zuchtverband, inder Feuerwehr, in der Genossenschaft“,wie ein Jungbauer es ausdrückte.

Bewegung in BewegungDie ersten Erfolge und die Herausgabeder eigenen Zeitung führten zur Grün-dung weiterer Arbeitskreise (AKs) in an-deren Bundesländern und letztendlichauch zur Gründung der bundesweitagierenden AbL. Die in den AKs disku-tierten Themen, die weiterhin in ersterLinie unmittelbar an der Situation derHöfe anknüpften (Preise, Verhältnis zur„eigenen“ Genossenschaft etc.), mach-ten in dieser „Zeit des Aufbruchs undder Analyse“ auch den Großteil der Bei-träge in der Zeitung aus. Mit zunehmender Bedeutung und Ak-zeptanz der AbL in der Bauernschaft,

der Öffentlichkeit, in anderen Organisa-tionen, später in Politik und Ministe-rien änderten sich auch die Arbeits- undThemenfelder der AbL respektive derBauernstimme. Die Zeitung wurde voneiner „Zeitung für Bauern“ zu einerStimme, die sich neben den Bauern undBäuerinnen nun auch an die „breite Öf-fentlichkeit“ richtet, um ihre bäuerlicheSicht der Agrarzusammenhänge darzu-legen. „Leitlinie der Bauernstimmebleibt, die landwirtschaftliche Wachs-tumsstraße als Sackgasse zu kennzeich-nen, die Abkassierer und Wegelagererans Licht der Öffentlichkeit zu bringenund mit neuen Partnern den Weg einerbäuerlichen und umweltgerechten Land-wirtschaft zu beschreiten“, hieß es ausAnlass der hundersten Ausgabe der Bau-ernstimme 1989.

Bauern und UmweltDie AbL wurde zu einer „stabilen Orga-nisation“, die in der Gesellschaft füreine neue Agrarpolitik für bäuerlicheLandwirtschaft, für gesunde Lebens-mittel sowie für umweltverträgliche Er-zeugung steht. Einen besonderenSchwerpunkt bildete auf Bundesebenedie Arbeit an Bündnissen (Aachener Er-klärung, AgrarBündnis, Neuland, Platt-form zur Agrarreform, Gentechnik etc.,siehe Seite 13). Ende der 80er Jahre ge-lang es auf diese Weise in Deutschland,in der veröffentlichten Meinung und inder Politik, einen „verbalen Schwenk inRichtung umweltverträglicher Klein-und Mittelbetriebe“ auszulösen. Umweltthemen wie der Pflanzenschutz-mitteleinsatz in der Landwirtschaft odereine Stickstoffsteuer, die Aufteilung inSchutz- und Schmutzgebiete, Flurberei-nigung oder die Extensivierung fülltenin dieser Zeit die Bauernstimme. Es ge-lang in weiten Kreisen der Bevölkerung,„das Bild von der Landwirtschaft alsUmweltzerstörer und Subventions-

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3-2006 30 Jahre Bauernstimme 13

empfänger Nummer eins zu korrigie-ren“. Gleichzeitig musste aber auch festge-stellt werden, dass soziale Gerechtigkeitfür Bauern und Bäuerinnen, ihre sozi-ale Situation, Strukturen und Arbeits-plätze im ländlichen Raum in der öf-fentlichen Wahrnehmung nur eine ge-ringe Rolle spielten. Die Gesellschaftblieb die von der AbL geforderte Ent-scheidung „zwischen einer industriali-sierten und einer bäuerlich-ökologischenLandwirtschaft“ (zunächst) schuldig.

Die Gesellschaft bewegtAbL und Bauernstimme haben in denletzten 30 Jahren in etlichen Bereicheneine Vorreiterrolle eingenommen. Sieplädierten für und arbeiteten an Bünd-nissen zwischen Gruppen, die sich bisdato eher feindlich gegenüberstanden:Bauern und Naturschützer, Bauern undTierschützer. Sie propagierten die Ideeder Direktvermarktung (u.a. mit demZiel, möglichst flächendeckend Erzeu-ger-Verbraucher-Gemeinschaften zugründen „als eine Hilfe für die kleinenund mittleren Bauernhöfe im Existenz-kampf gegen die Agrarindustrie“) undder Regionalentwicklung (um die Wert-schöpfung in der Region zu halten) zueinem Zeitpunkt, wo das in keinem an-deren landwirtschaftlichen Blatt zu lesenwar. Heute küren die Hochglanzagrar-magazine Direktvermarkter wie ganzselbstverständlich zum „Landwirt desMonats“.Themen wie artgerechte Tierhaltungund umweltverträgliche Landwirtschafthaben die Gesellschaft zu breiter Reso-nanz und Akzeptanz „bewegt“. Das ha-

ben auch die „Gegner“ sowie die aufMehrheiten schielende Politik erkanntund die Sprache und Begriffe der Bewe-gung oft genug übernommen. Für dieBewegung, für AbL und Bauernstimmeist das zunächst ein Erfolg. Blieb oderbleibt es jedoch bei bloßer „Wir-haben-verstanden“-Rhetorik ohne entspre-chendes Handeln, dann wurde und wirdauf diese „Mogelpackungen“ hingewie-sen. Die AbL mit ihrem Sprachrohr Unab-hängige Bauernstimme hat in den letz-ten 30 Jahren etwas Besonderes ge-schafft: Die Interessen von Bauern undBäuerinnen auszudrücken, ohne siedurch den Filter laufen zu lassen, dendie vielfältigsten und engen Verbindun-gen von Bauernverband und vor- undnachgelagerten „Marktpartnern“ mitsich bringen (die Auseinandersetzungum den Nachbau ist dafür ein beson-deres Beispiel), und gleichzeitig offen-siv auf andere gesellschaftliche Interes-sen zuzugehen und Bündnisse mit Ver-bänden einzugehen, die letztlich vonWünschen oder Interessen vonVerbraucherinnen und Verbrauchern,also den eigentlichen Kunden, geprägtsind.Bei zentralen Themen wie beispielsweisedem fortschreitenden Strukturwandel,„fairen Preisen“ oder der sozialen Ge-rechtigkeit (zum Beispiel bei der Vertei-lung der EU-Agrarsubventionen), diealle auch schon in den ersten Ausgabendes Bauernblattes auftauchten, bleibttrotzdem noch vieles zu bewegen. Be-wegung, auf die es ankommt, sie endeteben nie.

Friedhelm Stodieck

Ein ganz schön langer Weg1973 In Herrenberg in Baden-Württemberg wird der Arbeitskreis Junger Land-

wirte gegründet, ohne zu ahnen, welche Wellen die Arbeit schlagen würde.Er kümmert sich um Fragen wie: Ist der Bauer ein Unternehmer? Ver-tritt der DBV eigentlich uns, oder wen? Wohin gehen die Subventionen?Welches Verhältnis besteht zwischen Bauern und Verbrauchern? Die Er-gebnisse werden über Flugblätter und die Presse verbreitet und rufen eingroßes Echo hervor.

1974 Erste konkrete erfolgreiche Aktion gegen zu niedrige Braugerstepreise imGäu. Der DBV distanziert sich von der Aktion und lässt die Bauern im Stich.

1976 Im März 1976 erste Ausgabe des Bauernblatt1977 Der Arbeitskreis deckt einen Millionenschwindel im Futtermittelhandel

(Magermilchpulver) auf. Kontakt zu Landjugendgruppen aus Westfalenund Bauern aus Nordhessen

1980 Ein gemeinsamer Verein wird ge-gründet.

1981 ARD zeigt den Film „Drei Bauernunter einem Hut“.

1983 Das Bauernblatt erscheint nun mo-natlich. Der Verein nennt sich abjetzt Arbeitsgemeinschaft bäuerli-che Landwirtschaft Bauernblatt e.V.(AbL).

1984 Die „Schutzgemeinschaft gegen dieMilchkontingentierung“ wird gegründet. Auf Veranstaltungen werdenüber 25.000 Bäuerinnen und Bauern erreicht.

1985 Ein AbL-Geschäftsführer wird eingestellt (Georg Janßen).1986 Kundgebung beim Geheimtreffen von Bundesregierung und Bauernver-

band. Demonstration mit Kühen vor dem Bonner Bundestag; drinnen istAgrardebatte. Beteiligung an der Blockade des Hochtemperatur-Reak-tors in Hamm-Uentrop (mittlerweile abgeschaltet)

1988 Gründung des „Dachverbands der Deutschen Agraropposition“, späterAgrarBündnis

1989 Gründung des NEULAND-Programm für umweltschonende und tierge-rechte Haltung

1990 Autobahnblockaden mit Bauernaus den neuen Ländern gegen Preis-verfall und Ausverkauf der Ost-Landwirtschaft

1993 Gründung der ABL BauernblattVerlags-GmbH. Der erste KritischeAgrarbericht erscheint.

1994 Kampagnenstart für das Verbot desgentechnisch hergestellten Rinder-wachstumshormons rBST (noch heute verboten)

1996 Tagung „Aus der Region für die Region“ in Münster1998 Ein breites Bündnis tritt vor der Bundestagswahl für einen Agrarpolitik-

wechsel ein.1999 AbL gründet die „Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und

Nachbaugebühren“.2000 Stiftung Euronatur und AbL beginnen mit Unterstützung des Umwelt-

bundesamts ein Projekt zur EU-Agrarreform 2007. In Mecklenburg-Vor-pommern wird der erste AbL-Lan-desverband in den neuen Bundes-ländern gegründet.

2001 Der AbL-Bundesvorstand legt derneuen Ministerin Künast Vor-schläge zur Neuorientierung derAgrarpolitik vor.

2003 Ein bundesweites Bündnis gegenGentechnik startet.

2004 Im ABL-Verlag erscheint „VerliebtTrecker fahren“ von MatthiasStührwoldt. AbL und Germanwatch starten Projekt zur entwicklungs-politischen Neuorientierung der EU-Agrarpolitik, unterstützt vom BMZ.

2005 Start der Kampagne „Rettet Linda“. AbL richtet Beratungsstelle für gen-technikfreie Regionen ein in Kooperation mit dem BUND und der UniBremen, unterstützt vom BfN ...

Mit Kühen zum Deutschen Bundestag. Drinnen war gerade Agrardebatte.

Kinder gehören auf AbL-Mitgliederversammlungen immer dabei.

Auf zum Bundestag!

Innerdeutscher Grenzverkehr

Protest wirkt: AKW stillgelegt.

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Jahr, die alle über den Hofladen vermark-tet werden, hält der Betrieb derzeit etwa300 Hühner. Zwei neue Hühnerställe befin-den sich im Bau, so dass die Hühnerzahlbald deutlich ansteigen wird.Eine junge Gärtnerfamilie hat den Nut-zungsvertrag für den Gartenbau übernom-men. Sie bauen auf fünf Hektar GeestlandFeingemüse und Kräuter an, in Freiland so-wie unter Glas und Folie. Das Gemüse wirdzu rund einem Drittel im Hofladen ver-marktet, der Rest geht an Wiederverkäu-fer und den Naturkost-Großhandel.Der dritte Nutzungsvertrag ging erst vor we-nigen Monaten an den neuen Inhaber desHofladens. Der wurde bis letztes Jahr nochvon den Eheleuten Lütjen selbst betrieben,die sich inzwischen, mit über 70, auf ihr ver-dientes Altenteil zurückgezogen haben.Die Nutzungsverträge werden zwischendem Verein und den jeweiligen Nutzern ge-schlossen. Sie legen fest, dass die Nutzerim Sinne der Lütjen-Stiftung wirtschaftenmüssen. Sofern sie dies tun, dürfen sie freials Unternehmer schalten und walten, dieerwirtschafteten Gewinne stehen ihnen invollem Umfang zu, eine Pacht ist nicht zuentrichten. Dafür tragen die Nutzer aberauch das Risiko und die Verantwortung.Sie müssen Gebäude und Inventar pflegenund erhalten, größere Umbaumaßnahmenund betriebliche Veränderungen bedürfender Zustimmung des Stiftungsrates. DieNutzer dürfen auch ihre Nachfolger be-stimmen, solange der Stiftungsrat sein Ein-verständnis gibt.

FazitDie Lütjen-Stiftung bietet einigen jungenMenschen, die sich der biologisch-dynami-schen Landwirtschaft verbunden fühlen, dieMöglichkeit, als Nutzer einen Betrieb eigen-verantwortlich zu führen. Zugleich sichertsie dem Hof sein Fortbestehen, auch für dienächsten Generationen. Im Fall der Lütjensist einer der Nutzer der ursprüngliche Ho-ferbe Johann Lütjen. Dies ist ein (glück-licher) Zufall, aber auch andere Konstellatio-nen sind denkbar.Die Gründung einer Stiftung bietet VielenChancen: den Höfen, den Existenzgrün-dern, der Umwelt und den Menschen inStadt und Land, die sich in diesem Rah-men engagieren möchten. Bisher ist die Ideeselten und fast ausschließlich in Demeter-Kreisen umgesetzt worden – aber das mussja nicht so bleiben.

Anne Brid Leonhardt

Kontakt: Hof Lütjen, Verlüßmoor 24,27729 Vollersrode, Tel: 04793-1654, Fax:04793-3802

�Stiftungen

Weiterführende Informa-tionen, Tipps und Hin-

weise zum Thema Hof-Stiftungen gibt es imInternet zum Beispiel

unter www.wegweiser-buergergesellschaft.de

(Praxishilfen / Stiftungen)oder bei der GLS-Bank:

www.gls-bank.de (unter„Stiften und Schenken“).

al

14 Existenzgründung 3-2006

„Grund und Boden muss frei sein“Die Familie Lütjen hat ihren Hof einer Stiftung überschrieben, damit dort auch in Zukunft Menschen

biologisch-dynamisch wirtschaften können

In Bremen und im Bremer Umland sindsie bei allen, die regelmäßig „Bio“ kau-

fen, bestens bekannt: die berühmten, be-sonders aromatischen Moor-Möhren vomLütjen-Hof und die Lütjen-Milch. Seit 1955wirtschaften Friedel und Mariechen Lüt-jen biologisch-dynamisch, seit 1963 ist derHof anerkannter Demeter-Betrieb. Schonin dieser Zeit begannen sie mit der Ver-marktung ihrer Produkte nach Bremen,manche Familien kaufen in der dritten Ge-neration bei Lütjens ein. Die wenigsten Verbraucher (natürlich außerden alten Stamm- und Hofkunden) wissenallerdings, dass es sich beim Lütjen-Hofseit 1994 nicht mehr um einen Familien-betrieb handelt, sondern um Stiftungs-eigentum, treuhänderisch verwaltet von derHofgemeinschaft Verlüßmoor e.V.

Einem Verein übertragen Schon sehr früh hatte Friedel Lütjen die Vi-sion, dass mehrere selbstständige, eng bei-einander liegende Höfe einander zuarbeitenkönnten. Im Jahr 1973 ergab sich dazu dieerste Gelegenheit. Lütjens konnten Geest-flächen eines nur drei Kilometer entfern-ten Nebenerwerbsbetriebes kaufen, umdort einen Gartenbaubetrieb aufzubauen.Dieser wurde von Mariechen Lütjen gelei-tet. Sieben Jahre später, im Jahr 1980, standein benachbarter Hof zum Verkauf. Frie-del Lütjen gründete mit befreundeten Land-wirten und Unterstützern aus der Stadt denVerein „Hofgemeinschaft Verlüßmoore.V.“, der den Hof kaufte. Der Verein über-

gibt den Hof zur Bewirtschaftung an fach-kundige Betreiber mit der Auflage, den Ver-einszielen zu dienen. Diese sind insbeson-dere die Förderung der biologisch-dynami-schen Landwirtschaft, die ökologische Ge-staltung und Pflege der Landschaft sowieJugendpflege und Jugendfürsorge.1987 wurde die Bewirtschaftung des so ge-nannten Milchhofes, wo Milchproduktionund Weiterverarbeitung stattfinden, demältesten Sohn, Johann Lütjen, übergeben.

Die Lütjen-Stiftung„Grund und Boden muss frei sein“, sagtFriedel Lütjen. Die aus der anthroposophi-schen Idee der „Dreigliederung des sozialenOrganismus“ hergeleitete Maxime, dassGrund und Boden keine handelbare Ware,sondern Grundrecht ist, vertritt er nochheute aus tiefstem Herzen.Wie aber kann man Boden heutzutage soneutralisieren, dass gleichzeitig sicherge-stellt ist, dass der Hof auch weiterhin erhal-ten bleibt und engagierten Menschen zurNutzung zur Verfügung steht? Auch diebiologisch-dynamische Wirtschaftsweisewollte Friedel Lütjen manifestieren. Sowurde die Idee einer Stiftung geboren.Im September 1994 war es soweit: Boden,Gebäude und Inventar des Familienbetrie-bes wurden der neugegründeten Lütjen-Stiftung übergeben. Die vier Kinder derLütjens als leibliche Erben verzichteten ein-vernehmlich auf ihren Anteil. Dem Stiftungsrat, der sieben Mitgliederzählt, müssen immer vier aktive Haupter-werbslandwirte angehören. Das Stiftungs-vermögen wird von dem Verein Hofge-meinschaft Verlüßmoor verwaltet, derenVorstand die Stiftung auch nach außen ver-tritt. Verein und Stiftungsrat haben gemein-sam die Aufgabe, geeignete Nutzer für diejeweiligen Betriebe zu finden und mit ih-nen Nutzungsverträge abzuschließen.

Nutzung mit VertragDie Hofgemeinschaft Verlüßmoor e.V. hatheute Verträge mit drei Nutzern: JohannLütjen leitet den landwirtschaftlichen Be-trieb. Er bewirtschaftet mit seinen Mitar-beitern ca. 200 ha Grün- und Ackerland.Die Zahl der Milchkühe wurde auf 50 auf-gestockt, denn die Milchvermarktung istdas Herzstück des Betriebes. In der eige-nen kleinen Abfüllanlage werden täglichrund 500 Liter Milch eingetütet. Die ge-samte Vermarktung erfolgt direkt: Fri-schmilch und Milchprodukte wie Joghurt,Quark und Gouda. Ein Großteil davonkann im stiftungseigenen Hofladen abge-setzt werden.An weiterem Tierbestand nebst Nachzucht,Jungvieh und 60 bis 70 Mastschweinen imFriedel Lütjen hat seinen Hof einer Stiftung überschrieben. Fotos: Leonhardt

Lütjen-Milch kennt inBremen jeder Bio-Kunde.

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3-2006 Nachbau 15

„Unangemessen hohe Nachbaugebühren“EuGH-Generalanwalt hält Gebühren von 80 Prozent der Z-Lizenz für überhöht

zahlen. Mit Unterstützung der IG Nach-bau ließen sie sich auf die gerichtliche Aus-einandersetzung ein. Die ersten Instanzengaben den Tenor vor, dem nun der EuGH-Generalanwalt folgt. Demnach ist eineNachbaugebühr von 80 Prozent der Z-Lizenz nicht als „deutlich niedriger“ – sodie Formulierung im Gesetzestext – anzu-sehen. Die STV ging in Berufung bis hinzum BGH, der die entscheidendenFragen dem EuGH vorlegte: Höheeiner angemessenen Gebühr undWirksamkeit des Kooperationsab-kommens auch im gesetzlichen Ver-fahren. Fast philosophisch mutet nun die Be-gründung des Generalanwalts an:„Meiner Ansicht nach sind noch wei-tere Umstände zu berücksichtigen. Soverliert ein Rabatt von 20 Prozent –selbst wenn er im Geschäftsleben alsgroßzügig erscheinen mag – an Be-deutung im Rahmen der Ausnahme-regelung, die für den Landwirt gilt,der doch die Frucht mit eigener Ar-beit und Mühe anbaut und durch dieQualität seines Bodens aufwertet.“Die Anwälte der IG Nachbau, Mat-thias Miersch und Rolf Wilhelms, se-

hen in den bisherigen Urteilen und nunauch in dem Schlussantrag des Generalan-waltes ihre Auffassungen bestätigt und den-ken bereits an die Möglichkeit der Rük-kforderungen zu viel gezahlter Nachbau-gebühren, sollte der EuGH entsprechendurteilen.

Claudia Schievelbein

Damaso Ruiz-Jarabo Colomer hat wie-der gesprochen. Der spanische Jurist

mit dem klangvollen Namen hat in seinerFunktion als Generalanwalt des Europäi-schen Gerichtshofes (EuGH) erneut deutli-che Worte gefunden. Als „nicht angemes-sen“ und „überhöht“ bezeichnete er in sei-nem Schlussantrag zu mehreren Verfahren,die der Bundesgerichtshof (BGH) demEuGH vorgelegt hat, eine Nachbaugebührvon 80 Prozent der Z-Lizenz. Erstmals istderzeit das höchste Europäische Gericht inder Pflicht, sich mit der Höhe der Nach-baugebühren auseinander zu setzen. Der Generalanwalt legte am Ende der Ver-handlungen einen Bericht vor, in dem ereine Empfehlung zum Urteil abgibt. Es han-delt sich in den laufenden Verfahren umBauern, die Angaben zu ihrem Nachbaugemacht, aber nicht das Kooperationsab-kommen zwischen Bauernverband undPflanzenzüchtern unterschrieben hatten.Sie wurden von der Saatgut-Treuhandver-waltungs GmbH (STV) im Rahmen des sogenannten „gesetzlichen Verfahrens“ zuder Zahlung von 80 Prozent der Z-Lizen-zen aufgefordert. Die Bauern weigerten sich, diese ihrer Mei-nung nach zu hohen Nachbaugebühren zu

Erneute Absagen an PauschalauskunftSTV verliert wieder BGH-Prozesse. Rechtssprechung zu Gunsten der Bauern wird immer mehr untermauert

folgte erneut der Argumentation der IGNachbau, wonach die STV ein sorten-spezifisches Auskunftsersuchen an dieBäuerinnen und Bauern richten muss,sprich gezielt und unter Vorlage von sogenannten Anhaltspunkten nach dem Ein-satz einer bestimmten Pflanzensorte indem jeweiligen Betrieb fragen muss. Schonfrüher einmal hatte der BGH sich auch ineinem Verfahren gegen einen Aufbereitervon Saatgut so geäußert und es an dasvorinstanzliche Oberlandesgericht, in die-sem Fall in Zweibrücken, zurückverwie-sen. Die dortigen Richter entschiedenebenfalls jüngst im Sinne des BGH undübernahmen auch in weiteren rechtlichenAspekten die Argumentation der IG Nach-bau.So reicht beispielsweise die Wirkung desAnhaltspunktes nur für das jeweilige Wirt-schaftsjahr und nicht für weiter zurücklie-gende Jahre. Zudem müssen Aufbereitervon den Bäuerinnen und Bauern nicht er-fragen, welche Sorten sie in deren Auftragaufbereiten (wenn sie es wissen, müssen siedie Informationen aber im Rahmen desqualifizierten Auskunftsersuchens, alsowenn Anhaltspunkte vorgelegt werden,weitergeben).

Gesetze überarbeitenEs manifestiert sich also immer mehr eineRechtssprechung, die den Bäuerinnen undBauern das Anrecht zuspricht, individuellund qualifiziert angesprochen zu werden.Dieses Anrecht gesteht aber die STV ihnennicht zu, denn immer wieder bringen ihreAnwälte die Argumentation vor, bei dieserRechtssprechung sei es der STV und denvon ihr vertretenen Pflanzenzüchtern nichtmöglich, ihr Recht auf Nachbaugebührennoch durchzusetzen. Offenbar herrscht innerhalb der STV einechter Mangel an Kreativität, schließlichhaben sogar verschiedentlich Gerichte Vor-schläge gemacht, was die STV denn für Al-ternativmöglichkeiten zum pauschalen Aus-kunftsersuchen hat. Die STV allerdingsprüft nun einen anderen Weg: Unter be-stimmten Bedingungen ließe sich die Nach-baugesetzgebung vor das Bundesverfas-sungsgericht bringen. Damit landet es amEnde dann vielleicht dort, wo auch die IGNachbau es ja schon seit ja Jahren habenmöchte: auf dem Verhandlungstisch derPolitik – zur Neuüberarbeitung. Die Frageist nur, wer sich dann mit seinen Ideendurchsetzt.

Claudia Schievelbein

Endlich sehen es auch die Saatgut-Treu-handverwaltungs GmbH (STV) und die

von ihr vertretenen Pflanzenzüchter ein:Die Nachbaugesetzgebung ist so nicht halt-bar. Diese Einsicht fußt allerdings auf ganzanderen Beweggründen als denen, die dieInteressengemeinschaft gegen die Nachbau-gebühren und Nachbaugesetze (IG Nach-bau) schon seit Jahren eine grundlegendeÜberarbeitung der Nachbaugesetzgebungfordern lässt.Während die IG Nachbau ein Ende derAusforschung durch die STV und einen fai-ren Interessenausgleich zwischen Bauernund Züchtern will, steht für die STV imFordergrund, dass ihr derzeit vermeintlichder Gebühreneinzug nicht mehr möglichsei. Sie besteht nach wie vor auf ihrem Sy-stem des pauschalen Auskunftsersuchen.Genau dieses ist aber den Anwälten undBauern der IG Nachbau immer der größteDorn im Auge gewesen und – noch vielwichtiger: Es wird eben auch von immermehr Gerichten als unrechtmäßig abge-lehnt. So bestätigte jüngst erneut der Bundesge-richtshof (BGH) seine eigene Rechtsspre-chung und die des Europäischen Gerichts-hofes (EuGH) dazu in zwei Urteilen: Man

Wenn die Nachbaugebühr fällig wird, wie hoch darf siedann sein? 80 Prozent der Z-Gebühr ist eindeutig zuviel, sagt der EU-Anwalt. Foto: Schievelbein

�Nachbauge-bühren inFrankreichNun sollen auch französi-sche Bäuerinnen undBauern zahlen, wenn siedie eigene Ernte aussäen.Bislang gab es lediglichfür Weizen eine Nach-baugebühr, die bei derGetreideablieferung kas-siert wurde (Z-Saatgut-verwender bekamen eineGutschrift). Nach einemGesetzentwurf, der imMärz von der National-versammlung beratenwerden wird, sollen dem-nächst auch für alle übri-gen Getreidearten, Le-guminosen, Raps undKartoffeln Nachbauge-bühren von den Züchternerhoben werden können.Die „nationale Vereini-gung zum Schutz deseigenen Nachbaus“(CNDSF) bezeichnete dieEinführung einer allge-meinen Nachbaugebührals „skandalös“.

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�1,07 Mrd. Eurogentechnikfrei

In einem Aufruf von bis-her 39 Lebensmittelverar-

beitern mit einem jähr-lichen Umsatz von

zusammen 1,07 Mrd.Euro fordern die Unter-

nehmen: „Der Wirt-schaftsstandort Deutsch-

land muss durch denErhalt der unabhängigen

mittelständischenLebensmittelwirtschaftund bäuerlichen Land-

wirtschaft gesichert wer-den. Derzeitige Markt-vorteile durch die Pro-

duktion gentechnikfreierRohstoffe und Lebens-mittel dürfen nicht zuGunsten der Gewinne

einiger multinationalerKonzerne aufs Spiel

gesetzt werden.“ Zu denUnterzeichnern gehörenu.a. die Ludwig Stocker

Hofpfisterei GmbH, Mär-kisches Landbrot GmbH,

NEULAND GmbH, Neu-markter Lammsbräu,

Rapunzel Naturkost AG,Alfred Ritter GmbH

sowie die Upländer Bau-ernmolkerei.

Initiiert wurde derAufruf von der AbL

(siehe im Internet:www.abl-ev.de).

16 Gentechnik 3-2006

Grenzwert von 0,9 Prozent unterhöhlt HaftungWann soll eine Verunreinigung ein Schaden sein und einen Entschädigungsanspruch begründen?

Bei der Überarbeitung des Gentechnikgesetz wollen einige die möglichen Schadensfälle reduzieren

fällig“ oder „technisch nicht zu vermeiden“entstanden. Damit sind drei Bedingungenfür eine Kennzeichnung formuliert und aus-drücklich nicht ein absoluter Grenzwertvon 0,9 Prozent. Diese Definition gilt inder gesamten EU und hat keinen Interpre-tationsspielraum für Regierungen. Der Ausdruck „technisch nicht vermeid-bar“ wird in der Kennzeichnungsverord-nung der EU nicht genauer definiert. Dortsteht nicht, dass ein angemessener Aufwandbetrieben werden muss, es gibt keinerleiEinschränkung im Sinne einer ökonomi-schen Begrenzung der technischen Mach-barkeit. Wurde z.B. ein Mähdrescher auf einemFeld mit gentechnischem Mais eingesetztund anschließend zwei Stunden gereinigtund es kommt beim nächsten Einsatz aufeinem konventionellen Maisacker zu Ver-unreinigungen, dann kann sich kein Land-wirt oder Lohnunternehmer sicher sein,dass die zwei Stunden Reinigung ausrei-chen, damit Kontrollstellen die Verunrei-nigung als „technisch nicht vermeidbar“akzeptieren. Anders könnte entschieden werden, wenndie Leitlinien zur Koexistenz der EU-Kom-mission ausschlaggebend wären. Dort heißtes: „Die Koexistenz-Maßnahmen sollteneffizient, kostenwirksam und verhältnis-mäßig sein und nicht über das Maß hin-ausgehen, das erforderlich ist, um zufälligeSpuren von GVO unterhalb der in Gemein-schaftsvorschriften festgesetzten Toleranz-

schwellen zu halten.“Doch diese Leitliniensind rechtlich über-haupt nicht bindend,sind nur ein Papier derEU-Kommission, aberweder vom Rat, nochvom Parlament abge-segnet.

Private VerträgeDer EU-weit gültigeK e n n z e i c h n u n g s -Grenzwert von 0,9Prozent ist für das fer-tige Lebensmittel imSupermarkt entwickeltworden. Nun meineneinige, wie jüngst dernordrhein-westfälischeAgrarminister Ecke-hard Uhlenberg(CDU), dass derGrenzwert auch fürdas Erntegut geltensolle, um über dieHaftungsfrage zu ent-scheiden.

Eine heftige Auseinandersetzung tobtmomentan um die Zahlen hinter dem

Komma. 0,9 Prozent oder weniger – abwann können Bauern für gentechnisch ver-unreinigte Ernten einen Haftungsanspruchanmelden? Neben der Frage, wer bei mög-lichen Schäden in herkömmlichen Erntenzahlt, ist von zentraler Bedeutung, was dasGentechnikgesetz als Schaden anerkennt. In der langen Debatte um das Gentechnik-gesetz gab es im Jahr 2004 in einem derersten Entwürfe der alten Bundesregierungmal eine Formulierung, wonach Bauerneine Entschädigung gewährt werden sollte,wenn ihre Ernte über einen von Abneh-mern vorgesehenen Grenzwert mit gentech-nischen Bestandteilen verunreinigt wurde.Doch dann bekamen die Politiker kalteFüße und fürchteten Tausende von Bauern,die irgendwelche nachträglich erfundenenVerträge aus der Tasche ziehen könnten,und strichen den Halbsatz wieder aus demGesetz. Am Ende kam dann eine alles an-dere als gerichtstaugliche Formulierung her-aus, die wohlmeinenden Bürgern die Hoff-nung versprach, auch bei Verunreinigun-gen unter 0,9 Prozent einen haftungsrecht-lich relevanten Schaden melden zu können.

Keine DefinitionDie Vorgabe der EU-Kommission ist ein-deutig: Ein Lebens- oder Futtermittel mussals gentechnisch gekennzeichnet werden,wenn es über 0,9 Prozent verunreinigt ist,vorausgesetzt, die Verunreinigung ist „zu-

Die landwirtschaftliche Ernte ist bei denmeisten Lebensmitteln aber ein Ausgangs-produkt für einen längeren Verarbeitungs-prozess. Es folgen Trocknung, Mühlen,Transport und die eigentliche Lebensmittel-verarbeitung. Weil es auf dem langen Wegmöglicherweise zu Anreicherungen kom-men kann, verlangen private Abnehmervon den Lieferanten die Einhaltungen ganzanderer Grenzwerte. Die VK-Mühlen, ei-ner der größten deutschen Mühlenkon-zerne, verlangen von Lieferanten für ihreMaismühle in Hameln eine Qualität vonunter 0,1 Prozent Verunreinigung. AndereWare wird nicht akzeptiert. Denn bei je-dem Transport, jeder Lagerung, Verarbei-tung ist eine weitere Spanne für möglicheVerunreinigungen notwendig. Wird derWert schon bei der Ernte komplett ausge-reizt, muss das Lebensmittel im Supermarktgekennzeichnet werden.Bauern, die also Körnermais für die Le-bensmittelbranche erzeugen, müssen schonbei einer Verunreinigung von nur 0,5 Pro-zent damit rechnen, dass ihre Lieferungnicht angenommen wird und sie den Trans-port selbst zahlen müssen; im Moment istaußer einem Landhändler in Ostdeutsch-land kein weiterer Käufer für gentechni-schen Mais zu finden. Ob die Maismühlendann noch Reinigungskosten für das Siloin Rechnung stellen und künftig bereit sind,Mais von dem Bauern zu kaufen, sind wei-tere wirtschaftliche Risiken für den Land-wirt.

Tests und ihre Genauigkeit Was am Schreibtisch eine rein theoretischeFrage ist, wirft in der Praxis etliche wei-tere Probleme auf. Es gibt kaum standardi-sierte Tests für so scharfe Grenzwerte.Nach Berichten des Öko-Instituts kann jenach Testverfahren bei BT-Mais eine Men-genbestimmung des gentechnischen Anteilsschwierig sein, da das Protein nicht in allenTeilen der Pflanze in gleicher Menge produ-ziert wird. Hinzu kommt, dass die Proberepräsentativ für die Ausgangsmenge seinmuss. Und dass Bauern für Tests auf einemögliche Verunreinigung zahlen müssen,während die Nutznießer der Gentechnikihre Umgebung verunreinigen, stellt nureine von vielen Ungerechtigkeiten bei derAgro-Gentechnik dar.

ms

Wie lange muss der Mähdrescher nach der Ernte in Zukunft gereinigt werden, damit man „technisch vermeid-bare“ Verunreinigungen ausschließen kann? Die Antwort ist Geld wert. Foto: Claas

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Kein Gen-Mais für BiogasMit großer Mehrheit hat sich der Fachverband Biogas gegen denEinsatz von gentechnisch verändertem Mais ausgesprochen, undzwar gleich zweimal. Am ersten Tag seiner MitgliederversammlungAnfang Februar in Hannover war der Tenor schon einhellig. AlsGerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV),am nächsten Tag in seiner Eröffnungsrede der Fachtagung Biogasdann gentechnisch veränderten Mais als angebliche Chance für dieBiogasanlagen bewarb, schlugen die Wogen auf der Veranstaltunghoch, so dass abends eine Sondersitzung zum Thema einberufenwurde. Das Votum des Vortages wurde klar bestätigt. Der Fachver-band setzt auf eine verbesserte Effizienz der Anlagen und nichtGentechnik. ms

Monsanto verfolgt weiterhinFuttermittelbranche in EuropaIn den letzten Monaten belästigte Monsanto Sojaimporteure mitjuristischen Drohungen, um Lizenzen für argentinisches Sojaschroteinzustreichen. Da der Konzern in Argentinien die Frist der Patent-anmeldung für seine gentechnischen Sojabohnen hatte verstreichenlassen, gibt es für argentinische Farmer keine Pflicht, dem KonzernLizenzen zu zahlen. Das hält Monsanto nicht davon ab, von einemeuropäischen Hafen zum anderen in Großbritannien, Spanien,Dänemark und den Niederlanden zu ziehen, um für das hier alsSaatgut patentgeschützte Soja Lizenzen eintreiben zu wollen.Unbelehrbar scheint der Konzern: Denn verstrichene Fristen geltennun mal auch für klagewütige Konzerne, und ein Patentschutz fürSaatgut hat nichts mit Futtermitteln zu tun. Weder hier im Hafen,noch dort bei den Farmern hat Monsanto ein Recht auf Lizenzge-bühren für die gentechnisch veränderten Sojabohnen aus Argenti-nien. ms

Griechenland dehnt Verbot ausDie griechische Regierung hat – entgegen der Anweisung derEU-Kommission aus Brüssel – gentechnische Maissorten für weitere18 Monate verboten. Das Verbot wird zusätzlich von bisher 17 aufinsgesamt 31 Sorten ausgeweitet. „Wissenschaftliche Studien bestä-tigen, dass der Anbau des MON810 eine akute Gefahr für dieUmwelt birgt“, begründet der stellvertretende Agrarminister Ale-xandros Kontos das Importverbot. ms

WTO-Streitverfahren über Importstopp gibterste StellungnahmeNachdem die Entscheidung mehrmals vertagt wurde, hat die WTOAnfang Februar den Klägern USA, Kanada und Argentinien gegenden ehemaligen EU-weiten Zulassungstopp von neuen gentechni-schen Produkten in weiten Teilen recht gegeben. Zwischen 1998und 2004 hatten die Mitgliedstaaten der EU bis zu einer Überarbei-tung des Gentechnikrechts keine neuen gentechnischen Produktemehr zugelassen. Die Klägerländer kritisierten, dass es keine wis-senschaftliche Begründung für dieses so genannte faktische Mora-torium gegeben habe. Auch die Importverbote von einzelnen Mit-gliedstaaten wurden kritisiert. Das entgültige Urteil wird erst 2007erwartet.Mit ihrem Ansinnen unterlaufen diese Staaten damit das Vorsorge-prinzip in der EU, so die AbL in einem Kommentar. In der EUschreckt das Urteil bisher kaum jemand auf. Die EU-Kommissionsieht den Klageanlass als hinfällig, da in der EU nach Erlass der EU-Freisetzungs- und Kennzeichungsrichtlinien wieder neue Produktezugelassen wurden und werden. Regierungen von Ungarn, Polen,Österreich haben ihre Ablehnung der Agro-Gentechnik bekräftig,und in der Presse wird anerkannt, dass mit noch so viel Urteilen derWTO europäische Verbraucher nicht bereit sein würden, gentechni-sche Lebensmittel zu kaufen. ms

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3-2006 Gentechnik 17

Imkerpräsident kritisiert CSUBerufsimker kämpft für gentechnikfreie Landwirtschaft

Tagblatt. Eine Koexistenz von herkömm-licher Landwirtschaft und gentechnisch ver-ändertem Anbau hält Hederer für unmög-lich. Der durchschnittliche Flugradius ei-ner Biene betrage drei Kilometer, ein gan-zes Bienenvolk beweide eine Fläche vonmindestens 3.000 ha, so Hederer, der auchMitglied im Präsidium des Deutschen Im-kerbundes ist. „Wenn ein Anbau von gen-veränderten Organismen kommt, dann istein Honig ohne GVO nicht mehr denkbar.“

Der Präsident der deutschen Berufsim-ker, Manfred Hederer aus dem baye-

rischen Utting, hat wiederholt die Haltungseiner eigenen Partei, der CSU, und derBayerischen Staatsregierung zur Agro-Gen-technik kritisiert: „Die Staatsregierung hatsich die Grüne Gentechnik zum Staatszielgemacht, obwohl die Technik keinen Fort-schritt, sondern nur Patente und Lizenzenbringt“, sagte Hederer dem Landsberger

Bild: CSU-Mitglied Manfred Hederer kämpft alsImkerpräsident für eine gentechnikfreie Land-wirtschaft. Foto: Millonig

Dem Landsberger Tagblatt berichtete He-derer von einem Fall im Bereich Donau-Ries. Dort sei ein Imker Opfer eines Erpro-bungsanbaus der Bayerischen Staatsregie-rung geworden. Die Blütenpollen-Ernte seibis zu 4,1 Prozent mit genverändertenRapspollen belastet gewesen. Hederer sieht neben der Belastungsfrageund damit einhergehenden wirtschaftlichenSchäden für Imker aber auch ungeklärteHaftungsfragen. Wenn Bienen zu ungewoll-ten Überträgern von GMO-Pollen und da-mit Gen-Informationen würden und damitSchäden bei Landwirten anrichten, die aufgentechnikfreien Anbau setzen, sei dieFrage ungeklärt, ob dann der Imker mög-licherweise in Haftung genommen werdenkönne. Insgesamt sieht Hederer die Gefahr,dass angesichts dieser Risiken besondersFreizeitimker ihr Hobby drangeben. Vor einigen Wochen, so berichtete Hede-rer dem Landsberger Tagblatt, sei er vonder „politischen Kriminalpolizei“ verhörtworden. Der Verfassungsschutz habe ihnin Verbindung gebracht mit Aktivitäten,bei denen angebauter Genmais und Gen-raps vernichtet worden sei. „Jeder, der sichfür die Qualität von Lebensmitteln einsetzt,wird behandelt wie ein Staatsfeind“, inter-pretierte Hederer nun gegenüber der Süd-deutschen Zeitung. Er sei gegen Gewalt,aber zivilier Ungehorsam müsse in einerDemokratie erlaubt sein.Hederers Kampf für ein gentechnikfreiesBayern ist weiter gefordert. Auf Felderndes Bayerischen Staatsguts Achselschwangin Finning ist gerade im öffentlich zugäng-lichen Standortregister (siehe www.stand-ortregister.de) der Anbau von gentechnischveränderten Pflanzen angemeldet worden.Unweit der Felder stehen einige von Hede-rers Bienenvölker.

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Sternmarsch zur Koexistenz-Tagung

Vom 4. bis 6. April findet im WienerMessezentrum die EU-Konferenz zur

Gentechnik-Koexistenz mit dem singendenTitel „The freedom of choice“ statt. Dortsollen die Erfahrungen der Mitgliedstaatenzusammen getragen werden. Ziel ist, einenEU-weiten Rahmen festzulegen. Nicht nur, weil die Teilnahme von Nichtre-gierungs-Organisationen stark begrenztwurde, wird es nun einen Sternmarsch mitKundgebung an der frischen Luft vor demKonferenzgebäude geben. Aus ganz Europasind alle eingeladen, denen die Absiche-rung einer gentechnikfreien Landwirtschaftam Herzen liegt.Der Sternmarsch findet statt am 5. April,dem eigentlichen Beginn der Konferenz:

– 8.00 Uhr Treffpunkt am Praterstern (guteErreichbarkeit mit S-Bahn und U-Bahn),

– 8.30 Uhr Marsch über die Ausstellungs-straße in Richtung Konferenz (CongressCenter im Messegelände im Prater),

– 9.00 Uhr Kundgebung auf dem Platz vordem Congress-Center mit Bühne für An-sprachen, Kabarett, Musik.

Kontakt in Deutschland: AbL-Projekt gen-technikfreie Regionen, Annemarie Volling,Lüneburg, Tel.: 04131-400720,[email protected] Österreich: Michael Johann, Tel.: 0043-664-2668548, [email protected]

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�Wulff gegen

EuroplantIn einem Interview mitdem Ernährungsdienst

hat sich der niedersächsi-sche MinisterpräsidentWulff auf die Seite der

bedrohten Kartoffelsorte„Linda“ gestellt. Gefragt,

ob er für den ZüchterEuroplant oder den

Linda-Erzeuger KarstenEllenberg Partei ergrei-fen würde, antworteteWulff: „Ich würde aufjeden Fall für die Ver-

braucher Partei ergrei-fen. Da die Sorte Linda

eine offenbar hoheBeliebtheit bei den Ver-

brauchern besitzt undmittlerweile frei von

Rechten Dritter ist, sollteihnen auch genügend

Speiseware dieser Sortezur Verfügung gestellt

werden...“ en

18 Leserbriefe 3-2006

Können Pflanzenzüchter Freunde sein?Leserbrief zur Berichterstattung über die Auseinandersetzung um die Nachbaugebühren

Seit einigen Jahren verfolge ich die Nach-baudebatten in der Bauernstimme und

hatte darüber hinaus schon das Vergnügen,mit einzelnen AbL-Mitgliedern über das

Thema ins Gespräch zu kommen. Dabeihat sich mein Eindruck gefestigt, dass dieseDebatte sehr kompromisslos geführt wirdund die im allgemeinen so offenen und um-sichtigen AbLer plötzlich ein wenig denAnschein erwecken, als hätte man ihnenScheuklappen angelegt. Es scheint so, alsob die Autoren sämtliche Pflanzenzüchterin den gleichen Topf werfen und zum allge-meinen Feindbild „mafiaähnliches, kapi-talistisches Agrobusiness“ abstempeln. Mit den Methoden der STV bekannt, die jaindirekt von den Züchtern beauftragt ist,mag das verständlich erscheinen. Nun binich aber begeistert sowohl von der AbL alsauch von meiner Tätigkeit in der Getrei-dezüchtung, von der ich auch gerne weiter-hin meinen Lebensunterhalt bestreitenmöchte, und frage mich mit bangem Ge-fühl: Könnten denn Pflanzenzüchter undAbLer nicht auch Freunde sein?

Nicht alle Züchter gleichEs gibt natürlich die großen Saatgutkon-zerne, die mit fraglichen Methoden versu-chen, möglichst weite Teile des Saatgutge-schäfts zu kontrollieren und damit Bauernin Abhängigkeiten bringen. Daneben exi-stieren gerade in Deutschland aber aucheine Reihe mittelständischer Saatzuchtbe-triebe. Diese bringen eine Vielfalt von Sor-ten heraus, fühlen sich häufig der Land-wirtschaft verbunden und arbeiten oben-drein zum allergrößten Teil ohne Gentech-nik. Projiziert auf die Landwirtschaft,könnte man erstere als industrielle, letztereals bäuerliche Betriebe bezeichnen, natür-lich mit den auch aus der AbL bekannten

Abgrenzungsdiskussionen zwischen beidenKategorien.Wie der Bauer wünscht sich manchermittelständische Pflanzenzüchter, dass dervernünftige Verbraucher – in dem Fall alsoder AbLer – durch seine bewusste Kauf-entscheidung kleinere Züchtungsbetriebeunterstützt. Da hat man – natürlich durchdie gewünschten Sorteneigenschaften einwenig begrenzt – eine größere Vielfalt zurAuswahl, als manch einer vielleicht glaubt.

Züchtungsarbeit finanzierenWie der bäuerliche Betrieb möchte auchder Pflanzenzüchter von seiner Arbeit le-ben können. Die Arbeit des Züchters be-steht eben nicht in der Vermehrung einerSorte, sondern in deren Züchtung, was füreine Getreidesorte 10-15 Jahre dauert. Eshandelt sich hier um eine Aufgabe, von derviele profitieren: Bauern, Müller, Bäcker,Verbraucher. Wie soll diese Arbeit finan-ziert werden? Heute geht das bekannter-maßen über Züchterlizenz und Nachbauge-bühr. Erstere ist akzeptiert, letztere kaum.Hier besteht nun ein entscheidender Unter-schied zwischen unserem Züchter und demAbLer, der einen fairen Preis für seineMilch fordert: Hat die Molkerei die Milchverarbeitet, muss sie neue kaufen. Hat derBauer sein Saatgut ausgesät, muss er aberim Folgejahr kein neues Saatgut kaufen,sondern kann nachbauen. Ein Grund, wa-rum Hybriden für viele Züchter so attrak-tiv sind: mit ihnen wird das Saatgut zumFall „Milch“ (zugegebenermaßen mit bes-serem Preis). Es geht mir keineswegs da-rum, gegen den Nachbau des eigenen Saat-guts zu sprechen, bleibt nur das Problem,dass auch der Züchter für seine Arbeit an-gemessen entlohnt werden will. Sagt derAbLer: Er hat ja die Züchterlizenz, undwenn die so nicht reicht, soll er halt sie einbisschen erhöhen, solange nur der Nach-bau nichts kostet... Sagt der Züchter: Kannder AbLer nicht rechnen? Wenn ich meineLizenz verdopple, sagt sich der Bauer: Ichbin doch nicht blöd, so teures Saatgut kaufeich höchstens alle paar Jahre. Folge: weni-ger Saatgutverkauf, weniger Lizenzeinnah-men, Lizenzerhöhung.... Da erkennt jeder,das ist ein Teufelskreis und diese Rechnunggeht für den Züchter nicht auf.

Beitrag statt GebührNun meine Arbeitshypothese: Ist nicht soetwas wie eine Nachbaugebühr das gerech-teste und sinnvollste Verfahren? Was derName suggeriert, ist allerdings verkehrt.Ein Begriff wie Sortenentwicklungsbeitragwäre richtiger, denn nicht das Nachbauensoll bestraft werden, sondern die Arbeit desZüchters honoriert. Folgende Effekte hatein solcher Beitrag:

Weizenvielfalt im Zuchtgarten: „Von nichts kommt nichts“, hier wie da. Foto: Müller

� Er führt zu Sortenvielfalt. Denn müssteder Züchter nur mit der Lizenz auskom-men, könnte er es sich nicht leisten, eineVielfalt von Sorten zu züchten, die alles-amt nur wenig Geld einbringen. � Er führt, aus dem gleichen Grund, zuVielfalt bei den Züchtungsbetrieben; derStrukturwandel hin zu großen Konzernenkann aufgehalten werden. Denn schonnamhafte, heute erfolgreiche Züchter äu-ßern in Züchterkreisen die Befürchtung,dass sie in 10 Jahren nicht mehr existierenwerden.� Er ist gerechter: Ein Großbetrieb, dergroße Flächen mit einer Sorte bestellt, hatauch einen höheren Nutzen von der Sorteals ein kleinerer, vielfältiger Betrieb. Gleich-zeitig wird aber der Großbetrieb häufigernachbauen, da der Aufwand für ihn, bezo-gen auf die Anbaufläche, geringer ist, erhäufiger über einen eigenen Mähdrescherverfügt und sich die Sortenreinhaltung beigrößeren Mengen unkomplizierter gestaltet.� Wäre so etwas wie ein Sortenentwik-klungsbeitrag anerkannt, müssten auch dieZüchter nicht mehr gegen den Nachbauder Landwirte kämpfen, da er für sie kei-nen Nachteil bedeutet.

Nun gut. Worauf es mir ankommt ist, dieDiskussion um eine Blickrichtung zu er-weitern und aufzuzeigen, dass es in derZüchtungsbranche durchaus Parallelent-wicklungen zur Landwirtschaft gibt, dieden umsichtigen AbLer vielleicht nicht kaltlassen sollten. Gerne würde ich mit diesemBeitrag zu konstruktiven Vorschlägen anre-gen, die über ein schwarz-weißes Bild vomausgebeuteten Bauern und dem bösenZüchter hinausgehen. Wie wäre es bei-spielsweise mit einem Faltblatt, das von derAbL empfohlene Pflanzenzüchter auflistetoder mit dem Versuch, eigene „Koopera-tionsabkommen“ mit bestimmten Züch-tern auszuhandeln. Oder mit neuen Vor-schlägen, wie ein „Sortenentwicklungsbei-trag“ möglichst gerecht gehandhabt wer-den kann? Auf solche Diskussionen undDialoge wäre ich sehr gespannt.

Jens MüllerGetreidezüchtung Peter Kunz,

CH-8634 Hombrechtikon/Schweiz

Die veröffentlichten Leserbriefe geben nichtunbedingt die Meinung der Redaktionwieder. Die Redaktion behält sich vor, Leser-briefe zu kürzen.

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Einen Großteil seines Einkommens erzielt Schäfer Bernd Bodmann heute durch Landschaftspflege.Foto: LPV Göttingen

Das heutige Berufsbild ist mit dem von frü-her nicht zu vergleichen. Auch Bernd Bod-mann, Jahrgang 1966, aus Seeburg istSchäfer. Er hat nach der Ausbildung zumTierwirt im Jahr 2000 zusammen mit sei-nem Bruder Matthias eine Mutterschaf-Herde von inzwischen 900 Tieren aufge-baut. Sein Einkommen bezieht er zu 70Prozent aus der Landschaftspflege und nurzu 30 Prozent aus dem Verkauf von Fleisch.Auch die Verzehrgewohnheiten haben sichgeändert: Während Aue nur Hammel abzwei Jahren mit einem Gewicht von rund50 Kilogramm verkaufte, ziehen die Kun-den heute Lammfleisch vor.Die Bodmanns arbeiten eng mit dem Land-schaftspflegeverband zusammen und ha-ben dazu beigetragen, dass das fast schonverschwundene Leineschaf wieder in dieGöttinger Region zurück gekehrt ist. In-zwischen halten sie 200 Tiere dieser robu-sten und anpassungsfähigen Schafrasse. IhrZiel ist es, in fünf Jahren ein Schaf zu züch-ten, das gut für die Landschaftspflege geeig-net ist, frohwüchsige Lämmer bekommtund natürlich ein gutes Einkommen ermög-licht.Mit diesem Film ist es dem Landschafts-pflegeverband Landkreis Göttingen (LPV)und dem Filmproduzenten Andreas Buhraus Hannover gelungen, ein Stück regio-nale Agrargeschichte für die Nachwelt zuerhalten. Anhand der historischen Bilderlässt sich der rasante Strukturwandel er-kennen, der die Landwirtschaft insgesamtstark verändert hat. „Wir wollen zudemdie gesellschaftliche Akzeptanz für den Be-ruf des Schäfers und seine Bedeutung beider Erhaltung und Entwicklung der Kul-turlandschaft schaffen.“, betont Ute Gro-they (LPV).

Dr. Ute Zöllner

„Schäfer im Göttinger Land – gestern undheute“, Film (13 min.), herausgegeben vomLandschaftspflegeverband Landkreis Göt-tingen e. V., Infos: Ute Grothey, Tel: 0551-5313703, [email protected].

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Die agrarpolitischen Signale des neuen Bundeslandwirtschafts-ministers scheinen noch wenig konkret. Nur eine Botschaft

wird präzise formuliert: Bürokratieabbau. Die „Herrschaft derAmtsstuben“ soll eingeschränkt werden. Man darf gespannt sein. In NRW wurde das Cross Compliance-Handbuch, trotz bereits an-gelaufenem Druck, zurückgezogen. Aber bestimmt nicht, weil manunter 100 Seiten kommen will. Den Antrag zur Dieselölrückvergü-tung kann man mittlerweile über das Internet stellen. Dafür gibtes – in jährlich wechselnder Zusammenstellung – Sockelbetrag,Bagatell- und Obergrenze sowie die Notwendigkeit, den Dieselver-brauch bei Nachbarschaftshilfe und Lohnarbeiten zu berechnen.Die größte Vereinfachung des Antragsverfahrens geschah aber still,fast heimlich; man möchte glauben, es war ein Versehen: Die Tank-quittungen brauchen keine Unterschrift mehr. Der Bauer darf denDiesel-PKW am großen Fass tanken. Bei der Antragstellung wirddann der Dieselverbrauch des PKW vom Gesamtverbrauch abgezo-gen. Für den Rest gibt es die Steuererstattung. Natürlich wird auchmal an einer normalen Tankstelle getankt. Dieser Dieselkauf wurdefrüher aber nur anerkannt, wenn die Quittung ordnungsgemäß war,das heißt, die Unterschrift des Verkäufers trug. Und während das Fi-nanzamt schon lange mit maschinengedruckten Quittungen zufrie-den war, wurde es immer schwieriger, den Tankwart zur Unter-

schrift zu überreden. Desöfteren zückte ich meineBGB-Kopie, in der meinRecht als Kunde auf eineQuittung mit Unter-schrift belegt war, wennErklärungen über dasWarum und Wieso mei-nes seltsamen Wunschesergebnislos blieben. Abereinmal hatte ich sie nichtdabei.An einer kleinen Auto-

bahntankstelle traf ich auf zwei Kassierer, die ich offensichtlichbeim Zählen von Gummibär-Tüten störte. Irgendwann nahmen siezwar mein Geld, verweigerten aber die Unterschrift auf der Quit-tung. Ohne ihren Chef ginge das nicht – und der war zuhause. An-rufen wollten sie ihn nicht, aber sie reichten mir Telefon und Num-mer. Die Verbindung war schlecht, brach mehrmals ab – und immerhatte ein Kassierer die Hand unter dem Tresen. Ich dachte an selbstunterschriebene Belege – aber mittlerweile ging’s mir ums Prinzip.Und die Zeit arbeitete für mich. Mein Auto blockierte die eineHälfte der Tankstelle, ein weiterer Kunde, der sein Geld bei denüberforderten Kassierern nicht loswurde, die andere. PKW undLKW begannen sich zu stauen, der Kassenraum füllte sich mit fin-ster blickenden LKW-Fahrern und meine Kinder kamen zur Ver-stärkung aus dem Auto, zerrten am Rock und wollten auf den Arm.Wie schnell ich mit einer Unterschrift weg gewesen wäre, überstiegdas Vorstellungsvermögen meiner Gegenüber. Ich solle erst mal andie Seite fahren. Ich stünde im Weg, das sei geschäftsschädigend. Aufeinmal klappte die Verbindung zu ihrem Chef. Doch auch der wargegen „zahlen, unterschreiben, fahren“ und drohte mit Polizei undSchadenersatz. Irgendwann betraten zwei Polizeibeamte den Kassen-raum. Ich erklärte die Situation. Ein Polizist unterschrieb. Wir räum-ten die Zapfsäule. Egal von wem – Hauptsache Unterschrift – undwenn ein Amtsvertreter dem anderen dient, umso besser! Aber egal. Ob der Dieselantrag ohne Unterschrift und mit Interneteinfacher wird – der englische Historiker und Soziologe C. N.Parkinson formulierte bereits als Gesetz, dass der bürokratischeAufwand mit einer mathematisch errechenbaren Rate wächst, un-abhängig davon, ob die Aufgabe oder die Arbeit zunimmt, abnimmtoder völlig verschwindet.

2-2006 Landleben 19

Früher ist kein Fleckchen Futter umge-kommen. Vor Sommer war das Futter

immer knapp“, erzählt Peter Aue im Film„Schäfer im Göttinger Land – gestern undheute“. Zu historischen Aufnahmen be-richtet er über sein Schäferleben vor 50Jahren. Aue ist Jahrgang 1933 und erlernte dasSchäferhandwerk von seinem Vater. In je-dem Dorf gab es damals noch ein bis zweiSchafherden. Aue selbst hatte keine eige-nen Flächen, das Land gehörte den Genos-sen, so auch etwa 10 ha mageres Grün-land, wo vor allem an Regentagen gehütetwurde. Solche Hutungen und vor allemWege waren die Futtergrundlage für dieSchafe, die so genannten „Pfennigsucher“.Im Herbst zog er ins Leinetal zu den Zuk-kerrübenfeldern des Grafen von Harden-berg. „Dort lebten die Schafe wie im Schla-raffenland.“Schafe waren nicht nur Fleisch- und Woll-produzenten, sie lieferten auch wertvollenDünger für die Felder. „Unser Ehrgeiz war,den Dünger möglichst gleichmäßig auf dieFlächen zu verteilen, deshalb wurden dieSchafe morgens um vier Uhr noch einmalumgepfercht.“ Im April wurden die Her-den zusammengestellt. Von den etwa 250Mutterschafen waren 80 sein Eigentum.Als die Genossenschaftsschäferei 1961 auf-gelöst wurde, machte sich Peter Aue selbst-ständig. Weil im Laufe der Zeit immer we-niger Huteflächen und auch abgeernteteFelder im Herbst zur Verfügung standen,ging er auf einen Truppenübungsplatz inder Nähe von Göttingen. Durch die Ein-führung mineralischer Dünger hatte dasSchaf seine Rolle als Nährstofflieferant ver-loren.1990 besaß Aue 1.200 Schafe. Mittlerweilewar das in der Göttinger Region einst weitverbreite Leineschaf durch das fleischigereSchwarzkopfschaf ersetzt worden. Als nachder Wende ganze Schafbestände zu Schleu-derpreisen angeboten wurden, sah sich Pe-ter Aue gezwungen, den Schäferberuf auf-zugeben.

... aus Westfalen

Schäferleben im Göttinger LandEin Film über den Wandel vom Genossenschaftsschäfer

zum Landschaftspfleger

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lich vorrückt. Das entlastet von derschwierigen Ursachenforschung und ein-schneidenden politischen Maßnahmen.In den erneut anstehenden Parlaments-verhandlungen über das Käfigverbotkann die Regierung zeigen, ob sie wirklichhandlungsfähig ist und dem Druck derGeflügelindustrie standhält. Statt der ri-skanten Käfighaltung brauchen wir Hal-tungsformen, die die Widerstandskraftder Tiere fördern. In einer globalisiertenWelt sind Seuchenausbrüche niemals ganz

zu verhindern. Sie könnenjedoch durch geringe Be-standsgrößen lokal be-grenzt werden.

Götz Schmidt

Mike Davis: Vogelgrippe.Zur gesellschaftlichen Pro-duktion von Epidemien(The monster at our door:the global threat of avianflu). Berlin, Assoziation A,2005. 168 S., 14,00 €,ISBN 3-935936-42-7

20 Lesen 3-2006

Sind die „Hinterhofhalter“ und die Zugvögel schuld?Ein neues Buch zur Vogelgrippe

Ein Buch passend zum Freilaufver-bot der Hühner. Wer das Buch gele-

sen hat, wird verblüfft auf die Debattein unserem Land blicken, in der das Ein-sperren von Hühnern als Schutz vorSeuchen gilt. Mike Davis fragt, warumdie weit verbreiteten Grippeviren zusolch gefährlichen Killern mutieren, diedie ganze Welt bedrohen. Als gängigeErklärung gilt die „Hinterhofhaltung“in Südostasien. Hier hätten die mutier-ten Viren ihren Ursprung, Wildvögelübertragen sie. Das Freilaufverbot beiuns sei deshalb die konsequente Reak-

tion. So zu lesen in Animal Health On-line, einem durchaus seriösen medizini-schen Informationsdienst.

Ursache Hinterhofhaltung?Mike Davis gibt sich mit solchen Ant-worten nicht zufrieden: Die „Hinter-hofhaltung“ gab es schon immer. DieZugvögel flogen nicht erst seit 1997, alsin Hongkong das H5N1 Virus in derjüngsten Geschichte auftauchte.Es sind für ihn vier sich global auswir-kende Veränderungen, die die Evolu-tion neuer, die Artengrenzen übersprin-gender Influenzasubtypen und derenweltweite Übertragung beschleunigten.Die Umwälzungen der Massentierhal-tung zwischen 1980 und 1990; die indu-strielle Revolution in Südchina, die denHandels- und Personenverkehr mit demRest der Welt exponentiell erhöhte. DieEntstehung der „Superstädte“ der Drit-ten Welt und ihrer Slums. Und nicht zu-letzt: das Fehlen eines internationalenGesundheitssystems, das der Dimensionund Auswirkung der ökonomischenGlobalisierung entspricht.

VirenexporteureAm Beispiel des südchinesischen Guang-dongs beschreibt Davis die Slums dra-stisch. Ein postmodernes Manchester

entstand hier, dessen Spielzeuge, Lauf-schuhe, Sportkleidung und Elektronikbis in den hintersten Winkel der Weltkonsumiert werden. Zum Virenexpor-teur werden solche urbanen Zusammen-ballungen durch die hohe Bevölkerungs-dichte (1.273 Menschen pro km2). Häu-fig sind chronische Atemwegserkrankun-gen wegen der extrem hohen Luftver-schmutzung. Die Arbeiter hausen, ohnedauerhafte Aufenthaltsgenehmigung, inüberbelegten Schlafstätten oder Slums,meist ohne medizinische Versorgung. DieDichte der Tierpopulationen ist extrem.

Die 700 Mio. Hüh-ner (!) leben eherselten in den tradi-tionellen Haltungs-formen des Dorfes,sondern in denunterschiedlichstenHaltungsformen,die von Agroin-dustriellen mit ih-ren Vertragsbauernreichen bis zu denmittleren Bestän-den in Legebatte-rien. Wir erfahren,dass es tatsächlichLegebatterien überden Schweinestäl-

len gibt und intensive Haltung von Gän-sen und Enten überm Fischteich, in de-nen der Mist zum Futter wird. Und esgibt die vielen Familien, die ihre weni-gen Tiere freilaufend im Hof und Gar-ten halten. Als mit der Industriearbeitdas Einkommen stieg, begann die Bevöl-kerung mehr Fleisch und weniger Reisund Gemüse zu essen. Ein paar Hühnerzu halten ist ein wichtiger Beitrag zumEinkommen.

„Geschlossene“ Systeme?Pflichtlektüre für alle, die das „geschlos-sene System“ der Käfighaltung aus seu-chenhygienischen Gründen verteidigen,sind die Kapitel über Hühnergrippe undMassentierhaltung. Nicht nur in Süd-ostasien gab es Seuchenzüge. Davis er-innert an die Vogelgrippe 2003 in Hol-land. Die agroindustriellen Farmen imhochrationalisierten Gelderland warenvom H7N7 Subtyp befallen. 30 Mio.Hühner, fast ein Drittel der Geflügelpo-pulation Hollands, wurden mit Unter-stützung der Armee getötet. Kaum be-achtet wurde die H6N2 Influenza inSüdkalifornien. Sie begann 2000 in denGeflügelfarmen und verbreitete sich ex-plosionsartig durch den LKW-Transportder Tiere zum größten Verarbeitungs-zentrum. Genauere Zahlen wurden ver-

In einem türkischen Dorf wird Hausgeflügel eingesammelt, um es zutöten. Foto: Osman Orsal/AP

schwiegen, Schätzungen sprechen voneiner Zahl infizierter Tiere in zweistel-liger Millionenhöhe. 2004 mutierte inKanada, British Columbia, ein leichtpathogener Virus zu einem hoch patho-genen. 19 Mio. Hühner, die gesamteNutzvogelpopulation der Farmen desFrazer Valleys, wurden vergast und ver-brannt.

Agrarindustrie in AsienAm Beispiel Thailands schildert Davisnoch einen besonderen Zug der Mas-sentierhaltung: ihren politischen Ein-fluss. Asiens größter und mächtigsterlandwirtschaftlicher Exportkonzern istder in Bangkok ansässige Charoen Pok-band (CP). Er kontrolliert zusammenmit einer handvoll anderer Exporteure80 % der Produktion, die sich mittelsvoll integrierter Hühnerfarmen auf ei-nem 60 bis 150 km breiten Gürtel umBangkok konzentrieren. Davis Darstel-lung der weiteren Expansion des Kon-zerns nach China und achtzehn weiterenStaaten ist lesenwert. Durch Kumpaneimit dem Regime gelang es CP nicht nur,die Seuchenausbrüche von 2003 in deneigenen Farmen lange Zeit zu vertu-schen. CP nutzte auch der radikale Mo-dernisierungsplan der Regierung. Diekleinen, im Freien gehaltenen Hühner-bestände mussten geschlachtet werden.Von den Haltern wurde verlangt, neueindustrielle Anlagen zu bauen. Nur dieFarmen, die diesen Vorgaben entspra-chen, bekamen für ihre toten Hühnereine Entschädigung. Offizielle Meinungwar seither: Schuld an der Verbreitungder Vogelgrippe seien die Kleinprodu-zenten mit ihrer rückständigen Freiland-Hühnerhaltung. Industrialisierte, ge-schlossene Anlagen seien für virale Epi-demien nicht einnehmbar. Eine Konse-quenz dieser Politik war, dass vielekleine Hühnerhalter aufgaben.Das Buch von Davis liefert, trotz dermanchmal etwas reißerischen Darstel-lung, wichtiges Material und Hinweisefür ein erneutes Nach-denken. Das ist un-schätzbar in Zeiten, indenen die Politik mitAuslaufverboten Hand-lungsfähigkeit vor-täuscht. Laut Weltge-sundheitsorganisation(WHO) wird uns dieVogelgrippe in dennächsten fünf Jahrenerhalten bleiben. Sieverbreitet sich mitatemberaubender Ge-schwindigkeit durch

den globalen Handel. Zu befürchtensind Seuchenzüge in anderen Schwel-lenländern. Unabsehbar sind die Folgenvor allem in den Ländern, die wie inAfrika kaum staatliche Strukturen ha-ben.Die Zugvögel sind ein Opfer, nicht dieUrsache. Die Hühner wegsperren odergar „vorbeugend“ zu töten ist deshalbeine hilflose Ersatzhandlung. Die bisheri-gen Seuchenzüge in Holland, USA undCanada zeigen, dass das „GeschlosseneSystem“ der Käfighaltung offen ist (s. Ar-tikel Geschlossene Systeme – weit offen).Wie gebannt blicken wir auf die Zugvö-gel. Als wären sie unser Feind, der täg-

Das Küken, Zugvogel Nr. 1In Nigeria starben in einer Geflügelfa-brik 40.000 Tiere. Das hochpathogeneVogelgrippe-Virus gelangte in NigeriasGeflügelfabriken durch den Import infi-zierten Geflügels. Das teilte NigeriasLandwirtschaftsminister laut Birdlife mit.Höchstwahrscheinlich waren es Küken.Die agroindustrielle Geflügelhaltung imNorden Nigerias ist auf regelmäßigeZufuhr von eintägigen Küken angewie-sen. Nigeria hat nicht die Technologien,um alle Stufen der industriellen Hühner-produktion selbst abzudecken. Kükenwerden täglich importiert aus China,Türkei, Europa und Lateinamerika. Nige-ria ist Chinas zweitgrößter Exportmarkt.

GS

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Risiko: Grüne GentechnikRudolf Buntzel und Suman Sahai haben ein kleines, aber sehr umfas-sendes Buch zum Spannungsfeld Welternährung und „grüne Gen-

technik“ geschrieben. Ein scheinbar idealesAutorenpaar für dieses weite Feld: Die Geneti-kerin Suman Sahai ist für die indische Nichtre-gierungsorganisation Gene Campaign tätig,Rudolf Buntzel, Volkswirt, arbeitet seit vielenJahren zu internationalen Agrarthemen, derzeitals Beauftragter für Welternährungsfragenbeim Evangelischen Entwicklungsdienst. Sehrgut gefällt mir persönlich zum Beispiel ihre Auf-schlüsselung der Problematik, wie Länder desSüdens sich der Regulierung der Risikotechnolo-

gie Gentechnik stellen können. In Form verschiedener Optionen zwi-schen Verweigerung und Förderung der Technologie legen sie dar,welche Fallstricke mit gentechnisch veränderten Organismen verbun-den sind. Mögliche Entscheidungen werden vor dem Hintergrundknapper Ressourcen diskutiert. Dieses Prinzip wenden die Autorenauch an, wenn sie verschiedene Agrarsysteme oder Forschungsan-sätze vorstellen. Bei der Gewährleistung der Welternährung werdesich die Gentechnik bescheiden müssen, sagen die Autoren. AndereAnsätze seien aussichtsreicher, bräuchten einen geringeren finanziel-len Aufwand oder ermöglichten die Berücksichtigung regionalerRahmenbedingungen, denn viele Probleme seien nicht technischer,sondern sozialer Natur. Christof Potthof

Rudolf Buntzel, Suman Sahai: Risiko: Grüne Gentechnik. Wem nütztdie weltweite Verbreitung genmanipulierter Nahrung? Brandes &Apsel Verlag GmbH, Frankfurt/M. 2005, 212 S., 17,90 Euro, zu bezie-hen über den ABL-Verlag

Gesunde Milchkühe im ÖkolandbauIn diesem komprimierten Leitfaden geben namhafte Autoren in kur-zen Aufsätzen und bespickt mit vielen übersichtlichen Tabellen Hin-weise darauf, was rund um die Milchkuh für deren möglichst gute

Gesundheit zu beachten und zu tun ist. Behan-delt werden folgende Bereiche in folgender Rei-henfolge: Milchqualität (Leisen / Albers, LW-Kammer NRW), Eutergesundheit (Krömker, FHHannover), Fruchtbarkeit (Tenhagen, FU Berlin),Kälbergesundheit (Georg, FAL), Gliedmaßenge-sundheit (Brinkmann / March, Uni Göttingen/Vechta, Winckler, Uni Wien), Tiergerechtheit derHaltungsverfahren (Hörning, FH Eberswalde),Fütterung (Drerup, LWK NRW), Herdenmanage-ment (Link), Ökonomie (Volling, Ökoring Nds.),

ökologische Anforderungen (Schuhmacher, Bioland) und Qualitätssi-cherung (Weiß). Dass das Heft nicht mit dem Tier beginnt, sondern mit den Zellzah-len der Milch, irritiert etwas. Auch wägt das Heft nicht Für oderWieder dieser oder jener Werte ab. Es sollte aber gerade auch keindickes Buch sein, sondern ein hilfreicher Leitfaden für die Praxis,um sich in Bezug auf die verschiedenen Bereiche selbst abzufragen– zum Wohl der Kühe (nicht nur der Bio-Kühe) und damit letztlichzum Wohl und Nutzen der Milchviehhalter. uj

KTBL (Hrsg.): Gesunde Milchkühe im ökologischen Landbau. EinLeitfaden für die Praxis. KTBL-Heft 55, 2006, 64 S.; DIN A5, 8,00 €,zu beziehen über den ABL-Verlag

Energie-Check für BetriebeWer in seiner Gemeinde oder in seinem Landkreis mit einem Wettbe-werb die landwirtschaftlichen Betriebe beim Energiesparen und derumweltverträglichen (!) Energie-Erzeugung unterstützen will, der hatmit einem neuen Heft aus dem bayerischen Chiemgau eine guteGrundlage bekommen. Für den dortigen Verein „Region aktiv Chiem-gau-Inn-Salzach e.V.“ ist darin auf 18 Seiten ein Überblick über dieweitreichende Themenpalette zusammengestellt worden. Laien imBioenergie-Bereich ermöglicht das Haft auch außerhalb von Wettbe-werben einen guten Einstieg ins Thema, ist dafür aber etwas teuer. uj

A. Beste, F. Monderkamp (2005): Energie – sinnvoll eingespart –effizient genutzt – nachhaltig produziert. Ein Energiecheck fürlandwirtschaftliche Betriebe. 18 S. plus 14 S. Anhang, 19,80 Euro. Zubeziehen über Büro für Bodenschutz, Osteinstr. 14, 55118 Mainz,[email protected].

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GEN:ial“ an das gesamte Thema der Agro-Gentechnik: Arbeitsplatzversprechen, Pan-nen und unerwünschte Nebenwirkung, derDschungel der Zulassungen von neuen gen-technischen Produkten in der EU. Und ihrgelingt der große Wurf. Anschaulich mitBeispielen rund um den Globus bietet siefür Neuinteressierte und Kundige imThema eine Fülle von Informationen undGeschichten. Anekdoten über den Flop mitder ersten gentechnischen Tomate, die nachdem ersten Versuchstransport statt als

Einfach GEN:ialganze Pflanze als zermatschter Brei ankam,Unglaubliches über die juristische Strafver-folgung von Farmern in den USA durchMonsanto.Gut lesbar behandelt die Autorin die kriti-schen Punkte bei den verschiedenen The-men, selbst im wissenschaftlichen Dschun-gel der Risikobewertung findet sie einenroten Faden, um den Leser durch „signifi-kante“, aber irgendwie dann doch als un-bedeutend abgestufte Ergebnisse von Stu-dien zu leiten. Neben einem aktuellen Über-blick über gentechnikfreies Saatgut undFuttermittel gibt es kurze Berichte über dieHauptanbauländer.Angenehm beim Lesen ist der österreichi-sche Erfahrungshintergrund von BrigitteZarzer, so dass auch nicht geläufige Stu-dien und Fachleute zitiert werden.Eine nicht zu vermeidender Mangel beimrasanten Thema Gentechnik ist, dass dieaktuellen Beispiele teils fehlen. Ob zum von-vorne-bis-hinten-Durchlesenoder zum Stöbern in einzelnen Kapiteln,das Buch bietet eine Fülle von interessantenInformationen.

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Brigitte Zarzer: Einfach GEN:ial – Diegrüne Gentechnik: Chancen, Risiken undProfite. Heise Zeitschriften Verlag, 176 S.,16,00 Euro, zu beziehen über den ABL-Verlag

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22 Anzeigen 3-2006

(Klein) Anzeigen

Veranstaltungen

Wie gebe ich eine Kleinanzeige auf?Private Kleinanzeigen bis zu sieben Zeilen 10,- €, jede weitere angefan-gene Zeile 1,50 € (gewerbliche 20,- € zzgl. MwSt., jede weitere Zeile3,- €); Chiffregebühr 2,50 €. Anzeigen bis einschließlich 12,50 € nur gegenVorauszahlung per Scheck oder bar, ansonsten wird ein Zuschlag von 2,75 €für die Rechnungsstellung erhoben. Für gestaltete Anzeigen gilt unsereAnzeigenpreisliste. Anzeigenbestellungen und Chiffrezuschriften bitte an:„Unabhängige Bauernstimme“, Bahnhofstraße 31, 59065 Hamm, Fax:02381-492221, E-Mail: [email protected],Anzeigenschluss für BS April 2006 ist am 24. März.

Aktionstag gentechnikfreieLandwirtschaft03. März 2006, bundesweitVielfältige Demonstrationen undAktionen in Städten und auf demLande sollen ein deutliches poli-tisches Signal an die Politik ge-ben, das Vorsorgeprinzip ernst zunehmen und das Recht zu achten,auch künftig gentechnikfrei pro-duzieren und konsumieren zukönnen. Unterstützt werden die85 Gentechnikfreien Regionenund die 23.000 Landwirte inDeutschland, die erklärt haben,dass auf ihrem Acker keine Gen-technik eingesetzt werden soll.Koordination Gentechnikfreie Regionenin Deutschland, c/o AbL, Annemarie Vol-ling, � 04131-407757, Fax: -407758,www.gentechnikfreie-regionen.de

�Mit Bioenergie zur Energie-autonomie06. und 07. März 2006, Bonn8. EUROSOLAR-Konferenz „DerLandwirt als Energie- und Roh-stoffwirt“Programm im Internet unter www.eu-rosolar.org/new/de/LaWi2006_prog.htmlEUROSOLAR e.V., � 0228-362373 u.-362375, Fax: -361279 u. -361213

�Misch- und Permakulturgarten06. bis 08. März 2006, Lauda-BecksteinLändl. Heimvolkshochschule Lauda,� 09343-589190, Fax: -613781,www.LHVHS.de

�Die Gentechnikfalle07. März 2006, RinkerodeVortrag der Journalistin UrselFuchs zu den Themen: Enteig-nung der Nahrung, Aneignungdes Menschen.um 20 Uhr im Pfarrzentrum St. Pankra-tius in Drensteinfurt-Rinkerode,Veranstalter: Bioland, BUND, RegionaleLandwirtschaft Münsterland e.V.,� 02538-663

Bioenergie08. und 09. März 2006, GüstrowWelche Möglichkeiten der Gewin-nung von Bioenergie bieten sichdem Landwirt in Mecklenburg-Vorpommern?DECHEMA e.V., Matthias Neumann,� 069-7564-254, Fax: -176,www.dechema.de/bioenergie

�Bayern: Mobil ohne

Fossil09. März 2006, FrankenhofenMarcus Reichenberg, Vorsitzen-der des Vereins „Mobil ohne Fos-sil“ aus Weilheim diskutiert Wegealternativer Mobilität wie Pflan-zenöle, Alkohole oder solarenWasserstoff.um 20 Uhr im Pfarrheim in Frankenho-fen bei Kaufbeuren im Ostallgäu, Kon-takt: Martin Weber, � 08345-750

�Fortbildung Ökolandbau09. und 10. März 2006, Bad Dü-benSächsische Interessengemeinschaft Öko-logischer Landbau, � u. Fax: 034243-21491 od. Fax: -26195

�Wenn die Klappe fällt10. - 12. März 2006, HohebuchFilmwerkstatt mit FilmemacherSebastian Heinzel zu Land, Land-wirtschaft und LeutenLändl. Heimvolkshochschule Hohebuch,� 07942-107-0, Fax: -20,www.hohebuch.de

Omega 3 Weidemilch14. März 2006, FreisingDie Veranstaltung spannt einenBogen von der ernährungsphysio-logischen Bedeutung über dielandwirtschaftliche Praxis bis zuVermarktungskonzepten fürMilch- und Rindfleischerzeugnissevom Grünland.Anmeldung: Daniel Weiß, � 08161-4965870, Fax: -4965871, www.muva.de(Rubrik „Seminare“)

�Klimawandel und Biolandbau16. März 2006, FreisingBioland Bayern, Renate Remmele,� 0821-34680-0, Fax: -135,[email protected]

�Bio meets Slow Food24. März 2006, FuldaInfos: Renate Dylla, Büro Lebensmittel-kunde & Qualität, � 09741-4834, Fax: -932201, [email protected]

�EU-Bioverordnung27. März 2006, BrüsselKonferenz von IFOAM, der Inter-nationalen Ökolandbau-Organi-sation, und Die Grünen im Euro-päischen Parlament, um über dieRevision der EU-Ökolandbauver-ordnung und den Entwurf derEU-Kommission dazu zu beraten. 14.30-18.30 Uhr im Europäischen Parla-ment in Brüssel. Anmeldung erforder-lich! Infos: Büro Graefe zu Baringdorf,� 0032-2-284 5154,[email protected]

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3-2006 AbL vor Ort 23

Schleswig-HolsteinWilster: Bernd Voß, Tel.: 0 48 23/8505, Fax: 04823/75330Sörup: Hinrich Lorenzen, Tel.: 04635/2141, Fax: 04635/2114Plön: Matthias Stührwoldt, Tel.: 04326/679, Fax: 04326/289147Flensburg: Heiner Iversen, Tel.: 04631/7424, Fax: 04631/3852

NiedersachsenLandesverband: Martin Schulz, Kosakenweg 29, 29476 Quickborn,Tel.: 05865/988360, Fax: 05865/989361Heide-Weser: Karl-Heinz Rengstorf, Tel.: 04233/669, Fax: 04233/217774Elbe-Weser: Ada Fischer, Tel.: 04723/3201, Fax: 04723/2118Wendland-Ostheide: Horst Seide, Tel.: 05865/1247Südnieders.: Andreas Backfisch, Tel: 05508/999989, Fax: 05508/999245

Mecklenburg Vorpommern/BrandenburgMecklenburg: Jörg Gerke, Tel.: 038453/20400; Franz Joachim Bienstein,Tel.: 03841/79127; Helmut Peters, Tel.: 038454/20215Vorpommern: Albert Wittneben, Tel.: 039604/26859Brandenburg: Cornelia Schmidt, Tel.: 03879/12518; Erich Degreif,Tel.: 033204/35648; Bernd Hüsgen, Tel.: 033704/66161

Nordrhein-WestfalenLandesverband: Bahnhofstraße 31, 59065 Hamm,Tel.: 02381/9053170, Fax: 02381/492221Gütersloh: Erika Kattenstroth, Tel.: 05241/57069Tecklenburger Land: Martin Steinmann, Tel.: 05404/5264Herford: Friedel Gieseler; Tel.: 05221/62575Köln/Bonn: Bernd Schmitz, Tel.: 02248/4761

HessenMittelhessen: Ernst-Günter Lang, Tel.: 06441/75502, Fax: 06441/975995Nordhessen: Bernhard Wicke, Tel: 05665/1403, Onno Poppinga,Tel.: 05673/3540

Rheinland-Pfalz und SaarlandLandesverband: Peterstraße 11, 54634 Bitburg, Tel./Fax: 06561/6049300Vorsitzender: Ewald Frisch, Tel.: 06522/549, Fax: 06522/933636,E-Mail: [email protected]

Baden-WürttembergLandesverband: Laubachtal 1, 88484 Gutenzell, Tel.: 07352/8928,Fax: 07352/941422Nordschwarzwald: Georg Bohnet, Tel.: 07443/3990; Nord-Württemberg: Ulrike Hasemeier-Reimer, Tel.: 07971/8584Bodensee: Anneliese Schmeh, Tel.: 07553/7529, Fax: 07553/828278Allgäu: Bärbel Endraß, Tel.: 07528/7840, Fax: 07528/927590

BayernLandesverband: Andreas Remmelberger, Reit 17, 84508 Burgkirchen/Alz,Tel.: 08679/6474, Fax: 08679/9130145, E-Mail: [email protected];www.abl-bayern.orgRegionalgruppe Pfaffenwinkel: Wolfgang Taffertshofer,Tel.: 08847/804, Regionalgruppe Chiemgau-Inn Salzach: Hans Urbauer,Tel.: 08628/634, Ute Gasteiger, Tel.: 08039/1635Landshut-Vilstal: Josef Schmidt, Tel.: 08742/8039Franken: Gabriel Deinhardt, Tel.: 09194/8480

Sachsen/ThüringenLandesverband: Jörg Klemm, Trassenweg 25, 09638 Lichtenberg,Tel.: 037323/50129, Fax: 037323/15864

Landeskontakte

Bundesgeschäftstelle:Bahnhofstraße 31, 59065 Hamm, Tel.: 02381/9053171, Fax: 02381/492221,E-Mail: [email protected] Bankverbindung: KSK Wiedenbrück BLZ 47853520 Kto: 2017838Bundesgeschäftsführer: Georg Janßen, c/o Gewerkschaftshaus, Heiliggeiststraße 28,21335 Lüneburg, Tel.: 04131/407757, Fax: 04131/407758

Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren:Adi Lambke, Tel.: 05864/233; Anneliese Schmeh, Tel.: 07553/7529

Interessengemeinschaft Boden: Mecklenburg: Franz-Joachim Bienstein, Tel./Fax: 03841/791273; Brandenburg: Bernd Hüsgen,Tel.: 033704/66161, Fax: 033704/66162

Netzwerk gentechnikfreie Landwirtschaft: Mute Schimpf, AbL-Bundesgeschäftsstelle, Bahnhofstraße 31, 59065 Hamm,Tel.: 02381/9053173, Fax. 02381/492221, E-Mail: [email protected]

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.

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Mitgliedsantrag

Ich möchte Mitglied in der AbL werden und (Zutreffendes bitte ankreuzen)

❑ Ich zahle den regulären Mitgliedsbeitrag von 86,00 €❑ Wir bezahlen den Mitgliedsbeitrag für Ehepaare und Hofgemeinschaften von 121,00 €❑ Ich bin bereit, als Fördermitglied einen höheren Beitrag von __________€ zu zahlen❑ Als Kleinbauer, Student, Renter, Arbeitsloser zahle ich einen Mitgliedsbeitrag von 31,00 €❑ Ich beantrage als Unterstützer/in einen Mitgliedsbeitrag von 56,00 €❑ Ich abonniere die Unabhängige Bauernstimme (bitte Coupon Rückseite ausfüllen)

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Zahlungsweise des Mitgliedsbeitrags:❑ Nach Erhalt der Rechnung❑ Ich erteile Ihnen eine EinzugsermächtigungHiermit ermächtige ich Sie widerruflich, den von mir zu entrichtendenBeitrag bei Fälligkeit zu Lasten meines Kontos einzuziehen.

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Page 24: 30 Jahre und noch mehr - bauernstimme.de · Zugvögel Über Hunderttausend Wildvögel sind in letzter Zeit auf H5N1 getestet worden. Die FAO meldet im November 2005: Der Test lebender

: Der Moderne vorausZutreffendes bitte ankreuzen:

❑ Ich möchte die BAUERNSTIMME abonnieren (36,– € im Jahr). In begründeten Fällenkann auf jährlichen Antrag für Kleinbauern, -bäuerinnen, Arbeitslose, SchülerInnen undStudentInnen der Abo-Preis auf 26,– € gesenkt werden.

❑ Ich abonniere die BAUERNSTIMME zum Förderpreis von 60,– € im Jahr.❑ Ich möchte die BAUERNSTIMME zum Jubiläumspreis von 15,– € bzw. 30,– €

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3/2006

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❑ Ich erteile Ihnen eine Einzugsermächtigung.

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BBiittttee sseennddeenn SSiiee ddiiee BBeesstteelllluunngg aann:: BBaauueerrnnssttiimmmmee,, BBaahhnnhhooffssttrr.. 3311,, 5599006655 HHaammmmooddeerr FFaaxx 0022338811 // 449922222211

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Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefstenWesen nach ungerecht“, sagte Kurt Tucholsky

1919. Im März 1989 wandte sich Frau Grete J. ausHalden vertrauensvoll an Frau Elsa von der Unab-hängigen Bauernstimme: „Ich möchte von einem Problem berichten, an demAbL und Bauernstimme nicht ganz unschuldig sind.Als mein Mann und ich vor sechs Jahren heirateten,war er noch ganz normal – jedenfalls ist mir nichtsBesonderes an ihm aufgefallen. Später wurde er dannaktives AbL-Mitglied und seitdem hat er sich dochsehr verändert. Immer öfter hockt er im Haus herum,fragt, ob mir die Hausarbeit auch nicht zuviel ist undob ich nicht lieber mal pflügen oder Gülle fahren will.Er nimmt mir tatsächlich auch viel von der Hausarbeitab, neulich z. B. hat er alle Fenster geputzt. Mir istdas alles sehr unangenehm, denn selbstverständlichhabe ich keine Lust, bei jeder Hitze und bei jedemSauwetter draußen zu arbeiten. Das ist doch nichtsfür eine Frau! Gehört so etwas denn zum Programmder AbL? Muss ich die Hausarbeit mit meinem Mannteilen?“Darauf antwortete ihr Frau Elsa: „Liebe Frau J. sie können sich beruhigen: Selbstver-ständlich müssen Sie die Hausarbeit nicht mit IhremMann teilen, niemand kann das von Ihnen verlangen.Ihr Mann ist mit seinen Bemühungen wohl etwas überdas Ziel hinausgeschossen, er will sicher nur Ihr Bestes.Wenn Sie ihm erklären, wie Sie die Sache sehen, wirder Sie sicher verstehen. Die Teilung derHausarbeit gehört zwar nicht zum Pro-gramm der AbL, aber doch zu den Forde-rungen einiger fanatischer, realitätsfernerFrauen aus unserer Organisation. Manmuss schon sagen realitätsfern, denn wiesoll diese Teilung denn in der Praxis vonsich gehen – ganz zu schweigen erst vonder Arbeit mit den Kindern? Es ist dochklar, dass ein Mann in diesem Bereich nichtdie gleiche Leistung bringen kann wie eineFrau. Und umgekehrt: Welche Frau kannschon auf dem Betrieb einen Mann erset-zen? Bleiben sie bei Ihren weiblichen Ge-fühlen und Aufgaben – und machen Sieauch Ihrem Mann klar, dass er Ihnen nichts

Gutes tut, wenn er Ihnen die Hausarbeit abnehmenwill.“Frau Elsa ließ den Redakteuren graue Haare wach-sen. Dabei war sie doch angetreten, Lachfältchen in dieGesichter der Leserinnen und Leser zu zaubern. Aberwahrhaft Satire ist, wenn diese nicht als solche er-kannt wird und statt hämischem Schmunzeln erns-thafte Entrüstung produziert. Sie war als Papiertigerin geboren, und wie Dr. Sommerin der Bravo die geheimnisvollen Gedanken des Puper-tanten erklärt, so sollte Frau Elsa anlässlich der 100.Ausgabe der Bauernstimme die Dr. Sommers des Blät-terwaldes verulken und die unheimlichen Gedankender AbL-Bewegten erklären. Lebendig wurde sie inden Reaktionen und Leserbriefen, die die Redaktiondanach erreichten. Offenbar war da ein Nerv getrof-fen, bei denen, die sie als Satire verstanden, wie auchbei denen, die Frau Elsa ernst nahmen. Ein Leserbriefschreiber in der 101. Ausgabe glaubtezunächst an einen Scherz, fand dann keinen entspre-chenden Hinweis, nahm es nun für bare Münze undfragte bekümmert: „Ist die AbL-Zeitung jetzt auf dasNiveau der üblichen Naive-Frauen-Beratung der bür-gerlichen Presse abgesunken? (...) War es doch geradedie Frauenseite der Bauernstimme, die als einzige mirbundesweit bekannt, emanzipierte Frauenbilder imbäuerlichen Bereich thematisierte.“ Ein anderer Le-serbriefschreiber war nicht nur enttäuscht, sondernrichtig sauer: „Mit solchen Plattheiten hätte ich in der

Frau Elsa: Fanatisch und RealitätsfernBauernstimme nicht gerechnet! Wird hier nicht dem„Heimchen am Herd das Wort geredet?“ Aber es gab auch die, die mitspielten und ihrerseitsihre vermeintlichen Probleme bei Frau Elsa loszuwer-den suchten: „Ich bin eine Bauerntochter von 19 Jah-ren, arbeite gern im Haushalt, gehe zur Landjugendund zu einer Trachtentanzgruppe und höre gern Volks-musik. Doch mein Vater stellt alles in Frage. Er kauftmir enge Jeans und weite Pullis, meint, ich solle mehrrumgammeln, in Discos gehen (...) Bitte helfen Sie mir,Frau Elsa, wie ich mich dem schlechten Einfluss mei-nes Vaters entziehen kann, denn ich möchte gerne zueiner normalen Bauersfrau erzogen werden, die zu ih-rem künftigen Mann hochschauen kann.“ Frau Elsa half nicht mehr, sie musste zurück in dieSchublade, zu groß war offenbar das Minenfeld, aufdem sie sich bewegt hatte. Und es scheint, als sei es in denseitdem vergangnen 17 Jahren nicht kleiner geworden,betrachtet man dass, was nicht Frau Elsa, sondern FrauBundesfamilienministerin Ursula von der Leyen heute zuhören bekommt, wenn sie mit ihrem neuen ElterngeldMänner „mit der Peitsche nach Hause treiben“ (so dieFormulierung eines Journalisten in einem Fernsehinter-view) und ganze zwei Monate an Heim und Herd fes-seln will. Sie und ihre Ideen von moderner Familienpo-litik sind plötzlich Thema, sei es auf dem traditionellenGrünkohlessen des CDU-Ortsverbandes oder im Wo-chenmagazin stern. Sie sieht Deutschland als rückstän-dig an, was die Wertschätzung und gleichberechtigte

Verteilung der Familienarbeit angeht. Man kann also mit Fug und Recht behaup-ten, dass die AbL in der Debatte ihrer Zeitvoraus war, sonst wäre Frau Elsa wohl da-mals nicht in die Bauernstimme gelangt.Heute sitzt sie sicher in ihrer Schubladeund amüsiert sich vielleicht darüber, dassum sie herum die emotionalen Wogenhochschlagen über Heimchen am Herd undwickelnde Weicheier, schließlich hat sichsogar Grete J. irgendwann an ihren fen-sterputzenden AbLer gewöhnt.

cs

aus Much: Kraut & Rüben. Cartoons zur Land-wirtschaft. ABL-Verlag 1996